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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Beschluss verkündet am 04.07.2008
Aktenzeichen: 10 TaBV 118/07
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BetrVG


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 87 Abs. 2
ZPO § 520 Abs. 3
BetrVG § 50 Abs. 1
BetrVG § 76 Abs. 5
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10
Für eine Regelung der Vergütungsgrundsätze für AT-Angestellte ist der Gesamtbetriebsrat auch dann nicht zuständig, wenn der Arbeitgeber in mehreren Betrieben bereits bestehende Regelungen vereinheitlichen will
Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes BESCHLUSS

10 TaBV 118/07

Verkündet am: 04.07.2008

In dem Beschlussverfahren

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 28. Mai 2008 durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Moeller und die ehrenamtlichen Richter Böhrer und Hinzmann

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Beschwerde des Gesamtbetriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 04.06.2007 (Az.: 12a BV 402/05) abgeändert.

2. Es wird festgestellt, dass der Spruch der Einigungsstelle zwischen dem Gesamtbetriebsrat und der Arbeitgeberin zur Neuregelung der Vergütungsgrundsätze für außertarifliche Angestellte vom 05.08.2005 unwirksam ist.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit des Spruchs einer Einigungsstelle zur Neuregelung der Vergütungsgrundsätze für außertarifliche Angestellte im Unternehmen der Arbeitgeberin.

Der Antragsteller ist der im Unternehmen der zu 2) beteiligten Arbeitgeberin gebildete Gesamtbetriebsrat. Die Beteiligte zu 2) ist die Nachfolgegesellschaft der AG, die insgesamt neun Betriebe hat. In O. betreibt die Beteiligte zu 2) dabei neben dem Betrieb und Zentrale den Betrieb , der früher zur AG gehörte und im Jahr 2000 an die Beteiligte zu 2) übertragen wurde. Weitere Betriebe bestehen in B., A. und M., die früher zur ehemaligen GmbH gehörten. Zwei Betriebe bestehen weiter in U. und K., die früher zur GmbH (, einer -Tochter) gehörten. Weitere Betriebe in U. wurden 1998 von der AG und in F. im Jahr 2004 von der Firma GmbH übernommen. In sämtlichen Betrieben sind örtliche Betriebsräte gebildet.

Als Folge der verschiedenen Vorgängergesellschaften gab es im Unternehmen der Beteiligten zu 2) eine Vielzahl von unterschiedlichen Regelungen für Arbeitsbedingungen der außertariflichen Angestellten in den einzelnen Betrieben. Nahezu alle diese Regelungen kündigte der Arbeitgeber zu verschiedenen Zeitpunkten. Teilweise wurden in Betrieben auch Betriebsvereinbarungen gekündigt, die nicht allein Regelungen für außertarifliche Angestellte beinhalteten.

Aufgrund der geografischen Lage der Betriebe werden auf die Arbeitnehmer der Betriebe regional verschiedene Tarifverträge für die Metallindustrie angewandt. Als Rechtsgrundlagen für die Arbeitsverhältnisse der außertariflichen Angestellten finden in den Betrieben der Arbeitgeberin auch unterschiedliche Arbeitsvertragsmuster Anwendung.

Der Arbeitgeber beabsichtigte die Vergütungsgrundsätze für außertarifliche Angestellte durch eine Neuregelung zu korrigieren und zu vereinheitlichen. Verhandlungen mit dem Gesamtbetriebsrat hierüber blieben ergebnislos, da aus Sicht des Gesamtbetriebsrats dafür keine Notwendigkeit bestand. Auf Vorschlag des Arbeitgebers wurde schließlich eine Einigungsstelle mit dem Präsidenten des Landesarbeitsgerichts München a. D. als Vorsitzenden und jeweils fünf stimmberechtigten Beisitzern errichtet, die nach acht Verhandlungstagen am 05.08.2005 einen Spruch beschloss, in dem es u. a. wie folgt heißt:

1. Geltungsbereich

Diese Regelung gilt für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (...) des Unternehmens, die AT-Angestellte sind. Die Gesamtbetriebsvereinbarung über die "Variable Vergütung für die Mitglieder des Führungskreises" vom Dezember 2004 und die noch abzuschließende Gesamtbetriebsvereinbarung über die "Variable Vergütung für Mitglieder des Erweiterten Führungskreises" gelten vorrangig.

Ausgenommen sind die leitenden Angestellten i.S.v. § 5 Abs. 3 BetrVG.

2. Vergütungsgruppen

2.1 Die Tätigkeit wird nach Vergütungsgruppen bezahlt, die den Stellenwertgruppen des Bewertungsverfahrens gemäß der Regelung zur AT-Stellenbewertung nach der Anlage 2 entsprechen, die Bestandteil dieses Spruches ist.

2.2 Für jede Vergütungsgruppe werden jeweils Mindestwerte durch das Unternehmen festgelegt. Für unterschiedliche Tarifgebiete können unterschiedliche Mindestwerte bestimmt werden. Maßgebend ist die in der Anlage 1 beigefügte Tabelle, ggf. für das Jahr 2006 erhöht.

...

3. Zieljahreseinkommen

3.1 Das Zieljahreseinkommen setzt sich aus einem Festgehalt und einem variablen Vergütungsbestandteil gemäß der Ziff. 4 und 5 dieser Regelung zusammen.

3.2 Für jeden AT-Mitarbeiter wird rückwirkend zum ersten Januar eines Jahres ein individuelles Zieljahreseinkommen im Zusammenhang mit einer Zielvereinbarung festgelegt. Beginnt die AT-Tätigkeit im Laufe eines Jahres, ist der Zeitpunkt des Beginns dieser Tätigkeit maßgebend.

...

