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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 30.04.2008
Aktenzeichen: 5 Sa 661/07
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 15 Abs. 3a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES TEILURTEIL

5 Sa 661/07

Verkündet am: 30.04.2008

In dem Rechtsstreit

hat die Fünfte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 30. Januar 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Wanhöfer sowie die ehrenamtlichen Richter Gollum und Kandziora für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Entscheidung über die Berufung des Klägers gegen Ziffer 10 des Endurteils des Arbeitsgerichts München vom 30.05.2007, Az. 20 Ca 13029/05, bleibt einem Schlussurteil vorbehalten.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 30.05.2007, Az. 20 Ca 13029/05, wird zurückgewiesen.

3. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

4. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung der Beklagten vom 10.08.2005, darüber ob die Beklagte verpflichtet ist den Kläger weiterzubeschäftigen und ihm Annahmeverzugslohn zu zahlen, ob das Arbeitsverhältnis auf Antrag der Beklagten zum 31.12.2005 aufzulösen ist und schließlich ob der Kläger verpflichtet ist, überzahlte Beträge an die Beklagte zurückzuzahlen.

Die Beklagte beschäftigt rund 85 Mitarbeiter. Zu ihren Tochterunternehmen gehört die pp. GmbH & Co. OHG mit den Geschäftsbereichen "pp-1" und "pp-2". Betriebsverfassungsrechtlich besteht für jeden der beiden "Geschäftsbereiche" ein eigenständiger Betriebsrat. Der Kläger war aufgrund Arbeitsvertrages vom 31.01.2003 (Bl. 48 ff. d.A.) seit 15.03.2003 bei der Beklagten als "Manager Internal Audit" zu einer monatlichen Bruttovergütung in Höhe von € 5.616,- beschäftigt.

Eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 22.12.2003 beurteilte das Arbeitsgericht München (8 Ca 402/04) für unwirksam und stellte (zwischenzeitlich rechtskräftig) mit Schlussurteil vom 09.08.2005 fest, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 22.12.2003 nicht aufgelöst worden ist. Ein in diesem Verfahren von der Beklagten gestellter Auflösungsantrag wurde abgewiesen (zwischenzeitlich ebenfalls rechtskräftig - LAG München vom 30.06.2006 - 11 Sa 987/05).

Mit Schreiben vom 10.08.2005 (Bl. 7 d.A.) kündigte die Beklagte erneut "höchst vorsorglich, außerordentlich, betriebsbedingt mit sofortiger Wirkung, hilfsweise ordentlich betriebsbedingt, zum Ablauf des 31.12.2005".

Bei der Beklagten besteht kein Betriebsrat. Mit Antragsschrift vom 22.08.2005 beantragte der Kläger zusammen mit der "Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Bezirk München, vertreten durch O., Gewerkschaftssekretärin sowie A., Gewerkschaftssekretär" beim Arbeitsgericht München den Erlass einer einstweiligen Verfügung (26 BVGa 42/05). Antragsziel war die gerichtliche Bestellung eines Wahlvorstandes zur Durchführung einer Betriebsratswahl im Betrieb der Beklagten. Als Wahlvorstandsmitglieder waren in der Antragsschrift namentlich benannt der Kläger, Frau O. und Herr A.. Die Antragsschrift war unterschrieben vom Kläger sowie von Frau O. und Herrn A. .

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wurde vom Arbeitsgericht München mit Beschluss vom 01.09.2005 abgewiesen. Die Beschwerden der Antragssteller hiergegen wies das Landesarbeitsgericht München mit Beschluss vom 15.02.2006 (5 TaBV 71/05) zurück und führte zur Begründung unter anderem aus, der Kläger sei allein nicht antragsberechtigt und der Bezirk München der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft sei nicht beteiligtenfähig, da nicht ersichtlich sei, dass der Bezirk körperschaftlich organisiert und gegenüber der Gesamtorganisation weitgehend selbständig sei.

In einem weiteren mit Schriftsatz vom 23.08.2005 beim Arbeitsgericht München eingeleiteten Beschlussverfahren, ebenfalls mit dem Antragsziel, einen Wahlvorstand gerichtlich zu bestellen, mit identisch bezeichneten Antragstellern, nahm ver.di den Antrag zurück.

Bei der pp. GmbH & Co. OHG wurde in den Geschäftsbereichen "pp-1" und "pp-2" im Frühjahr 2005 jeweils die Neuwahl des Betriebsrates eingeleitet. Mit Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 13.04.2006 beantragte der Kläger das Wählerverzeichnis des Wahlausschreibens um die nicht leitenden Arbeitnehmer der Beklagten und ihn selbst als passiv Wahlberechtigten zu ergänzen (17 BVGa 37/06). Der Antrag wurde mit Beschluss vom 04.05.2006 vom Arbeitsgericht München abgewiesen; die Beschwerde des Klägers wurde mit Beschluss vom 16.05.2006 vom Landesarbeitsgericht München zurückgewiesen (6 TaBV 54/06).

Mit Schreiben des Klägers vom 31.05.2006 an das Arbeitsgericht München focht der Kläger die Betriebsratswahlen bei der pp. GmbH & Co. OHG "Geschäftsbereich pp-1" sowie bei der pp. GmbH & Co. OHG "Geschäftsbereich pp-2" an (30 BV 225/06). Als Antragsteller waren neben dem Kläger bezeichnet die "Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, vertreten durch den Bundesvorstand". Die Antragsschrift war nur vom Kläger unterschrieben, eine Vollmacht von ver.di lag dem Kläger nicht vor. Mit Schreiben vom 05.07.2006 teilte Verdi mit:

"... dass die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di kein Beschlussverfahren eingeleitet hat und zu keinem Zeitpunkt die vom Beteiligten zu 1 im Antragsschriftsatz vom 31.05.2006 erwähnten Anträge gestellt hat. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di wird auch nicht durch den Antragsteller und Beteiligten zu 1 vertreten, eine dementsprechende Vollmacht wurde zu keinem Zeitpunkt erteilt."

Das Arbeitsgericht München wies den Antrag mit Beschluss vom 05.10.2006 zurück, weil die Antragsschrift nur vom Antragsteller und damit nur von einem Wahlberechtigten getragen werde.

Mit E-Mail vom 22.04.2007 an zahlreiche Arbeitnehmer der Beklagten lud der Kläger "auch im Auftrag und im Namen der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di" zu einer Betriebsversammlung ein. Das E-Mail lautet:

"Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,

die pp. GmbH hat zur Zeit keinen Betriebsrat. Die Beschäftigten sind deshalb von den Informations-, Beteiligungs- und Schutzrechten des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) ausgeschlossen.

Ich beabsichtige daher die Gründung eines Betriebsrats im Betrieb der pp. GmbH. Zu diesem Zweck lade ich daher auch im Auftrag und Namen der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di zu einer Betriebsversammlung ein. Diese Betriebsversammlung wird gleichzeitig als Wahlversammlung zur Wahl eines Wahlvorstandes gemäß § 17 BetrVG dienen und am

Montag, den xx.xx.xx um

xx.xx Uhr im

xxx

xxx

xxx

stattfinden.

Als Themen sind insbesondere die Situation und die Perspektiven der Mitarbeiter (-innen) sowie die Gründung einer Interessensvertretung vorgesehen. Daran werden sich die Wahlen für einen Wahlvorstand anschließen, der die Organisation der Betriebsratswahlen in die Hand nimmt.

Die Arbeit als Betriebsrat ist spannend: nicht immer konfliktfrei, aber in jeder Hinsicht eine anspruchsvolle Aufgabe, die intellektuelle und soziale Kompetenzen fordert und fördert. Kandidieren Sie daher als Wahlbewerber für das Amt des Betriebsrates und / oder des Wahlvorstandes!

Ich möchte Sie bitten, diese Einladung auch an andere nichtleitende Mitarbeiter der pp. GmbH weiterzuleiten. Für Rückfragen stehe ich vorab gerne zur Verfügung.

München, den 22. April 2007

Mit freundlichem Gruß

p.

