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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 22.11.2005
Aktenzeichen: 6 Sa 425/05
Rechtsgebiete: BGB, BAT


Vorschriften:

BGB § 620
BAT SR 2y
Befristete Arbeitsverträge mit verschiedenen Arbeitgebern bei gleichbleibender Tätigkeit.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 Sa 425/05

Verkündet am: 22. November 2005

In dem Rechtsstreit

hat die Sechste Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 22. November 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Staudacher sowie die ehrenamtlichen Richter Geißler und Bernauer für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers vom 15. April 2005 gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 22. Februar 2005 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Für den Kläger wird die Revision zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer arbeitsvertraglich vereinbarten Befristung in Verbindung mit Lohnansprüchen.

Die Beklagte zu 1) ist Leiterin der Forschungsarbeit der R.-G. Kommission des D. A. I. und Beamtin der Beklagten zu 2). Der im Oktober 1944 geborene Kläger war seit 1. Februar 1983 auf der Grundlage befristeter Arbeitsverträge im Zusammenhang mit dem Forschungsvorhaben Ausgrabung M. beschäftigt gewesen. Als Arbeitgeber findet man in diesen Arbeitsverträgen Dr. S., später Dr. M., den Markt M., die Beklagte zu 1) und schließlich die Beklagte zu 2) eingetragen.

Der letzte befristet für die Zeit vom 1. Mai 2002 bis 30. April 2004 abgeschlossene Arbeitsvertrag datiert vom 10. April 2002 (Blatt 21 bis 23 der Akte). Überschrieben mit Privat-Arbeitsvertrag ist darin die Beklagte zu 1) als Arbeitgeberin eingesetzt, Frau Dr. S. S. als Leiterin der Forschungsarbeit hatte den Vertrag nebst Zusatzvereinbarung auch unterzeichnet.

Als der Kläger mit anwaltschaftlichem Schreiben vom 16. März 2004 (Blatt 5 bis 7 der Akte), gerichtet an die R.-G. K. des D. A. I., seine Weiterbeschäftigung anmelden ließ, erhielt er darauf eine Absage (Blatt 8 der Akte) und ließ nun mit anwaltschaftlichem Schriftsatz vom 5. April 2004 Klage erheben (zunächst einmal) auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) über den 30. April 2004 hinaus als unbefristetes Arbeitsverhältnis fortbesteht.

Mit Schriftsatz vom 11. Mai 2005 hat der klägerische Prozessbevollmächtigte klargestellt, die anhängige Klage gegen das D. A. I. (..), vertreten durch die Leiterin der Forschungsarbeit Frau Dr. S. S., erhoben zu haben. Da dieses Institut mittlerweile in eine Behörde der Bundesrepublik Deutschland eingegliedert worden sei, richte sich die Klage damit gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das D. A. I., und dieses wiederum vertreten durch Frau Dr. S..

Mit Schreiben vom 10. Mai 2004 (Blatt 71 der Akte) war dem Kläger vorsorglich eine weitere ordentliche Kündigung zum 30. Juni 2004 ausgesprochen worden.

Die klägerischen Begehren sind vor dem angerufenen Arbeitsgericht München - Kammer Ingolstadt erfolglos geblieben. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des klageabweisenden Endurteils vom 22. Februar 2005 wird Bezug genommen.

Mit der am 18. April 2005 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung gegen diese seinen Prozessbevollmächtigten am 22. März 2006 zugestellte Entscheidung verfolgt der Kläger seine Anträge weiter. Die Begründung dazu ist innerhalb der verlängerten Begründungsfrist am 20. Juni 2005 eingegangen. Darin wird dem Erstgericht vorgehalten, die vertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien unzutreffend beurteilt zu haben. Der Kläger sei seit 1983 als CAD-Techniker und Grafiker auf der Ausgrabungsstelle M. beschäftigt gewesen und das auf der Grundlage von Arbeitsverhältnissen, die zumeist mit der Beklagten zu 2) als Rechtsträgerin des D. A. I. geschlossen gewesen seien. Daneben habe man in Verträgen aber auch einen Mitarbeiter des DAI als Vertragspartner eingetragen gefunden. Solche Verträge seien dann als Privat-Arbeitsverträge bezeichnet gewesen. Dazwischen habe es auch einzelne Verträge mit dem Markt M. sowie mit dem L. für D. gegeben.

