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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 22.07.2009
Aktenzeichen: 11 Sa 2/09
Rechtsgebiete: BGB, KSchG, BetrVG


Vorschriften:

BGB § 616
KSchG § 1
KSchG § 9
BetrVG § 5
BetrVG § 102
Einzelfallentscheidung zum Vorliegen eines verhaltensbedingten Kündigungsgrunds sowie zur Berechtigung des Arbeitgebers zur Stellung eines Auflösungsantrags vor dem Hintergrund der Frage, ob auf das Arbeitsverhältnis der klagenden Arbeitnehmerin wegen vom Arbeitgeber behaupteter Eigenschaft einer leitenden Angestellten der Unwirksamkeitsgrund fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats Anwendung finden kann. Die Eigenschaft einer leitenden Angestellten wurde auf der Grundlage von § 5 Abs. 3 Satz 3 BetrVG bejaht, so dass es auf die Ordnungsmäßigkeit der Betriebsratsanhörung als möglicher die Berechtigung des Arbeitgebers zur Stellung des Auflösungsantrags in Frage stellender Gesichtspunkt nicht ankam.
Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes URTEIL

11 Sa 2/09

Verkündet am: 22.07.2009

In dem Rechtsstreit

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 22. Juli 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Obenaus und die ehrenamtlichen Richter Lechner-Forster und Klessinger

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufungen der Klägerin und des Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 26.11.2008, Az.: 11 Ca 4102/08, werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier außerordentlicher, hilfsweise ordentlicher Kündigungen sowie über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung.

Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die am 00.00.0000 geborene Klägerin ist beim Beklagten seit 01.10.1989 als Geschäftsführerin zu einem monatlichen Bruttogehalt in Höhe von € 5.500,00 beschäftigt.

Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist ein Anstellungsvertrag vom 04.07.1989 sowie ein Zusatzvertrag vom 25.04.1994. Ziffer 1. des Zusatzvertrages lautet auszugsweise wie folgt:

"Frau F. wird ab 10.03.1993 als Geschäftsführerin tätig sein. Die Geschäftsführungsbefugnis enthält die betriebswirtschaftliche, technische sowie personelle Leitung einschließlich des Einstellungs- und Kündigungsrechts. Für die Begründung, Änderung und Beendigung von Arbeitsverträgen bedarf die Geschäftsführerin im Innenverhältnis der Zustimmung des ersten Vorsitzenden. Einmalige Anschaffungen kann die Geschäftsführerin bis zu einem Betrag vom € 5.000,00 netto selbst, bis zu einem Betrag von € 10.000,00 im Einvernehmen mit dem ersten Vorsitzenden entscheiden."

§ 1 der Geschäftsordnung für den Vorstand des M. vom 2. September 1988, zuletzt geändert am 2.10.2001 hat folgenden Wortlaut:

§ 1 Geschäftsführung

1. Dem Vorstand obliegt die Beschlussfassung über alle Vereinsangelegenheiten, soweit sie nicht der Mitgliederversammlung vorbehalten sind. Er legt insbesondere die mieterpolitische Linie des Vereins fest. Der Vorstand setzt den Mitgliedsbeitrag und die Gebühren fest. Der Vorstand bestimmt die Delegierten zu den Landesverbandstagen und zu den Deutschen Mietertagen.

2. Mit der Wahrnehmung der laufenden Geschäfte wird die Geschäftsführerin, im Falle ihrer Abwesenheit (z. B. Urlaub, Erkrankung) die stellvertretende Geschäftsführerin beauftragt. Dabei unterliegen sie keinen Weisungen des Vorstands.

Nicht zu den laufenden Geschäften gehören:

a. Anschaffungen mit einem Gegenstandswert von über € 10.000,00 (ohne MwSt. - ausgenommen Mieterzeitung und Portokosten)

b. Beschlussfassung über Aufstellung und Änderungen des Wirtschafts- und Stellenplans.

c. Miet-, Wartungs- und sonstige Verträge ähnlicher Art mit einer Laufzeit von über 6 Monaten, wenn der jährliche Gegenstandswert ohne MwSt. € 10.000,00 übersteigt. Bei Leasingverträgen wird der Kaufpreis zugrunde gelegt.

d. Alle Kreditaufnahmen, Grundstücksgeschäfte sowie die Gewährung von Personalkrediten.

e. Die an die Mitarbeiter/innen des Vereins zu zahlenden Prämien und Überschussbeteiligungen.

f. Die Begründung und Beendigung von Mitgliedschaften des Vereins.

Mit Protokoll der Vorstandssitzung vom 28.11.2006 wurde die Klägerin als Ansprechpartnerin für den Betriebsrat bestellt, sie hat den Bericht der Beklagten in der Betriebsversammlung erstattet, sie hat die Monatsgespräche mit dem Betriebsrat geführt. Weiterhin war sie disziplinarische Vorgesetzte aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Beklagten. Mit Schreiben vom 27.03.2006 an den Betriebsrat hat die Klägerin eine Liste der für den Beklagten tätigen Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt und im Schlusssatz angeführt, dass sie "als Mitglied des Vorstands und als leitende Angestellte nicht in die Wählerliste aufzunehmen sei", was auch so geschehen ist.

Mit Schreiben vom 28.04.2003 an den Landesverband Bayern des Deutschen Mieterbundes (abgek.: DMB) hat der damalige Vorsitzende des Beklagten die Klägerin als Vertreterin des Landesverbandes Bayern im Präsidium des DMB vorgeschlagen und den Landesverbandsvorstand um ein entsprechendes Votum gebeten. Gleichzeitig wurde ihm mitgeteilt, dass die Klägerin zu einer Kandidatur bereit sei. In der Folge wurde die Klägerin als Vorstandsmitglied des DMB gewählt und ist dort als Schriftführerin tätig. Für Tätigkeiten im DMB im Jahre 2007, die während ihrer Arbeitszeit erfolgten, wurde der Klägerin das Gehalt im vollen Umfang weiter bezahlt. Die Klägerin konnte über mögliche Gehaltskürzungen selbst entscheiden. Für die Teilnahme an Sitzungen des DMB hat die Klägerin keinen Urlaub eingetragen. Bei Teilnahme an Sitzungen im Präsidium des DMB hat sie auch nicht ihr Überstundenguthaben gekürzt.

