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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 30.07.2008
Aktenzeichen: 11 Sa 1131/07
Rechtsgebiete: TV-Ärzte/VKA


Vorschriften:

TV-Ärzte/VKA § 16
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 Sa 1131/07

Verkündet am: 30. Juli 2008

In dem Rechtsstreit

hat die Elfte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Obenaus sowie die ehrenamtlichen Richter Gabriele Weise und Ernst Koether für Recht erkannt:

Tenor:

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts Passau vom 21.09.2007 - Az.: 1 Ca 384/07 D - wird wie folgt abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger seit dem 1. August 2006 Vergütung nach der Vergütungsgruppe III (Oberärztin/Oberarzt) gemäß § 16 Buchst. c) des Tarifvertrags für Ärztinnen/Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände vom 17. August 2006 zu zahlen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Streitwert wird auf 14.400,00 € festgesetzt.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Eingruppierung des Klägers auf der Grundlage des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA).

Der Beklagte ist ein kommunaler Eigenbetrieb, welcher das Klinikum des Landkreises D. betreibt.

Der Kläger ist Arzt (Urologe) und Mitglied des Marburger Bundes. Er ist seit 01.05.1982 am Klinikum D. beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der BundesAngestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung. Der Kläger war zunächst als Assistenzarzt, dann als Oberarzt und schließlich als leitender Oberarzt (ständiger Vertreter des Chefarztes) in der urologischen Abteilung beschäftigt. Vom 01.08.2002 bis 14.06.2005 hatte er die an der Eigenbetriebsleitung angesiedelte Stabstelle MedizinControlling inne.

Mit Schreiben vom 02.06.2005 (Bl. 8 d.A.), unterzeichnet von der Werkleiterin Dr. W., teilte der Beklagte dem Kläger Folgendes mit:

"Versetzung in die Urologische Klinik/Patientenmanagement

Sehr geehrter Herr Dr. M.,

Sie werden mit Ihrem Einvernehmen und aus dienstlichen Gründen mit Wirkung vom 15.06.2005 vom medizinischen Controlling (PKZ 7.00.15) versetzt und zukünftig mit der Hälfte der Arbeitszeit als Oberarzt in der Urologischen Klinik (PKZ 0.08.02) und zur anderen Hälfte der Wochenarbeitszeit im Patientenmanagement (PKZ 7.00.28) eingesetzt.

Bedingt durch diese Versetzung fällt ab 15.06.2005 die bisher gewährte Zulage zur Vergütungsgruppe I der Anlage 1 a zum BAT weg. Wie besprochen, werden Sie in der Urologischen Klinik Hintergrunddienst leisten.

Ansonsten verbleibt es bei den bisher vereinbarten vertraglichen Bedingungen.

Bezüglich der Einteilung zu den einzelnen Dienstarten bitte ich Sie, die Einsatzzeiten in den jeweiligen Einsatzorten einvernehmlich mit dem dortigen Vorgesetzten zu regeln.

Das zukünftige Aufgabengebiet im Patientenmanagement wird demnächst genauer beschrieben werden; der Aufgabenkatalog ist in Bearbeitung.

Ich wünsche Ihnen für die neuen Tätigkeiten alles Gute und viel Erfolg."

Seit 01.08.2006 findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA) vom 17.08.2006 auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Unstreitig hat der Beklagte im Zusammenhang mit der Überleitung auf die Einhaltung tarifvertraglicher Ausschlussfristen verzichtet.

Der Beklagte gewährte dem Kläger für die Monate ab August 2006 Vergütung nach der Entgeltgruppe II des TV-Ärzte/VKA. Daraufhin wandte sich der Kläger mit folgendem Schreiben vom 01.03.2007 (Bl. 9 d.A.) an die Personalabteilung:

"Betreff Eingruppierung in die Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA

Sehr geehrter Herr K.,

nachdem ich auch für den Monat Februar 2007 erneut in die Entgeltgruppe II TV-Ärzte/VKA eingruppiert wurde, lege ich gegen diese Eingruppierung hiermit Widerspruch ein.

Ich beantrage eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA - rückwirkend zum 01.08.2006 - und die Erstattung der Vergütungsdifferenz mit folgender Begründung:

Mit Schreiben der Werkleitung des Klinikums D. vom 02.06.2005 wurde ich vom Medizincontrolling versetzt mit der Hälfte der Arbeitszeit als Oberarzt in die Urologische Klinik und zur Hälfte der Wochenarbeitszeit in das Patientenmanagement im Klinikum D..

Damit sind in meinem konkreten Fall die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die EG III erfüllt, da die Tätigkeit im Patientenmanagement die Kriterien für eine Eingruppierung als Oberarzt erfüllt. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass es sich zum einen bei der Tätigkeit im Patientenmanagement um einen "Teilbereich" der Klinik handelt und zum anderen diese Funktion gem. § 15 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA mindestens die Hälfte meiner Tätigkeit ausmacht. Weiterhin wurden mir die vorgenannten Tätigkeitsbereiche ausdrücklich durch den Arbeitgeber übertragen, hierzu sei wiederum auf das Schreiben der Werkleitung vom 02.06.2005 verwiesen.

Somit ist, auch nach Ansicht der Rechtsabteilung des Marburger Bundes Bayern, eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe III des TV-Ärzte/VKA in meinem Fall vorzunehmen."

