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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 24.11.2006
Aktenzeichen: 11 Sa 650/06
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1
KSchG § 9
KSchG § 10
Zu den Voraussetzungen einer verhaltensbedingten Kündigung sowie eines Auflösungsantrags des Arbeitgebers.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 Sa 650/06

Verkündet am: 24. November 2006

In dem Rechtsstreit

hat die Elfte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Obenaus sowie die ehrenamtlichen Richter Kutschenreiter und Tögel für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts München vom 2. März 2006, Az.: 8 Ca 8678/04, wird das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zum Ablauf des 30. September 2004 aufgelöst.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Abfindung in Höhe von 9.000,-- € brutto zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

4. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

5. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung sowie über einen Auflösungsantrag des Arbeitgebers.

Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der am 00.00.1958 geborene Kläger war seit 1. September 2001 als Sozialhilfe-Sachbearbeiter bei dem Beklagten für ein monatliches Brutto-Entgelt von circa 3000,-- € beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Bundesangestelltentarifvertrag Anwendung.

Mit Schreiben vom 17.10.2003, 3.12.2003 sowie 12.3.2004 mahnte der Beklagte den Kläger wegen Verstoßes gegen Weisungen seiner Vorgesetzten, wegen despektierlichem Umgangsstil mit Vorgesetzten sowie wegen aus Sicht des Beklagten unnötigen, den Arbeitsablauf störenden schriftlichen Eingaben und Anforderungen des Klägers an seine Vorgesetzten ab.

Mit Datum vom 16.3.2004 fertigte die unmittelbare Vorgesetzte des Klägers, Frau P., nach Vorsprache des inzwischen verstorbenen Sozialhilfeempfängers D. aus dem Zuständigkeitsbereich des Klägers folgende Niederschrift:

Beim Sachgebiet Senioren und Behinderte spricht Herr D., wohnhaft E. vor, und gibt nachfolgendes zur Niederschrift an:

Ich bin Bezieher von Grundsicherungsleistungen. Leider kann ich mit dem Sachbearbeiter, Herrn Z., nicht vernünftig sprechen. Wenn ich bei ihm anrufe, um ihn etwas zu fragen, ist er öfters unfreundlich zu mir. Am Telefon begrüsst er mich selten, sondern sagt zum Beispiel gleich zu mir "D., was ist schon wieder los. Ich habe keine Zeit." Erst letzte Woche wollte ich bei ihm vorsprechen, weil ich mich mit der laufenden Grundsicherungsberechnung nicht auskenne. Er war wieder recht hektisch und lehnte meine Bitte um einen Termin ab, da er keine Zeit habe.

Als ich kürzlich wegen meiner Grundsicherung mit ihm telefoniert und ihn darauf verwies, dass ich auch schon mit Frau P. darüber gesprochen habe, antwortete er mir: "Die P. hat doch auch keine Ahnung! Alle reden und keiner hat eine Ahnung von der Grundsicherung. Die Frau B. hat auch Fehler gemacht.

Auf meine Frage, wer dann von der Grundsicherung eine Ahnung hat, erklärte Herr Z.: "Nur ich kenne mich da aus!"

Diese Aussage bestätige ich mit meiner Unterschrift.

E., den 16.03.2004

P. D.

Bei dieser Vorsprache war weiter anwesend:

L.

Mit Schreiben vom 13.5.2004, das dem Kläger per Einschreiben zugesandt wurde und von ihm am 21.5.2004 beim Postamt abgeholt wurde, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis "gemäß § 53 Absatz 2 BAT fristgemäß zum 30.6.2004". Hinsichtlich des Inhalts des Kündigungsschreibens, insbesondere der darin enthaltenen Kündigungsbegründung wird auf die bei den Akten befindliche Kopie Bezug genommen (Blatt 5 ff. d.A.)

Mit Datum vom 20.3.2005 sandte ein enger Freund des Klägers, Herr O. an Herrn Landrat B., ein Schreiben mit dem Betreff: "Ungerechtfertigte Kündigung gegen Herrn Z. - Dienstaufsichtsbeschwerden: gegen Sachgebietsleiterin Frau P., Personalleiter Herrn K., Regierungsrat Herrn A.". In diesem Schreiben befasst sich Herr O. ausführlich mit dem Arbeitsverhältnis des Klägers sowie dem Verhalten seiner Vorgesetzten. Bezüglich des Inhalts wird im Einzelnen auf die bei den Akten befindliche Kopie des 23-seitigen Schreibens (Blatt 355 ff. d.A.) Bezug genommen.

Mit seiner beim Arbeitsgericht München am 27.5.2004 eingegangenen Klage vom selben Tag hat der Kläger u. a. die gerichtliche Feststellung begehrt, dass sein Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 13.5.2004 nicht aufgelöst worden ist.

