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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 29.05.2008
Aktenzeichen: 2 Sa 1120/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 133
BGB §§ 145 ff
BGB § 157
Streit darüber, ob ein außergerichtlicher Vergleich zustandegekommen ist, der den Rechtsstreit erledigt hat.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 Sa 1120/07

Verkündet am: 29. Mai 2008

In dem Rechtsstreit

hat die Zweite Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 30. April 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Waitz sowie die ehrenamtlichen Richter Irene Braun und Wolfgang Heinlein für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 20.9.2007 - 23 Ca 4290/07 - abgeändert.

Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien folgender Vergleich zustande gekommen ist:

1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Beschäftigungsverhältnis mit Ablauf des 31.5.2007 beendet worden ist und dass es sich hierbei nicht um ein Arbeitsverhältnis gehandelt hat.

2. Der Beklagte bezahlt an den Kläger, beginnend ab dem 1.9.2007, monatlich € 3.000,-- (in Worten: Euro dreitausend) zzgl. Mehrwertsteuer auf entsprechende Rechnungstellung des Klägers und zwar für den Monat September und die folgenden 14 Monate jeweils am 1. eines Kalendermonats.

3. Der Beklagte erteilt dem Kläger ein Arbeitszeugnis, welches unter vollinhaltlicher Übernahme eines klägerischen Entwurfes unterschrieben von dem Beklagten auf Briefpapier der pp. erstellt wird, die Beurteilungsnote 1 bis 2 enthält und eine Beschäftigungsdauer vom 15.3.2001 bis Oktober 2007 ausweist.

4. Mit diesem Vergleich sind alle finanziellen Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis und dessen Beendigung abgegolten.

5. Mit diesem Vergleich sind die Rechtsstreite 23 Ca 4290/07 und 6 Ca 7160/07 beim Arbeitsgericht München erledigt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, vorsorglichen ordentlichen Kündigung, die Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung des Klägers und in diesem Zusammenhang auch darüber, ob der Kläger als Arbeitnehmer für den Beklagten tätig war. Im Berufungsverfahren bestehen unterschiedliche Auffassungen darüber, ob ein außergerichtlicher Vergleich der Parteien zustande gekommen ist, durch den der Rechtsstreit erledigt ist.

Der Beklagte ist Inhaber eines Gasthofes mit etwa 40 Arbeitnehmern, in dem der Kläger seit 15.3.2001 als Betriebsleiter und Geschäftsführer tätig war. Der Kläger erhielt auf entsprechende Rechnungen eine monatliche Vergütung von € 5.112,92 zuzüglich Mehrwertsteuer. Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer wurden nicht abgeführt. Mit Schreiben vom 1.3.2007 kündigte der Beklagte "den bestehenden Dienstleistungsvertrag als selbständiger Betriebsleiter in unserem Gasthof mit sofortiger Wirkung, vorsorglich mit der ordentlichen Kündigungszeit von vier Wochen."

Mit der am 22.3.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, er sei als Arbeitnehmer tätig gewesen. Er sei hinsichtlich Arbeitsort und Arbeitszeit weisungsgebunden und in die betriebliche Organisation eingegliedert gewesen. Weder in finanzieller noch in personeller Hinsicht habe er eine letzte Entscheidungskompetenz gehabt. Die Kündigung sei unwirksam. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe seien unzutreffend. Er sei auch nie abgemahnt worden.

