Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 17.12.2008
Aktenzeichen: 10 Sa 817/08
Rechtsgebiete: ATG, TV ATZ, BGB


Vorschriften:

ATG § 1 Abs. 3
TV ATZ § 2
TV ATZ § 3
BGB § 315
1. Nach § 3 Abs. 2 TV ATZ besteht kein Rechtsanspruch des Arbeitnehmers, dass die Altersteilzeit gemäß einem von ihm bestimmten Modell verteilt wird.

2. Die Ablehnung eines Altersteilzeitvertrages durch einen fremdfinanzierten Arbeitgeber ist nicht ermessensfehlerhaft, wenn sie mit einer Auflage des Zuwendungsgebers begründet wird.


Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes URTEIL

10 Sa 817/08

Verkündet am: 17.12.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2008 durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Moeller und die ehrenamtlichen Richter Ell und Widmann

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 30.04.2008 (Az.: 31 Ca 16361/07) wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages.

Der am 30.04.1948 geborene Kläger ist bei dem Beklagten, der ca. 80 in der Regel unselbständige Forschungsinstitute betreibt, in dessen Institut für Plasmaphysik in G. als Angestellter beschäftigt und erzielt dabei ein Monatsgehalt von ca. € 3.100,00 brutto.

Die Finanzierung des Instituts für Plasmaphysik erfolgt im Wesentlichen durch Zuwendungen der nationalen Körperschaften Bund und Sitzländer. Diese Zuwendungen werden generell zu 90 % vom Bund und zu 10 % vom jeweiligen Bundesland zur Verfügung gestellt. Der Finanzierungsschlüssel geht auf die Rahmenvereinbarung zwischen Bund und Ländern vom 28. November 1975 über die gemeinsame Förderung der Forschung nach Art. 91 b GG zurück.

Für die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter des Beklagten gelten die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst.

In einem an die obersten Bundesbehörden gerichteten Schreiben vom 08.03.2006 (Bl. 32 bis 33 d. A.) teilte das Bundesministerium des Innern u. a. Folgendes mit:

...

Weder aus § 2 TV ATZ noch aus § 3 TV ATZ lässt sich jedoch ein Rechtsanspruch der bzw. des Beschäftigten auf die Vereinbarung eines bestimmten Arbeitszeitmodells während der Altersteilzeitarbeit gegen seinen Arbeitgeber ableiten.

Vor diesem Hintergrund und unter Verfolgung des Grundsatzes, dass die Bewilligung von Altersteilzeitarbeitsverhältnissen zu keinen zusätzlichen finanziellen Belastungen des Bundeshaushalts führen darf, ist in Ergänzung meines Bezugsrundschreibens vom 22. November 2005 bei der Entscheidung über Anträge auf Altersteilzeitarbeit nach dem TV ATZ ab sofort (Stichtag: 17 Februar 2006) wie folgt zu verfahren:

1. Ab sofort soll Altersteilzeitarbeit grundsätzlich nur noch nach § 3 Abs. 2 Buchst. b TV ATZ als Teilzeitmodell bewilligt werden. Bewilligungen im Blockmodell nach § 3 Abs. 2 Buchst. a TV ATZ sind ab sofort ausgeschlossen.

2. Ausnahmen von der Einschränkung nach Ziffer 1 gelten

...

Unter Bezugnahme auf dieses Schreiben verfasste die Generalverwaltung des Beklagten ein an alle Forschungseinrichtungen gerichtetes Rundschreiben Nr. 104/2006 vom 20.12.2006 (Bl. 7 bis 9 d. A.), in dem es u. a. wie folgt heißt:

Altersteilzeitarbeit - Einschränkungen beim Abschluss von Altersteilzeitvereinbarungen

Inhalt in Stichworten

...

- Altersteilzeitarbeit kann nur noch als Teilzeitmodell bewilligt werden

...

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit beiliegendem Rundschreiben vom 22. November 2005 und 08. März 2006 (AZ D II 2 - 220 770 - 1/18) verfügte das Bundesministerium des Innern Einschränkungen für den Bereich der Bundesbehörden zur Bewilligung von Altersteilzeitarbeitsverträgen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat der Gesellschaft am 9. März 2006 mitgeteilt, diese Einschränkungen zu beachten.

...

Nachstehend eine kurze Zusammenfassung der Einschränkungen, ...

...

