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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 04.05.2006
Aktenzeichen: 2 Sa 1164/05
Rechtsgebiete: TzBfG


Vorschriften:

TzBfG § 9
Dringende betriebliche Gründe, die einer Verlängerung der Arbeitszeit entgegenstehen, können sich aus einem Personalüberhang in anderen Bereichen des Arbeitgebers ergeben.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 Sa 1164/05

Verkündet am: 4. Mai 2006

In dem Rechtsstreit

hat die Zweite Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 6. April 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Waitz sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Sebastian Hopfner und Klaus Brinnig für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Rosenheim vom 18.10.2005 - 5 Ca 313/05 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Verlängerung der Arbeitszeit der teilzeitbeschäftigten Klägerin.

Die Klägerin ist seit 12.3.1999 bei der Niederlassung Brief R. im Zustelldienst beschäftigt, und zwar mit einer arbeitsvertraglichen Arbeitszeit von zuletzt 19,5 Wochenstunden. Zu dieser Niederlassung gehört der Zustellstützpunkt mit Leitungsfunktion (ZSPL) T., dem mehrere Zustellbezirke zugeordnet sind. Leiter des ZSPL Traunstein ist der Zeuge W.. Die Arbeitszeit der Klägerin wurde in der Vergangenheit mehrfach jeweils befristet erhöht. Außerdem leistete die Klägerin in der Vergangenheit Überstunden. Vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer der Beklagten haben eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden.

Am 1.10.2004 wurde beim Zustellstützpunkt L. ein Dienstposten "Springer Bezirke 25, 27, 30, 31 und Fracht" mit einer Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden ausgeschrieben. Die Klägerin bewarb sich auf diesen Dienstposten und beantragte die unbefristete Verlängerung ihrer Wochenarbeitszeit auf 38,5 Stunden gem. § 9 TzBfG.

Für den ausgeschriebenen Posten bewarben sich neben der Klägerin die Mitarbeiter H. (Beamter), Sch. und T.. Am 22.11.2004 wurde der Dienstposten mit Herrn H. besetzt. Dieser ist seit 14 Jahren bei der Beklagten in Vollzeit tätig. Er war ursprünglich als Zusteller im Zustellbezirk 708 (T.) eingesetzt. Vom 26.5.2004 bis 27.9.2004 wurde er aus gesundheitlichen Gründen innerhalb der Niederlassung Brief R. zum ZSPL R. abgeordnet. Ab 28.9.2004 wurde er in L. eingesetzt. Die im Zustellbezirk 708 (T.) freigewordene Stelle wurde mit Herrn P. besetzt.

In L. wurde über die ausgeschriebene Springerstelle hinaus ein neuer Zustellbezirk 31 geschaffen. Dieser Bezirk wurde mit den Mitarbeitern H. und T. im Jobsharing besetzt. Den dadurch freigewordenen Zustellbezirk 26 übernahm der Mitarbeiter W..

Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie nach § 9 TzBfG Anspruch darauf habe, Vollzeit beschäftigt zu werden. Sie sei für den ausgeschriebenen Dienstposten in L. und den neu geschaffenen Bezirk 31 in L. in gleicher Weise geeignet gewesen wie die Mitarbeiter, die letztlich diese Dienstposten erhalten hätten. Eine bessere Eignung des Herrn H. ergebe sich weder aus seiner längeren Beschäftigungszeit im Zustelldienst noch aus seiner Ausbildung. Es hätten auch keine dringenden betrieblichen Gründe dafür vorgelegen, die Stellen mit anderen Mitarbeitern zu besetzen. Allein der Personalüberhang könne ein solches betriebliches Erfordernis nicht darstellen, da die Beklagte es sonst in der Hand hätte, ihren Verlängerungsanspruch auszuheben. Die Beklagte könne sich auch nicht auf mangelnden Bedarf berufen, da sie tatsächlich praktisch Vollzeit arbeite.