§ 16 TV-Ärzte/VKA hat folgenden Wortlaut:

§ 16 Eingruppierung Ärztinnen und Ärzte sind wie folgt eingruppiert:

a) Entgeltgruppe I:

Ärztin/Arzt mit entsprechender Tätigkeit

b) Entgeltgruppe II:

Fachärztin/Facharzt mit entsprechender Tätigkeit

Protokollerklärung zu Buchst. b:

Fachärztin/Facharzt ist diejenige Ärztin/derjenige Arzt, die/der aufgrund abgeschlossener Facharztausbildung in ihrem/seinem Fachgebiet tätig ist.

c) Entgeltgruppe III:

Oberärztin/Oberarzt

Protokollerklärung zu Buchst. c:

Oberärztin/Oberarzt ist diejenige Ärztin/derjenige Arzt, der/dem die medizinische Verantwortung für selbstständige Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden ist.

d) Entgeltgruppe IV:

Leitende Oberärztin/Leitender Oberarzt, ist diejenige Ärztin/derjenige Arzt, der/dem die ständige Vertretung der leitenden Ärztin/des leitenden Arztes (Chefärztin/Chefarzt) vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden ist

Protokollerklärung zu Buchst. d:

Leitende Oberärztin/Leitender Oberarzt ist nur diejenige Ärztin/derjenige Arzt, die/der die leitende Ärztin/den leitenden Arzt in der Gesamtheit ihrer/seiner Dienstaufgaben vertritt. Das Tätigkeitsmerkmal kann daher innerhalb einer Klinik in der Regel nur von einer Ärztin/einem Arzt erfüllt werden.

In der Niederschriftserklärung zu § 6 Abs. 2 TVÜ-Ärzte/VKA haben die Tarifvertragsparteien Folgendes festgehalten:

Die Tarifvertragsparteien gehen davon aus, dass Ärzte, die am 31. Juli 2006 die Bezeichnung "Oberärztin/Oberarzt" führen, ohne die Voraussetzungen für eine Eingruppierung als Oberärztin/Oberarzt nach § 16 TV-Ärzte/VKA zu erfüllen, die Berechtigung zur Führung der bisherigen Bezeichnung nicht verlieren. Eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe III ist hiermit nicht verbunden.

Mit Schreiben vom 05.04.2007 (Bl. 10 d.A.) teilte die Werkleiterin dem Kläger mit, dass eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA auf Grund der ausgeübten Tätigkeiten nicht möglich sei.

Die Stellenbeschreibung vom 20.04.2007 für den Kläger im Patientenmanagement (Bl. 11 d.A.) lautet wie folgt:

1. Selbständig durchgeführte Leistungen:

- regelmäßige Schulungen der Casemanager und des ärztlichen Personals zum DRG-System, sozialrechtlichen Fragen (einschlägige Gesetze, G-AEP-Kriterien Ergebnisse MDK Fallprüfungen)

- Vorbereitung der MDK-Fallprüfungen im Hause mit den Casemanagern mit vollständiger Überprüfung der Kodierungen und Verweildauern

- Medizinische und sozialrechtliche Begleitung der MDK-Fallprüfungen

- Erstellung von Widerspruchsgutachten bei strittigen MDK-Gutachten und leistungsrechtlichen Krankenkassenentscheidungen (Gesetzliche - und Privatkassen)

- Beantwortung von Anfragen zu Kodierfragen und zum Fallmanagement (telefonisch, E-Mail)

- Regelmäßige Überwachung der externen Qualitätssicherung nach § 137 SGB V mit Erstellung Monatsstatistik, Durchführung der Exporte an die BAQ, Erstellen der jährlichen Soll-Ist-Statistik Hilfestellung und primäre Bearbeitung bei Software-Problemen

2. Beratung

- der Werkleitung in sozialmedizinischen Fragen

- der Leitung und Mitarbeiter Patientenverwaltung in medizinischen Fragen

- Beratung des Patientenmanagements in Regressfragen

3. Teilnahme an regelmäßigen Jour-Fix-Terminen mit Werkleitung und Casemanagern

Mit seiner beim Arbeitsgericht Passau am 7. Mai 2007 eingegangenen Klage vom 3. Mai 2007 hat der Kläger die gerichtliche Feststellung begehrt, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit 1. August 2006 nach Entgeltgruppe III des § 16 TV-Ärzte/VKA zu vergüten.

Zur Begründung hat er erstinstanzlich vorgetragen, er erfülle gemäß § 16 Buchst. c) TV-Ärzte/VKA die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe III (Oberärztin/Oberarzt).

Laut Schreiben des Beklagten vom 02.06.2005 (Bl. 8 d.A.) sei er, der Kläger, zu 50 % seiner Arbeitszeit als Oberarzt in der Urologischen Klinik beschäftigt. Oberarzt sei ein tradierter Begriff aus dem militärischen Sanitätswesen. Heute verstehe man darunter einen - in der Regel - Klinikarzt in leitender Funktion. Aufgrund seiner abgeschlossenen Weiterbildung zum Facharzt übernehme er Verantwortung für einen umschriebenen Zuständigkeitsbereich innerhalb seiner Abteilung, sei demgemäß mit einem "Abteilungsleiter" zu vergleichen. Er sei stets verantwortlich für eine Station und/oder einen abgrenzbaren Bereich. Unter seiner Anleitung arbeiteten die Assistenzärzte, die ihrerseits in der Weiterbildung zum Facharzt stünden, er stehe ihnen für Rückfragen zur Verfügung und überwache im Rahmen von regelmäßigen Oberarztvisiten verantwortlich deren Tätigkeit. Ferner halte sich der Oberarzt als Hintergrundarzt (hinter dem "Vordergrund", dem assistenzärztlichen Bereitschaftsdienst) im dienstplanmäßigen Nacht-, Wochen- und Feiertagsdienst für seine Abteilung abrufbar.

