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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 25.06.2008
Aktenzeichen: 11 Sa 1208/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 613 a
BGB § 242
Die Entscheidung befasst sich mit der Frage, ob ein Arbeitnehmer noch ca ein Jahr nach erfolgter Veräußerung dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses infolge Betriebsübergangs auf die - inzwischen insolvent gewordene - Übernehmerin rechtswirksam widersprechen kann, wenn und sofern die Information der Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Übergangs unzureichend im Hinblick auf die Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB war. Sie setzt sich als Vorfrage im Hinblick auf den vorliegenden Einzelfall insbesondere auch mit der Frage auseinander, ob das von der Betriebsveräußerin den Arbeitnehmern zugleitete Informationsschreiben den Anforderungen des § 613 a Abs. 5 BGB entsprochen hat.
LANDESARBEITSGERICHT M.

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

11 Sa 1208/07

Verkündet am: 25. Juni 2008

hat die Elfte Kammer des Landesarbeitsgerichts M. auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 7. Mai 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Obenaus sowie die ehrenamtlichen Richter Butzenberger und Schönfelder

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten und die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts M. vom 19. Dezember 2007 - 3 Ca 1706/07 - werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagte zu 75 % und der Kläger zu 25 % zu tragen.

3. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses sowie einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung.

Der Kläger war seit 01.06.1988 bei der Beklagten als Software-Entwickler und außertariflicher Mitarbeiter im Geschäftsbereich C. beschäftigt. Sein monatliches Bruttoentgelt betrug zuletzt € .... Arbeitsort war der Betrieb M., ... .

Wegen längerfristig defizitären Verlaufs ihrer Mobilfunksparte entschloss sich die Beklagte im Jahre 2005, diese Sparte zu veräußern. Die Veräußerung erfolgte in einem so genannten "carve-out"-Vertrag. Hierbei handelt es sich um einen Rahmenvertrag zwischen der S. AG und der B. C., T., der sodann in zusätzlichen Einzelverträgen mit teilweise unterschiedlichen Vertragsparteien aus der jeweiligen Konzern-Gruppe umgesetzt wurde. Im carve-out-Vertrag war vorgesehen, dass sämtliche von S. gehaltenen, zu veräußernden Schutzrechte, Patente und Marken von der B. C. erworben und auf diese übergeleitet werden sollten. In Einzelverträgen wurden die zum Übertragungsstichtag vorhandenen und der Mobiltelefonsparte des S.-Konzerns zuzuordnenden Vermögensgegenstände veräußert. In diesem Zusammenhang hat die S. AG die in Deutschland belegenen Vermögensgegenstände in Erfüllung des Rahmenvertrags an die von der B. C., T., benannte Fa. B. M. GmbH& Co OHG als Käuferpartei veräußert. Zusätzlich wurden von den B.-Konzerngesellschaften, insbesondere von der B. M. GmbH & Co OHG auch diverse Verbindlichkeiten wie beispielsweise Pensionszusagen, Gewährleistungs- und Herstellerverpflichtungen übernommen. Als Ausgleich hierfür hat die Beklagte teilweise Geldzahlungen vereinbart, die vertragsgemäß der B. C. zustehen sollten.

Die B.M. GmbH & Co OHG ist eine offene Handelsgesellschaft mit Sitz in M., ..., deren Gegenstand in der Entwicklung, der Produktion und dem Vertrieb von Mobiltelefonen besteht. Die Gründung erfolgte mit privatschriftlichem Gesellschaftsvertrag vom 12. September 2005, erste Eintragung ins Handelsregister erfolgte am 16. September 2005. Persönlich haftende Gesellschafter sind die B.M. M. GmbH sowie die B.W. GmbH, jeweils mit Sitz in M. ... mit einem Stammkapital von jeweils 25.000,00 €. Die Obergesellschaft der B.-Gruppe ist die B. C., T.. Diese wiederum ist alleinige Gesellschafterin der B.M. H. B.V. mit Sitz in den N., welche wiederum die jeweils alleinige Gesellschafterin der beiden persönlich haftenden Gesellschafterinnen der B.M. GmbH & Co OHG ist.

Bereits mit Schreiben vom 29. August 2005 hatte die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, dass der Geschäftsbereich C. MD zum 01.10.2005 auf die B.M. GmbH & Co OHG (im Folgenden B.M.) übergehe. Das Schreiben lautet:

"Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses

Sehr geehrter Herr K.,

wie Ihnen bereits durch verschiedene Mitarbeiterinformationen bekannt ist, werden unsere Aktivitäten des Geschäftsgebietes C. MD (M. D.) zum 01.10.2005 in die B.M. GmbH & Co OHG (im Folgenden: B.M.) übertragen.

B. ist ein weltweit führender Anbieter von Consumer-Electronic-Produkten, wie beispielsweise LCD-Bildschirmen, Notebook-Computern, Kameras und Scannern. Und im Handygeschäft wird B.M. in den nächsten Jahren zu einem führenden globalen Anbieter.

In seinem asiatischen Heimatmarkt zählt B. schon heute zu den am schnellsten wachsenden Anbietern im Handysegment. Durch den Zusammenschluss mit S. kann B. seine ehrgeizigen internationalen Expansionspläne umsetzen. S. bietet B. eine globale Organisation mit führenden Marktpositionen in West- und Osteuropa sowie im Wachstumsmarkt Lateinamerika. Zudem erhält B. durch den Kauf einen starken, weltweit bekannten Markennamen, Mobiltelefontechnologie und Softwarekompetenz sowie globalen Zugang zu der breiten Kundenbasis von S.. Daneben bekommt B. einen auf drei Kontinenten hervorragend etablierten Fertigungsverbund von S.. Die Übertragung des Geschäftsgebietes erfolgt auf Grund eines Kaufvertrags im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf B.M.. Mit diesem Betriebsübergang wird gem. § 613a BGB B.M. ihr neuer Arbeitgeber, der in alle Rechte und Pflichten ihres Arbeitsverhältnisses mit der S. AG eintritt. Es wird also anlässlich des Betriebsübergangs - sofern nicht in der Überleitungsvereinbarung andere Regelungen getroffen sind - unverändert mit B.M. fortgeführt (insbesondere keine Veränderungen bei dem jeweiligen Einkommenssystem, Altersversorgung, Jubiläumsregelung, Dienstzeitregelung). Ebenso gelten die jeweiligen Tarifverträge (einschließlich des Ergänzungstarifvertrags B./K.) gem. § 613a BGB weiter.