Manager Internal Audit

pp. GmbH"

Mit Schreiben vom 22.05.2007 schrieb Herr W., stellvertretender Geschäftsführer, namens ver.di an den Kläger:

" Die uns zugegangene Einladung Ihrerseits zu einer Betriebsversammlung am xx.xx.xx, xx.xx Uhr im xxx entbehrt, zumindest was die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di angeht, jeder Grundlage.

- ver.di, als eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft hat keine Einladung nach § 17, Absatz 3 BetrVG ausgesprochen.

- ver.di hat Sie auch nicht bevollmächtigt im Auftrag oder in Vertretung zu agieren.

Daraus folgt konsequenterweise, dass ein Termin, wie in Ihrer Einladung angezeigt, im xxx nicht stattfinden wird. Der Vollständigkeit halber bleibt es Ihnen unbenommen die Initiative sowohl in § 17/3 wie § 17/4 mit drei wahlberechtigten Arbeitnehmern weiterzuverfolgen." (Bl. 851 d.A.)

Entsprechendes teilte er der Beklagten mit (Bl. 852 d.A.).

Der Kläger hat geltend gemacht, die Kündigung vom 10.08.2005 sei unwirksam, weil sein Arbeitsplatz nicht weggefallen und außerdem die Sozialauswahl verletzt sei. Die Kündigung sei auch unwirksam, weil der Betriebsrat der pp. GmbH und Co. OHG hätte angehört werden müssen, da diese mit der Beklagten einen Gemeinschaftsbetrieb bildet. Bei der Kündigung handle es sich um eine unwirksame Trotzkündigung; ein Grund für eine gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses liege nicht vor, denn die von der Beklagten vorgetragenen Sachverhalte seien ungeeignet, eine den betrieblichen Zwecken dienliche Zusammenarbeit zwischen den Parteien in der Zukunft in Zweifel zu ziehen.

Der Kläger hat die Feststellung beantragt, dass

1. das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten in Anlage 2 auf S. 7 vom 10.08.2005 nicht aufgelöst worden ist;

2. das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten unter demselben Datum nicht zum 31.12.2005 aufgelöst werden wird;

3. das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern sowohl über den 10.08. als auch über den 31.12.2005 hinaus fortbesteht.

weiterhin hat der Kläger beantragt

4. den Kläger für den Fall des Obsiegens hinsichtlich der Feststellungsanträge 1 bis 3 zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Manager Internal Audit bis zur rechtskräftigen Entscheidung weiterzubeschäftigen;

5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 65.580,39 brutto zu zahlen.

6. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 5.616,- brutto zu zahlen.

7. Die Beklagte wird verurteilt, € 319,08 vermögenswirksame Leistungen auf das Konto des Klägers, Kontonummer: xxx bei der xxx, BLZ xxx, zu überweisen.

8. Die Beklagte wird verurteilt, Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus € 3.804,38 seit 31.08.2005,

aus € 5.616,- seit 30.09.2005,

aus € 5.616,- seit 31.10.2005,

aus € 5.616,- seit 30.11.2005,

aus € 5.616,- seit 31.12.2005,

aus € 5.616,- seit 31.01.2006,

aus € 5.616,- seit 28.02.2006,

aus € 5.616,- seit 31.03.2006,

aus € 5.616,- seit 30.04.2006,

aus € 5.616,- seit 31.05.2006,

aus € 5.616,- seit 30.06.2006,

aus € 5.616,- seit 31.07.2006,

aus € 2.808,- seit 30.11.2005

aus € 2.808,- seit 30.06.2006

zu zahlen.

9. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an den Kläger 2.808,- € brutto nebst Zinsen von 5,0 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.12.2006 zu zahlen.

10. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an den Kläger 49.420,- € brutto nebst Zinsen von 5,0 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 5.616,- € seit 01. September 2006, 1. Oktober 2006, 1. November 2006, 1. Dezember 2006, 1. Januar 2007, 1. Februar 2007, 1. März 2007, 1. April 2007 und € 4.492,- seit 1. Mai 2007 zu zahlen.

11. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an den Kläger vermögenswirksame Leistungen in Höhe von 212,72 € für die Monate August 2006 bis einschließlich März 2007 auf sein Konto Nr. xx bei der xxx mit der Bankleitzahl xxx zu überweisen.

12. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger auch nach dem 24.04.2007 weiterhin ein monatliches Gehalt in Höhe von € 5.616,- abzüglich der darauf entfallenden Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben zu zahlen.

13. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger auch nach dem 24.04.2007 weiterhin eine jeweils am 30. Juni und 30. November jeden Jahres fällig werdende Sonderzahlung in Höhe von € 2.818,- bezüglich der darauf entfallenden Lohnsteuer zu zahlen.

14. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger auch nach dem 24. April 2007 weiterhin vermögenswirksame Leistungen in Höhe von monatlich € 26,59 auf Grundlage des siebten Absatzes des § 5 des Arbeitsvertrags zwischen den Parteien zu zahlen.

15. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger auf Grundlage der Rechtsvorschrift des § 312 SGB III eine Bescheinigung über das Beschäftigungsverhältnis zwischen den Parteien bis zum 10.08.2005 zu erteilen.

16. Die Beklagte wird verurteilt, bei Zuwiderhandlungen hinsichtlich des Antrags mit der laufenden Nummer 24 ein Zwangsgeld zu zahlen, dessen Höhe € 1.000,- für jeden Kalendertag weiteren Verzugs nicht unterschreiten sollte.

Die Beklagte hat beantragt:

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Hilfsweise wird beantragt, das Arbeitsverhältnis der Parteien des Rechtsstreits zum Ablauf des 31.12.2005 gegen Zahlung einer Abfindung aufzuheben, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

3. Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 52.274,92 € zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Zustellung zu bezahlen.

Die Beklagte hat sich auf die Wirksamkeit der Kündigung vom 10.08.2005 berufen, denn der Arbeitsplatz des Klägers sei weggefallen, da sie Ende 2005 die unternehmerische Entscheidung getroffen habe, die Arbeitsplätze der drei Manager Internal Audit zu streichen. Der Betriebsrat der pp. GmbH & Co. OHG sei nicht anzuhören gewesen, weil kein Gemeinschaftsbetrieb vorliege. In jedem Fall sei das Arbeitsverhältnis aufzulösen, weil eine gedeihliche Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht mehr zu erwarten sei.

Auf Auflösungsantrag und Widerklage hat der Kläger erwidert, dass ein Grund für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht vorliege; er habe als vollmachtloser Vertreter für ver.di die Anfechtung der Betriebsratswahl bei der pp. GmbH & Co. OHG erklärt. Der Vorwurf, er berufe sich zur Abwehr eines Rückzahlungsanspruches auf die tarifliche Ausschlussfrist sei jedenfalls verbraucht, da er bereits als Grund für den Auflösungsantrag hinsichtlich der Kündigung vom 22.12.2003 verwendet worden sei. Das Landesarbeitsgericht habe diesen Vorwurf der Beklagten als Auflösungsgrund auch ausgeschlossen.

