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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 03.02.2005
Aktenzeichen: 2 Sa 852/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 119 Abs. 2
BGB § 123 Abs. 1
In der Regel besteht beim Abschluss eines Arbeitsvertrages keine Offenbarungspflicht, dass er sich in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befindet und dieses bis zum Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses unter Beachtung der geltenden Kündigungsfristen nicht mehr beenden kann.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 Sa 852/04

Verkündet am: 3. Februar 2005

In dem Rechtsstreit

hat die Zweite Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 28. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Waitz sowie die ehrenamtlichen Richter Wolfgang Helmrich und Harald Hölzer für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 29.6.2004 - 21 Ca 15802/03 - wird auf Kosten der Beklagten und mit der Maßgabe, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien jedenfalls bis 3.5.2004 fortbestand, zurückgewiesen.

2. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte den zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag wirksam angefochten hat.

Die Beklagte ist ein Pharmaunternehmen und suchte im Dezember 2002 eine/n Pharmareferenten/in zum Besuch niedergelassener Dermatologen und dermatologischen Abteilungen in Kliniken in Brandenburg und angrenzenden Gebieten. Daraufhin gab es zunächst ein Gespräch zwischen der Klägerin und ihrer späteren Vorgesetzten P. und dann am 17.12.2002 zwischen der Klägerin und Frau P. sowie dem Außendienstleiter P. über eine Einstellung der Klägerin. Die Klägerin befand sich zu diesem Zeitpunkt seit 1997 in einem Arbeitsverhältnis als Pharmareferentin bei der Firma P. Dies war auch Gegenstand des Gesprächs am 17.12.2002. Bei diesem Gespräch teilte die Klägerin mit, dass sie zum 1.4.2003 bei der Beklagten anfangen könne. Mit Fax vom 19.12.2002 teilte die Beklagte der Klägerin ihr Interesse mit, sie als Pharmareferentin zum 1.4.2003 oder früher einzustellen. Der Klägerin wurden die beabsichtigten wesentlichen Vertragsbedingungen mitgeteilt. Weiter heißt es in dem Schreiben, nach Zustimmung des Betriebsrates würde der Klägerin der unterzeichnete Arbeitsvertrag zugesandt.

In der Folgezeit gab es telefonische Verhandlungen zwischen der Klägerin und der Beklagten über die Vergütung, jedoch nicht mehr über das Einstellungsdatum 1.4.2003. Am 15.1.2003 übermittelte die Beklagte der Klägerin eine ähnliche Einstellungszusage wie die vom 19.12.2002, jedoch mit Modifikationen bei der Vergütung. Ende Januar 2003 wurde der Arbeitsvertrag von beiden Parteien unterzeichnet. Die Beklagte übermittelte hierzu der Klägerin einen unterschriebenen Entwurf, den die Klägerin unterzeichnete und zurückschickte.

Am 1.4.2003 begann die Klägerin ihre Tätigkeit für die Beklagte und wurde zunächst wie andere Mitarbeiter in München zur Einarbeitung geschult. Ab diesem Zeitpunkt bezog sie auch Gehalt von der Beklagten. Tatsächlich war sie zu diesem Zeitpunkt arbeitsunfähig krank geschrieben. Vom 28.3.2003 bis 22.4.2003 bezog sie Krankengeld.

Am 15.4.2003 schloss die Klägerin eine Auflösungsvereinbarung mit ihrem bisherigen Arbeitgeber P. Darin ist eine Freistellung der Klägerin ab 15.4.2003 und eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.6.2003 geregelt.

Am 23.4.2003 erhielt die Klägerin eine Probezeitkündigung der Beklagten zum 8.5.2003. Am 24.4.2003 teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie sei beim Arzt gewesen und dieser habe festgestellt, dass sie schwanger sei. Daraufhin beantragte die Beklagte die Zustimmung des Gewerbeaufsichtsamts zur Kündigung der Klägerin, jedoch erfolglos. Am 28.4.2003 wurde die Klägerin von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt.