Im Jahre 2000 sei der Kläger zuletzt auf der Grundlage eines Vertrags vom 23. November 2000 befristet vom 15. Oktober 2000 bis 30. April 2001 beim DAI beschäftigt gewesen. Zwei weitere befristete Verträge hätten sich angeschlossen, mit Vertrag vom 2. April 2001 habe er als Grafiker und CAD-Techniker zunächst vom 1. Mai 2001 bis 30. April 2002 gearbeitet und mit wortgleichem Vertrag vom 10. April 2002 weiter vom 1. Mai 2002 bis 30. April 2004. Beide Verträge seien als Privat-Arbeitsvertrag bezeichnet gewesen und hätten als Vertragspartner die Beklagte zu 1) Frau Dr. S. S. ausgewiesen. Aufgabenfeld sei jeweils die Mitarbeit am Forschungsvorhaben DFG-GZ.: Si 625/1-2 (Ausgrabung M.) gewesen.

Der Kläger vertritt vorrangig die Ansicht, einen Arbeitsvertrag mit der Beklagten zu 2) = Bundesrepublik Deutschland Auswärtiges Amt D. A. I. zentrale Art. II, Herrn Regierungsdirektor Th. Kn., vertreten durch den Bundesaußenminister, geschlossen zu haben. Dementsprechend sei seine Klage mit Schriftsatz vom 11. Mai 2004 auch erweitert worden.

Die Ansichten des Erstgerichts, der letzte Arbeitsvertrag sei wirksam befristet gewesen und mit Ablauf des 30. April 2004 ausgelaufen, das letzte Arbeitsverhältnis zum Beklagten zu 2) sei bereits am 30. April 2001 beendet worden, die Grundsätze des mittelbaren Arbeitsverhältnisses könnten hier nicht zur Anwendung kommen, werden mit Nachdruck bekämpft. Zwar sei in den Privat-Arbeitsverträgen vom 2. April 2001 und vom 10. April 2002 die Beklagte zu 1) als Vertragspartnerin aufgeführt worden. Der rein formalen Parteibezeichnung könne dabei aber nicht die ausschlaggebende Bedeutung zugemessen werden, tatsächlich sei Arbeitgeber des Klägers die Beklagte zu 2) gewesen. Aus Sicht des Klägers ist zwischen ihm und der Beklagten zu 2) in erster Linie ein unmittelbares Arbeitsverhältnis anzunehmen. Die Beklagte zu 1) stehe in einem Beamtenverhältnis zur Beklagten zu 2); sie erfülle damit eine Amtsfunktion. Soweit sie in dieser Funktion tätig werde, geschehe dies mit Wirkung für den jeweiligen Rechtsträger und in dessen Namen. Bei Abschluss der Verträge mit dem Kläger habe die Beklagte zu 1) gerade in ihrer Funktion als Forschungsleiterin und damit als Amtsträgerin gehandelt. Die gesamte Durchführung des Arbeitsverhältnisses spreche für eine unmittelbare vertragliche Beziehung des Klägers zur Beklagten zu 2). Seine Berufungsanträge lauten damit:

1. Unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Arbeitsgerichts München, Kammer Ingolstadt, vom 22. Februar 2005 wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) fortbesteht und durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10. Mai 2004 nicht aufgelöst worden ist.

2. Unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Arbeitsgerichts München, Kammer Ingolstadt, vom 22. Februar 2005 wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) fortbesteht und durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10. Mai 2004 nicht aufgelöst worden ist.

3. Unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Arbeitsgerichts München, Kammer Ingolstadt, vom 22. Februar 2005 werden die Beklagten samtverbindlich verurteilt, an den Kläger € 24.620,31 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus € 2.735,59 seit 1. 6. 2004

aus € 2.735,59 seit 1. 7. 2004

aus € 2.735,59 seit 1. 8. 2004

aus € 2.735,59 seit 1. 9. 2004

aus € 2.735,59 seit 1. 10. 2004

aus € 2.735,59 seit 1. 11. 2004

aus € 2.735,59 seit 1. 12. 2004

aus € 2.735,59 seit 1. 1. 2005

aus € 2.735,59 seit 1. 2. 2005

abzüglich

€ 27,49 seit 1.5.2004 bis 31.12.2004 und

€ 29,35 seit 1.1.2005

zu bezahlen.