3.7 Vorbehaltlich der Ziff. 8 dieser Regelung ist mit der jährlichen Gesamtvergütung (Festgehalt und variable Vergütung) die gesamte Arbeitsleistung finanziell abgegolten. Dies gilt auch für Mehrarbeit, Reisezeiten, Repräsentationspflichten sowie Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld, usw.

...

4. Festgehalt

...

5. Variable Vergütung

5.1 Grundsatz

5.1.1 Die variable Vergütung beträgt grundsätzlich

...

des Zieljahreseinkommens.

Dieser Prozentsatz kann in folgenden Fällen für die Dauer von drei Jahren unterschritten werden:

...

...

7. Überprüfung des individuellen Zieljahreseinkommens

7.1 Das Zieljahreseinkommen wird einmal jährlich überprüft. Eine Kürzung des Monatseinkommens findet bei unveränderter Arbeitsaufgabe und Arbeitszeit nicht statt.

7.2 Der Arbeitgeber überprüft jährlich die Festsetzung eines Gesamtbudgets für Erhöhungen der Zieljahreseinkommen im AT-Bereich.

...

8. Überleitungsregelungen

8.1 Besitzstandsklausel

Mitarbeiter, mit denen im Arbeitsvertrag andere Vergütungsregelungen vereinbart sind, etwa durch Bezugnahme auf die Tarifverträge der Metallindustrie, können sich für die Beibehaltung der vertraglichen Regelung entscheiden. Hieraus darf ihnen kein Nachteil entstehen. Sie nehmen an den allgemeinen Gehaltserhöhungen nach Ziff. 7.2 teil, soweit ihnen einzelvertraglich kein höherer Anspruch zusteht.

Soweit sich die Vergütung von Mitarbeitern, die nicht in das neue Gehaltssystem wechseln möchten, nur in Verbindung mit einer oder mehreren der gekündigten Betriebsvereinbarungen bestimmen lässt, gelten die vergütungsrelevanten gekündigten Bestimmungen bis zum 31.12.2007 als Inhalt des Arbeitsvertrages weiter. Gehaltsanpassungen nach dem 31.12.2007 richten sich nach Ziff. 7.2 dieser Regelung. Weitergehende individuelle einzelvertragliche Zusagen bleiben unberührt.

Für die Stellenbewertung gilt jedoch ausnahmslos die Regelung über die AT-Stellenbewertung (Anlage 2) und für Mitarbeitergespräche einschließlich einer etwaigen Zielvereinbarung gilt ausschließlich die Regelung über das "jährliche Mitarbeitergespräch" (Anlage 3).

...

8.2 Überleitung

Die Überleitungsregelung gilt für Beschäftigte, die am 31.12.2005 AT-Mitarbeiter sind.

...

Für Mitarbeiter ohne bisherige variable Vergütung wird das bisherige Jahreseinkommen (Monatsentgelt vor Umstellung multipliziert mit 13,25) für die Dauer von 4 Jahren abgesichert. Das bisherige Monatsgehalt wird in diesem Zusammenhang nicht reduziert. Das abgesicherte Gesamteinkommen erhöht sich jeweils um die allgemeine Gehaltserhöhung nach Ziff. 7.2 dieser Regelung.

...

9. Schlussbestimmungen

9.1 Mit diesem Spruch der Einigungsstelle sind die vergütungsrelevanten Bestimmungen einschließlich der Bestimmungen zur Stellenbewertung und zum Mitarbeitergespräch der folgenden Betriebsvereinbarungen/Gesamtbetriebsvereinbarungen ersetzt:

Anlage 1 zum Einigungsstellenspruch zur Neuregelung der Vergütungsgrundsätze für Außertarifliche Angestellte vom 05.08.2005

Mindestwerte der Vergütungsgruppen

...

Anlage 2 zum Einigungsstellenspruch zur Neuregelung der Vergütungsgrundsätze für Außertarifliche Angestellte vom 05.08.2005

AT - Stellenbewertung

...

Anlage 3 zum Einigungsstellenspruch zur Neuregelung der Vergütungsgrundsätze für Außertarifliche Angestellte vom 05.08.2005

Das jährliche Mitarbeitergespräch

...

Der Spruch der Einigungsstelle ist dem Gesamtbetriebsrat mit Gründen am 03.11.2005 zugestellt worden. Mit einem am 14.11.2005 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Gesamtbetriebsrat die Feststellung der Unwirksamkeit des Spruchs der Einigungsstelle beantragt.