In einem "Jour Fix" der Vorsitzenden des Beklagten mit der Geschäftsführung am 10.01.2008 hat die Klägerin im Zusammenhang mit einer Rechtsschutzanmeldung für ein Mitglied nach dem Wortlaut des Protokolls geäußert, dass es "dumm sei, anzunehmen, dass sich am Anspruch auf RS durch den Wechsel etwas ändere". Die Anwesenden seien doch allesamt Juristen und so blöd könne man doch nicht sein".

Gegen die Klägerin war wegen versuchten Wahlbetrugs (Manipulierung/Fälschung des Mitgliederverzeichnisses) Anklage erhoben worden. Das Verfahren wurde mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und der Klägerin gegen Zahlung einer Geldbuße gemäß § 153 a Abs. 1 StPO eingestellt.

Mit Schreiben vom 14.03.2008 und 01.04.2008 hat der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin außerordentlich fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 30.09.2008 bzw. 31.10.2008 gekündigt.

Nach Ausspruch der Kündigung äußerte die Klägerin gegenüber der Süddeutschen Zeitung einem am 07.06.2008 erschienen Artikel zufolge, dass sie "hinter ihrer Entlassung eine geheime Absprache in sozialdemokratischen Kreisen vermute; Frau Z. (= Vorsitzende der Beklagten) habe sich wohl zum Ziel gesetzt, auf den Geschäftsführerposten ihre bisherige Stellvertreterin, M. S., zu bringen".

Mit ihrer beim Arbeitsgericht München am 27. März 2008 eingegangenen Klage vom selben Tag hat die Klägerin die gerichtliche Feststellung beantragt, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die Kündigung vom 14. März 2008 noch durch die Kündigung vom 1. April 2009 aufgelöst worden ist.

Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Kündigungen seien unbegründet. Sie sei keine leitende Angestellte, die Betriebsratsanhörung sei nicht ordnungsgemäß erfolgt, es gäbe keinen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB, es werde Verfristung gemäß § 626 Abs. 2 BGB eingewandt und es lägen auch keine Gründe im Verhalten der Klägerin vor, die eine ordentliche Kündigung sozial rechtfertigen könnten. Sie habe keine Einstellungs- und Entlassungsbefugnis gehabt, sei also keine leitende Angestellte. Der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden, da ihm nicht mitgeteilt worden sei, dass der Beklagte die Klägerin als Vorstandsmitglied für den DMB vorgeschlagen habe und beispielsweise in den Vorstandssitzungen am 16.01.2007 und 05.03.2007 für den DMB geleistete Überstunden genehmigt worden seien. Den Ausdruck "dumm/blöd" habe sie nur im Zusammenhang mit einem bestimmten Sachverhalt gebraucht. Der Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 153 a StPO sei aus rein pragmatischen Überlegungen im Hinblick auf ihren Gesundheitszustand erfolgt.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass die vom Beklagten mit Schreiben der Rechtsanwälte T., R., Dr. P. und K. vom 14.03.2008 außerordentlich mit sofortiger Wirkung ausgesprochene Kündigung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses rechtsunwirksam ist.

2. Es wird festgestellt, dass auch die vom Beklagten mit Schreiben der Rechtsanwälte T., R., Dr. P. und K. vom 14.03.2008 vorsorglich ordentlich zum nächstzulässigen Beendigungszeitpunkt ausgesprochene Kündigung rechtsunwirksam ist und zwischen den Parteien auch über den 14.03. und 30.09.2008 hinaus ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis besteht.

3. Es wird festgestellt, dass auch die vom Beklagten mit Schreiben der Rechtsanwälte T., R., Dr. P. und K. vom 01.04.2008 außerordentlich mit sofortiger Wirkung ausgesprochene Kündigung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses rechtsunwirksam ist.

4. Es wird festgestellt, dass auch die vom Beklagten mit Schreiben der Rechtsanwälte T., R., Dr. P. und K. vom 01.04.2008 vorsorglich zum nächstzulässigen Beendigungszeitpunkt ausgesprochene Kündigung rechtsunwirksam ist und zwischen den Parteien auch über den 01.04. und 31.10.2008 hinaus ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis besteht.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und erwidert, die Kündigungen seien wirksam. Da die Tätigkeit der Klägerin beim DMB keine Arbeitsaufgabe sei, könne sie keine Vergütung des Beklagten für ihre Teilnahme an Sitzungen des Vorstands des DMB beanspruchen. Diesen Sachverhalt habe die erste Vorsitzende des Beklagten der Klägerin nochmals ausdrücklich mitgeteilt, was die Klägerin ausweislich einer E-Mail auch zur Kenntnis genommen habe. In dieser E-Mail äußere die Klägerin, dass die erste Vorsitzende der Meinung sei, dass sie für ihre Tätigkeit beim DMB neuerdings Urlaub nehmen solle, da dies ihre private ehrenamtliche Tätigkeit sei. Aufgrund dieses Sachverhalts habe die Klägerin einen Arbeitszeitbetrug begangen, wodurch das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien vollständig zerstört sei. Darüber hinaus habe die Klägerin Datenmanipulationen begangen, um die Wahl eines Mitglieds in den Vorstand des Beklagten zu erreichen, was zum Strafverfahren und letztlich zu der Einstellung nach § 153 a StPO geführt habe.

Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht die streitgegenständlichen Kündigungen für unwirksam erachte, hat der Beklagte die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 30. September 2008 gegen Zahlung einer Abfindung begehrt und zur Begründung ausgeführt, der Auflösungsantrag sei jedenfalls wegen der Datenmanipulation und der Äußerung der Klägerin gegenüber der Presse gerechtfertigt. Der Auflösungsantrag werde weiterhin darauf gestützt, dass die Klägerin Schreiben an Mitglieder im Namen der stellvertretenden Geschäftsführerin ohne deren Zustimmung versandt habe, dass sie wissentlich einen Raum mit Akten habe überlagern lassen, und dass sie bei einer wichtigen Versammlung die erste Vorsitzende nicht informiert habe.

Der Beklagte hat hilfsweise beantragt:

Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis wird gemäß §§ 9,10 KSchG gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung zum 30. September 2008 aufgelöst.

Die Klägerin hat Abweisung des Auflösungsantrags begehrt und zur Begründung vorgetragen, dass bezüglich der "Datenmanipulation" eine entsprechende Übung der Beklagten bestanden habe, die Mitgliederschreiben seien mit Zustimmung von Frau W. erfolgt, über die Aktenaufbewahrung sei der Vorstand des Beklagten unterrichtet gewesen, ihr sei nicht bewusst gewesen, dass die erste Vorsitzende an der Versammlung hätte teilnehmen wollen.

Das Arbeitsgericht München hat der Klage mit Endurteil vom 26. November 2008, das den Parteien jeweils am 5. Dezember 2008 zugestellt worden ist, in vollem Umfang stattgegeben und zugleich das Arbeitsverhältnis zum Ablauf des 30. September 2008 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von € 64.160,00 brutto aufgelöst.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Klägerin habe ihre Tätigkeit im D. M. nicht auf eigenen Wunsch und aus eigenem Antrieb, sondern ausschließlich auf Wunsch des Beklagten übernommen. Dem Beklagten sei die Tätigkeit der Klägerin somit von Anfang an bekannt gewesen. Er habe gewusst, dass die Klägerin auch während ihrer Arbeitszeit an Vorstandssitzungen teilgenommen habe. Darüber hinaus sei es auch originäre Aufgabe der Klägerin als Geschäftsführerin des Beklagten gewesen, mit dem D. M. auf Bundesebene zusammenzuarbeiten. Für eine solche Zusammenarbeit wären ebenfalls Aufwendungen in Gestalt von Reisekosten und gegebenenfalls auch Überstunden entstanden. Auch wenn der Beklagte der Klägerin durch seine Vorsitzende mitgeteilt haben sollte, dass für die Tätigkeit im D. M. keine Überstunden angesetzt werden dürften, habe er jedenfalls der Klägerin vor Ausspruch einer Kündigung eindeutige und klare Richtlinien im Zusammenhang mit ihrer von ihm ausdrücklich gewünschten und geförderten Tätigkeit im D. M. vorgeben müssen, insbesondere habe er erklären müssen, was er unter ehrenamtlicher Tätigkeit verstehe. Diesbezüglich hätten mit einer auszusprechenden Abmahnung der Klägerin konkrete Verhaltensregeln vorgegeben werden können und müssen. Die Klägerin habe nicht von vornherein von einer gravierenden Pflichtverletzung ausgehen müssen, deren Hinnahme durch die Beklagte offensichtlich ausgeschlossen gewesen sei. Die Kündigung erscheine auch deshalb unverhältnismäßig, weil es dem Beklagten möglich gewesen sei, die angeblich zu viel gezahlte Vergütung im Wege des Schadensersatzes zurückzufordern und ein eventuelles Überstunden-Guthaben entsprechend zu berichtigen. Der Beklagte habe auch nicht schlüssig dargelegt, dass die Klägerin seine Vorsitzende als "dumm" oder "blöd" bezeichnet habe. Auch hier sei eine Abmahnung erforderlich und erfolgversprechend gewesen.

Der Auflösungsantrag des Beklagten sei begründet, weil aufgrund der Erhebung der öffentlichen Klage der durch objektive Tatsachen erhärtete dringende Verdacht bestehe, dass die Klägerin versucht habe, eine Vorstandswahl beim Beklagten zu beeinflussen. Außerdem habe die Klägerin öffentlich durch Erklärungen gegenüber der Presse ohne Rücksicht auf das Ansehen des Beklagten in der Öffentlichkeit Vermutungen geäußert, die durch keine Tatsachen belegt seien und habe dem Beklagten unlautere Absichten unterstellt.

Der Beklagte sei auch berechtigt, den Auflösungsantrag zu stellen, weil die Kündigung nicht aus anderen Gründen, insbesondere wegen fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats - § 102 BetrVG - unwirksam sei. § 102 BetrVG finde nämlich auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin keine Anwendung, weil diese leitende Angestellte im Sinne von § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG gewesen sei. Leitender Angestellter sei, wer regelmäßig Aufgaben wahrnehme, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung seien und deren Erfüllung besondere Erfahrungen oder Kenntnisse voraussetze, wenn er dabei entweder die Entscheidung im Wesentlichen frei von Weisungen treffe oder sie maßgeblich beeinflusse. Kennzeichen unternehmerischer Leitungsaufgaben sei das Treffen von Entscheidungen. Diese Voraussetzungen seien bei der Klägerin erfüllt. Sie nehme seit 1994 die betriebswirtschaftliche, technische sowie personelle Leitung des Beklagten wahr, sie treffe also grundsätzlich die damit zusammenhängenden Entscheidungen alleine, begrenzt durch den Zustimmungsvorbehalt bei Einstellungen und Kündigungen und begrenzt durch das Zustimmungserfordernis einer bestimmten Ausgabenhöhe. Soweit Entscheidungen der Zustimmung bedürften, sei die Klägerin jedenfalls befugt, Vorschläge zu machen. Der Vorstand sei den Vorschlägen der Klägerin zu Einstellungen auch immer gefolgt.

