Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 14.06.2007
Aktenzeichen: 4 Sa 1363/06
Rechtsgebiete: BGB, KSchG


Vorschriften:

BGB §§ 293 f
BGB § 615
KSchG § 11
Höhe des Vergütungsnachzahlungsanspruchs nach den Grundsätzen des Annahmeverzuges der Arbeitgeberin mit der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nach dem Lohnausfallprinzip. Abgrenzung zum (bloßen) Aufwendungs-/Auslagenersatz
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 Sa 1363/06

Verkündet am: 14. Juni 2007

In dem Rechtsstreit

hat die Vierte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 26. April 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Burger sowie die ehrenamtlichen Richter Ahl und Fischer für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 31. Oktober 2006 - 32 Ca 9090/05 - in den Ziffern 1. bis 49. teilweise abgeändert:

Die Klage wird - auch - hinsichtlich des "Kleidergeldes" (in Höhe von 8,69 € brutto/Monat bzw. in Höhe von 4,06 € brutto/Monat), sofern und soweit dieses in den unter Ziffern 1. bis 49. (Vergütungsansprüche bis einschließlich Januar 2006) des Tenors entschiedenen Beträgen jeweils enthalten ist, abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten noch um die Berechnung insbesondere von Vergütungsnachzahlungsansprüchen des Klägers aus Annahmeverzug der Beklagten als Arbeitgeberin hinsichtlich der Rechtsnatur einzelner Positionen als Arbeitsentgelt oder Auslagenersatz.

Der am 00.00.1951 geborene, verheiratete, Kläger - nach seinem Vorbringen: "gelernter Berufsrennreiter" - war gemäß schriftlichem Arbeitsvertrag zuletzt vom 16.06.1993 (Anl. K2 zum Klageschriftsatz, Bl. 15 bis 17 d. A.) ab 25.07.1983 bei der Beklagten in deren Niederlassung A. bei M. als Verkaufsfahrer mit einer Grundvergütung von (ca.) 2.096,-- € brutto/Monat zzgl. vermögenswirksamer Leistungen beschäftigt. Insbesondere auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung ("Bezahlungssystem Verkaufsfahrer") vom 10.02.1999 nebst Zusatzvereinbarung (Anl. K6 und K7, Bl. 310 bis 318 d. A.) und einer "Freiwilligen Betriebsvereinbarung" ebenfalls vom 10.02.1999 (Anl. 8, Bl. 319/320 d. A.) - ergänzt/ersetzt durch eine Betriebsvereinbarung vom 01.03.2005 zum "Bezahlungssystem Verkaufsfahrer" (Bl. 405 bis 407 d. A.) - erhielt der Kläger zusätzlich u. a. ein "Warendeputat" in Höhe von 10,-- DM bzw. 5,-- € (netto) je "Außendienstag", ein "Mankogeld" in Höhe von 30,-- DM bzw. 15,34 € (netto)/Monat, eine Prämie für "unfall- und schadensfreies Fahren" in gestaffelter Höhe - hier nach vier unfalls- und schadensfreien Jahren: 1.000,-- DM brutto bzw. 511,29 € brutto/Jahr - und des Weiteren auch ein "Kleidergeld" in Höhe von 4,06 € bzw. 8,69 € brutto/Monat.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 14.01.2003 außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich, und sodann mit weiterem Schreiben vom 22.08.2003 vorsorglich ordentlich zum 29.02.2004. Mit Urteil des Arbeitsgerichts München vom 22.01.2004 (Az. 26 Ca 968/03) wurde festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche Kündigung noch durch die ordentliche Kündigung vom 14.01.2003, sondern durch die ordentliche Kündigung vom 22.08.2003 zum 29.02.2004 beendet werde, wobei ein Auflösungsantrag der Beklagten hinsichtlich der Kündigung vom 14.01.2003 abgewiesen wurde. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht München mit Urteil vom 15.03.2005 (Az. 6 Sa 694/04) unter teilweiser Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung und Zurückweisung der Berufung des Klägers im Übrigen festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch durch die ordentliche Kündigung vom 22.08.2003 nicht aufgelöst worden ist. Die von der Beklagten hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde mit Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 08.11.2005 (Az. 8 AZN 764/05, hier: Anl. K36, Bl. 232 bis 237 d. A.) zurückgewiesen.

