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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 30.10.2003
Aktenzeichen: 3 Sa 232/03
Rechtsgebiete: BetrAVG


Vorschriften:

BetrAVG § 2
BetrAVG § 3 Abs. 1
BetrAVG § 18 Abs. 6
BetrAVG § 30 Abs. 3 S. 3
1. Der Abzug eines "fiktiven Rentenwerts aus Restübergangsgeld", das dem früheren Arbeitnehmer einer Rundfunkanstalt bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nach einer vor Inkrafttreten des BetrAVG geschaffenen Versorgungsordnung gezahlt wurde, vom Anspruch auf betriebliches Altersruhegeld, das aufgrund §§ 18, 30d BetrAVG gezahlt wird, ist gem. § 134 BGB i.V.m. § 30d Abs. 3 Satz 3 BetrAVG unzulässig.

2. Die Zahlung des ungekürzten betrieblichen Altersruhegeldes trotz der zuvor erfolgten Zahlung des Übergangsgeldes stellt zwar eine zweckwidrige Doppelbegünstigung des betreffenden Arbeitnehmers dar. Dieser Widerspruch lässt sich jedoch nur bereicherungsrechtlich (§ 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BGB) auflösen.


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 Sa 232/03

Verkündet am: 30. Oktober 2003

in dem Rechtsstreit

hat die Dritte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Rosenfelder sowie die ehrenamtlichen Richter Udo Raila und Richard Meindl für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 14.11.2002 - 26 Ca 4226/02 - wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über die Frage, ob die Beklagte berechtigt ist, vom Versorgungsanspruch des Klägers einen fiktiven Rentenanspruch aus Restübergangsgeld abzuziehen.

Der am 07.09.1941 geborene Kläger war vom 01.12.1962 bis 30.04.1980 beim Beklagten tätig. Er bezieht seit 01.11.2001 Altersruhegeld. Die Beklagte erteilte dem Kläger am 01.04.1966 eine Versorgungszusage gemäß der damals geltenden Versorgungsordnung vom 01.09.1959. Da im Zeitpunkt des Erlassens dieser Versorgungsordnung und auch im Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage durch die Beklagte an den Kläger eine gesetzliche Regelung über die Unverfallbarkeit von Versorgungsanwartschaften fehlte, sah die Versorgungsordnung 1959 unter Ziffer 461 vor, dass ein Versorgungsberechtigter nach Erfüllung der Wartezeit bei Ausscheiden aus den Diensten des Beklagten lediglich ein sog. Übergangsgeld erhält, das den Aufbau einer privaten Altersversorgung ermöglichte.

Mit Wirkung zum 01.01.1970 trat eine neue Versorgungsordnung in Kraft, die die bisher geltende ersetzte. Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974 wurde die gesetzliche Verpflichtung der Beklagten geschaffen, ausscheidende Mitarbeiter bei einer Zusatzversorgungseinrichtung nachzuversichern, sofern zum Zeitpunkt des Ausscheidens ein unverfallbarer Versorgungsanspruch bestehe. Dieser in § 18 Abs. 6 BetrAVG geregelten Nachversicherungspflicht kam die Beklagte aufgrund einer Vorlage des Intendanten vom 21.11.1979 durch Beschluss des Verwaltungsrats vom 04.02.1980 nach, wonach Ziffer 461 der Versorgungsordnung dahingehend ergänzt wurde, dass beim Ausscheiden eines Mitarbeiters ein Übergangsgeld nur noch insoweit gewährt wird, als eine Nachversicherung nach den Bestimmungen des Betriebsrentengesetzes nicht erfolgt oder aber die Aufwendungen für eine Nachversicherung niedriger als das Übergangsgeld gemäß Ziffer 461.1 sind (sog. Restübergangsgeld).

