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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 25.10.2006
Aktenzeichen: 5 Sa 1108/04
Rechtsgebiete: ArbGG, KSchG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 2
KSchG § 9
KSchG § 9 Abs. 1
KSchG § 9 Abs. 1 S. 2
KSchG § 9 Abs. 2
ZPO § 138 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 Sa 1108/04

Verkündet am: 25.10.2006

In dem Rechtsstreit

hat die Fünfte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 25.10.2006 durch Richter am Arbeitsgericht Schweitzer sowie die ehrenamtlichen Richter Schärtl und Hartl für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 05.08.2004 - 9 Ca 15130/03 - wird zurückgewiesen.

2. Der Antrag der Beklagten, das Arbeitsverhältnis zum 30.09.2003 gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aufzulösen wird abgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 30.07.2003.

Der Kläger war bei der Beklagten seit 01.01.1997 beschäftigt. Zunächst war er als Senior-Vertriebsbeauftragter tätig. Zum 01.07.2002 wurde dem Kläger der Key Account B. zugewiesen, für den er ab 01.01.2003 alleine verantwortlich war. Das durchschnittliche Jahresgehalt des Klägers belief sich zuletzt auf ca. € 95.000,--.

Mit Schreiben vom 30.07.2003 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zum 30.09.2003.

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass diese Kündigung sozial nicht gerechtfertigt sei. Insbesondere sei die Stelle des Klägers nicht durch die Schaffung einer neuen Stelle Key Account Manager II entfallen. Der Arbeitsplatz des Klägers werde lediglich von einem anderen Mitarbeiter besetzt. Es sei auch nicht zutreffend, dass dem Kläger relevante Kundenkontakte zu B. fehlen würden. Außerdem habe die Beklagte die soziale Auswahl falsch getroffen und dem Betriebsrat den Kündigungsgrund nicht umfassend mitgeteilt.

Die Beklagte hält dem entgegen, dass der Entschluss gefasst worden sei, die Stelle des Klägers zum 15.05.2003 zu streichen und sie in eine neue Stelle Key Account Manager II zu integrieren. Ab Beginn der Alleinverantwortung des Klägers für den Key Account B. habe sich herausgestellt, dass dem Kläger die entscheidenden Beziehungen zu den für die Vergabe von IT-Aufträgen maßgeblichen Personen bei der B. gefehlt hätten. Für eine erfolgreiche Tätigkeit als Key Account Manager der Beklagten bei B. sei es nicht nur erforderlich, die Mitarbeiter der B. auf der Leitungsebene im Bereich Informationstechnologie gut zu kennen, sondern vielmehr noch weitaus wichtiger, die relevanten Entscheider in den einzelnen Bereichen der B. , die Software nutzen können, zu kennen. Bei den maßgeblichen Entscheidern der B. habe der Kläger keinerlei Akzeptanz gefunden. Aus diesem Grund habe man sich bei der Beklagten entschlossen, die Position des Klägers zu streichen und stattdessen die Position des Key Account Managers II neu zu schaffen. Das Anforderungsprofil dieser Stelle setze unter anderem voraus:

- "langjährige, vertrauensvolle Kundenbeziehung auf Entscheiderlevel für einen großen Automobilhersteller in Bayern (mindestens sieben bis acht Jahre),

- Seniorität und Kommunikationsfähigkeit auf Top-Managementebene."

Die Stelle sei mit einem Bewerber besetzt worden, der zum damaligen Zeitpunkt 14 Jahre Vertriebserfahrung mit dem Kunden B. gehabt habe. Eine Sozialauswahl sei nicht durchzuführen gewesen, da mit dem Kläger vergleichbare Mitarbeiter nicht vorhanden seien.