Die Höhe und Zusammensetzung des bisherigen Einkommens bleibt ebenso wie eine bestehende freiwillige, widerrufliche Sonderzulage anlässlich des Betriebsübergangs unverändert.

Im Einzelnen gilt für sie die beiliegende, mit dem Gesamtbetriebsrat der S. AG vereinbarte Regelung zur Überleitung der Beschäftigungsbedingungen (Überleitungsvereinbarung), die Bestandteil dieses Schreibens ist.

Die bestehenden Gesamtbetriebsvereinbarungen und örtlichen Betriebsvereinbarungen gelten bis zu einer eventuellen Neuregelung weiter, sofern in der Überleitungsvereinbarung nichts Abweichendes geregelt ist.

B.M. haftet ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs unbeschränkt für alle, auch die rückständigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.

Zusätzlich haftet die S. AG für solche Verpflichtungen, die vor dem Betriebsübergang entstanden sind und spätestens ein Jahr danach fällig werden; soweit sie nach dem 01.10.2005 fällig werden, haftet sie nur zeitanteilig.

Eine Kündigung wegen des Betriebsüberganges ist gesetzlich gemäß § 613a Abs. 4 BGB ausgeschlossen; das Recht zu Kündigungen aus anderen Gründen bleibt unberührt.

Sie werden auch nach dem 01.10.2005 durch ihren bisherigen Betriebsrat weiter betreut; an den Standorten in U., B. und M. /... gilt dies solange, bis durch Neuwahlen eigene Betriebsratsgremien gewählt sind, längstens bis zum 31.01.2006. Für den Standort K. wurde der örtliche Betriebsrat informiert, dass an diesem Standort aufgrund von Produktivitätssteigerungen in der Fertigung der Abbau von ca. 340 Mitarbeitern im Bereich der Lohngruppen 2 bis 7 geplant ist. Dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf B.M. können sie nach § 613a Abs. 6 BGB schriftlich widersprechen. Ihr Widerspruch hätte zur Folge, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht auf B.M. übergeht. Wir möchten Sie jedoch bitten, von diesem Recht nur nach sorgfältiger Abwägung Gebrauch zu machen, denn Ihr Widerspruch sichert Ihnen keinen Arbeitsplatz bei der S. AG, da die C. MD - Aktivitäten vollständig auf B.M. übertragen werden und damit diese Arbeitsplätze bei der S. AG entfallen, so dass es letztlich zu betriebsbedingten Beendigungen des Arbeitsverhältnisses kommen kann. Sollten Sie trotz dieser Überlegungen dennoch widersprechen wollen, bitten wir darum, Ihren etwaigen Widerspruch unverzüglich, jedoch spätestens innerhalb von 1 Monat nach Zugang dieses Schreibens schriftlich an Herrn B. ... oder an Herrn Dr. E. ....

Für Fragen steht Ihnen Ihre Personalorganisation gerne zur Verfügung.

Wir würden uns freuen, wenn Sie mit gleichem Arbeitseinsatz und hoher Motivation Ihre Arbeit bei B.M. weiterführen und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg.

Mit freundlichen Grüßen

S. Aktiengesellschaft

Gez. G. gez. M.

Anlage Überleitungsvereinbarung Tarifkreis"

Ab 01.10.2005 hat der Kläger seine Arbeitsleistung für die B.M. erbracht. Am 28. September 2006 hat die B.M. GmbH & Co OHG Antrag auf Insolvenzeröffnung gestellt. Das Amtsgericht M. hat unter dem Aktenzeichen 1503 IN 3270/06 mit Beschluss vom 01.01.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Dr. P. bestellt. Ebenfalls am 1.1.2007 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der persönlich haftenden Gesellschafterinnen der B.M. eröffnet.

Der Kläger hat am 29.09.2006 dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die B.M. schriftlich widersprochen.

Mit seiner beim Arbeitsgericht M. am 5. Februar 2007 eingegangenen Klage vom 29. Januar 2007 hat der Kläger u.a. die gerichtliche Feststellung beantragt, dass das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nicht auf die Fa. B. M. GmbH& Co OHG übergangen ist, ferner hat er die Verurteilung der Beklagten begehrt, ihn als SoftwareEntwickler tatsächlich zu beschäftigen, hilfsweise ihm eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes zu bezahlen.

Zur Begründung hat er vorgetragen, sein Widerspruch vom 29.09.2006 habe den Übergang des Arbeitsverhältnisses gemäß § 613a BGB auf die B.M. verhindert. Zwar sei der Widerspruch nicht innerhalb von einem Monat nach Unterrichtung über den Betriebsübergang ausgesprochen worden, jedoch sei die Frist des § 613a Abs. 6 BGB nicht angelaufen, da die Information gemäß § 613a Abs. 5 BGB nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Insbesondere habe die Beklagte nicht ausreichend über die prekäre Situation des Bereichs C. MD unterrichtet. Es habe eine Verpflichtung zum Hinweis bestanden auf die damaligen hohen Verluste, auf einen Restrukturierungs-aufwand von ca. 4 Milliarden Euro, auf die nicht ausreichende Leistungsfähigkeit der Konzernmutter, auf die Tatsache, dass Vermögenswerte wie Patente auf die Konzernmutter übertragen worden seien, sowie auf die Überweisung der Rückstellungen von Pensionslasten an die t. Konzernmutter sowie auf den personenidentischen Übergang der zweiten und dritten Führungsebene. Weiterhin sei die Rechtsperson, auf die das Arbeitsverhältnis habe übergehen sollen, nicht hinreichend bezeichnet worden. So sei eine ladungsfähige Anschrift nicht mitgeteilt worden, sondern lediglich eine Stelle zur Abgabe eines möglichen Widerspruchs. Außerdem werde in dem Überleitungsschreiben zwar mitgeteilt, dass der Betriebsübergang im Wege eines Kaufvertrages stattfinde. Die Informationsverpflichtung gehe jedoch über die Angabe des Vertragstypus hinaus. Auch sei die Weitergeltung etwaiger Tarifverträge nicht hinreichend konkretisiert worden. Zudem habe die Beklagte nicht mitgeteilt, dass der Verkauf durch einen negativen Kaufpreis gekennzeichnet sei. In diesem Zusammenhang habe sie auch mitteilen müssen, wer diesen negativen Kaufpreis erhalten habe, die Konzernmutter in T. oder B.M. als Startkapital.