Dagegen hat der Beklagte erstinstanzlich vorgetragen, der Kläger sei kein Arbeitnehmer gewesen. Seine Tätigkeit habe auf einem Beratungsvertrag beruht. Er habe seine Dienstpläne sowie die Dienstpläne der anderen Geschäftsführer frei nach seinem Gutdünken gestaltet. Weiter habe er die Dienstpläne des Servicepersonals erstellt und sei dafür zuständig gewesen, dieses Personal sowie die Aushilfen für die Gaststätten ein- und auszustellen. Selbst Köche, Reinigungskräfte, Schankkellner und Hausmeister habe der Kläger selbständig ohne Rücksprache engagiert. Nahezu allen Mitarbeitern des Hauses habe er Abmahnungen erteilt. In die Betriebsorganisation sei er nicht eingebunden gewesen, sondern habe seine Anwesenheitszeiten selbst gestaltet. Gegenüber den Mitarbeitern sei er stets als Arbeitgeber aufgetreten. Die Kündigung beruhe darauf, dass der Kläger trotz des Hinweises, dass der Geschäftsführer pp. unmöglich vom 12.1. bis 4.2.2007 in den Urlaub gehen könne, dessen Urlaubsschein unterschrieben habe. Außerdem habe sich das Ansehen der Gaststätte wegen des Klägers negativ entwickelt.

Im Kammertermin beim Arbeitsgericht schlossen die Parteien am 2.8.2007 folgenden widerruflichen Vergleich:

1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Beschäftigungsverhältnis mit Ablauf des 31.5.2007 beendet worden ist und dass es sich hierbei nicht um ein Arbeitsverhältnis gehandelt hat.

Der Beklagte bezahlt an den Kläger, beginnend ab dem 1.9.2007, monatlich € 5.113,-- (fünftausendeinhundertdreizehn EURO) zuzüglich Mehrwertsteuer auf entsprechende Rechnungstellung des Klägers und zwar für den Monat September und die folgenden fünf Monate jeweils am ersten eines Kalendermonats.

2. Mit diesem Vergleich sind alle finanziellen Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis und dessen Beendigung abgegolten.

3. Damit ist der Rechtstreit erledigt sowie das Verfahren 6 Ca 7160/07.

4. Dieser Vergleich kann von dem Kläger schriftsätzlich zum Arbeitsgericht München bis 16.8.2007 widerrufen werden.

Am 8.8.2007 teilte die Klägervertreterin dem Gericht mit, dass der Kläger den Vergleich widerrufe. Am 17.8.2007 informierte der Beklagtenvertreter das Gericht über Vorschläge der Parteien zur einvernehmlichen Beendigung des Rechtsstreits. Er bat um Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Daraufhin verlegte das Gericht den Entscheidungsverkündungstermin zunächst vom 30.8.2007 auf den 13.9.2007, um den Parteien ausreichend Zeit für eine gütliche Einigung zu geben, später auf den 20.9.2007.

Mit Faxschreiben vom 13.9.2007 wandte sich der Kläger an den Beklagtenvertreter. Darin heißt es u.a.:

"Neues Verbindliches Angebot gültig bis Dienstag 18.9.07, 14.00 Uhr

Nun 9 Monate Abfindung zahlbar in 15 gleichbleibenden Raten zu je € 3.000,-- Netto am 3. jeden Monats Start der Zahlung Oktober 2007

Herr pp. erstellt sich ein Zeugnis selbst mit der Note 1-2. Unterschrieben von pp. senior persönlich auf Briefpapier von xp. usw. Dauer von 15.3.2001 bis Oktober 2007 da noch keine wirksame Beendigung erzielt wurde. ..."

Mit einem weiteren Faxschreiben an den Beklagtenvertreter, das am 13.9.2007 gegen 23.00 Uhr versandt wurde, verlangte der Kläger eine Absicherung durch eine Bankbürgschaft bzw. die Ehefrau des Beklagten. Am 17.9.2007 antwortete der Beklagtenvertreter der Klägervertreterin mit folgendem Schreiben:

"In obiger Angelegenheit nehme ich Bezug auf das verbindliche Vergleichsangebot Ihres Mandanten vom 13.9.2007.

Nach Rücksprache mit meinem Mandanten kann ich Ihnen die erfreuliche Mitteilung machen, dass mein Mandant das verbindliche Vergleichsangebot Ihres Herrn Mandanten annimmt. Ich darf damit das Zustandekommen eines den Rechtsstreit beendenden Vergleiches wie folgt unter Berücksichtigung des Vergleichstextes des Arbeitsgerichts München vom 2.7.2007 wie folgt bestätigen:

1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Beschäftigungsverhältnis mit Ablauf des 31.5.2007 beendet worden ist und dass es sich hierbei nicht um ein Arbeitsverhältnis gehandelt hat.

