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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 10.09.2003
Aktenzeichen: 5 Sa 234/03
Rechtsgebiete: Zuwendungs-TV AOK, BGB


Vorschriften:

Zuwendungs-TV AOK § 1 Abs. 4 Nr. 1
Zuwendungs-TV AOK § 1 Abs. 5 Halbsatz 1 iVm. Abs. 1 Nr. 3
Zuwendungs-TV AOK § 1 Abs. 5 Halbsatz 2 iVm. Abs. 4 Nr. 1
BGB § 389
Der Manteltarifvertrag, der Entgeltgruppentarifvertrag und der Entgelttarifvertrag für die Beschäftigten der Betriebskassen haben keinen wesentlich gleichen Inhalt wie der BAT iSd. Protokollnotiz Nr. 2b zu § 1 Abs. 4 Nr. 1 des Tarifvertrags über eine Zuwendung für Angestellte der AOK und beim AOK-Bundesverband (Zuwendungs-TV AOK).
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 Sa 234/03

Verkündet am: 10. September 2003

In dem Rechtsstreit

hat die Fünfte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23. Juli 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Bachmann sowie die ehrenamtlichen Richter Preibisch und Hauke für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 16.01.2003 - 30 Ca 6970/02 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin zur Rückzahlung einer von der Beklagten erhaltenen Zuwendung verpflichtet ist.

Die Klägerin war nach Maßgabe des Arbeitsvertrags vom 31.07.1998 in Verbindung mit dem Bundes-Angestelltentarifvertrag/AOK (BAT ...) und den diesen ergänzenden Tarifverträgen seit dem 21.07.1998 bei der Beklagten beschäftigt.

Im November 2001 erhielt die Klägerin nach Maßgabe des Tarifvertrags über eine Zuwendung für Angestellte der ... und beim ... (Zuwendungs-TV AOK) eine Zuwendung in Höhe von DM 4.018,50 = € 2.054,63.

Aufgrund einer Kündigung der Klägerin endete das Arbeitsverhältnis der Parteien mit 31.03.2002.

Aus diesem Grunde erhob die Beklagte Anspruch auf Rückzahlung der im November 2001 gezahlten Zuwendung in voller Höhe von DM 4.018,50 = € 2.054,63 und diesen Anspruch verrechnete die Beklagte mit den Gehaltsansprüchen der Klägerin.

Die Klägerin ist seit dem 01.04.2002 bei ... einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, beschäftigt.

Sie hat den von der Beklagten verrechneten Betrag von DM 4.018,50 = € 2054,63 mit der Begründung eingeklagt, dass der von der Beklagten geltend gemachte Rückzahlungsanspruch wegen ihrer Beschäftigung bei ... seit 01.04.2002 unbegründet sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch das Urteil vom 16.01.2003 als unschlüssig abgewiesen, nachdem sich die Klägerin mit der Verrechnung des von der Beklagten erhobenen Rückzahlungsanspruchs für den Fall der Begründetheit dieses Anspruchs einverstanden erklärt hatte. Im Übrigen wird auf dieses Urteil Bezug genommen.

Die Klägerin hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt und zur Begründung macht sie weiterhin geltend, dass der Rückzahlungsanspruch der Beklagten nach dem Zuwendungs-TV ... wegen des Arbeitsverhältnisses mit ... in unmittelbarem Anschluss an das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten unbegründet sei.

Die Klägerin beantragt die Abänderung des angefochtenen Urteils und die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von € 2.054,63 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung.

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung mit der Begründung, dass ihr Rückzahlungsanspruch begründet und deswegen die Berufung ebenso wie die Klage unbegründet sei.

Hinsichtlich des sonstigen Sach- und Rechtsvortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründung vom 14.04.2003 und die Berufungsbeantwortung vom 12.05.2003 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nicht begründet, weil der streitige Rückzahlungsanspruch begründet und der Klageanspruch in Folge der Aufrechnung mit diesem Rückzahlungsanspruch gemäß § 389 BGB erloschen ist.