Zur Begründung hat er ausgeführt, die streitgegenständlichen Kündigung sei sozial ungerechtfertigt und daher rechtsunwirksamen, weil sein Arbeitsverhältnis unter das Kündigungsschutzgesetz falle und weil keine Gründe in seinem Verhalten gegeben seien. Weiterhin hat er bestritten, dass der Personalrat zur Kündigung ordnungsgemäß angehört worden sei. Schließlich sei die Kündigung auch nicht fristgerecht erfolgt. Im Hinblick auf § 53 BAT sei die Kündigung nur bis zum Ablauf des 30.9.2004 zulässig gewesen. Schließlich hat der Kläger in erster Instanz gerügt, dass die Kündigung von der falschen Person ausgesprochen worden sei. Arbeitgeber des Klägers sei der Landkreis E.. Zwar werde dieser vom Landrat vertreten, nicht jedoch vom Landratsamt. Das Landratsamtes E. habe vorliegend im eigenen Namen und nicht im Namen des Beklagten gekündigt, so dass die Kündigung aus diesem Grund unwirksam sei.

Der Kläger hat in erster Instanz - soweit Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens - beantragt:

Es wird festgestellt, dass die Kündigung des Landratsamtes E. vom 13.5.2004, zugegangen am einen 21.5.2004, das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat und dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Landkreis E. zu den bisherigen Bedingungen über den Ablauf der Kündigungsfrist 30.6.2004 hinaus weiter unverändert fortbesteht.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er ausgeführt, der Kläger sei mit Schreiben vom 17.10.2003 wegen wiederholter Nichtbeachtung dienstlicher Weisungen von Vorgesetzten, mit Schreiben vom 3.12.2003 wegen Beleidigung eines Vorgesetzten und mit Schreiben vom 12.3.2004 wegen Störung des Betriebsablaufes verhaltensbedingt wirksam abgemahnt worden. Nachdem trotz der Warnfunktion der Abmahnungen weitere Vorfälle aufgetreten seien, sei entschieden worden, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristgerecht zum 30.6.2004 durch ordentliche Kündigung zu beenden. Insbesondere habe der Kläger Anfang März 2004 in einem Telefonat gegenüber einem Bezieher von Grundsicherungsleistungen, der dabei auf ein Gespräch mit der Vorgesetzten des Klägers, Frau P., verwiesen habe, wörtlich erklärt: "Die P. hat doch auch keine Ahnung! Alle reden und keiner hat eine Ahnung von der Grundsicherung. Die Frau B. hat auch Fehler gemacht." Auf Rückfrage des Sozialhilfeempfängers, wer dann von der Grundsicherung eine Ahnung habe, habe der Kläger erklärt: "nur ich kenne mich da aus!".

Der Kläger hat erwidert, die behauptete Äußerung werde von ihm bestritten. Er sei vom 20. Januar bis 25. Februar 2004 erkrankt gewesen. In dieser Zeit habe eine sachgebietsfremde Person unter seinem Passwort auch den Fall D. nachweislich bearbeitet. Es stehe auch nicht fest, wer die angeblichen und weiterhin bestrittenen Auskünfte erteilt habe. Der Aktenvermerk sei mutmaßlich seitens Mitarbeitern der Beklagten vorformuliert worden. Herr D. sei aufgrund seiner Alkoholprobleme selbst nicht in der Lage gewesen, dieses Schriftstück zu fertigen. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang geltend gemacht, er habe die Bürger im Rahmen seiner Dienstpflicht immer höflich und zuvorkommend behandelt.

Der Beklagte hat hierzu in erster Instanz geäußert, der Zeuge D. habe vor zwei Zeuginnen eindeutig den Kläger als denjenigen benannt, der die fraglichen Äußerungen von sich gegeben habe. Beide benannten Zeuginnen seien aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit im Bereich Senioren und Betreuung sehr erfahren im Beurteilen der Verfassung eines Klienten und hätten übereinstimmend erklärt, dass Herr D. einen klaren und strukturierten Beschwerdevortrag vorgetragen habe. Nach der Einschätzung der Zeuginnen habe es bei diesem Gespräch keinen Anlass gegeben, von einer Alkoholisierung oder anderen Einschränkungen auszugehen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Teilurteil in der Weise stattgegeben, dass festgestellt wurde, dass die Kündigung vom 13.05.2004 das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst habe.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die Einvernahme der angebotenen Zeuginnen sei nicht erforderlich, weil selbst dann, wenn deren Zeugenaussage bestätige, dass die niedergelegten Worte gefallen seien, nicht feststehe, in welcher Situation und in welchem Zusammenhang der Kläger dieses oder etwas ähnliches geäußert habe.

