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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Beschluss verkündet am 13.09.2007
Aktenzeichen: 2 TaBV 74/07
Rechtsgebiete: TVöD(VKA), ArbGG


Vorschriften:

TVöD(VKA) § 18
ArbGG § 98
Keine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle für die Regelung des Leistungsentgelts nach § 18 TVöD(VKA).
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS

2 TaBV 74/07

Verkündet am: 13. September 2007

In dem Beschlussverfahren

hat die Zweite Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Anhörung vom 13. September 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Waitz beschlossen:

Tenor:

Der Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht Herr Dr. B G wird zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Thema "Betriebsvereinbarung über eine leistungs- und erfolgsorientierte Bezahlung gemäß § 18 TVöD(VKA)" bestimmt.

Die Zahl der Beisitzer wird auf jeweils 2 auf beiden Seiten festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Errichtung einer Einigungsstelle mit dem Thema "Betriebsvereinbarung über eine leistungs- und erfolgsorientierte Bezahlung gemäß § 18 TVöD(VKA)".

Die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2), deren alleiniger Gesellschafter der ppx. Bayern und die Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes ist, betreibt die Fluggastkontrolle am Flughafen PX. und hat ca. 1.000 Beschäftigte.

Ab September 2006 befasste sich eine betriebliche Kommission unter Beteiligung des Betriebsrats (Beteiligter zu 2) mit dem leistungsorientierten Entgelt nach § 18 TVöD. Hierüber wurde in mehreren Monatsgesprächen zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat jedenfalls berichtet. Am 4.3.2007 legte der Betriebsrat einen Vorschlag für eine Betriebsvereinbarung vor. Nach einer Verhandlung zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat am 8.5.2007 erklärte der Betriebsrat das Scheitern der Verhandlungen.

Der Betriebsrat ist der Auffassung, ihm stehe ein Mitbestimmungsrecht nach §§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, 18 Abs. 6 TVöD(VKA) zu. Diese Bestimmung unterscheide zwischen einer Betriebsvereinbarung und einer einvernehmlichen Dienstvereinbarung. Damit hätten die Tarifvertragsparteien ein Mitbestimmungsrecht nicht ausgeschlossen, denn dann hätten sie das Wort "einvernehmlich" auch vor das Wort "Betriebsvereinbarung" gestellt. Die Einigungsstelle sei jedenfalls nicht offensichtlich unzuständig.

Dagegen ist die Arbeitgeberin der Auffassung, die leistungsorientierte Bezahlung nach § 18 TVöD unterliege nicht der erzwingbaren Mitbestimmung. Dies ergebe sich bereits aus der Protokollerklärung zu dessen Absatz 4. Dort hätten die Tarifvertragsparteien für den Fall, dass bis 31.7.2007 oder später keine betriebliche Regelung zustande kommt, das Leistungsentgelt selbst festgelegt.

Mit Beschluss vom 22.6.2007 hat das Arbeitsgericht den Antrag des Betriebsrats, Herrn Richter am Arbeitsgericht Dr. B G zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle zu bestimmen und die Zahl der Beisitzer auf jeweils zwei festzusetzen mit folgendem Thema: "Betriebsvereinbarung über eine leistungs- und erfolgsorientierte Bezahlung gem. § 18 TVöD(VKA)" zurückgewiesen. Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, die Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig i.S.v. § 98 Abs. 1 Satz 2 ArbGG. Die Tarifvertragsparteien hätten mit § 18 Abs. 6 TVöD eine einvernehmliche Lösung sowohl mit dem Betriebsrat als auch mit dem Personalrat vorgegeben. Dies ergebe sich aus der Protokollerklärung zu Abs. 4, der eine eigene Regelung der erfolgsorientierten Vergütung beinhalte, falls zwischen den Betriebsparteien innerhalb der genannten Fristen keine einvernehmliche Lösung gefunden werden könne. Dies stelle nicht lediglich eine Zwischenlösung bis zur Durchführung eines Einigungsstellenverfahrens, sondern eine eigene endgültige Vergütungsregelung dar. Diese Regelung lasse eine Betriebsvereinbarung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG wegen der Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG nicht zu.

Gegen diesen dem Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats am 5.7.2007 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Betriebsrats, die am 1.7.2007 eingegangen und begründet worden ist.