Der Beklagte bezahlt an den Kläger, beginnend ab dem 1.10.2007, monatlich € 3.000,-- (dreitausend Euro) zzgl. Mehrwertsteuer auf entsprechende Rechnungstellung des Klägers und zwar für den Monat Oktober und die folgenden 14 Monate jeweils am 1. eines Kalendermonats.

2. Der Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger ein wohlwollendes gutes Zeugnis zu erteilen.

3. Mit diesem Vergleich sind alle finanziellen Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis und dessen Beendigung abgegolten.

4. Damit ist der Rechtsstreit erledigt sowie das Verfahren 6 Ca 7160/07.

Ich darf Sie bitten, Ihren Herrn Mandanten zu veranlassen, den Zeugnisentwurf zu übermitteln, damit das Zeugnis entsprechend dem Vergleichsinhalt erstellt werden kann.

Das Arbeitsgericht München habe ich mittels des in der Anlage in Kopie zu Ihrer Kenntnisnahme beigefügten Schriftsatzes vom Inhalt des Vergleiches informiert und gebeten, das Zustandekommen des Vergleiches gem. § 278 Abs. 6 ZPO im Beschlusswege festzustellen."

Ebenfalls am 17.9.2007 wandte sich der Beklagtenvertreter an das Arbeitsgericht, teilte mit, die Parteien hätten sich geeinigt und bat, das Zustandekommen eines Vergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO festzustellen. Danach führten die Parteivertreter ein Telefonat, in dem die Klägervertreterin mitteilte, der Kläger bestehe auf einer Bankbürgschaft oder einer Absicherung durch die Ehefrau des Beklagten.

Mit Endurteil vom 20.9.2007 hat das Arbeitsgericht der Klage im Wesentlichen stattgegeben und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 1.3.2007 nicht aufgelöst worden sei. Es hat den Beklagten verurteilt, den Kläger über den 29.3.2007 hinaus zu unveränderten Bedingungen auf demselben Arbeitsplatz weiterzubeschäftigen. Einen Antrag auf Erstellung eines qualifizierten Zeugnisses hat das Arbeitsgericht abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, der Kläger sei als Arbeitnehmer tätig gewesen. Seine Weisungsabhängigkeit zeige sich an dem Kündigungsvorwurf. Entsprechend der Natur eines Gaststättenbetriebes sei der Kläger im Wesentlichen nach Arbeitsort und Arbeitszeit eingegliedert gewesen. Ein Kündigungsgrund gemäß § 1 KSchG sei nicht mit der erforderlichen Substantiiertheit vorgetragen worden. Die Urlaubsgenehmigung bezüglich des Herrn pp. sei bei Unterstellung als richtig als Abmahnungsfall einzustufen.

Gegen dieses den Beklagtenvertretern am 19.11.2007 zugestellte Endurteil richtet sich die Berufung des Beklagten vom 10.12.2007, die am 21.2.2008 begründet worden ist, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zu diesem Tag verlängert worden war. Er ist der Auffassung, die Parteien hätten sich vergleichsweise auf eine Beendigung des Anstellungsverhältnisses geeinigt. Durch die Annahme vom 17.9.2007 sei ein Vergleich entsprechend dem Angebot des Klägers zustande gekommen. Dies habe der Beklagtenvertreter der Klägervertreterin auch telefonisch mitgeteilt. Dabei habe er erklärt, dass der Formulierungsvorschlag bzgl. des Zeugnisses im Schreiben vom 17.9.2007 neutral formuliert worden sei, um nicht urkundlich festhalten zu müssen, dass der Kläger sich sein Zeugnis selbst erstellt habe. Er habe jedoch erklärt, dass sich die Vergleichsannahme auf exakt das Zeugnis beziehe, welches der Kläger gefordert habe. Im Übrigen habe das Arbeitsgericht zu Unrecht eine Arbeitnehmereigenschaft des Klägers angenommen. Nach dem Inhalt des Beratungsvertrages sei der Kläger ausschließlich beratend tätig gewesen. Durch die Urlaubsgenehmigung habe er den Gaststättenbetrieb wirtschaftlich gefährdet.

