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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Beschluss verkündet am 04.04.2008
Aktenzeichen: 3 TaBV 139/07
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 99
1. Die Ersetzung der vom Betriebsrat zu einer Höhergruppierung verweigerten Zustimmung nach § 99 Abs. 4 BetrVG ist nicht mehr möglich, wenn die Zustimmung aufgrund der gesetzlichen Fiktion des § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt gilt. In diesem Fall ist nur noch die Feststellung möglich, dass die Zustimmung als erteilt gilt.

2. Hält der Arbeitgeber in einem solchen Falle an dem Zustimmungsersetzungsantrag fest, ist dieser in der Regel zurückzuweisen. Eine Auslegung des Zustimmungsersetzungsantrags als Feststellungsantrag der genannten Art ist nicht ohne weiteres möglich.

3. Zur Pflicht des Betriebsrats, dem Arbeitgeber bei Unvollständigkeit der Information gem. § 99 Abs. 1 BetrVG innerhalb der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG Mitteilung zu machen (im Anschluss an - zuletzt - BAG 14.12.2004 - 1 ABR 55/03).


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS

3 TaBV 139/07

Verkündet am: 4. April 2008

In dem Beschlussverfahren

hat die Dritte Kammer des Landesarbeitsgerichts München aufgrund der Anhörung vom 4. April 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Rosenfelder sowie die ehrenamtlichen Richter Norbert Wego und Josef Lerchl für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 14.11.2007 - 30 BV 21/07 - geändert:

Der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zur Höhergruppierung der Arbeitnehmerin C. F. wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die von der Antragstellerin begehrte Ersetzung der Zustimmung zu einer Höhergruppierung.

Bei der Antragstellerin ist als Abteilungsleiterin Pflege Frau C. F. beschäftigt. Sie wurde zum 01.10.1970 als Krankenschwester eingestellt, war vom 01.07.1972 bis 01.03.1976 stellvertretende Stationsleiterin, vom 01.04.1976 bis 01.10.1978 Stationsleiterin und seit 01.10.1991 Abteilungsleiterin Pflege und hat eine einjährige Weiterbildung in der Intensivpflege, eine dreimonatige Weiterbildung zur Leitung einer Station sowie eine zweijährige Weiterbildung zur Pflegedienstleitung absolviert neben einer Vielzahl von Führungsseminaren und Fortbildungsveranstaltungen.

Mit Schreiben vom 08.09.2005 beantragte die Antragstellerin beim Antragsgegner, dem im K. M. der Antragstellerin gebildeten Betriebsrat, die Zustimmung zur Höhergruppierung von Frau F. nach Vergütungsgruppe II BAT. Der Antragsgegner verweigerte dem am 13.09.2005 bei ihm zugegangenen Höhergruppierungsantrag seine Zustimmung mit Schreiben vom 20.09.2005 mit der Begründung, nach Anlage 1 a BAT sei für die Eingruppierung nach Vergütungsgruppe II BAT ein abgeschlossenes Hochschul- oder Fachhochschulstudium und eine entsprechende Tätigkeit oder die Ausübung entsprechender Tätigkeiten aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und Erfahrungen Voraussetzung, die im Falle von Frau F. nicht gegeben seien. Wenn man die Inhalte eines Pflegemanagementsstudiums zugrunde lege, fehlten Fortbildungsmaßnahmen wie Erwerb von Kenntnissen in Betriebswirtschaftslehre, Gesprächsführung, Moderation, Personalführung und Personalwirtschaft. Weder die Dauer der bisherigen Pflegedienstleitungstätigkeit noch die Zusatzqualifikationen hätten Einfluss auf die Beurteilung des Höhergruppierungsantrags. Die Positionen der Pflegedienstleitung im Krankenhaus seien bisher in unterschiedlichen KR-Stufen eingewertet gewesen. Deshalb sehe er gegenwärtig die tariflichen Voraussetzungen zur Höhergruppierung nach Vergütungsgruppe II BAT als nicht erfüllt an.