Seit 15.02.2006 - so sein Vorbringen - bzw. seit 15.03./April 2006 - so die Beklagte - ist der Kläger wieder bei der Beklagten beschäftigt.

Mit der vorliegenden Klage machte der Kläger insbesondere Ansprüche auf Nachzahlung der Arbeitsvergütung aus Annahmeverzug der Beklagten mit seiner Arbeitsleistung für den Zeitraum ab Zugang der außerordentlichen Kündigung vom 14.01.2003 am 15.01.2003 bis 31.08.2006 sowie Nachzahlung von Urlaubsgeld, Sonderzuwendung, Prämien für unfallfreies Fahren sowie tarifliche Altersvorsorge für die Jahre 2003 bis jeweils 2005 geltend.

Wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen und des streitigen Vorbringens sowie der Anträge der Parteien im Ersten Rechtszug wird auf den umfangreichen Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Arbeitsgerichts München vom 31.10.2006, das den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 30.11.2006 zugestellt wurde, Bezug genommen, mit dem dieses der Klage in ganz überwiegendem Umfang mit der Begründung stattgegeben hat, dass die Zahlungsanträge des Klägers für die Zeit seiner Nichtbeschäftigung aufgrund Annahmeverzugs und für die Zeit seiner Beschäftigung ab 2006 gemäß § 611 Abs. 1 BGB begründet seien, der Kläger sich auf die ihm zustehende Annahmeverzugsvergütung nicht anderweitigen oder böswillig unterlassenen anderweitigen Verdienst anrechnen lassen müsse -insoweit trage die hierfür darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nichts konkretes vor, sondern spekuliere nur ins Blaue hinein - , und die Beklagte auch mit ihren weiteren Einwendungen nicht durchzudringen vermöge, da sie auf die ausführlich begründeten und konkret berechneten Anträge des Klägers nicht konkret eingehe, sondern sich auf allgemeine Ausführungen beschränke und im Wesentlichen drei einschlägige Betriebsvereinbarungen vorlege, ohne diese nachvollziehbar anzuwenden.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten mit Schriftsatz vom 22.12.2006, beim Landesarbeitsgericht München am 28.12.2006 eingegangen, zu deren Begründung sie fristgerecht vorgetragen hat, dass dem Kläger die in den ihm zugesprochenen Nachzahlungsansprüchen enthaltenen Beträge für "Deputat" und "Mankogeld" sowie die Prämien für unfallfreies Fahren und für "Kleidergeld" nicht zustünden: Mankogeld und Mankorisikoprovision erhalte der Kläger nur, wenn er auch tatsächlich tätig sei, also durch seine Tätigkeit ein entsprechendes Risiko habe. Eine Mankohaftung setze den Erhalt eines angemessenen Risikoausgleichs voraus, der damit zwangsläufig an die tatsächliche Tätigkeit gebunden sei und deshalb dem Kläger in Zeiten fehlender Beschäftigung, ob aus Krankheitsgründen, wegen Urlaubs oder auch in Zeiträumen des Annahmeverzugs, nicht zustehe. Das Gleiche gelte für Spesen und für die Warendeputatsregelung, da auch solche Zahlungen nur bei tatsächlicher Außendiensttätigkeit des Klägers anfielen, weshalb ihm dieses Deputat nicht zustehe, wenn er - gleich aus welchem Grund - nicht gearbeitet habe. Auch das Kleidergeld sei tätigkeitsabhängig, da dieses eine Reinigungspauschale von 4,06 € brutto monatlich sei und ihm deshalb dieses Geld ebenfalls nicht zustehe, wenn er nicht tätig sei und demzufolge weder tätigkeitsbedingte Verschmutzung noch Verschleiß stattfänden. Ebenso sei die Jahresprämie für unfallfreies Fahren begriffsnotwendig von der tatsächlichen Tätigkeit des Klägers abhängig, da er nur dann, wenn er mit dem Auslieferungsfahrzeug der Beklagten tatsächlich fahre, ein Unfallrisiko habe, was im streitgegenständlichen Zeitraum nicht der Fall gewesen sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts München - 32 Ca 9090/05 - vom 31. Oktober 2006 teilweise aufzuheben und die Klage abzuweisen, und zwar

a) insoweit die Beklagte zur Zahlung von 4.724,62 EUR netto an Deputatzahlungen und Mankogeld nebst Zinsen

b) zur Zahlung von 1.712,51 EUR brutto an Prämien für unfallfreies Fahren und Kleidergeld verurteilt worden ist.