Das Arbeitsgericht München hat mit Endurteil vom 05.08.2004 festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund Arbeitgeberkündigung vom 30.07.2003 nicht aufgelöst worden ist. Das Arbeitsgericht München hat seine Entscheidung damit begründet, dass sich aus dem Vorbringen der Beklagten ergebe, dass die Stelle des Klägers nicht gestrichen, sondern mit einem neu eingestellten Mitarbeiter besetzt worden sei, von dem man sich Vorteile hinsichtlich der Kundenkontakte zu B. erhoffe, der aber genau dieselben Aufgaben wahrzunehmen habe, wie der Kläger. Dies könne die Kündigung des Klägers allenfalls dann rechtfertigen, wenn ihm konkrete Defizite oder Versäumnisse vorzuwerfen wären. Diesbezüglich habe die Beklagte aber nur subjektive Wertungen vorgetragen, die wegen mangelnder Sustantiierung für eine Beweisaufnahme nicht in Frage kommen würden. Somit seien dringende betriebliche Gründe für die Kündigung vom 30.07.2003 nicht gegeben.

Bezüglich des Sachvortrags der Parteien im ersten Rechtszug, der von ihnen gestellten Anträge und der rechtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichtes im Einzelnen wird auf den Inhalt des Endurteils des Arbeitsgerichtes München vom 05.08.2004 Bezug genommen.

Die Beklagte hat gegen dieses Urteil, das ihr am 27.09.2004 zugestellt wurde, am 08.10.2004 Berufung eingelegt und diese am Montag, den 29.11.2004 auch begründet.

Sie trägt vor, dass die Beklagte nach der Beschwerde eines Gruppenleiters aus dem IT-Bereich von B. über den Kläger ("Wenn ihr den M. weiterhin zu uns schickt, könnt ihr B. als Kunden vergessen") zum Zeitpunkt der Kündigung des Klägers der festen Überzeugung war, dass sich eine Verbesserung der Geschäfts- und Umsatzsituation mit dem Key Account B. nur durch Neubesetzung der Stelle des Key Account Managers mit einem Mitarbeiter mit langjähriger Erfahrung mit diesem Kunden erreichen ließe. Deshalb habe man die unternehmerische Entscheidung getroffen, die bisherige Stelle des Klägers als Key Account Manager für B. mit dem zusätzlichen Qualifikationsmerkmal "langjährige, vertrauensvolle Kundenbeziehung auf Entscheiderlevel für einen großen Automobilhersteller in Bayern (mindestens sieben bis acht Jahre)" zu versehen. Dieses Anforderungsprofil erfülle der Kläger nicht. Nachdem es zur unternehmerischen Entscheidungsfreiheit gehöre, die Anforderungsprofile für eingerichtete Arbeitsplätze festzulegen, wäre dies vom Arbeitsgericht zu respektieren gewesen, mit der Folge, dass die Kündigung des Klägers sozial gerechtfertigt sei. Andere freie Arbeitsplätze, deren Anforderungsprofil der Kläger erfülle, seien bei der Beklagten nicht vorhanden.

Eine Sozialauswahl habe die Beklagte nicht durchgeführt, weil mit dem Kläger vergleichbare Mitarbeiter bei der Beklagten am Standort M. nicht vorhanden seien. Die Betriebsratsanhörung vor Ausspruch der Kündigung sei ordnungsgemäß erfolgt.

Für den Fall, dass das Gericht zum Ergebnis komme, dass die Kündigung sozial nicht gerechtfertigt sei, berufe sich die Beklagte darauf, dass massive Gründe dafür vorliegen würden, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Parteien nicht erwarten ließen. Dies ergebe sich aus den Äußerungen des Klägers in der Kammerverhandlung am 29.07.2004

- "W. hat mich bei den Aufhebungsvertragsverhandlungen erpresst. Ich würde nur ein Zeugnis von S. bekommen, wenn ich dem Abfindungsangebot von W. auch zustimme."