Hilfsweise für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nicht weiter bestehen sollte, hat der Kläger eine Abfindung, die Auszahlung einer variable Vergütung, die Auszahlung des Garantiekapitals der verzögerten Vergütung zur Altersversorgung, die Auszahlung des erreichten Besitzstandskapitals der Betriebsrente sowie Zahlung eines Nachteilsausgleichs begehrt.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt:

I. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klagepartei mit der S. AG aufgrund Widerspruchs vom 28. September 2006 nicht zum 01. Oktober 2005 auf die B.M. GmbH & Co. OHG übergegangen ist.

II. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei als Software-Entwickler tatsächlich zu beschäftigen.

Hilfsweise zu I. und II.

III. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei eine Abfindung von 75.855,94 € brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

IV. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 989,25 € brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

V. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 8.295,42 € nebst Zinsen hieraus in Höhe 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

VI. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 44.676,47 € nebst Zinsen hieraus in Höhe 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

VII. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei einen Nachteilsausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zu bezahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und in erster Instanz erwidert, der Widerspruch des Klägers sei ein kollektiver Massenwiderspruch, der unzulässig sei, weil er nicht zur Sicherung der arbeitsvertraglichen Rechte eingesetzt wurde. Neben dem Kläger hätten ca. die Hälfte der rd. 3.300 Mitarbeiter Widersprüche mit weitest-gehend gleichlautenden Schreiben abgegeben. Diese Schreiben seien einem von der IG-Metall erstellten Muster nachgebildet. Ein Großteil des Widerspruchsschreibens sei gebündelt übergeben worden. Die IG-Metall habe dazu aufgerufen, solche Widersprüche auszusprechen und habe dabei versucht, auf die Beklagte Druck auszuüben, um den Geschäftsbereich insgesamt zurückzunehmen.

Unabhängig davon sei das Widerspruchsrecht des Klägers gemäß § 242 BGB verwirkt. Das für eine Verwirkung notwendige Zeitmoment sei erfüllt, weil der Kläger erst 12 Monate nach Betriebsübergang und 13 Monate nach Zugang des Unterrichtungsschreibens dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprochen habe. Das Umstandsmoment sei erfüllt, weil der Kläger seine Arbeitsleistung seit dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs nicht mehr für die Beklagte erbracht habe und zusätzlich durch seine Tätigkeit für B.M. zum Ausdruck gebracht habe, dass er B.M. als seinen Arbeitgeber akzeptiert habe. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass der Kläger eine rückwirkende Erhöhung seines Jahreszieleinkommens durch B. zum 01.10.2005 angenommen habe und zudem am 19.12.2005 ein Statusgespräch geführt habe, in welchem Verantwortungsbereich, Kompetenzen des Klägers und Grad der Zielerreichung bewertet worden seien. Jedenfalls sei es widersprüchlich, wenn der Kläger nunmehr wieder ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten herzustellen versuche. Zudem sei der Widerspruch des Klägers gemäß § 613a Abs. 6 BGB verfristet, da die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 29. August 2005 ordnungsgemäß unterrichtet habe. Es seien alle vom Gesetzgeber und dem Bundesarbeitsgericht erstellten Voraussetzungen hinsichtlich des Zeitpunkts und Gegenstandes des Übergangs, des Grundes für den Übergang sowie der rechtlichen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen erfüllt. Dem Kläger sei mitgeteilt worden, dass das Geschäftsgebiet "die Aktivitäten des Geschäftsgebiets C. MD zum 01.10.2005" auf B.M. übertragen werde. Damit seien Zeitpunkt und Gegenstand des Übergangs genannt. Als Grund für den Übergang sei angegeben worden, dass das Geschäftsgebiet "aufgrund eines Kaufvertrages im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf B.M." übertragen werde. Damit sei der Rechtsgrund ausreichend bezeichnet worden. Über die rechtlichen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen sei ausreichend informiert worden. Die unternehmerischen Gründe für den Betriebsübergang seien schlagwortartig mitgeteilt worden, indem darauf hingewiesen worden sei, dass der Geschäftsbereich C. MD vollständig auf die B.M. übertragen werde. Dadurch sei mitgeteilt worden, dass bei der Beklagten in dem Gebiet C. MD keine Arbeitsplätze mehr vorhanden seien. Die den Betriebsübergang veranlassenden wirtschaftlichen Gründe müsse der Betriebsveräußerer den Arbeitnehmern nicht mitteilen. Auch bestünde keine Informationspflicht hinsichtlich der wirtschaftlichen Situation der B.M..

