Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 17.12.2008
Aktenzeichen: 10 Sa 511/08
Rechtsgebiete: BetrAVG, VTV


Vorschriften:

BetrAVG § 1
BetrAVG § 5
VTV zur Regelung der Eigenversorgung bei der Landeshauptstadt München § 12
VTV zur Regelung der Eigenversorgung bei der Landeshauptstadt München § 18
1. Bestimmt ein Versorgungstarifvertrag die Anrechnung von Versorgungsbezügen aus früheren Beschäftigungsverhältnissen, sind damit nicht nur Tätigkeiten umfasst, die zeitlich vor der Beschäftigung bei dem Arbeitgeber lagen sondern wird damit an den Zeitpunkt des Versorgungsfalles angeknüpft.

2. Nach dem VTV zur Regelung der Eigenversorgung bei der Landeshauptstadt München sind Versorgungsbezüge aus einer Tätigkeit als kommunaler Wahlbeamter auf eine Betriebsrente der Landeshauptstadt anzurechnen.


Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes URTEIL

10 Sa 511/08

Verkündet am: 17.12.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2008 durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Moeller und die ehrenamtlichen Richter Rieden und Sonnleitner

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 26.02.2008 (Az.: 32 Ca 8549/07) abgeändert: Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger ab 01.02.2007 zu zahlenden Betriebsrente.

Der 1944 geborene Kläger war seit 03.10.1966 bei der Beklagten zunächst als Arbeiter, ab 01.10.1972 im Angestelltenverhältnis beschäftigt.

Ab 08.02.1995 wurde der Kläger zur Wahrnehmung eines kommunalen Wahlamts als erster Bürgermeister der Gemeinde F. unter Fortfall seiner Vergütung beurlaubt.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst Anwendung. Dazu zählen auch tarifliche Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung. Diese bestimmten sich zunächst bei der Beklagten nach einer "örtlichen Tarifvereinbarung Nr. A 21 über die Eigenversorgung für die Beschäftigten der Landeshauptstadt München", zuletzt in der ab 01.06.1999 geltenden Fassung.

Am 05.05.2005 kam zwischen dem Kommunalen Arbeitgeberverband Bayern und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft, Landesbezirk Bayern (ver.di) ein neuer Tarifvertrag zur Regelung der Eigenversorgung für die Beschäftigten der Landeshauptstadt München (Versorgungstarifvertrag) zustande (Bl. 9 bis 38 d. A.), der zum 01.07.2005 anstelle der ehemaligen örtlichen Tarifvereinbarung Nr. A 21 trat.

Aufgrund der neuen Tarifregelung teilte die Beklagte dem Kläger in einem Schreiben vom 23.09.2005 (Bl. 53 d. A.) folgendes mit:

Wir haben Ihre Startgutschrift der garantierten Rente nach dem Versorgungstarifvertrag berechnet.

Zum Berechnungsstichtag (31.12.2004) beträgt die garantierte Rente € 948,96 monatlich.

Etwaige Versorgungsleistungen, die Sie aus Ihrem kommunalen Wahlamt erhalten sollten, müssen gem. § 18 Abs. 2 Buchst. A TV EV auf die Betriebsrente angerechnet werden.

Wie wir die garantierte Rente errechnet und welche Angaben wir von Ihnen berücksichtigt haben, ersehen Sie aus der beiliegenden Berechnung.

Die garantierte Rente passen wir künftig jeweils zum 1. Juli eines jeden Jahres In der Anwartschaftsphase um 1,9 % an. Zum 01.07.2006 erhöhen wir die garantierte Rente zum ersten Mal.

...

Dem Schreiben waren Blätter (Bl. 54 bis 56 d. A.) beigefügt, denen die Berechnung der Beklagten zu entnehmen war.

Am 29.12.2006 legte der Kläger der Beklagten einen Rentenbescheid der deutschen Rentenversicherung über die Gewährung von Altersrente für die Zeit ab 01.02.2007 über € 962,96 vor und beantragte die Gewährung einer Betriebsrente.