Die Versorgungsordnung 1970 - Stand September 1997 - sieht im Falle des Ausscheidens von Mitarbeitern nach Vollendung des 35. Lebensjahres vor Eintritt des Versorgungsfalles und nach einer Wartezeit von mindestens 10 Jahren eine Versorgungsanwartschaft vor, die sich als zeitlicher Anteil "m/n" derjenigen Versorgungsleistung berechnet, die die Versorgungsberechtigten zum Zeitpunkt des Ausscheidens erhalten hätten, wenn sie zu diesem Zeitpunkt das 65. Lebensjahr vollendet und die bis dahin noch ausstehenden Jahre bei der Beklagten zurückgelegt hätten (Ziff. 281, 281.1). Nach Ziff. 281.4 wird eine sich aus einer ggf. von der Beklagten durchgeführten Nachversicherung nach § 18 BetrAVG ergebende Rente auf den sich aus der Anwartschaft ergebenden Anspruch angerechnet. Eine Regelung über die Anrechnung von Restübergangsgeld enthält die Versorgungsordnung 1970 nicht.

Mit Wirkung zum 01.01.1981 trat der Tarifvertrag über die Altersversorgung (TVA) bei der Beklagten in Kraft, also zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kläger bereits aus den Diensten der Beklagten ausgeschieden war.

Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 07.02.2002 die Höhe seines ab 01.11.2001 bestehenden Rentenanspruchs mit. Dabei zog sie vom unverfallbaren Anspruch nach §§ 12, 18 i.V.m. 30d BetrAVG in Höhe von DM 850,72 brutto einen "Anspruch aus Nachversicherung" in Höhe von monatlich DM 351,81 brutto sowie einen "fiktiven Anspruch aus Restübergangsgeld" in Höhe von monatlich DM 100,09 brutto ab, so dass sie einen Versorgungsanspruch gegenüber der Beklagten in Höhe von monatlich DM 399,00 brutto = € 204,01 brutto errechnete.

Der Kläger hat im ersten Rechtszug zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den Kläger DM 3.862,61 brutto (Einbehalt aus Nachversicherung seit 01.11.2001) sowie DM 1.100,99 brutto (Einbehalt aus Restübergangsgeld seit 01.11.2001) abzurechnen und auszuzahlen, sowie die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger monatlich eine Betriebsrente in Höhe von DM 850,27 brutto zu zahlen.

Die Beklagte hat im ersten Rechtszug Klageabweisung beantragt.

Das Arbeitsgericht München hat mit Endurteil vom 14.11.2002, auf das hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der rechtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichts verwiesen wird, die Beklagte verurteilt, an den Kläger € 562,93 brutto sowie eine monatliche Betriebsrente in Höhe von € 254,86 brutto zu zahlen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Gegen das ihr am 26.02.2003 zugestellte Endurteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 05.03.2003, beim Berufungsgericht eingegangen am 17.03.2003, Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis 03.06.2003 mit einem an diesem Tage eingegangenen Schriftsatz begründet.

