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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 30.07.2008
Aktenzeichen: 5 Sa 932/07
Rechtsgebiete: MTArb, BPersVG, BGB


Vorschriften:

MTArb § 72
BPersVG § 8
BGB § 151
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
5 Sa 932/07

Verkündet am: 30.07.2008

In dem Rechtsstreit

erlässt die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 25. Juni 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Wanhöfer und die ehrenamtlichen Richter Kutschenreiter und Eichert im Namen des Volkes folgendes Urteil:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das "Teilendurteil-Anerkenntnisurteil" des Arbeitsgerichts München vom 08.08.2007, Az. 34 Ca 4777/06, aufgehoben:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger auch über den 01.05.2004 hinaus nach der Entgeltstufe 9 des TVöD (ehemals Lohngruppe 9 BMTArb) zu bezahlen und die Bruttodifferenzbeträge ab dem 15. des jeweiligen Folgemonats mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger nach der Lohngruppe 9 zu vergüten.

Der Kläger ist seit 01.09.1982 als Fernmeldemechaniker bei der Beklagten im Fliegerhorst E. beschäftigt (zwischenzeitlich ist er seit 01.03.2008 zum "IT-Amt BW K." versetzt).

Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifbindung der Manteltarifvertrag für Arbeiter des Bundes (MTBArb), sowie die diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträge Anwendung, seit 01.10.2005 der Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD). Der Kläger ist 1. Vorsitzender des örtlichen Personalrates beim Fernmeldesektor der Bundeswehr 606 sowie Mitglied des Bezirkspersonalrates beim Streitkräfteunterstützungskommando.

Der Kläger verfügt über eine abgeschlossene 3 1/2-jährige Berufsausbildung als Nachrichtengerätemechaniker - Fachrichtung Funktechnik. Im Laufe seiner Berufstätigkeit hat der Kläger im Zeitraum von 1986 bis 2004 an insgesamt 115 Tagen Schulungen und Lehrgänge absolviert (vgl. Aufstellung der Beklagten im Schriftsatz vom 20.07.2006, Bl. 29 ff. d.A.).

Der Kläger war bis 31.09.2002 in die Lohngruppe 8a eingruppiert. Zum 01.11.2002 schied sein bisheriger fachlicher Vorgesetzter Herr S. aus. Dieser war zuletzt jahrelang als Fernmelderevisor beschäftigt und wurde als Angestellter nach der Vergütungsgruppe Vc BAT vergütet. Bis zu seinem Ausscheiden war der Kläger dessen offizieller Vertreter, insbesondere bei Krankheit und Urlaub. Ab dem 01.11.2002 übernahm der Kläger die Aufgaben seines ehemaligen fachlich Vorgesetzten in vollem Umfang.

Im Zuge der Übernahme wurden dem Kläger bezogen auf seine zukünftige Entlohnung von seinem damaligen Dienststellenleiter, Herrn Major C., nach Rücksprache mit dem Leiter der Standortverwaltung E., Herrn R., und dem Sachgebietsleiter, Herrn Reg.Amtmann M., folgende Vorschläge unterbreitet:

- Wechsel in ein Angestelltenverhältnis, Vergütung nach Vergütungsgruppe Vc BAT ohne weiteren Prüfungsnachweis

- Beibehaltung der Lohngruppe 8a und Gewährung einer Vorarbeiter- sowie einer Vertreterzulage

- Aufstieg in die Lohngruppe 9 ohne Vertreterzulage

Der Kläger entschied sich für einen Aufstieg in die Lohngruppe 9 ohne Vertreterzulage.

Der Kläger wurde von der Beklagten ab 01.10.2002 in die Lohngruppe 9 eingruppiert (vgl. Eingruppierungsverfügung der Standortverwaltung E. vom 16.12.2002, Bl. 9 ff. d.A.).

Mit Schreiben vom 31.03.2004 teilte die nunmehr neu zuständige Standortverwaltung M. dem Kläger mit, dass seine Einreihung korrigiert werde. Die Voraussetzungen der Lohngruppe 9 seien nicht gegeben; er werde in die Lohngruppe 8 Fallgruppe 9 eingereiht und verbleibe im Rahmen des Zeitaufstiegs in der Lohngruppe 8a. Überzahlte Beträge wurden im Rahmen der Ausschlussfrist gemäß § 72 MTArb ab Oktober 2003 zurückgefordert (vgl. im Einzelnen Schreiben der Standortverwaltung M. vom 31.03.2004, Bl. 14 f. d.A.).