Mit Schreiben vom 10.7.2003 erklärte die Beklagte die Anfechtung des Arbeitsvertrages .

Die Klägerin hat in erster Instanz geltend gemacht, die Anfechtung sei unwirksam und das Arbeitsverhältnis bestehe fort. Bei dem Einstellungsgespräch habe Herr P. zum Ausdruck gebracht, dass eine Freistellung durch die Firma P. ausreichend sei. Sie habe sich nach Übersendung der arbeitsvertraglichen Eckdaten und der Nachverhandlung um eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit der Firma P. bemüht. Bei Unterzeichnung des Arbeitsvertrages sei sie davon ausgegangen, dass sie zum 31.3.2004 tatsächlich aus dem Anstellungsverhältnis zur Firma P. ausscheide. Es habe einen Entwurf eines Aufhebungsvertrages mit der Firma P. gegeben, nach dem das Arbeitsverhältnis zum 31.3.2003 enden sollte. An der Schulung der Beklagten habe sie teilgenommen, weil sie sich gesund gefühlt habe. Ihr sei zunächst nicht bewusst gewesen, dass sie auch Krankengeld bezog. Bis zum damaligen Zeitpunkt habe sie nie Krankengeld erhalten. Sie sei erstmals wegen ihrer Rückenprobleme unter Lohnfortzahlung krank geschrieben gewesen und dann aufgrund einer anderweitigen Erkrankung, nämlich einer psychischen Erkrankung. Es liege weder eine arglistige Täuschung noch ein Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft vor. Sie erfülle alle persönlichen Voraussetzungen für eine Tätigkeit als Pharmareferentin.

Dagegen hat die Beklagte in erster Instanz die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis sei durch die Anfechtung wirksam aufgelöst worden. Die Klägerin habe am 17.12.2003 erklärt, sie könne zum 1.4.2003 bei der Beklagten anfangen, dann müsse sie aber noch im Dezember bei der Firma P. kündigen. Herr P. habe dann aus dem Gespräch den Personalleiter P. angerufen und gefragt, ob der Arbeitsvertrag noch im Dezember geschlossen werden könne. Herr P. habe vorgeschlagen, kurzfristig eine Einstellungszusage zu übersenden. Herr P. habe gegenüber der Klägerin nicht gesagt, eine Freistellung durch die Firma P. sei ausreichend. Von einer Freistellung sei vielmehr keine Rede gewesen. Da die P.-Gruppe auf dem Gebiet des Lipidsenkermarktes ein Wettbewerber der Beklagten sei, wäre für die Beklagte eine Einstellung bei einer bloßen Freistellung nicht in Frage gekommen.

Erst im Juli 2003 habe sie von der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin und den parallel bestehenden Arbeitsverhältnissen erfahren. Die Klägerin habe nicht nur über ihre Arbeitsfähigkeit getäuscht und damit unrechtmäßig Gehaltszahlungen erschlichen. Es liege vielmehr auch eine Täuschung über den Fortbestand einer verbotenen Konkurrenztätigkeit vor. Außerdem sei die Anfechtung wegen Irrtums über eine verkehrswesentlichen Eigenschaft begründet. Sie habe sich über die Zuverlässigkeit der Klägerin getäuscht. Diese habe sich in vielfacher Hinsicht als unehrlich erwiesen. Sie habe bei Arbeitsantritt über den Fortbestand des alten Arbeitsverhältnisses zu einem Konkurrenzunternehmen getäuscht, außerdem über ihre Arbeitsunfähigkeit. Weiter habe sie unrechtmäßig Gehaltszahlungen erschlichen. Über vier Monate habe sie doppelt Bezüge bzw. Krankengeld bezogen. Im April 2004 habe sie nach einer Schulung in München in ihrem Hotelzimmer zahlreiche unbezahlte Rechnungen, Mahnungen und Bußbescheide hinterlassen. Eine private Rechnung des Hotels habe sie nicht bezahlt und den Hotelzimmerschlüssel mitgenommen. Am Tag der Übergabe des Kündigungsschreibens habe sie erklärt, dass sie kein Geld für die Rückfahrt nach Berlin habe.