Mit Schreiben vom 10.01.2007 (Bl. 57 d. A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie ab 01.02.2007 eine monatliche Betriebsrente von € 26,00 bezahle. Deren Berechnung war in zwei beiliegenden Blättern (Bl. 58 bis 59 d. A.) angegeben.

Am 15.01.2007 schlossen die Parteien einen Auflösungsvertrag (Bl. 39 d. A.), nachdem das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen zum 31.01.2007 geendet hat.

Nach einem Bescheid der Gemeinde F. vom 24.01.2007 (Bl. 61 bis 70 d. A.) bezieht der Kläger ab März 2007 volle Versorgungsbezüge i.H.v. € 2.362,81 monatlich.

Der Kläger hat vorgetragen, er habe Anspruch auf eine Betriebsrente nach dem Versorgungstarifvertrag i.H.v. monatlich € 966.99. Denn die nach dem Versorgungstarifvertrag vom 05.05.2005 garantierte Betriebsrente betrage nach den eigenen Berechnungen der Beklagten € 948,96, die mittlerweile auf € 966,99 dynamisiert sei. Zwar ist richtig, dass der Kläger Versorgungsleistungen des bayerischen Versorgungsverbandes aufgrund seiner Tätigkeit als kommunaler Wahlbeamter erhalte. Diese seien jedoch nicht bei der Berechnung seiner von der Beklagten zu gewährenden Betriebsrente anzurechnen. Dies folge schon aus dem Wortlaut des Versorgungstarifvertrags, nach dem Betriebsrenten nur aus früheren Beschäftigungsverhältnissen anzurechnen seien. Weiter ergebe sich dies aus der Tarifgeschichte. Denn mit dem Versorgungstarifvertrag sollte das frühere System einer Gesamtversorgung abgelöst werden, so dass es nur noch auf einen festen Garantiebetrag ankomme. Dem Kläger stehe daher ab 01.02.2007 über den bezahlten Betrag von € 26,00 eine monatliche Betriebsrente i.H.v. € 940,99 zu.

Der Kläger hat beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger monatlich ab dem 01.02.2007 einen zusätzlichen Betrag i.H.v. € 940,99 brutto als Betriebsrente zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, dem Kläger stehe lediglich die tarifliche Mindestrente von monatlich € 26,00 zu. Denn die vom Kläger aus seinem kommunalen Wahlamt bezogenen Versorgungsleistungen seien auf die Betriebsrente anzurechnen. Nach dem Versorgungstarifvertrag werden Betriebsrenten, Pensionen, Ruhegelder und sonstige Leistungen aus früheren Beschäftigungsverhältnissen oder Tätigkeiten mit dem vollen Betrag auf eine vorgezogene Betriebsrente wegen Alters angerechnet. Dabei beziehe sich das Wort "frühere" nur auf den Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalles. Dies entspreche auch einzig und allein dem Sinn und Zweck des Tarifvertrags, Versorgungslücken von Betriebsrentenempfängern auszugleichen und eine Überversorgung zu vermeiden. Dem stehe auch die Tarifgeschichte nicht entgegen. Dass gerade auch nach dem neuen Tarifvertrag eine Anrechnung stattfindet, ergebe sich aus dessen Abschnitt VI. Auch in der vorhergehenden örtlichen Tarifvereinbarung Nr. A 21 seien Anrechnungsvorschriften enthalten gewesen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie den Ausführungen des Arbeitsgerichts wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Ersturteils Bezug genommen.

Gegen das der Beklagten am 09.05.2008 zugestellte Urteil hat diese mit einem am 28.05.2008 bei dem Landesarbeitsgericht München eingegangenen Schriftsatz Berufung einlegen lassen und ihr Rechtsmittel durch einen am 25.07.2008 innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist eingegangenen Schriftsatz begründet.