Der Beklagte stellt folgende Anträge:

I. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 20.9.2007, Az. 23 Ca 4290/07, wird aufgehoben.

II. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien folgender Vergleich zustande gekommen ist:

1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Beschäftigungsverhältnis mit Ablauf des 31.5.2007 beendet worden ist und dass es sich hierbei nicht um ein Arbeitsverhältnis gehandelt hat.

2. Der Beklagte bezahlt an den Kläger, beginnend ab dem 1.9.2007, monatlich € 3.000,-- (dreitausend Euro) zzgl Mehrwertsteuer auf entsprechende Rechnungstellung des Klägers und zwar für den Monat September und für die folgenden 14 Monate jeweils am 1. eines Kalendermonats.

3. Der Beklagte erteilt dem Kläger ein Arbeitszeugnis, welches unter vollinhaltliche Übernahme eines klägerischen Entwurfes unterschreiben von dem Beklagten auf Briefpapier der Gaststätte pp. erstellt wird und der Beurteilungsnote 1 bis 2 entspricht.

4. Mit diesem Vergleich sind alle finanziellen Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis und dessen Beendigung abgegolten.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des Arbeitsgerichts für zutreffend. Insbesondere habe das Arbeitsgericht seine Arbeitnehmereigenschaft fehlerfrei festgestellt.

Das Verfahren sei nicht durch einen Vergleich erledigt worden. Das Angebot des Klägers vom 13.9.2007 habe weder eine Abgeltungsklausel noch einen Vorschlag hinsichtlich des Beendigungszeitpunktes noch hinsichtlich der Rechtsnatur des Beschäftigungsverhältnisses enthalten. Der Beklagte habe das Angebot mit mindestens zwei Änderungen angenommen. Nach § 150 Abs. 2 BGB handele es sich damit um ein neues Angebot, das der Kläger nicht angenommen habe. Die Annahmeerklärung des Beklagten enthalte abweichend vom Angebot des Klägers Regelungen über die Qualifizierungen des Beschäftigungsverhältnisses sowie eine Abgeltungsklausel. Außerdem weiche die Regelung über das Zeugnis vom Angebot des Klägers ab. Laut dem geänderten Vergleichstext sei der Beklagte lediglich zur Ausstellung eines guten Zeugnisses verpflichtet, während das Angebot des Klägers eine Note 1 bis 2 zum Inhalt gehabt habe. Außerdem fehle in dem Text des Beklagtenvertreters die Formulierung über die Ausstellung des Zeugnisses durch den Kläger. Ein Vergleich sei auch deshalb nicht zustande gekommen, weil der Kläger noch am 13.9.2007 eine Absicherung seiner Ansprüche gefordert habe und insoweit eine Einigung nicht zustande gekommen sei.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom 21.2.2008, des Klägers vom 17.4.2008 sowie die Sitzungsniederschrift vom 30.4.2008 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 64 Abs. 2 b, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO). Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass der Beklagte nicht ausdrücklich eine Abweisung der Klage, sondern die Feststellung beantragt hat, dass zwischen den Parteien ein Vergleich mit einem bestimmten Wortlaut zustande gekommen sei. Insoweit handelt es sich um ein Minus gegenüber dem Antrag auf Klageabweisung. Der Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs stellt ein erledigendes Ereignis dar, das zwar den Rechtsstreit nicht beendet, die Klage jedoch unbegründet macht (Zöller-Stöber, ZPO, § 794 Rn 17; Zöller-Vollkommer, § 91 a Rn 58, Vergleich; BGH vom 7.3.2002 - III ZR 73/01 - NJW 2002, 1503). Der Feststellungsantrag gibt damit den Grund an, der nach Ansicht des Beklagten zur Erledigung und damit zur Unbegründetheit der Klage führt.