Hinsichtlich des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht München hat mit Endurteil vom 30.05.2007, das dem Kläger am 19.06.2007 und der Beklagten am 20.06.2007 zugestellt worden ist, den Feststellungsanträgen Ziffer 1 und Ziffer 2 entsprochen und das Arbeitsverhältnis zum Ablauf des 31.12.2005 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von € 20.000,- aufgelöst. Es hat die Beklagte, in Ziffer 3, Ziffer 4, Ziffer 5 und Ziffer 6 zu verschiedenen Zahlungen, im wesentlichen aus dem Rechtsgrund des Annahmeverzuges bis 31.12.2005, verurteilt und weiter, dem Kläger eine Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III zu erteilen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Den Kläger hat es verurteilt, an die Beklagte € 52.274,92 zu zahlen.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Kündigung vom 10.08.2005 sei als außerordentliche bereits nach § 626 Abs. 2 BGB unwirksam. Im Übrigen sei ein betriebsbedingter Kündigungsgrund nicht ausreichend dargelegt. Insbesondere habe die Beklagte nicht hinreichend substantiiert dargestellt, wie die Streichung von drei Manager Internal Audit - Stellen ohne überobligatorische Belastung der verbleibenden 4 Mitarbeiter in der Abteilung umgesetzt werden könne. Der Auflösungsantrag der Beklagten sei begründet, da eine weitere dem Betriebszweck dienliche Zusammenarbeit nicht zu erwarten sei, weil die Beklagte berechtigte Zweifel daran haben könne, dass der Kläger auch dann, wenn ein anderes Vorgehen seinen persönlichen Zielen mehr nützt, die gebotene Treuepflicht gegenüber der Beklagten beachte. Diese berechtigten Zweifel ergäben sich daraus, dass der Kläger die Betriebsratswahlen bei der pp. GmbH & Co. OHG unter bewusster Umgehung der Anfechtungsbeschränkungen des § 19 BetrVG angefochten habe. Der Kläger habe bei Einreichung des Anfechtungsantrages gewusst, dass ver.di diese Anfechtung nicht mitträgt. Weitere Zweifel an der Einhaltung der Treuepflicht durch den Kläger in Fällen, in denen auch ein Eigeninteresse berührt sei, ergäben sich aus dem Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit der Überzahlung (zur Begründung des Arbeitsgericht im Einzelnen wird auf das Urteil vom 30.05.2007, Blatt 676 ff. der Akten Bezug genommen).

Mit der am 18.07.2007 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung hält der Kläger daran fest, dass die Voraussetzungen für eine gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht gegeben seien und er deshalb aufgrund der Unwirksamkeit der Kündigung vom 10.08.2005 von der Beklagten weiterzubeschäftigen sei. Die Voraussetzungen für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 KSchG seien schon deshalb nicht gegeben, weil die Kündigung nicht allein an ihrer Sozialwidrigkeit im Sinne von § 1 KSchG scheitere. Da er am 22.08.2005 gemeinsam mit ver.di gerichtlich beantragt habe, einen Wahlvorstand zur Durchführung der Betriebsratswahl im Betrieb der Beklagten einzusetzen, sei zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 10.08.2005 am 24.08.2005 bereits besonderer Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 a KSchG gegeben gewesen. Gleich nach Zugang der Kündigung habe er diese auch zurückgewiesen, da keine Vollmacht beigefügt gewesen sei. Außerdem habe die 11. Kammer des Landesarbeitsgericht München einem Auflösungsantrag der Beklagten (zwischenzeitlich rechtskräftig) nicht stattgegeben, womit die in jenem Verfahren von der Beklagten eingeführten Gründe für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses abschließend verbraucht seien. Weiter sei die Anhörung des zuständigen Betriebsrates unterblieben; das Arbeitsgericht habe nicht beachtet, dass mit der pp. GmbH & Co. OHG ein Gemeinschaftsbetrieb bestehe. Bei der Beklagten handle es sich um einen unselbständigen Betriebsteil der pp. GmbH & Co. OHG im Sinne des § 4 Abs. 1 BetrVG, weswegen deren Betriebsrat anzuhören gewesen wäre. Schließlich sei die Kündigung auch deshalb nichtig, weil sie ausschließlich deshalb ausgesprochen worden sei, um die Fortsetzung der Initiativen des Klägers zur Wahl eines Betriebsrats im Betrieb der Beklagten zu behindern. Die vom Arbeitsgericht herangezogenen Sachverhalte seien außerdem ungeeignet, eine den betrieblichen Zwecken dienliche Zusammenarbeit zwischen den Parteien des Rechtsstreits für die Zukunft in Zweifel zu ziehen. Er habe bereits erstinstanzlich darauf hingewiesen, dass die Beklagte die Beweislast für die Behauptung trage, er sei von ver.di zu einer Wahlanfechtung nicht bevollmächtigt worden. Er habe auch auf den Beschluss der zuständigen Mitgliederversammlung der Gewerkschaft hingewiesen, wonach diese die Wahlanfechtung der Betriebsratswahlen der Betriebe des pp. Konzerns unterstützt und die hauptamtlichen Sekretäre beauftragt hätte, alle erforderlichen Willenserklärungen abzugeben, damit ver.di dem Beschlussverfahren als Antragstellerin und Beteiligte zu 2. beitreten kann. Vor einem Beschluss der zuständigen Mitgliederversammlung sei die Anfechtung der Betriebsratswahlen erforderlich geworden, weil der Wahlvorstand den zutreffenden Betriebsbegriff verkannt und zwei Wahlvorschläge ohne hinreichenden Grund abgelehnt habe. Nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses habe er sich unverzüglich an die Gewerkschaft gewandt. Es sei vereinbart worden, dass er die Betriebsratswahlen auch als zunächst vollmachtloser Vertreter von ver.di anfechte und die weitere Beteiligung von ver.di vom Votum ihrer bei der Beklagten beschäftigten Mitglieder abhängig gemacht werde. Dieses Vorgehen sei erforderlich geworden, weil die Anfechtungsfrist nach § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG am 01.06.2006 abgelaufen und eine Beschlussfassung der zuständigen Mitgliederversammlung in den verbleibenden drei Tagen nicht mehr möglich gewesen sei. Deren Zuständigkeit ergebe sich aus § 20 der Satzung von ver.di wo es heiße "Ver.di ist nach demokratischen Grundsätzen aufgebaut. Abstimmungen und Wahlen sind nach diesen Grundsätzen durchzuführen". Die Willens- und Entscheidungsbildung erfolgt in den Ebenen und Fachbereichen (Matrixstruktur) und grundsätzlich auf der mitgliedsnächsten Organisationsstufe (Subsidiaritätsprinzip)." Diese Vorschrift werde von ver.di in der Weise ausgelegt, dass über die Frage einer gewerkschaftlichen Wahlanfechtung grundsätzlich die Versammlung der Mitglieder des betroffenen Betriebes entscheide. Zur Versammlung habe er dann alle im Betrieb der Beklagten beschäftigten Mitglieder von ver.di schriftlich eingeladen (der Kläger nimmt hierbei Bezug auf die Anlage L 3 zum Schriftsatz vom 10.09.2007, Blatt 760 ff. der Akte). Ein Beschluss zur Wahlanfechtung sei von der Mitgliederversammlung der im Betrieb der Beklagten beschäftigten Mitglieder von ver.di am 19.09.2006 auch einstimmig gefasst worden. Hinsichtlich des Rückzahlungsanspruches könne keine Rede davon sein, er habe bereits im Jahre 2005 positive Kenntnis von der behaupteten Überzahlung gehabt. Er sei berechtigt gewesen, seine Reaktion auf die Rückzahlungsaufforderungen vom Verhalten der Beklagten hinsichtlich ihrer eigenen und gesetzlich kodifizierten Auskunfts- und Bescheinigungspflicht abhängig zu machen. Soweit er am 22.04.2007 auch im Auftrag und Namen von ver.di zu einer weiteren Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstandes eingeladen habe und sich die Beklagte darauf berufe, dass Herr W. mit Schreiben vom 22.05.2007 dem Kläger mitgeteilt habe, dass die Einladung zur Betriebsversammlung vom 18.06.2007 jeder Grundlage entbehre, übersehe die Beklagte, dass W. als Unterzeichner mit seinem Schreiben vom 22.05.2007 aus den dargelegten und ausschließlich persönlichen Motiven nur eine gleichermaßen private wie unzutreffende Auffassung vertrete. Als abhängiger Arbeitnehmer von ver.di sei W. zu keinem Zeitpunkt durch Wahlen legitimiert und mit keinen Vollmachten ausgestattet worden, so dass er für die Gewerkschaft auch keine Willenserklärung abgeben könne. Insbesondere sei W. auch nicht befugt, den einstimmigen Beschluss der zweiten Versammlung der Mitglieder der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di bei der Beklagten vom 21.11.2006 zu korrigieren, wonach die Mitgliederversammlung die Gründung eines Betriebsrats bei der Beklagten und weitere Einladungen zu außerordentlichen Versammlungen zur Wahl eines Wahlvorstandes unterstützt. Danach seien bei der Beklagten beschäftigte Mitglieder auch bevollmächtigt worden entsprechende Einladungen auch im Namen von ver.di auszusprechen. Der Beschluss sei einstimmig gefasst worden (zum weiteren Vortrag des Klägers im Rahmen der Berufung wird auf seine Schriftsätze vom 10.09.2007 (Bl. 716 ff. d.A.), 07.11.2007 (Bl. 858 ff. d.A.), 14.12.2007 (Bl. 897 ff. d.A.) 07.01.2008 (Bl. 922 ff. d.A.), 22.01.2008 (Bl. 948 ff. d.A.) 15.02.2007 (gemeint wohl 2008) (Bl. 1072 ff. d.A.) und 12.03.2008 (Bl. 1075 ff. d.A.) Bezug genommen).