Der Gesamtbetriebsrat hat vorgetragen, der Spruch der Einigungsstelle sei schon deshalb unwirksam, weil der Gesamtbetriebsrat für die Regelung der Vergütungsgrundsätze für außertarifliche Angestellte gar nicht zuständig sei. Es bestehe insoweit kein Bedürfnis für eine betriebsübergreifende Regelung. Weder ein Kosten- noch ein Koordinierungsinteresse des Arbeitgebers könnten die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats begründen. Das Bestehen unterschiedlicher Vergütungssysteme sei aufgrund der unterschiedlichen Strukturen und Aufgaben der Betriebe gerechtfertigt. Dies gelte erst recht als in den Betrieben auch eine unterschiedliche Tarifsituation bestehe, die auch außertarifliche Angestellte unterschiedlich definierten. Von der Arbeitgeberin seien zudem einzelne Betriebsvereinbarungen nur zum Teil gekündigt worden. Dies sei nicht zulässig gewesen, so dass die insoweit von der Einigungsstelle getroffenen Regelungen gar nicht zur Disposition der Arbeitgeberin gestanden hätten. Schließlich seien auch einzelne Bestimmungen des Spruchs der Einigungsstelle unwirksam. So hätten in Ziff. 1 die AT-Angestellten definiert werden müssen. In Ziff. 2.2 i.V.m. der Anlage 1 sei die Möglichkeit der Festlegung von Mindestwerten für den Arbeitgeber fehlerhaft. Dadurch werde dem Betriebsrat das Mitbestimmungsrecht entzogen. Außerdem sei bei den Mindestwerten das Urlaubs- und Weihnachtsgeld nicht einberechnet worden. In Ziff. 3.2 sei die Festlegung auf April eines jeden Jahres ermessensfehlerhaft weil der Arbeitnehmer vier Monate nicht mehr gestalten könne, wenn die Festlegung rückwirkend auf den 01.01. des Jahres erfolge. Auch die Abgeltung von Überstunden über die gesetzliche Höchstarbeitszeit hinaus in Ziff. 3.7 sei fehlerhaft. Durch eine Pauschalierungsabrede werde zudem das Äquivalenzverhältnis beeinträchtigt. Aufgrund unterschiedlicher Regelungen in den Verträgen sei auch eine Abgeltung von Reisezeit nicht möglich. Zudem bestehe zu einer Abgeltung gar kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. In Ziff. 5.1.1 i.V.m. der Anlage 2 sei die Festlegung des HAY-Punkte-Katalogs ermessensfehlerhaft erfolgt. Hier sei eine Benachteiligung der Mitarbeiter indiziert. Die mögliche Unterschreitung von Prozentsätzen für die Dauer von drei Jahren sei ebenfalls ermessensfehlerhaft. Ebenfalls ermessensfehlerhaft sei die Festlegung von Verteilungsregelungen in Ziff. 7 des Spruchs, solange die Höhe des Gesamtbudgets nicht bekannt ist. Die Bindung für nicht wechselwillige Mitarbeiter in Ziff. 8.1 des Spruchs nur bis 31.12.2007 sei ebenfalls unwirksam. Ebenso sei die zeitliche Limitierung auf vier Jahre in Ziff. 8.2 des Spruchs unwirksam. Es sei nicht einzusehen, warum nach Ablauf dieses Zeitraums eine Vergütungsreduzierung möglich sein soll. Die Aufzählung in Ziff. 9.1 des Spruchs sei zu unbestimmt. Es sei nicht klar, was unter "vergütungsrelevant" zu verstehen ist. Schließlich sei die Einigungsstelle in der Anlage 3 i.V.m. Ziff. 5.2 auf halbem Weg stehengeblieben, da hier das Mitbestimmungsrecht auch den Geldfaktor umfasse.

Der Gesamtbetriebsrat hat beantragt:

Es wird festgestellt, dass der Spruch der Einigungsstelle zwischen dem Gesamtbetriebsrat und der Arbeitgeberin zur Neuregelung der Vergütungsgrundsätze für außertarifliche Angestellte vom 05.08.2005 unwirksam ist.

Hilfsweise:

Es wird festgestellt, dass folgende Regelungen aus dem Spruch der Einigungsstelle zwischen dem Gesamtbetriebsrat und der Arbeitgeberin zur Neuregelung der Vergütungsgrundsätze für außertarifliche Angestellte unwirksam sind:

- Ziffer 1

- Ziffer 2.2 i.V.m. Anlage 1

- Ziffer 3.2

- Ziffer 3.7

- Ziffer 5.1.1

- Ziffer 7

- Ziffer 8.1

- Ziffer 8.2

- Ziffer 9.1

- Anlage 3, Ziffer 2.

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, der Spruch der Einigungsstelle sei wirksam. Für die Neuregelung der Vergütungsgrundsätze sei der Gesamtbetriebsrat zuständig. Denn diese müssten unternehmenseinheitlich gelten. Das Konzept der neuen AT-Vergütungspolitik der Arbeitgeberin sollte ein im Wesentlichen einheitliches Stellenbewertungssystem, die Einrichtung eines unternehmensweiten variablen Vergütungssystems sowie einen Zielvereinbarungsprozess umfassen. Das Interesse an einer unternehmensweiten Gleichbehandlung sei auch durch das Zusammenwachsen von , die mittlerweile unter dem Dach der und mit über 10.000 Mitarbeitern zusammengefasst seien, gerechtfertigt. Nachdem andere Unternehmen, mit denen die Arbeitgeberin im Wettbewerb stehe, unternehmenseinheitlich AT-Vergütungssysteme besäßen, sei eine solche Regelung auch aus Wettbewerbsgründen geboten. Schließlich werde auch das Budget im AT-Bereich unternehmenseinheitlich festgelegt. Es komme hinzu, dass der Schwerpunkt der Regelung ein variables System mit Zielvereinbarung bilde, zu dem die Arbeitgeberin nicht verpflichtet sei. Damit handelt es sich um eine freiwillige Leistung, die durch eine Regelung mit den Einzelbetriebsräten nicht geschaffen werden könne. Auch das Gleichbehandlungsinteresse der Arbeitgeberin sei dabei zu berücksichtigen, zumal in den den Betrieben früher zuzuordnenden Unternehmen und AG ebenfalls Gesamtbetriebsvereinbarungen geschlossen worden seien. Eine Regelung mit der Gewerkschaft sei für AT-Angestellte nicht möglich. Eine tarifersetzende Regelung müsse unternehmenseinheitlich sein. So sei mit dem Gesamtbetriebsrat auch eine einheitliche Regelung für den Führungskreis getroffen worden. Eine unternehmenseinheitliche Regelung sei schließlich auch zur Schaffung einer einheitlichen Unternehmenskultur erforderlich. Eine Unwirksamkeit des Spruchs ergebe sich auch sonst nicht. Eine Teilkündigung von Betriebsvereinbarungen liege in keinem Fall vor. Eine Definition der AT-Angestellten in Ziff. 1 des Spruchs sei gerade nicht erforderlich. Eine Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei Festlegung der Mindestwerte läge nicht vor. Auch das Mitbestimmungsrecht habe die Einigungsstelle ausgeübt. Weihnachts- und Urlaubsgeld gebe es im Vergütungssystem nicht. Die Festlegung für den Abschluss des Verfahrens auf April in Ziffer 3.2 des Spruchs sei nicht zu beanstanden. Dies gelte auch für die Pauschalisierungsabrede in Ziffer 3.7. Dass ein Mitbestimmungsrecht zur Abgeltung von Dienstreisestunden bestehe, ergebe sich schon aus einem Beschluss des Landesarbeitsgerichts München vom 26.04.2006 (Az.: 9 TaBV 75/05). Mit der Regelung des HAY-Punkte-Katalogs in Ziffer 5.1.1 i.V.m. Anlage 2 Ziffer 2 des Spruchs habe die Einigungsstelle ihr Ermessen korrekt ausgeübt. Dies gelte auch für die Festlegung, die von der Höhe unabhängig sei. Überleitungsregelungen seien überhaupt nicht erforderlich, Auch verstehe der Gesamtbetriebsrat Ziffer 8 des Spruchs falsch. Die Anlage 3 stelle keinen mitbestimmungspflichtigen Leistungslohn dar. Das Gesamtbudget sei gerade mitbestimmungsfrei.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge des Gesamtbetriebsrats zurückgewiesen. Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sachvortrags der Beteiligten sowie den Ausführungen des Arbeitsgerichts wird auf dessen Beschluss vom 04.06.2007 Bezug genommen.