Ergänzend enthalte die Protokollerklärung zu § 16 Buchst. c) TV-Ärzte/VKA folgende Begriffsdefinition:

Oberärztin/Oberarzt ist diejenige Ärztin/derjenige Arzt, der/dem die medizinische Verantwortung für selbständige Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. der Abteilung vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden ist.

Aus der Stellenbeschreibung des Beklagten vom 20.04.2007 gehe hervor, dass er, der Kläger, (zu den anderen 50 % seiner Arbeitszeit) verantwortlicher Arzt im Patientenmanagement sei. Das Patientenmanagement sei ein selbständiger Teilbereich der Klinik. Auch das zweite Tatbestandsmerkmal der Protokollerklärung, nämlich ausdrückliche Übertragung, sei angesichts des Schreibens des Beklagten vom 02.06.2005 (Anlage K 1) erfüllt. Damit sei der Kläger auch Oberarzt im Sinne der Protokollerklärung zu § 16 Buchst. c) TV-Ärzte/VKA.

Der Grund für die ablehnende Haltung des Beklagten zu dieser Eingruppierung sei offensichtlich. Mit § 16 Buchst. c) TV-Ärzte/VKA sei erstmals eine oberarztspezifische Entgeltgruppe geschaffen worden mit - im Vergleich zu den Vorgängertarifverträgen BAT und TVöD - deutlich gestiegenen Tabellenwerten. Allein davon wolle der Beklagte sich drücken.

Wie aus dem Versetzungsschreiben des Beklagten vom 02.06.2005 (Bl. 8 d.A.) unzweideutig hervorgehe, sei der Kläger nicht in das Casemanagement, einen Teilbereich des Patientenmanagements, sondern in das Patientenmanagement selbst versetzt worden. Aus der Diktion dieses Schreibens gehe ferner eindeutig hervor, dass er als Oberarzt, nämlich zur anderen Hälfte der Wochenarbeitszeit, in das Patientenmanagement versetzt worden sei.

Wenn der Beklagte argumentiere, dass Herr Z., der unmittelbare Dienstvorgesetzte des Klägers, dem Kläger gegenüber weisungsbefugt sei, ignoriere er, dass selbstverständlich auch ein Chefarzt seinen Oberärzten gegenüber als medizinisch Letztverantwortlicher weisungsbefugt sei. Dies gelte sogar für den sog. leitenden Oberarzt, den ständigen Vertreter des Chefarztes. Entscheidend sei vielmehr, dass bei allen dienstlichen Aufgaben im Patientenmanagement die jeweilige medizinische Fragestellung allein verantwortlich vom Kläger bearbeitet werde und lediglich in grundsätzlichen Verfahrensfragen eine Abstimmung mit dem Vorgesetzten erfolge. Herr Z. sei in seiner Funktion als Verwaltungsangestellter auch gar nicht dazu in der Lage, medizinische Sachverhalte zu beurteilen. Genau dies sei ja der "Part" des Klägers.

Gegenüber den Casemanagern im Haus sei der Kläger durchaus weisungsbefugt, da er während der zahlreichen Beratungsgespräche im Einzelfall festlege, in welcher Form eine Fallabrechnung über die jeweilige Codierung erfolge. Hierbei würden auch Änderungen und Korrekturen an bereits codierten Fällen durchgeführt, die zum Teil erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen hätten. Es sei technisch auch gar nicht machbar, bei der Vielzahl der Fälle jeweils ein Votum von Herrn Z. einzuholen. Bei einer Reihe von MDK-Fallprüfungen sei Herr Z. in der Vergangenheit aus dienstlichen Gründen bzw. urlaubsbedingt nicht anwesend gewesen. In diesen Fällen sei die jeweilige Entscheidung über das weitere Vorgehen im Einzelfall allein vom Kläger getroffen worden.

Die Feststellung des Beklagten, der Kläger sei ausschließlich für die Abrechnung und nicht die medizinische Behandlung der Patienten zuständig, verkenne, dass durch die Implementierung des DRG-Systems [DRG = Diagnosis Related Groups = diagnosenbezogene Fallgruppen] zahlreiche neue Aufgabenstellungen auch für Ärzte entstanden seien, die ein breites und fundiertes medizinisches Wissen sowie auch einen dementsprechenden ständigen Kontakt und Bezug zur kurativen Medizin erforderten. Dies werde auch aus zahlreichen Stellenanzeigen ersichtlich, in denen für derartige Positionen Ärzte mit abgeschlossener Facharztweiterbildung gesucht würden. Nicht nur vor diesem Hintergrund sei es falsch, medizinische Tätigkeit ausschließlich auf irgendeine Form der Patientenbehandlung zu reduzieren.

