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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 17.11.2006
Aktenzeichen: 10 Sa 67/06
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 77
BetrVG §§ 111 ff.
1. Schließt eine Konzernmuttergesellschaft eine Betriebsvereinbarung mit ihrem Betriebsrat und gleichzeitig mit den Betriebsräten ihrer Tochtergesellschaften kann diese normative Wirkung allenfalls in den jeweiligen Betrieben der Tochtergesellschaften für und gegen diese entfalten.

2. Fehlt der Konzernmutter die Vertretungsmacht zum Abschluss der Betriebsvereinbarung für ihre Tochtergesellschaften, ergibt sich in diesem Fall eine Haftung der Konzernmutter weder aus § 179 BGB noch aus den Grundsätzen der Haftung wegen Verschulden bei Vertragsabschluss noch aus einer Umdeutung in eine einzelvertragliche Zusage.

3. Ein Anspruch aus einem Sozialplan setzt nicht nur voraus, dass der Arbeitnehmer unter den persönlichen Geltungsbereich fällt sondern der wirtschaftliche Nachteil auch durch die geplante und vom Arbeitgeber durchgeführte Maßnahme herbeigeführt wird, die Grund für den Abschluss des Sozialplans war.


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

10 Sa 67/06

Verkündet am: 17.11.2006

In dem Rechtsstreit

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts München aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 03.11.2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Moeller sowie die ehrenamtlichen Richter Josef Kutschenreiter und Georg Hertrich für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 07.12.2005 (Az.: 6 Ca 8633/05) wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

II. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Bezahlung einer Abfindung i.H.v. EUR 16.176,47 den der Kläger aufgrund eines Sozialplans gegen die Beklagte geltend macht.

Der am 05.09.1970 geborene Kläger war seit 01.05.2000 bei der GmbH als Redakteur in beschäftigt. Er erzielte dabei zuletzt ein Bruttomonatsgehalt von EUR 3.150,00.

Rechtsgrundlage des Arbeitsverhältnisses war ein Anstellungsvertrag vom 27.04.2000 (Bl. 7 bis 12 d. A.), sowie zwei Zusätze zum Anstellungsvertrag vom 28.08.2002 (Bl. 13 d. A.) und 13.12.2002 (Bl. 14 d. A.).

Die GmbH wurde im Dezember 1998 an die Gruppe veräußert, die damals zum von gehörte.

Im Zuge der Verschmelzung der AG und der GmbH zu AG im November 2000, die zu mehreren Umzügen von Betrieben und Betriebsteilen führte, wurde unter dem 07.12.2000 eine Betriebsvereinbarung zwischen der AG und deren Tochterunternehmen (darunter auch die GmbH) und den Betriebsräten der AG und deren Tochterunternehmen anlässlich der Durchführung der Betriebsänderungen abgeschlossen (Bl. 16 bis 32 d. A.). Darin finden sich u.a. folgende Bestimmungen:

Sozialplan

der

AG, Unterföhring, und deren Tochtergesellschaften, sämtlich vertreten durch den Vorstand der

AG

- nachstehend Unternehmen genannt-

und

den Betriebsräten der AG

und deren Tochtergesellschaften, vertreten durch die Betriebsratsvorsitzenden

- nachstehend Betriebsräte genannt-

Präambel

Die Betriebsparteien erkennen die Gründung der Senderfamilie durch die Verschmelzung der AG mit der GmbH zur AG als einen strategisch und wirtschaftlich sinnvollen Schritt zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit auf dem komplexen und hochkompetitiven Medienmarkt an. Die AG will sich noch stärker als bisher als moderner, attraktiver Arbeitgeber am Arbeitsmarkt positionieren.

Vor diesem Hintergrund schließen Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretungen den nachfolgenden Sozialplan, der evtl. wirtschaftliche Nachteile betroffener Arbeitnehmer/innen im Rahmen der Restrukturierungen oder durchzuführender Umzüge ausgleicht.

§ 1 Geltungsbereich

1.1 Der Sozialplan gilt für alle Arbeitnehmer/innen

des Unternehmens, die während der Laufzeit dieses Sozialplans in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis mit dem Unternehmen stehen und deren Arbeitsplatz im Rahmen einer betriebsändernden Maßnahme nach §§ 111 ff. BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz)

- an einen anderen Standort verlagert wird oder

- deren Arbeitsplatz unmittelbar oder zu einem späteren Zeitpunkt wegfällt.

Das Gleiche gilt für die Arbeitnehmer/innen, die im Rahmen einer betriebsändernden Maßnahme nach §§ 111 ff. BetrVG andere wirtschaftliche Nachteile durch die Verschmelzung des Unternehmens erleiden.

1.2 Der Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile der Arbeitnehmer/innen der GmbH, die im Rahmen einer betriebsändernden Maßnahme nach §§ 111 ff. BetrVG zur GmbH ( ) oder deren Tochtergesellschaften wechseln, wird im § 16 geregelt.

...

§ 2 Geltungsdauer

Der Sozialplan tritt zum 07. September 2000 in Kraft und läuft bis zum 31. Dezember 2005. . . .

...

§ 6 Abfindung

6.1

Arbeitnehmer/innen erhalten Abfindungsleistungen, sofern sie in den in §§ 1 und 2 dieses Sozialplanes genannten sachlichen und zeitlichen Geltungsbereich fallen und ihr Arbeitsverhältnis verlieren durch:

- Ablehnung des Änderungsangebotes für den neuen Standort oder nach Ausspruch einer entsprechenden Änderungskündigung, die die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer nicht angenommen hat.