Gegen den dem Gesamtbetriebsrat am 21.09.2007 zugestellten Beschluss hat dieser mit einem am Montag, den 22.10.2007 bei dem Landesarbeitsgericht München eingegangenen Schriftsatz Beschwerde einlegen lassen und sein Rechtsmittel durch einen am 20.12.2007 innerhalb verlängerter Beschwerdebegründungsfrist eingegangenen Schriftsatz begründet.

Er trägt vor, entgegen der Entscheidung des Arbeitsgerichts sei der Spruch der Einigungsstelle unwirksam. Für eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats könnten allenfalls Zweckmäßigkeitsgründe angeführt werden, die aber nicht ausreichen. Der Spruch der Einigungsstelle unterfalle auch der zwingenden Mitbestimmung des Betriebsrats. Es handle sich um nicht um eine freiwillige Leistung der Arbeitgeberin. Auch sei von gewachsenen unterschiedlichen Vergütungssystemen auszugehen. Dass sich die Einigungsstelle schon deshalb nicht mit der Vergütung im AT-Bereich habe befassen dürfen weil aufgrund der Teilkündigungen von Betriebsvereinbarungen durch die Arbeitgeberin die darin geregelte Materie nicht Gegenstand des Einigungsstellenverfahrens gewesen sein kann, habe das Arbeitsgericht nicht geprüft. Der Spruch der Einigungsstelle sei auch inhaltlich in wesentlichen Punkten unrichtig. Unter Wiederholungen seines erstinstanzlichen Sachvortrags trägt der Gesamtbetriebsrat insoweit vor, dass dies sowohl die fehlende Definition der AT-Angestellten, der Missachtung der Mitbestimmung bei Festlegung der Mindestwerte, der Nichtberücksichtigung von Weihnachts- und Urlaubsgeld, der Rückwirkung durch die Festlegung des Monats April in Ziffer 3.2 des Spruchs, der Abgeltungsregelung in Ziffer 3.7, der ermessensfehlerhaften Festlegungen in Ziffer 5.1.1 und der Anlage 2 Ziffer 2, der Befristungsregelung in Ziffer 8.1 des Spruchs sowie der auf 4 Jahre beschränkten Absicherung in Ziffer 8.2, der Unbestimmtheit in Ziffer 9.1 sowie des übergangenen Mitbestimmungsrechts in der Anlage 3 des Spruchs gehe.

Der Gesamtbetriebsrat beantragt:

Der Beschluss des Arbeitsgerichts vom 04.06.2007 (Az.: 12 a BV 402/05) wird abgeändert und festgestellt, dass der Spruch der Einigungsstelle zwischen dem Gesamtbetriebsrat und der Arbeitgeberin zur Neuregelung der Vergütungsgrundsätze für außertarifliche Angestellte vom 05.08.2005 unwirksam ist.

Hilfsweise:

Es wird festgestellt, dass folgende Regelungen aus dem Spruch der Einigungsstelle zwischen dem Gesamtbetriebsrat und der Arbeitgeberin zur Neuregelung der Vergütungsgrundsätze für außertarifliche Angestellte unwirksam sind:

- Ziffer 1

- Ziffer 2.2 i.V.m. Anlage 1

- Ziffer 3.2

- Ziffer 3.7

- Ziffer 5.1.1

- Ziffer 7

- Ziffer 8.1

- Ziffer 8.2

- Ziffer 9.1

- Anlage 3, Ziffer 2.