- Altersteilzeitarbeit kann nur noch als Teilzeitmodell bewilligt werden (Ausnahme: Kraftfahrer im Sinne des KraftfahrerTV Bund).

...

Am 07.11.2007 erließ das Bundesministerium für Bildung und Forschung gegenüber dem Beklagten einen Zuwendungsbescheid (Bl. 25 bis 28 d. A.), der u. a. wie folgt lautet:

...

- Die Bewilligung neuer Altersteilzeitverhältnisse im Blockmodell ist grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. hierzu auch Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 28.02.2006, D I 1 - 210 172/20 und vom 08.03.2006, D II 2 - 220 770 - 1/18).

...

Widerrufs- und Haushaltsvorbehalt

Ich behalte mir vor, den Bescheid aus zwingenden Gründen zu ändern oder zu widerrufen (Widerrufsvorbehalt gem. § 36 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 49 Abs. 2 Nr. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz). Dies gilt insbesondere bei nicht zweckentsprechender Verwendung der Zuwendung sowie in den Fällen, in denen mit dem Zuwendungsbescheid verbundene Auflagen nicht oder nicht fristgerecht erfüllt werden.

...

Mit Schreiben vom 23.10.2007 (Bl. 5 d. A.) beantragte der Kläger Altersteilzeit im Blockmodell mit einer Vollzeitbeschäftigung vom 01.05.2008 bis 30.10.2009 und einer Ruhenszeit vom 01.11.2009 bis 30.04.2011.

Mit Schreiben vom 13.11.2007 (Bl. 6 d. A.) lehnte der Beklagte den Antrag ab, teilte dem Kläger aber mit, zum Abschluss eines Teilzeitmodells bereit zu sein.

Mit der am 29.11.2007 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage trägt der Kläger vor, dass er ausschließlich Interesse am Abschluss eines Altersteilzeitvertrages im Blockmodell habe. Darauf bestehe auch ein Anspruch des Klägers gem. § 2 Abs. 2 TV ATZ. Dem stehe kein betrieblicher oder dienstlicher Grund entgegen. Auf eine Weisung des Bundesministeriums des Innern könne sich der Beklagte nicht berufen. Eine Ablehnung aus finanziellen Gründen scheide aus. Der finanziellen Belastung sei schon mit der 5 %-Grenze und dem Überforderungsschutz Rechnung getragen.

Der Kläger hat beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, mit dem Kläger eine Altersteilzeitvereinbarung abzuschließen, in der Altersteilzeit in Form des Blockmodells vom 01.05.2008 bis zum 30.04.2013 vereinbart wird mit Festlegung der geschuldeten regelmäßigen Arbeitszeit auf die erste Hälfte, Freistellung in der zweiten Hälfte dieser Zeit.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, dass Beschäftigte von Zuwendungsempfängern des Bundes nicht besser gestellt werden dürften als vergleichbare Bundesbedienstete. Dies folge schon aus dem öffentlichen Haushaltsrecht wie aus § 8 Abs. 1 des Finanzstatuts des Hermann von Helmholtz - Gemeinschaft Deutscher Forschungszentrum e.V., dessen Mitglied der Beklagte sei. Ein Anspruch des Klägers auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages im Blockmodell bestehe daher nicht. Die Art der Verteilung der Arbeitszeit könne der Arbeitnehmer nicht selbst bestimmen. Der Beklagte sei an die Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 22.11.2005 und 08.03.2006 gebunden. Sie seien auch Bestandteil des Zuwendungsbescheides vom 07.11.2007. Halte sich der Beklagte nicht daran, könnte er bis zu 90 % der nationalen Fördermittel verlieren.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen weil dem Kläger kein Rechtsanspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages im Blockmodell zustehe und die Ablehnung des Antrags durch den Beklagten billigem Ermessen entspreche. Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie den Ausführungen des Arbeitsgerichts wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Ersturteils Bezug genommen.