- Ausspruch einer betriebsbedingten Beendigungskündigung oder einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers unter der Maßgabe nach 6.3.

- Abschluss eines arbeitgeberseitig veranlassten Aufhebungsvertrages zur Vermeidung einer betriebsbedingten (Änderungs-)Kündigung.

6.2 Die Abfindung berechnet sich zum Zeitpunkt der rechtswirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach folgender Abfindungsformel:

Lebensalter (Jahre) x Betriebszugehörigkeit (Jahre) x Bruttomonatseinkommen : 30

...

§ 17 Allgemeine Bestimmungen

17.1 Der vollständige Wortlaut dieses Sozialplanes wird für alle Arbeitnehmer/innen des Unternehmens zugänglich im Intranet des Unternehmens veröffentlicht.

...

17.9 Unter dem Begriff "Unternehmen" im Sinne des Sozialplanes ist der Konzern AG zu verstehen ( AG samt Tochterunternehmen).

...

Die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 ist für die Arbeitgeberseite von den Vorstandsmitgliedern der Beklagten U. R. sowie L. L. unterzeichnet. Auf der Betriebsratseite ist die Betriebsvereinbarung von den Vertretern der jeweiligen Betriebsräte unterzeichnet.

Die Gesellschaftsanteile der GmbH wurden gemäß notariellen Kaufvertrag vom 08.09.2003 (Bl. 169 bis 179 d. A.) mit wirtschaftlicher Wirkung zum 01.06.2003 an die -Beteiligungs-GmbH im Rahmen eines so genannten Management Buy out verkauft. In dem Vertrag ist u.a. folgende Bestimmung enthalten:

§ 11

Freistellung P7S1 Betriebsvereinbarung

Die Käuferin wird P7S1 oder, auf Verlangen der P7S1, die mit P7S1 im Sinne von §§ 15 ff. AktG verbundenen Unternehmen (nachfolgend "P7S1 Gruppe" genannt) von der Inanspruchnahme durch Arbeitnehmer der ddp und ddp/vwd aus der P7S1 Betriebsvereinbarung freistellen, sofern und soweit die Ansprüche nicht vor dem Stichtag entstanden sind oder die Betriebsänderungen nach §§ 111 f. BetrVG nicht vor dem Stichtag stattfanden.

Über das Vermögen der GmbH wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg am 01.11.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter schloss mit dem Betriebsrat am 01.11.2004 einen Interessenausgleich und Sozialplan ab (Bl. 33 bis 45 d. A.), in dem es u.a. wie folgt heißt:

§ 2 Frühere Vereinbarungen

Es wird vorsorglich vereinbart, dass frühere Vereinbarungen, die dieser Vereinbarung entgegenstehen, außer Kraft treten. Unberührt hiervon bleibt die Betriebsvereinbarung zwischen der AG und dem Betriebsrat der GmbH vom 07.12.2000.

Am 04.11.2004 schloss der Kläger mit dem Insolvenzverwalter einerseits und der GmbH andererseits einen so genannten dreiseitigen Vertrag (Bl. 51 bis 55 d. A.), demzufolge das Arbeitsverhältnis des Klägers einvernehmlich zum 05.11.2004 aus betriebsbedingten Gründen enden und der Kläger mit Wirkung vom 06.11.2004 in ein bis 30.04.2005 befristetes Arbeitsverhältnis eintreten sollte. In dem dreiseitigen Vertrag heißt es u.a.:

§ 1 Beendigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses

...

1.3. Mit dieser Vereinbarung sind sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus dem bis zum Ablauf des 05.11.2004 bestehenden Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitgeber und anlässlich dessen Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt. Diese Erledigung gilt ausdrücklich nicht für Lohn- und Gehaltsansprüche bis zum Ablauf des 05.11.2004, ggf. bestehende Ansprüche aus unverfallbaren Versorgungsanwartschaften sowie die Ansprüche auf ein Arbeitszeugnis und die Arbeitspapiere sowie Ansprüche des Arbeitgebers wegen ausgereichter Arbeitgeber-Darlehen oder Überlassung firmeneigener Gegenstände.

...

Laut Pressemeldung vom 08.11.2004 übernahm die AG die GmbH im Rahmen einer so genannten übertragenden Sanierung.