Der Betriebsrat rügt, das Arbeitsgericht habe den Prüfungsmaßstab der offensichtlichen Unzuständigkeit verkannt. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und der Arbeitgeberin schließe § 18 TVöD das Tätigwerden der Einigungsstelle nicht aus. Der vom Arbeitsgericht angenommene Ausschluss der Einigungsstelle widerspreche nicht nur dem Wortlaut des § 18 Abs. 6 Satz 3 TVöD, sondern auch der Klarstellung in § 38 TVöD. Er unterstelle den Tarifvertragsparteien eine grobe Schlamperei bei den Formulierungen eines über viele Monate hinweg erarbeiteten Tarifwerks. Die Konsenslösung sei auf den Geltungsbereich eines Personalvertretungsgesetzes beschränkt. Diese Auffassung werde auch in dem Handbuch "Leistungsorientierte Bezahlung im öffentlichen Dienst. Die Herausforderung meistern", das sich an die Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes richte, vertreten. Die Beschränkung der Konsenslösung auf den Geltungsbereich eines Personalvertretungsgesetzes entspreche der unterschiedlichen Struktur von Betriebsverfassungsgesetz und Personalvertretungsgesetzen. Während die Personalvertretungsgesetze einen komplizierten Weg der Einigung regeln würden, gebe es im Bereich des Betriebsverfassungsgesetzes mit der Einigungsstelle einen schnellen Weg zur Lösung von Meinungsverschiedenheiten. Die Protokollerklärung zu Absatz 4 sei nur als Notlösung zu verstehen, nicht dagegen als Ersatzlösung, weil sonst im Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes die Ersatzlösung in der Praxis zum Regelfall werden könne.

Der Betriebsrat stellt folgende Anträge:

1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 22.6.2007, Az. 39 BV 255/07, wird aufgehoben.

2. Der Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht Dr. B G wird zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle bei der Beteiligten zu 2 bestimmt und die Zahl der Beisitzer auf jeweils zwei festgesetzt zu folgendem Thema:

Betriebsvereinbarung über eine leistungs- und erfolgsorientierte Bezahlung gemäß § 18 TVöD(VKA).

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält den Antrag des Betriebsrats schon für unzulässig, da ein Rechtsschutzinteresse fehle. Es hätten nämlich für den größten Teil der Belegschaft noch gar keine Verhandlungen stattgefunden. Der vom Betriebsrat vorgelegte Entwurf habe für 90 % der Belegschaft die Leistungsbeurteilung und damit die wichtigste Komponente für eine leistungs- und/oder erfolgsorientierte Bezahlung für die im Kontrolldienst tätigen Mitarbeiter ausgeklammert. Sie selbst habe bis zum Termin am 8.5.2007 keine Möglichkeit gehabt, einen schriftlich formulierten Vorschlag zu machen. Ihre mündlichen Vorschläge seien vom Betriebsrat in Bausch und Bogen abgelehnt worden. Es hätten also noch gar keine ernsthaften Verhandlungen mit dem Ziel einer Einigung stattgefunden. In der Sache hält die Arbeitgeberin die Entscheidung des Arbeitsgerichts für zutreffend. Bei fachkundiger Beurteilung sei sofort erkennbar, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Frage komme. Für den Fall, dass die Betriebsparteien zu keiner einvernehmlichen Lösung gelangen, hätten die Tarifvertragsvertragsparteien die leistungsbezogene Vergütung nämlich in der Protokollerklärung zu Absatz 4 selbst geregelt. Es handele sich um eine umfassende und abschließende Regelung der erfolgsorientierten Vergütung, der ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ausschließe (§ 77 Abs. 3 BetrG). Auch das Wort "vereinbart" in § 18 Abs. 3 Satz 1 TVöD setze einen Konsens der Betriebsparteien voraus. Schließlich ergebe sich die Unzuständigkeit der Einigungsstelle im Bereich des § 18 TVöD aus einem Vergleich mit § 9 TVöD. In § 18 TVöD gebe es keine Verweisung auf die §§ 87 Abs. 1 Nr. 10 und 11 BetrVG.

Hierauf erwidert der Betriebsrat, er habe die Verhandlungen zu Recht für gescheitert erklärt. In der betrieblichen Kommission und in vier Monatsgesprächen seien Verhandlungen über die leistungsorientierte Bezahlung geführt worden. Der vom Betriebsrat vorgelegte Vorschlag habe alle Arbeitnehmer erfasst.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachvortrags der Beteiligten im Beschwerdeverfahren wird auf die Schriftsätze des Betriebsrats vom 11.7. und 3.9.2007 sowie der Arbeitsgeberin vom 27.8. und 12.9.2007 verwiesen, außerdem auf die Sitzungsniederschrift vom 13.9.2007.

II.

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats ist begründet, weil er ein Rechtsschutzinteresse an der Einrichtung einer Einigungsstelle hat und die Einigungsstelle nicht offensichtlich unzuständig ist (§ 98 Abs. 1 Satz 2 ArbGG).

1. Die Beschwerde des Betriebsrats ist zulässig. Sie ist statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§ 98 Abs. 2 i.V.m. § 89 Abs. 1 und 2 ArbGG).