Hintergrund der bezeichneten Beschwerde sei offenbar gewesen, dass Herr D. bereits gereizt gewesen sei, weil er öfters nachgefragt habe. Falls der Kläger dann die in der Niederschrift wiedergegebene Formulierung gebraucht haben sollte, zeige sich daran mangelnde Selbstbeherrschung und mangelnde Achtung vor seiner Vorgesetzten. Ob diese Pflichtverletzung genügend schwerwiegend sei, um die Kündigung sozial zu rechtfertigen, hinge von der Vorgeschichte und den näheren Umständen des Telefongespräches ab. Diese hätten jedoch nur durch Vernehmung des inzwischen verstorbenen unmittelbaren Zeugen D. bewiesen werden können.

Unter den gegebenen Umständen sei die Kündigung sozial nicht gerechtfertigt und daher unwirksam, da die vom Beklagten vorgebrachten Gründe im Verhalten des Klägers nicht mit genügender Sicherheit feststünden.

Gegen das dem Feststellungsantrag stattgebende, dem Beklagten am 24.4.2006 zugestellte Teilurteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung vom 22. Mai 2006, die beim Landesarbeitsgericht München am 24.5.2006 eingegangen ist.

Unter Vertiefung und teilweise Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags macht der Beklagte geltend, das Arbeitsgericht habe die besonderen Umstände des Falls bei der Beweislastverteilung nicht berücksichtigt: Der nach Unterschriftsleistung verstorbene Herr D. habe seine Erklärung von sich aus abgegeben und den Wortlaut einer Äußerung wiedergegeben, die für den Kläger charakteristisch sei. Das Arbeitsgericht habe erst in einem zweiten Schritt die gesamten Umstände und ihre Bedeutung für die Kündigung heranziehen dürfen. Aus Sicht des Beklagten gebe es eine Beweislastumkehr, da ihm nicht bekannt gewesen sei, dass der Kläger bereits aus mehreren Arbeitsverhältnissen im öffentlichen Dienst vor Aufnahme der Tätigkeit beim Beklagten entlassen worden sei. Im Rahmen einer nach § 286 ZPO gebotenen freien Beweiswürdigung und spätestens nach Einvernahme der bei den erstinstanzlich genannten Zeugen werde das Gericht zu der Überzeugung gelangen müssen, dass die streitbefangene Äußerung des Klägers gegenüber Herrn D. gefallen sei. Das Gericht werde sodann die Äußerung im Rahmen der Kündigungsrelevanz zu bewerten haben.

Der Beklagte trägt weiter vor, das erstinstanzliche Urteil setze sich mit den weiteren im Kündigungsschreiben enthaltenen Vorwürfen nicht hinreichend auseinander.

Erstinstanzlich sei nämlich vorgetragen worden, dass dem Kläger am 25. November 2003 von seiner Vorgesetzten, Frau P., der Auftrag erteilt worden sei, die während ihrer Abwesenheit aus ihrem Zimmer entfernten Akten dorthin wieder zurückzubringen. Als Termin sei dem Kläger der 1.12.2003 ausdrücklich benannt worden. Dieser Auftrag sei dem Kläger gegenüber am 26. November 2003 noch einmal mündlich wiederholt worden. Der Kläger habe sich zur Erfüllung der dienstlichen Weisungen in keiner Weise veranlasst gesehen, vielmehr habe er diese als "unsinnig" bzw. "arbeitsbeschaffend" bezeichnet. Auch in der Folgezeit habe er sich nicht veranlasst gesehen, der Weisung Folge zu leisten.

Weiterhin habe der Kläger am 6.11.2003 von Frau P. den vom Abteilungsleiter erteilten Auftrag erhalten, eine Liste aller bis zu diesem Zeitpunkt nicht abschließend bearbeitetem Grundsicherungsfälle in der Sozialhilfe zu erstellen und jeweils die Gründe für die nicht abschließende Bearbeitung zu benennen. Auch diesem Auftrag sei der Kläger nicht nachgekommen.

Weiterhin habe die Vorgesetzte des Klägers, Frau P., am 26.2.2004 eine Dienstanweisung zur Aktenführung erteilt. Hintergrund sei gewesen, dass die vom Kläger gehandhabte Aktenführung Anlass zu Beanstandungen gegeben habe. Auch hier habe der Kläger sich nicht zu einer Annahme der Dienstanweisung verpflichtet gesehen, sondern nur signalisiert, dass er alles besser wisse.