Der Kläger stellt den Antrag:

1. Ziffer 8. des Urteils wird aufgehoben.

2. Ziffer 9. des Urteils wird aufgehoben.

3. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht durch andere Umstände mit Ablauf des 31.12.2005 geendet hat, sondern über den 31.12.2005 hinaus fortbesteht.

4. Die Beklagte wird verurteilt, den Berufungskläger zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Manager Internal Audit bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung weiterzubeschäftigen.

5. Ziffer 10. des Urteils wird aufgehoben; es wird festgestellt, dass der Berufungskläger aus keinem Rechtsgrund zu einer Zahlung von 52.274,92 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit 01.08.2006 verpflichtet ist.

6. Die Beklagte wird verurteilt, unbeschadet der bereits erstinstanzlich ausgeurteilten Zahlungsansprüche an den Kläger weitere 117.936,- € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 5.616,- € seit 01.02.2006, 01.03.2006, 01.04.2006, 01.05.2006, 01.06.2006, 01.07.2006, 01.08.2006, 01.09.2006, 01.10.2006, 01.11.2006, 01.12.2006, 01.01.2007, 01.02.2007, 01.03.2007, 01.04.2007, 01.05.2007, 01.06.2006, 01.07.2007, 01.08.2007, 01.09.2007 und 01.10.2007 zu zahlen.

7. Die Beklagte wird verurteilt, unbeschadet der bereits erstinstanzlich ausgeurteilten Zahlungsansprüche an den Kläger weitere 8.424,- € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 2.808,- € seit 01.097.2006, 01.12.2006 und 01.07.2007 zu zahlen.

8. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vermögenswirksame Leistungen in Höhe von 558,39 € für die Monate Januar 2006 bis einschließlich September 2007 auf sein Konto Nr. xxx bei der xxx, Bankleitzahl xxx zu überweisen.

9. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2005 zu erteilen und zu übersenden.

10. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu tragen.

11. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

12. Ferner wird hilfsweise beantragt, im Fall einer Bestätigung der Auflösung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien, insbesondere die Zurückweisung des Berufungsantrages unter der Ziffer 2 der Berufungsbegründung vom 10.09.2007; die Revision zum Bundesarbeitsgericht gemäß § 72 Abs. 2 ArbG zuzulassen.

Die Beklagte beantragt:

1. Die Berufung des Klägers gemäß den Anträgen aus der Berufungsbegründung vom 10.09.2007 sowie gemäß dem Schriftsatz vom 22. 01.2008 wird zurückgewiesen.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 30.05.2007 Aktz. 20 Ca 13029/05 dahingehend abgeändert, dass die Ziffer 2 ersatzlos entfällt. In der Folge hiervon entfällt auch die Ziffer 9 ersatzlos.

3. Der Kläger wird verurteilt an die Beklagte € 49.404,58 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit 16.12.2007 zu zahlen.

4. Es wird festgestellt das im Hinblick auf einen Teilbetrag der Hauptforderung aus der Widerklage in Höhe eines erstrangigen Teilbetrages von € 2.870,34 sowie im Hinblick auf Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus € 52.274,92 vom 01.08.2006 bis 15.12.2007 die Hauptsache erledigt ist.

Der Kläger beantragt

die Anschlussberufung der Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen, ebenso den im Schriftsatz neuerlich gestellten Auflösungsantrag.

Die Beklagte hält mit Anschlussberufung daran fest, dass für die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 10.08.2005 ein betriebsbedingter Grund gegeben sei. Das Erstgericht habe die Anforderungen an einen ausreichenden und substantiierten Sachvortrag der Beklagten überspannt. Sie habe detailliert und substantiiert dargelegt, in welchem Umfang und aus welchen Gründen sich der Aufwand im Zusammenhang mit Prüfungen im Jahr 2005 deutlich reduziert hätte. Unabhängig davon habe das Erstgericht sie darauf hinweisen müssen, dass nach seiner Auffassung der Sachvortrag nicht ausreichend sei. Selbst wenn die Kündigung unwirksam sei, sei jedenfalls die Berufung des Klägers zurückzuweisen; das Arbeitsgericht habe das Arbeitsverhältnis zu Recht aufgelöst. Der Kläger habe keinen Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3a BetrVG, da der Antrag mit Schriftsatz vom 22.08.2005 nicht von drei wahlberechtigten Arbeitnehmern gestellt worden sei. Die Kündigungsunterzeichner seien zum Zeitpunkt der Kündigung im Handelsregister als Gesamtprokuristen eingetragen gewesen, wonach Gesamtprokura gemeinsam mit einem Geschäftsführer oder einem anderen Prokuristen bestanden habe. Gründe, die sie dem Auflösungsantrag zugrunde gelegt habe, seien nicht präkludiert (zum weiteren Vortrag der Beklagten in der Berufung wird auf ihre Schriftsätze vom 05.11.2007, Bl. 780 ff. d.A., 25.01.2008, Bl. 975 ff. d.A., und 28.01.2008, Bl. 1052 ff. d.A., Bezug genommen).

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten sind zulässig, haben in der Sache - soweit Gegenstand dieses Teilurteils - aber keinen Erfolg.

Das Teilurteil bezieht sich auf die Frage der Wirksamkeit der Kündigung vom 10.08.2005, dem hiermit zusammenhängenden Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung und die Frage, ob das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auf Antrag der Beklagten gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen ist.

I.

Die Anschlussberufung der Beklagten gegen die Feststellung des Arbeitsgerichts, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 10.08.2005 nicht aufgelöst worden ist, ist unbegründet.

Im Ergebnis und in der Begründung zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass und warum das erstinstanzliche Vorbringen der Beklagten angesichts der diese treffenden Vortrags- und Substantiierungslast (§ 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG) nicht geeignet ist, den behaupteten betriebsbedingten Kündigungsgrund darzulegen. Auf die Begründung des Arbeitsgerichts wird Bezug genommen (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

Das Vorbringen der Beklagten im Rahmen ihrer Anschlussberufung ist nicht geeignet, zu einer anderen Beurteilung zu kommen. Das Arbeitsgericht hat die Anforderungen an einen ausreichenden und substantiierten Sachvortrag der Beklagten nicht überspannt.

Die Beklagte beruft sich auf eine unternehmerische Entscheidung Anfang Juni 2005, die "Ebene der Manager Internal Audit zum Ende Juni 2005 ersatzlos abzuschaffen" (Schriftsatz der Beklagten vom 24.02.2006, dort Seite 2 f.).

Wenn der Arbeitgeber die Kündigung auf eine Unternehmerentscheidung, eine Hierarchieebene zu streichen, stützt, sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gesteigerte Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers zu stellen (so jüngst wieder BAG vom 13.02.2008 - 2 AZR 1041/06; vgl. auch Urteil des BAG vom 17.06.1999 - 2 AZR 141/99, NZA 1999, Seite 1098, auf das das Arbeitsgericht Bezug nimmt).

