Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 03.06.2005
Aktenzeichen: 3 Sa 328/05
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BetrVG


Vorschriften:

ArbGG § 62 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 7
ZPO § 936
ZPO § 940
ZPO § 943
BetrVG § 102 Abs. 3
BetrVG § 102 Abs. 5 Satz 1
1. Das Landesarbeitsgericht ist als Gericht der Hauptsache für den Erlass einer Einstweiligen Verfügung betreffend einen vom Arbeitnehmer geltend gemachten betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs.5 Satz 1 BetrVG funktionell zuständig, wenn das Arbeitsgericht im Kündigungsschutzprozess, in dem der Arbeitnehmer (zusätzlich) lediglich den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch bei streitigem Arbeitsverhältnis geltend gemacht hat, diesen allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch zusammen mit der Kündigungsschutzklage abgewiesen hat und der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch erstmals im Berufungsverfahren gegen das klageabweisende Ersturteil - im Wege der sog. Klageerweiterung - geltend gemacht wird. Beide genannten Weiterbeschäftigungsansprüche betreffen verschiedene Streitgegenstände.

2. Die Ordnungsmäßigkeit und damit Beachtlichkeit eines Widerspruchs des Betriebsrats gegen eine Kündigung, der auf eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Betrieb oder Unternehmen gestützt wird, setzt voraus, dass der betreffende Arbeitsplatz zumindest in bestimmbarer Weise angegeben ist (BAG v. 17.06.1999 - 2 AZR 608/98).

3. Erklärt der Arbeitgeber auf einen entsprechenden Antrag des Arbeitnehmers unter dem Betreff "Ihr Antrag...auf befristete Weiterbeschäftigung im Sinne des § 102 Abs.5 BetrVG" und unter Nennung der Voraussetzungen des betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruchs, er werde den Arbeitnehmer befristet bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Kündigungsrechtsstreits zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen, ist dies kein - abstraktes oder deklaratorisches - Schuldanerkenntnis, sondern lediglich ein Hinweis des Arbeitgebers auf seine Erfüllungsbereitschaft in Bezug auf den betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch. Der Arbeitgeber gibt damit zu erkennen, diesen Anspruch nur unter der Voraussetzung seines Bestehens erfüllen zu wollen.


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 Sa 328/05

Verkündet am: 3. Juni 2005

In dem Rechtsstreit

hat die Dritte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 3. Juni 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Rosenfelder sowie die ehrenamtlichen Richter Heibutzki und Brunner für Recht erkannt:

Tenor:

Der Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im vorliegenden Verfahren auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung über einen vom Verfügungskläger gegenüber der Verfügungsbeklagten geltend gemachten Anspruch auf Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG.

Der Verfügungskläger wurde seit 13.11.1989 bei der Verfügungsbeklagten als Montageschlosser beschäftigt. Im Beschäftigungsbetrieb sind mehr 5 Arbeitnehmer im Sinne von § 23 Abs. 1 KSchG in der Regel tätig. Mit Schreiben vom 14.10.2003 kündigte die Verfügungsbeklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum Ablauf des 31.03.2004, nachdem das Integrationsamt der beabsichtigten ordentlichen Kündigung mit Bescheid vom 06.10.2003 zugestimmt hatte. Den Betriebsrat hatte die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 29.10.2002 angehört. Der Widerspruch des Betriebsrats datiert vom 05.11.2002.

Mit Schreiben vom 29.03.2004 verlangte der Kläger Weiterbeschäftigung nach Ablauf der Kündigungsfrist, bis eine Entscheidung im laufenden Rechtsstreit gefallen sei. Die Verfügungsbeklagte entgegnete unter dem 01.04.2004 und mit dem Betreff "Ihr Antrag vom 29.03.2004 auf befristete Weiterbeschäftigung im Sinne des § 102 Abs. 5 Satz BetrVG", sie habe mit Schreiben vom 14.10.2003 das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.03.2004 gekündigt, der Betriebsrat habe der Kündigung widersprochen, der Kläger habe mit Schriftsatz vom 16.10.2003 Klage auf Feststellung erhoben, dass sein Arbeitsverhältnis durch die ausgesprochene Kündigung nicht aufgelöst sei, da der Rechtsstreit über das Ende der Kündigungsfrist hinaus andauern werde, werde sie den Kläger ab 01.04.2004 befristet bis rechtskräftigen Entscheidung des Kündigungsrechtsstreits zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen.