Schließlich habe Frau Preuße ihm am 4.3.2004 verdeutlicht, dass grundsätzliche Entscheidungen, wie im Sachgebiet speziell in der Grundsicherung zu verfahren sei, nicht er zu entscheiden habe, sondern dass diese Entscheidungen von den Vorgesetzten getroffen würden. Der Kläger habe sich im Laufe eines hierzu geführten Gesprächs veranlasst gesehen, darauf hinzuweisen, dass von ihm dieses nicht akzeptiert werde und er auch in Zukunft so arbeiten würde, wie er es für richtig halte.

Auch dienstliche Anweisungen des Abteilungsleiters, Herren A., habe der Kläger gemeint, negieren zu können. Insbesondere komme er der Aufforderung, Rücksprache bei seinem Abteilungsleiter zu führen, nicht oder erst nach mehrmaligen Wiederholungen nach. So habe sich sein Vorgesetzter am 4. März 2004 veranlasst gesehen, ihn wiederholt zur Rücksprache bezüglich Fahrtkosten bei Erstattung von Gutachten aufzufordern.

Mit seiner Berufung hat der Beklagte weiterhin hilfsweise für den Fall, dass diese unbegründet sei, die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung begehrt.

Zur Begründung seines Auflösungsantrags hat der Beklagte vorgetragen, der Kläger habe durch grobe Verletzung der Verschwiegenheitspflicht und den Verstoß gegen eindeutige Datenschutzbestimmungen gegen seine arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen und hierdurch Umstände begründet, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten ließen. Mit einem persönlich an der Landrat gerichteten Schreiben vom 20.3.2005 habe sich nämlich ein Herr O. aus S. gegen die aus seiner Sicht ungerechtfertigte Kündigung des Klägers vom Mai 2004 gewandt und damit gedroht, die Presse und andere Stellen entsprechend zu unterrichten. Dem Schreiben des Herrn O. lasse sich entnehmen, dass der Kläger mindestens seit 12.3.2003 begonnen habe, Kopien oder Originalunterlagen aus dem Dienst mit nach Hause zu nehmen und dort zu sammeln. Herr O. habe umfänglich Zugang zu behördeninternen Dokumenten erhalten, die dem Kläger nur im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben zur Verfügung gestanden hätten.

Herr O. sei nicht Angehöriger des öffentlichen Dienstes oder einer sonstigen Organisation, die zur Verfolgung von Rechtsangelegenheiten Dritter ermächtigt sei.

Für das vorliegende Verfahren könne dahinstehen, ob die Information des Herrn O. durch den Kläger für eine fristlose Kündigung ausreiche, wie sie vom Beklagten dann am 18.5.2005 ausgesprochen worden sei.

Das gerügte Verhalten sei aber geeignet, jegliches Vertrauen in eine Zusammenarbeit mit dem Kläger grundlegend zerstören. Außerdem lägen diverse anonyme Schreiben vor, in denen Stimmung gegen den Beklagten gemacht werde. Das Verhalten von Herrn O. sei dem Kläger eindeutig zuzurechnen. Im Ergebnis müsse sich der Kläger auch die Aktionen der übrigen anonymen Schreiben zurechnen lassen.

Der Beklagte beantragt im Berufungsverfahren:

1. Das Teilurteil des Arbeitsgerichts München vom 2.3.2006, Az: 8 Ca 8678/04 wird aufgehoben.

2. Soweit der Klage mit dem Teilurteil stattgegeben worden ist, wird sie abgewiesen.

Hilfsweise für den Fall, dass der Beklagte mit seinem Berufungsantrag nicht durchdringe, stellt er den Antrag,

das Arbeitsverhältnis wird gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung die jedoch 1500 € nicht überschreiten sollte, zum 30.9.2004 aufgelöst.

Der bezeichnete im Berufungsbegründungsschriftsatz enthaltene Hilfsantrag wurde in der Kammerverhandlung am 24.10.2006 versehentlich zwar nicht zu Protokoll genommen, er wurde jedoch nebst Begründung des Beklagten vom Vorsitzenden referiert und war Gegenstand der streitigen Verhandlung.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, die Kündigung stehe und falle mit dem Vorgang "D.". Sofern dieser Vorgang nicht stattgefunden habe, könnten die anderen angeblichen Geschehnisse die Kündigung nicht begründen, da diese Geschehnisse allein den Beklagten zuvor auch nicht zur Kündigung bewogen hätten.

Zu diesem Vorgang sei er, der Kläger, von der Sachgebietsleiterin nie angehört worden. So habe eine Gegenüberstellung mit Herrn D. nahe gelegen. Der Vorgang selbst sei ihm erst mit Ausspruch der Kündigung mitgeteilt worden. Herr D. sei im Übrigen alkoholkrank gewesen. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass er, der Kläger, während der Arbeitsunfähigkeit durch Herrn Sch. vertreten worden sei, der den Fall D. bearbeitet habe und diesem nachweislich zu Unrecht Leistungen gekürzt habe. Weiterhin sei Herr D. auch von einem weiteren Sachbearbeiter in der Sozialhilfe, nämlich Herrn L., betreut worden.