Der Kläger hat in erster Instanz beantragt

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger seit dem 1. August 2006 Vergütung nach der Vergütungsgruppe III (Oberärztin/ Oberarzt) gemäß § 16 Buchst. c) des Tarifvertrags für Ärztinnen/Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände vom 17. August 2006 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat darauf hingewiesen, dass das für das gesamte Abrechnungswesen zuständige Patientenmanagement der Werkleitung unterstellt sei (vgl. das Organigramm: Bl. 32/34 d.A.). Das Casemanagement als Unterbereich des Patientenmanagements werde aber gerade nicht vom Kläger, sondern von Herrn Hermann Z., einem Verwaltungsangestellten, geleitet, der gegenüber allen Mitarbeitern des Casemanagements weisungsbefugt sei. Der Kläger als einer der dreizehn Mitarbeiter im Casemanagement sei ebenfalls Herrn Hermann Z. unterstellt. Das Casemanagement überwache das Abrechnungswesen und sei für die Klärung diesbezüglicher Fragestellungen zuständig. Das Casemanagement diene dabei insbesondere als Schnittstelle zwischen den Kliniken und der Verwaltung des Krankenhauses einerseits und den Kostenträgern einschließlich des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse (MDK) andererseits. Eine wichtige Rolle im Casemanagement spiele auch die Einhaltung der Verweildauer des einzelnen Patienten bei der Umsetzung der DRG-Fallpauschalen. Die DRG (diagnosenbezogene Fallgruppen) bezeichneten ein ökonomisch-medizinisches Klassifizierungssystem, bei dem Patienten anhand ihrer Diagnosen und der durchgeführten Behandlungen in Fallgruppen klassifiziert würden, die nach dem für die Behandlung erforderlichen ökonomischen Aufwand unterteilt und bewertet seien. Sie würden als neues Abrechnungssystem für Krankenhausbehandlungen gegenüber der Krankenkasse verwendet.

Der Kläger sei zuständig für die Überwachung der Abrechnungstechnik. Er handele dabei nicht selbständig, sondern sei weisungsabhängig tätig, nämlich dem Leiter des Casemanagements, Herrn Hermann Z., unterstellt. Der Kläger überprüfe, ob die Dokumentation für die Abrechnung richtig erfolgt sei und stehe für Fragestellungen zur Verfügung. Im Vordergrund der Aufgabe des Klägers stehe dabei die Auseinandersetzung mit den DRG-Fallpauschalen und deren Umsetzung. Dabei habe der Kläger insbesondere die unterschiedlichen rechtlichen Bestimmungen zu beachten. Eine wichtige Aufgabe des Klägers sei auch die Führung des Widerspruchsverfahrens und die Rolle als Ansprechpartner für den MDK. Auch bei der Frage, ob ein Widerspruchsverfahren geführt werde, habe der Kläger Rücksprache mit Herrn Z. zu halten. Die Letztentscheidung darüber, ob ein Widerspruchsverfahren geführt werde, obliege Herrn Z.. Der Kläger handele folglich auch hinsichtlich dieser Tätigkeit nicht eigenverantwortlich, sondern weisungsabhängig. Gegenüber der Werkleitung, der Leitung, Mitarbeitern der Patientenverwaltung und Mitarbeitern des Teilbereiches Administration übe der Kläger lediglich eine beratende Funktion aus. Gegenüber anderen Mitarbeitern sei der Kläger nicht weisungsbefugt. Der Kläger sei ausschließlich für die Abrechnung und nicht die medizinische Behandlung der Patienten zuständig.

Der Beklagte hat weiterhin den Standpunkt vertreten, der Kläger sei ein sog. Titularoberarzt, der zwar die Bezeichnung Oberarzt führe, jedoch aufgrund seiner Tätigkeit nicht als Oberarzt im Sinne des § 16 Buchst. c) TV-Ärzte/VKA anzusehen sei.

Der TV-Ärzte/VKA gelte gemäß § 1 Abs. 1 TV-Ärzte/VKA für sämtliche Ärztinnen und Ärzte mit Approbation oder einer Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs, unabhängig davon, ob deren Tätigkeit überwiegend in der Patientenversorgung bestehe oder nicht. Allerdings müsse ihnen eine ärztliche Tätigkeit übertragen sein. Es sei Wille der Tarifvertragsparteien gewesen, dass sämtliche Beschäftigte, die keine ärztliche Tätigkeit ausüben, nicht vom Geltungsbereich des TV-Ärzte/VKA erfasst würden. Diejenigen Beschäftigten, denen eine ärztliche Tätigkeit übertragen worden sei und die eine verwaltungstechnische Aufgabe im medizinischen Bereich wahrnähmen, könnten grundsätzlich in die Entgeltgruppe I eingruppiert werden. Der Kläger habe ausnahmsweise aufgrund seiner fachärztlichen Tätigkeit zu 50 % in die Entgeltgruppe II eingruppiert werden können. Es sei jedoch nicht Wille der Tarifvertragsparteien gewesen, durch das Adjektiv "medizinisch" in der Protokollerklärung zu § 16 Buchst. c TV-Ärzte/VKA diese Beschäftigten der Entgeltgruppe III zuzuordnen. Die Tarifvertragsparteien hätten durch die Verwendung des Begriffs "medizinische Verantwortung" festlegen wollen, dass für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe III die Verantwortung für die Patientenbehandlung erforderlich sei. Insbesondere führe nicht allein die Bezeichnung "Oberarzt" zu einer entsprechenden Eingruppierung. Dies ergebe sich eindeutig aus der zu § 6 Abs. 2 TVÜ/VKA vereinbarten Niederschriftserklärung. Darin sei klargestellt, dass Ärztinnen und Ärzte, die die Bezeichnung "Oberärztin/Oberarzt" führten, diese nicht verlören. Sie seien jedoch, sofern sie die Voraussetzungen nach § 16 c TV-Ärzte/VKA nicht erfüllten, nicht in die Entgeltgruppe III einzugruppieren und somit nicht Oberärztinnen/Oberärzte im tarifrechtlichen Sinne.