Der Kläger hat vorgetragen, er habe aufgrund der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 unmittelbar Anspruch auf Zahlung der Abfindung gegenüber der Beklagten. Aus dem Sozialplan ergebe sich, dass die Beklagte für die Sozialplansprüche der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der beteiligten Firmen unmittelbar habe einstehen wollen. Der Kläger falle sowohl in den zeitlichen als auch in den sachlichen Geltungsbereich des Sozialplans, weil ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis zum Unternehmen bestehe und der Arbeitsplatz im Rahmen einer betriebsändernden Maßnahme nach §§ 111 ff. BetrVG i.S.v. § 1 Ziffer 1.1. der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 weggefallen sei. "Unternehmen" im Sinne der Betriebsvereinbarung seien die Beklagte und alle Tochtergesellschaften. Vertragspartner des Sozialplanes auf der Arbeitgeberseite sei die Beklagte und nicht die ddp Nachrichtenagentur GmbH, da deren Geschäftsführer nie bei den Verhandlungen beteiligt gewesen seien, die unterzeichneten Vertreter der Beklagten keine Vollmacht von Seiten der ddp besessen hätten und ihre Unterschriftsleitung auch nicht nachträglich genehmigt worden sei. Für die Umsetzung der Betriebsvereinbarung sei auch nie der Geschäftsführer der GmbH Ansprechpartner gewesen, sondern der Vorstand der Beklagten. Konzernzugehörigkeit des betreffenden Arbeitnehmers sei lt. Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 nicht Anspruchsvoraussetzung für die Abfindung, sondern lediglich, dass der betreffende Arbeitnehmer Angehöriger eines der fünf Unternehmen sei. Die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 wirke somit als Einzelsozialplan der Beklagten unmittelbar für den Kläger. Sie enthalte einen freiwilligen Rahmensozialplan für alle Maßnahmen während seiner Laufzeit, durch die Arbeitnehmer den Arbeitsplatz verlören.

Zudem liege eine Gemeinschaftsbetrieb gem. § 1 BetrVG vor. Die Geschäftsleitung der GmbH sei in der Ausübung ihrer arbeitgeberseitigen Rechte gegenüber ihrer Mitarbeiter von den Weisungen der Beklagten abhängig gewesen. So habe die Beklagte die Geschäftsführung der GmbH angewiesen, Arbeitsverträge oder Vertragsänderungen mit Mitarbeitern nur zusammen mit den zuständigen Personalverantwortlichen der Beklagten zu unterzeichnen. Wenn es um die Ausarbeitung von Betriebsvereinbarungen gegangen sei, sei Ansprechpartner auf der Arbeitgeberseite der Vorstand bzw. die Personalleitung der Beklagten und nicht die Geschäftsführung der GmbH gewesen. Die dem Gemeinschaftsbetrieb zugrunde liegende Führungsvereinbarung habe aber nicht beinhaltet, dass die Beklagte befugt gewesen sei, Namens und in Vollmacht der GmbH einen mit mehreren Millionen DM/EUR belasteten Sozialplan abzuschließen, ohne eine diesbezügliche Vollmacht erhalten zu haben. Das ergebe sich aus der Patronatserklärung vom 31.12.2000 der GmbH, in der die Verbindlichkeiten der GmbH einschließlich Rückstellungen mit EUR 9.111.515,23 angegeben sind. Aus der Stellung der Beklagten als Arbeitgeberin eines Gemeinschaftsbetriebs folge jedenfalls eine gesamtschuldnerische Haftung.

Im Übrigen hafte die Beklagte auf Zahlung der Abfindung in entsprechender Anwendung von § 179 Abs. 1 BGB, da sie als vollmachtlose Vertreterin für die Fa. GmbH die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 abgeschlossen habe. § 179 Abs. 1 BGB führe bei einem Sozialplan, der ein typischer Vertrag zu Gunsten Dritter sei, zu einer Haftung gegenüber den begünstigten Arbeitnehmern.

Die Beklagte hafte selbst dann auf Zahlung der Abfindung, wenn mangels Rechtsfähigkeit des Betriebsrats der GmbH im Bezug auf den Abschluss einer Betriebsvereinbarung mit der Beklagten kein wirksamer Sozialplan zustande- gekommen und auch § 179 BGB nicht anwendbar sei, aufgrund eines Verschuldens bei Vertragsschluss (c.i.c.). Denn die Beklagte habe durch Einberufung der Arbeitsgruppe "One World", an der sich Vertreter der Beklagten und die Betriebsräte der Tochterunternehmen beteiligt hätten und deren Zweck es gewesen sei, Maßnahmen zur Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen innerhalb des neuen Konzerns AG zu beraten und Betriebsvereinbarungen festzulegen, sowie durch Verlautbarungen in der Firmenöffentlichkeit den Eindruck erweckt, sich den Arbeitnehmern der Tochtergesellschaften gegenüber vertraglich zu verpflichten. Sie habe es auch zu verantworten, dass die GmbH unterfinanziert gewesen sei und ihre Insolvenz durch Verweigerung der Auszahlung einer letzten Darlehensrate durch die Beklagte an die GmbH entgegen einer Darlehensvereinbarung herbeigeführt worden sei. Somit habe die Beklagte den Rechtsschein erweckt, für das Tochterunternehmen ddp zu handeln. Dies ergebe sich auch aus der Freistellungsklausel im Kaufvertrag vom 08.09.2003.

Gemäß 6.2 der Betriebsvereinbarung stehe dem Kläger bei einem Lebensalter von 34,16 Jahren, einer Betriebszugehörigkeit von 4,51 Jahren und einem Bruttomonatsgehalt von EUR 3.150,00 eine Abfindung i.H.v. EUR 16.176,47 zu.

Der Kläger hat beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag i.H.v. EUR 16.176,47 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, sie sei aus dem Sozialplan nur gegenüber ihren eigenen Arbeitnehmern verpflichtet. Sie habe die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 nur in Vertretung ihrer Tochterunternehmen abgeschlossen, wobei der Vorstandsvorsitzende U. R. in wirksamer Vertretung für die GmbH gehandelt habe. Die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 enthalte rechtlich gesehen fünf einzelne Betriebsvereinbarungen, die in einer Urkunde zusammengefasst seien. Eine Betriebsvereinbarung zwischen der Muttergesellschaft und dem Betriebsrat einer Tochtergesellschaft sei gemäß § 77 BetrVG nicht möglich, weil es insoweit an der Rechtsfähigkeit der Betriebsparteien fehle.