Dagegen meint die Beklagte, die freien Dienstposten seien zulässigerweise mit anderen Arbeitnehmern besetzt worden. Wegen seiner längeren Beschäftigungsdauer und seiner Ausbildung sei Herr H. besser geeignet gewesen als die Klägerin. Diese sei nur eine angelernte Kraft. Darüber hinaus habe es dringende betriebliche Gründe für die Besetzung mit anderen Mitarbeitern gegeben. Diese Gründe würden dem Wunsch der Klägerin nach einer Verlängerung ihrer Arbeitszeit entgegenstehen. Bei der Beklagten gebe es einen Personalüberhang. Im Zuge der Ausweitung der im Jahre 2003 eingeführten sog. Verbundzustellung, d.h. der gemeinsamen Zustellung von Brief- und Frachtsendungen sei bei den Zustellstützpunkten T. und L. die bisher bestehende Frachtspringergruppe 706/708/713/714/715 aufgelöst worden. Auf dem bisherigen Zustellbezirk des Herrn H. (708) habe ab Herbst 2004 der bis dahin als Springer eingesetzte und nach Auflösung der Springergruppe im Überhang befindliche Arbeitnehmer P. untergebracht werden können. Der weitere Zustellbezirk 31 in L. sei durch die Ausweitung der Verbundzustellung geschaffen worden. Der darauf zurückzuführende Wechsel des Herrn W. in den Zustellbezirk 26 habe einen Vertreterposten in L. freigemacht. Der freigewordene Vertreterposten sei vorübergehend vom 28.9. bis 21.11.2004 mit Herrn H. besetzt worden. Zu diesem Zeitpunkt habe es im ZSPL T. zwei Doppelbesetzungen von Vertreterposten gegeben, einmal mit den Herren G. und H. und einmal mit den Herren Z. und E.. Durch den Wechsel des Herrn W. habe die Doppelbesetzung Z./E. aufgelöst werden können.

Mit Endurteil vom 18.10.2005 hat das Arbeitsgericht die Klage mit dem Antrag, die Beklagte zur Annahme des Angebots der Klägerin zur unbefristeten Erhöhung ihrer Arbeitszeit auf 38,5 Wochenstunden vom 1.10.2004 zu verurteilen, abgewiesen. Aufgrund der von der Klägerin langjährig ausgeübten Tätigkeit ergebe sich zwar die gleiche Eignung für die zu besetzenden Posten wie bei den anderen Mitarbeitern. Einer Beschäftigung der Klägerin in Vollzeit würden jedoch dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. Diese würden in dem bei der Beklagten bestehenden Personalüberhang liegen, den die Beklagte durch die Besetzung freier Dienstposten habe ausgleichen können. § 9 TzBfG begründe keinen Anspruch, wenn es beim Arbeitgeber keinen Bedarf für eine Verlängerung der Arbeitszeit gebe. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf das angefochtene Endurteil verwiesen.

Gegen dieses der Klägervertreterin am 19.10.2005 zugestellte Endurteil richtet sich die am 18.11.2005 eingegangene Berufung der Klägerin. Die Berufungsbegründung ist im Original am Mittwoch, 20.12.2005 beim Landesarbeitsgericht München eingegangen. Die Klägerin hält die Berufung für zulässig und beantragt vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Nach Eingang des angefochtenen Urteils habe die Verwaltungsangestellte T. die Fristen ordnungsgemäß notiert, die Berufungsbegründungsfrist mit dem Datum 19.12.2005. An diesem Tag habe Frau T. die diktierte Berufungsbegründung geschrieben und der Klägervertreterin zur Unterschrift vorgelegt. Danach habe diese den Schriftsatz an die angegebene Faxnummer des Landesarbeitsgerichts übermittelt und den Sendebericht mit dem "Ok"-Vermerk zurückerhalten.

Die Berufung sei auch begründet, denn im Hinblick auf die betrieblichen Gründe gehe das Arbeitsgericht fehl. Herr H. sei bereits Anfang 2004 und unabhängig von der Ausweitung der Verbundzustellung aus personenbedingten Gründen umgesetzt worden und infolgedessen sei Herr P. auf dem bisherigen Arbeitsplatz des Herrn H. eingesetzt worden. Die Besetzung des allgemeinen Vertreterpostens in Laufen mit Herrn H. sei unabhängig von den zwei neu geschaffenen Stellen erfolgt. Es habe auch keine Doppelbesetzung dieses Vertreterpostens bestanden. Darüber hinaus hätte Herr P. in dem neu eingerichteten und nicht besetzten Verbundbezirk 30 in T. untergebracht werden können.

Der sog. Personalüberhang, auf den sich die Beklagte beziehe, sei letztlich ein theoretisches Gebilde. Für den Zustellbezirk L. seien ein Personalbedarf von 18 Zustellern und ein Vertreteranteil von 24 % festgelegt. Daraus ergäben sich 4,32 Vertreterposten, von denen tatsächlich nur 3,5 Stellen besetzt seien. Von Januar bis Oktober 2005 sei ein realer Vertreterverbrauch von 27,9 % angefallen. Damit stimme es überein, dass die Klägerin im Jahre 2005 fast durchgängig Vollzeit beschäftigt gewesen sei.

Im Übrigen gehe das Arbeitsgericht zu Recht davon aus, dass die Klägerin die gleiche Eignung wie die anderen Mitarbeiter aufweise.