1. Berufung des Beklagten

Gegen den der Klage stattgebenden Teil des Endurteils wendet sich der Beklagte mit seiner am 2. Januar 2009 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung vom selben Tag, die er mit Schriftsatz vom 5. März 2009, der am selben Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist, begründet hat.

Unter Vertiefung und teilweise Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags macht der Beklagte geltend, die Kündigungen seien sehr wohl wegen Arbeitszeitbetrugs gerechtfertigt. Tatsache sei, dass die Klägerin sich für ihre Teilnahme an den Sitzungen des Vorstands des Deutschen Mieterbundes ihr Gehalt fortlaufend selbst weitergezahlt habe. Die Tätigkeit der Klägerin im Vorstand des Deutschen Mieterbundes sei ohne Auftrag des Vorstands erfolgt. Aus der Tatsache, dass Herr Dr. L. damals als erster Vorsitzender des Beklagten mit Schreiben vom 28. April 2003 die Klägerin als Vertreterin des Landesverbandes Bayern im Präsidium vorgeschlagen und um ein entsprechendes Votum gebeten hat, könne nicht geschlossen werden, dass der Beklagte die Erweiterung der Aufgaben der Klägerin vorgenommen habe. Erst recht habe die erste Vorsitzende des Beklagten nichts von dem Schreiben des Herrn Dr. L. vom 28. April 2003 gewusst, das an den Landesverband Bayern adressiert gewesen sei. Es habe von Anfang an festgestanden, dass es sich bei der neuen Tätigkeit um ein Ehrenamt handele. Aus dem Anstellungsvertrag sowie dem Zusatzvertrag ergebe sich, dass jede Art von Nebenbeschäftigung der vorherigen Genehmigung des Beklagten bedürfe. Obwohl die Klägerin dies gewusst habe und ihr dieser Umstand ausweislich der E-Mail vom 5. Dezember 2007 nochmals ausdrücklich durch die erste Vorsitzende des Beklagten mitgeteilt worden sei, habe sich die Klägerin durch Abrechnung und Auszahlung der Vergütung für die Teilnahme an den Sitzungen des Vorstands des Deutschen Mieterbundes oder dessen Untergliederungen selbst begünstigt. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den Protokollen vom 16. Januar 2007 oder 5. März 2007 aus der Amtszeit des vorherigen Vorstands. Auch von diesen Protokollen und den vielfachen weiteren Protokollen des vorherigen Vorstands habe die erste Vorsitzende des Beklagten keine Detailkenntnis. Diese Pflichtverletzung wirke sich negativ auf den Vertrauensbereich aus. Bei der Beurteilung, ob im konkreten Fall eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung vorliege, müsse eine Interessenabwägung vorgenommen werden. Es seien die gesamten Umstände des Einzelfalles einzubeziehen. Unter Berücksichtigung der gesamten Vorfälle wie der Datenmanipulation und der diversen Anschuldigungen gegenüber dem Beklagten sowie der Beharrlichkeit des pflichtwidrigen Verhaltens und vor allem der Art und Schwere der Verfehlung sei eine Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar. Eine Abmahnung sei entbehrlich gewesen. Die Klägerin habe ihre Pflichten in schwerwiegender Weise verletzt, weil sie den Beklagten vorsätzlich, trotz ausdrücklichen Hinweises bezüglich der Vergütung ihrer Arbeitszeit betrogen habe. Eine Verhaltensänderung seitens der Klägerin in Zukunft sei trotz Abmahnung nicht zu erwarten gewesen. Die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens sei der Klägerin ohne weiteres erkennbar gewesen. Dass mit einer Verhaltensänderung nicht habe gerechnet werden können, zeige schon das vorliegende Verfahren. Die Klägerin sei nach wie vor der Meinung, ihr stehe die Vergütung auch für die Tage zu, an denen sie für den Deutschen Mieterbund als Mitglied des Vorstandes tätig gewesen sei. Soweit das Arbeitsgericht München dem Beklagten vorhalte, man habe der Klägerin vor Ausspruch der Kündigung eindeutige und klare Richtlinien im Zusammenhang mit ihrer von ihm ausdrücklich gewünschten und geforderten Tätigkeit im Deutschen Mieterbund vorgeben müssen, werde darauf hingewiesen, dass die Vorgänger der Klägerin, die ebenfalls im Vorstand des Deutschen Mieterbundes tätig gewesen seien, die Positionen jedenfalls rein ehrenamtlich ausgeführt hätten. Der Verweis auf Schadensersatzansprüche ändere nichts an der bestehenden strafrechtlich relevanten Pflichtverletzung. Die Möglichkeit des Beklagten, die zu viel gezahlte Vergütung zurückzufordern, bleibe weiterhin bestehen. Im Übrigen habe der Beklagte sehr wohl schlüssig dargelegt, dass die Klägerin die Vorsitzende des Beklagten als dumm oder blöd bezeichnet habe. Auch diesbezüglich bestehe kein Abmahnungserfordernis, weil es sich um eine schwere Pflichtverletzung handele.