Der Kläger trägt zur Begründung seines Antrages auf Zurückweisung der Berufung vor, dass ihm auch die mit der Berufung allein angegriffenen und damit noch streitigen einzelnen Beträge im Rahmen des Annahmeverzugslohns zustünden, da es sich hierbei ausschließlich um unabhängig von der tatsächlich geleisteten Tätigkeit des Klägers geschuldete Ansprüche handle. Für die Berechnung des nachzuzahlenden Entgelts gelte grundsätzlich das Entgeltausfallprinzip, wonach der Arbeitgeber den Arbeitnehmer so zu stellen habe, wie wenn Letzterer im Bezugszeitraum gearbeitet hätte, weshalb zum nachzuzahlenden Arbeitsentgelt auch Gratifikationen und Zulagen gehörten, ebenso Sachleistungen abzugelten seien. Hiernach könne die Beklagte die Nachzahlungsansprüche des Klägers nicht um die noch streitigen Einzelvergütungsbestandteile kürzen.

Wegen des Sachvortrags der Parteien im Zweiten Rechtszug im Übrigen wird auf die Schriftsätze vom 20.02.2007, vom 20.02.2007 (Ergänzung des gleich datierten Schriftsatzes) und vom 13.03.2007 sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 26.04.2007 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache nur in geringem Umfang Erfolg.

I.

Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung der Beklagten ist in ganz überwiegendem Umfang unbegründet.

1. Die Beklagte greift das arbeitsgerichtliche Endurteil vom 31.10.2006 mit den gestellten Anträgen und deren Begründung - den Antrag zu den jeweils zugesprochenen "Deputat"zahlungen und zum Mankogeld näher aufgeschlüsselt im weiteren Schriftsatz vom 20.02.2007 - ausdrücklich nur an hinsichtlich der Entscheidung des Arbeitsgerichts zu den in den zugesprochenen Nachzahlungsansprüchen enthaltenen "Deputat"beträgen (dazu 3. a), zum Mankogeld (dazu 3. b), zum "Kleidergeld" (dazu 3. d) und zu den Prämien für unfallfreies Fahren (dazu 3. c) - weshalb die erstinstanzlich weitergehend geltend gemachten Einwände hinsichtlich einer fiktiven Anrechnung böswillig nicht erzielten Verdienstes (§§ 615 Satz 2, 11 Ziff. 2 KSchG), eines Verfalls von Forderungen wegen der Versäumung von Ausschlussfristen usw. nicht mehr erhoben sind.

2. Zur Berechnung des Nachzahlungsanspruchs des Klägers für die Zeit seiner Nichtbeschäftigung nach den Grundsätzen des Annahmeverzugs des Arbeitgebers -der Beklagten als Gläubigerin der Arbeitsleistung des Klägers -, wie er hier dem Grunde nach unstreitig (§ 138 Abs. 3 ZPO) besteht (§§ 615 Satz 1, 293 f BGB, 11 KSchG), gelten hinsichtlich dessen hier streitgegenständlich streitiger Höhe (§§ 615 Satz 1 i. V. m. 611 Abs. 1 BGB, Arbeitsvertrag i. V. m. den einschlägigen Betriebsvereinbarungen insbesondere vom 10.02.1999) folgende Grundsätze:

Der Nachzahlungsanspruch ist ein Erfüllungsanspruch, der damit Entgeltcharakter hat. Es gilt hierbei das Lohnausfallprinzip (BAG, U. v. 18.09.2001, AP Nr. 37 zu § 611 BGB Mehrarbeitsvergütung - II. 1. c aa der Gründe -). Der Arbeitnehmer hat deshalb Anspruch auf das Arbeitsentgelt, das er erzielt hätte, wenn er ohne Unterbrechung, unverändert, weitergearbeitet hätte (vgl. auch § 4 Abs. 1 EFZG).