- "F. hat von Tuten und Blasen keine Ahnung"

- "Bei dem Management, das S. momentan in Deutschland hat, ist ein Konkurs demnächst nicht ausgeschlossen"

- "F. ist von S. gegangen worden, nachdem er schon einen Riesenfehler mit dem Rauswurf von R. gemacht hat. Außerdem hat F. S. mehr geschadet als genutzt."

- "Mein Gehalt wurde durch unerreichbare Zielvereinbarungen von S. manipuliert."

- "Man macht mit mir nur Hokuspokus. W. ist daran interessiert, dass ich nicht weiter beschäftigt werde, weil wir Konkurrenten bei S. waren."

In der Klageschrift habe der Kläger außerdem wahrheitswidrig behauptet, dass die Kündigung nicht vor dem 31.07.2003 in seinem Briefkasten gewesen sei. Dies stelle einen versuchten Prozessbetrug dar. In den Schriftsätzen vom 21.07.2004 sowie 21.01.2005 habe sich der Kläger wieder in beleidigender und herabwürdigender Weise über den Zeugen F. geäußert. Absolut nicht hinnehmbar seien auch die weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 21.01.2005

- "... jedoch fehlt den S.-Managern hier die Kompetenz für ein marktgängiges Nutzenangebot."

- "Völlig grotesk ist die Sachdarstellung der Beklagten gerade diesen, für Hardware im Hinblick auf Kundenkontakte absolut nicht brauchbaren Z. ..."

Sämtliche dieser Äußerungen würden zeigen, dass der Kläger keinerlei Respekt vor dem Management der Beklagten und ihren Vertriebsleitern habe. In der Kammerverhandlung zweite Instanz am 19.04.2005 habe sich der Kläger wie folgt geäußert:

- "S. wollte mich rösten"

- "B. war ein Feuerstuhl-Account, S. hatte da ein Mega-Problem"

- "Die ganze Geschichte, die mit B. mir gegenüber läuft, ist getürkt"

- "S. blockiert mich. Das Zeugnis ist saumäßig".

Im Schriftsatz vom 13.06.2005 habe der Kläger geäußert

- "Im vorliegenden Fall ist dem Kläger ganz erhebliches Unrecht geschehen durch eine als betriebsbedingt vorgeschobene Kündigung, ..."

- "Der Beklagten ist dies bekannt, sie nutzt anscheinend die Lage für sich, um zu einer für sie möglichst günstigen Einigung mit dem Kläger zu kommen."

In der Kammerverhandlung vom 23.11.2005 habe der Kläger die Aussage getroffen "Dann werde ich eben gemobbt, wie die anderen auch". Diese Aussage habe der Kläger im Zusammenhang mit einer etwaigen Rückkehr zur Beklagten getätigt.

Nach alldem sei eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Parteien künftig nicht mehr zu erwarten. Angesichts der Massivität der angeführten Vertrauensverstöße des Klägers erscheine im vorliegenden Fall die Auflösung gegen Zahlung einer Abfindung von maximal € 26.718,75 als angemessen und sachgerecht.

Die Beklagt beantragt im Berufungsverfahren:

I. Das Urteil des Arbeitsgerichtes München vom 05.08.2004 - Aktenzeichen 9 Ca 15130/03, zugestellt am 27.09.2004, wird aufgehoben.

II. Die Klage wird abgewiesen.

III. Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge.

Hilfsweise:

Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis wird zum 30.09.2003 gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aufgelöst.

Der Kläger beantragt im Berufungsverfahren

die kostenfällige Zurückweisung der Berufung sowie die Abweisung des Auflösungsantrages.

Er vertritt die Auffassung, dass die Kündigung schon deshalb nicht gerechtfertigt sei, da die Aufgabenstellung innerhalb der Stelle nach wie vor gleich geblieben sei. Das Arbeitsgericht müsse das von der Beklagten genannte Qualifikationsmerkmal nicht akzeptieren. Es handle sich dabei um eine Unternehmerentscheidung, die offensichtlich unsachlich sei.