Der Beklagte beantragt:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 26. November 2008, Az.: 11 Ca 4102/08, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, nicht gewusst zu haben, dass der frühere Vorsitzende in einem Schreiben vom 28. April 2003 die Klägerin als Vertreterin des Landesverbandes Bayern im Präsidium des Deutschen Mieterbundes vorgeschlagen habe und dass es Protokolle des Vorstands gegeben habe, denen zufolge die von der Klägerin in der genannten Bundesorganisation aufgewendete Arbeitszeit/Mehrabeit genehmigt worden sei. Der Beklagte habe auch keinen die bisherige Praxis widerrufenden Vorstandsbeschluss vorgelegt. Bezüglich des Vorwurfs, die Klägerin habe die erste Vorsitzende des Beklagten als dumm oder blöd bezeichnet, übersehe der Beklagte, dass diese nicht persönlich beleidigt worden sei, sondern dass nur eine bestimmte Auffassung im Zusammenhang mit einer Rechtsschutz-Anmeldung kommentiert worden sei. Jedenfalls sei auch hier eine Abmahnung erforderlich gewesen. Im Übrigen seien die Kündigungen auch deshalb unwirksam, weil die Klägerin nach ihrem Ausscheiden aus dem Vorstand des Beklagten nicht mehr leitende Angestellte gewesen sei, mit der Folge, dass § 102 BetrVG anzuwenden sei, dessen Voraussetzungen aber nicht erfüllt seien. Den Anhörungen seien nämlich weder das Schreiben des Beklagten vom 28. April 2003 noch die Protokolle der Vorstandssitzungen vom 16. Januar und 05. März 2007 noch die von der Klägerin im Zusammenhang mit der behaupteten Beleidigung abgegebene Gegendarstellung beigefügt gewesen.

Der Beklagte erwidert hierzu, es habe keine Duldung der Erweiterung der Haupttätigkeit vorgelegen. Schon der frühere Vorstand habe sich gegen eine eigenmächtige Aufgabenerweiterung ausgesprochen. In einem Gespräch Anfang Dezember 2007 habe die erste Vorsitzende der Klägerin deutlich gemacht, dass ihr Verhalten keinesfalls geduldet werde. Aus dem Ausbleiben einer Antwort auf die dann anschließend von der Klägerin versandte E-Mail vom 05. Dezember 2007 könnten keine Rückschlüsse auf eine Duldung gezogen werden.

2. Berufung der Klägerin

Gegen den Teil des Endurteils, mit dem das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung gerichtlich aufgelöst wurde, wendet sich die Klägerin mit ihrer am 05. Januar 2009 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung vom 02. Januar 2009, die sie mit Schriftsatz vom 03. März 2009, der am 05. März 2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist, begründet hat.

Zur Begründung trägt sie vor, sie, die Klägerin, sei nicht leitende Angestellte im Sinn von § 5 Abs. 3 BetrVG gewesen. Sie habe nämlich nicht im Innenverhältnis weisungsfrei entscheiden können. Sofern sie Reinigungskräfte und/oder Aushilfen in der Verwaltung ohne Zustimmung des Vorstandes eingestellt haben sollte, könne dies dahingestellt bleiben, weil sich die Einstellungs- und/oder Entlassungsbefugnis auf einen erheblichen Teil der Arbeitnehmerschaft beziehen müsse und eine angenommene Berechtigung, Hilfskräfte einzustellen und/oder zu entlassen, nicht genüge. Die Klägerin habe auch weder Generalvollmacht noch Prokura, so dass der Tatbestand des § 5 Abs. 3 Ziff. 2 BetrVG nicht gegeben sei. Die Klägerin habe auch keine sonstigen Aufgaben, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind, wahrnehmen können, so dass Sie auch gemäß § 5 Abs. 3 Ziff. 3 BetrVG nicht zu den leitenden Angestellten gehöre. Alle für den Bestand und die Entwicklung des Mietervereins wesentlichen Aufgaben oblägen gemäß §§ 8 und 9 der Satzung vielmehr der Mitgliederversammlung und/oder dem Vorstand des Beklagten. Seit der Neuwahl im April 2007 gehöre die Klägerin dem Vorstand aber nicht mehr an. In Ziffer 1. Abs. 2 des Vertrags sei ausdrücklich festgestellt, dass die Geschäftsführungskompetenz der Klägerin nicht die Repräsentation des Vereins oder die Vorgabe der mieterpolitischen Zielsetzungen durch den Vorsitzenden, den Vorstand und die Mitgliederversammlung beeinträchtigen dürfe. Nachdem darüber hinaus die Satzung des Beklagten weder die Position eines Geschäftsführers vorsehe noch dessen Bestellung von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängig sei, sei sie, die Klägerin, nur der Erfüllungsgehilfe des Vorstands bzw. des ersten Vorsitzenden des Vereins und für das Funktionieren seiner Geschäftsstelle zuständig. Auch die Tatsache, dass die Klägerin die Ansprechpartnerin des Betriebsrats sei und Personal- oder sonstige Vorschläge machen könne, reiche nicht aus. Eine schlichte Vorgesetztenstellung gegenüber einer größeren Zahl unterstellter Arbeitnehmer könne eine Qualifikation als leitende Angestellte nicht begründen. Auch die Auslegungsregel des §. 5 Abs. 4 Ziffer 1 BetrVG führe nicht zur Begründung einer leitenden Angestellteneigenschaft. Die Klägerin sei nämlich zum Zeitpunkt der letzten Betriebsratswahl noch Vorstandsmitglied des Beklagten gewesen, gehöre aber im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Kündigungen diesem Organ nicht mehr an. Dass die Klägerin sich gegenüber dem Betriebsrat selbst als leitende Angestellte bezeichnet habe, sei unbeachtlich. Nachdem die Klägerin keine leitende Angestellte sei, sei der Betriebsrat gemäß § 102 Absatz 1 BetrVG zu beteiligen gewesen. Dies sei nicht ordnungsgemäß geschehen, weil der Beklagte in den beiden Anhörungsschreiben im Zusammenhang mit dem der Klägerin vorgeworfenen Arbeitszeitbetrug fälschlicherweise behauptet habe, dass die Tätigkeit der Klägerin im Vorstand des Deutschen Mieterbundes zwar in Kenntnis des Vorstands, jedoch ohne dessen Auftrag erfolgt sei, während sich aus dem dem Betriebsrat vorenthaltenen Schreiben des Beklagten vom 28. April 2003 an den Landesverband Bayern und den Protokollen der Vorstandsitzungen vom 16. Januar und 05. März 2007 ergebe, dass diese mit Kenntnis und Billigung des Beklagten im Deutschen Mieterbund tätig geworden sei. Nachdem die Kündigungen wegen fehlerhafter Anhörung unwirksam seien, sei der Auflösungsantrag schon allein deshalb unbegründet, weil ein Arbeitgeber die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 9 KSchG nur im Fall der Sozialwidrigkeit einer Kündigung, nicht aber dann verlangen könne, wenn eine solche aus anderen Rechtsgründen beispielsweise wegen fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats rechtsunwirksam sei.