Zum Vorwurf im Zusammenhang mit dem Aktentransport erwidert der Kläger, während der krankheitsbedingten Abwesenheit von Frau B. hätten sich die vom Kläger vertretungsweise bearbeiteten Akten tatsächlich in seinem Zimmer befunden. Da er, der Kläger, von der Rückkehr von Frau B. nicht informiert worden sei, seien die Akten zum Zeitpunkt ihres Dienstantritts noch bei ihm gewesen. In der Folgezeit seien die Akten jedoch dann dort gewesen wo sie nach dem vorgesehenen Aktenlauf hätten sein sollen.

Bezüglich der Liste der nicht abschließend bearbeiteten Grundsicherungsfälle erwidert der Kläger, dieser Vorwurf könne schon deshalb nicht stimmen, da der Abteilungsleiter um Vorlage bis 3.11.2003 gebeten habe. Dieser Termin sei also bereits abgelaufen gewesen. Im Übrigen habe es aufgrund Aufgabenzuweisung der Sachgebietsleiterin, Frau B., oblegen, die Statistik zu führen.

Der Kläger trägt weiter vor, es treffe nicht zu, dass seine Aktenführung zu beanstanden gewesen sei. Konkrete Fälle seien vom Beklagten nicht benannt worden.

Er habe auch keinesfalls am 4.3.2004 erklärt, Anweisungen von Frau P. nicht zu akzeptieren. Er habe lediglich zum Ausdruck gebracht, sich an Rechtsbestimmungen halten zu müssen.

Der Kläger bestreitet, sich Anweisungen des Abteilungsleiters widersetzt zu haben. Ihm sei lediglich ein Fall innerlich, bei dem er auf eine Aufforderung nach Rücksprache mit dem Hinweis reagiert habe, dass der Abteilungsleiter in dieser Sache bereits entschieden habe, und in dem er nachgefragt habe, ob im Hinblick auf die geringen Fahrtkosten und die bereits gefällte Entscheidung eine Rücksprache noch erforderlich sei.

Zum Auflösungsantrag des Beklagten erwidert der Kläger, der Beklagte könne die Auflösung schon deshalb nicht verlangen, da die Kündigung nicht nur sozialwidrig, sondern auch mangels wirksamer Anhörung des Personalrates unwirksam sei. Der Vortrag im Zusammenhang mit dem Schreiben O. sei zu allgemein. Dem Schreiben könne nicht entnommen werden, dass er, der Kläger, seit 12.3.2003 begonnen habe, Kopien oder Originalunterlagen mit nach Hause zu nehmen. Herr O. habe durch ihn keinerlei Einsicht in behördeninterne Dokumente erhalten.

Soweit in seinem Schreiben Dritte erwähnt seien, habe er das Schreiben aufgrund einer Zusammenstellung des Klägers gefertigt. Diese Zusammenstellung enthalte weder Daten, Adressen noch Namen. Soweit Herr O. darauf verwiesen habe, dass er mehrere Schriftstücke und Aufzeichnungen des Klägers eingesehen habe, seien damit die oben genannten Aufzeichnungen sowie an den Kläger gerichtete Schreiben, Mahnungen und so weiter gemeint. Der genaue Inhalt des Schreibens sei ihm nicht bekannt, insbesondere auch nicht die Drohung, die Presse und andere Stellen entsprechend zu unterrichten. Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses, komme auch deshalb nicht in Betracht, da die Beklagte es von vornherein unterlassen habe, die Konfliktsituation am Arbeitsplatz durch eine vom Kläger beantragte und vom Personalleiter zugesicherte Versetzung bereinigen zu können. Den Inhalt der anonymen Schreiben müsse er sich nicht zurechnen lassen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze (Bl. 331 ff. und 386 ff.) ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft nach § 64 Abs. 1 und 2 c ArbGG ferner in der richtigen Form und Frist eingelegt und begründet worden gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Sätze 1,2,5 ArbGG i.V.m. § 222 ZPO.

II.

Die Berufung ist teilweise begründet.

1. Feststellungsantrag

Die Berufung ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Feststellung im Teilurteil vom 2.3.2006 richtet. Die Berufungskammer folgt der Entscheidung des Arbeitsgerichts im Ergebnis und in der Begründung.

Zum Berufungsvorbringen wird ergänzend bemerkt:

Die ordentliche Kündigung vom 13. Mai 2004 hat das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst, weil das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) gemäß §§ 1 Abs.1, 23 Abs.1 KSchG auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung findet und die Kündigung gemäß §§ 1 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial ungerechtfertigt und damit rechtsunwirksam ist.