Der vom Arbeitgeber nachzuzahlende mutmaßliche Verdienst umfasst hiernach alle Leistungen mit Entgeltcharakter im weiteren Sinne, also sämtliche Vergütungsbestandteile, die im arbeitsvertraglichen Synallagma Gegenleistung für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers sind/wären, also neben der Grundvergütung auch sonstige Leistungen mit Entgeltcharakter (z. B. 13. und 14. Monatsgehalt, Gratifikationen, Provisionen, Tantiemen, (Treue-/Anwesenheits- usw.)Prämien, sonstige leistungsbezogene Vergütungsbestandteile, Zulagen, bei der üblichen Arbeitszeit anfallende (Zeit-)Zuschläge usw., Naturalleistungen, Wege- und Fahrtgelder oder sonstige Aufwendungsersatzzahlungen, die unabhängig vom Vorhandensein tatsächlich entstandener Aufwendungen gewährt werden).

(Allein) unberücksichtigt bleiben dagegen Leistungen mit Aufwendungsersatzcharakter, die einzig von der tatsächlichen Verrichtung der Arbeit abhängig sind und, ggf. auch in pauschalierter Form, hierdurch entstandene besondere Aufwendungen, einen Mehraufwand, ersetzen/abgelten sollen, die bei nicht erbrachter Arbeitsleistung somit tatsächlich nicht entstanden waren (Auslösebeträge, Kostenersatz für die dienstliche Benutzung eines Privat-Pkw, Erstattung von entstandenen Fahrkosten, Tage- und Übernachtungsgelder - nach Rechnung oder in pauschalierter Form -, Essenszuschüsse oder Verpflegungsmehraufwand bei Auswärtsbeschäftigung, auch Schmutzzulagen/-ersatz - jedenfalls, soweit solche Leistungen nicht eine besondere Vergütung als Anerkennung für spezielle Arbeitsbedingungen in Richtung/im Sinne eines allgemeinen Erschwernis- oder Gefahrenzuschlages o.ä. darstellen; vgl. wiederum auch § 4 Abs. 1 a Satz 1 HS 2 EFZG; siehe grundsätzlich näher auch BAG, U. v. 18.09.2001, aaO; U. v. 07.11.2002, AP Nr. 100 zu § 615 BGB - B. I. 1. e der Gründe -; U. v. 11.08.1998, DB 1998, S. 1719 f; U. v. 24.10.1991, nv (juris) - II. 5. a der Gründe -; U. v. 25.06.1981, nv (juris); siehe auch KR-Spilger, 8. Aufl. 2007, § 11 KSchG Rz. 26 f; APS-Biebl, 2. Aufl. 2004, § 11 KSchG Rz. 32 f, jeweils m. w. N.).

3. Hiernach gilt hinsichtlich der allein noch streitigen Beträge/Parameter, hinsichtlich der die Beklagte das Ersturteil angegriffen und Berufung eingelegt hat, im streitgegenständlichen Zeitraum der Nichtbeschäftigung des Klägers nach den Grundsätzen des Annahmeverzugs Folgendes:

a) Der Kläger hat Anspruch auf das geltend gemacht "Warendeputat" von 5,-- € (brutto) je Arbeitstag.

Die Parteien haben hierzu in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren zuletzt übereinstimmend vorgetragen, dass Rechtsgrundlage hierfür die Regelung zum "Warendeputat" unter Abschnitt B. der "Freiwilligen Betriebsvereinbarung" vom 10.02.1999 ist. Hiernach wird den Verkaufsfahrern wie dem Kläger "ein Warenwert in Höhe von 10,-- DM je effektiven Außendiensttag zur persönlichen Verköstigung zur Verfügung gestellt", wobei dieser Warenwert je Außendiensttag jeweils zum Monatsende zusammengefasst wird, und die Warendeputate "im Vergleich der Prämien und Provisionen (Leistungsentlohnung) mit der Entlohnung gemäß Betriebsvereinbarung "Bezahlungssystem Verkaufsfahrer § 3 (Grundabsicherung) auf Bruttobasis den Prämien und Provisionen (Leistungsentlohnung) zugerechnet" werden.