Die Beklagte hat weiter vorgetragen, dem Kläger sei die Identität des Betriebserwerbers ausreichend mitgeteilt worden. Die Firmenbezeichnung B.M. GmbH & Co OHG sei auf Seite 1, Absatz 1 des Unterrichtungsschreibens genannt worden. Auch sei klar zwischen B. und B.M. unterschieden worden. Die Anschrift des Erwerbers B.M. sei auf Seite 2 des Unterrichtungsschreibens im sechsten Absatz genannt worden. Es sei für die Arbeitnehmer hinreichend deutlich gewesen, dass es sich bei der Angabe "...," um die Adresse von B.M. handle. Die Adresse sei offensichtlich genannt worden, um Widersprüche beim Betriebserwerber zu ermöglichen. Außerdem habe sich dort die Verwaltung des Bereichs C. MD befunden. Der Kläger sei aber spätestens mit der ersten Gehaltsabrechnung über die Adresse von B. informiert worden. Die Beklagte ist weiterhin der Ansicht, dass es der Grundsatz des Vertrauensschutzes verbiete, das von der Rechtsprechung des BAG in der Entscheidung vom 13.07.2006, 8 AZR 305/05 neu postulierte Kriterium der "Mitteilung der Anschrift des Betriebserwerbers" rückwirkend anzuwenden. Daher sei das Verfahren vorab gemäß Art. 234 EG dem europäischen Gerichtshof vorzulegen. Bezüglich der von der Beklagten angeregten Vorlage wird auf Bl. 87 ff. sowie auf Bl. 333 ff. der Akten Bezug genommen. Im Übrigen habe der Kläger auch sein Klagerecht verwirkt, da er die Klage erst vier Monate nach dem Widerspruch und 16 Monate nach dem Betriebsübergang erhoben habe, obwohl er in seinem Widerspruchsschreiben einen enormen Zeitdruck erzeugt habe, indem er die Beklagte aufgefordert habe, ihm binnen 14 Tagen einen vergleichbaren und zumutbaren Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Die Beklagte hält den Weiterbeschäftigungsantrag mangels Bestimmtheit für unzulässig und auch für unbegründet, da die erforderliche Interessenabwägung zu ihren Gunsten ausfalle.

Das Arbeitsgericht M. hat der Klage mit Endurteil vom 19. Dezember 2007, das dem Kläger am 4. Januar 2008 und der Beklagten am 28. Dezember 2007 zugestellt worden ist im Feststellungsantrag stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, das Klagerecht sei bezüglich des Feststellungsantrags nicht verwirkt. Zwar habe der Kläger nach Kenntnis der Insolvenz von B.M. sowie Einlegung des Widerspruchs über 4 Monate abgewartet, bis er Klage eingereicht habe. Zudem habe er die Beklagte unter Setzung einer 14-tägigen Frist zur Weiterbeschäftigung aufgefordert. Dies allein reiche für die Annahme des Umstandsmoments jedoch nicht aus. Der bloße Zeitablauf von vier Monaten habe keinen Vertrauenstatbestand bei der Beklagten schaffen können. Auch die Setzung einer 14-tägigen Frist beinhalte keine Aussage darüber, dass der die Frist Setzende nach Fristablauf ohne längeres Zuwarten Klage einreichen werde. Um ein derartiges Vertrauen zu begründen, habe es weiterer Umstände bedurft. Solche zusätzlichen vertrauensbegründenden Tatsachen habe die Beklagte aber nicht vorgetragen.

Der Widerspruch des Klägers vom 29.09.2006 sei auch kein kollektiver Massenwiderspruch, der gemäß § 242 BGB unzulässig sei.

In der Sache sei das Widerspruchsrecht des Klägers vom 29.09.2006, auf dessen Basis die beantragte Feststellung begehrt werde, auch nicht verwirkt, obwohl der Kläger erst 13 Monate nach seiner Kenntnis von dem Betriebsübergang und 12 Monate nach dem tatsächlichen Betriebsübergang diesem widersprochen habe. Dabei könne dahinstehen, ob das Zeitmoment erfüllt sei, da es jedenfalls am erforderlichen Umstandsmoment fehle. Der Kläger habe mit Ausnahme der Tatsache der Weiterarbeit bei der B.M. ab dem 01.10.2005 keine Umstände gesetzt, die ein Vertrauen der Beklagten auf die Nichtausübung des Widerspruchsrechts rechtfertigen könnten. Die bloße Weiterarbeit sei jedoch nicht geeignet, das Umstandsmoment zu verwirklichen. Ein Arbeitnehmer, der eine Gehaltserhöhung akzeptiere sowie ein Statusgespräch führe - wie das hier geschehen sei - bringe dadurch nicht in gesteigertem Maße zum Ausdruck, dass er auf sein Widerspruchsrecht im Hinblick auf einen Betriebsübergang verzichten wolle.

Der Widerspruch des Klägers sei auch fristgemäß erfolgt, da die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 29.08.2005 nicht ordnungsgemäß unterrichtet und die einmonatige Widerspruchsfrist damit nicht in Gang gesetzt habe. Der - erforderliche - eindeutige Hinweis auf Firmensitz und Anschrift sei nicht erfolgt. Entgegen der Ansicht der Beklagten bestehe auch keine Veranlassung, eine Vorlage an den europäischen Gerichtshof gemäß Art. 234 EG herbeizuführen.

Das Arbeitsgericht führt weiter aus, die Beklagte habe auch den gemäß § 613a Abs. 5 Ziffer 2 BGB zu nennenden Grund für den Übergang nicht korrekt bezeichnet. Der tatsächliche Vorgang bei der Veräußerung des Geschäftsbereichs C. MD durch die Beklagte entspreche nicht den Vorstellungen, die der normale Arbeitnehmer mit dem im Informationsschreiben verwendeten Begriff Kaufvertrag verbinde. Da das Informationsschreiben vom 29.08.2005 nicht den Erfordernissen des § 613a Abs. 5 BGB entspreche, sei die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht in Lauf gesetzt worden.

Zur Begründung der Abweisung des Weiterbeschäftigungsantrags hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Rechtsstreits. Insbesondere ergebe sich ein solcher nicht aus dem so genannten allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch. Zwar habe der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts in seiner grundlegenden Entscheidung vom 27.02.1985 (BAG GS 1/84) anerkannt, dass ein gekündigter Arbeitnehmer einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist oder den Zugang der fristlosen Kündigung hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses habe, wenn die Kündigung unwirksam sei und überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers einer solchen Beschäftigung nicht entgegen stünden. Dabei sei das Bundesarbeitsgericht in dieser Entscheidung davon ausgegangen, dass üblicherweise die Interessen des Arbeitnehmers an einer Beschäftigung das Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung überwiegen würden, sobald eine erstinstanzliche Entscheidung zugunsten des Arbeitnehmers vorliege.