Nach dem bisherigen Recht sei die Führung des Titels "Oberärztin/ Oberarzt" nicht vergütungsrelevant gewesen. Ein spezielles Tätigkeitsmerkmal für "Oberärzte" habe es nicht gegeben. Bei der Bezeichnung "Oberarzt" habe es sich lediglich um eine Funktionsbezeichnung gehandelt, die keinen Einfluss auf die Eingruppierung des jeweiligen Arztes gehabt habe. Die Eingruppierung habe sich danach gerichtet, ob dem Arzt mindestens fünf Ärzte unterstellt gewesen seien (Vergütungsgruppe I a Fallgruppe 5 gemäß Tarifvertrag vom 23.02.1972 für Ärzte, Apotheker, Tierärzte, Zahnärzte). Der Titel "Oberarzt" sei zur "optischen" Heraushebung von den Kliniken unterschiedlich vergeben worden.

§ 16 Buchst. c) TV-Ärzte/VKA in Verbindung mit der Protokollerklärung zu § 16 Buchst. c) TV-Ärzte/VKA verlange kumulativ vier Voraussetzungen für die Eingruppierung in die Entgeltgruppe III:

- Es müsse ein selbständiger Teil- und Funktionsbereich der Klinik bzw. Abteilung vorliegen.

- Der Arzt müsse die medizinische Verantwortung für diesen Teil- oder Funktionsbereich haben.

- Die medizinische Verantwortung müsse durch den Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden sein.

- Der Arzt müsse gemäß § 15 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA zeitlich mindestens zur Hälfte im Rahmen dieses selbständigen Teil- oder Funktionsbereichs tätig sein.

Der Begriff "selbständiger Funktionsbereich" sei bereits im BAT bei der Fallgruppe 4 der Vergütungsgruppe I b des Tarifvertrages zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1a zum BAT (Ärzte, Apotheker, Tierärzte, Zahnärzte) vom 23.02.1972 verwendet worden. Funktionsbereiche seien gemäß Protokollerklärung Nr. 3 hierzu wissenschaftlich anerkannte Spezialgebiete innerhalb eines ärztlichen Fachgebietes, z.B. Nephrologie, Handchirurgie etc. Auch für einen Teilbereich bedürfe es einer medizinisch fachlichen Spezialisierung. Teilbereiche müssten fachliche Untergliederungen innerhalb eines ärztlichen Fachgebietes sein. Der Begriff des Teilbereichs sei nicht so zu verstehen, dass sich diese Bezeichnung inhaltlich bewusst von der ärztlichen Weiterbildung habe lösen wollen.

Beim Casemanagement handele es sich weder um einen selbständigen Funktionsbereich noch um einen selbständigen Teilbereich. Es stelle weder eine medizinische fachliche Spezialisierung dar noch sei es in der Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer als Fachgebiet bzw. Facharzt- und Schwerpunktekompetenz bzw. Zusatzweiterbildung anerkannt. Das Casemanagement könne auch keinen selbständigen Teil- oder Funktionsbereich für den Kläger darstellen. Das Casemanagement als Unterbereich des Patientenmanagements werde nicht vom Kläger, sondern von Herrn Z. geleitet, der gegenüber allen Mitarbeitern des Casemanagements weisungsbefugt sei. Der Kläger sei als einer der dreizehn Mitarbeiter im Casemanagement ebenfalls Herrn Z. unterstellt.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die "medizinische Verantwortung" müsse sich auf den gesamten Bereich der Patientenbehandlung in dem betreffenden Teiloder Funktionsbereich erstrecken. Dies schließe auch die Verantwortung hinsichtlich der Durchführung der Patientenbehandlung für die in diesem Bereich der Ärztin/dem Arzt unterstellten ärztlichen und pflegerischen Beschäftigten ein. Nicht ausreichend sei eine lediglich organisatorische oder verwaltungstechnische Verantwortung. Der Kläger trage aber für das Casemanagement lediglich eine organisatorische Verantwortung. Zwar sei bei der Tätigkeit des Klägers sein medizinisches Wissen für die Ausübung der Tätigkeit nützlich und erforderlich. Der Kläger könne jedoch nicht bei seiner Tätigkeit im Casemanagement die Verantwortung für die Patientenbehandlung tragen. Die Übertragung von Organisationsverantwortung oder Spezialfunktionen sei nicht Gegenstand der Eingruppierungsregelung des § 16 Buchst. c) TV-Ärzte/VKA.