Mit Endurteil vom 29.6.2004 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 10.7.2003 hinaus unter den arbeitsvertraglichen Bedingungen vom 22.1.2003 fortbestehe und durch die Anfechtung vom 10.7.2003 nicht nichtig sei. Eine arglistige Täuschung liege nicht vor, denn es komme auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 22.1.2004 an. Bei Unterzeichnung des Arbeitsvertrages könne die Klägerin noch die Hoffnung gehabt haben, ihren Arbeitsvertrag mit der Firma P. zum 31.3.2003 zu beenden. Ein Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften liege nicht vor, da die Klägerin bei Vertragsschluss die ihr von der Beklagten vorgeworfenen Handlungen noch nicht begangen habe. Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen dieses der Beklagten am 9.7.2004 zugestellte Endurteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 27.7.2004, die am 13.9.2004 begründet worden ist, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 23.9.2004 verlängert worden war.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Sachvortrag und rügt, das Arbeitsgericht habe wesentlichen Vortrag offensichtlich nicht gewürdigt. Die Klägerin habe bei Vertragsschluss nicht offengelegt, dass der vertraglich vorgesehene Arbeitsbeginn aus Rechtsgründen nicht sichergestellt gewesen sei. Die Hoffnung, das Arbeitsverhältnis zum 31.3.2003 zu beenden oder vom bisherigen Arbeitgeber freigestellt zu werden, sei für die arglistige Täuschung unerheblich. Die Klägerin habe erst im März bzw. Anfang April 2003 Gespräche mit der Firma P. über eine Vertragsbeendigung geführt. Schließlich hätten der Klägerin wesentliche Eigenschaften für die Tätigkeit einer Pharmareferentin von Anfang an gefehlt. Angesichts des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem Vertragsschluss und dem Verhalten der Klägerin nach ihrem Arbeitsantritt sei davon auszugehen, dass der Klägerin schon bei Vertragsschluss Vertrauenswürdigkeit, Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit gefehlt hätten.

Die Beklagte stellt folgenden Antrag:

Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 29. Juni 2004 - Az.: 21 Ca 15802/03 - wird abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses jedenfalls bis zum 3.5.2004 festgestellt wird.

Sie hält das Urteil des Arbeitsgerichts für zutreffend. Sie habe nie eine Zusicherung abgegeben, dass sie noch im Dezember 2002 ihr altes Arbeitsverhältnis kündigt. Der Beklagten sei bei Übermittlung des Vertragsangebots bewusst gewesen, dass sie nur mit einem Aufhebungsvertrag ihr bisheriges Arbeitsverhältnis zum 31.3.2003 beenden könne. Sie habe die Beklagte bei Unterzeichnung des Arbeitsvertrags schon deshalb nicht täuschen können, weil der ihr übermittelte Entwurf bereits von den Herren P. und P. unterzeichnet gewesen sei. Auch § 119 Abs. 2 BGB stelle auf den Zeitpunkt der Abgabe der Willenserklärung und nicht auf einen späteren Zeitpunkt ab.

Nach dem Ende der Schutzfristen der Klägerin erklärte die Beklagte am 3.5.2004 eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses, deren Wirksamkeit Gegenstand des Rechtsstreites 23 Ca 8354/04 beim Arbeitsgericht München ist.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachvortrags im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 10.9.2004 sowie der Klägerin vom 11. und 20.10.2004 verwiesen, außerdem auf die Sitzungsniederschrift vom 28.10.2004.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist unbegründet, denn das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beklagte den Arbeitsvertrag der Parteien nicht wirksam angefochten hat (§§ 123 Abs. 1, 119 Abs. 2, 142 Abs. 1 BGB). Es kann weder davon ausgegangen werden, dass die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages über ihr Arbeitsverhältnis mit der Firma P. täuschte, noch davon, dass sich die Beklagte beim Vertragsschluss über verkehrswesentliche Eigenschaften der Klägerin irrte.