Im streitgegenständlichen Verfahren sei jedoch zu beachten, dass in den Fällen einer Kündigung oder auch einer Befristung der Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers entweder unstreitig beim Arbeitgeber noch vorhanden sei (verhaltensbedingte Kündigung, personenbedingte Kündigung) oder das Vorhandensein des Arbeitsplatzes zumindest streitig sei (betriebsbedingte Kündigung). Im hier zu entscheidenden Fall sei jedoch unstreitig, dass der alte Arbeitsplatz des Klägers bei der Beklagten nicht mehr vorhanden ist. Der gesamte Geschäftsbereich C. MD sei auf die B.M. übertragen. Die Beklagte habe somit objektiv keine Möglichkeit mehr, den Kläger auf seinen alten Arbeitsplatz weiter zu beschäftigen. Eine Weiterbeschäftigung setze immer voraus, dass dem Kläger ein anderer Arbeitsplatz zugewiesen werde, was naturgemäß mit erheblichem Organisationsaufwand verbunden ist. In einem solchen Fall überwiege das Interesse des Arbeitgebers an einer Nichtbeschäftigung des Klägers bis zur abschließenden rechtskräftigen Klärung der Frage, ob noch ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestehe oder nicht, das Interesse des Klägers an einer tatsächlichen Weiterbeschäftigung.

Bezüglich der Hilfsanträge führt das Arbeitsgericht aus, da der Kläger bereits mit seinem Hauptantrag obsiege, sei eine Entscheidung über die hilfsweise gestellten Anträge nicht erforderlich.

Gegen die vom Arbeitsgericht ausgesprochene Feststellung wendet sich die Beklagte mit ihrer am 31. Dezember 2008 beim Landesarbeitsgericht M. eingegangenen und am 27. Januar 2008 begründeten Berufung.

Unter Vertiefung und teilweise Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags macht die Beklagte geltend, es habe keine Verpflichtung bestanden, den Kläger über die Adresse des Betriebserwerbers zu informieren. Es handelt es sich um einen inländischen Erwerber, für die nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts das zusätzliche Erfordernis der Angabe der Adresse nicht aufgestellt worden sei. Für die Arbeitnehmer sei im Übrigen ausreichend erkennbar gewesen, dass die im Informationsschreiben angegebene Adresse die Adresse der Betriebserwerber gewesen sei.

Außerdem verbiete der Grundsatz des Vertrauensschutzes, das von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts neu aufgestellte Erfordernis der Information über die Adresse rückwirkend anzuwenden. Es handele sich um einen neuen Grundsatz und damit um eine Rechtsprechungsänderung. Das Arbeitsgericht sei zu Unrecht bei der Interpretation des Informationsschreibens davon ausgegangen, es seien die Vorstellungen, zugrunde zu legen, die der normalen Arbeitnehmer mit der Begriff Kaufvertrag verbinde. Weder der Wortlaut des § 613 a Absatz 5 BGB noch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verlangten eine Erläuterung der Ausgestaltung des Rechtsgeschäfts oder eine Erklärung dessen, was sich hinter den Begriffen Kaufvertrag, Pachtvertrag und so weiter verberge. Die Annahme des Arbeitsgerichts., das dem Betriebsübergang zu Grunde liegende Rechtsgeschäft verliere durch die Vereinbarung eines so genannten negativen Kaufpreises seine Natur als Kaufvertrag, sei unzutreffend. Die Beklagte habe auch die unternehmerischen Gründe für den Betriebsübergang mitgeteilt, die sich im Fall eines Widerspruchs auf seinen Arbeitsplatz auswirken könnten. Wenn die Rechtsprechung hohe Anforderungen an den Inhalt der Informationsschreiben stelle, so müsse man umgekehrt auch Anforderungen an das sorgfältige Lesen dieser Informationsschreiben durch die Mitarbeiter stellen.

Der Übergang des Arbeitsverhältnisses sei aufgrund eines Kaufvertrages zwischen der Beklagten und B.M. erfolgt und hierüber habe die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 29. August 2005 zutreffend informiert. Zu den vom Kläger erhobenen Anforderungen an die Information sei zu bemerken, dass es für den Arbeitnehmer in der Regel unmöglich sei, eine Information über den Kaufpreis richtig zu bewerten und daraus Rückschlüsse für die Frage der Ausübung des Widerspruchsrechts ziehen. Selbst für eine Person mit wirtschaftlichem Sachverstand sei dies nur unter Kenntnisnahme des kompletten Vertragsinhalts und aller ausgetauschten Leistungen möglich.

Die Beklagte beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichtes M., Az.: 3 Ca 1706/07, vom 19. Dezember 2007 wird abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Hilfsweise regt die Beklagte an,

dem Europäischen Gerichtshof gem. Art. 234 Abs. 2 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

a. Ist Art. 8 RL 2001/23/EG dahin auszulegen, dass es den Rechtsprechungsorganen der Mitgliedstaaten verwehrt ist, zusätzliche Erfordernisse für die Information der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang aufzustellen, die weder in Art. 7 RL 2001/23 EG noch in mitgliedsstaatlichen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder Kollektivverträgen vorgesehen sind?

b. Falls Frage 1 mit Nein beantwortet wird:

Ist Art. 8 RL 2001/23/EB dahin auszulegen, dass es den Rechtsprechungsorganen der Mitgliedstaaten verwehrt ist, rückwirkend zusätzliche Erfordernisse für die Information der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang aufzustellen, die weder in Art. 7 RL 2001/23 EG noch in mitgliedsstaatlichen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder Kollektivverträgen vorgesehen sind und die sich auch nicht durch Auslegung dieser Normen gewinnen lassen?

c. Falls auch Frage 2 mit Nein beantwortet wird:

Ist eine Auslegung des § 613a Abs. 5 BGB, durch die dem Arbeitgeber die Pflicht auferlegt wird, die Adresse des Erwerbers im Informationsschreiben anzugeben, eine "für die Arbeitnehmer günstigere" Vorschrift im Sinne von Art. 8 RL 2001/23/EG?

d. Ist Art. 3 RL 2001/23/EG dahin auszulegen, dass ein Widerspruch nicht mehr nach einem Betriebsübergang erklärt werden kann?

e. Falls Frage 4 mit Nein beantwortet wird:

Ist Art. 1 RL 2001/23/EG dahin auszulegen, dass ein nach dem Betriebsübergang erklärter Widerspruch eines Arbeitnehmers auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurückwirkt, mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis ununterbrochen beim Betriebsveräußerer fortbestanden hat und dem entsprechend die tatsächliche Beschäftigung beim Betriebserwerber rechtsgrundlos erfolgt ist?