Dem Kläger sei auch die medizinische Verantwortung für das Casemanagement auch nicht ausdrücklich übertragen worden. Ob der Arbeitgeber eine Übertragung vornehme, sei seine unternehmerische Entscheidung. Der Arbeitgeber könne den Krankenhausbetrieb so organisieren, wie er es für angemessen und zweckmäßig halte. Mit Schreiben vom 02.06.2005 (Bl. 8 d.A.) habe der Beklagte dem Kläger lediglich mitgeteilt, dass dieser mit Wirkung vom 15.06.2005 zukünftig mit der Hälfte der Arbeitszeit in der urologischen Klinik und zur anderen Hälfte der Wochenarbeitszeit im Patientenmanagement eingesetzt werde. Eine Übertragung der Verantwortung für das Casemanagement sei weder in diesem Schreiben noch zu einem anderen Zeitpunkt durch den Beklagten ausdrücklich vorgenommen worden. Es sei nicht ausreichend, dass der Kläger in diesem Bereich tätig sei. Auch ergebe sich kein Anspruch auf Übertragung der Verantwortung für einen Bereich daraus, dass ein Arzt eine Tätigkeit in einem selbständigen Teil- oder Funktionsbereich durchführe. Es handele sich dabei nicht um ein widersprüchliches Verhalten des Arbeitgebers. Der Tarifvertrag behalte dem Arbeitgeber als zusätzliche Voraussetzung für die Eingruppierung in die Entgeltgruppe III die Entscheidung über die ausdrückliche Übertragung der medizinischen Verantwortung vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der Rechtsausführungen der Parteien wird Bezug genommen auf die Schriftsätze des Klägers vom 03.05.2007, vom 10.07.2007 und vom 10.09.2007, auf die Schriftsätze des Beklagten vom 16.08.2007 und vom 19.09.2007, sowie auf die Sitzungsprotokolle vom 15.06.2007 (Bl. 20/21 d.A.) und vom 21.09.2007 (Bl. 146/149 d.A.).

Das Arbeitsgericht Passau hat die Klage mit Endurteil vom 21.9.2007, das dem Kläger am 13. November 2007 zugestellt wurde, in vollem Umfang abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, der darlegungs-und beweisbelastete Kläger habe nicht nachgewiesen, dass er die Tätigkeitsmerkmale der begehrten Entgeltgruppe in dem von § 15 TV- Ärzte/VKA verlangten Umfang erfülle. Die vom Kläger und von dem Beklagten verwendete Bezeichnung Oberarzt allein reiche für die Eingruppierung nicht aus. Seine Tätigkeit im Patienten-Management erfülle nicht die Voraussetzungen der Entgeltgruppe, weil ihm insoweit keine medizinische Verantwortung im Sinn der Protokollerklärung, sondern eine organisatorisch-administrative Verantwortung übertragen worden sei. Das Tätigkeitsmerkmal der medizinischen Verantwortung könne nur erfüllt sein, wenn der Arzt spezifisch medizinisch, also im Zusammenhang mit der Behandlung von Patienten, tätig sei und nicht lediglich Verwaltungsaufgaben wahrnehme. Eine Übertragung medizinischer Verantwortung könne in der Übertragung von Aufsichtsfunktionen über ärztliches oder nichtärztliches Personal liegen.

Dem Kläger sei zuzugestehen, dass er seine Tätigkeit nicht ohne profundes medizinisches Wissen sachgerecht ausüben könne. Es gehe jedoch bei seiner Tätigkeit nicht um Teile der medizinischen Versorgung, sondern um die verwaltungsmäßige Abwicklung bereits abgeschlossener Fälle. Die von den Parteien aufgeworfenen sonstigen Rechtsfragen, insbesondere, ob es sich bei dem Patienten-Management um einen selbstständigen Teil- oder Funktionsbereich der Klinik handele und ob ihm die Verantwortung vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden sei, könnten somit offen bleiben. Was die Tätigkeit des Klägers als Oberarzt in der urologischen Klinik betreffe, fehle es an einem substantiierten Sachvortrag sowohl hinsichtlich der dem Kläger dort übertragenen Aufgaben als auch hinsichtlich der dort anfallenden Arbeitsvorgänge.

Gegen die Klageabweisung wendet sich der Kläger mit seiner am 11. Dezember 2007 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung vom selben Tag, die er mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2007, der am 2. Januar 2008 beim Landesarbeitsgericht München eingegangen ist, begründet hat.

Unter Vertiefung und teilweise Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags macht der Kläger geltend, aus dem Schreiben des Beklagten vom 2. Juni 2005 ergebe sich, dass es Wunsch des Beklagten gewesen sei und noch sei, für medizinische Fragen und Sachverhalte in Gestalt des Klägers einen entsprechenden Sachverständigen in diesem Teilbereich des Klinikums zu etablieren. Die Verwendung des Adjektivs "medizinische" in der tariflichen Bestimmung solle lediglich normierend klarstellen, dass der Oberarzt noch "als Arzt" tätig werden müsse. Insbesondere solle sichergestellt werden, dass hierunter nicht "Ärzte in nichtärztlichen Berufen" fielen. Für die Anwendung des Tarifvertrags komme es erklärtermaßen nicht auf Tätigkeiten am Patienten an, entscheidend sei vielmehr allein die Beschäftigung als Arzt in einem Krankenhaus bzw. in einem medizinischen Institut eines Krankenhauses. Umso inkonsequenter sei es, wenn bei der Eingruppierung in eine der Entgeltgruppen des § 16 a) bis d) nun plötzlich doch zu differenzieren sei zwischen kurativer und nicht kurativer Medizin.