Die Klägerin stellt folgende Anträge:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Rosenheim vom 18.10.2005, Aktenzeichen 5 Ca 313/05, wird abgeändert.

2. Der Berufungsbeklagten wird aufgegeben, die Berufungsklägerin unbefristet mit einer Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Berufung schon für unzulässig. Jedenfalls habe das Arbeitsgericht zu Recht angenommen, dass dem Wunsch der Klägerin nach einer Verlängerung ihrer Arbeitszeit dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. Unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags trägt sie vor, die befristete Abordnung des Herrn H. nach R. habe keine Auswirkungen auf den festen Arbeitsplatz des Herrn P. als Springer in T. gehabt. Herrn P. sei der Arbeitsplatz, den Herr H. ab dem 28.9.2004 freigemacht habe, auch erst zu diesem Zeitpunkt angeboten worden. Herr P. habe nicht im Verbundbezirk 30 in T. untergebracht werden können. Dieser Bezirk sei nicht neu geschaffen worden, sondern im Dezember 2004 mit Frau B. besetzt gewesen. Im neuen Bezirk 31 sei zwar ein neuer Arbeitsposten geschaffen worden, dieser habe jedoch wegen der beschriebenen Doppelbesetzungen keinen zusätzlichen Personalbedarf verursacht.

Für den übergeordneten ZSPL T. enthalte die Budget- und Personalplanung für das Jahr 2005 einen Vertreteranteil von 24 %. Daraus könne die Klägerin jedoch keine Ansprüche herleiten. Die Planung führe nicht dazu, dass in jedem untergeordneten Zustellbezirk eine der abstrakten Vorgabe entsprechende Anzahl an Vertretern zu verbrauchen sei. Dem ZSPL T. seien im Jahr 2005 69 Vertretereinheiten zugewiesen gewesen. Tatsächlich seien 77 Vertretereinheiten verbraucht worden. Schließlich würde es an einer gleichen Eignung der Klägerin i.S.d. § 9 TzBfG fehlen.

Es ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung des Zeugen W. Wegen des Inhalts seiner Aussage wird auf die Sitzungsniederschrift vom 6. April 2006 verwiesen. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 19. und 30.12.2005 sowie der Beklagten vom 21.2.2006 Bezug genommen, außerdem auf die Sitzungsniederschrift vom 8.4.2006.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet, weil das Arbeitsgericht zu Recht angenommen hat, dass dem Wunsch der Klägerin nach einer Verlängerung ihrer vertraglich vereinbarten Arbeitszeit dringende betriebliche Gründe entgegenstehen (§ 9 TzBFG).

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt (§§ 64 Abs. 2 b, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519 ZPO). Obwohl sich in den Gerichtsakten kein am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist 19.12.2005 eingegangenes Telefax mit der Berufungsbegründung befindet, steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Berufungsbegründungsfrist durch ein solches Telefax eingehalten wurde (§ 66 Abs. 1 ArbGG). Dies ergibt sich aus dem durch eidesstattliche Versicherungen glaubhaft gemachten Sachvortrag der Klägerin und dem Fax-Journal des Landesarbeitsgerichts. Danach wurde die Berufungsbegründung am 19.12.2005 mittels Telefax an das Berufungsgericht übermittelt. Hierzu hat die Klägerin nicht nur das Postausgangsblatt vom 13. bis 21.12.2005 und einen Ausdruck aus dem EDV-Fristenkalender vorgelegt, aus denen sich die im Fristenkalender eingetragene Frist und ihre Erledigung ergeben, sondern auch den Sendebericht. Danach wurde ein Faxschreiben am Montag, 19.12.2005 um 16:08 Uhr an das Landesarbeitsgericht München übermittelt. Der Inhalt dieses Sendeberichts deckt sich mit dem Fax-Journal des Landesarbeitsgerichts München vom 19.12.2005, nach dem an diesem Tag um 16:09 Uhr ein 6-seitiges Fax eingegangen ist, das von der Absendenummer 08.............. übermittelt wurde. Dies ist die auf dem Sendebericht enthaltene Faxnummer der Klägervertreterin. Die Übereinstimmung der Faxnummern allein lässt zwar noch keinen zwingenden Schluss darauf zu, dass es sich bei dem übermittelten Fax um die Berufungsbegründung handelte. Dies steht jedoch aufgrund der anderen genannten Unterlagen sowie der eidesstattlichen Versicherungen, nach denen die Berufungsbegründung an diesem Tag der einzige Schriftsatz war, der an das Landesarbeitsgericht München gefaxt wurde, zur Überzeugung der Kammer fest. Der Umstand, dass sich die Faxabschrift nicht in den Gerichtsakten befindet, lässt sich vor diesem Hintergrund nur damit erklären, dass sie im Bereich des Berufungsgerichts verlorenging.