Gegen das dem Kläger am 31.07.2008 zugestellte Urteil hat dieser mit einem 25.08.2008 bei dem Landesarbeitsgericht München eingegangenen Schriftsatz Berufung einlegen lassen und sein Rechtsmittel durch einen am 02.09.2008 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Er trägt vor, der Tarifvertrag gewähre einen Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages im Blockmodell. Denn der Tarifvertrag sehe beide Alternativen der Verteilung der Arbeitszeit vor, die allein vom Verlangen des Arbeitnehmers abhingen und keine Begründung erforderten. Dem stehe die Weisung des Bundesministeriums des Innern nicht entgegen. Diese sei tarifwidrig. Im Übrigen sei der Beklagte keine Behörde des Bundesministeriums des Innern. Der Beklagte habe zudem bei Ablehnung des Antrags sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Denn die Ermessensentscheidung könne allein von der Lage der Arbeitszeit abhängen. Eine Teilzeitbeschäftigung könne sich der Kläger dagegen nicht leisten, weil er dann trotz verringerter Vergütung weiter ein zweites Auto benötige.

Der Kläger beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 30.04.2008 (Az.: 31 Ca 16361/07) wird aufgehoben.

2. Der Beklagte wird verurteilt, das Angebot des Klägers anzunehmen, eine Altersteilzeitvereinbarung abzuschließen, in der Altersteilzeit in Form des Blockmodells vom 01.05.2008 bis zum 30.04.2013 vereinbart wird mit Festlegung der geschuldeten regelmäßigen Arbeitszeit auf die erste Hälfte, Freistellung in der zweiten Hälfte dieser Zeit.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, der Kläger habe nach dem Tarifvertrag keinen Anspruch auf eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit. Den Wunsch nach Erörterung der Verteilung der Arbeitszeit habe der Kläger nie in Anspruch genommen. Die Ablehnung des Antrags durch den Beklagten sei zu Recht erfolgt. Der Beklagte sei an die Vorgaben des Bundesministeriums des Innern zwingend gebunden. Im Fall der Zuwiderhandlung würde er seine Existenz aufs Spiel setzen.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 31.08.2008 (Bl. 59 bis 64 d. A.), des Beklagten vom 01.10.2008 (Bl. 66 bis 70 d. A.) und 10.12.2008 (Bl. 79 bis 84 d. A.) sowie die Sitzungsniederschrift vom 28.11.2008 (Bl. 76 bis 78 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist in der rechten Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO) und daher zulässig.

II.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages im Blockmodell für die Zeit vom 01.05.2008 bis 30.04.2013 gem. § 2 Abs. 1 des Tarifvertrags zur Regelung der Altersteilzeit im öffentlichen Dienst zu.

1. Jedenfalls nach der vom Kläger im Berufungsverfahren präzisierten Fassung seines Antrags ist die Klage zulässig.

a) Nach dem durch Antrag und Klagebegründung deutlich zum Ausdruck gebrachten Verlangen des Klägers besteht danach kein Zweifel daran, dass sein Begehren auf die Annahme eines Angebots zum Abschluss eines Altersteilzeitvertrages gerichtet ist. Für diesen Antrag besteht das erforderliche Rechtsschutzinteresse, da die erstrebte Willenserklärung mit Rechtskraft des Urteils als abgegeben gilt und der Altersteilzeitvertrag im Blockmodell damit gem. § 894 ZPO zustande kommt (vgl. BAG vom 10.05.2005 - 9 AZR 294/04; BAG vom 12.12.2000 - 9 AZR 706/99).

b) Dieser Antrag ist auch hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Denn die vertraglichen Bedingungen für die Altersteilzeit richten sich nach dem Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit im öffentlichen Dienst und sind zwischen den Parteien unstreitig. Auch die Dauer des Vertrages liegt durch die Angabe der konkreten Daten nicht im Ungewissen. Dass der Vertragsschluss auf die Vergangenheit gerichtet ist, steht der Durchsetzung eines Anspruchs auf Abschluss eines Vertrages nach Streichung von § 306 BGB a. F. durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz nicht mehr entgegen (vgl. BAG vom 12.09.2006 - AP Nr. 17 zu § 8 TzBfG; BAG vom 27.04.2004 - 9 AZR 522/03; Zwanziger RdA 2005, 236).

2. Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte dem Antrag des Klägers auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages für die Zeit vom 01.05.2008 bis 30.04.2013 im Blockmodell zustimmt.

a) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden unstreitig auch die Bestimmungen des Tarifvertrags zur Regelung der Altersteilzeit im öffentlichen Dienst vom 05.05.1998 in der Fassung des Änderungstarifvertrages vom 30.06.2000 (TV ATZ) Anwendung. Daran hat sich durch das neue Tarifrecht des TVöD nichts geändert. Im Bund gelten gem. § 2 Abs. 3 Satz 1 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund) die in der Anlage 1 TVÜ-Bund und Teil C aufgeführten Tarifverträge und Tarifvertragsregelungen fort, soweit im TVöD, im TVÜ oder in den Anlagen zum TVÜ-Bund nicht etwas anderes bestimmt ist. Der TV ATZ ist unter Nr. 12 der Anlage 1 TVÜ-Bund Teil C aufgeführt und gilt damit mangels ausdrücklicher anderer Bestimmungen im Bund fort (vgl. Gross RdA 2007, 312). In dem Tarifvertrag sind die Voraussetzungen für den Anspruch auf Altersteilzeit wie folgt geregelt:

§ 2

Voraussetzungen der Altersteilzeitarbeit (1) Der Arbeitgeber kann mit Arbeitnehmern, die

a) das 55. Lebensjahr vollendet haben,

b) eine Beschäftigungszeit (z.B. § 19 BAT/BAT-O) von 5 Jahren vollendet haben und

c) innerhalb der letzten 5 Jahre vor Beginn der Altersteilzeitarbeit mindestens 1080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem 3. Buch SGB gestanden haben,

die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vereinbaren; das Altersteilzeitarbeitsverhältnis muss ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des 3. Buches SGB sein.

(2) Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1) erfüllen, haben Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer hat den Arbeitgeber 3 Monate vor dem geplanten Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses über die Geltendmachung des Anspruchs zu infomieren; von dem Fristerfordernis kann einvernehmlich abgewichen werden.

(3) Der Arbeitgeber kann die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen.

(4) Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll mindestens für die Dauer von 2 Jahren vereinbart werden. Es muss vor dem 01. Januar 2010 beginnen.

§ 3

Reduzierung und Verteilung der Arbeitszeit

(1) Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses beträgt die Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit.

(2) Die während der Gesamtdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu leistende Arbeit kann so verteilt werden, dass sie

a) in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses geleistet und der Arbeitnehmer anschließend von der Arbeit unter Fortzahlung der Bezüge nach Maßgabe der §§ 4 und 5 freigestellt wird (Blockmodell) oder

b) durchgehend geleistet wird (Teilzeitmodell).

(3) Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber verlangen, dass sein Wunsch nach einer bestimmten Verteilung der Arbeitszeit mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung erörtert wird.

...

b) Danach steht dem Kläger kein Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages im Blockmodell zu.

aa) Nachdem der Kläger das 60. Lebensjahr vollendet hat und auch die sonstigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 TV ATZ erfüllt hat, steht ihm zwar ein Rechtsanspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages gem. § 2 Abs. 2 TV ATZ zu. Dies gilt jedoch nicht für die Frage der Verteilung der Arbeitszeit. Vielmehr bestimmen § 3 Abs. 2 und § 3 Abs. 3 TV ATZ, dass die zu leistende Arbeit so verteilt werden kann, dass sie in einem Blockmodell oder in einem Teilzeitmodell geleistet wird und der Arbeitnehmer verlangen kann, dass sein Wunsch mit dem Arbeitgeber zum Ziel einer einvernehmlichen Regelung erörtert wird. Damit zeigt schon die Ausgestaltung des § 3 Abs. 2 TV ATZ als KannVorschrift, dass kein Rechtsanspruch auf Verteilung der Arbeitszeit nach einem bestimmten Modell besteht (vgl. Ahlbrecht/Ickenroth BB 2002, 2440). Erst recht folgt dies aus der Festlegung eines Erörterungsanspruchs des Arbeitnehmers, dessen Regelung sinnlos wäre, wenn ohnehin ein Rechtsanspruch auf eine bestimmte Verteilform der Arbeitszeit bestünde.