Die Beklagten lassen beantragen:

die Berufung zurückzuweisen.

Den Überlegungen des Erstgerichts in der angefochtenen Entscheidung pflichten sie bei, den Ausführungen in der Berufungsbegründung treten sie entgegen. Ergänzend dazu lassen sie darauf hinweisen, dass der Kläger bei der Beklagten zu 1) erst seit 1. Mai 2001 befristet beschäftigt gewesen sei.

Seit 15. Januar 1983 habe es folgende Beschäftigungsverhältnisse des Klägers mit verschiedenen Arbeitgebern gegeben:

 BeginnEndeArbeitgeber
01.02.198314.09.1983Sch.
15.09.198331.03.1984Sch.
01.04.198401.03.1986Sch.
01.04.198731.01.1988 M.
verl.31.03.1988M.
01.04.198831.03.1990M.

Unterbrechung 14 Monate

 01.05.199131.01.1992DAI, Beklagte zu 2)
verl.31.01.1993DAI, Beklagte zu 2)

Unterbrechung 16 Monate

 01.06.199431.12.1994DAI, Beklagte zu 2)
verl.28.02.1995DAI, Beklagte zu 2)
verl.30.04.1995DAI, Beklagte zu 2)
verl.31.05.1995DAI, Beklagte zu 2)

Unterbrechung fünf Jahre, 4,5 Monate

 15.10.200030.04.2001DAI, Beklagte zu 2)
01.05.200130.04.2002S.
01.05.200230.04.2004S.

Dabei habe es sich insbesondere in den Jahren 1991 bis 1993 sowie 1994 bis 1995 um Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sowie im Jahre 2000 und 2001 um sogenannte Strukturanpassungsmaßnahmen gehandelt.

Die Beklagte zu 1) sei leitend tätige Beamtin und wissenschaftliche Direktorin, die ohne weiteres auch Arbeitgeberin des Klägers sein konnte. Auf die Verwendungsrichtlinien der DFG wird hingewiesen. Mit diesen Angestellten werde dann ein Privat-Arbeitsvertrag nach dem DFG-Muster abgeschlossen. Die beiden letzten befristeten Privat-Arbeitsverträge mit dem Kläger lägen noch deutlich unter der Höchstgrenze, die in Protokollnotiz Nr. 1 zu BAT SR 2 y in Ziffer 2. festgelegt wird, wonach die Laufzeit eines befristeten Arbeitsvertrages die Dauer von 5 Jahren nicht überschreiten dürfe.

Aus den Privat-Arbeitsverträgen des Klägers gehe eindeutig hervor, dass die Befristung auf der zeitlich beschränkten Gewährung von Förderungsmitteln der DFG (Sachbeihilfe) beruhe, zunächst für das Forschungsvorhaben mit dem Geschäftszeichen SI 625/1-1 und anschließend für das Geschäftszeichen SI 625/1-2. Die DFG könne auch nur befristete Bewilligungen aussprechen. Im Übrigen sei das Projekt, in dem der Kläger zuletzt gearbeitet habe, auch definitiv abgeschlossen. Auf den Abschlussbericht vom 27. August 2004 wird hingewiesen. Damit sind nach Ansicht der Beklagten bezüglich Befristungsdauer und Befristungsgrundes die Voraussetzungen der SR 2 y BAT sowie des Teilzeit- und Befristungsgesetzes erfüllt.

Für ein unmittelbares Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2) gebe es nicht den geringsten Anhalt. Im Zeitraum vom 15. Oktober 1998 bis 14. Oktober 1999 sei der Kläger vollbeschäftigter Angestellter des Marktes M. gewesen, was der Kläger in seinem Lebenslauf auch bestätigt habe. Aus dem Abrechnungsmodus könne schließlich nichts über den tatsächlichen Arbeitgeber abgeleitet werden.

