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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 28.10.2008
Aktenzeichen: 8 Sa 452/08
Rechtsgebiete: TVG, BGB


Vorschriften:

TVG § 1
BGB § 328
Erzielen Tarifvertragsparteien in Tarifverhandlungen Einvernehmen über einen bestimmten Regelungsgegenstand, das aber in dem später abgeschlossenen Tarifvertrag nicht umgesetzt wird, schließen sie in der Regel keinen Vetrag zugunsten Dritter (im Anschluss an BAG 26.01.1983 - 4 AZR 224/80 - AP TVG § 1 Nr. 20).
Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes URTEIL

8 Sa 452/08

Verkündet am: 28.10.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 28.10.2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Biebl und die ehrenamtlichen Richter Hoffmann und Schelhas

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 06.03.2008 - Az. 6 Ca 18065/06 - wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über eine Ausgleichszahlung für das Jahr 2005 nach Ziffer 4.3 des vom Beklagten mit der IG Medien, dem Bayerischen Journalistenverband und der Deutschen Angestelltengewerkschaft geschlossenen Tarifvertrages für arbeitnehmerähnliche Personen vom 25.05./03.06.1992, in Kraft getreten am 01.01.1992 (im Folgenden nur: TV).

Der am 19.09.1950 geborene Kläger ist vollzeitbeschäftigt bei der F. GmbH und daneben seit etwa 25 Jahren als Moderator, Interviewer, Produzent von Musiksendungen, redaktionell und in einigen Sonderproduktionen in freier Mitarbeit für den Beklagten tätig. Er erzielte daraus Honorareinkünfte in Höhe von DM 33.868,04 im Jahre 2000, DM 36.599,56 im Jahre 2001, € 14.666,21 im Jahre 2002, € 13.931,76 im Jahre 2003, € 14.274,22 im Jahre 2004 und € 4.766,-- im Jahre 2005.

Ziffer 4.3 TV sieht für freie Mitarbeiter, die keine Beendigungsmitteilung erhalten haben, mit ihrem in einem Kalenderjahr vom Beklagten bezogenen Entgelt aber gegenüber dem Durchschnittsentgelt des vor der Geltendmachung des diesbezüglichen Anspruchs liegenden 5-Kalenderjahre-Zeitraums ohne eigenes Verschulden zurückgeblieben sind, einen Anspruch auf Zahlung der sich insoweit ergebenden Differenz vor. Allerdings nimmt Ziffer 1.3.1 - anders als die Vorgängerregelung des Tarifvertrages für arbeitnehmerähnliche Personen vom 06.08./29.11.1976, in Kraft getreten am 01.07.1976 - von der Geltung aus "solche Personen, die (...) bei Dritten in einem Arbeitsverhältnis mit einer Arbeitspflicht von mehr als der Hälfte der im MTV vorgesehenen Wochenarbeitszeit stehen".

In einem Protokoll des damaligen Leiters der Abteilung Honorare und Lizenzen des Beklagten, Herrn Ri., zu den Verhandlungen über den TV heißt es:

" Ein weiteres Gespräch über die geplanten Modifikationen beim Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen fand am 11.11.1991 statt. (...)

4.) Es besteht Einvernehmen darüber, dass abweichend von den Bestimmungen in Ziffer 1.3.1 solche Personen, die zwar bei Dritten in einem Arbeitsverhältnis stehen, aber schon bisher Leistungen nach dem Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen erhalten haben, einen Bestandsschutz genießen."

Mit seiner am 19.12.2006 beim Arbeitsgericht München eingegangenen Klage begehrt der Kläger für das Jahr 2005 eine Ausgleichszahlung nach Ziffer 4.3 TV in - unstreitiger - Höhe von € 10.652,69 brutto. Er hat dazu vorgetragen, er sei beim Beklagten seit 1989 als arbeitnehmerähnliche Person geführt worden. Zwar sei aufgrund seines Vollzeitarbeitsverhältnisses bei der Flughafen München GmbH der am 01.01.1992 in Kraft getretene TV nicht (mehr) auf ihn anwendbar, er genieße jedoch "Bestandsschutz". Das ergebe sich aus Ziffer 4 des Protokolls vom 11.11.1991, das zwar mangels Schriftform kein Tarifvertrag, aber ein Vertrag zugunsten Dritter sei. Dort habe sichergestellt werden sollen, dass langjährig als arbeitnehmerähnliche Personen behandelte freie Mitarbeiter Leistungen aus dem genannten Tarifvertrag auch dann in Anspruch nehmen könnten, wenn sie bei einem Drittunternehmen mit mehr als der Hälfte der im Manteltarifvertrag des B. R. vorgesehenen Wochenarbeitszeit angestellt seien. Bei der Diskussion des fraglichen "Bestandsschutzes" sei insbesondere darüber geredet worden, wie viele Personen davon betroffen seien, dabei sei er namentlich genannt worden.