bb) Gewährt daher § 3 Abs. 2 TV ATZ keinen Rechtsanspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages im Modell (vgl. auch: Küttner/Kreitner Personalbuch 2008 Altersteilzeit Rz. 5; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese Altersteilzeit-Tarifvertrag Erl. 14.3) kann dem Arbeitnehmer wie bei der Kann-Vorschrift nach § 2 Abs. 1 TV ATZ lediglich ein Anspruch darauf zustehen, dass der Arbeitgeber bei der Entscheidung über den Antrag auf einen Abschluss im Blockmodell billiges Ermessen wahrt (vgl. BAG vom 26.06.2001 - AP Nr. 2 zu § 3 ATG; BAG vom 12.12.2000 - DB 2001, 1995). Die Auswahl zwischen allen Modellen obliegt mithin dem Arbeitgeber im Rahmen des billigen Ermessens nach § 315 BGB. Der Entscheidungsspielraum des Arbeitgebers ist bei der Frage der Verteilung der Arbeitszeit weiter als bei der Frage der Gewährung von Altersteilzeit überhaupt, nachdem in § 3 TV ATZ nicht - wie in § 2 Abs. 3 TV ATZ - auf das Vorliegen dringender dienstlicher bzw. betrieblicher Gründe abgestellt wird. Der Arbeitgeber ist bei der organisatorischen Gestaltung im Wesentlichen frei und kann daher auch generelle Erwägungen zur Grundlage seiner Entscheidung machen (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese a.a.O.).

cc) Diesem Maßstab hält die Ablehnung der Altersteilzeit im Blockmodell durch den Beklagten stand.

(1) Denn der Arbeitgeber wahrt dann billiges Ermessen, wenn er die wesentlichen Umstände des Einzelfalls und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt (vgl. BAG vom 26.06.2001 - a.a.O.). Er darf alle Umstände berücksichtigen, die sich aus dem Wechsel in das Blockmodel ergeben. Ob der Arbeitgeber dabei billiges Ermessen wahrt, ist nach objektiven Maßstäben zu beurteilen. Die subjektive Sicht ist unerheblich (vgl. BAG vom 03.12.2002 - AP Nr. 2 zu § 1 TVG "Altersteilzeit"). Nach objektivem Maßstab sind alle Umstände zu berücksichtigen, die zu dem Zeitpunkt vorlagen, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hatte (vgl. BAG vom 10.05.2005 - AP Nr. 20 zu § 1 TVG "Altersteilzeit"; BAG vom 03.12.2002 - a.a.O.).

(2) Die Ablehnung des Antrags des Klägers rechtfertigt danach jedenfalls das Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 08.06.2006 (Bl. 32 bis 33 d. A.) im Zusammenhang mit dem Zuwendungsbescheid des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 07.11.2007 (Bl. 25 bis 28 d. A.). Zur Antragsablehnung genügt jeder sachliche Grund, zu dem gerade auch finanzielle Gründe zählen (vgl. BAG vom 10.05.2005 - a.a.O.; BAG vom 12.12.2000 - AP Nr. 1 zu § 3 ATG). Wenn es schon zur Ablehnung eines Antrags auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages eines Arbeitnehmers, dem kein Rechtsanspruch zusteht, genügt, dass der Arbeitgeber die mit einer Altersteilzeit verbundenen finanziellen Mehrbelastungen durch Aufstockungsbetrag und Übernahme der Beiträge zur Sozialversicherung nicht zu tragen gewillt ist (vgl. BAG vom 10.05.2005 - a.a.O.), muss dies erst recht gelten, wenn sich der Beklagte nach dem Zuwendungsbescheid vom 07.11.2007 in die Gefahr begeben müsste, seine finanziellen Grundlagen zu gefährden und damit seine Existenz aufs Spiel zu setzen.

(3) Können daher finanzielle Gründe sogar eine vollständige Ablehnung eines Antrags auf Altersteilzeit rechtfertigen, muss dies für die Frage auf Ablehnung einer bestimmten Verteilform, auf die kein Rechtsanspruch besteht, erst recht gelten. Dafür, dass dagegen nur solche Gründe durch den Arbeitgeber berücksichtigt werden dürfen, die sich auf die Lage der Arbeitszeit als solche beziehen, lässt sich aus dem Tarifvertrag nichts entnehmen. Hätten die Tarifvertragsparteien dies gewollt, hätte es nahegelegen, dies im Tarifvertrag in gleicher Weise zum Ausdruck zu bringen, wie es in § 2 Abs. 3 TV ATZ für die Ablehnungsgründe bei Vorliegen eines Rechtsanspruchs geschehen ist. Enthält der Tarifvertrag hinsichtlich der Ablehnung der Verteilform der Arbeitszeit dazu keine Regelung, lässt sich eine Einschränkung der Ablehnungsgründe für eine bestimmte Verteilform aus dem Tarifvertrag nicht herleiten.

III.

Die Berufung des Klägers war mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Die Kammer hat für den Kläger die Revision gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

Zurück