Danach gilt: Läuft die unternehmerische Entscheidung letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene hinaus verbunden mit einer Neuverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es der Konkretisierung dieser Entscheidung, damit geprüft werden kann, ob der Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers tatsächlich weggefallen ist und die Entscheidung nicht offensichtlich unsachlich oder willkürlich ist. Der Arbeitgeber muss insbesondere konkret darlegen, in welchem Umfang die bisher von dem Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten zukünftig im Vergleich zum bisherigen Zustand entfallen. Er muss aufgrund seiner unternehmerischen Vorgabe die zukünftige Entwicklung der Arbeitsmenge anhand eines näher konkretisierten Prognose darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden können.

Gemessen hieran ist der Vortrag der Beklagten nicht ausreichend. Er erschöpft sich im Kern in nicht näher konkretisierten Behauptungen, in diesem Bereich würden weniger Projekte anfallen, weil sich die Beklagte gezwungen sehe, die Anzahl der Projekte weitest möglich herunter zu fahren; es sei hierdurch nicht mehr erforderlich die Ebene der Manager Interal Audit mit Teamleiterfunktion weiterhin aufrecht zu erhalten und die Teamleiterfunktionen würden vom Director Interal Audit, die verbleibenden Tätigkeiten von der Mitarbeiterebene unterhalb der Manager Interal Audit übernommen. Auch wenn die Beklagte vorträgt, dass die Abteilung Interne Revision ohne Befassung mit den S. Aktivitäten im Jahr 2003 50 berichtsfähige Audits geschafft hätte und diese Zahl im Jahr 2004 auf etwas über 30 und 2005 auf 28 Audits zurückgegangen sei, ist hieraus nicht nachvollziehbar, was dies quantitativ und qualitativ für die Arbeitsmenge und hiermit zusammenhängend für das Beschäftigungsbedürfnis des Klägers bedeutet.

Soweit die Beklagte in ihrer Begründung der Berufung rügt, das Arbeitsgericht habe nicht ausreichend auf eine fehlende Substantiierung hingewiesen, bleibt offen, was die Beklagte denn bei einem erneuten Hinweis (tatsächlich hat das Arbeitsgericht in der Kammersitzung vom 01.08.2006 ausweislich des Protokolls, Bl. 153 d.A., bereits auf fehlende Substantiierung hingewiesen) vorgetragen hätte. Das Berufungsvorbringen enthält jedenfalls keine weitere Substantiierung.

II.

Auch die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist auf Antrag der Beklagten gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen.

1. Die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses auf Antrag des Arbeitgebers nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG setzt allerdings voraus, dass die Kündigung nicht bereits aus anderen Gründen als ihrer Sozialwidrigkeit unwirksam ist (BAG vom 27.09.2001 - 2 AZR 389/00, NZA 2002, Seite 1171).

Solche anderen Unwirksamkeitsgründe liegen hier aber nicht vor; die Kündigung vom 10.08.2005 scheitert ausschließlich daran, dass die Beklagte keinen Kündigungsgrund im Sinne des § 1 KSchG darlegen kann, jedenfalls nicht dargelegt hat.

a) Die Kündigung ist nicht unwirksam nach § 15 Abs. 3a KSchG.

Zwar hat der Kläger am 22.08.2005 beim Arbeitsgericht München (26 BVGa 42/05) die gerichtliche Bestellung eines Wahlvorstandes nach § 17 Abs. 4 BetrVG beantragt und die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte kann ihrerseits nicht darlegen, dass die Kündigung vom 10.08.2005 dem Kläger vor dem von diesem behaupteten Zugangszeitpunkt am 24.08.2005 zugegangen ist (vgl. noch einmal zur ausführlichen Nachfrage des Vorsitzenden der Berufungskammer im Protokoll der Sitzung vom 30.01.2008, Bl. 1060 ff. d.A.).

Der Kläger hat durch diesen Antrag dennoch keinen Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs. 3a KSchG erlangt, denn er war als einzelner Arbeitnehmer gar nicht antragsberechtigt.

§ 17 Abs. 4 Satz 1 BetrVG setzt einen Antrag von "mindestens 3 wahlberechtigten Arbeitnehmern" voraus. Haben weniger als 3 Arbeitnehmer den Antrag bei Gericht zur Bestellung eines Wahlvorstandes gestellt, besteht mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für diese kein besonderer Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3a KSchG (Fitting/Engels/Schmidt/ Trebinger/ Linsenmayer, BetrVG, 24. Auflage, § 17 Rn. 39; Richardi-Thüsing, BetrVG, 11. Auflage, Anhang zu § 103 Rn. 2; Löwisch, DB 2002, Seite 1503).

Ein Sonderkündigungsschutz nach § 15a Abs. 3a KSchG ist für den Kläger auch nicht deshalb entstanden, weil nach der Antragsschrift vom 22.08.2005 als Antragsstellerin zu 2. eine "Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Bezirk München, vertreten durch O.., Gewerkschaftssekretärin, sowie A., Gewerkschaftssekretär, beide geschäftsansässig in der Schwanthaler Straße 64, 80336 München" aufgetreten ist.

Zum einen ist die Kammer der Auffassung, dass ein Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs. 3a KSchG für Arbeitnehmer nicht dadurch ausgelöst wird, dass der Antrag mit dem einer antragsberechtigten Gewerkschaft verbunden wird. Der besondere Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3a KSchG für die Initiatoren von Betriebsratswahlen ist eng mit der ihnen betriebsverfassungsrechtlich zugewiesenen Befugnis verbunden. Dementsprechend schützt der § 15 Abs. 3a KSchG nicht in allgemeiner Form den Arbeitnehmer, der z.B. zu einer Wahlversammlung einlädt, sondern er nimmt ausdrücklich auf § 17 Abs. 3 und Abs. 4 BetrVG Bezug. Hiernach kann ein einzelner Arbeitnehmer weder zur Betriebsversammlung einladen, noch einen Antrag auf gerichtliche Bestellung eines Wahlvorstandes stellen. Dass ein anderer Antragsteller (hier die Gewerkschaft), dem das BetrVG eine eigenständige Antragsbefugnis zuweist, sein eigenes Recht wahrnimmt, ändert nichts daran, dass der Kläger für sich genommen als einzelner Arbeitnehmer keine eigene Antragsbefugnis hat.

Wenn eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft als Antragstellerin auftritt, hat es für das gesetzgeberische Ziel, auch durch gerichtliche Entscheidung einen Wahlvorstand bestellen lassen zu können, keine eigenständige Bedeutung, wenn ein einzelner, für sich genommen nicht antragsbefugter Arbeitnehmer, gleichzeitig als Antragsteller auftritt. Es wird nicht das Ziel, Sonderkündigungsschutz zu erlangen, geschützt, sondern der Schutz ist begleitende Folge der im Rahmen der Zuweisung betriebsverfassungsrechtlicher Befugnisse auftretenden Wahlinitiatoren.

Dementsprechend gilt der besondere Kündigungsschutz auch nicht für alle Arbeitnehmer, die eine Betriebsratswahl initiieren, sondern nur für die ersten drei in der Einladung oder der Antragstellung beim Arbeitsgericht aufgeführten Arbeitnehmer. Ihr Kündigungsschutz ist auf die betriebsverfassungsrechtlich erforderliche Mindestzahl zu begrenzen, um einen Missbrauch der Regelung entgegen zu wirken (vgl. APS/Link, 3. Aufl., § 15 Rn. 58d).

Unabhängig von diesen Überlegungen zu Auslegung und Reichweite des § 15 Abs. 3a KSchG liegt ohnehin kein zulässiger Antrag einer im Betrieb vertretenden Gewerkschaft vor, weswegen es schon aus diesen Gründen dabei bleibt, dass die Antragstellung durch den Kläger als einzelnen Arbeitnehmer keinen besonderen Kündigungsschutz auslöst.

Das LAG München hat mit Beschluss vom 15.02.2006 (5 TaBV 71/05) bereits ausgeführt, dass die als "Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Bezirk München" auftretende Antragstellerin zu 2. nicht beteiligtenfähig ist, da nicht ersichtlich sei, dass der Bezirk München körperschaftlich organisiert und gegenüber der Gesamtorganisation weitergehend selbständig ist. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di habe also von ihrem Antragsrecht nach § 17 Abs. 4 BetrVG keinen Gebrauch gemacht, denn es sei aus der Bezeichnung in der Antragsschrift und auch noch danach keineswegs erkennbar, dass mit der Bezeichnung "Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Bezirk München" die Gesamtorganisation der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di gemeint gewesen sei; vielmehr sei davon auszugehen, dass es sich um eine Untergruppierung handle.