Sie trägt vor, nach dem Versorgungstarifvertrag seien auch die Versorgungsbezüge des Klägers aus seiner Tätigkeit als kommunaler Wahlbeamter auf die Betriebsrente anzurechnen. Dies ergebe sich sowohl aus dem Wortlaut des Tarifvertrags als auch aus dem Sinn der Anrechnungsvorschrift, eine unangemessene Kumulierung von Versorgungen einzudämmen. Dem Kläger stehe daher nur eine monatliche Betriebsrente i.H.v. € 26,00 zu.

Die Beklagte beantragt:

I. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 26.02.2008 (Az.: 32 Ca 8549/07) wird aufgehoben.

II. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, schon nach dem Wortlaut des Tarifvertrages seien nur Leistungen aus früheren Beschäftigungsverhältnissen und nicht aus zeitlich nach der Beschäftigung bei der Beklagten stammenden Tätigkeiten anzurechnen. Durch das Ehrenamt als Bürgermeister habe er auch seine Betriebsrentenansprüche bei der Beklagten nicht erhöhen können. Die neue tarifliche Regelung stelle gerade nicht mehr auf ein Gesamtversorgungssystem ab.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Sachvortrags der Parteien wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 25.07.2008 (Bl. 139 bis 143 d. A.) und 04.11.2008 (Bl. 163 bis 165 d. A.), des Klägers vom 26.09.2008 (Bl. 153 bis 157 d. A.) und 02.12.2008 (Bl. 172 bis 174 d. A.) sowie die Sitzungsniederschrift vom 03.12.2008 (Bl. 169 bis 170 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist in der rechten Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO) und daher zulässig.

II.

Die Berufung der Beklagten ist auch begründet.

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts steht dem Kläger ab Februar 2007 nur eine Betriebsrente i.H.v. monatlich € 26,00 gem. § 18 Abs. 6 des Tarifvertrags zur Regelung der Eigenversorgung bei der Landeshauptstadt München vom 05.05.2005 zu. Denn die Beklagte hat die Versorgungsbezüge des Klägers aus seiner früheren Tätigkeit als Bürgermeister i.H.v. monatlich € 2.362,81 (für Februar 2007 anteilig: € 1.722,11) gemäß dem Bescheid der Gemeinde F. vom 24.01.2007 zu Recht auf die Betriebsrente des Klägers gem. § 18 Abs. 2 des Tarifvertrags zur Regelung der Eigenversorgung bei der Landeshauptstadt München vom 05.05.2005 angerechnet.

1. Zu Recht geht allerdings das Arbeitsgericht davon aus, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien bereits kraft beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst Anwendung finden (§§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG). Übereinstimmend gehen dabei die Parteien davon aus, dass für einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer betrieblichen Altersversorgung (§ 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG) der Tarifvertrag zur Regelung der Eigenversorgung bei der Landeshauptstadt München (Versorgungstarifvertrag) vom 05.05.2005 (im Folgenden: VTV) heranzuziehen ist. Auszugehen ist daher von folgenden Vorschriften:

Abschnitt I Geltungsbereich

§ 1 Geltungsbereich

(1) Die nachfolgenden Bestimmungen dieses Tarifvertrages gelten vorbehaltlich der Abs. 2 und 3 für diejenigen Beschäftigten, für deren Versorgungszusagen am Tag vor Inkrafttreten (§ 41) - Stichtag - die Bestimmungen der "Örtlichen Tarifvereinbarung Nr. A 21 über die Eigenversorgung für die Beschäftigten der Landeshauptstadt München in der zuletzt gültigen Fassung Anwendung finden.

...

Abschnitt II Zusage betrieblicher Altersversorgung

§ 2 Rechtsanspruch auf Versorgungsleistungen

(1) Auf die Versorgungsleistungen nach Maßgabe dieses Tarifvertrages besteht ein Rechtsanspruch.