Weiter beruft sich der Kläger auch im Berufungsverfahren darauf, dass die Beklagte es fehlerhaft unterlassen habe, eine Sozialauswahl durchzuführen. Darüber hinaus sei auch die Möglichkeit gegeben gewesen, den Kläger auf einem anderen freien Arbeitsplatz zu beschäftigen. Zum Zeitpunkt der Anhörung des Betriebsrates bezüglich der Kündigung des Klägers und in der Zeit danach, seien acht Vertriebsbeauftragte neu eingestellt worden.

Gründe für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses seien nicht gegeben. Zum einen könne sich der Kläger auf seine Meinungsfreiheit berufen. Zum anderen könne der Arbeitnehmer im Kündigungsschutzprozess mit gleichen Bandagen zurückschlagen, entsprechend der Art und Weise, wie der Arbeitgeber meint, mit ihm umgehen zu können. Eine unbelastete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei außerdem schon deshalb möglich, da der damalige Vorgesetzte des Klägers, F., bei der Beklagten längst ausgeschieden sei. Der jetzige Verkaufsdirektor und der Kläger seien sich noch nie begegnet, so dass von einem gänzlich unbelasteten persönlichen Verhältnis auszugehen sei.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beklagten vom 07.10.2004, 29.11.2004, 06.04.2005, 18.04.2005, 18.08.2005, 17.11.2005, 20.02.2006, 23.02.2006, 26.06.2006, die Schriftsätze des Klägers vom 20.10.2004, 21.01.2005, 13.06.2005, 11.11.2005, 22.12.2005, 23.02.2006, 12.07.2006, sowie die Protokolle vom 19.04.2005, 23.11.2005, 26.04.2006 und 25.10.2006 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes München vom 05.08.2004 ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist form - und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 66 Abs. 1 S. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Die Kündigung der Beklagten vom 30.07.2003 hat das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht beendet, da sie sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 1 ArbGG). Die Kündigung ist weder durch Gründe in der Person oder im Verhalten des Klägers oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb der Beklagten entgegenstehen, bedingt (§ 1 Abs. 2 S. 1 KSchG).

Die Beklagte stützt ihre Kündigung darauf, dass sie die unternehmerische Entscheidung getroffen habe, die Stelle des Key Account Managers für B. mit dem zusätzlichen Qualifikationsmerkmal "langjährige, vertrauensvolle Kundenbeziehung auf Entscheiderlevel für einen großen Automobilhersteller in Bayern (mindestens sieben bis acht Jahre)" zu versehen. Entscheidend für die Stelle ist aus Sicht der Beklagten die Erfüllung des Erfordernisses sieben bis achtjährige Zusammenarbeit mit dem Kunden B. auf Entscheiderebene. Nachdem der Kläger dieses Qualifikationsmerkmal nicht erfüllt, sieht die Beklagte hierin einen Grund für den Ausspruch einer Kündigung.

Der Beklagte ist zuzugestehen, dass die Gestaltung des Anforderungsprofils für einen Arbeitsplatz der, lediglich auf offenbare Unsachlichkeit zu überprüfenden Unternehmerdisposition des Arbeitgebers unterliegt. Soweit für die sachgerechte Erledigung der Arbeitsaufgabe bestimmte persönliche oder sachliche Voraussetzungen erforderlich sind, kann die unternehmerische Entscheidung, welche Anforderungen an den Stelleninhaber zu stellen sind, nur auf offenbare Unsachlichkeit gerichtlich überprüft werden. Die Entscheidung des Arbeitgebers, bestimmte Tätigkeiten nur von Arbeitnehmern mit bestimmten Qualifikationen ausführen zu lassen, ist von den Arbeitsgerichten grundsätzlich jedenfalls dann zu respektieren, wenn die Qualifikationsmerkmale einen nachvollziehbaren Bezug zur Organisation der auszuführenden Arbeit haben (vgl. BAG vom 24.06.2004 - 2 AZR 326/03).