II.

Die Berufung ist begründet, denn der Rechtsstreit ist durch einen außergerichtlichen Vergleich vom 13./17.9.2007 erledigt. Eine Auslegung der beiderseitigen Erklärungen gemäß §§ 133, 157 BGB ergibt, dass die Parteien einen außergerichtlichen Vergleich mit dem im Urteilstenor wiedergegebenen Inhalt geschlossen haben. Bei der Auslegung der beiderseitigen Willenserklärungen ist zunächst vom Wortlaut der Erklärungen auszugehen. Dann sind auch außerhalb der Vereinbarung liegende Begleitumstände in die Auslegung einzubeziehen, etwa die Vorgeschichte der Vereinbarung, der mit ihr verfolgte Zweck und die bestehende Interessenlage. Die Orientierung an Treu und Glauben (§ 157 BGB) bedeutet, dass im Zweifel ein Auslegungsergebnis anzustreben ist, das die berechtigten Belange beider Parteien angemessen berücksichtigt und mit den Anforderungen des redlichen Geschäftsverkehrs im Einklang steht (Palandt/Heinrichs, BGB, Rn 4 ff zu § 133 m.w.N.).

1. Das Schreiben des Klägers vom 13.9.2007 stellt ein annahmefähiges Angebot dar. Bei einem solchen Angebot müssen Gegenstand und Inhalt des Vertrages so bestimmt oder so bestimmbar angegeben werden, dass die Annahme durch ein einfaches Ja erfolgen kann (Palandt aaO, Rn 1 zu § 145). Der Bestimmtheit des Antrags des Klägers steht nicht entgegen, dass es wesentliche Streitpunkte nicht ausdrücklich anspricht, insbesondere die Rechtsnatur des Vertrages der Parteien und den Beendigungszeitpunkt. Der Antrag bezieht sich nämlich erkennbar auf den gerichtlichen Vergleich, den der Kläger widerrufen hatte, und spricht nur die Punkte an, die von den Regelungen des Vergleiches abweichen. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des Angebots selbst. Die Worte "Neues Verbindliches Angebot" und "Nun" verdeutlichen, dass es zuvor eine andere Regelung gegeben hatte, nämlich den gerichtlichen Vergleich mit einer Zahlungsverpflichtung in Höhe von fünf Monatsverdiensten. Im Begleitschreiben vom 13.9.2007 wird außerdem mehrfach der Zeitablauf nach dem gerichtlichen Vergleich angesprochen. Dies soll erkennbar die erhöhte Forderung des Klägers begründen. Das Setzen einer Annahmefrist verdeutlicht den Willen des Klägers, ein annahmefähiges Angebot abzugeben.

Entgegen der vom Kläger im Termin vom 30.4.2008 vertretenen Auffassung hatte das Angebot nicht den Zweck, nur die ausdrücklich angesprochenen Punkte zu regeln und andere Punkte offen zulassen. Typischerweise haben die Vertragsparteien bei einem Rechtsstreit über die Rechtsnatur und die Beendigung eines Rechtsverhältnisses ein Interesse, das Schicksal des streitigen Vertragsverhältnisses insgesamt zu regeln. Hier macht beispielsweise die Vereinbarung einer Zahlungspflicht keinen Sinn, wenn der Vertrag gar nicht beendet wird und damit weitere Zahlungspflichten im Raume stehen. Das Angebot des Klägers berücksichtigt nur dann die Belange beider Parteien angemessen und steht mit den Anforderungen des redlichen Geschäftsverkehrs im Einklang, wenn es das gesamte streitige Rechtsverhältnis betrifft und bezüglich der nicht ausdrücklich angesprochenen Punkte das gilt, was hierzu in dem widerrufenen gerichtlichen Vergleich geregelt war.