Das Arbeitsgericht München wies die Kündigungsschutzklage und den erstinstanzlich geltend gemachten Weiterbeschäftigungsanspruch mit Endurteil vom 27.10.2004, das der Verfügungsbeklagten am 02.11.2004 zugestellt wurde, ab. Mit Schreiben vom 31.01.2005 teilte die Verfügungsbeklagte dem Verfügungskläger mit, nach Abweisung des Weiterbeschäftigungsantrags lägen weitere Anspruchsgrundlagen für eine Weiterbeschäftigung nicht vor. Insbesondere ergebe sich ein solcher weder aus § 102 Abs. 5 BetrVG noch aus dem allgemeinen Beschäftigungsanspruch. Die Verfügungsbeklagte verzichte daher ab dem 07.02.2005 auf die Erbringung seiner Arbeitsleistung.

Der Verfügungskläger hat mit Schriftsatz vom 30.11.2004 gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 27.10.2004 Berufung eingelegt und in diesem Berufungsverfahren (3 Sa 1328/04) mit Schriftsatz vom 17.12.2004 klageerweiternd einen Weiterbeschäftigungsanspruch gemäß § 102 Abs. 5 BetrVG geltend gemacht.

Mit Schriftsatz vom 17.02.2005 hat sie den Erlass der streitgegenständlichen Einstweiligen Verfügung beantragt.

Mit Beschuss vom 21.03.2005 hat das Berufungsgericht das Verfahren über den Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung vom Berufungsverfahren 3 Sa 1328/04 abgetrennt und bestimmt, dass es in einem gesonderten Verfahren fortgesetzt werde.

Der Verfügungskläger ist der Auffassung, die Verfügungsbeklagte habe den Weiterbeschäftigungsanspruch ohne einschränkende Bestimmung und ohne Bedingung für die Zeit bis zur rechtskräftigen Entscheidung anerkannt. Sie habe sich damit in Bezug auf den geltend gemachten Anspruch des Verfügungsklägers nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG selbst gebunden. Da sie die Erfüllung des Anspruchs außer Streit gestellt habe, komme es auf die Frist- und Ordnungsmäßigkeit des Betriebsratswiderspruchs nicht an. Der Verfügungskläger meint, die für den Erlass der begehrten Einstweiligen Verfügung erforderliche Eilbedürftigkeit sei gegeben; sie bestehe in der Weigerung der Verfügungsbeklagten den Verfügungskläger zu beschäftigen. Der Verfügungskläger meint, der Weiterbeschäftigungsanspruch gemäß § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG sei bisher nicht rechtshängig geworden, da er aufgrund des Anerkenntnisses der Verfügungsbeklagten nicht eingeklagt worden sei, sondern lediglich der allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch. Im Übrigen ist der Verfügungskläger der Auffassung, dass der Widerspruch des Betriebsrats inhaltlich ordnungsgemäß sei.

Der Verfügungskläger beantragt,

der Beklagten aufzugeben, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Kündigungsschutzverfahrens weiterzubeschäftigen und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

diesen Antrag kostenpflichtig zurückzuweisen. Hilfsweise beantragt sie Entbindung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung des Verfügungsklägers.

Sie ist der Auffassung, der Antrag sei unzulässig, weil im Berufungsverfahren kein Weiterbeschäftigungsantrag gestellt worden sei. Nach Ablauf der Begründungsfrist sei eine Änderung bzw. Erweiterung der Berufungsanträge unzulässig. Das Erstgericht habe aufgrund des Antrags des Verfügungsklägers auf Weiterbeschäftigung berechtigterweise über den Weiterbeschäftigungsantrag nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG entschieden. Ein solcher Anspruch bestehe nicht, weil der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß widersprochen habe.