Dabei ist ebenfalls anerkannt, dass eine langjährige Erfahrung zur sachgerechten Erledigung einer Arbeitsaufgabe gerade im Verkauf, der für ein Unternehmen oft von zentraler Bedeutung ist, zum Beispiel wegen bestimmter Kundenkontakte oder bestimmter Marktkenntnisse eine wesentliche Voraussetzung sein kann. Langjährige Erfahrungen können allgemein und im Verkauf im Besonderen ein marktgängiges, beachtenswertes Kriterium darstellen. Deshalb kann dieser Umstand ein nachvollziehbares arbeitsplatzbezogenes Kriterium für eine Stellenprofilierung sein. Eine entsprechende Stellenanforderung ist insoweit von den Arbeitsgerichten nicht weiter zu überprüfen, wenn sie sich an sachlichen Voraussetzungen für die auszuübende Tätigkeit orientiert (vgl. BAG vom 24.06.2004 - 2 AZR 326/03).

Allerdings übersieht die Beklagte, dass diese Grundsätze uneingeschränkt nur dann gelten, wenn es um die Besetzung eines freien Arbeitsplatzes geht. Wird hingegen das Anforderungsprofil für Arbeitsplätze geändert, die bereits mit Mitarbeitern besetzt sind, so gelten verschärfte Anforderungen für die Voraussetzungen einer Kündigung, die auf die Änderung des Anforderungsprofils gestützt wird.

Wenn die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss ohne nähere Konkretisierung praktisch deckungsgleich sind, kann die Vermutung, die Unternehmerentscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht in jedem Fall von vornherein greifen. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber konkrete Angaben dazu machen, wie sich die Organisationsentscheidung auf die Einsatzmöglichkeit auswirkt und in welchem Umfang dadurch ein konkreter Änderungsbedarf besteht. Erhöhte Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers sind insbesondere dann zu stellen, wenn der Arbeitgeber durch eine unternehmerische Entscheidung das Anforderungsprofil für Arbeitsplätze ändert, die bereits mit langjährig beschäftigten Arbeitnehmern besetzt sind. Sonst hätte der Arbeitgeber die nahe liegende Möglichkeit, unter Berufung auf eine gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Unternehmerentscheidung, eine missbräuchliche Umgehung des Kündigungsschutzes des betreffenden Arbeitnehmers dadurch zu erzielen, dass er in sachlich nicht gebotener Weise die Anforderungen an die Vorbildung des betreffenden Arbeitsplatzinhabers verschärft. Der Arbeitgeber hat insoweit darzulegen, dass es sich bei der zusätzlichen geforderten Qualifikation für die Ausführung der Tätigkeit nicht nur um eine "wünschenswerte Voraussetzung", sondern um eine nachvollziehbares, arbeitsplatzbezogenes Kriterium für eine Stellenprofilierung handelt (vgl. BAG vom 07.07.2005 - 2 AZR 399/04).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Kündigung der Beklagten vom 30.07.2003 sozial nicht gerechtfertigt. Bei dem von der Beklagten genannten Kriterium für das Anforderungsprofil "mindestens sieben bis achtjährige Zusammenarbeit mit dem Kunden B. auf Entscheiderebene" handelt es sich nicht um ein arbeitsplatzbezogenes Kriterium für eine Stellenprofilierung, durch das ein konkreter Änderungsbedarf hervorgerufen wird.

Es liegt vielmehr eine "wünschenswerte Voraussetzung" im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung vor.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger durchaus über Berufserfahrung mit dem Kunden B. verfügt und aufgrund seiner Tätigkeit zwangsläufig entsprechende Kontakte aufgebaut haben muss. Dem Kläger ist immerhin seit 01.07.2002 der Key Account B. zugewiesen und seit 01.01.2003 war der Kläger allein verantwortlich für den Kunden B..