Sie bringt im wesentlichen vor, nachdem das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 15.07.1998 (BVerfGE 98, 365 ff.) überraschenderweise die bisherige Regelung des § 18 BetrAVG a.F. insgesamt als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar gewertet habe, sei es durch die Neuregelung des Systems der betrieblichen Altersversorgung im öffentlichen Dienst durch §§ 18f ff., 30d BetrAVG zu Regelungslücken gekommen, wovon eine die fehlende Regelung einer Anrechnung des sich aus dem ausgezahlten Restübergangsgeld ergebenden Rentenwerts sei. Hinsichtlich des sich aus dem Restübergangsgeld ergebenden Rentenwerts müsse das Gleiche gelten wie nach Ziff. 281.4 der Versorgungsordnung 1970 für die sich aus der Nachversicherung ergebende Rente, die auf den Anspruch auf betriebliche Altersversorgung anzurechnen sei. Dies ergebe eine ergänzende Vertragsauslegung. Durch das Übergangsgeld habe der durch eine geringe Nachversicherungssumme benachteiligte Arbeitnehmer eine private Zusatzversorgung aufbauen können. Die Konsequenz sei, dass ein Arbeitnehmer, der das Übergangsgeld verbraucht habe, nicht besser dastehen dürfe als ein Arbeitnehmer, für den kein Übergangsgeld angefallen sei. Sonst würde eine zweckwidrige Doppelzahlung eintreten. Die Auffassung des Arbeitsgerichts, die Beklagte hätte in der Versorgungsordnung entsprechende Regelungen schaffen müssen, widerspreche der Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts (vom 08.12.1981 - 3 AZR 1159/78). Nach Auffassung der Beklagten folgt die Zulässigkeit der Anrechnung auch aus § 30d Abs. 3 Satz 3 BetrAVG, da das Übergangsgeld Ausfluss der Altersversorgung sei; es sei vergleichbar einer Leistung aufgrund einer Nachversicherung in Sinne § 30d Abs. 3 Satz 3 BetrAVG. Da eine planwidrige Regelungslücke vorliege, sei § 30d Abs. 3 Satz 3 BetrAVG auf das Übergangsgeld als Spezialität der Beklagten entsprechend anzuwenden.

Die Beklagte stellt folgenden Antrag:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts München (Az.: 26 Ca 4226/02) vom 14.11.2002 wird abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

2. Die Klagepartei trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Kläger beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er bringt vor, eine Rechtsgrundlage für die Anrechnung einer fiktiven Rente aus Übergangsgeld fehle. § 30d Abs. 3 Satz 3 BetrAVG sehe eine solche Anrechnung nicht vor. Der von der Beklagten gezogene Analogieschluss sei absurd. Entweder habe das Übergangsgeld den Zweck, der Altersversorgung zu dienen; dann sei die Zahlung des Restübergangsgeldes eine Vorauszahlung auf die spätere Altersversorgung und somit eine verbotene Abfindung von späteren Versorgungsrechten des Klägers gemäß § 3 Abs. 1 BetrAVG. Oder das Übergangsgeld habe mit der Altersversorgung nichts zu tun; dann gehe der Analogieschluss der Beklagten ohnehin ins Leere.

Hinsichtlich des sonstigen Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt der Berufungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.

I.

Die gemäß §§ 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet, weil die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine monatliche betriebliche Altersversorgung in Höhe von € 254,86 brutto ohne Abzug wegen eines "fiktiven Anspruchs aus Restübergangsgeld" in Höhe von € 51,18 (= DM 100,09) zu zahlen. Die Beklagte schuldet deshalb dem Kläger Zahlung der für die Monate November 2001 bis einschließlich September 2002 wegen der Anrechnung dieses fiktiven Anspruchs aus Restübergangsgeld einbehaltenen Beträge in Höhe von insgesamt € 562,93 brutto. Ferner ist sie aufgrund der - zulässigen (vgl. § 258 ZPO) - Klage auf künftige Leistung verpflichtet, für die Zeit ab Oktober 2002 an den Kläger eine monatliche Betriebsrente in Höhe von € 254,86 brutto zu zahlen.

Für eine Verminderung des Anspruchs des Klägers auf betriebliche Altersversorgung um einen "Rentenwert für das Restübergangsgeld" fehlt es an einer rechtlichen Grundlage. Die Zulässigkeit der von der Beklagten insoweit vorgenommenen Anrechnung folgt weder aus einer ergänzenden Vertragsauslegung der Versorgungszusage vom 01.04.1966 i.V.m. der Versorgungsordnung 1959 oder der Versorgungsordnung 1970, noch aus einer unmittelbaren oder entsprechenden Anwendung des § 30d Abs. 3 Satz 3 BetrAVG. Eine Zulässigkeit dieser Anrechnung nach dem TVA scheidet von vornherein aus, weil der Kläger im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Tarifvertrages bereits aus den Diensten der Beklagten ausgeschieden war.