Zur Ergänzung des Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung vom 17. Juni 2005 (Blatt 199 bis 213 der Akte) mit Anlagen, auf die Berufungsbeantwortung vom 21. Juli 2005 (Blatt 224 bis 234 der Akte) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 22. November 2005 (Blatt 240/241 der Akte).

Entscheidungsgründe:

Die statthafte (§ 64 Abs. 2 ArbGG) und auch sonst zulässige Berufung (§ 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO, § 11 Abs. 2 ArbGG) mit dem Ziel, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien festgestellt und die Lohnansprüche zugesprochen zu bekommen, muss erfolglos bleiben. Die im Privat-Arbeitsvertrag vom 10. April 2002 (Blatt 21 bis 23 der Akte) vereinbarte Befristung hat das klägerische Arbeitsverhältnis zum 30. April 2004 beendet. Für die ebenfalls zur Entscheidung gestellten Zahlungsansprüche entfällt damit jede denkbare Rechtsgrundlage. Zu diesem Ergebnis war bereits das Erstgericht gekommen, seiner sorgfältigen und zutreffenden Begründung schließt sich die Berufungskammer an (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

Die klägerischen Berufungsanträge erscheinen nach der dazu gegebenen Begründung schon inhaltlich nicht bedenkenfrei, will der Kläger doch ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2) und der Beklagten zu 1) festgestellt bekommen und verlangt dementsprechend die Vergütung auch von beiden Beklagten gesamtschuldnerisch. Die Begründung zielt dagegen eindeutig (vgl. Seite 6 - Blatt 204 der Akte) auf ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2) ab.

Die streitbefangenen Privat-Arbeitsverträge vom 2. April 2001 (Blatt 24 bis 26 der Akte) und vom 10. April 2002 (Blatt 21 bis 23 der Akte) bezeichnen als vertragsschließende Partei und Arbeitgeberin eindeutig Frau Dr. S. S. als Leiterin der Forschungsarbeit. Ein Vertretungswille auf Seiten von Frau Dr. S., diesen Vertrag für die Beklagte zu 2) zu schließen, ist nicht erkennbar. Im Vertragstext gibt es dafür nicht den geringsten Anhalt. Der Kläger hatte in der Vergangenheit Arbeitsverträge auch mit der Bundesrepublik Deutschland, diese vertreten durch den Bundesminister des Auswärtigen, dieser handelnd durch den Präsidenten des Deutschen Archäologischen Instituts, abgeschlossen (vergl, Blatt 27 bis 29 der Akte). Ein solcher Vertrag unterscheidet sich äußerlich wie inhaltlich so wesentlich von Privat-Arbeitsverträgen, dass auch einem juristischen Laien diese Unterschiede nicht verborgen geblieben sein können.

Die Bemühungen des Klägers, Frau Dr. S. im Zusammenhang mit dem Unterzeichnen der Privat-Arbeitsverträge ein Handeln für die Beklagte zu 2) zuzuschreiben, müssen erfolglos bleiben. Einmal hätte der Beklagten zu 1) dazu schon die nötige Vertretungsmacht gefehlt, zum anderen kann auch ein (leitender) Beamter als Arbeitgeber auftreten und Arbeitsverträge abschließen.

Das Vorliegen eines sachlichen Grundes für die zum 30. April 2004 vereinbarte Befristung hat das Erstgericht zutreffend bejaht, dem ist aus Sicht der Berufungskammer nichts hinzuzufügen. Die Beklagten haben das Finanzierungssystem der DFG in allen Einzelheiten geschildert und darauf hingewiesen, dass in den streitbefangenen Privat-Arbeitsverträgen - was auch zutrifft - Bewilligungsbescheid und Förderungsnummer jeweils angegeben sind.

Zurückliegende Befristungen sind in Übereinstimmung mit dem Erstgericht schon wegen Versäumung der dreiwöchigen Klagefrist nicht mehr zu überprüfen und so muss das vom Kläger eingelegte Rechtsmittel mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO erfolglos bleiben.

Für den Kläger wird gem. § 72 Abs. 2 ArbGG die Revision zugelassen.

Ende der Entscheidung

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