1. Auch ein Arbeitsvertrag kann nach § 123 Abs. 1 BGB wegen arglistiger Täuschung angefochten werden. Der Täuschende muss durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen beim Erklärungsgegner einen Irrtum erregen und ihn hierdurch zur Abgabe einer Willenserklärung veranlassen. Die Täuschung kann auch im Verschweigen von Tatsachen bestehen, sofern der Erklärende zur Offenbarung der fraglichen Tatsache verpflichtet ist. Eine Offenbarungspflicht des Arbeitnehmers besteht insbesondere dann, wenn die verschwiegenen Umstände dem Arbeitnehmer die Erfüllung der vertraglichen Leistungspflicht unmöglich machen oder sonst für den in Betracht kommenden Arbeitsplatz von ausschlaggebender Bedeutung sind (BAG vom 21.2.1991 - 2 AZR 449/90 - NZA 91, 719).

Die Täuschungshandlung muss also zeitlich vor der Abgabe der Willenserklärung liegen. Hier kann die Anfechtung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte also nicht mit Handlungen oder Unterlassungen der Klägerin begründet werden, die der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages nachfolgten.

Die Anfechtung der Beklagten kann nicht damit begründet werden, die Klägerin habe arglistig darüber getäuscht, dass sie frei wäre, am 1.4.2003 das Arbeitsverhältnis mit ihr zu beginnen. Da die Klägerin zum 1.4.2003 tatsächlich die Arbeit bei der Beklagten aufnahm, bezieht die Beklagte die von ihr angenommene Täuschung auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Firma P. Erstinstanzlich hat sie der Klägerin eine Täuschung über den Fortbestand einer verbotenen Konkurrenztätigkeit vorgeworfen. Die Klägerin hat allerdings unstreitig keine ausdrückliche Erklärung darüber abgegeben, zum 1.4.2003 werde ihr Arbeitsverhältnis mit der Firma P. beendet sein.

Eine arglistige Täuschung durch Verschweigen liegt nicht vor, weil die Klägerin die unterlassene Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Firma P. zum 31.3.2003 nicht offenbaren musste. Der Umstand, dass die Klägerin vor Unterzeichnung des Arbeitsvertrages weder das Arbeitsverhältnis mit der Firma P. gekündigt noch eine Vereinbarung über die Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses spätestens zum 31.3.2003 getroffen hatte, machte ihr weder die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Verpflichtung gegenüber der Beklagten unmöglich noch war er sonst für die Tätigkeit bei der Beklagten von ausschlaggebender Bedeutung.

Zum einen trägt die Klägerin vor, beim Abschluss des Arbeitsvertrages sei sie davon ausgegangen, zum 31.3.2003 aus dem Anstellungsverhältnis mit der Firma P. ausscheiden zu können. Die Beklagte trägt als Anfechtende die volle Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer arglistigen Täuschung. Sie geht selbst davon aus, dass sich die Klägerin noch im März 2003 um eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Firma P. bemühte und bezeichnet den Sachvortrag der Klägerin über ihre Annahme bei Unterzeichnung des Arbeitsvertrags als bloße Hoffnung. Der Umstand, dass die Klägerin das Arbeitsverhältnis zur Firma P. im Dezember 2002 nicht mehr gekündigt hatte, kann nicht mit einem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 31.3.2003 hinaus gleichgestellt werden. Vereinbarungen über eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der Kündigungsfrist sind nämlich nicht ungewöhnlich.

Zum anderen machte der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit der Firma P. der Klägerin die Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Beklagten nicht unmöglich. Tatsächlich nahm die Klägerin ihre Tätigkeit bei der Beklagten am 1.4.2003 auf. Damit verletzte sie zwar ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Firma P., dies begründet aber keine Unmöglichkeit im Verhältnis zur Beklagten.