1. Die Versorgungszusage vom 01.04.1966 enthält selbst keine Bestimmung über die Anrechenbarkeit eines Rentenwerts für das Restübergangsgeld.

Auch die Versorgungsordnung 1959 und die Versorgungsordnung 1970 in ihrer ursprünglichen Fassung enthielten keine solche Anrechnungsregelung, weil sie auf der Grundlage des Fehlens einer gesetzlichen Regelung über die Unverfallbarkeit von Versorgungsanwartschaften geschaffen wurden. Auch nach Ergänzung der Ziff. 461 der Versorgungsordnung 1970 durch den Beschluss des Verwaltungsrats vom 04.02.1980, der der Einführung der Nachversicherungspflicht gemäß § 18 Abs. 6 BetrAVG im Jahre 1974 Rechnung trug, fehlte eine Bestimmung über die Anrechnung eines Rentenwertes des Übergangsgeldes auf die betriebliche Altersversorgungsleistung. Im Zeitpunkt des Ausscheidens des Klägers aus den Diensten der Beklagten sah die maßgebende Versorgungsordnung mithin neben der Kürzung des Übergangsgeldes um die Aufwendungen der Beklagten für eine Nachversicherung nur die Anrechnung einer sich aus der Nachversicherung ergebenden Versicherungsrente auf den Anspruch auf betriebliche Altersversorgung vor (Versorgungsordnung 1970, Ziff. 281.4).

Scheidet somit die von der Beklagten vorgenommene Kürzung der betrieblichen Altersversorgung des Klägers um den "fiktiven Rentenwert des Übergangsgeldes" aufgrund des Wortlauts der Versorgungsordnung aus, ergibt sich eine solche Anrechenbarkeit auch nicht aus einer Regelungslücke im System der Regelungen der Versorgungsordnung, die - so die Beklagte - aufgrund der zum 01.01.2001 erfolgten gesetzlichen Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung im öffentlichen Dienst eingetreten wäre. Zwar ist der Beklagten im Ansatz insoweit beizupflichten, als die Nichtanrechenbarkeit der "fiktiven Rentenwerte aus dem Restübergangsgeld" zu einer Doppelbegünstigung des Klägers und vergleichbarer Arbeitnehmer führt, die dem mit der Zahlung des Übergangsgeldes verfolgten Zweck widerspricht. Diese Zweckwidrigkeit lässt sich jedoch nicht mit Hilfe der von der Beklagten für richtig gehaltenen Anrechnung aufheben, weil diese Anrechnung wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gemäß § 134 BGB i.V.m. § 30d Abs. 3 Satz 3 BetrAVG unwirksam ist. Vielmehr lässt sich dieses Problem nur bereicherungsrechtlich (§ 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alternative BGB - condictio causa data non secuta) lösen, wobei die ungerechtfertigte Bereicherung in der Leistung des Restübergangsgeldes bestünde.

Das Berufungsgericht folgt der Beklagten darin, dass der Zweck des Übergangsgeldes auch nach der Ergänzung von Ziffer 461 der Versorgungsordnung aufgrund des Beschlusses des Verwaltungsrats der Beklagten vom 04.02.1980 darin bestand, eine private Altersversorgung zu ermöglichen, mit der die spezifischen Nachteile der mit Hilfe der Nachversicherung erreichbaren Versicherungsrente ausgeglichen werden sollten.

Mit der Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung im öffentlichen Dienst durch das Gesetz vom 21.12.2000, gültig ab 01.01.2001, ist dieser Zweck der Auszahlung des (Rest-) Übergangsgeldes entfallen. Denn mit der Änderung des § 18 BetrAVG sind die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes den Arbeitnehmern der gewerblichen Wirtschaft mit einer Altersversorgungszusage weitgehend gleichgestellt worden. Für sog. Altfälle - wozu auch der Kläger gehört - wurde in § 30d BetrAVG eine Übergangsregelung geschaffen, der zufolge im Prinzip die Anwartschaft nach § 2 BetrAVG berechnet wird, wobei jedoch für die Berechnungsfaktoren Sonderregelungen geschaffen wurden, mit denen die strukturellen Nachteile der Nachversicherung in Bezug auf die Höhe der betrieblichen Altersversorgung beseitigt sind.