Die Antragstellerin leitete hierauf kein Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG ein, sondern beantragte, nachdem am 09.08.2006 ein Gespräch zwischen der Verwaltungsdirektorin und dem Betriebsratsvorsitzenden stattgefunden hatte, in dem abgesprochen wurde, dass neue Höhergruppierungsanträge für die mehreren betreffenden Stelleninhaber mit entsprechenden individuellen Begründungen beim Betriebsrat eingereicht werden sollten, mit Schreiben vom 18.09.2006, beim Betriebsrat eingegangen am 21.09.2006, erneut die Zustimmung zur Höhergruppierung von Frau F.. Dieser Antrag enthält keinerlei einzelfallbezogene Erläuterung oder Begründung des Höhergruppierungsantrags. Das Schreiben verweist an seinem Ende auf eine Anlage. Diese Anlage war im Gegensatz zum Zustimmungsantrag vom 08.09.2005, dem verschiedene Anlagen beigelegt waren, jedoch nicht beigefügt. Zu diesem, beim Betriebsrat am 21.09.2006 eingegangenen Schreiben äußerte sich der Betriebsrat mit Schreiben vom 27.09.2006 dahingehend, dass der Antrag keine Mehrheit gefunden habe, weil die auf den einzelnen Stelleninhaber bezogene, vereinbarte individuelle Begründung dem Antrag nicht beigelegen habe.

Mit Schriftsatz vom 09.01.2007 leitete die Antragstellerin das vorliegende Zustimmungsersetzungsverfahren ein. In dessen Verlauf erklärte der Antragsgegner mit Schreiben vom 25.06.2007 erneut die Verweigerung der Zustimmung auf Höhergruppierung gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, weil die Höhergruppierung gegen den Tarifvertrag verstoße; die Voraussetzungen für eine Höhergruppierung nach Vergütungsgruppe II der Anlage 1 a zum BAT lägen nicht vor, weil die Pflegedienstleitungen nach den spezielleren Vorschriften des BAT in die Anlage 1 b einzugruppieren seien.

Das Arbeitsgericht München hat mit Beschluss vom 14.11.2007, auf den hinsichtlich der Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im ersten Rechtszug, der erstinstanzlich gestellten Anträge und der rechtlichen Erwägungen des Erstgerichts im Einzelnen verwiesen wird, die vom Beteiligten zu 2) verweigerte Zustimmung zur Höhergruppierung der Arbeitnehmerin C. F. in die Vergütungsgruppe E 13 Stufe 4 TVÖD (zuvor BAT II) ab 15.03.2005 ersetzt.

Es hat zur Begründung ausgeführt, die beantragte Eingruppierung sei zwar unzutreffend, weil die Eingruppierung von Leitenden Krankenschwestern/Leitenden Krankenpflegern/Leitenden Hebammen, die durch ausdrückliche schriftliche Anordnung zu Mitgliedern der Krankenhausbetriebsleitung bestellt worden seien, in der Anlage 1 b zum BAT/VKA abschließend geregelt sei. Gleichwohl sei die Zustimmung zu ersetzen, weil der Betriebsrat nicht rechtzeitig unter Angabe konkreter Gründe, die einen Bezug zu § 99 Abs. 2 BetrVG aufwiesen, seine Zustimmung verweigert habe. Der Betriebsrat könne die Zustimmung nicht mit dem Hinweis verweigern, er sei nicht ausreichend informiert worden. Die Zustimmungsverweigerung vom 27.09.2006 enthalte daher keine konkrete, beachtliche Begründung. Die Wochenfrist für den Betriebsrat gemäß § 99 Abs. 3 BetrVG habe mit Zugang des Arbeitgeberschreibens vom 18.09.2006 am 21.09.2006 zu laufen begonnen, obwohl dieses Schreiben grundsätzlich für sich genommen keine ausreichende Information enthalten habe, weil der Betriebsrat bereits im Jahr 2005 umfassend unter Vorlage von Anlagen informiert worden sei. Es liege somit lediglich ein erneuter Anlauf in derselben Sache vor. Da die Arbeitgeberin mit dem erneuten Antrag vom 18.09.2006 deutlich gemacht habe, sie wolle ihrer Unterrichtspflicht nachkommen und sehe diese als erfüllt an, hätte der Betriebsrat nach dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit gemäß § 2 BetrVG dem Betriebsrat innerhalb der Wochenfrist Mitteilung machen müssen, wenn er weitere Informationen für nötig gehalten habe. Dies sei ungeachtet des Schreibens des Betriebsrats vom 27.09.2006 nicht geschehen, weil dort kein konkretes Informationsdefizit geltend gemacht werde. Selbst wenn jedoch der allgemeine Hinweis des Betriebsrats im genannten Schreiben auf fehlende individuelle Begründung als ausreichende Mitteilung in diesem Sinne zu verstehen sei, habe die Arbeitgeberin den Betriebsrat letztlich mit Zugang der Antragsschrift vom 09.01.2007 nebst Anlagen umfassend und vollständig informiert. Spätestens eine Woche danach sei die Wochenfrist des § 99 BetrVG abgelaufen. Zwar habe der Betriebsrat nicht die dem Arbeitgeber bereits bekannten und schon schriftlich mitgeteilten Zustimmungs-verweigerungsgründe wiederholen müssen. Somit hätte ein Verweis auf das Schreiben vom 20.09.2005 genügt. Die Zustimmungsverweigerung vom 27.09.2006 enthalte aber einen solchen Verweis nicht. Dies sei nicht so zu verstehen, dass der Betriebsrat bei erneuter Überprüfung an den bereits geäußerten Zustimmungsverweigerungsgründen festhalten wolle. Somit gelte hier die Zustimmung des Betriebsrats als erteilt.