(2) Für die Erlangung einer Versorgung und die Berechnung der Versorgungsleistungen gilt die im Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls maßgebende Fassung dieser Bestimmungen. . . .

§ 3 Ablösung der bisherigen Versorgungsregelungen

Dieser Tarifvertrag tritt an die Stelle der bis zum Stichtag anzuwendenden Regelungen der "Örtlichen Tarifvereinbarung Nr. A 21 über die Eigenversorgung für die Beschäftigten der Landeshauptstadt München" in der jeweils gültigen Fassung und löst diese ab. Die Versorgung richtet sich ausschließlich nach diesem Tarifvertrag, soweit nicht in den Übergangsregelungen dieses Tarifvertrags ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist.

...

Abschnitt IV Höhe der Versorgungsleistungen

§ 11 Bemessungsgrundlage für die Betriebsrente wegen Alters, vorgezogene Betriebsrente wegen Alters, Betriebsrente wegen Erwerbsminderung, Witwen-/Witwerbetriebsrente und Waisenbetriebsrente

(1) Bemessungsgrundlage der Betriebsrente wegen Alters, der vorgezogenen Betriebsrente wegen Alters, der Betriebsrente wegen Erwerbsminderung, der Witwen-/Witwerbetriebsrente und Waisenbetriebsrente ist der der/dem Beschäftigten im Zeitpunkt des Versorgungsfalles zustehende Rentenfestbetrag (garantierte Rente).

(2) Die garantierte Rente wird nach Maßgabe der Abs. 3 und 4 zum 31.12.2004 (Berechnungsstichtag) ermittelt und nach dem Berechnungsstichtag nach Maßgabe des Abs. 5 dynamisiert.

(3) Die garantierte Rente zum Berechnungsstichtag ist die Rente, die sich für die Beschäftigte/den Beschäftigten zum Zeitpunkt der Vollendung ihres/seines 63. Lebensjahres (Referenzalter) nach dem am Berechnungsstichtag für ihre/seine Versorgungszusage einschließlich der für die an diesem Berechnungsstichtag maßgeblichen Rechengrößen geltenden Recht individuell ergeben würde. . . .

...

(5) Die Höhe der zum Berechnungsstichtag ermittelten garantierten Rente wird der/ dem Beschäftigten schriftlich mitgeteilt und vom Berechnungsstichtag bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 1. Juli jeden Jahres, erstmals zum 1. Juli 2006, um 1,9 v. H. ihres Betrages erhöht (Dynamisierung).

...

§ 12

Höhe der Betriebsrente wegen Alters, der vorgezogenen Betriebsrente wegen Alters und der Betriebsrente wegen Erwerbsminderung

(1) Die Höhe der Betriebsrente wegen Alters, der vorgezogenen Betriebsrente wegen Alters und der Betriebsrente wegen Erwerbsminderung richtet sich nach dem vollen Betrag der garantierten Rente, die sich für die Beschäftigte/ den Beschäftigten im Zeitpunkt des Versorgensfalles nach Maßgabe des § 11 ergibt.

(2) Die Anwendung von Bestimmungen zur Anpassung laufender Versorgungsleistungen und von Anrechnungs- und Ruhensbestimmungen dieses Tarifvertrages bleibt unberührt.

...

Abschnitt VI Anrechnung

§ 18

Anrechnung auf die Betriebsrente wegen Alters, die vorgezogene Betriebsrente wegen Alters und die Betriebsrente wegen Erwerbsminderung

(1) Auf die Betriebsrente wegen Alters, die vorgezogene Betriebsrente wegen Alters und die Betriebsrente wegen Erwerbsminderung werden die in Abs. 2 bis 4 genannten Bezüge der Versorgungsempfängerin/des Versorgungsempfängers angerechnet.