Damit stellt dieses "Warendeputat" keinen Auslagen- oder Aufwendungsersatz bei tatsächlich ausgeführter Tätigkeit im vorstehend (2.) beschriebenen Sinn dar, sondern einen Sachbezug und damit Entgeltbestandteil, der weniger - nicht maßgeblich - der "persönlichen Verköstigung" bei Abwesenheit während der Verkaufsfahrten als pauschaler Auslagenersatz für tatsächlich entstehende (besondere) Essensaufwendungen, sondern primär "der Vertiefung des warenbezogenen Fachwissens" dient, also den Verkaufsfahrern Kenntnisse von den von der Beklagten vertriebenen b-Produkten und deren Qualität vermitteln und diese zu deren Verkauf animieren will. Dafür spricht zur Überzeugung der Berufungskammer auch die - immanent nach ihrem Wortlaut und auch ihrem systematischen Zusammenhang betrachtet: im übrigen schwer verständliche - Regelung unter Abschnitt B. Absatz 4 dieser "Freiwilligen Betriebsvereinbarung", wo (auch) die "Warendeputate" den leistungsbezogenen Vergütungsbestandteilen zugeordnet werden. Dieses "Warendeputat" soll die Verkaufsfahrer eben zum - möglicherweise vergünstigten - eigenen Bezug/Kauf der von der Beklagten vertriebenen Tiefkühlprodukte animieren, offensichtlich mit der Intention, dass diese aus unmittelbarer eigener Kenntnis der Qualität und geschmacklichen Besonderheiten etc. der vertriebenen Produkte die Kunden besser beraten und den Verkaufserfolg steigern können.

Damit handelt es sich beim "Warendeputat" primär und entscheidend um einen Entgeltbestandteil in Form eines Sachbezuges, nicht um pauschalierten Aufwendungsersatz, eine Verpflegungspauschale für Verpflegungsmehraufwand bei tatsächlichen Auswärtstätigkeiten.

Damit hat die Berufung der Beklagten insoweit keinen Erfolg.

b) Auch auf das Mankogeld hat der Kläger im Rahmen seines Nachzahlungsanspruchs für den Annahmeverzugszeitraum Anspruch.

Rechtsgrundlage hierfür ist nach den ebenso übereinstimmenden Ausführungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren die Regelung unter § 2 Ziff. 4. der Betriebsvereinbarung ("Bezahlungssystem Verkaufsfahrer") ebenfalls vom 10.02.1999, wonach der Verkäufer für das "Manko-Risiko ... ein Mankogeld von maximal DM 30,-- netto monatlich ..." erhält (zusätzlich eine umsatzabhängige "Manko-Risiko-Provision", die in der Umsatzprovision enthalten und offensichtlich hier nicht streitgegenständlich ist, weil geltend gemacht und hierzu insoweit allein verfahrensgegenständlich, noch streitig, ein Betrag von 30,-- DM = 15,34 € (netto)/Monat ist).

Beim Mankogeld handelt es sich noch weniger um, pauschalierten, Auslagenersatz im weiteren Sinn, sondern um eine Leistung mit Entgeltcharakter, die ein eventuelles Haftungsrisiko des Klägers bei Fehlbeträgen vereinnahmter Zahlungen - ein näherer Vortrag hierzu fehlt - aufgrund Mankoabrede entgelten will und als Entgeltzulage bezahlt wird. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts war/ist eine solche Zahlung Voraussetzung für die rechtliche Wirksamkeit von vertraglichen Mankoregelungen - Mankoabreden/-vereinbarungen -; da dem hierdurch übernommenen Zusatzrisiko qua Erfolgshaftung ein angemessener finanzieller Ausgleich durch erhöhte Vergütung gegenüberstehen muss (vgl. zuletzt näher BAG, U. v. 02.12.1999, AP Nr. 3 zu § 611 BGB Mankohaftung m. w. N.).