Der persönliche und sachliche Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 sei nicht eröffnet, weil die GmbH nur bis 07.09.2003 zum Konzern gehört habe, der Kläger im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis nicht mehr Arbeitnehmer einer Konzern-Tochtergesellschaft gewesen sei und weil vom Sozialplan lediglich Restrukturierungen im Zusammenhang mit der Integration der Senderfamilie - Standortverlagerungen oder Umzüge - erfasst seien, nicht aber die Stilllegung der GmbH im Rahmen einer Insolvenz, und weil schließlich durch den Insolvenzsozialplan vom 01.11.2004 die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 ihre Wirkung verloren habe. Eine Geltung beider Kollektivregelungen nebeneinander sei nicht möglich.

Jedenfalls sei der geltend gemachte Anspruch durch die Verzichtsklausel im dreiseitigen Vertrag vom 03.12.2004 ausgeschlossen. Zudem habe der Kläger aufgrund des Erwerbs des Geschäftsbetriebs der GmbH durch die Starnberger Beteiligungsgesellschaft AG seinen Arbeitsplatz gemäß § 613 a BGB nicht verloren. Eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten gemäß § 427 BGB scheide aus, weil diese Vorschrift auf Betriebsvereinbarungen nicht anwendbar sei. Dasselbe gelte in Bezug auf § 179 BGB.

Die Geltung dieser Bestimmung im Zusammenhang mit einer Kollektivvereinbarung sei systemwidrig und betriebsverfassungswidrig. Auch wäre aus § 179 Abs. 1 BGB nicht der Kläger, sondern allenfalls der Betriebsrat anspruchsberechtigt.

Das Arbeitsgericht München hat durch Endurteil vom 07.12.2005 die Klage abgewiesen, weil die Beklagte aus der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 lediglich ihren eigenen Arbeitnehmern gegenüber, jedoch nicht den Arbeitnehmern der Tochterunternehmen gegenüber verpflichtet sei. Der Kläger als ehemaliger Arbeitnehmer eines Tochterunternehmens der Beklagten könne daher aus der genannten Betriebsvereinbarung keine Rechte gegenüber der Beklagten herleiten. Die Passivlegitimation der Beklagten scheide auch deshalb aus, weil der Sozialplan gemäß § 1 für Arbeitnehmer/innen des Unternehmens gelten solle, die während der Laufzeit in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis "mit dem Unternehmen" stehen. Der Kläger habe jedoch nicht in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten gestanden. Die Bestimmung in § 17 Ziffer 17.9 der Betriebsvereinbarung, wonach unter dem Begriff "Unternehmen" im Sinne des Sozialplans der Konzern AG zu verstehen sei, mache lediglich deutlich, welche Arbeitgeberinnen zu den Verpflichteten dieser Betriebsvereinbarung gehörten, treffe jedoch keine Aussage darüber, wer Schuldner der versprochenen Sozialplanleistungen sei.

Aus Absatz 2 der Präambel ergebe sich auch, dass die Beklagte nicht über ihre Verpflichtungen gegenüber ihren eigenen Arbeitnehmern hinaus eine originäre vertragliche Bindung gegenüber den Betriebsräten ihrer Tochterunternehmen habe eingehen wollen. Selbst wenn ein entsprechender Wille bestanden hätte, wäre eine solche Vereinbarung unwirksam gewesen mangels Rechtsfähigkeit des Betriebsrats im allgemeinen zivilrechtlichen Sinn. Dieser könne nicht im eigenen Namen mit Dritten Geschäfte abschließen; nur gegenüber dem eigenen Arbeitgeber könnten Ansprüche entstehen. Eine Haftung der Beklagten nach § 179 Abs. 1 BGB scheide schon deshalb aus, weil der Anspruch auf Erfüllung oder Schadenersatz dem anderen Teil, hier also dem Betriebsrat der GmbH, und nicht dem Kläger selbst zustehe. Darüber hinaus seien keine hinreichenden Gesichtspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagte gegenüber den Arbeitnehmern ihrer Tochterunternehmen eine Art Garantieerklärung oder Bürgschaft für die sich aus dem Sozialplan ergebenden Zahlungsansprüche der betroffenen Arbeitnehmer gegenüber ihren Arbeitgebern habe übernehmen wollen.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie den Ausführungen des Arbeitsgerichts wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Ersturteils Bezug genommen.

Gegen das dem Kläger am 15.12.2005 zugestellte Urteil hat dieser mit einem 13.01.2006 bei dem Landesarbeitsgericht München eingegangenen Schriftsatz Berufung einlegen lassen und sein Rechtsmittel durch einen 15.03.2006 innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist eingegangenen Schriftsatz begründet.

Er trägt vor, es lägen keine vier Betriebsvereinbarungen vor. Vielmehr habe die Beklagte nicht für die GmbH, sondern in eigenem Namen die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 abgeschlossen. Dabei habe die Beklagte nicht in Vertretung der Tochtergesellschaft gehandelt, weil eine Vertretungsmacht nicht bestanden habe und eine nachträgliche Genehmigung nicht erteilt worden sei. Also seien am Abschluss der Betriebsvereinbarung nur die Beklagte auf der einen Seite und die Betriebsratsgremien der Beklagten und der Tochtergesellschaften auf der anderen Seite beteiligt gewesen. Das Erstgericht habe den Begriff des Unternehmens gemäß § 17 Ziffer 17.9 der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 ignoriert.