Selbstverständlich ist es aus der Sicht der Beklagten wünschenswert, wenn ein Key Account Manager über noch längere Erfahrung mit einem Kunden und daraus resultierend auch über noch bessere Kontakte zum Kunden verfügt. Die Einstellung eines Mitarbeiters mit diesen Qualifikationen kann jedoch die Kündigung des bisher mit dieser Tätigkeit betrauten Mitarbeiters nicht rechtfertigen. Eine Kündigung, die einzig dem Zweck dient, vorhandene geeignete Arbeitnehmer durch etwa noch besser geeignete zu ersetzen, ist unzulässig (vgl. BAG vom 21.09.2000 - 2 AZR 440/99). Dies stellt eine unzulässige Austauschkündigung dar (vgl. BAG vom 20.03.1997 - 8 AZR 829/95).

Ein konkreter Änderungsbedarf der erhöhte Anforderungen an das Stellenprofil einer Arbeitsstelle, die bereits mit einem Arbeitnehmer besetzt ist, rechtfertigt, setzt das Vorliegen eines sachlichen Grundes voraus. Ein derartiger Grund ist im vorliegenden Fall nicht gegeben.

Die Beklagte beruft sich zwar darauf, dass sie die Beschwerde eines Gruppenleiters aus dem IT-Bereich der Firma B. erhalten habe mit der Bemerkung "Wenn ihr den M. weiterhin zu uns schickt, könnt ihr B. als Kunden vergessen" und dass dies die Motivation für die Beklagte dargestellt habe, das Anforderungsprofil der Stelle des Klägers zu verändern. Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten unterstellt, dass dieser Sachvortrag richtig ist, so kann dies allein die erhöhten Anforderungen an das Stellenprofil und somit auch die Kündigung des Klägers nicht rechtfertigen. Die Beschwerde des Gruppenleiters ist vollkommen unsubstantiiert. Aus ihr ist im Einzelnen nicht ersichtlich, was dem Kläger eigentlich aus der Sicht des Gruppenleiters des Kunden vorzuwerfen ist. Ursache der Bemerkung können sowohl Gründe im Verhalten des Klägers, als auch Gründe in der Person des Klägers oder persönliche Abneigung sein. Diese Bemerkung lässt jedenfalls nicht den Schluss zu, dass Ursache des Ganzen die mangelnde Kundenerfahrung des Stelleninhabers mit dem Kunden B. ist. Somit kann darin aber auch kein nachvollziehbares arbeitsplatzbezogenes Kriterium für eine geänderte Stellenprofilierung gesehen werden.

Die Kündigung des Klägers vom 30.07.2003 zum 30.09.2003 ist auch nicht durch Gründe im Verhalten oder in der Person des Klägers gerechtfertigt.

Aus dem Sachvortrag der Beklagten lässt sich nicht entnehmen, dass dem Kläger ein konkretes Fehlverhalten im Hinblick auf seine Arbeitsleistung vorgeworfen wird. Ebenso fehlt ein substantiierter Sachvortrag der Beklagten dem man entnehmen könnte, dass objektive Umstände vorliegen, die den Schluss rechtfertigen, dass der Kläger durch Gründe in seiner Person auf seinem Arbeitsplatz nicht mehr weiterbeschäftigt werden kann.

Nach alldem konnte die Kündigung keinen Bestand haben. Das Arbeitsgericht München hat der Kündigungsschutzklage des Klägers deshalb zu Recht stattgegeben.

III.

Gründe für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf Antrag der Beklagten gemäß § 9 Abs. 1 KSchG sind nicht gegeben.

Stellt das Gericht, wie im vorliegenden Fall fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung aufzulösen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen (§ 9 Abs. 1 S. 2 KSchG). Nach der Grundkonzeption des Kündigungsschutzgesetzes führt eine Sozialwidrigkeit der Kündigung zu deren Rechtsunwirksamkeit und zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.