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, das Bundesarbeitsgericht habe das Erfordernis der Bezeichnung der Identität des Erwerbers nicht auf ausländische Unternehmen beschränkt, sondern nur festgestellt, dass bei diesen das Erfordernis eine gesteigerte Bedeutung für die betroffenen Arbeitnehmer habe. Letztlich werde aufgrund des Informationsschreibens nicht klar, wer Erwerber sei. Die Beklagte sei der Auffassung, der Sitz der Beklagten und deren Anschrift seien im Informationsschreiben hinreichend deutlich angegeben, zumindest seien sie bestimmbar. Auf eine Bestimmbarkeit komme es allerdings nicht an. Wenn ein Informationsschreiben auslegungsfähig sei, dann fehle es ihm an der notwendigen Klarheit. Richtig sei, dass eine Adresse angegeben ist. Diese Adresse sei jedoch ausdrücklich als Abgabestelle für Widersprüche bezeichnet und lasse keinen zwingenden Rückschluss auf den Sitz der Beklagten zu.

Mit seiner am 23. Januar 2008 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung vom selben Tag wendet sich der Kläger gegen das Endurteil vom 19. Dezember 2007, soweit es den auf tatsächliche Beschäftigung gerichteten Klageantrag des Klägers abgewiesen hat.

Zur Begründung führt er aus, das Arbeitsgericht verwechsele den Beschäftigungsanspruch mit dem Anspruch auf einen konkreten Arbeitsplatz. Die Beschäftigungspflicht bestehe nicht auf dem alten Arbeitsplatz, weil sie dem arbeitsvertraglichen Versetzungsvorbehalt unterliege. Das Arbeitsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass die Gründe, die die Beschäftigung des Klägers auf dem ursprünglichen Arbeitsplatz unmöglich machten, von der Beklagten selbst geschaffen seien. Das Arbeitsgericht nehme zu Unrecht an, dass eine Beschäftigung des Klägers aufgrund großer organisatorischer Schwierigkeiten unmöglich sei. Der Kläger habe sich mehrfach beworben, sei jedoch nicht berücksichtigt worden. Der Kläger habe sich insbesondere auf verschiedenen ausgeschriebenen Stellen beworben, die Stellen seien allerdings anderweitig besetzt worden.

Der Kläger beantragt:

I. Das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts M. vom 19. Dezember 2007, Az.: 3 Ca 1706/07, wird in Ziffer 2. abgeändert.

II. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei als Software-Entwickler tatsächlich zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, anders als bei einer Kündigungsschutzklage sei bei einem Betriebsübergang nicht nur unklar, ob das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien beendet worden sei, sondern ob überhaupt noch ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestehe, ob also die Beklagte Arbeitgeberin des Klägers sei. Außerdem könne der alte Arbeitgeber nach dem Betriebsübergang keinen Arbeitsplatz mehr zur Verfügung stellen, da er über die übergegangenen Arbeitsplätze nicht mehr disponieren könne. Da keine § 102 Absatz 5 Betriebverfassungsgesetz entsprechende Vorschrift existiere, könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber die Rechtsfolge der vorläufigen Weiterbeschäftigung bis zum Ende des Rechtsstreits gewollt habe.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässigen Berufungen beider Parteien haben in der Sache keinen Erfolg.

I.

Die Berufungen sind zulässig. Sie sind statthaft nach § 64 Abs. 2 ArbGG und auch im Übrigen zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Form und der vorgeschriebenen Frist eingelegt und begründet worden (§§ 11 Abs. 2 ArbGG, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Sätze 1,2,5 ArbGG i.V.m. § 222 ZPO).

II.

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung der Klage stattgegeben, indem es festgestellt hat, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund des Widerspruchs vom 29. September 2006 nicht zum 1. Oktober 2005 auf die B.M. GmbH & Co OHG übergegangen ist. Das Berufungsgericht schließt sich der Begründung des Erstgerichts in vollem Umfang an und sieht von einer eigenen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 69 Absatz 2 ArbGG).

Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen lediglich folgendes auszuführen:

1. Zur Frage der Verwirkung des Klagerechts

Das Landesarbeitsgericht folgt der Beurteilung des Arbeitsgerichts dahin gehend, dass das Klagerecht nicht verwirkt ist, insbesondere dass es am erforderlichen Um-standsmoment fehlt. Das Arbeitsgericht hat die von der Beklagten hervorgehobene Tatsache, dass zwischen Widerspruch und Klage vier Monate vergangen waren, ausdrücklich in seine Erwägungen einbezogen. Die vom Arbeitsgericht gezogene Schlussfolgerung wird von der Berufungskammer insbesondere auch deswegen geteilt, weil die Beklagte nicht vorgetragen hat, in welcher Weise das von ihr, der Beklagten, behauptete Vertrauen, dass der Kläger nicht mehr gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen werde, seinen Niederschlag gefunden hat. Sie hat auch nicht vorgetragen, dass und in welcher Weise sie auf das Widerspruchsschreiben des Klägers reagiert hat.