Der Kläger war im Kündigungszeitpunkt länger als ein halbes Jahr beschäftigt, so dass die Wartefrist des § 1 Abs. 1 KSchG erfüllt ist.

Die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes ist auch nicht durch die Kleinbetriebsklausel des § 23 Abs. 1 KSchG ausgeschlossen, weil im Betrieb der Beklagten im Kündigungszeitpunkt mehr als zehn Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten regelmäßig beschäftigt waren.

Die angegriffene Kündigung ist rechtsunwirksam, da sie nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers entgegenstehen, oder durch Gründe in der Person oder in dem Verhalten des Kläger bedingt ist (§ 1 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 KSchG).

Der Beklagte hat seine Kündigung mit Gründen im Verhalten des Klägers begründet. Dabei konzentriert sich der Vorwurf auf eine angenommene pflichtwidrige Arbeitsverweigerung, auf beleidigenden bzw. verächtlichen persönlichen Umgang mit der unmittelbaren Vorgesetzten Preuße sowie Störungen des Betriebsablaufs durch unangemessene schriftliche Eingaben und Anforderungen an Vorgesetzte.

a) Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist die Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe in dem Verhalten des Arbeitnehmers bedingt ist. Das Gesetz definiert nicht, welcher Art das kündigungsrelevante Verhalten sein muss. In Abgrenzung zu Kündigungsgründen in der Person ist unter einem kündigungsrelevanten "Verhalten" eine solche Handlungsweise zu sehen, die vom Arbeitnehmer steuerbar ist und gegen Haupt und/oder Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis verstößt.

Vertragsverletzungen sind allerdings nur relevant, wenn der Arbeitgeber daraus schließt, der Vertrag werde auch in Zukunft gestört. Zur sozialen Rechtfertigung einer verhaltensbedingten Kündigung gehört daher eine negative Prognose. Die bereits erfolgte Störung ist dabei der maßgebende Anknüpfungspunkt. Der Arbeitnehmer soll durch die Kündigung nicht "bestraft" werden. Der Arbeitgeber macht vielmehr von seinem Recht Gebrauch, seine Ziele nur mit solchen Mitarbeitern erreichen zu wollen, die keine Vertragsbrüche erwarten lassen. Diese negative Prognose kann allerdings nicht unterstellt werden, wenn der Arbeitgeber nicht zunächst vom weniger einschneidenden Mittel einer Kündigungsandrohung in Form einer Abmahnung Gebrauch gemacht hat.

b) Der Beklagte hat zwar diesem Erfordernis mit seinen Scheiben vom 17.10.2003, 3.12.2003 sowie vom 12.3.2004 Rechnung getragen, der die Kündigung auslösende Vorgang "D." konnte jedoch von dem Beklagten nicht unter Beweis gestellt werden, nachdem der einzige Zeuge für die behaupteten Äußerungen des Klägers zwischenzeitlich verstorben ist. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, zeigt sich in den behaupteten Äußerungen des Klägers, wenn sie in der vorgetragenen Weise stattgefunden haben, mangelnde Selbstbeherrschung des Klägers und mangelnde Achtung vor seiner Vorgesetzten. Die Berufungskammer teilt jedoch auch insoweit die Auffassung des Erstgerichts, dass nur bei näherer Kenntnis der Gesamtumstände des behaupteten Telefongespräches hätte festgestellt werden können, ob die behauptete Pflichtverletzung genügend schwerwiegend gewesen ist, um die streitgegenständliche Kündigung sozial rechtfertigen zu können.