Der Antragsgegner hat gegen den ihm zugestellten Beschluss vom 14.11.2007 mit einem am 19.12.2007 beim Beschwerdegericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet.

Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor, erstmals mit Schriftsatz vom 13.06.2007, zugegangen beim Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners am 18.06.2007, habe die Antragstellerin mitgeteilt, welches Studium sie für die Prüfung der Gleichwertigkeit der Fähigkeiten und Erfahrungen für die Ausübung der entsprechenden Tätigkeit nach Vergütungsgruppe II BAT zugrunde lege. Darauf habe der Betriebsrat in seiner Sitzung vom 25.06.2007 die Zustimmung ordnungsgemäß und rechtzeitig verweigert. Er sei nach wie vor der Auffassung, dass die Eingruppierung in Anlage 1 a zum BAT fehlerhaft und die Eingruppierung in 1 b zutreffend sei. Das Vorbringen solcher Tatsachen sei nicht an die Frist des § 99 BetrVG gebunden. Der Betriebsrat ist der Auffassung, entgegen dem Arbeitsgericht enthalte sein Schreiben vom 27.09.2006 an die Arbeitgeberin gerade die erforderliche Mitteilung, dass die von § 99 Abs. 1 BetrVG geforderte Information nicht erfolgt sei, zumal eben darüber am 08.09.2006 zwischen dem Betriebsratsvorsitzenden und der Pflegedirektorin gesprochen worden sei. Schon im Schreiben vom 20.09.2005 habe der Betriebsrat darauf hingewiesen, dass Unterlagen, nämlich Einwertungshilfen, fehlten. Ihm sei bis zum Schriftsatz vom 13.06.2007 nicht klar gewesen, welche Beurteilungsgrundlage die Arbeitgeberin überhaupt zur Bewertung der Gleichwertigkeit zugrunde lege. Zwar habe der Betriebsrat in seinem Schriftsatz vom 03.04.2005 unterstellt, dass ein Pflegemanagementstudium zugrunde gelegt werde; jedoch sei von der Arbeitgeberin nicht mitgeteilt worden, dass sie dies ebenfalls tue. Der Antragsschriftsatz vom 09.01.2007 enthält nach Auffassung des Betriebsrats noch keine ausreichende Information über die beabsichtigte Höhergruppierung, weil auch dort nicht dargelegt sei, welches Studium die Arbeitgeberin zugrunde lege. Abgesehen davon sei es der Arbeitgeberin aufgrund des Gesprächs vom 09.08.2006 verwehrt, sich auf Informationen zu beziehen, die vor Einleitung des neuen Zustimmungsverfahrens mit Arbeitgeberschreiben vom 18.09.2006 erteilt wurden; das Verfahren gemäß § 99 BetrVG beinhalte einen strengen Formalismus, der durchgehalten werden müsse. Mit keinem Wort habe die Arbeitgeberin im Rahmen der Antragsschrift klar zum Ausdruck gebracht, sie reiche nunmehr neue individuelle Begründungen für ihre Anträge ein. Nach allem sei die Zustimmungsverweigerung vom 25.06.2007 berechtigt.