Zudem sei von einem Gemeinschaftsbetrieb i.S.v. § 1 Abs. 2 BetrVG auszugehen, so dass die Beklagte infolgedessen gem. § 427 BGB als Arbeitgeberin dieses Gemeinschaftsbetriebes hafte. Zweifel dahin, welcher der beteiligten Arbeitgeber in einem Gemeinschaftsbetrieb aus einem Sozialplan hafte, bestünden im vorliegenden Fall nicht. Im Übrigen entspreche der Abschluss von Betriebsvereinbarungen, an denen nur die Beklagte und die Betriebsräte der Tochtergesellschaften beteiligt seien, der ständigen Praxis der Beklagten. Dies sei auch übereinstimmender Wille der Beklagten und der beteiligten Betriebsräte beim Abschluss der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 gewesen.

Jedenfalls bestehe eine Haftung der Beklagten in entsprechender Anwendung von § 179 BGB und aus Verschulden bei Vertragsschluss (c.i.c.). Aus den Verlautbarungen der Vertreter der Beklagten gegenüber den Verhandlungspartnern und in der Betriebsöffentlichkeit und der Rolle der Beklagten in der Arbeitsgruppe "One World" ergebe sich eine Rechtsscheinhaftung. Schließlich bestehe auch ein individualrechtlicher Anspruch auf Zahlung der Abfindung aus dem Sozialplan gegenüber der Beklagten. Selbst wenn man unterstellen würde, dem Betriebsrat habe die Rechtsfähigkeit gefehlt, wäre ein nichtiger Sozialplan gemäß § 140 BGB in eine einzelvertragliche Gesamtzusage umzudeuten. Denn die von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts geforderten Voraussetzungen würden hier vorliegen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts München vom 07.12.2005 zu verurteilen, an den Kläger EUR 16.176,47 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 enthalte keine Vereinbarung der Beklagten mit dem Betriebsrat der GmbH, sondern Betriebsvereinbarungen der Konzernunternehmen mit den jeweiligen Betriebsräten, die aus Praktikabilitätsgesichtspunkten in einer Urkunde zusammengefasst worden seien.

Hierbei habe der Vorstandsvorsitzende der Beklagten U. R. in Vertretungsbefugnis für die Tochtergesellschaften gehandelt.

Ein Gemeinschaftsbetrieb scheide aus, weil es an einem einheitlichen Leitungsapparat in sozialen und personellen Angelegenheiten fehle und auch an einer Identität der Geschäftsführung. Alle personellen und sozialen Entscheidungen für die GmbH seien von deren Geschäftsführung selbst und eigenverantwortlich getroffen worden. Die finanziellen Schwierigkeiten der GmbH im Zeitpunkt des Sozialplanabschlusses ließen nicht auf eine fehlende Vertretungsmacht des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten für die Tochtergesellschaft schließen.

Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Sozialplanabfindung im Falle des Klägers seien auch deshalb nicht gegeben, weil dessen Arbeitgeberin aus dem Konzern ausgegliedert worden sei und der Sozialplan nur Betriebsänderungen erfassen wolle, die im Zusammenhang mit der Fusion stünden.

Eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten gemäß § 427 BGB scheide ebenso aus, wie § 179 BGB auf Betriebsvereinbarungen nicht anwendbar sei und die dort geregelten Ansprüche nur der anderen Vertragspartei - hier dem Betriebsrat - zustünden. Auch sei die Beklagte nicht Handelnde i.S.v. § 179 BGB.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 15.03.2006 (Bl. 274 bis 283 d. A.) und 31.05.2006 (Bl. 297 bis 308 d. A.), der Beklagten vom 20.04.2006 (Bl. 285 bis 291 d. A.) und 05.07.2006 (Bl. 314 bis 318 d. A.) sowie die Sitzungsniederschrift vom 03.11.2006 (Bl. 335 bis 336 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist in der rechten Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO) und daher zulässig.

II.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München ist jedoch unbegründet.

Sowohl die 3. Kammer (Urteil vom 29.06.2006 - 3 Sa 14/06) wie die 9. Kammer des LAG München (Urteil vom 13.09.2006 - 9 Sa 3/06) haben in ihren den Parteivertretern im vorliegenden Verfahren bekannten Entscheidungen im Einzelnen ausgeführt, dass Arbeitnehmern der GmbH, deren Arbeitsplatz aus Gründen der Insolvenz dieser Firma entfallen ist, weder auf kollektiver noch auf einzelvertraglicher Rechtsgrundlage ein Anspruch auf eine Abfindung nach der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 zustehen kann. Dass ist auch die Auffassung der erkennenden Kammer, die sich ausdrücklich den Entscheidungen der 3. und 9. Kammer anschließt.