Die Arbeitgeberin beantragt:

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor, das Arbeitsgericht sei zu Recht von einer Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats ausgegangen. Schon der berechtigte Wunsch der Arbeitgeberin nach einer unternehmensweiten Vereinheitlichung von Arbeitsbedingungen für Mitarbeiter, für die kein Tarifvertrag gilt, stelle bereits ein zwingendes Erfordernis für eine überbetriebliche Regelung dar. Je größer ein Unternehmen ist und je unterschiedlicher gewachsene Strukturen an einzelnen Stanorten sind, desto größer sei das berechtigte Interesse des Arbeitgebers an einer Vereinheitlichung. Da bestehe auch kein Unterschied zwischen Einführung einer neuen und Vereinheitlichung bisher bestehender Regelungen. Zudem folge die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats daraus, dass Gegenstand der Regelung eine freiwillige Leistung der Arbeitgeberin sei. Denn die Arbeitgeberin sei weder durch Gesetz noch durch Tarifvertrag zu einer variablen Vergütung aufgrund von Zielvereinbarungen verpflichtet. Der Spruch der Einigungsstelle sei auch sonst nicht zu beanstanden. Eine Teilkündigung liege in keinem einzigen Fall vor. Im Übrigen stünde selbst eine Teilkündigung einer ablösenden Regelung nicht entgegen. Schließlich sie der Spruch der Einigungsstelle auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Dies ergebe sich aus den zutreffenden Gründen des Arbeitsgerichts sowie dem im Beschwerdeverfahren wiederholten Sachvortrag der Arbeitgeberin im Verfahren vor dem Arbeitsgericht. Schließlich sei die Beschwerde schon mangels ausreichender Begründung unzulässig.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Beteiligten im Beschwerdeverfahren wird auf die Schriftsätze des Gesamtbetriebsrats vom 19.12.2007 (Bl. 255 bis 288 d. A.), 03.04.2008 (Bl. 331 bis 333 d. A.) und 19.05.2008 (Bl. 362 bis 367 d. A.), der Arbeitgeberin vom 29.02.2008 (Bl. 294 bis 312 d. A.), 19.03.2008 (Bl. 329 bis 330 d. A.) und 23.05.2008 (Bl. 372 bis 375 d. A.) sowie die Sitzungsniederschrift vom 28.05.2008 (Bl. 376 bis 377 d. A.) Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde des Gesamtbetriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 04.06.2007 ist in der rechten Form und Frist eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 89 Abs. 1 und Abs. 2, 87 Abs. 2, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO). Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin lässt die Begründung des Gesamtbetriebsrats ausreichend erkennen, aus welchen Gründen aus Sicht des Beschwerdeführers der Beschluss des Arbeitsgerichts unrichtig sein soll.

a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO muss eine Berufungsbegründung die Erklärung enthalten, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO müssen die Umstände bezeichnet werden, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Diese Vorschriften sind nach § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren anzuwenden (vgl. BAG vom 17.01.2007 - 7 AZR 20/06 = AP Nr. 30 zu § 14 TzBfG). Die Berufungsbegründung muss auf den konkreten Fall zugeschnitten sein und im Einzelnen erkennen lassen, in welchen Punkten rechtlicher oder tatsächlicher Art sowie aus welchen Gründen das angefochtene Urteil fehlerhaft sein soll (vgl. BAG vom 14.12.2004 - 1 AZR 504/03). Dazu ist zwar keine schlüssige, rechtlich zutreffende oder vertretbare Begründung erforderlich. Die Berufungsbegründung muss sich aber mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn es dieses bekämpfen will (vgl. BAG vom 25.06.2002 - 9 AZR 439/01 = AP Nr. 15 zu § 1 AEntG).

b) Das gilt gem. § 87 Abs. 2 ArbGG in gleicher Weise für das Beschlussverfahren. Danach muss die Beschwerdebegründung angeben, inwieweit die Abänderung des angefochtenen Beschlusses beantragt wird, welche Bestimmungen verletzt sein sollen und worin die Verletzung bestehen soll (vgl. BAG vom 18.03.2008 - 1 ABR 81/06). Dazu hat sie den Rechtsfehler des Arbeitsgerichts so aufzuzeigen, dass Gegenstand und Richtung ihres Angriffs erkennbar sind. Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Der Beschwerdeführer muss darlegen, warum er die Begründung des Erstgerichts für unrichtig hält. Er darf sich nicht darauf beschränken, seine Rechtsausführungen aus den Vorinstanzen zu wiederholen. Betrifft eine Beschwerde mehrere prozessual selbständige Gegenstände, muss sich die Beschwerde hinsichtlich jedes Gegenstands mit der Begründung des Arbeitsgerichts auseinandersetzen und dartun, warum diese nach Auffassung des Rechtsmittelführers fehlerhaft ist. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte der angefochtenen Entscheidung der Rechtsmittelführer bekämpft und welche Gründe er ihnen entgegensetzt (vgl. BGH MDR 2008, 994). Hierdurch soll sichergestellt werden, dass der Verfahrensbevollmächtigte des Beschwerdeführers den angefochtenen Beschluss im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage genau durchdenkt. Außerdem soll die Beschwerdebegründung durch ihre Kritik der angefochtenen Entscheidung zur richtigen Rechtsfindung durch das Beschwerdegericht beitragen (vgl. BAG vom 14.02.2007 - 7 ABR 26/06 = AP Nr. 13 zu § 54 BetrVG 1972; BAG vom 06.01.2004 - 9 AZR 680/02 = AP Nr. 11 zu § 74 ArbGG 1979).

c) Dabei muss sich eine Beschwerdebegründung auch mit allen Entscheidungsgründen auseinandersetzen. Beinhaltet die Entscheidung mehrere Streitgegenstände, dann muss die Begründung für jeden Streitgegenstand gesondert angeben, warum dazu die Entscheidung des Erstgerichts falsch ist (vgl. BAG vom 23.11.2006 - 6 AZR 317/06). Stützt sich die Entscheidung selbst bei nur einem Streitgegenstand auf mehrere tragende Erwägungen, muss die Begründung jede dieser tragenden Erwägungen angreifen (vgl. BGH VersR 2006, 285; BAG vom 14.12.2004 - 1 AZR 504/03). Insoweit ist der Arbeitgeberin zuzustimmen, dass diesem Erfordernis die Beschwerdebegründung nicht gerecht wird. So werden nicht nur - wie die Arbeitgeberin zutreffend rügt - die offensichtlichen Fehler im Sachvortrag des Gesamtbetriebsrats erster Instanz nicht korrigiert sondern enthält der Sachvortrag zur Frage der Wirksamkeit einzelner Bestimmungen des Spruchs der Einigungsstelle zudem weitgehend allein eine Wiederholung des Sachvortrags erster Instanz mit der Darstellung der eigenen Rechtsansicht ohne auf die Begründung des Arbeitsgerichts einzugehen. Weder die Wiederholung eines erstinstanzlichen Sachvortrags (vgl. BGH VersR 2001, 1303; OLG Köln MDR 2007, 1095) noch die bloße Darstellung einer eigenen Rechtsansicht (vgl. BGH NJW 1998, 2470) selbst unter Beifügung allgemeiner Redewendungen zur Erstentscheidung (vgl. BGH NJW 1995, 1559; LAG RheinlandPfalz LAG-Report 2005, 319) stellen einen zulässigen Beschwerdeangriff dar.