Der Antragsgegner beantragt deshalb:

1. Der Beschluss des Arbeitsgerichtes München vom 14.11.2007, Az.: 30 BV 21/07 wird abgeändert.

2. Der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zur Höhergruppierung der Arbeitnehmerin C. F. in die Vergütungsgruppe E 13 Stufe 4 TVÖD (zuvor BAT II) wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde gegen den Beschluss vom 14.11.2007 "kostenpflichtig" zurückzuweisen.

Sie pflichtet dem Erstgericht darin bei, es liege kein Betriebsratswiderspruch mit erheblichen Gründen im Sinne von § 99 Abs. 2 BetrVG vor. Allein der Widerspruch vom 20.09.2005 habe an Ablehnungsgründe im Sinne dieser Vorschrift angeknüpft. Die Zustimmungsverweigerung vom 27.09.2006 sei unbeachtlich, weil sie nicht dem Katalog der Ablehnungsgründe des § 99 Abs. 2 BetrVG entspreche und auch nicht mitgeteilt werde, welche Informationen fehlten. Jedenfalls habe die Antragstellerin mit dem Antragsschriftsatz vom 09.01.2007, beim Antragsgegner zugegangen am 19.01.2007, individuelle Begründungen nachgereicht. Diese seien für den Betriebsrat ausreichend gewesen. Erst mit Schriftsatz vom 30.01.2007 habe dieser eine Auffassung geäußert, die eine Ablehnung nach § 99 Abs. 2 BetrVG gerechtfertigt hätte.

Wegen des sonstigen Vortrags der Beteiligten im zweiten Rechtszug wird auf die Schriftsätze des Antragsgegners vom 19.12.2007 und 27.03.2008, der Antragstellerin vom 07.02.2008 sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 04.04.2008 verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet, weil die Zustimmung des Betriebsrats zur Höhergruppierung der Arbeitnehmerin C. F. gemäß § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt gilt. Der Zustimmungsersetzungsantrag geht daher ins Leere. Denn nur im Falle einer rechtlich beachtlichen Zustimmungsverweigerung kann die verweigerte Zustimmung ersetzt werden (vgl. BAG 28.01.1986 - 1 ABR 10/84; Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt, BetrVG, 22. Aufl., § 99 Rn. 234).

Die von der Antragstellerin begehrte Zustimmungsersetzung zielt auf eine Rechtsgestaltung ab. Das Gericht tritt gewissermaßen an die Stelle des Betriebsrats und eröffnet mit der Zustimmungsersetzung die Möglichkeit zur kollektiv-rechtlich zulässigen Durchführung der personellen Maßnahme. Ist jedoch die Zustimmung aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen bereits erteilt, kann eine Gestaltung der genannten Art nicht mehr stattfinden. Vielmehr kann allenfalls noch festgestellt werden, dass die - streitige - Zustimmung als erteilt gilt.

Das Beschwerdegericht hat sich gehindert gesehen, den Zustimmungsersetzungsantrag als Antrag auf Vornahme einer rechtlichen Gestaltung in einen Feststellungsantrag umzudeuten oder ihn als solchen auszulegen. Eine entsprechende Antragsänderung im Beschwerdeverfahren war nicht mehr möglich, da die Antragstellerin nicht Beschwerdeführerin ist. Eine Antragsänderung im Rechtsmittelverfahren wäre nur bei ansonsten zulässigem Rechtsmittel der antragsändernden Partei bzw. Beteiligten oder auf zulässiges Anschlussrechtsmittel möglich (so für die Berufung Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 28. Aufl., § 533 Rn. 2 unter Berufung auf BGH NJW-RR 2006, 442).