1. Aus der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 steht dem Kläger kein Anspruch auf Bezahlung einer Abfindung zu.

a) Gem. § 77 Abs. 1 BetrVG können Betriebsvereinbarungen nur zwischen dem jeweiligen Arbeitgeber und dem Betriebsrat eines Betriebs dieses Arbeitgebers abgeschlossen werden. Nur für die Arbeitnehmer dieses Arbeitgebers können die Betriebsvereinbarungen gem. § 77 Abs. 4 BetrVG Wirkung entfalten. Nur für diese Arbeitnehmer besteht auch eine kollektive rechtliche Regelungs- und Rechtsetzungsmacht. Die Beklagte kann daher eine Betriebsvereinbarung nur mit ihrem eigenen Betriebsrat abschließen. Ein Abschluss einer Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat der GmbH durch die Beklagte muss wegen fehlender Rechtsetzungsmacht notwendigerweise scheitern. Gem. §§ 2 Abs. 2, 77 Abs. 1 BetrVG wäre eine derartige Regelung der Beklagten gar nicht möglich. Eine solche Regelung kann nur durch eine Konzernbetriebsvereinbarung zustande kommen, die aber mangels Bestehens eines Konzernbetriebsrats nicht in Betracht kommt. Der Betriebsrat hat nur eine auf die Erfüllung seiner Aufgaben begrenzte Teilrechtsfähigkeit (vgl. BAG vom 09.12.1997 - 1 AZR 319/97 = AP Nr. 11 zu § 77 BetrVG 1972 "Tarifvorbehalt").

b) Als Betriebsvereinbarung zwischen der Beklagten und ihrem eigenen Betriebsrat kann die Regelung vom 07.12.2000 keine Wirkung für den Kläger beanspruchen. Auch dazu fehlt es an einer Kompetenz dieser beiden Betriebsparteien. Gem. § 77 Abs. 4 BetrVG kann eine derartige Betriebsvereinbarung nur für die Arbeitnehmer dieses Betriebs Geltung beanspruchen. § 77 BetrVG berechtigt zum Abschluss von Betriebsvereinbarungen nur über solche Angelegenheiten, für die eine Regelungskompetenz der jeweiligen Betriebsparteien besteht. Innerhalb der ihnen durch das Betriebsverfassungsgesetz zugewiesenen Regelungsautonomie können sie den räumlichen und den personellen Geltungsbereich einer Betriebsvereinbarung bestimmen. Die Rechtsetzungsbefugnis ist aber auf die Organisationseinheit beschränkt, für die der Betriebsrat gewählt ist oder nach der Fiktion des § 19 BetrVG als wirksam gewählt gilt. Auf andere Betriebe erstreckt sich die durch die Wahl vermittelte Rechtsetzungsbefugnis nicht. Die durch das Betriebsverfassungsgesetz geregelte Organisationsabgrenzung ist auch zwingend. Der Geltungsbereich einer Betriebsvereinbarung kann deshalb nicht durch eine freiwillige Vereinbarung der Betriebsparteien auf andere betriebe erstreckt werden (vgl. BAG vom 19.02.2002 - AP Nr. 13 zu § 4 BetrVG 1972).

c) Wird die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 rechtlich als ein Bündel von Betriebsvereinbarungen mit identischen Wortlaut angesehen, geschlossen jeweils zwischen der Beklagten und den beteiligten Tochterunternehmen einerseits und jedem einzelnen Betriebsratsgremium des betreffenden Unternehmens andererseits, würde sich auch kein Sozialplananspruch gegen die Beklagte ergeben. Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte aus der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 scheidet nämlich von vorneherein aus, weil sich die Ansprüche aus dieser Betriebsvereinbarung aus den bereits ausgeführten Gründen nur gegen die eigene Arbeitgeberin des Klägers richten können.

Die Beklagte ist insoweit nicht passiv legitimiert. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers scheidet im Übrigen ein solcher Anspruch schon deshalb aus, weil dem Vorstand der ProSieben-Sat.1 Media AG die Vertretungsmacht gefehlt habe, für die ddp Nachrichtenagentur GmbH zu handeln. Allenfalls ansatzweise denkbar wäre es, dass durch Betriebsvereinbarung, geschlossen zwischen der GmbH und deren Betriebsrat den Arbeitnehmern dieser Gesellschaft unmittelbar Sozialplanansprüche verschafft werden sollten aufgrund eines Sozialplans zulasten eines Dritten, verbunden mit einer Art Einstands-, Garantie- oder Haftungsübernahmeerklärung der Beklagten. Wie bereits die Kammer 3 und die Kammer 9 des LAG München in den angeführten Urteilen ausgeführt haben, fehlt dafür aber aufgrund der geschilderten klaren Struktur der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 jeglicher Anhaltspunkt. Dass die Beklagte und der Betriebsrat der GmbH oder die anderen Betriebsratsgremien diese Konstruktion für nicht ausreichend gehalten hätten und deshalb die Konzernmuttergesellschaft eine Mithaftung oder Einstandspflicht hätte übernehmen wollen, ist nicht ersichtlich. Im Übrigen scheidet eine solche Konstruktion nach dem eigenen Vortrag des Klägers schon deshalb aus, weil die Grundlage für eine solche Mithaftung bzw. Einstandspflicht eine wirksame Betriebsvereinbarung, geschlossen zwischen der GmbH und ihrem Betriebsrat, wäre, dies jedoch mangels Vertretungsmacht des Vorstandes der Beklagten für die GmbH ausscheiden solle.

d) Auch eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten gemäß § 427 BGB scheidet aus. Der Annahme eines Gemeinschaftsbetriebes steht an sich schon entgegen, dass bei der Beklagten und der GmbH gerade eigenständige Betriebsräte bestanden, deren Wahl nicht angefochten war (vgl. BAG vom 18.09.2003 - 2 AZR 79/02 = AP Nr. 14 zu § 17 KSchG 1969; BAG vom 08.06.1999 - 1 AZR 831/98 = AP Nr. 47 zu § 111 BetrVG 1972). Im Übrigen kann schon aus dem Vortrag des Klägers nicht von einem Gemeinschaftsbetrieb ausgegangen werden.