Hinsichtlich des sonstigen Vorbringens der Parteien zum Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung wird auf die Schriftsätze des Verfügungsklägers vom 17.02.2005 und 21.04.2005, der Verfügungsbeklagten vom 11.03.2005 und auf die Sitzungsniederschrift vom 03.06.2005 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

1. Der Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung ist zulässig. Insbesondere ist das Landesarbeitsgericht als Gericht der Hauptsache gemäß § 943 Abs. 1 ZPO funktionell zuständig.

Zwar ergibt sich die funktionelle Zuständigkeit des Landesarbeitsgerichts nicht aus der Berufungsbegründung vom 31.01.2005 im Kündigungsschutzverfahren. Denn die dort gestellten Berufungsanträge umfassen nicht die Änderung des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts München vom 27.10.2004 - 6 Ca 20197/03 - in Bezug auf die Abweisung des Weiterbeschäftigungsantrags.

Die Zuständigkeit des Landesarbeitsgerichts als Gericht der Hauptsache ergibt sich jedoch daraus, dass der Verfügungskläger im vorgenannten Berufungsverfahren (3 Sa 1328/04) mit Schriftsatz vom 17.02.2005 klageerweiternd - also mit nachträglicher Klageänderung - den Weiterbeschäftigungsanspruch gemäß § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG geltend gemacht hat. Diese nachträgliche Klageänderung ist zulässig, insbesondere sachdienlich, weil sie weder zu einem völligen Austausch des Streitsstoffs noch zu einer Verzögerung des Berufungsverfahrens im Kündigungsrechtsstreit führt. Dieser Klageerweiterung bzw. nachträglichen Klageänderung steht auch nicht der Einwand der Rechtskraft entgegen. Denn das Arbeitsgericht hat - trotz missverständlicher Formulierungen unter Ziffer II. der Entscheidungsgründe - lediglich über den sog. Allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch nach den vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Grundsätzen entschieden. Nur diesen Anspruch hatte der Verfügungskläger erstinstanzlich geltend gemacht. Denn im gesamten erstinstanzlichen Verfahren ist der Weiterbeschäftigungsanspruch ohne Begründung geblieben; vor allem fehlt jeglicher Hinweis des Verfügungsklägers auf die Voraussetzungen des § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG. Unter diesen Umständen kann nicht angenommen werden, dass der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch mit seinen spezifischen Anspruchsvoraussetzungen geltend gemacht werden sollte. Dagegen spricht alles für die Geltendmachung des Allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruchs, weil dessen Voraussetzung - Obsiegen des Arbeitnehmers mit der Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht - ggf. evident ist und keiner näheren Begründung bedarf. Auch das Arbeitsgericht hat, wie sich aus der Formulierung des ersten Satzes unter II. der Entscheidungsgründe ergibt, eindeutig den Allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch zurückgewiesen mit der Begründung, das Arbeitsverhältnis sei durch die streitgegenständliche Kündigung aufgelöst worden. Das Erstgericht hat daran anknüpfend lediglich den Hinweis gegeben, der Verfügungskläger habe für das Vorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen eines Weiterbeschäftigungsanspruchs nach § 102 Abs. 5 BetrVG keine Anhaltspunkte vorgetragen. Trotz der etwas missverständlichen Formulierung hat das Gericht damit nicht den Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 BetrVG zurückgewiesen, sondern lediglich angemerkt, dass der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch nicht geltend gemacht worden sei.

