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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 11.03.2009
Aktenzeichen: 11 Sa 882/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 626
BGB § 628
Die Entscheidung befasst sich mit einem behaupteten Schadensersatzanspruch eines Arbeitnehmers, der auf eine nach Behauptung des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber veranlasste fristlose Arbeitnehmerkündigung wegen Zahlungsverzugs des Arbeitgebers gestützt wird.
Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes URTEIL

11 Sa 882/08

Verkündet am: 11.03.2009

In dem Rechtsstreit

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Obenaus und die ehrenamtlichen Richter Ell und Eberle

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 26.3.2008, Az.: 6 Ca 4711/06, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten - soweit in der Berufungsinstanz noch anhängig - über Schadensersatzansprüche des Klägers gegen die Beklagte.

Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger war seit 23. Juli 2002 als Z. bei der Beklagten beschäftigt. Er erhielt zuletzt eine Vergütung in Höhe von 40% des Umsatzes, durchschnittlich 3.731,16 € brutto. Mit anwaltlichem Schreiben vom 5. Dezember 2006 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis außerordentlich. Zuvor hatte der Anwalt des Klägers die Beklagte mit Schreiben vom 28. August 2006 aufgefordert, eine Korrektur der unterbliebenen Zahlung von Urlaubsentgelt und einer Zuwenigzahlung hinsichtlich der Entgeltfortzahlung vorzunehmen. Mit Schreiben vom 26. September 2006 berechnete die Beklagte das Urlaubsentgelt seit August 2003 in Höhe von 4.612,62 € nach.

Mit seiner beim Arbeitsgericht Augsburg am 28. Dezember 2006 eingegangenen Klage vom selben Tag hat der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 11.434,74 Euro sowie zur Zahlung von Schadensersatz in einer vom Gericht zu bestimmenden Höhe begehrt.

Zur Begründung hat er vorgetragen, zu der Kündigung sei es aufgrund schuldhaften vertragswidrigen Arbeitgeberverhaltens gekommen. Die Kündigung sei deswegen auch berechtigt. Seit Jahren seien keine ordnungsgemäßen Abrechnungen für den Fall der Krankheit, des Urlaubs und für Feiertage erfolgt. Eine Vereinbarung, den Urlaub selbst zu erwirtschaften, werde bestritten. Die erfolgte Nachberechnung sei fehlerhaft, nachdem ein gewährter Urlaub vom 10. Januar 2005 bis 14. Januar 2005 überhaupt nicht berücksichtigt sei. Für Urlaubs-und Feiertagsvergütung seien noch insgesamt 5.926,84 € zu zahlen. Er, der Kläger, habe auch nicht auf weitergehende Entgeltfortzahlungsansprüche verzichtet. Ein solcher Verzicht sei ebenfalls nicht mit dem damaligen Anwalt abgesprochen gewesen. Der Kläger hat weiter geltendgemacht, aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe die Beklagte einen Schadensersatz nach § 628 BGB zu leisten, der sich aus der Entlohnung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist sowie einer Abfindung zusammensetze.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von € 11.434,74 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 23.11.2006 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Schadensersatz in einer vom Gericht zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.12.2006 zu bezahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und erwidert, der Kläger habe seinerzeit wie sein Kollege S. der Umsatzlohnvereinbarung zugestimmt, wonach auch der eigene Urlaub erwirtschaftet werden musste. Andernfalls hätten - so die Beklagte - weniger als 40% Umsatzbeteiligung bezahlt werden müssen. Für den Krankheitsfall sei vereinbart worden, dass 70% des von der Krankenkasse erstatteten Krankengeldes als Ausfallrisiko an den Mitarbeiter bezahlt würden. Es sei zum Streit gekommen, da der Kläger seine Arbeiten immer nachlässiger ausgeführt habe und die Beklagte deshalb die Umsatzbeteiligung in der bisherigen Form nicht mehr habe weiterführen wollen. Von einer Vertragsänderung sei jedoch letztlich Abstand genommen worden. Nach den Verhandlungen mit dem damaligen Anwalt des Klägers und dessen Fax vom 11. September 2006 habe für die Beklagte festgestanden, dass die "Entgeltfortzahlungsgeschichte" erledigt sei, wenn insbesondere die Urlaubsentgeltnachberechnung korrekt erfolgt sei. Der Kläger sei auch über Jahre mit dem Abrechnungsmodus einverstanden gewesen. Die fristlose Kündigung des Klägers sei nicht gerechtfertigt gewesen, so dass sich hieraus auch keine Schadensersatzansprüche ergäben.