Zum einen ist schon unklar, auf welche organisatorischen Einheiten bzw. Betriebe oder Betriebsteile sich dieser gemeinschaftliche Betrieb erstreckt haben soll und welche Unternehmen auf Arbeitgeberseite Träger dieses gemeinschaftlichen Betriebes sein sollten. Dies ist insoweit dem Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen. Zum anderen ist aufgrund des Vortrages des Klägers nicht erkennbar, dass sich zumindest die Beklagte und die GmbH zur gemeinsamen Führung eines Betriebes rechtlich verbunden haben in der Weise, dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung ausgeübt werden sollte (vgl. BAG vom 11.02.2004 - 7 ABR 27/03 = AP Nr. 22 zu § 1 BetrVG 1972 "Gemeinsamer Betrieb"). Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass die Geschäftsleitung der ddp Nachrichtenagentur GmbH in der Ausübung ihrer arbeitgeberseitigen Rechte gegenüber ihren Mitarbeitern von den Weisungen der Beklagten abhängig war, lässt dieser allgemeine Vortrag nur erkennen, dass die Beklagte von ihrem konzernrechtlichen Weisungsrecht tatsächlich Gebrauch gemacht hat. Eine lediglich unternehmerische Zusammenarbeit zweier Konzernunternehmen reicht jedoch nicht für die Annahme aus, dass die wesentlichen materiellen und immateriellen Betriebsmittel gemeinsam genutzt und die Arbeitsabläufe in beiden Unternehmen personell, technisch und organisatorisch miteinander verknüpft sind (vgl. BAG vom 18.09.2003 a.a.O.; BAG vom 18.01.1990 - 2 AZR 355/89). Gegen das Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebes spricht im Übrigen der eigene Vortrag des Klägers, wonach die Beklagte nicht ohne besondere Vollmacht von Seiten der GmbH den Sozialplan mit Wirkung für diese habe unterzeichnen dürfen. Damit wäre hinsichtlich eines Kernbereiches der wirtschaftlichen Angelegenheiten die Leitungskompetenz bei der ddp Nachrichtenagentur GmbH verblieben. Die Konzernmutter hätte sich gerade in einer Phase der betriebsverfassungsrechtlichen Ordnung der Auswirkungen der Fusion zur Senderfamilie der Einflussnahme auf die betriebsverfassungsrechtliche Leitung des Betriebes der GmbH begeben. Gleichwohl soll nach dem Vortrag des Klägers die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 im Gemeinschaftsbetrieb nur von einem Träger des Gemeinschaftsbetriebes - der Beklagten - mit Wirkung für alle Arbeitnehmer wirksam sein. Wie sich dieser Alleingang eines der am gemeinschaftlichen Betrieb beteiligten Unternehmen mit den Erfordernissen einer institutionalisierten einheitlichen Leitung verträgt, ist nicht ersichtlich.

e) Auch § 179 Abs. 1 BGB führt nicht zu einem Anspruch des Klägers. Eine derartige Haftung ergibt sich auch dann nicht, wenn man den Vortrag des Klägers, die Beklagte habe keine Vertretungsmacht zum Abschluss der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 mit Wirkung für und gegen die GmbH gehabt, als zutreffend unterstellt. Die Kammer geht mit den Kammern 9 und 3 des Landesarbeitsgerichts in den angeführten Urteilen davon aus, dass die Rechtswirkungen einer Betriebsvereinbarung in § 77 BetrVG abschließend geregelt sind. Dies schließt eine unmittelbare Haftung eines dritten Unternehmens als vollmachtloser Vertreter auf Erfüllung oder Schadensersatz in Bezug auf eine gerade nicht zustande gekommene Betriebsvereinbarung aus.