Ohne entsprechende Frage der Beklagten bestand keine Verpflichtung der Klägerin, die Beklagte vor Unterzeichnung des Arbeitsvertrages darüber zu unterrichten, dass sie das Arbeitsverhältnis zur Firma P. weder im Dezember 2002 gekündigt noch eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart hatte. Ein Arbeitnehmer braucht ungünstige Umstände grundsätzlich nicht ungefragt zu offenbaren. Wenn es für die Beklagte so wichtig war, dass bei Vertragsschluss die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Firma P. spätestens zum 31.3.2003 feststeht, so hätte sie die Klägerin fragen können. Auch wenn man zugunsten der Beklagten annimmt, ihr hätte eine Freistellung der Klägerin bei der Firma P. nicht genügt, so bedeutet dies nicht, dass bei Abschluss des Vertrages das alte Arbeitsverhältnis schon wirksam gekündigt oder seine Beendigung vereinbart sein musste. Im Hinblick darauf, dass eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der Kündigungsfrist nicht ungewöhnlich ist, wird eine Arbeitgeber häufig kein großes Interesse daran haben, wie sich ein Bewerber von seinem bisherigen Arbeitgeber trennt. Er wird dies vielmehr als ein Problem des Bewerbers ansehen. Wenn dies bei der Beklagten anders war, so hätte sie die Klägerin fragen sollen.

2. Die Anfechtung kann nicht damit begründet werden, die Beklagte habe sich bei Abschluss des Arbeitsvertrages über verkehrswesentliche Eigenschaften der Klägerin geirrt, nämlich deren Vertrauenswürdigkeit, Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit (§ 119 Abs. 2 BGB).

Zugunsten der Beklagten kann davon ausgegangen werden, dass diese Eigenschaften bei der Einstellung einer Pharmareferentin von wesentlicher Bedeutung sind. Allerdings ist ein nur vorübergehender Zustand noch keine verkehrswesentliche Eigenschaft. Ein Irrtum der Beklagten bei Vertragsschluss scheidet deshalb aus, weil entgegen der Auffassung der Beklagten aus Verhaltensweisen der Klägerin ab dem 1.4.2003 nicht geschlossen werden kann, dass ihr die genannten Eigenschaften schon bei Vertragsschluss fehlten.

Ein Irrtum kann eine Anfechtung nur dann begründen, wenn er der Abgabe der Willenserklärung zugrunde liegt. Wenn die Beklagte ihre Anfechtung mit fehlenden Eigenschaften begründet, müssen diese Eigenschaften also entweder beim Vertragsschluss schon gefehlt haben oder es muss beim Vertragsschluss klar gewesen sein, dass die Eigenschaften bei Aufnahme der Tätigkeit fehlen werden. Hiervon kann nicht ausgegangen werden, obwohl die im Schriftsatz der Beklagten vom 23.1.2004 im Einzelnen angeführten Umstände, aus denen die Beklagte auf eine Unehrlichkeit der Klägerin schließt, größtenteils unstreitig bzw. nicht substantiiert bestritten (§ 138 Abs. 3 ZPO) sind. Diese Umstände und Tatsachen liegen allerdings nur in einem kurzen Zeitraum von höchstens drei Monaten. In diesem Zeitraum war die Klägerin schwanger und unbestritten wegen einer psychischen Erkrankung arbeitsunfähig geschrieben. Außerdem weist die Klägerin auf ihre langjährige Tätigkeit als Pharmareferentin hin. Aufgrund dieser Umstände kann aus dem unredlichen und unehrlichen Verhalten der Klägerin nach Abschluss des Arbeitsvertrages kein Schluss auf eine langfristige Eigenschaft der Klägerin geschlossen werden. Ohne die Schwangerschaft hätten diese Umstände wohl zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine Kündigung geführt, nicht jedoch zu einer Anfechtung.

3. Wegen der am 3.5.2004 ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung, über deren Rechtswirksamkeit die Parteien einen anderen Rechtsstreit führen, kann derzeit nur über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis 3.5.2004 erkannt werden.

II.

Nach § 97 Abs. 1 ZPO trägt die Beklagte die Kosten ihrer erfolglosen Berufung.

III.

Dieses Urteil ist für die Klägerin unanfechtbar, denn sie ist nicht beschwert. Die Zulassung der Revision für die Beklagte beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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