Das Arbeitsgericht Augsburg hat die Beklagte mit Endurteil vom 26. März 2008, das dem Kläger am 18. August 2008 zugestellt wurde, zur Zahlung von € 5.926,84 brutto verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe Anspruch auf die von ihm geforderte Urlaubs- und Feiertagsentlohnung in Höhe von € 5.926,84 brutto. Dieser Anspruch habe seine Rechtsgrundlage in den §§ 2 EFG; 11; 13 BurlG.

Demgegenüber sei der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht begründet. Ein Schadensersatzanspruch gemäß § 628 Absatz 2 BGB setze nämlich eine wirksame außerordentliche Kündigung voraus, die einen Schaden beim Kündigenden verursacht habe. Es bestünden Bedenken gegen die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung, da die Voraussetzungen für eine Arbeitgeberkündigung bei Gehaltsrückständen nicht vorlägen. Ein Arbeitnehmer könne zwar grundsätzlich nach erfolgloser Abmahnung wegen Nichtgewährung des Gehalts fristlos kündigen, wenn der Arbeitgeber entweder zeitlich oder dem Betrag nach erheblich in Verzug komme. Im vorliegenden Fall sei jedoch zu berücksichtigen, dass nicht etwa das gesamte Gehalt über Monate zur Zahlung offen geblieben sei, sondern dass lediglich die Entlohnung für Urlaub, Feiertage und Krankheitszeiten nicht korrekt gehandhabt worden sei. Zu berücksichtigen sei auch, dass eine größere Summe nur deswegen habe auflaufen können, weil der Kläger über mehrere Jahre hinweg die Abrechnungspraxis der Beklagten nicht beanstandet habe. Auch habe die Beklagte nach der Rüge durch den vormaligen Anwalt des Klägers eine Nachberechnung und Auszahlung des Urlaubsentgelts vorgenommen, wenn auch nicht ganz richtig und vollständig. Unter diesen Umständen könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte dem Kläger Lohnzahlungen willkürlich und ohne nachvollziehbare Begründung hartnäckig verweigert habe. Zur Durchsetzung seiner Ansprüche habe er klagen können. Eine außerordentliche Kündigung erscheine jedenfalls nicht als die angemessene Reaktion hierauf.

Gegen die Klageabweisung wendet sich der Kläger mit seiner am 18. September 2008 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung vom selben Tag, den er mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2008, der am selben Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist, begründet hat.

Unter Vertiefung und teilweise Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags macht der Kläger geltend, in der Rechtsprechung und Literatur sei anerkannt, dass der Arbeitnehmer nach erfolgloser Abmahnung wegen Nichtgewährung des Gehaltes oder Lohnes schon dann fristlos kündigen könne, wenn der Arbeitgeber entweder zeitlich oder dem Betrag nach erheblich in Verzug sei. Er habe im Jahr 2006 ein durchschnittliches Bruttogehalt von € 3.731,16 brutto gehabt. Insoweit entspreche ein rückständiger Lohn von € 5.926,84 einem 1,6 fachen Bruttomonatsgehalt. Damit habe sich der Beklagte mit einem erheblichen Teil des dem Kläger zustehenden Lohnes in Verzug befunden. Zudem habe sich die Beklagte definitiv geweigert zu zahlen. Er sei gezwungen gewesen, seine Lohnansprüche gerichtlich durchzusetzen.

Das habe einen erheblichen zeitlichen Verzug bedeutet. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei es ihm nicht zuzumuten, seine Arbeitsvergütung einzuklagen, weil er habe befürchten müssten, während seiner Arbeit entsprechenden Repressalien ausgesetzt zu sein. Zudem dürfe der Arbeitnehmer nicht schlechter gestellt werden als der Arbeitgeber, dem es unbenommen sei, im Fall einer Arbeitsverweigerung die fristlose Kündigung auszusprechen. Die Beklagte sei mehrfach angesprochen worden. Ihr sei auch eine detaillierte Abrechnung vorgelegt worden, woraus sie habe entnehmen können, dass die Vergütungsansprüche gerechtfertigt gewesen seien.