Der Rückzahlungsanspruch der Beklagten ergibt sich aus § 1 Abs. 5 Halbsatz 1 iVm. Abs. 1 Nr. 3 Zuwendungs-TV ... Die Voraussetzungen für den Ausschluss dieses Rückzahlungsanspruchs gemäß § 1 Abs. 5 Halbsatz 2 iVm. Abs. 4 Nr. 1 Zuwendungs-TV ... und der Protokollnotiz Nr. 2 b liegen nicht vor, weil als neuer Arbeitgeber der Klägerin nicht "den BAT ... oder einen Tarifvertrag wesentlich gleichen Inhalts anwendet."

Ein Tarifvertrag mit einem derartig "wesentlich gleichen Inhalt" ist nach der Rechtsprechung des BAG nur dann gegeben, wenn er "nach Art und Zweckbestimmung mit dem BAT und den Grundprinzipien des in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Tarifrechts, aber auch ihrem Inhalt nach weitgehend, also etwa in der Regelung der Vergütung, mit dem BAT" übereinstimmt (vgl. BAG 13.02.1985 AP BAT §§ 22, 23 Lehrer Nr. 12).

Nach der Auffassung des Ressort-Tarifausschusses des Bundes setzt ein derart "wesentlich gleicher Inhalt" insbesondere folgendes voraus:

a) Die allgemeinen Dienstzeiten der Angestellten müssen nach Beschäftigungszeiten und Dienstzeiten nach den Grundsätzen des BAT aufgeteilt sein.

b) Es muss eine grundsätzliche Übereinstimmung im Aufbau und Inhalt des Vergütungssystems (Grundvergütung nach Stufen gestaffelt, Orts- und Kinderzuschläge und Vergütungsordnung) mit dem BAT bestehen.

c) Eine grundsätzliche Übereinstimmung der Vorschriften über die Dauer der Zahlung von Krankenbezügen mit denen des BAT muss bestehen.

d) Die Kündigungsfristen müssen nach Beschäftigungszeiten gestaffelt sein.

e) Unkündbarkeit nach langer Beschäftigungszeit muss vorgesehen sein.

Diese Aufstellung ist zwar als solche nicht verbindlich, sie stimmt aber der Sache nach mit der Rechtsprechung des BAG überein und kann daher der im Einzelfall notwendigen Entscheidung zugrunde gelegt werden.

Demnach haben der Manteltarifvertrag (MTV/...), der Entgeltgruppentarifvertrag (EGrTV/...) und der Entgelttarifvertrag (ETV ... für die Beschäftigten der Betriebskrankenkassen, die auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit ihrem neuen Arbeitgeber angewendet werden, keinen iSd. Protokollnotiz Nr. 2 b zu § 1 Abs. 4 Nr. 1 Zuwendungs-TV ... wesentlich gleichen Inhalt wie der BAT, wie schon das Arbeitsgericht im Anschluss an das Urteil des Arbeitsgerichts Würzburg vom 15.02.2002 - 6 Ca 1512/01 A - zutreffend entschieden hat.

Die Voraussetzung wesentlich gleichen Inhalts ist schon wegen der unterschiedlichen Vergütungsregelungen nicht gegeben:

- Der BAT gilt einschließlich der Vergütungsregelung nur für Angestellte, während die TVe/... für Angestellte und Arbeiter gelten.

- Die Grundvergütung gemäß § 27 A BAT/... richtet sich nach den 16 Vergütungsgruppen der Anlage 1 a, während die Anlage zum EGrTV 10 Entgeltgruppen aufweist.

- Die Steigerung der Grundvergütung gemäß § 27 A BAT/... richtet sich nach 10 Lebensaltersstufen, während sich das nach § 12 MTV/... geschuldete Entgelt nach Beschäftigungsjahren in fünf Stufen steigert.

Auf die sonstigen unterschiedlichen Regelungen kommt es demnach nicht (mehr) an.

Ende der Entscheidung

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