d) Eine Ausnahme von dem Erfordernis eines gesonderten Angriffs auf jede einzelne Erwägung des Erstgerichts besteht jedoch dann, wenn ein einziger Angriff die gesamte Entscheidung zu Fall bringen kann, also ein einheitlicher Verfahrensgegenstand vorliegt oder eine Begründung denknotwendiger Weise zum Erfolg des gesamten Rechtsmittels führen muss (vgl. BAG vom 16.03.2004 - 9 AZR 323/03; BGH NJW 2007, 1534). Dann reicht ein zulässiger Angriff aus (vgl. BAG vom 06.03.2003 - 2 AZR 596/02 = AP Nr. 32 zu § 64 ArbGG 1979). Davon ist auch auszugehen, wenn wie hier der Spruch einer Einigungsstelle im Streit steht. Die einzelnen Regelungen des Spruchs der Einigungsstelle stellen nicht jeweils eigene Verfahrensgegenstände dar. Bei dem angefochtenen Spruch handelt es sich um ein einheitliches Reglungswerk, das zwar verschiedene Einzelbestimmungen enthält, mit diesen aber den Regelungsgegenstand der Vergütungsgrundsätze für AT-Angestellte ordnen will. Bei einem einheitlichen Regelungswerk einer Betriebsvereinbarung steht dann, wenn die Wirksamkeit einer der Bestimmungen angegriffen wird, die Wirksamkeit des gesamten Regelungskomplexes auf dem Spiel. Dies folgt schon daraus, dass in einem solchen Fall stets § 139 BGB zu beachten ist. Gegenstand des Verfahrens ist die Wirksamkeit des Spruchs der Einigungsstelle in seiner Gesamtheit. Bei einem einheitlichen Verfahrensgegenstand muss der Beschwerdeführer aber nicht zu allen für ihn nachteilig beurteilenden Streitpunkten in der Rechtsmittelbegründung im Einzelnen Stellung nehmen. In der Regel ist vielmehr ein einziger erfolgreicher Angriff gegen die angefochtene Entscheidung geeignet, dieser insgesamt ihre Tragfähigkeit zu nehmen (vgl. BAG vom 22.07.2003 - AP 108 zu § 87 BetrVG 1972 "Arbeitszeit").

e) Dies gilt auch hier. Unabhängig von der Frage der Wirksamkeit einzelner Regelungen im Spruch der Einigungsstelle macht hier der Gesamtbetriebsrat die Unwirksamkeit der gesamten Regelung geltend, weil der Gesamtbetriebsrat für eine derartige Regelung nicht zuständig sei und zudem ein Regelungsgegenstand von der Einigungsstelle verarbeitet worden sei, der aufgrund behaupteter unwirksamer Teilkündigungen überhaupt nicht zur Disposition gestanden habe. Zum ersten Punkt befasst sich die Beschwerdebegründung des Gesamtbetriebsrats gerade ausführlich mit der Auffassung des Arbeitsgerichts. Zum anderen rügt der Gesamtbetriebsrat zutreffend, dass sich das Arbeitsgericht mit der Frage von Teilkündigungen von Betriebsvereinbarungen gar nicht befasst hat. Beides genügt den Anforderungen einer Beschwerdebegründung.

2. Die Beschwerde des Betriebsrats ist auch begründet. Der Spruch der Einigungsstelle vom 05.08.2005 ist unwirksam. Denn für die von der Einigungsstelle getroffene Neuregelung der Vergütungsgrundsätze für AT-Angestellte war der in der Einigungsstelle beteiligte Gesamtbetriebsrat nicht zuständig.

a) Der auf Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs gerichtete Antrag des Gesamtbetriebsrats ist zulässig.

aa) Er ist auf das Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet. Der Gesamtbetriebsrat möchte festgestellt wissen, dass Rechtspflichten nach Maßgabe des Spruchs der Einigungsstelle nicht wirksam begründet worden sind. Hierfür ist das Feststellungsbegehren die richtige Antragsart. Eine gerichtliche Entscheidung über die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs hat feststellende und nicht rechtsgestaltende Wirkung. Deshalb ist die Feststellung der Unwirksamkeit des Spruchs zu beantragen und nicht dessen Aufhebung (vgl. BAG vom 26.04.2005 - AP Nr. 118 zu § 87 BetrVG 1972 "Arbeitszeit"). Der Gesamtbetriebsrat hat an der begehrten Feststellung das erforderliche rechtliche Interesse. Für ihn ist von gegenwärtiger Bedeutung, ob die in dem Einigungsstellenspruch getroffenen Regelungen gem. § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG unmittelbare und zwingende Wirkung entfalten.