Lohngruppe 9 Fallgruppe 1 lautet:

"Arbeiter der Lohngruppe 4 Fallgruppe 1 mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung in einem einschlägig anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von mindestens 3 Jahren (z.B. Elektromechaniker, Energieelektroniker, Kälteanlagenbauer, Zentralheizungs- und Lüftungsbauer, Mess- und Regelmechaniker) mit einer zusätzlichen fachlichen Fortbildung, die in großen Arbeitsstätten mit zentraler Haus- und Betriebstechnik komplizierte Anlagen (z.B. zentrale Messsteuer und Regelanlagen für Heiz-, Klima, Sanitär- und Elektrotechnik) warten, instand setzen, die Betriebsbereitschaft gewährleisten und in der Lage sind, die Regelung und Steuerung den anlagentechnischen Änderungen anzupassen. Protokollnotiz: Die zusätzliche fachliche Fortbildung wird auch durch den Meisterbrief nachgewiesen."

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne die für die Entgeltgruppe 9 notwendige fachliche Fortbildung nachweisen, denn er habe im Zeitraum vom 1996 bis 2003 an 114 Schulungstagen an einschlägigen Ausbildungen teilgenommen (vgl. Aufstellung der Ausbildungstage in der Anlage K5 zum Klageschriftsatz vom 06.04.2006, Bl. 19 d.A.). Er warte auch komplizierte Anlagen, setze diese in Stand und gewährleiste deren Betriebsbereitschaft; er sei aber auch in der Lage, die Regelung und Steuerung der Anlage technischen Änderungen anzupassen, also in die EDV-gestützte Steuerungs- und Regelungstechnik der Anlagen einzugreifen. Die verwendete Software der Firma A. werde von den geschulten Technikern der Beklagten, zu denen er selbst gehöre, vor Ort eingebracht. Das Vorgehen der Beklagten könne auch als Verstoß gegen § 8 BPersVG gewertet werden. Nachdem seinem ehemaligen Vorgesetzten S., welchen er schon seit Jahren, auch bei seinen langen Krankheiten, vertreten habe, durch den MAD die Sicherheitsstufe entzogen worden sei, habe die Dienststelle dringend eine verantwortliche Person für den technischen Gesamtbereich in E., F1. und F2 benötigt. Der Dienststellenleiter und der Leiter der Standortverwaltung E. hätten ihm alternativ einen Wechsel ins Angestelltenverhältnis, den Aufstieg in die Lohngruppe 9 oder den Verbleib in der Lohngruppe 8 mit befristeter Vertreter- und Vorhandwerkerzulage angeboten. Er habe sich wegen der Unbefristetheit und Rentenfähigkeit für den Aufstieg in die Lohngruppe 9 entschieden (zum erstinstanzlichen Vortrag des Klägers im Übrigen wird auf seine Schriftsätze vom 06.04.2006, Bl. 1 ff. d.A., 14.08.2006, Bl. 79 ff. d.A., und 15.02.2007, Bl. 106 ff. d.A., nebst Anlagen Bezug genommen).

Der Kläger hat beantragt:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch über den 01.05.2004 den Kläger nach der Entgeltstufe 9 des TVöD (ehemals Lohngruppe 9 MTArb) zu zahlen und die Bruttodifferenzbeträge mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. des jeweiligen Folgemonats zu verzinsen. Hilfsweise:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger monatlich eine Vertreterzulage seit dem 01.05.2006 in Höhe von 10 vom Hundert des Monatstabellenlohnes Stufe 1 der Lohngruppe 8a MTArb zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. des jeweiligen Folgemonats.

Die Beklagte hat beantragt

den Hauptantrag abzuweisen,

anerkannt.