Da somit davon auszugehen ist, dass die Berufungsbegründung am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist einging, kommt es auf den vorsorglich gestellten Wiedereinsetzungsantrag nicht an.

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Dabei kann dahinstehen, ob der Berücksichtigung der Klägerin bei der Besetzung freier Arbeitsplätze ihre Eignung entgegensteht. Jedenfalls hat das Arbeitsgericht zu Recht angenommen, dass dem Wunsch der Klägerin nach einer Verlängerung ihrer vertraglich vereinbarten Arbeitszeit dringende betriebliche Gründe entgegenstehen (§ 9 TzBfG).

Das Arbeitsgericht hat das Entgegenstehen dringender betrieblicher Gründe gründlich und überzeugend dargestellt. Auf seine Ausführungen wird deshalb Bezug genommen (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Ergänzend und zu den Ausführungen der Klägerin wird auf folgendes hingewiesen.

1. Dringende betriebliche Gründe, die einer Verlängerung der Arbeitszeit entgegenstehen, können sich aus einem Personalüberhang in anderen Bereichen der Beklagten ergeben. Dies folgt vor allem aus den Zwecken des § 9 TzBfG, der unternehmerischen Freiheit des Arbeitgebers sowie einem Vergleich zum Kündigungsrecht. § 9 TzBfG soll den Wechsel von Teilzeitbeschäftigten in Vollzeitarbeit bzw. in eine Arbeit mit längerer Arbeitszeit erleichtern. Die Bestimmung ergänzt zum einen § 8 TzBfG und soll Arbeitnehmern, die aufgrund von § 8 TzBfG in Teilzeit arbeiten, die Rückkehr zur Vollzeitarbeit ermöglichen. § 9 TzBfG gilt aber für alle Teilzeitbeschäftigten. Es soll nicht in das Belieben des Arbeitgebers gestellt sein, ob er dem Wunsch nach einer Verlängerung der Arbeitszeit entspricht. Das Gebot, Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer bei der Besetzung eines entsprechenden Arbeitsplatzes bevorzugt zu berücksichtigen, entfällt jedoch beim Entgegenstehen dringender betrieblicher Gründe. Solche Gründe können sich aus der Organisation, dem Arbeitsablauf oder der Sicherheit des Betriebes ergeben (ErfK/Preis, § 9 TzBfG Rn 8; Rolfs RdA 2001, 129, 140). Sie liegen auch vor, wenn der Arbeitgeber für die Verlängerung der Arbeitszeit letztlich gar keinen Bedarf hat, beispielsweise, wenn es zwar einen freien Arbeitsplatz gibt, dieser Arbeitsplatz aber mit einem Arbeitnehmer besetzt wird, den der Arbeitgeber aus betrieblichen Gründen auf seinem bisherigen Arbeitsplatz nicht mehr weiterbeschäftigen kann. Beim Vorliegen einer solchen Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ist die betriebsbedingte Kündigung des betroffenen Arbeitnehmers unwirksam. Die Verpflichtung des Arbeitgebers, einen Arbeitnehmer zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung auf einem anderen Arbeitsplatz weiterzubeschäftigen, geht dem Anspruch aus § 9 TzBfG vor. Das Kündigungsschutzgesetzt gibt nämlich einen stärkeren Schutz als § 9 TzBfG. Es schützt den Bestand und den Inhalt des Arbeitsverhältnisses, während § 9 TzBfG unter den gesetzlichen Voraussetzungen einen Anspruch auf Änderung des Arbeitsvertrages gibt.

Entgegenstehende dringende betriebliche Gründe i.S.d. § 9 TzBfG liegen aber nicht nur dann vor, wenn ein anderer Arbeitnehmer zur Vermeidung einer Kündigung auf einem freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden muss, sondern auch dann, wenn betriebsbedingte Kündigungen z.B. tariflich ausgeschlossen sind und der Arbeitgeber letztlich keinen Bedarf für die Verlängerung der Arbeitszeit hat. Dies ergibt sich aus der unternehmerischen Freiheit. Im Kündigungsrecht nimmt das Bundesarbeitsgericht an, die Entscheidung des Arbeitgebers, den Personalbestand auf Dauer zu reduzieren, gehöre zu den unternehmerischen Maßnahmen, die zum Wegfall von Arbeitsplätzen führen und eine Kündigung rechtfertigen könnten (Urteil vom 17.6.1999 - 2 AZR 522/98 - NZA 99, 1095). Aus den oben angeführten Gründen begründet § 9 TzBfG jedenfalls keine Ansprüche, die die unternehmerische Organisationsfreiheit stärker einschränken würden als das Kündigungsschutzgesetz. Deshalb begründet § 9 TzBfG weder eine Verpflichtung des Arbeitgebers, einen Arbeitsplatz einzurichten, noch eine Pflicht, einen freien Arbeitsplatz nicht zum Abbau eines Personalüberhangs, sondern zur Verlängerung der Arbeitszeit eines teilzeitbeschäftigten Mitarbeiters zu nutzen.