bb) Das Feststellungsinteresse des Gesamtbetriebsrats entfällt nicht dadurch, dass er bei Errichtung der Einigungsstelle wie während des Laufs des Verfahrens an den Verhandlungen teilgenommen hat, obwohl der nunmehr seine Zuständigkeit bestreitet. Eine materiell-rechtliche Beschwer durch den Spruch der Einigungsstelle ist für die Zulässigkeit einer Anfechtung nach § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG nicht erforderlich. Im Verfahren nach § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG geht es um Rechtskontrolle. Es ist darüber zu befinden, ob der Spruch der Einigungsstelle eine wirksame betriebliche Regelung darstellt. An der Klärung dieser Frage haben Arbeitgeber und Betriebsrat ein rechtliches Interesse unabhängig davon, ob sie selbst durch die betreffende Regelung beschwert sind oder nicht (vgl. BAG vom 08.06.2004 - 1 ABR 4/03 = AP Nr. 20 zu § 76 BetrVG 1972 "Einigungsstelle"). Ebenso ist unerheblich, ob sie eine derartige Regelung hätten verhindern können (vgl. BAG vom 24.08.2004 - 1 ABR 23/03 = AP Nr. 174 zu § 112 BetrVG 1972).

cc) Das Arbeitsgericht hat die örtlichen Betriebsräte der Betriebe A., M., U., K., U., F., O.-Z. und O.-F. nicht am Verfahren beteiligt. Dies hat das Beschwerdegericht nachgeholt. Nach § 83 Abs. 3 ArbGG haben in einem Beschlussverfahren neben dem Antragsteller diejenigen Stellen ein Recht auf Anhörung, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz im einzelnen Fall beteiligt sind. Das sind alle Stellen, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen werden (vgl. BAG vom 10.12.2002 - 1 ABR 27/01 = AP Nr. 42 zu § 95 BetrVG 1972). Die Beteiligung hat das Gericht von Amts wegen zu ermitteln. Die vom Gesamtbetriebsrat begehrte Entscheidung betrifft auch die betriebsverfassungsrechtliche Stellung der örtlichen Betriebsräte. Es geht um die Frage der Zuständigkeit der örtlichen Betriebsräte oder des Gesamtbetriebsrats für die Ausübung der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG für den betroffenen Personenkreis. Der Gesamtbetriebsrat beruft sich auf seine eigene fehlende Regelungskompetenz. Wird diese im vorliegenden Verfahren dagegen bejaht, steht fest, dass ein Mitbestimmungsrecht der örtlichen Betriebsräte zu diesem Regelungskomplex entfällt. Dazu ist den Betriebsräten Gelegenheit zu geben, sich zu äußern und sich am Verfahren zu beteiligen (vgl. BAG vom 31.05.2005 - 1 ABR 22/04 = AP Nr. 125 zu § 87 BetrVG 1972 "Lohngestaltung"; BAG vom 08.06.2004 - AP Nr. 20 zu § 76 BetrVG 1972 "Einigungsstelle"; BAG vom 23.10.2002 - 7 ABR 55/01 = AP Nr. 26 zu § 50 BetrVG 1972).

b) Der Antrag des Gesamtbetriebsrats ist auch begründet. Der Spruch der Einigungsstelle vom 05.08.2005 ist unwirksam. Denn die durch den Spruch der Einigungsstelle entstandene Gesamtbetriebsvereinbarung hätte nicht geschlossen werden können weil es dafür an einem Mitbestimmungsrecht der Gesamtbetriebsrats fehlt. Zuständig für die Ausübung der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG für AT-Angestellte sind die örtlichen Betriebsräte in den Betrieben der Arbeitgeberin. Zwar betrifft der Spruch der Einigungsstelle alle Betriebe der Arbeitgeberin. Für eine unternehmenseinheitliche Regelung bestand aber entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts objektiv kein zwingendes Erfordernis.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts steht dem Gesamtbetriebsrat dann das Mitbestimmungsrecht zu, wenn und soweit ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche oder betriebsübergreifende Regelung besteht (vgl. BAG vom 09.12.2003 - 1 ABR 49/02 = AP Nr. 27 zu § 50 BetrVG 1972; BAG vom 15.01.2002 - 1 ABR 10/01 = AP Nr. 23 zu § 50 BetrVG 1972). Ein zwingendes Erfordernis kann sich aus technischen oder rechtlichen Gründen ergeben. Eine produktionstechnische Notwendigkeit liegt insbesondere dann vor, wenn ohne einheitliche Regelung eine technisch untragbare Störung eintreten würde. Maßgeblich sind stets die konkreten Umstände des Unternehmens und der einzelnen Betriebe. Die bloße Zweckmäßigkeit einer unternehmenseinheitlichen oder betriebsübergreifenden Regelung begründet in Angelegenheiten der zwingenden Mitbestimmung die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats allein ebenso wenig wie ein Kosteninteresse des Arbeitgebers. Auch ein Koordinierungsinteresse des Arbeitgebers oder sein Wunsch nach einer unternehmenseinheitlichen Regelung genügen allein nicht (vgl. BAG vom 09.12.2003 - a.a.O. m.w.N.).

(1) Ein derartiges zwingendes Erfordernis ist nicht erkennbar. Allein der Umstand, dass die Arbeitgeberin die Vergütungsbedingungen aller AT-Angestellter in ihren Betrieben koordinieren will und deswegen in dieser Angelegenheit eine unternehmenseinheitliche Regelung wünscht, genügt - wie ausgeführt - gerade nicht zur Begründung einer originären Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats. Soweit die Arbeitgeberin ihren Wunsch mit Gründen des Wettbewerbs zu untermauern versucht, ist nicht erkennbar, warum Wettbewerbsgründe eine einheitliche Regelung zur Vergütung der AT-Angestellten erfordern. Zum einen ist schon nicht einleuchtend, warum Gründen des Wettbewerbs nur durch eine einheitliche Regelung Rechnung getragen werden kann. Vielmehr erscheint es gerade naheliegend, dass - sollten derartige Gründe bestehen - dem viel besser durch flexible gerade die konkrete Wettbewerbssituation des Betriebes berücksichtigende Regelungen genügt werden kann. Zum anderen ist nicht ersichtlich, warum selbst bei Bestehen von Wettbewerbsgründen für alle Betriebe diese nicht auch durch einzelne Regelungen mit den örtlichen Betriebsräten berücksichtigt werden könnten.