Gleichwohl ist der Auffassung der Beklagten, im Wege der ergänzenden Auslegung der Versorgungsordnung sei der Rentenwert des Restübergangsgeldes auf die Betriebsrente anzurechnen, nicht zu folgen:

Allerdings scheitert eine solche ergänzende Auslegung nicht schon daran, dass das Übergangsgeld - wie der Kläger meint - nichts mit der Altersversorgung zu tun habe. Denn die Zielrichtung des Übergangsgeldes, eine private Altersversorgung zu ermöglichen, ergibt sich schon daraus, dass das Übergangsgeld in der Versorgungsordnung im Abschnitt über die Versorgungsleistungen - Allgemeine Bestimmungen - geregelt ist. Diese Zielrichtung folgt auch aus der Ergänzung der Ziffer 461 der Versorgungsordnung 1970 aufgrund des Verwaltungsratsbeschlusses vom 04.02.1980, wonach der Aufwand für die Nachversicherung auf das Übergangsgeld anzurechnen ist.

Eine Anrechnung des in einen "Rentenwert" umgerechneten Restübergangsgeldes auf die Betriebsrente scheitert jedoch an § 134 BGB i.V.m. § 30d Abs. 3 Satz 3 BetrAVG. Der Wortlaut dieser Gesetzbestimmung sieht eindeutig nur die Anrechnung von Leistungen aufgrund einer Nachversicherung vor. Es fehlt an Anhaltspunkten dafür, dass diese gesetzliche Anrechnungsregelung nur beispielhaft ist. Der Gesetzgeber wollte ersichtlich eine vollständige Regelung schaffen. Eine offene Gesetzeslücke liegt demnach nicht vor. Angesichts der Detailliertheit der Neuregelung der §§ 18, 30d BetrAVG ist davon auszugehen, dass dem Gesetzgeber das Institut des Übergangsgeldes bzw. ähnlicher Leistungen (vgl. den der Entscheidung des BAG vom 08.12.1981 -3 AZR 1159/78 - zugrunde liegenden Fall) bekannt war. Gleichwohl hat er keinen Anlass gesehen, eine Anrechnungsregelung vorzusehen, um eine "Doppelbegünstigung" wie im vorliegenden Fall zu vermeiden.

Eine planwidrige Regelungslücke, wie sie die Beklagte annimmt, ist ebenso wenig erkennbar angesichts des in den einschlägigen Fachkreisen bekannten Phänomens des Übergangsgeldes (vgl. z.B. § 62 BAT). Hätte der Gesetzgeber Einmalzahlungen aus Anlass des Ausscheidens in die Anrechnungsregelung einbeziehen wollen, so hätte eine Ausdehnung der Anrechnung auf "vergleichbare Leistungen" des Arbeitgebers nahe gelegen. Dies ist nicht geschehen. Eine analoge Anwendung der Bestimmung des § 30d Abs. 3 Satz 3 BetrAVG scheidet deshalb aus.

Da nach allem die genannte Vorschrift hinsichtlich der Anrechnung von Leistungen auf die betriebliche Altersversorgung abschließend ist und das BetrAVG ein Schutzgesetz zugunsten der (ehemaligen) Arbeitnehmer darstellt, verbietet § 134 BGB eine Ausweitung der Anrechnungsfälle.

2. Das Berufungsgericht vermag sich auch der Auffassung der Beklagten nicht anzuschließen, die Zulässigkeit der hier streitigen Anrechnung folge aus § 30d Abs. 3 Satz 3 BetrAVG, da das Übergangsgeld Ausfluss der Altersversorgung sei.