(2) Angerechnet werden mit dem vollen Betrag

(a) Betriebsrenten, Pensionen, Ruhegelder und sonstige Geldleistungen aus früheren Beschäftigungsverhältnissen oder Tätigkeiten und entsprechende Hinterbliebenenleistungen

(b) Geldleistungen aus einer Zusatzversorgungseinrichtung

(c) Geldleistungen aus der Kranken- und Arbeitslosenversicherung sowie Übergangsgelder vom Sozialversicherungsträger

...

(6) Die nach Anrechnung gem. Abs. 2 bis 4 verbleibende Betriebsrente wegen Alters, vorgezogene Betriebsrente wegen Alters und Betriebsrente wegen Erwerbsminderung beträgt monatlich mindestens € 26,00.

...

Abschnitt XIII Schlussbestimmung

§ 41 Inkrafttreten

(1) Dieser Tarifvertrag tritt am 1. Juli 2005 in Kraft.

...

(3) Die Tarifvertragsparteien sind sich darüber einig, dass mit dem Inkrafttreten dieses Tarifvertrages die Örtlichen Tarifvereinbarungen Nr. A 21, A 29 und C 41 außer Kraft treten.

Nach diesen Bestimmungen hat der Kläger lediglich Anspruch auf Bezahlung der Mindestrente gem. § 18 Abs. 6 VTV i.H.v. € 26,00 monatlich. Denn die Beklagte hat gem. § 18 Abs. 2 a VTV zu Recht die dem Kläger zufließenden Versorgungsbezüge aus seiner Tätigkeit als kommunaler Wahlbeamter auf eine höhere Betriebsrente angerechnet, so dass es nur bei der Mindestrente von monatlich € 26,00 verbleibt.

a) Gem. § 18 Abs. 2 a VTV werden mit dem vollen Betrag Betriebsrenten, Pensionen, Ruhegelder und sonstige Geldleistungen aus früheren Beschäftigungsverhältnissen oder Tätigkeiten angerechnet. Eine derartige tarifliche Regelung ist nicht zu beanstanden. Den Tarifvertragsparteien steht bei inhaltlicher Gestaltung einer Betriebsrentenregelung ein Beurteilungs- und Ermessensspielraum zu. Tarifverträge unterliegen keiner Billigkeitskontrolle. Eine AGB-Kontrolle findet erst recht nicht statt (vgl. Reinecke DB 2007, 2836, 2840 m.w.N.). Ein Tarifvertrag kann daher auch eine Anrechenbarkeit anderer Versorgungsleistungen vorsehen (vgl. BAG vom 11.02.1992 - AP Nr. 33 zu § 1 BetrAVG "Zusatzversorgungskassen"). § 5 Abs. 2 BetrAVG steht dem nicht entgegen. Dass unter Betriebsrenten, Pensionen und Ruhegeldern auch die hier gezahlten Versorgungsbezüge fallen, ist zwischen den Parteien unstreitig. Auch bei der Altersentschädigung von Mandatsträgern handelt es sich um Versorgungsbezüge, die auf Betriebsrenten angerechnet werden können (vgl. BAG vom 23.09.2003 - AP Nr. 46 zu § 5 BetrAVG). Streitig ist lediglich, ob diese Leistungen aus "früheren Beschäftigungsverhältnissen" im Sinne des VTV stammen. Dies ist aber der Fall.

b) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm sind mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben Zweifel, können weiter Kriterien wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrags ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (vgl. BAG vom 30.09.2004 - AP Nr. 275 zu § 613 a BGB; BAG vom 22.10.2003 - AP Nr. 21 zu § 1 TVG "Rückwirkung"; BAG vom 31.07.2002 - AP Nr. 3 zu § 1 TVG "Tarifverträge: Wohnungswirtschaft").

c) Nach diesen Grundsätzen ist davon auszugehen, dass § 18 Abs. 2 VTV auch die Versorgungsbezüge des Klägers aus seiner Tätigkeit als Bürgermeister erfasst.

aa) Denn entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts knüpft der Begriff "aus früheren Beschäftigungsverhältnissen" nicht daran an, dass es sich dabei um Beschäftigungen gehandelt haben muss, die zeitlich vor einer Tätigkeit bei der Beklagten lagen sondern mit dem Wort "frühere" alles erfasst wird, was vor dem Zeitpunkt des Versorgungsfalles lag.