Der Allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch und der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch betreffen auch verschiedene Streitgegenstände, weil sie sich hinsichtlich der Rechtsfolgen unterscheiden (zum Begriff des Streitgegenstandes vgl. z.B. Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., Einleitung Rdn. 63 ff.). Dies gilt nicht nur hinsichtlich des zeitlichen Beginns des Anspruchs, sondern auch in Bezug auf das Ende des vorläufigen Weiterbeschäftigungsanspruchs: Während der Allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch grundsätzlich im Falle einer erneuten, nicht offensichtlich unwirksamen Kündigung endet, besteht der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch im Falle einer erneuten Kündigung fort, wenn der Betriebsrat der Kündigung wiederum widerspricht. Vor allem aber besteht der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch - entgegen dem Allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch - bei Vorliegen der in § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG genannten besonderen Voraussetzungen auch dann, wenn die Kündigungsschutzklage erstinstanzlich abgewiesen wurde. Nach allem hindert die Zurückweisung des hier erstinstanzlich geltend gemachten Allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruchs durch das Arbeitsgericht nicht die erstmalige Geltendmachung des betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruchs in der Berufungsinstanz.

Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten muss die Klageerweiterung in der Berufungsinstanz nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist erfolgen, wenn die Berufung ursprünglich fristgerecht begründet war (Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 520 Rdn. 10 unter Bezugnahme auf BGH FamRZ 88, 603). Die von der Verfügungsbeklagten zitierte Kommentarstelle bei Thomas/Putzo betrifft Angriffe gegen das Ersturteil und nicht die sog. Klageerweiterung im Berufungsverfahren.

2. Der Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung ist jedoch unbegründet, weil der geltend gemachte Verfügungsanspruch - Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung gemäß § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG - nicht besteht.

Der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch scheitert an der fehlenden inhaltlichen Ordnungsmäßigkeit des Betriebsratswiderspruchs vom 05.11.2002.

Soweit der Betriebsrat ausgeführt hat, es sei für ihn unverständlich, nach einem solch kurzem Betrachtungszeitraum von einer negativen Zukunftsprognose auszugehen, hat er geltend gemacht, der von der Arbeitsgeberin angenommene Kündigungsgrund bestehe nicht. Dieser Einwand ist jedoch kein zulässiger Widerspruchsgrund gemäß § 102 Abs. 3 BetrVG. Vielmehr stellt der Hinweis auf die nach Auffassung des Betriebsrats fehlende soziale Rechtfertigung der Kündigung lediglich die Äußerung von Bedenken im Sinne von § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG dar.

Der Widerspruch des Betriebsrats lässt nicht erkennen, dass der Widerspruchsgrund des § 102 Abs. 3 Ziffer 1 BetrVG - fehlerhafte Sozialauswahl - geltend gemacht werden sollte. Selbst wenn dies der Fall wäre, könnte der Widerspruch insoweit nicht als ordnungsgemäß angesehen werden, weil - worauf die Verfügungsbeklagte mit Recht hingewiesen hat - im Betriebsratswiderspruch Arbeitnehmer, die nach Auffassung des Betriebsrats weniger sozial schutzbedürftig und deshalb eher zu kündigen sind, entweder konkret benannt oder anhand abstrakter Merkmale bestimmbar sein müssen (BAG vom 09.07.2003 - 5 AZR 305/02). Diesen Anforderungen wird der Widerspruch vom 05.11.2002 nicht gerecht.

Der Widerspruch ist aber auch in Bezug auf die vom Betriebsrat angesprochene Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in der Kommissionierung von WZ-D. nicht ordnungsgemäß. Zwar stellt der Betriebsrat insoweit erkennbar auf die Widerspruchsgründe gemäß § 102 Abs. 3 Nr. 3 bis 5 BetrVG ab. Jedoch gilt auch bei diesen Widerspruchsgründen nach der Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG vom 17.06.1999 - 2 AZR 608/98), dass der Arbeitsplatz, auf dem der zu kündigende Arbeitnehmer eingesetzt werden kann, in bestimmbarer Weise anzugeben ist. Das erkennende Gericht folgt dieser Rechtssprechung. Es vermag die Auffassung des Verfügungsklägers nicht zu teilen, aufgrund des Betriebsratswiderspruchs sei konkret ersichtlich, auf welchen Arbeitsplatz der Betriebsrat die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit konkret gesehen habe. Bei rund 200 Arbeitsplätzen in der fraglichen Organisationseinheit muss dem Betriebsrat ein Mindestmaß an Konkretisierung im Hinblick auf die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem freien Arbeitsplatz abverlangt werden. Im vorliegenden Falle hat sich dieser Hinweis des Betriebsrats in einer pauschalen Vermutung erschöpft, mit der sich die Arbeitgeberin nicht konkret auseinandersetzen konnte.