Die Beklagte hat die Meinung vertreten, die tariflichen Voraussetzungen für die Lohngruppe 9 lägen nicht vor. Zusätzliche fachliche Fortbildung müsse eine meisterähnliche Ausbildung sein, die in der Regel 2 Jahre umfasse. Die vom Kläger absolvierten Lehrgänge entsprächen dem nicht. Der Kläger sei auch nicht in der Lage, die Regelung und Steuerung den anlagentechnischen Änderungen anzupassen. Beim bloßen Einspielen der Softwareupdates könne der Kläger keine eigenhändigen Veränderungen vornehmen, da die Veränderung im Fernmeldenetz der Bundeswehr im Gesamtbundesgebiet einheitlich durch die Firma A. durchgeführt werde. Auch der ehemalige Dienststellenleiter des Klägers, Herr Major C., habe bestätigt, dass es von Anfang an nur Ziel gewesen sei, den Kläger mit seiner Einreihung in die Lohngruppe 9 aus der Ebene der Fernmeldetechniker herauszuheben. Die Bedeutung bzw. Notwendigkeit der erforderlichen zusätzlichen fachlichen Fortbildung sei dabei verkannt worden. Eine Benachteiligung des Klägers im Sinne des § 8 BPersVG liege nicht vor; von den Fernmeldemechanikern der Standortverwaltung München, bei der der Kläger beschäftigt sei, sei keiner in Lohngruppe 9 eingereiht (zum erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten im Übrigen wird auf ihren Schriftsatz vom 20.07.2006, Bl. 29 ff. d.A., nebst Anlagen und vom 04.04.2007, Bl. 124 d.A., Bezug genommen).

Das Arbeitsgericht München hat mit Urteil vom 08.08.2007, dem Kläger zugestellt am 20.09.2007, aufgrund des insoweit erklärten Anerkenntnisses der Beklagten festgestellt, dass diese verpflichtet sei, dem Kläger monatlich eine Vertreterzulage seit dem 01.05.2006 in Höhe von 10 vom Hundert des Monatstabellenlohnes der Stufe I der Lohngruppe 8a MTArb nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. des jeweiligen Folgemonats zu zahlen. Den Hauptantrag des Klägers hat das Arbeitsgericht zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die tariflichen Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Lohngruppe 9 nicht gegeben seien, da die an einzelnen Tagen im Zeitraum der Jahre 1986 bis 2004 insgesamt geleistete Fortbildung von 115 Tagen nicht einer zusätzlichen fachlichen Fortbildung im Sinne der tarifvertraglichen Vorschrift entspreche. Auch das zweite Qualifikationsmerkmal der tarifvertraglichen Norm, dass der Arbeitnehmer komplizierte Anlagen warte, instand setze und die Betriebsbereitschaft gewährleiste sowie in der Lage sei, die Regelung und Steuerung der Anlagetechnischen Änderungen anzupassen, werde vom Kläger nicht erfüllt. Die Aufgabe des Klägers beziehe sich auf die Eingabe der von der Firma A. erstellten Software und er sei nicht in der Lage, an diesen Programmen Änderungen vorzunehmen. Dazu, dass er konkret Änderungen an der Anlage durchführe und hierzu befähigt sei, sei vom Kläger kein substantiierter Sachvortrag mit Beweisangebot erfolgt (zur Begründung des Arbeitsgerichts im Einzelnen wird auf das Teilendurteil-Anerkenntnisurteil vom 08.08.2007, Bl. 149 ff. d.A., Bezug genommen).