(1) Denn sollte sich das Wort "frühere" tatsächlich nur auf vor einer Tätigkeit bei der Beklagten liegende Arbeitsverhältnisse beziehen, ergebe dies keinen Sinn. Es wäre überhaupt kein Grund dafür ersichtlich, warum ein Arbeitnehmer, der bei seinem früheren Arbeitgeber eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft erworben hat und dann eine Beschäftigung bei der Beklagten aufnimmt, sich im Versorgungsfall die Leistungen seines früheren Arbeitgebers anrechnen lassen müsste, während der bei der Beklagten mit einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft ausgeschiedene Arbeitnehmer die vollen Versorgungsleistungen erhält und sich Betriebsrenten aus seiner späteren Tätigkeit nicht anrechnen lassen müsste.

(2) Das gleiche sinnwidrige Ergebnis bei Verständnis der Vorschrift im Sinne des Arbeitsgerichts zeigt sich bei einem Vergleich von § 18 Abs. 2 a VTV mit § 18 Abs. 2 b VTV. Da in § 18 Abs. 2 b VTV der Bezug zu einem früheren Beschäftigungsverhältnis fehlt, sind danach alle Leistungen einer Altersversorgung anzurechnen, wenn sie ein Arbeitgeber über eine Zusatzversorgungseinrichtung gewährt hat, ohne Rücksicht darauf, ob das diesen Zahlungen zugrundeliegende Beschäftigungsverhältnis vor oder nach einer Tätigkeit bei der Beklagten zurückgelegt wurde. Warum aber dann § 18 Abs. 2 a VTV die Anrechnung eines Ruhegeldes oder einer Betriebsrente nur bei einem vor der Beschäftigung bei der Beklagten liegenden Beschäftigungsverhältnis anordnen sollte, während Leistungen einer Zusatzversorgungseinrichtung auch für die Zeit danach anrechenbar wären, erscheint nicht sachgerecht sondern eher willkürlich. Im Gegenteil zeigen gerade §§ 18 Abs. 2 a und b VTV zusammen, dass von den Tarifvertragsparteien eine Anrechnung aller Arbeitgeberfinanzierten Renten einer betrieblichen Altersversorgung gewollt war, ohne Rücksicht darauf, wann die Beschäftigungszeiten zurückgelegt wurden.

bb) Auch aus der Tarifgeschichte ergibt sich nichts anderes. Ob durch den VTV ein bisher bei der Beklagten bestehendes Gesamtversorgungssystem abgelöst wurde, hat für die Frage der Anrechnung keine Bedeutung. Die Anrechnung haben die Tarifvertragsparteien im Abschnitt VI des VTV ausdrücklich und eigenständig geregelt. Dies haben die Tarifvertragsparteien noch durch § 12 Abs. 2 VTV unterstrichen, wenn sie dort bestimmt haben, dass die Berechnung der Höhe der Betriebsrente Anrechnungs- und Ruhensbestimmungen des Tarifvertrags unberührt lässt. Die Anrechnungsbestimmungen des § 18 VTV erfassen daher gerade auch die garantierte Rente gem. § 11 Abs. 2 VTV.

III.

Nach alledem hat die Beklagte die monatliche Rente des Klägers mit € 26,00 zutreffend festgesetzt. Eine höhere Betriebsrente steht dem Kläger nicht zu. Das Urteil des Arbeitsgerichts war daher entsprechend abzuändern und die Klage mit der Kostenfolge aus § 91 Abs. 1 ZPO abzuweisen.

Die Kammer hat die Revision gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

Zurück