Der Kläger beantragt:

1. das Endurteil des Arbeitsgerichts Passau vom 21.09.2007 - Az.: 1 Ca 384/07 D - aufzuheben und nach den Anträgen erster Instanz zu erkennen,

2. die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten aufzuerlegen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, der Begriff der "medizinischen Verantwortung für selbstständige Teil- oder Funktionsbereiche" sei von den Tarifvertragsparteien neu vereinbart worden. Damit sei deutlich gemacht, dass dem Arzt nicht lediglich die Leitung übertragen worden sein, sondern dass diesem die gesamte medizinische Verantwortung übertragen sein müsse. Die medizinische Verantwortung müsse sich auf den gesamten Bereich der Patientenbehandlung in dem betreffenden selbstständigen Teil- oder Funktionsbereich erstrecken. Nicht ausreichend sei eine lediglich organisatorische oder verwaltungstechnische Verantwortung. Durch den Zusatz "medizinisch" habe klargestellt werden sollen, dass die Verantwortung im Zusammenhang mit der Behandlung von Patienten übertragen worden sei. Bei der Tätigkeit des Klägers sei die Behandlung aber bereits abgeschlossen. Es gehe bei der Tätigkeit des Klägers lediglich um Abrechnungsfragen und somit um rein verwaltungstechnische Fragen. Medizinisches Wissen sei zwar für die Tätigkeit des Klägers erforderlich, es sei jedoch nicht gleichzusetzen mit der Verantwortung für die Patienten-Behandlung und somit mit der medizinischen Verantwortung im Sinn der Tarifbestimmung.

Der Beklagte trägt weiter vor, der Bereich Patientenmanagement sei auch kein selbstständiger Teil- oder Funktionsbereich der Klinik bzw. Abteilung. Funktionsbereiche seien lediglich wissenschaftlich anerkannte Spezialgebiete innerhalb eines ärztlichen Fachgebietes, zum Beispiel Nephrologie, Handchirurgie, Neuroradiologie, Elektroencephalographie, Herzkatheterisierung etc.. Auch für einen Teilbereich bedürfe es einer medizinisch fachlichen Spezialisierung. Teilbereiche müssten fachliche Gliederungen innerhalb eines ärztlichen Fachgebietes seien.

Dem Kläger sei auch die medizinische Verantwortung für das Patientenmanagement nicht ausdrücklich durch den Beklagten als Arbeitgeber übertragen worden. Eine Übertragung setze die ausdrückliche Entscheidung des Arbeitgebers voraus, einem Arzt die medizinische Verantwortung zu übertragen. Diese Entscheidungsbefugnis des Arbeitgebers könne nicht durch äußere Umstände oder faktisches Handeln durch vom Arbeitgeber hierzu nicht ausdrücklich ermächtigte Personen ersetzt werden. Mit dem Schreiben vom 2. Juni 2050 sei jedenfalls eine Übertragung der Verantwortung für das Patientenmanagement nicht ausdrücklich vorgenommen worden.

Der Kläger erwidert, das Schreiben vom 2. Juni 2005 gehe über die Erlaubnis, seinen Ärztekittel mit dem Namensschild "Oberarzt Dr. M." schmücken zu dürfen, deutlich hinaus.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft nach § 64 Abs. 1 und 2 b) ArbGG und auch im Übrigen zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Form und der vorgeschriebenen Frist eingelegt und begründet worden (§§ 11 Abs. 2 ArbGG, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Sätze 1,2,5 ArbGG i.V.m. § 222 ZPO).

II.

Die Berufung ist begründet.

Der Kläger hat Anspruch darauf, dass ihm der Beklagte ab 1. August 2006 Vergütung nach der in § 16 Buchst. c) TV-Ärzte/VKA geregelten Entgeltgruppe III des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA vom 17.08.2006) gewährt.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Tarifbindung (vgl. § 3 Abs. 1 TVG) der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA) vom 17.08.2006 sowie der Tarifvertrag zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern in den TV-Ärzte/VKA und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Ärzte/VKA) vom 17.08.2006 Anwendung. Diese zwischen der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände einerseits und dem Marburger Bund andererseits abgeschlossenen Tarifverträge sind am 01.08.2006 in Kraft getreten (vgl. § 40 Abs. 1 TV-Ärzte/VKA bzw. § 17 Abs. 1 TVÜ-Ärzte/VKA).

Nach den in § 15 TV-Ärzte/VKA enthaltenen allgemeinen Eingruppierungsregelungen kommt es für die Eingruppierung des Klägers darauf an, ob zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale der vom Kläger in Anspruch genommenen Entgeltgruppe III nach § 16 Buchst. c) TV-Ärzte-VKA erfüllen (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte/VKA). Arbeitsvorgänge sind gemäß Protokollerklärung Nr. 1 zu § 15 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis der Ärztin/des Arztes, zu einem bei natürlicher Betrachtungsweise abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (z.B. Erstellung eines EKG). Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden.