Seitens der Beklagten sei auch niemals behauptet worden, dass die Berechnungen falsch seien. Vielmehr sei wahrheitswidrig behauptet worden, dass sein ehemaliger anwaltlicher Vertreter auf Vergütungsansprüche wegen Feiertagen verzichtet habe. Schließlich sei die Beklagte auch abgemahnt worden. Auf die Abmahnung habe die Beklagte mit Schreiben vom 13. November 2008 nur noch insoweit reagiert, als sie nach wie vor ohne weitere Begründung seine Ansprüche abgelehnt habe.

Der Kläger beantragt,

Das angefochtene Urteil abzuändern und entsprechend dem erstinstanzlichen Schlussantrag wie folgt zu entscheiden:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von € 11.434,47 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 23.11.2006 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Schadensersatz in einer vom Gericht zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.12.2006 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, mit Schreiben vom 8.9.06 hätten die Bevollmächtigten der Beklagten erklärt, dass die Beklagte ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bereit sei, die Abweichungen im Hinblick auf das Bundesurlaubsgesetz für die Vergangenheit zu korrigieren und in Zukunft das Bundesurlaubsgesetz anzuwenden. Auf dieses Schreiben hin sei das Telefax von Herrn Rechtsanwalt L. vom 11. September 2006 gekommen, aufgrund dessen sie davon ausgegangen sei, dass das Umsatzguthaben für Juli von € 2.250,94 ebenso abgerechnet sei, wie die angekündigte Urlaubsentgeltnachberechnung und dass das Thema "Entgeltfortzahlung" erledigt sei, mit Ausnahme der bereits anerkannten Nachzahlung für die Arbeitsunfähigkeit im Jahr 2005. Mit Schreiben vom 7. November 2006 habe sich die Beklagte auf den Standpunkt gestellt, es sei eine ordnungsgemäße Abrechnung der Umsätze und Urlaubsgelder vorgenommen worden. Unter Berücksichtigung des Telefax vom 11. September 2006 würden weitere Ansprüche des Klägers nicht bestehen. Nach Auffassung der Beklagten wäre es Sache des Klägers gewesen, seine Ansprüche einzuklagen.

Dies wäre ihm auch im laufenden Arbeitsverhältnis ohne weiteres zumutbar gewesen. Der Kläger erkenne an, dass er über 3 Jahre hinweg selbst mit dem vorgetragenen Leistungsmodell einverstanden gewesen sei. Die Beklagte habe sich auch nicht geweigert, eine Nachberechnung vorzunehmen. Dass eine weitere exakte Abrechnung im Hinblick auf die Entgeltfortzahlung nicht mehr vorgenommen worden sei, beruhe auf dem Telefax vom 11. September 2006. Dieses sei für sie in der Weise inhaltlich eindeutig gewesen, dass es einer exakten Aufklärung von Entgeltfortzahlungen nicht mehr bedürfe.

Von einer relevanten Verletzung einer Hauptleistungspflicht könne nicht die Rede sein. Die laufenden Gehälter seien schließlich bezahlt worden.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft nach § 64 Abs. 1 und 2 b) ArbGG und auch im Übrigen zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Form und der vorgeschriebenen Frist eingelegt und begründet worden (§§ 11 Abs. 2 ArbGG, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i. V. m. §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Sätze 1,2,5 ArbGG i. V. m. § 222 ZPO).

II.

Die Berufung ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Ein Schadensersatzanspruch besteht nicht.

Das Berufungsgericht schließt sich der die wesentlichen Aspekte zutreffend würdigenden Begründung des Erstgerichts in vollem Umfang an und sieht von einer eigenen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 69 Absatz 2 ArbGG).

Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen lediglich folgendes auszuführen: Nach § 628 Abs. 2 BGB ist der Kündigungsempfänger - hier die Beklagte -, wenn eine fristlose Kündigung durch sein vertragswidriges Verhalten veranlasst wurde, dem Kündigenden - hier dem Kläger - zum Ersatz des durch die Aufhebung des Vertragsverhältnisses entstehenden Schaden verpflichtet.

Liegt eine Kündigung vor, muss sie berechtigt und auch wirksam sein und ihren Grund in einem vertragswidrigen, schuldhaften Verhalten des anderen Vertragsteils haben (sog. Auflösungsverschulden). Dabei genügt nicht jede geringfügige schuldhafte Vertragsverletzung. Vielmehr muss ihr das Gewicht eines wichtigen Grundes zukommen und zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB berechtigen. Dabei gelten für die außerordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers die gleichen Grundsätze und Maßstäbe wie für die außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers (APS-Dörner, 2. Aufl., § 626 BGB, Rz. 394 m.w.N.). Der Kündigung muss folglich ein wichtiger Grund zu Grunde liegen und ihr hat auch in der Regel eine Abmahnung vorauszugehen. Die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB ist anzuwenden und es hat schließlich eine umfassende Interessenabwägung stattzufinden. Für den wichtigen Grund ist der Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig (APS-Dörner, a.a.O.).