Damit enthält das Angebot des Klägers weder bezüglich der Rechtsnatur des Vertrages noch bezüglich der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen sowie der Lohnsteuer Lücken. Vielmehr konnte das Angebot des Klägers nur so verstanden werden, dass insoweit Ziffer 1 des widerrufenen Vergleichs gelten sollte. Darin hatten die Parteien ihre Übereinstimmung darüber festgelegt, dass das zwischen ihnen bestehende Beschäftigungsverhältnis mit Ablauf des 31.5.2007 beendet worden ist und dass es sich hierbei nicht um ein Arbeitsverhältnis gehandelt hat. Damit lässt sich dem Angebot des Klägers auch entnehmen, dass keine Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer abzuführen sind. Die angebotene Nettozahlungspflicht bezieht sich - wie im Vergleich - auf die noch hinzukommende Mehrwertsteuer, nicht dagegen auf die Sozialversicherungsbeiträge und die Lohnsteuer. Ein Dissens liegt insoweit nicht vor, weil der Kläger erst im Laufe des Rechtsstreits seinem Angebot eine andere Bedeutung beimessen will als ursprünglich gewollt.

Auch bezüglich des Beendigungszeitpunkts bezieht sich das Angebot des Klägers auf den gerichtlichen Vergleich, in dem geregelt war, dass das Beschäftigungsverhältnis mit Ablauf des 31.5.2007 beendet worden ist. Dem steht nicht entgegen, dass im zweiten Absatz von einer "Dauer vom 15.3.2001 bis Oktober 2007" die Rede ist. Diese Formulierung bezieht sich nach ihrem Wortlaut und ihrer Stellung nur auf das zu erstellende Zeugnis.

2. Die Bindung des Klägers an sein Angebot vom 13.9.2007 ist nicht dadurch weggefallen, dass er in der darauffolgenden Nacht mit einem weiteren Faxschreiben eine Absicherung durch eine Bankbürgschaft bzw. die Ehefrau des Beklagten forderte. Der Kläger hatte nämlich eine Annahmefrist bis Dienstag, 18.9.2007, 14.00 Uhr gesetzt und war deshalb bis zum Ablauf dieser Frist an seinen ursprünglichen Antrag gebunden (§§ 145, 148 BGB).

3. Der Beklagte hat das Angebot des Klägers mit dem Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 17.9.2007 angenommen. Dies ergibt sich aus dem zweiten Satz dieses Schreibens, in dem mitgeteilt wird, dass der Beklagte das verbindliche Vergleichsangebot des Klägers annimmt. Die dann folgenden Ausführungen widersprechen dem Angebot des Klägers nicht. Sie stellen entgegen der Auffassung des Klägers keine Annahme unter Änderungen dar, die als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag gelten würde (§ 150 Abs. 2 BGB). Unter den Ziffern 1 bis 4 hat der Beklagtenvertreter einen Text als Grundlage für einen gerichtlichen Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO formuliert. Dies ergibt sich aus dem letzten Satz des Schreibens sowie aus der Bitte an das Gericht, das Zustandekommen des Vergleichs gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festzustellen. Aufgrund des oben beschriebenen Umstandes, dass das Angebot des Klägers nicht alle in einem gerichtlichen Vergleich zu regelnden Punkte ausdrücklich angesprochen hatte, konnte das Schreiben des Klägers vom 13.9.2007 einem Vergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO nicht zugrunde gelegt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass durch den ausformulierten Text das Angebot des Klägers geändert worden wäre. Wie ausgeführt deckt sich das Beendigungsdatum 31.5.2007 mit dem ausgelegten Angebot des Klägers. Die Formulierung über das Zeugnis in Ziffer 2 weicht nicht von dem Angebot des Klägers ab, weil erkennbar ist, dass im maßgeblichen Verhältnis zwischen den Parteien nur das vom Beklagten angenommene Angebot des Klägers gelten soll und nicht der Text des Vorschlags gem. § 278 Abs. 6 ZPO. Dies ergibt sich aus dem vorletzten Absatz des Schreibens vom 17.9.2006, in dem um Übermittlung eines Zeugnisentwurfs gebeten wird. Hieraus wird die Bereitschaft des Beklagten deutlich, das Zeugnis so zu erteilen, wie dies der Kläger gefordert hatte, also mit einem von ihm selbst formulierten Text und mit seiner eigenen Beurteilung (Note 1 bis 2). In diesem Zusammenhang hat der Kläger nicht bestritten, dass der Beklagtenvertreter gegenüber der Klägervertreterin die Formulierung im Vergleichstext damit begründete, die Erstellung des Zeugnisses durch den Kläger selbst solle nicht urkundlich festgehalten werden. Angesichts der uneingeschränkten Annahme des Vorschlags des Klägers in Satz 2 des Schreibens vom 17.9.2007 und des vorletzten Absatzes dieses Schreibens konnte diese Motivation auch schon dem Schreiben des Beklagtenvertreters entnommen werden.