Damit stellt das vorliegend in einer Betriebsvereinbarung normierte Mankogeld auch nicht im weiteren Sinne eine Form des pauschalierten Auslagenersatzes etwa für tatsächlich entstandene oder erwartbar entstehende Aufwendungen qua Ersatz regelmäßig entstehender Geldmanki (u. ä.) dar - solches ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich -, sondern eine Art besonderer Risikoprämie für atypisch zu tragende Risiken - damit eine Leistung mit Entgeltcharakter im arbeitsvertraglichen Synallagma, die ebenfalls während des Zeitraums des Annahmeverzugs der Beklagten mit der Arbeitsleistung des Klägers nach dem Entgeltausfallprinzip nachzuzahlen ist.

c) Gleiches gilt im Ergebnis für die vom Kläger für drei Jahre (2003 bis 2005) geltend gemachte Jahresprämie für unfallfreies Fahren in Höhe von 511,29 € (1.000,-- DM) brutto/Jahr.

Auch hierfür ist nach übereinstimmendem Vorbringen der Parteien in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren Rechtsgrundlage die Regelung unter § 2 Ziff. 5. der nämlichen Betriebsvereinbarung vom 10.02.1999 ("Bezahlungssystem Verkaufsfahrer"). Hiernach wird "entsprechend der Durchführungshin-weise" (?, vom 01.01.1999? - hierzu ist, da offensichtlich nicht entscheidungserheblich, nichts ausgeführt) bei der Beklagten für "unfalls- und schadensfreies Fahren" eine nach Zahl der zurückgelegten unfall- und schadensfreien Jahre progressiv gestaffelte Prämie - beim Kläger unstreitig diejenige nach vier unfall- und schadensfreien Jahren in Höhe von 1.000,-- DM/Jahr - als "besondere Leistungsprämie für durchschnittliche Sorgfalt im Rahmen der gefahrgeneigten Arbeit des Verkäufers" bezahlt.

Damit handelt es sich bei dieser Prämie ebenfalls um einen Fall der Leistungsentlohnung für besonders sorgfältige, weil unfall- und schadensfreie, Tätigkeitsausübung, gleichzeitig als Anreiz für vorsichtiges Fahren zur Vermeidung von grundsätzlich zunächst vom Arbeitgeber bzw. seiner Haftpflicht- oder Kaskoversicherung zu tragenden Schadensrisiken und -konsequenzen, nicht um irgendeine auch nur entfernt denkbare Art von, pauschaliertem, Auslagen- oder Aufwendungsersatz für tatsächlich entstandene oder konkret erwartbare Sachschäden am Fahrzeug. Letzteres ließe sich durch eine Pauschalprämie in dieser Weise und in dieser Höhe auch nicht abgelten - weder kann ein kausaler, linearer, Zusammenhang zwischen der zurückgelegten Zeit unfall-/schadensfreien Fahrens und der Höhe jedenfalls erwartbarer (?) Schäden bestehen noch wären solche Schäden nach den von der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Arbeitnehmerhaftung (die im hier gebrauchten Begriff der "gefahrgeneigten Arbeit" aufscheinen mögen) ohne weiteres - zumal bei Versicherbarkeit dieses Risikos - auf den Arbeitnehmer überwälzbar (vgl. zuletzt näher BAG, U. v. 18.01.2007, 8 AZR 250/06 - zu einer Entscheidung der Berufungskammer -).

Damit hat der Kläger im Rahmen seines Vergütungsanspruches nach den Grundsätzen des Annahmeverzugs auch Anspruch auf diese Jahresprämie für unfall- und schadensfreies Fahren.

d) Der Kläger hat nach den obigen Grundsätzen jedoch keinen Anspruch auf das ebenfalls streitige "Kleidergeld" (von der Beklagten hierzu angesetzt: 4,06 € brutto/Monat ...!?).

aa) Eine formelle Rechtsgrundlage hierfür ist nicht vorgetragen oder ersichtlich - den Parteien nach ihrem ebenfalls übereinstimmenden Vorbringen hierzu zuletzt auch nicht bekannt. Allerdings trägt der Kläger selbst vor, dass die Bezahlung dieses "Kleidergeld"-Betrages seit Beginn seiner Tätigkeit im Jahr 1983 - damit a priori aufgrund konkludenter Vereinbarung oder nach den Grundsätzen betrieblicher Übung begründet - mit dem Zweck erfolgt sei, den Aufwand des Arbeitnehmers für das Reinigen der Arbeitskleidung - später auch der von der Beklagten zur Verfügung gestellten Arbeitskleidung mit "b-Aufdruck" - (Waschmittel, Seife etc.) pauschal zu entgelten.