Nach allem scheidet ein betriebsverfassungsrechtlicher Weiterbeschäftigungsanspruch aus.

Entgegen der Auffassung des Verfügungsklägers ergibt sich der Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung nicht aus einer einzelvertraglichen Zusage oder einem Schuldanerkenntnis ohne Rücksicht auf die gesetzlichen Voraussetzungen des § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG. Gegen eine selbständige Verpflichtung der Beklagten zur Weiterbeschäftigung nach Art eines abstrakten Schuldanerkenntnisses spricht schon der Betreff des Schreibens vom 01.04.2004. Denn dort ist ausdrücklich von der befristeten Weiterbeschäftigung "im Sinne des § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG" die Rede. Auch dem Text des Schreibens ist eindeutig zu entnehmen, dass die Verfügungsbeklagte sich lediglich bereit erklärt hat, den betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch zu erfüllen. Denn dort ist auf die Voraussetzungen dieses Anspruchs - Widerspruch des Betriebsrats, Erhebung der Kündigungsschutzklage, Weiterbeschäftigungsverlangen - hingewiesen. Eine selbständige einzelvertragliche Weiterbeschäftigungszusage scheidet demnach aus.

Das Schreiben vom 01.04.2004 enthält aber auch kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis bzw. keine Schuldbestätigung des Anspruchs aus § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG mit der Folge, dass Einwendungen und Einreden - z.B. der Einwand, dass der Anspruch möglicherweise gar nicht bestehe - ausgeschlossen wäre. Denn eine solche rechtliche Würdigung des Schreibens würde voraussetzen, dass zwischen den Parteien Streit über den betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch bestand und die rechtliche Unsicherheit durch das Schreiben vom 01.04.2004 ausgeräumt werden sollte. Eine solche Ausgangssituation ist hier aber nicht erkennbar.

Demnach kann das genannte Schreiben nur als Hinweis der Arbeitgeberin auf die Erfüllungsbereitschaft in Bezug auf den betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch gewertet werden. Es enthält insoweit keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung, sondern lediglich eine tatsächliche Erklärung (Wissenserklärung) der Verfügungsbeklagten als Schuldnerin, um den Verfügungskläger als Gläubiger des Weiterbeschäftigungsanspruchs von gerichtlichen Maßnahmen abzuhalten (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 64. Aufl., § 781 Rdn. 6). Dies hat letzenendes auch der Verfügungskläger gesehen (Schriftsatz vom 21.04.2005, Seite 3, vorletzter Absatz, 1. Satz). Er hat lediglich die falschen Schlussfolgerungen daraus gezogen.

Nach allem ergibt sich aus dem Schreiben der Verfügungsbeklagte vom 01.04.2004 nur die Mitteilung an den Verfügungskläger, den betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch unter der Voraussetzung seines Bestehens erfüllen zu wollen. Mehr kann der Verfügungskläger aus diesem Schreiben nicht ableiten.

3. Über den hilfsweise geltend gemachten Entbindungsantrag der Verfügungsbeklagten war nicht zu entscheiden, weil der Verfügungskläger mit seinem Weiterbeschäftigungsantrag nicht durchgedrungen ist.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

5. Gegen dieses Urteil findet ein Rechtsmittel nicht statt (§ 72 Abs. 4 ArbGG).

Ende der Entscheidung

Zurück