c) Im Übrigen ist weiteres Fehlverhalten im Anschluss an die ausgesprochenen Abmahnungen, das eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen könnte, unter Berücksichtigung des beiderseitigen Sachvortrags für die Kammer nicht hinreichend nachvollziehbar geworden. Zwar ist die Abmahnung vom 7.10.2003 aus Sicht des Berufungsgerichts inhaltlich zu Recht ergangen, weil der Kläger sich vom Dienst entfernt hat, ohne einen Vorgesetzten hiervon zu informieren und gleichzeitig eigenmächtig eine Vertretungsregelung vorgenommen hat. Die weiteren vom Beklagten in der Kündigung angesprochenen Vorwürfe können jedoch die ausgesprochene ordentliche Kündigung - ohne Berücksichtigung des Vorgangs D. - nicht rechtfertigen. Die Tatsache, dass der Kläger auf Vorhaltungen immer wieder mit Diskussionen und Beschwerden über das Verhalten seiner Vorgesetzten reagiert hat - so im Zusammenhang mit der Dienstanweisung vom 26.2.2004 und der grundsätzlichen Aussprache zwischen dem Kläger und Frau P. am 4.3.2004 - , ist kein Kündigungsgrund. Zur Darstellung des Klägers, dass sich naturgemäß von der erkrankten Frau B. zu bearbeitenden Akten in seinem Zimmer befunden hätten und dass diese nach deren Rückkehr in den Dienst wieder an ihren Platz gelangt seien, hat der Beklagte nicht konkret Stellung genommen. Auch zum Sachvortrag des Klägers bezüglich der Weisung zur Listenerstellung hat sich der Beklagte nicht eingelassen. Der Beklagte ist entgegen der Auffassung des Klägers zwar nicht gehindert, sich zur Kündigungsbegründung auch auf solche Vorfälle zu berufen, die zeitlich vor der zuletzt vor der Kündigung ausgesprochenen Abmahnung (hier: vom 12.3.2004) liegen, gleichwohl ist aus dem Sachvortrag des Beklagten nicht erkennbar, dass dem Kläger für die Erledigung dieses Auftrags ein konkreter Termin genannt und ihm die hohe Priorität dieser Aufgabe gegenüber den sonst von ihm zu erledigenden Aufgaben deutlich gemacht wurde. Der Vorwurf, der Kläger komme Anweisungen von Herrn A. bezüglich Rücksprache nicht oder nur auf mehrmalige Wiederholung nach, ist für die Kammer ebenfalls nicht hinreichend nachvollziehbar geworden.

2. Auflösungsantrag

Der Auflösungsantrag ist begründet, da das Arbeitsverhältnis durch die streitgegenständliche Kündigung nicht aufgelöst worden ist, ein Antrag des Beklagten auf gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung vorliegt und weil Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 KSchG).

a) Gemäß § 9 Abs. 1 KSchG ist das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Arbeitgebers gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung aufzulösen, wenn ein diesbezüglicher Antrag des Arbeitgebers vorliegt und wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen.

Als Auflösungsgründe für den Arbeitgeber gem. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG kommen solche Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Die Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Vertragspartnern nicht erwarten lassen, müssen allerdings nicht im Verhalten, insbesondere nicht im schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Vielmehr kommt es darauf an, ob die objektive Lage beim Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz beim Arbeitgeber die Besorgnis aufkommen lassen kann, dass die weitere Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer gefährdet ist (BAG, Urt. vom 23. Juni 2005, Az: 2 AZR 256/04, NZA 2006,363).

Unstreitig hat der Kläger seinem engen Freund detaillierten Einblick in seine Auseinandersetzung mit seinen Vorgesetzten bzw. seinem Arbeitgeber verschafft und ihm eine Zusammenstellung zugeleitet, die behördliche Sachverhalte betrifft. Er hat zwar bestritten, dass diese Zusammenstellung Daten, Adressen oder Namen enthalte. Er hat jedoch seinem Freund mitgeteilt, dass es sich um Sachverhalte handele, die nach seiner Ansicht verfälscht dargestellt worden bzw. ihm angelastet worden seien. Weiterhin ist unstreitig, dass der Kläger wusste, dass Herr O. ein Beschwerdeschreiben an seinen Arbeitgeber senden wollte. Dieses ist geschehen, ohne dass der Kläger seinen Freund mit der Wahrung seiner Interessen betraut hat. Es hat dazu geführt, dass der Beklagte mit einem Beschwerdeschreiben konfrontiert wurde, in dem das Verhalten des Beklagte bzw. seiner Mitarbeiter in beleidigender Form charakterisiert wurde. So findet sich auf Seite 2 im ersten Absatz der Feststellung, es habe "hier ein Mitarbeiter aus niederen Beweggründen aus dem Arbeitsleben gedrängt werden" sollen. Auf Seite 4 findet sich im letzten Absatz die Feststellung: "Auch beim Bürger ist Frau P. nicht beliebt, weil sie auch in der Vergangenheit ältere Personen schikaniert hat."

Schließlich konstatiert der Autor des Schreibens vom 20.3.2005 im ersten Absatz auf Seite 13: "Auch während einer mehrmonatigen Krankheitszeit einer anderen Mitarbeiterin, die als Schreibkraft für das Aufgabengebiet tätig war, (auch das habe ich in den Akten gefunden) wurde Herr Z. nicht bei der Arbeit unterstützt, sondern auf Deutsch gesagt "schikaniert"."