2. Zur Frage des Beginns des Laufs der Widerspruchsfrist

Das Informationsschreiben der Beklagten ist auch nach Auffassung der Berufungskammer unzureichend gewesen und hat die Widerspruchsfrist nicht ausgelöst (§ 613 a Abs. 5 BGB).

a) Das Informationsschreiben erfüllt nicht die Anforderungen des § 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB. Nach dieser Vorschrift hat sich die Information des von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmers auf die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer zu erstrecken.

aa) Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass im Falle eines Betriebsüberganges der Arbeitnehmer so zu informieren ist, dass dieser sich über die Person des Übernehmers und über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände ein Bild machen kann. Er soll durch die Unterrichtung eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerrufsrechtes erhalten (BT-Drucks. 14/7760 S. 19). So soll insbesondere dem Arbeitnehmer auch die Möglichkeit eröffnet werden, sich weitergehend zu erkundigen und gegebenenfalls beraten zu lassen und dann auf dieser Grundlage über einen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu entscheiden.

Dabei hat sich der Inhalt der Unterrichtung nach dem Kenntnisstand des Veräußerers und des Erwerbers zum Zeitpunkt der Unterrichtung zu richten.

bb) Der Kläger rügt, die durch die Beklagte erfolgte Unterrichtung entspreche deshalb nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB, weil sie keine ausreichenden Angaben zur wirtschaftlichen Lage der Betriebsübernehmerin bzw. der Vertragspartnerin des Rahmenvertrags enthalte und keinen Hinweis auf die Tatsache, dass wesentliche Vermögenswerte wie Patente der Konzernmutter versprochen worden seien und dass die künftigen Betriebsrentenlasten gegenüberstehenden Passiva zwar der Übernehmerin, die Ausgleichszahlungen der Konzernmutter jedoch zugeordnet wurden.

cc) Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass grundsätzlich zwar der bisherige Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, den Arbeitnehmer über die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Betriebsübernehmers im Einzelnen zu unterrichten, da deren Beurteilung grundsätzlich nicht eindeutig anhand objektiver Tatsachen erfolgen kann, sondern jeweils im Einzelfalle einer regelmäßig nicht justiziablen Einschätzung der wirtschaftlichen und rechtlichen Gegebenheiten sowie der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung unterliegt. Dies bedeutet, dass das wirtschaftliche Potential des Betriebserwerbers im Allgemeinen nicht Gegenstand der Informationspflicht ist.

dd) § 613a Abs. 5 BGB gebietet jedoch eine Information des Arbeitnehmers auch über die mittelbaren Folgen eines Betriebsüberganges, wenn durch diesen die Rechtspositionen des Arbeitnehmers zwar nicht unmittelbar betroffen sind, die ökonomischen Rahmenbedingungen des Betriebsüberganges jedoch zu einer so gravierenden Gefährdung der wirtschaftlichen Absicherung der Arbeitnehmer beim neuen Betriebsinhaber führen, dass diese Gefährdung als ein wesentliches Kriterium für einen möglichen Widerspruch der Arbeitnehmer gegen den Übergang der Arbeitsverhältnisse anzusehen ist. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Arbeitsplatzsicherheit beim Betriebserwerber maßgeblich betroffen ist (BAG, Urteil vom 31.01.2008, 8 AZR 1116/06, zit. n. Juris).

ee) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Das Informationsschreiben lässt nicht erkennen, dass die Übertragung des Betriebsteils C. MD der Beklagten lediglich Teil eines Veräußerungspakets ist, das mit der B. C. geschlossen wurde und bei dem wesentliche Vermögenswerte des zu übertragenden Geschäftsbereichs nicht der Übernehmerin, sondern der B. C. zufließen sollten. Hier sind zu nennen die Patent- und Markenrechte, die einen wesentlichen Teil des Firmenwerts ausmachen sowie die sich aus der Auflösung von Pensionsrückstellungen bei der Beklagten ergebenden Ausgleichszahlungsverpflichtungen an die Konzernmutter, die B. C. in T.. Das Informationsschreiben lässt weiterhin nicht erkennen, dass die Übertragung an eine im Zeitpunkt der Information noch gar nicht gegründete Offene Handelsgesellschaft erfolgen sollte, deren persönlich haftende Gesellschafterinnen Gesellschaften mit beschränkter Haftung waren, deren Stammkapital gerade einmal je 25.000,00 € betrug.

Ausgehend vom Sinn und Zweck der Unterrichtung, die dem Arbeitnehmer die Möglichkeit verschaffen soll, sachgerecht über die Ausübung seines Widerspruchsrechtes nach § 613 a Abs. 6 BGB zu befinden, hätte die Beklagte den Kläger über diese Eckdaten der geplanten Transaktion unterrichten müssen. Durch die genannten Aspekte wurden zwar die Rechte und Pflichten aus dem nach § 613a Abs. 1 BGB auf den neuen Betriebsinhaber, die B.M., übergehenden Arbeitsverhältnis des Klägers nicht unmittelbar berührt. Sie hätten jedoch für die betroffenen Arbeitnehmer erkennen lassen, dass die von der Beklagten seinerzeit geplante Aktion mit erheblichen Risiken für ihre Arbeitsplatzsicherheit verbunden war.

Die gewählte Vertragsgestaltung führte nämlich dazu, dass Aktiva des zu veräußernden Geschäftsbereichs nur teilweise - nämlich insbesondere ohne die in dieser Branche ganz wesentlichen Patent- und Markenrechte - an eine Übernehmerin übertragen wurde, die im Zeitpunkt der Information der Mitarbeiter rechtlich noch gar nicht gegründet war und deren Haftungskapital in einem - zu vernachlässigenden - Gesamtbetrag von 50.000,00 € bestand. Sie führte weiter dazu, dass die Übernehmerin Verbindlichkeiten bzw. Rückstellungen übernahm, deren komplementäre aktiven Vermögenswerte - die Ausgleichzahlungen - nicht ihr, sondern der Konzernmutter versprochen wurden. Diese Teilaspekte müssen zusätzlich vor dem Hintergrund gewertet werden, dass der zu übertragende Geschäftsbereich im Übertragungszeitraum chronisch defizitär war. Diese Fakten in ihrer Gesamtheit - die Art der gesellschaftsrechtlichen Basis der Übernehmerin bzw. die Art ihrer Abhängigkeit von der Konzernmutter, ihre geringe Kapitalausstattung, ihr nur teilweiser Erwerb der Vermögenswerte des veräußerten Geschäftsbereichs - stellen Umstände dar, auf deren Kenntnis der Kläger Anspruch hatte, weil diese in einer Gesamtschau die Arbeitsplatzsicherheit in dem zu übertragenden Geschäftsbereich ernsthaft gefährdete.

b) Das Informationsschreiben erfüllt auch nicht die Anforderungen des § 613 a Abs. 5 Nr. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift hat sich die Information des von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmers auf den Grund für den Übergang zu erstrecken. Als Grund für den Übergang müssen die rechtsgeschäftliche Grundlage für den Betriebsübergang (z.B. Kauf, Pacht, Umwandlung) sowie die beteiligten Unternehmen mitgeteilt werden (APS-Steffan, 2. Aufl., § 613 a BGB Rz. 208).