Der Kläger erfüllt unstreitig jedenfalls die Tätigkeitsmerkmale der in § 16 Buchst. b) TV-Ärzte/VKA geregelten Entgeltgruppe II (Facharzt) und erhält derzeit eine dieser Entgeltgruppe entsprechende Vergütung.

Darüber hinaus liegen auch die tatsächlichen Voraussetzungen einer höheren Eingruppierung in Gestalt der Tätigkeitsmerkmale der in § 16 Buchst c) TV-Ärzte/VKA geregelten Entgeltgruppe III in dem von § 15 TV-Ärzte/VKA geforderten Umfang vor.

Der Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass § 16 TV-Ärzte/VKA i.V.m. der Protokollerklärung zu § 16 Buchst. c) TV-Ärzte/VKA kumulativ das Vorliegen folgender vier Voraussetzungen für die Eingruppierung nach Entgeltgruppe III vorsieht.

(1) Es muss ein selbstständiger Teil- oder Funktionsbereich der Klinik bzw. Abteilung vorliegen.

(2) Der Arzt muss die medizinische Verantwortung für diesen Teil- oder Funktionsbereich haben.

(3) Die medizinische Verantwortung muss durch den Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden seien.

(4) Der Arzt muss gemäß § 15 Absatz 2 TV-Ärzte/KAV zeitlich mindestens zur Hälfte im Rahmen dieses selbstständigen Teil-) oder Funktionsbereichs tätig sein.

Diese Voraussetzungen sind nach Auffassung des Berufungsgerichts erfüllt.

(1) Die Tätigkeit des Klägers wird in einem Teilbereich der Klinik, nämlich dem Patientenmanagement ausgeübt. Der Beklagte hat zwar nachvollziehbar erklärt, dass es sich hierbei nicht um einen Funktionsbereich der Klinik handelt, weil es sich insoweit nicht um ein selbständiges wissenschaftlich anerkanntes Spezialgebiet innerhalb eines ärztlichen Fachgebiets handelt. Der Beklagte konnte jedoch nicht hinreichend nachvollziehbar machen, wieso das im Organigramm des Beklagten als eigener Aufgabenbereich mit Personal ausgestattete und der Werkleitung direkt unterstellte Patientenmanagement nicht als Teilbereich der Klinik im Sinne der tariflichen Bestimmung angesehen werden kann.

(2) Der Kläger hat auch die medizinische Verantwortung für diesen Teilbereich. Er hat unstreitig vorgetragen, dass der Beklagte in diesem Teilbereich keine weitere als Arzt qualifizierte Person mit der Wahrnehmung der Beurteilung und Würdigung der auftretenden Fragen medizinischen Fragen betraut hat, so dass davon auszugehen ist, dass allein der Kläger in diesem Bereich die medizinische Verantwortung trägt. Für den vom Beklagten befürworteten Ausschluss nicht kurativer Medizin gibt die tarifliche Eingruppierungsregelung keinen hinreichenden Anhaltspunkt.

(3) Dem Kläger wurde die medizinische Verantwortung für den Teilbereich des Patientenmanagements auch ausdrücklich - nämlich durch das vorgelegte Schreiben vom 2. Juni 2006 - übertragen.

Hierbei handelt es sich aus Sicht des Berufungsgerichts nicht um die Verleihung lediglich des Titels Oberarzt. Eine solche "Titelverleihung" mag zwar darin zu sehen sein, dass die Versetzungsmitteilung vom 2.6.2006 den Einsatz des Klägers mit der Hälfte der Arbeitszeit "als Oberarzt in der Urologischen Klinik" vorsieht.

Demgegenüber verwendet der Beklagte in seinem Versetzungsschreiben im Zusammenhang mit der Zuweisung von Aufgaben im Patientenmanagement den Begriff des Oberarztes nicht, so dass der Inhalt der Protokollerklärung zu § 6 Abs. 2 TVÜ-Ärzte/VKA der Eingruppierung des Klägers in Entgeltgruppe III im Hinblick auf seine Tätigkeit im Teilbereich Patientenmanagement nicht entgegensteht.

Dem Kläger wird mit diesem Schreiben die medizinische Verantwortung des Teilbereichs Projektmanagement übertragen. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Kläger bei fachlichen Zweifelsfragen mit den Leitern der Funktionsbereiche abstimmen muss. Dieses Abstimmungserfordernis geht nämlich nicht über die Abstimmungsnotwendigkeiten hinaus, denen auch ein Oberarzt in einem Funktionsbereich bei Zweifelsfragen Rechnung tragen muss.

4. Der Kläger ist auch - was unstreitig ist - mindestens zur Hälfte seiner Arbeitszeit mit der Aufgabenerfüllung im Bereich des Patientenmanagements beschäftigt, so dass die tariflichen Voraussetzungen für eine Eingruppierung des Klägers in Entgeltgruppe III gegeben sind.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

IV.

Wegen der in dieser Entscheidung relevanten grundsätzlichen Fragen wurde die Revision zugelassen.

Gegen dieses Urteil kann daher der Beklagte Revision einlegen.

Für den Kläger ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Revision muss innerhalb einer Frist von einem Monat eingelegt und innerhalb einer Frist von zwei Monaten begründet werden.

Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Urteils.

Ende der Entscheidung

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