Diesen Ausführungen schließt sich die Berufungskammer an.

b) Die Kündigung vom 10.08.2005 ist auch nicht wegen eines Verstoßes gegen § 20 BetrVG nach § 134 BGB nichtig.

§ 20 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BetrVG spricht allgemein das Verbot der Behinderung einer Wahl zum Betriebsrat aus. Diese Bestimmung zeigt weiter auf, dass kein Arbeitnehmer in der Ausübung des aktiven oder passiven Wahlrechts beschränkt werden darf. Das ist als gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB zu verstehen (allgemeine Meinung, vgl. BAG vom 13.10.1977 - 2 AZR 387/76, AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung; Fitting, BetrVG, § 20 Rdn. 15, 33 mit weiteren Nachweisen).

Damit kann sich § 20 Abs. 1 BetrVG auch als Kündigungsschutzvorschrift darstellen. Sie muss aber im Zusammenhang mit dem übrigen Kündigungsschutzrecht gesehen werden. Der relative Kündigungsschutz, den § 20 Abs. 1 BetrVG gewähren kann, ist nicht so zu verstehen, dass der Sonderkündigungsschutz des § 15 KSchG über seinen Geltungsbereich hinaus ausgedehnt wird, also z.B. auch schon möglichen künftigen Wahlbewerbern zu Gute kommt. Es wird deshalb nur eine Kündigung erfasst, die anlässlich einer Betätigung für die Betriebsratswahl oder im Zusammenhang mit ihr gerade deswegen ausgesprochen wird, um die Betriebsratswahl oder die Wahl dieses Arbeitnehmers zu verhindern bzw. um den Arbeitnehmer wegen seines Einsatzes bei der Betriebsratswahl zu maßregeln (BAG vom 13.10.1977, a.a.O., LAG Hamm vom 15.01.1985 - 7 (5) Sa 1430/84, LAGE § 20 BetrVG, Nr. 5).

Einen solchen kausalen Zusammenhang zwischen der Kündigung vom 10.08.2005 und der Behinderung einer Betriebsratswahl hat der grundsätzlich darlegungs- und beweispflichtige Kläger nicht dargetan. Im August 2005 stand bei der Beklagten weder eine Betriebsratswahl an, noch war eine solche von der Beklagten unmittelbar zu erwarten. Zwar hatte der Kläger zweimal mit E-Mail, zum einen vom 19.12.2003 und zum anderen vom 28.01.2005, zu einer "Wahlversammlung" bzw. "außerordentlichen Betriebsversammlung" eingeladen (nach dem im Verfahren 26 BVGa 42/05 vom Kläger vorgelegten E-Mail vom 28.01.2005 war dieses adressiert an 20 Arbeitnehmer, wobei in der Antragsschrift von etwa 80 wahlberechtigten Arbeitnehmern die Rede ist). Nach den eigenen Angaben des Klägers in der Antragsschrift vom 22.08.2008 (26 BVGa 42/05) kam es dabei aber nicht zur Bildung eines Wahlvorstandes. Von einem gerichtlichen Antrag des Klägers nach § 17 Abs. 4 BetrVG wusste die Beklagte weder zum Ausstellungsdatum der Kündigung vom 10.08.2005, noch zu ihrem Zugangsdatum (24.08.2005) etwas, denn die Antragsschrift wurde ihr ausweislich der Postzustellungsurkunde erst am 26.08.2008 zugestellt.

Die Situation war also die, dass der Kläger ohnehin demonstriert hatte, sich jedenfalls durch Kündigungen nicht von Initiativen zur Bildung eines Wahlvorstandes abhalten zu lassen und andererseits, dass die bisherigen Initiativen zur Bildung eines Wahlvorstandes im Sande verlaufen waren. Insbesondere war es offensichtlich, dass dem Kläger im Betrieb der Beklagten keine weiteren 2 Mitarbeiter zur Seite standen, um zu einer Betriebsversammlung nach § 17 Abs. 3 BetrVG einzuladen oder einen Antrag nach § 17 Abs. 4 BetrVG zu stellen. Einen Zusammenhang derart, dass die Kündigung anlässlich einer Betätigung für eine Betriebsratswahl oder im Zusammenhang mit ihr gerade deswegen ausgesprochen wurde um Betriebsratswahlen zu behindern, ist deshalb nicht gegeben.

Hieran ändert sich auch nichts, wenn man zu Gunsten des Klägers die Grundsätze des Anscheinsbeweises zur Anwendung bringt (was in der betriebsverfassungsrechtlichen Literatur überwiegend gefordert wird, vgl. Fitting, a.a.O., § 20 Rn. 33). Die Grundsätze des Anscheinsbeweises beruhen auf der Lebenserfahrung, wonach bestimmte Geschehensabläufe eine gleichbleibende Ursache haben. Sie können deshalb nur bei formelhaften, typischen Geschehensabläufen angewandt werden. Steht ein Sachverhalt fest, der nach der Lebenserfahrung auf einen bestimmten Geschehensablauf hinweist, so ist dieser regelmäßige Verlauf als bewiesen anzusehen, wenn der Fall das Gepräge des üblichen und typischen trägt. Der Anscheinsbeweis gilt demnach nur für typische Geschehensabläufe. Nur bei diesen darf der Regelablauf ohne Ausschluss anderer denkbarer Möglichkeiten prima facie vermutet werden. Der Anscheinsbeweis ist deshalb unanwendbar, wenn individuell geprägte Verhaltensweisen und Lebenssachverhalte zu beurteilen sind. Der festgestellte Sachverhalt muss derart sein, dass er unter Verwendung allgemeiner oder besonderer Erfahrungssätze die volle Überzeugung des Richters begründet. Der Anscheinsbeweis kehrt damit die Beweislast nicht um. Er ist jedenfalls dann entkräftet, wenn der Gegner Tatsachen behauptet und beweist, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs ergibt. Die beweispflichtige Partei muss dann den vollen strengen Beweis für ihre Behauptung erbringen (LAG Hamm vom 15.01.1985, a.a.O.).

Ein typischer Geschehensablauf, aus dem heraus ohne Ausschluss anderer denkbarer Möglichkeiten prima facie vermutet werden könnte, dass die Kündigung vom 10.08.2005 allein zum Zwecke der Be- oder Verhinderung einer Betriebsratswahl ausgesprochen worden ist, ist nicht gegeben. Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass Motivation für die Kündigung vom 22.12.2003 gewesen sein mag, dass der Kläger versucht hat, einen Betriebsrat bei der Beklagten zu gründen. Auch steht zur Überzeugung der Kammer nicht fest, dass der Kündigung vom 10.08.2005 tatsächlich betriebsbedingte Gründe zugrunde liegen. Auch unter Heranziehung allgemeiner oder besonderer Erfahrungssätze ist letzteres allerdings auch nicht zur Überzeugung der Kammer auszuschließen. Ebenso wenig auszuschließen ist, dass die Beklagte den Kläger aus persönlichen Motiven gekündigt hat, insbesondere weil sie zwischenzeitlich das Vertrauensverhältnis als gestört oder zerstört ansieht, was auch in den von ihr gestellten Auflösungsanträgen und deren Begründung zum Ausdruck kommt. Betriebsbedingte Gründe wären dann nur vorgeschoben und die Kündigung ist sozialwidrig im Sinne des § 1 KSchG, weil kein hier anerkannter Kündigungsgrund vorliegt. Ein Schluss darauf, dass die Kündigung in ihrem Hauptmotiv nur zur Be- oder Verhinderung einer Betriebsratswahl erfolgt wäre, wäre dennoch nicht zwingend. Zu berücksichtigen ist noch einmal, dass aus Sicht der Beklagten zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vom 10.08.2005 eine konkrete "Gefahr" einer Betriebsratsgründung aus Sicht der Beklagten nicht im Vordergrund stand; näher liegend ist es, dass die Beklagte aus vielerlei Gründen verhindern wollte, dass der Kläger in den Betrieb der Beklagten zurückkehrt.

c) Die Kündigung vom 10.08.2005 scheitert auch nicht an einer unterbliebenen Betriebsratsanhörung, § 102 Abs. 1 BetrVG.