Die Klägerin beantragt:

I. Das Urteil des Arbeitsgerichts München (11 Ca 4102/08) vom 26.11. 2008 wird in den Ziffern 2 und 3 abgeändert.

II. Der Auflösungsantrag des Beklagten wird abgewiesen.

III. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen

Der Beklagte beantragt:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 26.11. 2008, Az.: 11 Ca 4102/08, wird zurückgewiesen.

II. Weiterhin wird gemäß den Anträgen I. Instanz in der Sache beantragt:

Hilfsweise, für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 14.03.2008 oder die Kündigung vom 01.04.2008 nicht aufgelöst worden sein sollte:

Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis wird gemäß §§ 9, 10 KSchG gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung zum 30.09.2008 aufgelöst.

Zur Begründung führt er aus, gemäß Ziffer 1 des Zusatzvertrages aus dem Jahr 1994 habe die Klägerin die betriebswirtschaftliche, technische sowie personelle Leitung des Beklagten wahrgenommen. Sie sei damit vor allem für Planung und Organisation des Unternehmens zuständig gewesen. Der Vorstand habe der Klägerin in einer Geschäftsordnung die laufende Leitung des Unternehmens Mieterverein übertragen und ihr dabei sogar Weisungsfreiheit zugesichert. Mit der Geschäftsordnung beschränke sich der Vorstand auf Budgetkontrollen und Ausgabenkontrollen. Die Tätigkeit der Klägerin sei auch für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens von Bedeutung. Ein Verein mit rund 60.000 Mitgliedern, 42 festangestellten und 16 freien Mitarbeitern bedürfe dringend einer fachkundigen organisatorischen Leitung. Eine Koordination der Interessen und die Organisation des Dienstleistungsangebots seien andernfalls bei einer so großen Mitgliederzahl nicht möglich. Der rein ehrenamtliche Vorstand könne dies nicht leisten. Die Mitgliederversammlung trete regelmäßig nur einmal im Jahr zusammen. Der Vorstand tage in der Regel einmal im Quartal und fasse Beschlüsse, die von der Geschäftsführung durchgeführt würden. Nicht aufgeführt seien in der Satzung vor allem die betriebswirtschaftliche/organisatorische, technische sowie personelle Leitung des Beklagten. Diese Aufgaben weise die Geschäftsordnung der Geschäftsführung zu. Die Klägerin sei nicht lediglich Erfüllungsgehilfin gewesen, sondern sei eigenverantwortlich tätig geworden. Die Klägerin könne als Juristin auch besondere Erfahrungen und Kenntnisse vorweisen. Sie sei auch im Wesentlichen weisungsfrei, wie sich aus der Geschäftsordnung ergebe. Vor allem mit der Änderung der Aufgabenbeschreibung im Arbeitsvertrag in der Vorstandssitzung vom 28. November 2006 sei der Klägerin sogar uneingeschränkte Einstellungs- und Entlassungsbefugnis eingeräumt worden. Bereits vor Änderung der Aufgabenbeschreibung im Arbeitsvertrag habe die Klägerin nicht nur die Reinigungskräfte eingestellt, sondern auch die Arbeitsverträge von Frau S. vom 27. September 1995 und von Frau S.-B. vom 20. Februar 2002 als Geschäftsführerin unterschrieben. Die Klägerin habe den gesamten Arbeitsablauf durch Pläne, Organisationen, Weisungen zur Aufgabenverteilung, Zuweisungen und gegebenenfalls Absprachen und Vereinbarungen mit dem Betriebsrat gesteuert. Der Vorstand habe gemäß Geschäftsordnung dazu keinerlei Entscheidungsbefugnis gehabt. Soweit die Entscheidung der Klägerin durch einen Zustimmungsvorbehalt begrenzt gewesen sei, habe ihr jedenfalls ein unternehmerisches Initiativrecht zugestanden, das heißt über diesen Bereich sei sie befugt gewesen, Ideen einzubringen und Vorschläge zu unterbreiten. Die Entscheidungen der Klägerin seien nicht lediglich durch die Vorgabe schon weitgehend vorprogrammiert gewesen, sondern sie habe kraft ihrer Schlüsselposition Voraussetzungen schaffen können, an denen der Vorstand bei seinen Entscheidungen nicht habe vorübergehen können. Das Arbeitsgericht habe auch zu Recht darauf abgestellt, dass der Beklagte den Vorschlägen der Klägerin zu Einstellungen jederzeit gefolgt sei. Insgesamt habe die Klägerin eine über den Rahmen hinausgehende Leitungsfunktion, da sie echte und unternehmerische Leitungsaufgaben innegehabt habe und damit in Teilbereichen (Organisation des Betriebes, betriebswirtschaftliche Leitung etc.) an die Stelle des Vorstands getreten sei. Damit habe sie im gleichen Interessengegensatz zu den Angestellten gestanden wie der Vorstand, so dass sie nicht des Schutzes durch das Betriebsverfassungsrecht bedürfe.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufungen beider Parteien sind zulässig. Sie sind jeweils statthaft nach § 64 Abs. 1 und 2 c) ArbGG und auch im Übrigen zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Form und der vorgeschriebenen Frist eingelegt und begründet worden (§§ 11 Abs. 2 ArbGG, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Sätze 1,2,5 ArbGG i.V.m. § 222 ZPO).