Der Kläger hat beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 10.652,96 brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 01.04.2006 zu bezahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Kläger könne aus Ziffer 4 des Protokolls vom 11.11.1991 keinen Bestandsschutz in dem von ihm begehrten Sinne herleiten. Aus dem Protokoll ergebe sich lediglich, dass die Tarifvertragsparteien über geplante Modifikationen beim Tarifvertrag gesprochen hätten. Eine abschließende verbindliche Einigung bezüglich der in Ziffer 4 des Protokolls enthaltenen Erklärung werde bestritten. Hiergegen spreche bereits die Tatsache, dass diese Erklärung von den Tarifvertragsparteien anders als sämtliche anderen Punkte des Sitzungsprotokolls vom 11.11.1991 nicht in dem später abgeschlossenen Tarifvertrag aufgenommen worden seien. Zudem ergebe sich aus der Protokollerklärung nicht, worauf sich der Bestandsschutz im Einzelnen erstrecken solle.

Das Arbeitsgericht hat mit Endurteil vom 06.03.2008 die Klage abgewiesen. Es hat sich dabei im Wesentlichen darauf gestützt, dass der Kläger nicht unter den persönlichen Geltungsbereich des TV falle und aus Ziffer 4 des Protokolls über die Gespräche der Tarifvertragsparteien vom 11.11.1991 keine Bestandsschutzzusage herzuleiten sei. Denn es handle sich dabei weder um eine Tarifnorm noch einem Vertrag zugunsten Dritter, der den Kläger unmittelbar begünstigen würde. Für eine tarifliche Bindungswirkung fehle die nach § 1 Abs. 2 TVG gebotene Schriftform mangels beidseitiger Unterzeichnung des Protokolls durch die Tarifvertragsparteien. Einen sonstigen Vertrag könnten die Tarifvertragsparteien zwar formlos schließen, im Zweifel müsse jedoch davon ausgegangen werden, dass sich diese der in den §§ 328 ff. BGB vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten nicht bedienen wollen, da sie im Rahmen der Tarifautonomie die Möglichkeit zur unmittelbaren Rechtsetzung nach dem Tarifvertragsgesetz besitzen. Aus dem Sachvortrag des Klägers und dem Protokoll selbst ergebe sich nicht, dass die beteiligten Gesprächspartner eine verbindliche Vereinbarung im Wege korrespondierender Willenserklärungen gem. §§ 145 ff. BGB getroffen hätten, zumal die übrigen gemäß dem Protokoll besprochenen Punkte in dem später abgeschlossenen Tarifvertrag ihren Niederschlag gefunden hätten und auch der Inhalt des ausweislich des Protokolls in Ziffer 4 besprochenen "Bestandsschutzes" unklar sei. Ergänzend wird wegen des weiteren erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie den Ausführungen des Arbeitsgerichts auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Ersturteils Bezug genommen.

Gegen das ihm am 14.04.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.05.2008 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 14.07.2008 mit einem an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger ist unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Sachvortrags der Auffassung, in Ziffer 4 des Sitzungsprotokolls vom 11.11.1991 hätten die Tarifvertragsparteien mit dem Mittel des Vertrages zugunsten Dritter dem Kläger "Bestandsschutz" eingeräumt. Es habe eine atypische und praktikable Lösung für ganz wenige Mitarbeiter gefunden und geschaffen werden sollen, wobei der Gesprächsteilnehmer und Protokollführer Herr Ri. erklärt habe, aus seiner Sicht kämen nur drei Mitarbeiter in Betracht, die dann einschließlich der Person des Klägers auch namentlich genannt worden seien. Als Äquivalent hierfür seien gemäß dem im Protokoll vom 11.11.1991 aufgenommenen Nachtrag zum Protokoll der Sitzung vom 21.10.1991 die zum damaligen Zeitpunkt beim Bundesarbeitsgericht anhängigen Revisionen in Sachen "Be. und M.-R." gegen den Beklagten zurückgenommen worden.