Die Zustimmung gilt mit Ablauf der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG nach Zugang des Antragsschriftsatzes vom 09.01.2007 beim Antragsgegner - am 19.01.2007 -, allerspätestens jedoch mit Ablauf der Wochenfrist nach Zugang des Schriftsatzes der Antragstellerin vom 04.05.2007, als erteilt. Denn bereits mit dem genannten Antragsschriftsatz, allerspätestens jedoch mit dem Schriftsatz vom Mai 2007 lag eine ausreichende, ordnungsgemäße Information des Antragsgegners über die beabsichtigte Höhergruppierung im Sinne von § 99 Abs. 1 BetrVG vor.

Das Beschwerdegericht folgt dem Erstgericht darin, dass das Beteiligungsverfahren, in dem der Betriebsrat um seine Zustimmung gemäß § 99 BetrVG gebeten wurde, durch den Antrag der Arbeitgeberin vom 18.09.2006 und nicht schon durch den Antrag vom 08.09.2005 eröffnet wurde. Allerdings können das im Jahr 2005 durchgeführte Beteiligungsverfahren und die Vorgeschichte des Zustimmungsantrags vom 18.09.2006 nicht völlig außer Betracht bleiben. Denn die streitige Eingruppierung der Position Pflegedienstleitung wurde bereits zuvor - wie sich auch in der mündlichen Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht vom 04.04.2008 ergeben hat - zwischen den Beteiligten intensiv erörtert. Das Problem war dem Betriebsrat somit nicht neu. Die Grundzüge der gegenläufigen Argumente waren jeweils der anderen Seite bekannt.

Gleichwohl geht das Beschwerdegericht - anders als das Arbeitsgericht - nicht davon aus, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur beantragten Höhergruppierung bereits mit Ablauf von einer Woche nach Zugang des Arbeitgeberschreibens vom 18.09.2006 beim Betriebsrat, mithin also mit Ablauf des 28.09.2006, als erteilt gilt, weil der Betriebsrat bereits aufgrund des im Jahr 2005 durchgeführten Beteiligungsverfahrens umfassend unter Vorlage von Anlagen informiert gewesen wäre und innerhalb einer Woche nach Zugang des Arbeitgeberschreibens vom 18.09.2006 weder eine konkrete, auf einen der in § 99 Abs. 2 BetrVG bezogene Zustimmungsverweigerung erklärt noch die Vorlage ergänzender Informationen verlangt hätte.

Denn auch unter Berücksichtigung des im Jahr 2005 durchgeführten Beteiligungsverfahrens lag dem Betriebsrat mit Zugang des Zustimmungsantrags vom 18.09.2006 keine ausreichende Information über die personelle Einzelmaßnahme vor. Die Arbeitgeberin konnte nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass der Betriebsrat den Antrag vom 18.09.2006 ohne einzelfallbezogene Begründung als ausreichend ansehen werde. Das zeigt schon der Umstand, dass sie im genannten Schreiben die Beifügung von Anlagen ankündigte. Sie ist daher selbst davon ausgegangen, dass der Betriebsrat für eine erneute Beschlussfassung über die Höhergruppierung der Arbeitnehmerin F. solche Anlagen benötige. Darüber hinaus konnte sie nicht davon ausgehen, dass die dem Antrag vom 08.09.2005 beigefügten Anlagen in jedem Fall als ausreichend angesehen würden, zumal die Beteiligten im Gespräch vom 09.08.2006 die Einreichung "individueller Begründungen" bei Einleitung neuer Höhergruppierungs-Beteiligungsverfahren vereinbart hatten.