2. Bei Anwendung dieser Gründe hat das Arbeitsgericht zu Recht angenommen, dass dem Wunsch der Klägerin dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. Sowohl die beiden freien Stellen in Laufen als auch die durch die Besetzung dieser Stellen freigewordenen Posten führten nämlich nicht zu einem Arbeitskräftemehrbedarf der Beklagten, sondern wurden zum Abbau eines Personalüberhangs genutzt. Eine Verlängerung der Arbeitszeit der Klägerin würde dazu führen, dass es bei der Beklagten mehr Stellen gibt, als dies ihrer Organisationsentscheidung entspricht.

Die Berufungsbegründung legt nicht dar, warum die Ausführungen des Arbeitsgerichts zum Personalüberhang unzutreffend sein sollen. Die Klägerin hat insbesondere nicht näher zum Sachvortrag der Beklagten Stellung genommen, wonach durch die Verbundausweitung Frachtzustellbezirke beim ZSPL T. und die Fracht-Springergruppe aufgelöst wurden und dadurch die ursprüngliche Stelle des Herrn P. wegfiel. Die Beweisaufnahme hat den diesbezüglichen Sachvortrag bestätigt.

Gleiches gilt für den Sachvortrag der Beklagten, dass die Versetzung des Herrn W. dazu genutzt wurde, die Doppelbesetzung eines Vertreterpostens mit den Herren Z. und E. aufzulösen.

Ein zusätzlicher Beschäftigungsbedarf ergibt sich weiter nicht daraus, dass im Verbundbezirk 30 in T. die bisherige Stelleninhaberin im April 2005 ausschied. Nach der glaubhaften Aussage des Zeugen W. soll diese Stelle nämlich durch den Neuschnitt von Bezirken wegfallen. Die unternehmerische Entscheidung, diese Stelle bis dahin mit einem Vertreter zu besetzen, ist aus den oben genannten Gründen nicht zu beanstanden.

Schließlich kann die Klägerin nicht einwenden, aus dem festgelegten Personalbedarf und Vertreteranteil ergäben sich für L. 4,32 Vertreterposten, von denen nur 3,5 besetzt seien. Zum einen hat die Beweisaufnahme ergeben, dass sich der Vertreteranteil von 24 % nicht speziell auf den Zustellbezirk L. bezieht, sondern auf den gesamten Bereich des ZSPL T.. Zum anderen liegt die Beantwortung der Frage, ob ein Vertretungsbedarf mit einer festen Vertreterstelle oder auf andere Weise (z.B. durch befristete Verlängerungen der Arbeitszeit, Überstunden oder den Einsatz von Aushilfskräften) gedeckt wird, in der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit. Deshalb ist es auch unerheblich, ob die Klägerin - wie von ihr behauptet - in der Vergangenheit praktisch Vollzeit arbeitete. Ebenso ist es unerheblich, ob sich der Verbrauch von Vertretereinheiten ohne Berücksichtigung von Haupturlaubszeiten berechnet. Es ist nämlich nicht zu beanstanden, wenn es bei der Beklagten eine zentrale Festlegung des Personalbedarfs gibt. Der von der Beklagten vorgetragene Stellenüberhang ist mehr als ein "theoretisches Gebilde" (so die Klägerin). Wie ausgeführt kann der Arbeitgeber über den Personalbestand selbst entscheiden. Bei der Beklagten sind gerichtsbekannt betriebsbedingte Kündigungen tariflich ausgeschlossen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte das Freiwerden von Stellen zu innerbetrieblichen Umsetzungen nutzt und nicht zu Neueinstellungen oder zur Verlängerung der Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten.

III.

Nach § 97 Abs. 1 ZPO hat die Klägerin die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen.

IV.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar, denn die Beklagte ist nicht beschwert und es besteht kein Grund, für die Klägerin die Revision zuzulassen (§ 72 Abs. 2 ArbGG). Auf § 72 a ArbGG (Nichtzulassungsbeschwerde) wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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