Ungeachtet des Umstandes, dass der Zweck des Übergangsgeldes, wie ausgeführt wurde, darin besteht, den ausscheidenden Arbeitnehmern eine private Altersvorsorge zu ermöglichen, stellt das (Rest-) Übergangsgeld keine Leistung dar, die einer Leistung aufgrund einer Nachversicherung im Sinne von § 30d Abs. 3 Satz 3 BetrAVG vergleichbar ist. Denn die Versorgungsordnung 1970 enthält ebenso wenig wie die Versorgungsordnung 1959 eine Beschränkung des Verwendungszwecks des Übergangsgeldes nach Art einer Auflage oder durch Hinzufügung einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung für den Anspruch auf Übergangsgeld, die gewährleisten würde, dass das Übergangsgeld nur für eine private Altersversorgung verwendet werden kann. Das Übergangsgeld ist auch nicht als Zuschuss zu einer privaten Altersvorsorge konstruiert. Vielmehr überlassen die Versorgungsordnungen der Beklagten aus den Jahren 1959 und 1970 die Entscheidung über die Verwendung des Übergangsgeldes der begünstigen Person. Auch fehlt eine Bestimmung, der zufolge das Übergangsgeld nicht gewährt wird, wenn die Arbeitnehmer aufgrund Satzung, Gesetzes, Tarifvertrages oder einer sonstigen Regelung im Falle des Ausscheidens vor Eintritt eines Versicherungsfalles im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung eine Versorgungsrente oder vergleichbare Leistung erhalten oder die Anwartschaft auf eine dieser Leistungen gesichert ist (vgl. § 62 Abs. 2h BAT).

Somit ist das Übergangsgeld keine verkappte, kapitalisierte Rente. Die von der Beklagten vorgenommene Anrechnung des "Rentenwerts" des Übergangsgeldes auf den Versorgungsanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten scheidet auch deshalb aus.

3. Das Argument, ein Arbeitnehmer, der das Restübergangsgeld verbraucht habe, anstatt es für seine Altersversorgung zu verwenden, dürfe nicht besser stehen als einer, für den kein Übergangsgeld anfiel und der sich deshalb gemäß § 30d Abs. 3 Satz 3 BetrAVG die gesamte Leistung aus der Nachversicherung anrechnen lassen müsse, verfängt nicht. Denn damit würde der Wegfall eines Teils des Anspruchs auf betriebliche Altersversorgung letzten Endes mit den Gleichbehandlungsgrundsatz begründet. Dem Gleichbehandlungsgrundsatz kommt jedoch nach richtiger Auffassung (vgl., Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Preis, 4. Aufl., § 611 BGB RdNr. 749 mit Rechtssprechungsnachweisen) nur anspruchsbegründende, nicht jedoch anspruchsvernichtende Wirkung zu.

4. Dagegen scheitert die von der Beklagten vorgenommene Anrechnung des "Rentenwertes" des Restübergangsgeldes nicht am Abfindungsverbot nach § 3 Abs. 1 BetrAVG. Denn, wie ausgeführt wurde, ist das Übergangsgeld nicht als kapitalisierte und vorausgezahlte betriebliche Altersversorgung anzusehen; mit ihm wird - trotz seines Zwecks, eine private Altersvorsorge zu ermöglichen -, keine Anwartschaft auf eine betriebliche Altersversorgung abgefunden. Die Annahme, das Übergangsgeld sei als Abfindung einer Versorgungsanwartschaft anzusehen, scheitert schon daran, dass das volle Übergangsgeld nach der Versorgungsordnung 1959 bzw. das Restübergangsgeld nach der Versorgungsordnung 1970 gerade deshalb gezahlt wurde, weil und soweit eine Versorgungsanwartschaft nicht begründet werden konnte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

IV.

Die Revision wurde nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen. Insoweit gilt die nachfolgende Rechtsmittelbelehrung.

Ende der Entscheidung

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