Die Abgeltungsklausel war aus den genannten Gründen schon Bestandteil des Angebots des Klägers.

4) Obwohl es nach Annahme des Angebots nicht entscheidend auf den Inhalt des Telefonats zwischen den Parteivertretern ankommt, wird darauf hingewiesen, dass auch nach dem Sachvortrag des Klägers nicht davon auszugehen ist, dass der Beklagtenvertreter mündlich das Angebot des Klägers bezüglich des Zeugnisses geändert hat. Wie ausgeführt hat der Kläger nicht bestritten, dass der Beklagtenvertreter die Formulierung des Vergleichstextes über das Zeugnis damit begründete, die Erstellung des Zeugnisses durch den Kläger solle nicht gleich ersichtlich sein. Der Kläger hat auch nicht ausdrücklich zu der Behauptung des Beklagten Stellung genommen, sein Prozessbevollmächtigter habe in dem Telefonat erklärt, der Beklagte werde das Zeugnis so wie vom Kläger gefordert unmittelbar nach Vergleichsschluss erstellen und unterzeichnen. Der Kläger hat lediglich eine Erklärung des Beklagtenvertreters vortragen lassen, bezüglich des Zeugnisses müsse der Vergleichstext anders formuliert werden wie vom Kläger angeboten. Wenn dies als zutreffend angenommen wird, so stellt es keine inhaltliche Änderung des Angebots des Klägers dar, sondern formuliert lediglich die Verpflichtung, über die sich die Parteien bereits einig geworden waren, nach außen nicht ganz so deutlich.

5) Der Vergleich ist nicht gem. § 134 BGB nichtig. Unstreitig wurde die Tätigkeit des Klägers jahrelang aufgrund von Rechnungen des Klägers abgerechnet, die auch die Mehrwertsteuer beinhalteten. Es ist nicht ersichtlich, warum es nicht möglich sein soll, dass sich die Parteien auf eine Fortführung dieser Abrechnung verständigen. Die Frage, ob die Sozialversicherungsträger bzw. die Finanzbehörden diese Abrechnungen anerkennen, kann ohnehin in einem Vergleich nicht verbindlich geregelt werden.

6) Die Unwirksamkeit des Vergleichs ergibt sich schließlich nicht aus § 623 BGB. Danach bedarf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Hier hat der Beklagte unstreitig am 1.3.2007 eine schriftliche Kündigung erklärt und damit die Form des § 623 BGB gewahrt. Die an eine formwirksame Kündigung anknüpfende Vereinbarung in Form eines außergerichtlichen Vergleichs bedarf nicht erneut der Schriftform.

III.

Nach § 91 Abs. 1 ZPO trägt der unterliegende Kläger die Kosten des Rechtsstreits.

IV.

Dieses Urteil ist unanfechtbar, denn der Beklagte ist nicht beschwert und es besteht kein Grund, für den Kläger die Revision zuzulassen (§ 72 Abs. 2 ArbGG). Auf § 72 a ArbGG (Nichtzulassungsbeschwerde) wird hingewiesen.



Ende der Entscheidung

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