Die Folge dieser unzureichenden Information ist, dass mit Zugang des Arbeitgeberschreibens vom 18.09.2006 am 21.09.2006 die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG nicht zu laufen begann. Das Beschwerdegericht nimmt nicht an, dass die Zustimmung gleichwohl mit Ablauf des 28.09.2006 als erteilt gelten muss, weil es der Betriebsrat versäumt hätte, der Arbeitgeberin innerhalb der Wochenfrist mitzuteilen, er benötige weitere Informationen. Denn eine solche Mitteilung, die dem Betriebsrat nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts obliegt (vgl. BAG 14.03.1989 -1 ABR 10/87; BAG 10.08.1993 - 1 ABR 22/93; BAG 14.12.2004 - 1 ABR 55/03), hat der Betriebsrat der Arbeitgeberin mit seinem Schreiben vom 27.09.2006 innerhalb der Wochenfrist zukommen lassen. Für einen verständigen Leser ist ohne Weiteres klar, dass der Betriebsrat mit diesem Schreiben nicht lediglich das Fehlen einer individuellen Begründung feststellen, sondern einzelfallbezogene Informationen über die beantragte Maßnahme einfordern wollte. Der Betriebsrat musste die erbetenen Informationen angesichts des Fehlens jeglicher einzelfallbezogener Begründung auch nicht im Einzelnen bezeichnen. Denn er konnte nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass unter den am Ende des Arbeitgeberschreibens vom 18.09.2006 bezeichneten "Anlagen" dieselben Anlagen wie diejenigen des Beteiligungsverfahrens des Jahres 2005 gemeint waren. Diesbezüglich fehlt jeglicher Hinweis der Arbeitgeberin im Schreiben vom 18.09.2006. Damit hat der Betriebsrat mit dem Schreiben vom 27.09.2006 getan, was ihm nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (a.a.O.) der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit gemäß § 2 Abs. 1 BetrVG abverlangte mit der Folge, dass die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG auch nach dem 28.09.2006 zunächst noch offen war.

Allerdings hat diese Frist mit Zugang des Antragsschriftsatzes vom 09.01.2007 beim Antragsgegner am 19.01.2007 zu laufen begonnen. Denn in diesem Schriftsatz hat die Antragstellerin die erforderlichen Informationen nachgereicht. Sie hat zum einen klargemacht, dass sie in Bezug auf die Arbeitnehmerin F. an der - einzelfallbezogenen und detaillierten - Begründung des Höhergruppierungsantrags, wie sie bereits mit dem Arbeitgeberschreiben vom 08.09.2005 erfolgte, festhalte. Sie hat sich dabei ersichtlich auch auf die im Jahr 2005 bereits beim Betriebsrat eingereichten Anlagen bezogen. Im drittletzten Absatz des Antragsschriftsatzes hat sie klargestellt, dass und warum die beantragte Vergütungsgruppe im Fall der Arbeitnehmerin F. zutreffend sei. Damit ist diese Mitteilung völlig ausreichend, damit sich der Betriebsrat ein umfassendes Bild machen konnte, ob er sich auf den - einzig denkbaren - Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. BetrVG stützen könne und wolle.