Mit der am 12.10.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Berufung, die innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist begründet worden ist, hält der Kläger an seinem Hauptantrag fest. Die durch die Beklagte vorgenommene korrigierende Rückgruppierung sei schon deshalb unzulässig, weil dem Kläger die Bezahlung nach Lohngruppe 9 arbeitsvertraglich zugesagt worden sei. Anders als bei einer bloßen Angabe der Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag oder einer Eingruppierungsmitteilung habe diese Vereinbarung nicht nur deklaratorische Bedeutung. Dem Kläger sei ein Wahlrecht angeboten worden, nämlich neben der Übernahme ins Angestelltenverhältnis die Eingruppierung in die Lohngruppe 8a mit oder die Eingruppierung in die Lohngruppe 9 ohne Vertreterzulage. Wäre die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt der Auffassung gewesen, der Kläger müsse zutreffend in Lohngruppe 9 eingereiht werden, wäre es völlig widersinnig gewesen, den Kläger hinsichtlich seiner Eingruppierung zwischen Lohngruppe 8 mit Zulage und Lohngruppe 9 ohne Zulage wählen zu lassen. Der Beklagten müsse zum damaligen Zeitpunkt klar gewesen sein, dass bei korrekter Anwendung der tarifvertraglichen Vorschriften lediglich eine der beiden zur Wahl gestellten Eingruppierungsalternativen zutreffend sein könne. Aus der Tatsache, dass dem Kläger dennoch ein Wahlrecht zwischen Lohngruppe 8 mit Zulage und Lohngruppe 9 ohne Zulage eingeräumt wurde, lasse sich ganz klar der Wille der Beklagten erkennen, dass die vom Kläger gewählte Eingruppierung unabhängig vom Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen als vereinbart gelten solle. Eine einseitige Rückgruppierung scheide daher aus; wolle die Beklagte entgegen der getroffenen Vereinbarung eine Vergütung nach Lohngruppe 8a durchsetzen, könne dies allenfalls im Rahmen einer Änderungskündigung erfolgen. Im Übrigen fehle es vorliegend an den Voraussetzungen einer korrigierenden Rückgruppierung. Das Arbeitsgericht habe die Grundsätze zur Beweislastverteilung im Rahmen einer korrigierenden Rückgruppierung völlig außer Acht gelassen. Der Arbeitgeber müsse nämlich zunächst darlegen, inwieweit ihm bei der ursprünglichen Eingruppierung ein Irrtum unterlaufen sei und substantiiert die Tatsachen vortragen, die eine fehlerhafte Eingruppierung des Arbeitnehmers begründen.

Es könne also nicht, wie das Arbeitsgericht meint, Sache des Klägers sein, das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Eingruppierung in Lohngruppe 9 darzulegen und zu beweisen. Im Übrigen seien auch die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Eingruppierung des Klägers in Lohngruppe 9 erfüllt. Die zusätzliche fachliche Fortbildung müsse den ausgebildeten Facharbeiter lediglich in die Lage versetzen, die selbständige Erledigung der in der Lohngruppe 9 beschriebenen Aufgaben und Arbeiten zu ermöglichen. Er habe nicht nur an den dargelegten Ausbildungsveranstaltungen teilgenommen; zur Aneignung der dort vermittelten Materie sei auch eine intensive Nachbereitung nötig. In der zuletzt genannten Schulung "xy" sei ein Zwei-Monate-Vollzeitunterrichtsstoff in einem Umfang von 22 DIN A4-Ordnern vermittelt worden. Darüber hinaus habe sich der Kläger stetig auch zu Hause im Selbststudium fortgebildet. Die von der Fa. A. entwickelte Software werde ausschließlich durch die hierfür eigens geschulten Techniker der Bundeswehr eingebracht. Es handele sich nicht einfach um die Installation eines Softwareprogramms, vielmehr erfolgten sehr komplexe Programmierschritte was sich schon daraus ergebe, dass er hierzu an 40 vollen Tagen von der Fa. A. geschult worden sei und hierzu 22 DIN A4-Ordner mit Schulungsunterlagen erhalten habe. Er ändere also sehr wohl selbst die Regelung und Steuerung der Anlage und greife auch in deren elektronischen Teil ein. Schließlich hindere auch das nicht abgeschlossene Stufenverfahren einen Vollzug der Rückgruppierung (zur Berufungsbegründung des Klägers im Einzelnen wird auf seine Schriftsätze vom 20.12.2007 und 04.03.2008 Bezug genommen).