Im Betrieb der Beklagten besteht kein Betriebsrat. Dabei kann auch dahinstehen, ob die Beklagte mit der pp. GmbH & Co. OHG einen gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrVG bildet, wie der Kläger behauptet, nachdem es zu keiner Bildung eines Wahlvorstandes bei der Beklagten gekommen ist. Ein Betriebsrat bei der pp. GmbH & Co. OHG war zur Kündigung des Klägers selbst dann nicht anzuhören, wenn ein Gemeinschaftsbetrieb vorgelegen haben sollte. Die Zuständigkeit eines Betriebsrat bei der pp. GmbH & Co. OHG erstreckt sich nämlich nur auf die Belegschaft, die ihn mitgewählt hat (BAG vom 23.03.2006 - 2 AZR 162/05, NZA 2007, Seite 30, 34; BAG vom 03.06.2004 - 2 AZR 577/03, NZA 2005, Seite 175, 176). Es würde dem Erfordernis der Rechtssicherheit, dem der § 19 BetrVG dient, widersprechen, wenn bei Ausübung jedes einzelnen Beteiligungsrechts jeweils zu klären wäre, ob der gewählte Betriebsrat überhaupt für den Betrieb im Sinne des BetrVG gewählt bzw. zuständig ist. Dies gilt erst recht dann, wenn nicht einmal geltend gemacht wird, in demselben Unternehmen sei in Verkennung des Betriebsbegriffs ein Betriebsteil bei der Betriebsratswahl nicht berücksichtigt worden, sondern es sich um 2 verschiedene Unternehmen handelt (BAG vom 23.03.2006, a.a.O.).

d) Die Kündigung vom 10.08.2005 ist schließlich auch nicht deshalb unwirksam, weil die die Kündigung Unterschreibenden keine Vollmachtsurkunde vorgelegt haben und der Kläger die Kündigung unverzüglich zurückgewiesen hat.

Die Unterzeichner der Kündigung S. und P. haben Prokura und wenn der Kläger ausführt, dies sei für ihn nicht erkennbar gewesen, ist dies nicht nachvollziehbar, denn er selbst hat mit Schriftsatz vom 30.06.2006 einen Handelsregisterzug der Beklagten vorgelegt (Bl. 114 ff. d.A.), der auf einem Abruf vom 02.09.2004 basiert; dort ist die Gesamtprokura der beiden Unterzeichner der Kündigung gemeinsam mit einem Geschäftsführer oder einem anderen Prokuristen verzeichnet. Die Zurückweisung ist hier nach § 174 Satz 2 BetrVG ausgeschlossen, weil die Beklagte den Kläger von der Bevollmächtigung durch die Eintragung der Prokura im Handelsregister und deren Bekanntmachung in Kenntnis gesetzt hat. Darüber hinaus wusste der Kläger durch eigene Abfrage des Handelsregisters von der Erteilung der Prokura und die Kündigungsunterzeichnung.

e) Soweit sich der Kläger gegenüber der Kündigung vom 10.08.2005 darauf beruft, es handele sich um eine unzulässige Trotzkündigung, hat dies vorliegend gegenüber der Prüfung der Kündigung an den Maßstäben des allgemeinen und besonderen Kündigungsschutzes keine eigenständige Bedeutung. Von einer Trotzkündigung spricht man, wenn eine spätere Kündigung auf denselben Lebenssachverhalt gestützt wird, wie eine frühere Kündigung (vgl. KR/Fischermeier, § 626 BGB Rn. 403).

Das ist gerade nicht der Fall. Die Beklagte stützt die Kündigung vom 10.08.2005 im Unterschied zur Kündigung vom 22.12.2003 auf einen betriebsbedingten Kündigungsgrund; ob festgestellt werden kann, dass tatsächlich ein betriebsbedingter Kündigungsgrund vorliegt, steht auf einem anderen Blatt.

2. Es liegt auch ein Auflösungsgrund im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG vor. Eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Kläger und Beklagten ist nicht zu erwarten.

a) Abzustellen bei der Prüfung, ob Gründe für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegeben sind, ist auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer. (BAG vom 23.06.2005 - 2 AZR 256/04, NZA 2006, Seite 363). Dabei kann dahingestellt bleiben, ob von der Beklagten bereits im Verfahren 11 Sa 987/05 herangezogene Begründungen für einen dort ebenfalls gestellten Auflösungsantrag (bezogen auf die Kündigung vom 22.12.2003) auch im vorliegenden Verfahren herangezogen werden können oder bereits - wie der Kläger meint - verbraucht sind. Die im dortigen Verfahren thematisierten Vorwürfe der Beklagten werden hier zur Begründung der Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht herangezogen.

b) Eine Vertrauensgrundlage für eine sinnvolle Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und eine künftige gedeihliche Zusammenarbeit zwischen den Parteien besteht nicht mehr.

Als Auflösungsgründe für den Arbeitgeber gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG kommen solche Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen.

Der Kläger interpretiert sich, wenn es um die Verfolgung seiner Interessen geht, eigene Wahrheiten zu recht. Mit E-Mail vom 22.04.2007 hat er die Mitarbeiter der Beklagten "auch im Auftrag und im Namen der "Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di" zu einer Betriebsversammlung in das xxx in der xxx eingeladen, obwohl dies mit ver.di offensichtlich nicht abgestimmt war. Das lässt sich unschwer der Reaktion von ver.di im Schreiben vom 22.05.2007 entnehmen.

Dass der Kläger hierzu mit Schriftsatz vom 07.01.2008 ausführt, der Unterzeichner des Schreibens von ver.di W. vertrete damit aus ausschließlich persönlichen Motiven nur einer gleichermaßen private wie unzutreffende Auffassung, dieser sei als zu keinem Zeitpunkt durch Wahlen legitimierter abhängiger Arbeitnehmer von ver.di nicht befugt, den einstimmigen Beschluss der Mitglieder von ver.di bei der Beklagten zu korrigieren, zeigt, in welche Argumentationsnot sich der Kläger in Rechtfertigung seines Verhaltens verstrickt hat.

Er, der sich zwischenzeitlich im Betriebsverfassungsrecht bestens auskennt, weiss ganz genau, dass es bei einer Einladung zu einer Betriebsversammlung nach § 17 Abs. 3 BetrVG darum geht, dass die Einladung entweder von drei wahlberechtigten Arbeitnehmern (nicht der Fall) oder von einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft ausgesprochen wird und dass die Gewerkschaft, tritt sie in Wahrnehmung ihrer eigenständigen betriebsverfassungsrechtlichen Funktion auf, dabei von ihrem satzungsmäßigen Vertretern bzw. ihren mit der Wahrnehmung ihrer Interessen Beauftragten vertreten wird. Der einstimmige Beschluss der ver.di-Mitglieder bei der Beklagten (es handelt sich dabei womöglich um eine Versammlung mit einem Teilnehmer - nämlich dem Kläger) mag ein Beitrag zur internen Willensbildung bei ver.di sein, sicher aber keine Grundlage dafür, "namens und im Auftrag von ver.di" als Einladender im Sinne von § 17 Abs. 3 BetrVG nach außen aufzutreten.

Vor diesem Hintergrund dem "stellvertretenden Geschäftsführer" im Bereich Handel W. unter Verweis auf die Mitgliederversammlung jegliche Legitimität abzusprechen und sich selbst in diesem Zusammenhang zum Vertreter von ver.di aufzuschwingen, zeigt, dass der Kläger seine eigene Rolle als Arbeitnehmer bei der Beklagten und die einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft nicht mehr auseinander halten kann. In früheren Antragsschriften zur Einsetzung eines Wahlvorstandes (die er offensichtlich selbst verfasst hat, denn es ist kaum vorstellbar, dass ein ver.di-Vertreter die eigene Gewerkschaft als "Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft" bezeichnet) hat er ja noch die Gewerkschaftssekretäre O. und A. für ver.di unterschreiben lassen.