2. Die Beschwerde ist auch begründet, weil der Antrag des Betriebsrats zulässig und begründet ist.

a) Der Antrag ist zulässig, insbesondere fehlt es nicht an einem Rechtsschutzinteresse des Betriebsrats. Dabei kann im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung dahinstehen, ob der Betriebsrat seine Verhandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft hat und die Verhandlungen gescheitert sind.

Der Betriebsrat hat ein berechtigtes Interesse, zur Erreichung des von ihm begehrten Ziels, das Gericht anzurufen (s. Thomas-Putzo, ZPO, 2007. Rn 26 vor § 253). Insbesondere gibt es keinen einfacheren Weg zur Erreichung seines Rechtsschutzziels. Sein Begehren beschränkt sich nämlich nicht darauf, die leistungs- und erfolgsorientierte Bezahlung einvernehmlich mit der Arbeitgeberin zu regeln, sondern er möchte eine solche Regelung über Verhandlungen in der Einigungsstelle erreichen. In der vorliegenden Situation kann nur ein Antrag nach § 98 ArbGG zur Errichtung der Einigungsstelle und damit zu einer Durchsetzung des Begehrens des Betriebsrats führen.

Die Frage, ob die Verhandlungen zwischen den Beteiligten gescheitert sind, betrifft den Bedarf für die Einigungsstelle (§ 76 Abs. 1 Satz 1 BetrVG) und ist damit eine Frage der Begründetheit des Antrags.

b) Der Antrag ist nicht schon deshalb unbegründet, weil kein Bedarf für die Errichtung der Einigungsstelle besteht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 BetrVG).

Der Prüfungsmaßstab der offensichtlichen Unzuständigkeit bezieht sich auf alle bei der Bildung einer Einigungsstelle zu prüfenden Fragen und damit auch auf die Frage, ob deshalb kein Bedarf für eine Einigungsstelle besteht, weil die Verhandlungsmöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft sind (Fitting, BetrVG, 2006, Rn 22 zu § 76; Däubler/Berg, BetrVG, 2006, Rn. 52 zu § 76; LAG München vom 14.1.2005 - 9 TaBV 75/04). Dies ergibt sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut des § 98 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, nach dem der Antrag auf Errichtung einer Einigungsstelle nur dann zurückgewiesen werden kann, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Die Frage der Unzuständigkeit ist viel weiter als die Frage des Bestehens eines Mitbestimmungsrechts. Außerdem spricht der mit § 98 ArbGG verfolgte Regelungszweck dafür, den Prüfungsmaßstab der Offensichtlichkeit auch auf den Bedarf für die Errichtung der Einigungsstelle anzuwenden. Durch § 98 ArbGG soll sichergestellt werden, dass die Einigungsstelle rasch gebildet wird. Dies könnte man nicht erreichen, wenn alle streitigen rechtserheblichen Tatsachen einer umfassenden Sachaufklärung unterzogen werden müssten (LAG München vom 14.1.2005 - aaO).

Damit steht es grundsätzlich im Ermessen der Betriebsparteien, ob eine Partei ein Scheitern annimmt. Von einer offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle kann nur ausgegangen werden, wenn das Scheitern der Verhandlungen ohne begründeten Anlass erklärt wird.

Hier hatte der Betriebsrat berechtigten Anlass, die Verhandlungen als gescheitert anzusehen. Auch nach der Darstellung der Arbeitgeberin hat sich die betriebliche Kommission, die die Verhandlungen zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat vorbereiten sollte, mehrmals befasst und hat der Betriebsrat am 4.3.2007 einen Vorschlag unterbreitet. Warum die Arbeitgeberin bis zum Termin am 8.5.2007 keine Möglichkeit gehabt haben soll, selbst einen schriftlichen Vorschlag zu machen, erläutert diese nicht näher. Deshalb ist auch unerheblich, ob der Vorschlag des Betriebsrats wirklich 90 % der Belegschaft ausklammerte. Hierzu hätte die Arbeitgeberin Vorschläge machen können. Wenn nach solchen Vorbereitungen bei der Sitzung am 8.5.2007 ganz entgegen gesetzte Vorstellungen für eine Regelung deutlich wurden, hatte der Betriebsrat jedenfalls Anlass, von einem Scheitern der Verhandlungen auszugehen.

Diese Einschätzung des Betriebsrats wird durch Erklärungen der Vertreter der Arbeitgeberin im Anhörungstermin vom 13.9.2007 bestätigt. In diesem Termin lehnten die Arbeitgebervertreter den Vorschlag des Betriebsrats, bis Jahresende zunächst Verhandlungen zwischen den Beteiligten zu führen und erst bei einer Nichteinigung und ohne Anerkennung der Zuständigkeit der Einigungsstelle diese danach tätig werden zu lassen, u.a. mit der Begründung ab, eine Einigung bis zum Jahresende sei ohnehin nicht zu erwarten.