f) Dies gilt entsprechend für die vom Kläger hilfsweise angenommene Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss (c.i.c.) und aus Rechtsscheinsgrundsätzen, soweit es sich um eine kollektivrechtlich begründete Haftung handeln soll. Auch insoweit teilt die Kammer die Auffassungen der 9. und der 3. Kammer. Ein Verschulden der Beklagten gegenüber dem Betriebsrat der GmbH oder deren Arbeitnehmern gegenüber im Zuge der Verhandlungen und bei Abschluss der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 ist nicht erkennbar. Weder die alleinige Verhandlungsführung durch die Beklagte auf Arbeitgeberseite in Bezug auf die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 noch die Installation der Arbeitsgruppe "One World" und deren Besetzung auf Arbeitgeberseite ausschließlich mit Vertretern der Beklagten oder etwaige Verlautbarungen von Vertretern der Beklagten in Betriebsversammlungen von Tochtergesellschaften zwingen zu der Annahme, dass die Beklagte den Eindruck erweckt hätte, sie selbst - und nicht die jeweilige Tochtergesellschaft - solle alleinige Schuldnerin der Sozialplanleistungen sein. Dass die Beklagte über die möglichen und zulässigen betriebsverfassungsrechtlichen Gestaltungsformen hinaus und entgegen der sodann gewählten Gestaltung eines Bündels gleich lautender Betriebsvereinbarungen den Eindruck zu erwecken suchte, die Arbeitnehmer auch der Tochtergesellschaften könnten sich allein an sie selbst als Muttergesellschaft wenden, um ihre Sozialansprüche durchzusetzen, ist nicht ersichtlich. Die Beklagte mag auf der Arbeitgeberseite für alle beteiligten Unternehmen den Inhalt der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 in allen Einzelheiten bestimmt haben. Dies ist in einem straff geführten Konzern nichts Ungewöhnliches. Daraus lassen sich jedoch keine Rückschlüsse im Sinne der Übernahme einer entsprechenden unmittelbaren Zahlungs- oder Einstandspflicht ziehen, zumal dann, wenn eine solche im Widerspruch zu den betriebsverfassungsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten steht. Das Gleiche gilt in Bezug auf die vom Kläger angenommene Rechtsscheinshaftung, soweit sie kollektivrechtlich begründet sein soll. Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich allenfalls, dass die Beklagte durchgehend deutlich gemacht hat, sie werde dafür sorgen, dass die in der abzuschließenden und sodann abgeschlossenen Betriebsvereinbarung geregelten Sozialplanansprüche bedient werden können. Nichts anderes ergibt sich zuletzt aus der Patronatserklärung vom 31.12.2000. Damit ist lediglich gesagt, dass die Beklagte ihre Tochterunternehmen ggf. so finanziell ausstatten werde, dass die Sozialplanabfindungen bezahlt werden könnten. Nicht gesagt ist damit, dass die Beklagte selbst den Arbeitnehmern auf Zahlung dieser Ansprüche haften wolle. Im Übrigen kann dieser Rechtsschein nach Übernahme der Geschäftsanteile der GmbH durch die Beteiligungs-GmbH mit Kaufvertrag vom 08.09.2003 nicht mehr wirken.

Denn von diesem Zeitpunkt an war die GmbH keine Tochtergesellschaft der Beklagten mehr im Verbund des Konzerns.

2. Dem Kläger kann auch auf einzelvertraglicher Grundlage kein Anspruch auf Bezahlung einer Abfindung gegen die Beklagte zustehen. Ein unmittelbarer individualvertraglicher Anspruch des Klägers ergibt sich nicht aus einer eventuellen Umdeutung der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 in eine Gesamtzusage gegenüber den Arbeitnehmern der GmbH und der sonstigen Tochtergesellschaften. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es zwar grundsätzlich nicht ausgeschlossen, eine nach § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksame Betriebsvereinbarung entsprechend § 140 BGB in eine vertragliche Einheitsregelung umzudeuten. Eine solche Gesamtzusage könnte aber wiederum von vorneherein nur zu Ansprüchen der Arbeitnehmer gegen ihren Arbeitgeber führen, also im vorliegenden Fall zu einem Anspruch des Klägers gegen die Firma GmbH und nicht zu einem Anspruch gegenüber der Beklagten. Im Übrigen kommt eine derartige Umdeutung auch nur in Betracht, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, der Arbeitgeber habe sich unabhängig von der Betriebsvereinbarung auf jeden Fall verpflichten wollen, seinen Arbeitnehmern die dort vorgesehenen Leistungen zu gewähren (vgl. BAG vom 29.10.2002 - 1 AZR 573/01 = AP Nr. 18 zu § 77 BetrVG 1972 "Tarifvorbehalt"; BAG vom 05.03.1997 - 4 AZR 532/95 = AP Nr. 10 zu § 77 BetrVG 1972 "Tarifvorbehalt"; LAG Niedersachsen MDR 2005, 1000). Dafür ist hier kein Anhaltspunkt erkennbar.

3. Im Übrigen scheidet ein Anspruch des Klägers nach Auffassung der Kammer auch bei Heranziehung der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 aus. Denn die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 sieht im Fall des Klägers überhaupt keinen Anspruch auf eine Abfindung vor. Voraussetzung für einen Sozialplananspruch ist, dass die den Arbeitnehmer treffenden Nachteile, die durch den Sozialplan ausgeglichen werden sollen, Folge der Maßnahme sind, für die der Sozialplan auch abgeschlossen wurde (BAG vom 06.08.2002 - 1 AZR 247/01 = AP Nr. 154 zu § 112 BetrVG 1972). Dies bedeutet, dass es für einen Anspruch nicht genügt, dass der Arbeitnehmer allein unter den persönlichen Geltungsbereich des Sozialplans fällt sondern sein Arbeitsplatzverlust durch die im Sozialplan bezeichneten und vom Arbeitgeber geplanten und durchgeführten Maßnahmen herbeigeführt wurde (vgl. LAG Hamm NZA-RR 1998, 261). Der Arbeitsplatzverlust des Klägers stand jedoch nicht mehr im Zusammenhang mit einer durch die Verschmelzung der AG und der GmbH zur Beklagten ausgelösten Restrukturierungsmaßnahme sondern trat erst durch den späteren Verkauf der Gesellschaftsanteile der Fa. GmbH im September 2003 und der damit einhergehenden Auslösung aus dem Konzernverbund der Beklagten ein. Dies war keine vom Sozialplan erfasste Maßnahme. Auch deshalb scheidet ein Anspruch des Klägers aus.

III.

Die Berufung des Klägers war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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