Der Grund für den Übergang ist nicht hinreichend konkret bezeichnet worden.

Insbesondere lässt das Schreiben nicht erkennen, dass Vertragspartner des Rahmenvertrags, der wesentliche Teile des Veräußerungsgeschäfts sowie die Verpflichtung der Beklagten zum Verkauf des Geschäftsbereichs C. MD an die B.M. zum Gegenstand hatte, die B. C. sowie die S. AG gewesen sind. Nur bei Kenntnis dieser Fakten kann davon die Rede sein, dass die Mitarbeiter über den "Grund" des Übergangs informiert waren. Die reduzierte Mitteilung, dass die Beklagte an B.M. verkauft habe, reicht jedenfalls nicht, um dem Mitarbeiter die für die Ausübung seines Widerspruchsrechts notwendige Wissensgrundlage zu verschaffen. Das gilt im vorliegenden Fall in besonderer Weise, weil die Veräußerung des Geschäftsbereichs C. MD keine Einzeltransaktion zwischen der Beklagten und der B.M. war, sondern Gegenstand eines Vertragspakets war , an dem außer der B.M. auch die Konzernmutter maßgeblich als Vertragspartnerin des "Master Sale and Purchase Agreements" beteiligt war, wobei dieser wesentliche Vermögenswerte des zu veräußernden Geschäftsbereichs versprochen wurden.

c) Unter den gegebenen Umständen kann dahin gestellt bleiben, ob das Fehlen einer Anschrift des Sitzes der Betriebsübernehmerin einen widerspruchsrelevanten Verstoß gegen die Informationspflichten gemäß § 613 a Abs. 5 BGB beinhaltet und ob insoweit eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof angezeigt wäre.

3. Zur Frage der Verwirkung des Widerspruchsrechts

Das Landesarbeitsgericht folgt der ausführlichen Würdigung des Arbeitsgerichts bezüglich der Frage, ob das Widerspruchsrecht des Klägers im Zeitpunkt des Ausspruchs des Widerspruchs bereits verwirkt war. Das Arbeitsgericht hat die Frage der Erfüllung des Zeitmoments offen gelassen und das Eingreifen des Verwirkungstatbestands mit der Begründung verneint, dass es jedenfalls am Umstandsmoment fehle. Dieser Bewertung schließt sich die Berufungskammer an.

III.

Auch die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend einen Beschäftigungsanspruch verneint.

1. Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass mit Beschluss vom 27. Februar 1985 (BAGE 48, 122 = AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) der Große Senat für den Fall der nicht offensichtlich unwirksamen Kündigung einen Weiterbeschäftigungsanspruch über den Ablauf der Kündigungsfrist oder bei der fristlosen Kündigung über deren Zugang hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses anerkannt hat, wenn nicht überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen. Dies treffe bei einem streitigen Ende des Arbeitsverhältnisses jedenfalls solange zu, wie der Ausgang des Streits über den Bestand des Arbeitsverhältnisses ungewiss sei. Bei der gebotenen Interessenabwägung sei das Risiko des ungewissen Prozessausgangs zugunsten des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Erstreite der Arbeitnehmer aber im Kündigungsprozess ein obsiegendes Urteil, könne die Ungewissheit über den endgültigen Prozessausgang für sich allein ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers nicht mehr begründen. Vielmehr müsse der Arbeitgeber für diesen Fall zusätzliche Umstände anführen, aus denen sich sein überwiegendes Interesse einer Nichtbeschäftigung ergebe. Wenn diese Voraussetzungen vorlägen, könne der Weiterbeschäftigungsanspruch bereits während des Kündigungsschutzprozesses geltend gemacht werden. Das könne im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 260 ZPO) in dem Kündigungsschutzprozess geschehen oder in einem anderen Prozess.

2. Das Arbeitsgericht hat nach Auffassung der Berufungskammer auch insoweit zu Recht und mit zutreffender Begründung entschieden, dass die vom Großen Senats des BAG zum allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch entwickelten Grundsätze (Beschluss des GS vom 27.02.1985, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht), hier nur in der Weise zur Anwendung kommen können, dass bis zur Rechtskraft eines zugunsten des Arbeitnehmers ergehenden Feststellungsurteils über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsveräußerer und nicht lediglich bis zum Erlass eines nicht rechtskräftigen instanzgerichtlichen Urteils hierbei im Regelfall die schützenswerten Interessen des alten Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung der mit dem Betrieb(steil) zunächst übergegangenen Arbeitnehmer deren Beschäftigungsinteressen überwiegen müssen, weil beim abgebenden Arbeitgeber eben der Arbeitsbereich insgesamt als solcher qua Betriebsübergang - schon seit langem - weggefallen ist und eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für ihn damit nicht mehr ohne weiteres besteht und weil bei einem Betriebsübergang - wie auch hier - regelmäßig eine Vielzahl von Arbeitnehmern ein Weiterbeschäftigungsbegehren geltend macht (vgl. auch LAG M., 4. Kammer, Urteil vom 17.4.2008, Az.: 4 Sa 1063/07).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

IV.

Gegen dieses Urteil können beide Parteien Revision einlegen.

Die Revision muss innerhalb einer Frist von einem Monat eingelegt und innerhalb einer Frist von zwei Monaten begründet werden.



Ende der Entscheidung

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