Auch wenn dieser Betrag nach dem Vorbringen des Klägers hierzu während des Urlaubs des Arbeitnehmers weiter gezahlt worden sei, handelt es sich somit bereits nach eigenem Vorbringen des Klägers insoweit um pauschalierten Aufwendungsersatz ("Reinigungspauschale") für die mit dem Reinigen der Arbeitskleidung tatsächlich verbundenen Auslagen, nicht um Arbeitsentgelt im weiteren Sinne.

Insoweit ist das mit der Berufung angegriffene Endurteil des Arbeitsgerichts vom 31.10.2006 somit zu ändern.

bb) Der Kläger hat damit für den Zeitraum der Nichterbringung seiner Arbeitsleistung bis 14.02.2006, in dem seine hierzu geltend gemachten und entschiedenen Vergütungsansprüche auf die Grundsätze des Annahmeverzugs der Beklagten mit seiner Arbeitsleistung gestützt sind, keinen Anspruch auf dieses "Kleidergeld".

Der Kläger hat nach seinem Vorbringen ab 15.02.2006 wieder für die Beklagte in vertragsgemäßer Weise gearbeitet, weshalb er erst ab diesem Zeitpunkt Anspruch auf das "Kleidergeld" in der bisherigen Höhe als pauschalierten Auslagenersatz - "Reinigungspauschale", so auch die Bezeichnung der Beklagten - hat. Die Arbeitsaufnahme bereits am/zum 15.02.2006 ergibt sich aus dem nicht, wie erforderlich, substantiiert bestrittenen Vorbringen des Klägers sowie dem hierzu vorgelegten Schreiben der Beklagten vom 10.02.2006 (Anl. K42, Bl. 347 d. A.), mit dem er, unter Rücknahme einer späteren Arbeitgeberkündigung vom 19.01.2006, zur Arbeitsaufnahme zum 15.02.2006 aufgefordert worden war.

Für den davor liegenden streitgegenständlichen Zeitraum hat der Kläger nach den hier geltenden Grundsätzen des Annahmeverzugs gemäß §§ 615, 293 f BGB, 11 KSchG somit keinen Anspruch auf dieses "Kleidergeld".

Der Höhe nach macht der Kläger das "Kleidergeld" in seiner Berechnung, auch im Rahmen seiner vielfachen erstinstanzlichen Klageerweiterungen, ersichtlich als solches in Höhe von 8,69 € brutto/Monat geltend (auch: mit dem Klageschriftsatz als Anlagen K6 und K7 - Bl. 24/25 d. A. - vorgelegte Verdienstabrechnungen 11/02 und 12/02) - nicht, wie in der Berufungsbegründung von der Beklagten angenommen, in Höhe von 4,06 € brutto/Monat - . Mangels anderweitiger Anhaltspunkte ist deshalb von dem vom Kläger selbst jeweils angesetzten "Kleidergeld" in Höhe des zuvor insoweit auch abgerechneten Betrag von 8,69 € brutto/Monat auszugehen.

e) Ab Wiederaufnahme seiner Tätigkeit am 15.02.2006 (ff) stehen dem Kläger sämtliche noch streitigen Ansprüche nach dem Arbeitsvertrag (§ 611 Abs. 1 BGB) bzw. den in Bezug genommenen Betriebsvereinbarungen unmittelbar zu.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO, nachdem die Berufung der Beklagten lediglich hinsichtlich des "Kleidergeldes", dessen Höhe sie für die von ihr angenommenen 44 klagegegenständlichen Monate selbst mit insgesamt 174,64 € (ausgehend vom vom Kläger angesetzten Betrag: 8,69 €/Monat, entsprechend 382,36 €) ansetzt, Erfolg hatte, hinsichtlich der übrigen Ansprüche, im kumulierten Wert von 6.258,49 € bzw. von 6.054,77 €, dagegen nicht - ein Erfolg der Berufung der Beklagten deshalb lediglich im Umfang von wenigen Prozent vorliegt.

IV.

Da dem Rechtsstreit über die Klärung der konkreten Rechtsbeziehungen der Parteien hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, bestand für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen gemäß § 72 a ArbGG beide Parteien hingewiesen werden, zulassen sollte.

Ende der Entscheidung

Zurück