Der Kläger beantragt:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 08.08.2007, Az. 34 Ca 4777/06, abgeändert, soweit die Klage abgewiesen wurde.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger auch über den 01.05.04 hinaus nach der Entgeltstufe 9 des TVöD (ehemals Lohngruppe 9 BMTArb) zu bezahlen und die Bruttodifferenzbeträge ab dem 15. des jeweiligen Folgemonats mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte führt aus, die Einreihung in Lohngruppe 9 sei zwischen den Parteien nicht arbeitsvertraglich vereinbart worden. Die Vergütung bestimme sich nach der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit des Arbeitnehmers. Der Kläger habe keine Umstände vorgetragen, aus denen sich ergebe, warum die Beklagte eine übertarifliche Vergütung habe zahlen wollen. Ohne Hinzutreten weiterer Umstände könne ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes der Angabe der Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag oder einer Eingruppierungsmitteilung eine solche Bedeutung nicht entnehmen, weil der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes grundsätzlich keine übertarifliche Vergütung, sondern nur das gewähren wolle, was dem Arbeitnehmer tariflich zustehe. Dieser Grundsatz müsse erst recht für ein Gespräch gelten. Zum anderen sei die Beschäftigungsdienststelle für den Abschluss oder die Änderung eines Arbeitsvertrages nicht zuständig, sondern die personalbearbeitende Dienststelle - zum damaligen Zeitpunkt die Standortverwaltung E.. Major C. sei Leiter der Beschäftigungsdienststelle gewesen und habe deswegen keine Befugnis gehabt, sie vertraglich zu binden. Sie sei erstinstanzlich ihrer Darlegungslast für die Fehlerhaftigkeit der Eingruppierung des Klägers voll nachgekommen. Es sei dargelegt worden, dass die erforderliche "zusätzliche fachliche Fortbildung" fehle, die den Kläger in die Lage versetze "die Regelung und Steuerung der Anlagen technischen Änderungen anzupassen". Die vom Kläger nachgewiesenen Fortbildungen seien hierfür nicht geeignet. Der Kläger habe selbst eingeräumt, dass er keine eigenständige Programmierarbeit leistet, sondern dass die erforderlichen Softwareprogramme von der Fa. A. erstellt würden. Die vom Kläger nachgewiesenen Fortbildungen komplettierten dessen allgemeine PC-Kenntnisse oder stellten berufsbegleitende Lehrgänge dar, ohne den Kläger in die Lage zu versetzen, die Regelung und Steuerung der von ihm gewarteten Anlagen technischen Änderungen anzupassen. Der Umstand, dass das Beteiligungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei, habe auf die korrigierende Rückreihung keinen Einfluss (zur Berufungserwiderung der Beklagten im Einzelnen wird auf ihren Schriftsatz vom 04.02.2008, Bl. 209 ff. d.A., Bezug genommen).

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die zulässige Eingruppierungsfeststellungsklage ist begründet.

Der Kläger hat schon aufgrund einer arbeitsvertraglichen Zusage der Beklagten Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 (Hauptantrag) und nicht nur auf eine Vertreterzulage (von der Beklagten anerkannter Hilfsantrag). Zwischen den Parteien ist anlässlich der Übernahme der Aufgaben seines ehemaligen Vorgesetzten S. eine arbeitsvertragliche Vereinbarung über die von der Beklagten ab 01.10.2002 geschuldete Vergütung zustande gekommen.

1. Zwar enthält eine Eingruppierungsmitteilung im Bereich des öffentlichen Dienstes normalerweise keine eigenständige Zusage der hier ausgewiesenen Entgelt- oder Vergütungsgruppe. Ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes muss davon ausgehen, dass der öffentliche Arbeitgeber tarifgerecht, d.h. nicht untertariflich, aber auch nicht übertariflich, bezahlen möchte und mit der Eingruppierungsmitteilung nur kundtut, welche Eingruppierung nach seiner Auffassung zutrifft. Eine vertragliche Bindung an diese Tarifgruppe, unabhängig von den tariflichen Voraussetzungen, ist hiermit in der Regel nicht verbunden.

2. Vorliegend hat die Beklagte aber nicht lediglich in einem Akt der Rechtsanwendung entsprechend den tariflich vorgegebenen Voraussetzungen eingruppiert, sondern sie hat mit dem Kläger anlässlich der Übernahme zusätzlicher Aufgaben die zukünftige Vergütung ausgehandelt. Sie hat nämlich dem Kläger, bezogen auf seine künftige Vergütung, überbracht durch den Leiter der Dienststelle Herrn Major C. nach vorheriger Abstimmung mit der zuständigen Standortverwaltung als personalverwaltender Dienststelle, 3 Varianten unterbreitet und zur Wahl gestellt. Das hat der Kläger im Schriftsatz vom 14.08.2006 (dort Seite 7 f.), vom 15.02.2007 (Seite 2), in der Berufungsbegründung vom 20.12.2007 (Seite 3 f.) und im Schriftsatz vom 04.03.2008 (Seite 2) vorgetragen, ohne dass dies von der Beklagten bestritten worden wäre.