Damit besteht auch dann ein Bedarf für die Bildung einer Einigungsstelle, wenn man diesen nicht nach dem oben aufgezeigten Maßstab der Offensichtlichkeit prüfen würde.

c) Das Arbeitsgericht und die Arbeitgeberin gehen zu Unrecht davon aus, die Einigungsstelle sei wegen eines fehlenden Mitbestimmungsrechts offensichtlich unzuständig (§ 98 Abs. 1 Satz 2 ArbGG).

Eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle ist nur dann gegeben, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommen kann (Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 6. Aufl., § 98 Rn 11 mit weiteren umfangreichen Nachweisen). Wie ausgeführt will § 98 ArbGG eine schnelle Bildung der Einigungsstelle ermöglichen. Deshalb regelt die Bestimmung nicht nur kurze Fristen für das gerichtliche Verfahren, sondern auch einen groben und einfachen Prüfungsmaßstab. Das Bestellungsverfahren soll nicht mit der Prüfung schwieriger Rechtsfragen belastet werden. Vielmehr geht § 98 ArbGG davon aus, dass die Einigungsstelle grundsätzlich ihre Zuständigkeit selbst zu prüfen hat (§ 76 Abs. 5 BetrVG).

Die Anwendung dieses Prüfungsmaßstabes verbietet es, im vorliegenden Verfahren detailliert auf die Argumente der Beteiligten zur Mitbestimmungspflicht einer Regelung über die leistungs- und erfolgsorientierte Bezahlung nach § 18 TVöD einzugehen. Eine solche detaillierte rechtliche Erörterung würde nicht nur gegen den Prüfungsmaßstab des § 98 Abs. 1 Satz 2 BetrVG verstoßen. Es bestünde auch die Gefahr, dass in die Prüfungskompetenz der Einigungsstelle eingegriffen wird. Schließlich ist es nicht Zweck des Verfahrens nach § 98 ArbGG, einem nach einer Entscheidung der Einigungsstelle denkbaren gerichtlichen Verfahren über die Zuständigkeit der Einigungsstelle vorzugreifen.

Deshalb wird im Folgenden nur kurz skizziert, warum eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle jedenfalls nicht vorliegt. Keines der Argumente des Betriebsrats, mit denen er die Zuständigkeit der Einigungsstelle begründen möchte, ist bei fachkundiger Beurteilung sofort erkennbar falsch. So mag es durchaus vertretbar sein, den Tarifvertragsparteien eine Schlamperei zu unterstellen und es deshalb als ein Formulierungsversehen anzusehen, wenn in § 18 Abs. 6 Satz 3 TVöD das Wort "einvernehmliche" nur vor "Dienstvereinbarung", nicht aber vor "Betriebsvereinbarung" steht. Nicht nachvollziehbar ist allerdings, warum ein solches Versehen, das den Tarifvertragsparteien die Unkenntnis einer freiwilligen Betriebsvereinbarung unterstellen müsste, offensichtlich sein soll. Die Argumentation des Arbeitsgerichts und der Arbeitgeberin mit der Protokollerklärung zu Absatz 4 ist sicher vertretbar, nicht jedoch zwingend. Diese Protokollerklärung kann vielmehr auch dann einen Sinn ergeben, wenn man eine Zuständigkeit der Einigungsstelle annimmt. So ist die darin enthaltene Regelung zum Leistungsentgelt nicht nur dann anzuwenden, wenn es in einer Dienststelle des öffentlichen Dienstes nicht zu einer einvernehmlichen Dienstvereinbarung kommt, sondern auch dann, wenn im Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes entweder - bei unterstellter Zuständigkeit der Einigungsstelle - deren Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind oder die Betriebsparteien nicht zu einer einvernehmlichen Regelung kommen und gleichwohl von der Durchführung eines Einigungsstellenverfahrens absehen, etwa weil sie die Regelung in der Protokollerklärung zu Absatz 4 für sinnvoll erachten.

Deshalb ist es auch jedenfalls nicht offensichtlich, dass die Protokollerklärung zu Absatz 4 eine abschließende Regelung für den Fall einer fehlenden Einigung der Betriebsparteien enthält, die das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ausschließen würde (§§ 77 Abs. 3, 87 Abs. 1 Satz 1 Einleitungssatz BetrVG).

Nur abschließend wird darauf hingewiesen, dass diese Entscheidung nicht dazu führt, dass sich die Arbeitgeberin trotz möglicherweise fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle einem "teurem Zwangsschlichtungsverfahren" unterziehen muss, denn - wie ausgeführt - muss die Einigungsstelle ihre Zuständigkeit prüfen und ihre Entscheidung hierzu ist gerichtlich überprüfbar.

III.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 98 Abs. 2 Satz 4 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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