Indem der Kläger seinen Freund O. in dieser Weise in seine Auseinandersetzung mit seinem Arbeitgeber einbezogen und die Ursache dafür gesetzt hat, dass dieser - ohne eigene persönliche oder rechtliche Interessen zu verfolgen - , versucht hat, Druck auf den Arbeitgeber ausüben, was sich aus den wiederholten Anspielungen auf Weitergabe von Informationen an die Presse ergibt, hat er Umstände gesetzt, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen dem Kläger und dem Beklagten nicht erwarten lassen. Der Beklagte muss damit rechnen, dass der Kläger, der in der Lage ist, sich sorgfältig zu artikulieren, der die Möglichkeit hat und nutzt, seine Anliegen und Auffassungen detailliert zu formulieren und in die gerichtliche Auseinandersetzung einzubringen, auch auf andere Weise versucht, seine Interessen ggf. mit publizistischem Druck unter einseitiger Darstellung der innerbehördlichen Zusammenhänge durchzusetzen. Damit liegen hinreichende Gründe vor, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen.

b) Der Auflösung steht auch nicht entgegen, dass der Kläger geltend gemacht hat, die Kündigung sei bereits wegen fehlerhafter Anhörung des Personalrats unwirksam, was eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 9 KSchG ausschließe.

Es ist zwar richtig, dass das Bundesarbeitsgericht dem Arbeitgeber einen Auflösungsanspruch abgesprochen hat, wenn die Kündigung unabhängig von der Sozialwidrigkeit bereits aus anderen Gründen unwirksam ist, weil die Lösungsmöglichkeit nach § 9 KSchG für den Arbeitgeber eine Vergünstigung bedeute, die nur in Betracht komme, wenn eine Kündigung "nur" sozialwidrig und nicht auch aus anderen Gründen nichtig sei (BAG AP KSchG 1969 § 9 Nr. 6). Das Berufungsgericht folgt demgegenüber der in der Literatur vertretenen abweichenden Meinung, wonach der Arbeitgeber gemäß § 9 Absatz 1 Satz 2 KSchG den Auflösungsantrag jedenfalls dann stellen kann, wenn der Arbeitnehmer mit seiner Kündigungsschutzklage auch die Sozialwidrigkeit der Kündigung geltend macht und die Sozialwidrigkeit gerichtlich festgestellt wird. Der Auflösungsantrag des Arbeitgebers ist nur dann unzulässig, wenn sich der Arbeitnehmer nicht auf die Sozialwidrigkeit der Kündigung beruft, sondern seine Klage allein auf andere Unwirksamkeitsgründe stützt. Insoweit hat es der Arbeitnehmer kraft seiner Dispositionsbefugnis in der Hand, durch die Geltendmachung nur anderer Unwirksamkeitsgründe dem Arbeitgeber die Möglichkeit zu nehmen, den Auflösungsantrag zu stellen (APS-Biebl, 2. Auflage, § 9 KSchG, Rz. 10 f.).

Nachdem der Kläger im vorliegenden Fall seine Unwirksamkeitsrüge nicht nur auf die behauptete fehlerhafte Anhörung des Personalrats, sondern auch auf die Sozialwidrigkeit der Kündigung gestützt hat und das Gericht diese auch festgestellt, scheitert der Auflösungsantrag auch dann nicht, wenn - was hier offen bleiben kann - die Kündigung auch wegen fehlerhafter Anhörung des Personalrats unwirksam ist.

c) Die Höhe der Abfindung wird auf 9.000 € festgesetzt. Das entspricht drei Monatsverdiensten. Dass Gesetz sieht in § 10 Abs. 1 KSchG vor, dass als Abfindung ein Betrag bis zu 12 Monatsverdiensten festzusetzen ist.

Der Gesetzgeber hat darauf verzichtet, festzulegen, welche Umstände mit welchem Gewicht bei der Bemessung der Abfindung maßgeblich sein sollen. Der Erhöhung des Höchstbetrages der Abfindung bei älteren und länger beschäftigten Arbeitnehmern lässt sich die gesetzliche Wertung entnehmen, dass das Lebensalter des Arbeitnehmers und die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gewichtige Bemessungsfaktoren bei der Bemessung der Abfindung sind (APS-Biebl, a.a.O., Rz. 21). Daneben kommt auch das Bestehen von Unterhaltspflichten in Betracht.

Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger allein stehend und ohne Unterhaltsverpflichtungen ist, ferner dass er das achtundvierzigste Lebensjahr vollendet hat, sowie wegen der noch nicht sehr langen Beschäftigungsdauer von drei Jahren erscheint eine Abfindung in Höhe von drei Monatsverdiensten, also 9.000 €, angemessen.

d) Das Arbeitsverhältnis wird gerichtlich zum Ablauf des 30.9.2004 beendet, da es - wie in zweiter Instanz unstreitig geworden - zu diesem Zeitpunkt bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.

IV.

Gegen dieses Urteil können beide Parteien Revision einlegen.

Ende der Entscheidung

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