II.

Die Berufung des Beklagten ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung den Feststellungsanträgen dahingehend entsprochen, dass festgestellt wurde, dass das Arbeitsverhältnis durch keine der streitgegenständlichen Kündigungen und zwar weder fristlos noch zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist aufgelöst worden ist.

Das Berufungsgericht schließt sich der überzeugenden Begründung des Erstgerichts in vollem Umfang an und sieht von einer eigenen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 69 Absatz 2 ArbGG).

Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen lediglich folgendes auszuführen:

Das Berufungsgericht teilt die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass die Klägerin keine schuldhafte Vertragsverletzung als Voraussetzung einer verhaltensbedingten fristlosen oder ordentlichen Kündigung (§§ 626 Abs.1 BGB; 1 KSchG) dadurch begangen hat, dass sie davon abgesehen hat, für ihre Tätigkeit als Vorstandsmitglied des Deutschen Mieterbunds Urlaub oder Freizeitguthaben einzubringen.

Es kann in diesem Zusammenhang dahin gestellt bleiben, ob ihre Rechtsauffassung diesbezüglich letztlich zutrifft. Denn sie ist in vertretbarer Weise zu der Auffassung gelangt, dass die Vorstandstätigkeit im Deutschen Mieterbund als Teil ihrer dienstlichen Tätigkeit als Geschäftsführerin des Beklagten anzusehen sei, nachdem sie von dem Beklagten durch seinen ersten Vorsitzenden Herrn Dr. L. mit Schreiben vom 28. April 2003 ausdrücklich für die Ausübung dieses Amts vorgeschlagen worden ist. Diesem Schreiben konnte sie entnehmen, dass es gerade auch das Interesse des Beklagten war, dass der Beklagte in dieser Weise, nämlich durch eine Vorstandsmitgliedschaft der Klägerin, im Deutschen Mieterbund repräsentiert war. Vor diesem Hintergrund hätte es eines klaren Vorstandsbeschlusses bedurft, aus dem die Klägerin hätte entnehmen können, dass der Beklagte die Rechtsposition vertrat, dass diese Tätigkeit nicht zu ihren dienstlichen Geschäften gehörte und dass man ggf. die aus Sicht des Beklagten überzahlte Vergütung zurückfordere. In diesem Fall hätte die Klägerin dann gerichtlich klären lassen können, ob ihre Auffassung zutrifft oder nicht.

Die Klägerin selbst hat ihren Standpunkt mit E-Mail vom 5. Dezember 2007 zur Diskussion gestellt, so dass der Beklagte ihr auch keine Vertuschung vorwerfen kann. Die Tatsache, dass sich die Klägerin diesbezüglich mit der ersten Vorsitzenden in kontroversen informellen Diskussionen befunden hat, führt nicht dazu, dass sie eine schuldhafte Vertragspflichtverletzung begangen hätte. Es ist nicht nachvollziehbar, wieso der Vorstand des Beklagten diese Angelegenheit nicht zum Gegenstand einer der Vorstandssitzungen genommen hat.

Das Berufungsgericht teilt auch die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass die Äußerungen der Klägerin im Jour Fix vom 10. Januar 2008 ohne Ausspruch einer Abmahnung nicht geeignet sind, die streitgegenständlichen Kündigungen zu rechtfertigen. Es ist zwar richtig, dass Beleidigungen, die ein Arbeitnehmer gegenüber einem Vertreter des Arbeitgebers ausspricht, im Grundsatz geeignet sind, sowohl eine außerordentliche wie auch eine ordentliche Kündigung zu rechtfertigen (APS-Dörner, 2. Aufl., § 1 KSchG, Rz.: 294 m.w.N.). Weiterhin ist festzustellen, dass sich die Klägerin - ungeachtet der Frage, ob es sich hierbei um eine Beleidigung im strafrechtlichen Sinn gehandelt hat - mit ihrem Diskussionsbeitrag überaus deutlich im Ton und der Diktion vergriffen hat, was eine Reaktion des Beklagten in Form einer Abmahnung durchaus nahe gelegt hätte. Gleichwohl ist der Vorfall nicht geeignet, nach langjährigem Bestand eine Kündigung ohne vorherige einschlägige Abmahnung zu rechtfertigen.

III.

Die Berufung der Klägerin ist ebenfalls unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung dem Auflösungsantrag des Beklagten stattgegeben und das Arbeitsverhältnis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist gegen Zahlung einer Abfindung von 64.160,-- € brutto aufgelöst.

Das Berufungsgericht schließt sich der Begründung des Erstgerichts in vollem Umfang an und sieht von einer eigenen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 69 Absatz 2 ArbGG).

Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen lediglich folgendes auszuführen:

1. Das Berufungsgericht teilt die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass der Beklagte zur Stellung des Auflösungsantrags gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG berechtigt ist, weil die Kündigungen nicht aus anderen Gründen als dem der fehlenden sozialen Rechtfertigung unwirksam sind. Die Klägerin hat zwar geltend gemacht, beide Kündigungen seien wegen nicht ordnungsgemäßer Anhörung rechtsunwirksam. Auf die Wirksamkeit der Anhörungen kommt es jedoch nicht an, weil § 102 BetrVG auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin keine Anwendung findet, da - wie das Arbeitsgericht zutreffend begründet hat - die Klägerin im Kündigungszeitpunkt leitende Angestellte im Sinn von § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG gewesen ist.

Nach § 5 Abs. 3 BetrVG ist leitender Angestellter insbesondere derjenige, der nach Arbeitsvertrag und Stellung im Betrieb oder Unternehmen zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist (§ 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG) oder regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst (§ 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG).

Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG hat das Arbeitsgericht zutreffend bejaht.

Die Klägerin hat sonstige Aufgaben wahrgenommen, die für den Bestand und die Entwicklung des ihr anvertrauten Geschäftsbetriebs von Bedeutung sind und hat die diesbezüglichen Entscheidungen des ihr übergeordneten Vorstands zumindest maßgeblich beeinflusst, soweit sie nicht ohnehin auf Grund der Delegation in der Geschäftsordnung weisungsfrei tätig war.

Die hiergegen von der Klägerin erhobenen Bedenken greifen nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht durch. Insbesondere war die Klägerin nicht lediglich Erfüllungsgehilfin des Vorstands, sondern hatte eine eigenständige Leitungsaufgabe. Dies ergibt sich daraus, dass der laufende Betrieb des Beklagten in seiner Organisation einem professionell zu führenden Wirtschaftsbetrieb entsprach - der Beklagte beschäftigt 42 festangestellte und 16 freie Mitarbeiter -, der von einem nur sporadisch tagenden ehrenamtlichen Vorstand nicht geführt werden kann.

Dies findet seinen Ausdruck in der Geschäftsordnung des Vorstands, der seine umfassende Leitungsbefugnis weitgehend auf die Geschäftsführerin delegiert hat. Mit der Wahrnehmung der laufenden Geschäfte wurde die Klägerin beauftragt und ausdrücklich festgestellt, dass sie bei der Wahrnehmung ihrer Aufgabe "keinen Weisungen des Vorstands" unterliegt (§ 1 Ziff. 2 der Geschäftsordnung). An dieser Stelle werden zwar in weiteren 6 Unterpunkten Entscheidungen erwähnt, die nicht der Delegation unterfallen. Im Hinblick auf die Fülle der darüber hinaus verbleibenden Entscheidungen der laufenden Geschäftsführung fallen diese Einschränkungen jedoch nicht entscheidend ins Gewicht.

Der Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Klägerin auf Grund der von ihr innegehabten Schlüsselposition Voraussetzungen schaffen konnte, an denen der Vorstand bei seinen Entscheidungen nicht vorübergehen konnte. Die Klägerin ist auch der Einlassung des Beklagten, der Vorstand sei in den weitaus überwiegenden Fällen den Vorschlägen der Klägerin gefolgt, nicht entgegengetreten. Auch hieran wird deutlich, dass die Klägerin in ihrer Position ganz entscheidenden Einfluss auf den Bestand und die Entwicklung der Verwirklichung der Ziele des Vereins hatte. Dass sich der Vorstand die Festlegung der mieterpolitischen Linie des Vereins vorbehalten hat, steht dem ebenso wenig entgegen wie die Tatsache, dass die Klägerin bei bestimmten Anschaffungen, dem Abschluss von aufwändigeren Wartungsverträgen und bei der Aufstellung und Änderungen des Wirtschafts- und Stellenplans die Zustimmung des Vorstands in Form eines Vorstandsbeschlusses einholen musste. Das Arbeitsgericht ist zutreffend zu dem Schluss gelangt, die Klägerin habe faktisch die Unternehmensleitung ausgeübt.

Das Arbeitsgericht hat auch zutreffend bejaht, dass die Erfüllung der von der Klägerin wahrgenommenen Aufgaben besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt. Nachdem die rechtliche Mieterberatung Kernbereich der Vereinstätigkeit darstellt, erfüllt sie mit ihrer juristischen Ausbildung eine wesentliche Voraussetzung zur Führung des beim Beklagten beschäftigten Stabs von juristischen Beratern.

2. Das Arbeitsgericht hat weiterhin zutreffend das Vorliegen eines Auflösungsgrunds im Sinn von § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG bejaht.

Der Auflösungsantrag ist begründet, da das Arbeitsverhältnis durch die streitgegenständlichen Kündigungen nicht aufgelöst worden ist, ein Antrag des Beklagten auf gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung vorliegt und weil Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 KSchG).

a) Gemäß § 9 Abs. 1 KSchG ist das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Arbeitgebers gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung aufzulösen, wenn ein diesbezüglicher Antrag des Arbeitgebers vorliegt und wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen.

Als Auflösungsgründe für den Arbeitgeber gem. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG kommen solche Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Die Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Vertragspartnern nicht erwarten lassen, müssen allerdings nicht im Verhalten, insbesondere nicht im schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Vielmehr kommt es darauf an, ob die objektive Lage beim Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz beim Arbeitgeber die Besorgnis aufkommen lassen kann, dass die weitere Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer gefährdet ist (BAG, Urt. vom 23. Juni 2005, Az: 2 AZR 256/04, NZA 2006,363).

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist das Arbeitsgericht zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Parteien nicht erwarten lassen.

Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Klägerin öffentlich durch Erklärungen gegenüber der Presse ohne Rücksicht auf das Ansehen der Beklagten in der Öffentlichkeit durch keine Tatsachen belegte Vermutungen geäußert und dem Beklagten unlautere Absichten unterstellt hat. Der Beklagte muss auf Grund des Verhaltens der Klägerin damit rechnen, dass diese im Konfliktfall auch in Zukunft mit Vermutungen und haltlosen Anschuldigungen gegen den Beklagten an die Öffentlichkeit treten wird. Dieses macht die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Beklagten nicht mehr zumutbar im Sinn des § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG.

c) Die vom Arbeitsgericht festgesetzte Höhe der Abfindung ist angemessen. Das Berufungsgericht schließt sich den vom Arbeitsgericht diesbezüglich angestellten Überlegungen an.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 ZPO.

V.

Da dem Rechtsstreit über die Klärung der streitgegenständlichen Fragen hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, besteht für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung. Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen gemäß § 72 a ArbGG hingewiesen wird, zulassen sollte.

Ende der Entscheidung

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