Das Problem, dass ver.di nicht unbedingt hinter seinem Handeln steht, war dem Kläger auch aus dem Wahlanfechtungsverfahren bekannt. Nachdem der Kläger nur mit seiner Unterschrift auch für ver.di die Betriebsratswahlen in beiden Betrieben der pp. GmbH & Co. OHG angefochten hatte, musste ver.di mit Schreiben vom 05.07.2006 dem Gericht mitteilen, dass sie kein Beschlussverfahren eingeleitet und zur keinem Zeitpunkt die im Antragsschriftsatz erwähnten Anträge gestellt habe, noch durch den Kläger vertreten werde oder zu einem Zeitpunkt eine Vollmacht erteilt habe.

An diesem Beispiel zeigt sich auch, wie absurd ein Zurückziehen auf die Willensbildung der ver.di-Mitglieder bei der Beklagten ist. Der Kläger als "Sprecher" der ver.di-Mitglieder bei der Beklagten betrachtet die Angelegenheit nur durch seine Brille. Ver.di als Gewerkschaft hat aber auch die Interessen anderer Mitglieder und anderer Belegschaften zu berücksichtigen. In den beiden Betrieben der pp. GmbH & Co. OHG war eine Betriebsratswahl gelungen, nachdem die Wahlvorstände offensichtlich die Beurteilung getroffen hatten, dass kein Gemeinschaftsbetrieb mit der Beklagten vorliegt und dass auch unter dem Dach der pp. GmbH & Co. OHG zwei Betriebe existieren. Eine Wahlanfechtung ist nicht nur für die Betriebsratsarbeit nicht gerade förderlich, sondern beschwört angesichts der Schwierigkeiten in der Anwendung des Betriebsbegriffs in der Praxis für die Belegschaften die Gefahr herauf, dass die Wahlen für unwirksam erklärt werden und - schlimmstenfalls - zumindest vorübergehend ein betriebsratsloser Zustand eintritt. Dass ver.di sich eine Anfechtung dieser vollzogenen Betriebsratswahl deshalb unter vielerlei Aspekten genau überlegen wird, liegt auf der Hand.

Das Vorbringen des Klägers, man habe im Büro des Geschäftsführers vereinbart, dass der Kläger die Betriebsratswahlen als zunächst vollmachtloser Vertreter von ver.di anfechte, man mache die weitere Beteiligung vom Votum ihrer bei der Beklagten beschäftigten Mitglieder abhängig, ist zum einen unsubstantiiert und zum anderen nicht nachvollziehbar, denn von einer Wahlanfechtung sind nicht nur die Mitarbeiter der Beklagten, sondern die bei weitem größere Anzahl von Arbeitnehmern der pp. GmbH & Co. OHG maßgeblich betroffen. Die vom Kläger ver.di zugeschriebene Auslegung des § 20 der ver.di-Satzung, wonach über die Frage einer gewerkschaftlichen Wahlanfechtung grundsätzlich die Versammlung der Mitglieder des betroffenen Betriebes entscheidet, wendet der Kläger auf den vorliegenden Fall falsch an. Hauptbetroffene einer Anfechtung sind insbesondere die Belegschaften, die durch den gewählten Betriebsrats vertreten werden. Nur die offensichtlich überschaubare Anzahl von ver.di-Mitgliedern bei der Beklagten hierzu zu befragen, würde in jedem Fall zu kurz greifen.

Der Kläger verwechselt seine Interessen und Zielsetzungen mit denen von ver.di und schreibt als "vollmachtloser Vertreter", weil er keine zwei anderen anfechtungsbereiten Arbeitnehmer findet, ver.di als Anfechtenden mit auf den Antrag. Dass das wirklich mit Verantwortlichen bei ver.di abgesprochen gewesen sein soll, hat der Kläger nicht nachvollziehbar dargestellt. Schon gar nicht hat er sich, nach Ablauf der Frist nach § 19 Abs. 2 Satz BetrVG um eine Abklärung mit ver.di Verantwortlichen gekümmert, weswegen es dann gegenüber dem Arbeitsgericht München zur Reaktion von ver.di mit Schreiben vom 05.06.2006 gekommen ist.

Dabei wechselt der Kläger seine Standpunkte, ganz wie es seinen Interessen besser dienlich erscheint. Bei seinen Anträgen auf Einsetzung eines Wahlvorstandes bei der Beklagten geht er ja davon aus, dass hier ein eigener Betrieb vorliegt. Bei den Verfahren zur Durchsetzung seiner Kandidatur und bei der Wahlanfechtung vertritt er den Standpunkt, dass ein Gemeinschaftsbetrieb vorliegt. Bei den neuerlichen Einladungen zu einer Betriebsversammlung geht er offensichtlich wieder auf den alten Standpunkt zurück, was ihn aber nicht daran hindert, im Prozess, etwa zur Frage der Betriebsratsanhörung zu seiner Kündigung, wiederum die These vom Gemeinschaftsbetrieb zu vertreten.

Zu Gunsten des Klägers ist sicherlich zu berücksichtigen, dass der ursprüngliche Ansatz, bei der Beklagten einen Betriebsrat zu gründen, im Sinne des § 1 BetrVG war (§ 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG: "In Betrieben mit in der Regel mindestens 5 ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind, werden Betriebsräte gewählt"). Es spricht auch vieles dafür, dass die Kündigung der Beklagten vom 22.12.2003 eine Reaktion auf die entsprechenden Initiativen des Klägers war. Der Kläger hat sich aber im Laufe der Auseinandersetzung von den auch von ihm gesetzlich einzuhaltenden Spielregeln verabschiedet. Ihm ist ganz offensichtlich - wohl insbesondere im Zusammenhang mit der Anfechtung der Betriebsratswahl bei der OHG - die Unterstützung von ver.di verloren gegangen. Sich dennoch - insbesondere auch gegenüber den Mitarbeitern bei der Beklagten - als Beauftragter von ver.di zu gerieren ist unehrlich und nicht mehr nur naiv, denn der Kläger wusste aus dem Wahlanfechtungsverfahren, dass er nicht ohne genaue Abklärung namens ver.di auftreten kann.

Diese Haltung, in der Verfolgung eigener Interessen auch offensichtlich gesetzte Grenzen zu überschreiten und eigene Interessen nicht mehr von denen anderer unterscheiden zu können, macht es der Beklagten unzumutbar den Kläger in der arbeitsvertraglich vorgesehenen gehobenen Position weiter zu beschäftigen. Als "Manager Internal Audit" (unter dieser Bezeichnung tritt er ja auch gegenüber den Betriebsangehörigen in seiner E-Mail vom 22.04.2007 auf, hat er Zugang zu zahlreichen vertraulichen Informationen des Unternehmens und eine zumindest im Grundsätzlichen bestehende Vertrauensbeziehung zwischen den Vertragspartnern ist unerlässlich. Nach Abwägung kommt die Kammer deswegen zu diesem Ergebnis auch im Bewusstsein, dass die Beklagte erheblich zur Entstehung des Konflikts beigetragen hat. Das ist aber keine Rechtfertigung dafür, dass der Kläger die Mitarbeiter der Beklagten mit der Unwahrheit bedient, wobei es naheliegt, dass es ihm - zumindest auch - um den Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs. 3a KSchG ging (die Einladung vom 22.04.2007 zur Betriebsversammlung erging zwei Tage vor der abschließenden Kammerverhandlung erster Instanz am 24.04.2007). Der Kläger hat dadurch selbst seine Stellung in der Belegschaft der Beklagten weiter untergraben und ist in einer Funktion als interner Controller nicht mehr vermittelbar.

c) Bezüglich der Höhe der Abfindung schließt sich die Kammer voll den Erwägungen des Arbeitsgerichts an.

Die Revision wird für beide Parteien zugelassen, § 72 Abs. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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