Ein Gehaltsrückstand kann an sich geeignet sein, einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Lohnrückstand eine nicht unerhebliche Höhe erreicht oder der Verzug des Arbeitgebers mit der Lohnzahlung sich über einen längeren Zeitraum hinweg erstreckt und der Arbeitnehmer diesen Fehler abgemahnt hat.

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall zwar gegeben. Das Arbeitsgericht ist jedoch im Rahmen seiner umfassenden Interessenabwägung zu dem aus Sicht der Berufungskammer zutreffenden Ergebnis gelangt, dass ein wichtiger Grund für die außerordentliche Arbeitnehmerkündigung des Klägers nicht vorgelegen hat. Vor diesem Hintergrund ergibt sich, dass der aus Sicht des Klägers gegebene Wertungswiderspruch zur rechtlichen Beurteilung der außerordentlichen Kündigungsmöglichkeit des Arbeitgebers wegen Arbeitsverweigerung das vom Arbeitsgericht gefundene Ergebnis nicht in Frage stellt. Auch bei der fristlosen Arbeitgeberkündigung führt nämlich das Vorliegen des "wichtigen Grunds an sich" nicht ohne weiteres zur Wirksamkeit der fristlosen Kündigung.

Hierzu ist festzuhalten, dass es im Bereich des § 626 Absatz 1 BGB keine absoluten Kündigungsgründe gibt. Ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 BGB ist vielmehr nur aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung festzustellen, die zu dem Ergebnis führt, dem Kündigenden sei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst für die Zeit bis zur ordentlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar (BAG, Urt. vom 26.7.2001, Az.: 8 AZR 739/00, NZA 2002,325). Der im Interesse der Rechtssicherheit eingeführte Begriff des "wichtigen Grundes an sich", also in einem von den individuellen Belangen der konkret betroffenen Vertragspartei losgelösten Sinne, gibt Anhaltspunkte für die Beurteilung konkreter Sachverhalte, ersetzt aber nicht die zur Anwendung der Generalklausel des § 626 Absatz 1 BGB notwendige Einzelfallprüfung. Kataloge "wichtiger Gründe" sind deshalb mit der gebotenen Vorsicht anzuwenden, weil die einzelnen Tatbestände sehr unterschiedlich gelagert sein können (EK-Müller-Glöge, 9. Aufl., § 626 BGB, Rz. 60).

Das Arbeitsgericht hat zutreffend berücksichtigt, dass nicht etwa das laufende Gehalt, also die Zahlungsverpflichtung des Arbeitgebers, die der laufenden Existenzsicherung des Arbeitnehmers dient, sondern die Vergütung für Urlaub, Feiertage und Krankheitszeiten für zurückliegende Zeiträume offen geblieben ist und dass der vom Kläger geforderte höhere Betrag nur deswegen aufgelaufen ist, weil er über mehrere Jahre die für ihn offenbar nicht ungünstige Abrechnungspraxis der Beklagten nicht beanstandet hat, sondern erst von seinem vormaligen Anwalt auf offene Rechtsansprüche aufmerksam gemacht wurde.

Hinzu kommt, dass die Beklagte dem Kläger bereits ein Stück weit - wenn auch nicht im rechtlich gebotenen Umfang - entgegen gekommen ist. Die vom Kläger geäußerte Befürchtung einer unzumutbaren Arbeitssituation bei einem laufenden Gerichtsverfahren wurde auch für das Berufungsgericht nicht nachvollziehbar, nachdem der Kläger während der gesamten Dauer der vorgerichtlichen Auseinandersetzung über noch ausstehende Zahlungsansprüche durch Arbeitsunfähigkeit bedingt nicht im Betrieb war. Im Übrigen teilt das Berufungsgericht die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass es vor dem Hintergrund der bezeichneten Umstände dem Kläger zumutbar gewesen wäre, auch bei bestehendem Arbeitsverhältnis seine offenen Ansprüche gerichtlich zu verfolgen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

IV.

Da dem Rechtsstreit über die Klärung der streitgegenständlichen Fragen hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, besteht für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung. Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen gemäß § 72 a ArbGG hingewiesen wird, zulassen sollte.

Ende der Entscheidung

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