Der Antragsgegner kann nicht damit gehört werden, er sei auch mit dem Antragsschriftsatz vom 09.01.2007 nicht ausreichend informiert worden, weil ihm bis zum Zugang des Schriftsatzes der Arbeitgeberin vom 13.06.2007 nicht klar gewesen sei, welche Beurteilungsgrundlage die Arbeitgeberin überhaupt zur Bewertung der Gleichwertigkeit der Fähigkeiten und Erfahrungen von Frau F. für die Ausübung der Tätigkeit als Pflegedienstleiterin zugrunde gelegt würden. Erst mit dem Schriftsatz vom 13.06.2007 sei klar gestellt worden, dass dies das Studium des Pflegemanagements sei. Denn dem Betriebsrat musste bereits mit Zustellung des Antragsschriftsatzes vom 09.01.2007 klar sein, dass auch die Arbeitgeberin die Gleichwertigkeit aufgrund des - nach Lage der Dinge einzig denkbaren, einschlägigen - Pflegemanagementstudiums für gegeben halte. Der Betriebsrat hat die Gleichwertigkeit bereits im Widerspruch vom 20.09.2005 dezidiert und substantiiert unter Hinweis auf die Inhalte eines solchen Studiums in Abrede gestellt. Die Arbeitgeberin hat im Antragsschriftsatz vom 09.01.2007 erkennbar gerade diese Argumentation aufgegriffen und zu widerlegen gesucht. Dass die Beurteilungsgrundlage für diese Gleichwertigkeit nur das Pflegemanagementstudium sein konnte, ergibt sich vor allem aber aus dem kontinuierlichen Erörterungsprozess, der in Bezug auf die Eingruppierung der Position Pflegedienstleitung zwischen den Beteiligten - auch nach Durchführung des ersten Beteiligungsverfahrens im Jahr 2005 - stattfand. Da die Arbeitgeberin und Antragstellerin im Antragsschriftsatz vom 09.01.2007 deutlich gemacht hat, dass sie ihrer Unterrichtungspflicht habe nachkommen wollen und diese als ausreichend und damit ordnungsgemäß ansehe, hätte der Antragsgegner und Betriebsrat jedenfalls innerhalb einer Woche nach Zugang des Antragsschriftsatzes klar machen müssen, dass er weitere Informationen bzw. Unterlagen benötige und welche dies seien. Insbesondere konnte die Antragstellerin ohne eine solche Mitteilung nach Lage der Dinge und angesichts des seit Längerem laufenden Erörterungsprozesses zwischen den Beteiligten nicht davon ausgehen, dass der Antragsgegner den kompletten Studienplan des Pflegemanagement-Studiums benötige, nachdem der Betriebsrat bereits durch sein Schreiben vom 20.09.2005, in dem er die fehlende Gleichwertigkeit der Fähigkeiten und Erfahrungen von Frau F. unter Hinweis auf durch das Pflegemanagementstudium vermittelte Qualifikationen in Abrede stellte, zu erkennen gegeben hat, dass ihm die wesentlichen Anforderungen und Ziele dieses Studiums bekannt seien.

Nach allem gilt die Zustimmung des Betriebsrats zur Höhergruppierung von Frau F. aufgrund Ablaufs der Wochenfrist nach Zugang des Antragsschriftsatzes vom 09.01.2007 gemäß § 99 Abs. 2 Satz 2 BetrVG als erteilt. Selbst wenn dies nicht gälte, wäre von der Zustimmungsfiktion des § 99 Abs. 2 Satz 2 BetrVG spätestens mit Ablauf einer Woche nach Zugang des Schriftsatzes der Antragstellerin vom 04.05.2007 auszugehen. Denn dort wird ausdrücklich, die Argumentation des Antragsgegners aufgreifend, begründet, dass und warum Frau F. Kenntnisse und Erfahrungen aufgrund ihrer Tätigkeit aufweist, wie sie im Normalfall durch ein abgeschlossenes Pflegemanagementstudium vermittelt werden. Auch auf diesen Schriftsatz hat der Betriebsrat nicht alsbald mit einem Widerspruch reagiert. Vielmehr hat er, nachdem er mit Schriftsatz vom 23.05.2007 Stellung genommen hat, erst mit Widerspruch vom 25.06.2007 die beantragte Zustimmung zur Höhergruppierung erneut verweigert. Dieser Widerspruch war jedoch verspätet.

Dem Antragsgegner ist auch nicht darin zu folgen, dass das Argument, die Eingruppierung dürfe nicht nach Anlage 1 a zum BAT erfolgen, sondern müsse sich nach Anlage 1 b richten, nicht an die Frist des § 99 Abs. 2 Satz 2 BetrVG gebunden sei, sondern noch nachgeschoben werden könne. Denn zulässig ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 28.04.1998 - 1 ABR 50/97) lediglich das Nachschieben ergänzender rechtlicher Erwägungen, wenn zuvor ein rechtlich beachtlicher, d. h. auf einen Widerspruchsgrund gemäß § 99 Abs. 2 BetrVG bezogener, Widerspruch erhoben wurde. Dies ist indes, wie ausgeführt wurde, nach dem Zustimmungsantrag der Antragstellerin vom 18.09.2006 bis hin zum - verspäteten - Widerspruch vom 25.06.2007 nicht der Fall.

Damit war der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 14.11.2007 zu ändern, allerdings nicht aus den vom Antragsgegner und Beschwerdeführer angenommenen Gründen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Auf die Möglichkeit, Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zu erheben, wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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