Die Beklagte hat sich darauf beschränkt - etwa in ihrer Berufungserwiderung mit Schriftsatz vom 04.02.2008 - darauf hinzuweisen, Major C. habe als Leiter der Beschäftigungsdienststelle keine Befugnis gehabt, die Beklagte vertraglich zu binden und dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Bezeichnung der Vergütungsgruppe in einem Arbeitsvertrag oder einer Eingruppierungsmitteilung grundsätzlich nicht dahingehend auszulegen sei, dass dem Arbeitnehmer ein eigenständiger, von den tariflichen Bestimmungen unabhängiger arbeitsvertraglicher Anspruch auf die bezeichnete Vergütung zustehen solle.

Letzteres trifft zwar grundsätzlich zu, passt aber nicht, wenn dem Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes verschiedene Eingruppierungsvarianten zur Auswahl gestellt werden (was selten vorkommen dürfte). In einem solchen Fall findet nicht mehr bloße Rechtsausübung durch Anwendung des für das Arbeitsverhältnis einschlägigen Tarifvertrages statt, denn dies könnte nur zu einem einzigen Eingruppierungsergebnis und nicht zu alternativen Eingruppierungsvarianten innerhalb ein und desselben Tarifvertrages führen; die Arbeitsvertragsparteien verhandeln dann vielmehr über die zukünftige Vergütung des Arbeitnehmers.

Hier steht das offensichtlich damit im Zusammenhang, dass die Beklagte im Zuge des Ausscheidens des ehemaligen Vorgesetzten des Klägers S. ein hohes Interesse daran hatte, dass der Kläger diese zusätzlichen und verantwortungsvollen Aufgaben nicht mehr nur ganz vorübergehend als Vertreter, sondern auf Sicht dauerhaft übernimmt. Auf Nachfrage in der mündlichen Berufungsverhandlung hat der Kläger auch erläutert, dass er nach den sich bei einer Übernahme der Aufgaben ergebenden Perspektiven nachgefragt hat, was dann offensichtlich Anlass für den Dienststellenleiter Major C. war, mit der Standortverwaltung die sich ergebenden Möglichkeiten abzuklären.

3. Auf eine Vollmacht - gegebenenfalls nach Rechtsscheinsgesichtspunkten als Anscheins- oder Duldungsvollmacht - des Major C. kommt es nicht an.

Dieser hat dem Kläger die Alternativvorschläge der nach der internen Zuständigkeitsverteilung bei der Beklagten zuständigen Standortverwaltung E. lediglich überbracht. Auch wenn man diese Alternativvorschläge wegen fehlendem Rechtsbindungswillen zu diesem Zeitpunkt als bloße Aufforderung zur Abgabe einer Willenserklärung ansieht ("invitatio ad offerendum") liegt in der wiederum von Major C. der Standortverwaltung überbrachten Auswahlentscheidung des Klägers ein Vertragsangebot, das sich auf die ihm von der Standortverwaltung zuvor aufgezeigten Alternativen bezieht.

Dieses Angebot hat die Standortverwaltung aus Sicht des Empfängers (§§ 133, 157 BGB) zumindest konkludent bindend für die Beklagte angenommen. Sie hat die vom Kläger aus ihren Vorschlägen ausgewählte Eingruppierungsalternative tatsächlich umgesetzt und in einer Eingruppierungsverfügung vom 16.12.2002 (Bl. 9 ff. d.A.) auch schriftlich festgehalten. Die Einigung stand ja auch in einem konkreten Zusammenhang der Übernahme zusätzlicher und höherwertiger Aufgaben durch den Kläger. Unabhängig von § 151 BGB war für den Kläger das Verhalten der Standortverwaltung, auch tatsächlich erkennbar; er konnte aus ihm nur den Schluss ziehen, man akzeptiere seine Auswahlentscheidung. Die Willenserklärung der Beklagten ist dem Kläger damit auch jedenfalls zugegangen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Ende der Entscheidung

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