(2) Auch der Hinweis auf einen tarifersetzenden Charakter der Regelungen für AT-Angestellte kann nicht ein zwingendes Erfordernis für eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats begründen. Das Bundesarbeitsgericht hat dies als Begründung für die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für eine Vergütungsregelung in einem Fall genügen lassen, in dem jegliche Vergütungsregelung durch einen Tarifvertrag ausgeschlossen war. Dies kann aber nicht dazu führen, dass bei unzweifelhaften Bestehen eines Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 BetrVG eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats immer dann anzunehmen ist, wenn es nur an einer tariflichen Regelung fehlt. Das würde bedeuten, dass bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber, der mehrere Betriebe unterhält, Fragen der Lohngestaltung stets mit dem Gesamtbetriebsrat statt dem örtlichen Betriebsrat geregelt werden könnten. Dafür findet sich im Gesetz keine Stütze.

bb) Eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats ergibt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer subjektiven Unmöglichkeit Regelungen auf betrieblicher Ebene abzuschließen.

(1) Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Bereich der freiwilligen Mitbestimmung der Gesamtbetriebsrat dann zuständig, wenn der Arbeitgeber zu einer Maßnahme nur unternehmenseinheitlich oder betriebsübergreifend bereit ist (vgl. BAG vom 09.12.2003 - 1 ABR 49/02 = AP Nr. 27 zu § 50 BetrVG 1972; BAG vom, 13.03.2001 - 1 ABR 7/00 = EzA Nr. 72 zu § 87 BetrVG 1972 "Betriebliche Lohngestaltung"). Wenn der Arbeitgeber mitbestimmungsfrei darüber entscheiden kann, ob er eine Leistung überhaupt erbringt, kann er sie von einer überbetrieblichen Regelung abhängig machen und so die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für den Abschluss einer entsprechenden Betriebsvereinbarung herbeiführen. Dies gilt vor allem bei der Gewährung freiwilliger Zulagen aber auch bei anderen Gegenständen, die nicht der erzwingbaren Mitbestimmung unterliegen (vgl. BAG vom 09.12.2003 - a.a.O. m.w.N.).

(2) Dies gilt aber gerade nicht, soweit die nach § 87 Abs. 1 BetrVG notwendige Mitbestimmung reicht. Hier kann der Arbeitgeber die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nicht dadurch begründen, dass er eine betriebsübergreifende Regelung verlangt. Ebenso wenig können Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat die Zuständigkeit der einzelnen Betriebsräte abbedingen. Die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung ist in Angelegenheiten, die in vollem Umfang der Mitbestimmung unterliegen, vielmehr zwingend (vgl. BAG vom 09.12.2003 - a.a.O.).

(a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere der Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung. Nach ständiger Rechtsprechung beinhaltet die betriebliche Lohngestaltung die Festlegung abstrakt-genereller Grundsätze zur Lohnfindung. Es geht dabei um die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen. Die beispielhafte Hervorhebung der Entlohnungsgrundsätze und Entlohnungsmethoden zeigt, dass die betriebliche Lohngestaltung sich auf die Grundlagen der Lohnfindung, nicht aber auf die Ermittlung der Lohnhöhe bezieht. Die Mitbestimmung in diesem Bereich soll den Arbeitnehmer vor einer einseitig an den Interessen des Unternehmens orientierten oder willkürlichen Lohngestaltung schützen. Es geht dabei um die Angemessenheit oder Durchsichtigkeit des innerbetrieblichen Lohngefüges. Die abstrakte Lohngerechtigkeit innerhalb des Betriebs ist hier der maßgebliche Gesichtspunkt, nicht aber Fragen der Lohn- oder Gehaltshöhe (vgl. BAG vom 14.12.1999 - 1 ABR 27/98 = AP Nr. 104 zu § 87 BetrVG 1972 "Lohngestaltung").

(b) Genau um die Frage der betrieblichen Lohngestaltung hinsichtlich der Grundlagen der Lohnfindung für AT-Angestellte geht es hier. Diese Frage unterliegt der Mitbestimmung des örtlichen Betriebsrats. Die Frage der Lohn- und Gehaltshöhe bleibt dem Arbeitgeber überlassen. Will der Arbeitgeber in diesem Rahmen betriebsübergreifend zusätzliche freiwillige Leistungen erbringen, bleibt ihm unbenommen, derartige Leistungen nur zu erbringen, wenn eine Regelung mit dem Gesamtbetriebsrat möglich ist. Ein Mitbestimmungsrecht des örtlichen Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG entfällt aber nicht dadurch, dass der Arbeitgeber eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit mit einer freiwilligen Leistung verbindet, umso insgesamt eine vom Gesetz nach § 50 Abs. 1 BetrVG gerade nicht vorgesehene Primärzuständigkeit des Gesamtbetriebsrats zu begründen.

III.

Auf die Beschwerde des Gesamtbetriebsrats war daher festzustellen, dass der Spruch der Einigungsstelle zwischen dem Gesamtbetriebsrat und Arbeitgeberin zur Neuregelung der Vergütungsgrundsätze für außertarifliche Angestellte vom 05.08.2005 unwirksam ist.

Das Verfahren ist kostenfrei (§ 12 Abs. 5 ArbGG). Die Kammer hat die Rechtsbeschwerde gem. § 92 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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