Dieser Grundsatz wird durch § 9 KSchG unter der Voraussetzung durchbrochen, dass, bezogen auf den Auflösungsantrag des Arbeitgebers, eine Vertrauensgrundlage für eine sinnvolle Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr besteht. Da hiernach eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nur ausnahmsweise in Betracht kommt, sind an die Auflösungsgründe strenge Anforderungen zu stellen. Allerdings war die Erwägung, dass es insbesondere während eines Kündigungsschutzprozesses zu zusätzlichen Spannungen zwischen den Parteien kommen kann, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sinnlos erscheinen lassen, für die Schaffung der gesetzlichen Regelung mitbestimmend.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob eine den Beweiszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu erwarten ist, ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz. Der Auflösungsantrag ist trotz seiner nach § 9 Abs. 2 KSchG gesetzlich angeordneten Rückwirkung auf den Kündigungszeitpunkt in die Zukunft gerichtet. Das Gericht hat eine Vorausschau anzustellen. Im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag ist zu fragen, ob aufgrund des Verhaltens des Arbeitnehmers in der Vergangenheit in Zukunft noch mit einer den Betriebszwecken dienenden weiteren Zusammenarbeit der Parteien zu rechnen ist (vgl. BAG vom 23.06.2005 - 2 AZR 256/04).

Als Auflösungsgründe für den Arbeitgeber gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG kommen solche Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Es kommt darauf an, ob die objektive Lage bei Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz beim Arbeitgeber die Besorgnis aufkommen lassen kann, dass die weitere Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer gefährdet ist. Als Auflösungsgrund geeignet sind danach etwa Beleidigungen, sonstige ehrverletzende Äußerungen oder persönliche Angriffe des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, Vorgesetzte oder Kollegen. Auch das Verhalten eines Prozessbevollmächtigten des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess kann die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bedingen (vgl. BAG vom 23.06.2005 - 2 AZR 256/04).

Unterstellt man die, von der Beklagten angeführten Äußerungen des Klägers im Prozess im Hinblick auf die Beklagte und deren Mitarbeiter als wahr, so wäre in der Tat an sich ein Grund gegeben, der objektiv die Auflösung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen kann.

Allerdings ist vor Auflösung des Arbeitsverhältnisses in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob in Anbetracht der konkreten betrieblichen Umstände noch eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit möglich ist. So kann ein zwischenzeitlich eingetretener Wandel der betrieblichen Verhältnisse - beispielsweise der Austausch von Vorgesetzten oder eine Veränderung der Belegschaftsstruktur - Berücksichtigung finden. Dies folgt schon aus dem zukunftsbezogenen Zweck der Auflösung (vgl. BAG vom 23.06.2005 - 2 AZR 256/04).

Für den vorliegenden Fall folgt daraus, dass insbesondere zu berücksichtigen ist, dass die meisten Äußerungen, die die Beklagte dem Kläger vorhält, den ehemaligen Vertriebsleiter F. betreffen. Dieser ist jedoch unstreitig aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden. Der Kläger hat vorgetragen, dass er dem jetzigen Vertriebsdirektor S. noch nie begegnet sei. Dieser Sachvortrag wurde von der Beklagten nicht bestritten und gilt damit gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Das Gericht geht deshalb davon aus, dass einer Weiterbeschäftigung des Klägers bei der Beklagten keinerlei persönliche Animositäten entgegenstehen, die eine weitere, den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit nicht mehr erwarten lassen. Die Veränderung in der Belegschaftsstruktur der Beklagten hat dazu geführt, dass keinerlei Anlass zur Besorgnis besteht, die weitere Zusammenarbeit zwischen Kläger und Beklagter sei gefährdet.

Nach alldem konnte der Auflösungsantrag der Beklagten keinen Erfolg haben und war abzuweisen.

IV.

Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

V.

Die Berufungskammer hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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