Der Kläger beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts München (6 Ca 18065/06) vom 06.03.2008 wird in den Ziffern 1) und 2) abgeändert.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 10.652,96 brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 01.04.2006 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte ist unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Sachvortrags mit dem Arbeitsgericht der Auffassung, Ziffer 4 des Protokolls vom 11.11.1991 sei kein Vertrag zugunsten Dritter. Inhalt und Gesamtzusammenhang der Erklärung im Sitzungsprotokoll ließen keinen Zweifel darüber, dass sich die Gespräche ausschließlich auf die Änderung tariflicher Bestimmungen beschränkten. Im Übrigen sei Herr Ri. überhaupt nicht berechtigt gewesen, im Rahmen der Tarifverhandlungen im Namen des Beklagten mit den beteiligten Gewerkschaften irgendwelche Verträge zugunsten Dritter abzuschließen. Vorsorglich werde mit Nichtwissen bestritten, dass Herr Ri. zu Ziffer 4 des Protokolls vom 11.11.1991 erklärt habe, aus seiner Sicht seien drei Mitarbeiter betroffen und er dabei auch den Namen des Klägers genannt habe. Der vom Kläger hergestellte Zusammenhang mit den Revisionen in Sachen "Be. und M.-R." bestehe nicht, die damals in diesem Verfahren streitige Frage, ob Gagenempfänger in den Kreis der Personen einbezogen werden sollten, die Anspruch auf Ausgleichszahlung geltend machen können, hätten die Tarifvertragsparteien in Ziffer 2 Abs. 6 des Sitzungsprotokolls vom 11.11.1991 sowie in Abs. 6 der Vereinbarung über die "nichtausgedruckten Protokollnotizen" vom 25.05./03.06.1992 geregelt. Allein aus diesem Grund sei die Revision zurückgenommen worden. Vorsorglich macht der Beklagte geltend, aufgrund seiner erheblichen Einkünfte aus seinem Vollzeitarbeitsverhältnis bei der F. GmbH sowie seiner weiteren Einkünfte beim Beklagten sei der Kläger auch vor dem 01.01.1992 nicht sozial schutzbedürftig gewesen und daher nicht unter den Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen in seiner vormaligen Fassung gefallen. Darüber hinaus sei völlig unklar, worauf sich der in Ziffer 4 des Sitzungsprotokolls vom 11.11.1991 erwähnte "Bestandsschutz" erstrecken bzw. wie er sich auswirken soll. Ein Anspruch auf Ausgleichszahlung sei erstmals in dem TV aufgenommen worden, in der Zeit davor habe es einen solchen nicht gegeben.

Ergänzend wird wegen des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz Bezug genommen auf den Schriftsatz des Klägers vom 11.07.2008 und den Schriftsatz des Beklagten vom 18.09.2008.

Entscheidungsgründe:

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO) und daher zulässig.

II.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen abgewiesen, sodass Bezug genommen wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts im angefochtenen Endurteil (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Ergänzend wird im Hinblick auf das Vorbringen der Parteien in der Berufungsinstanz auf Folgendes hingewiesen:

1. Der Kläger kann seinen Anspruch nicht auf den TV stützen, weil er aufgrund seiner Vollzeitbeschäftigung bei der F. GmbH nicht in dessen Geltungsbereich fällt, Ziffer 1.3.1 TV. Ziffer 4 des Protokolls vom 11.11.1991 ist selbst kein Tarifvertrag, weil es - abgesehen von einem entsprechenden Willen der Vertragsparteien (vgl. dazu BAG Urteil vom 14.04.2004 - 4 AZR 232/03 - AP TVG § 1 Auslegung Nr. 188) - an der nach § 1 Abs. 2 TVG erforderlichen Schriftform fehlt. Das steht zwischen den Parteien inzwischen außer Streit.

2. Ziffer 4 des Protokolls vom 11.11.1991 ist auch kein Vertrag zugunsten Dritter, aus dem der Kläger einen wie auch immer gearteten "Bestandsschutz" herleiten könnte.

a) Die Kammer verkennt zwar nicht, dass wie jedermann im bürgerlichen Rechtsverkehr auch die Tarifvertragsparteien die rechtliche Möglichkeit besitzen, mit den Mitteln des Rechts des Vertrages zugunsten Dritter (§§ 328 ff. BGB) Rechtsansprüche zugunsten ihrer Mitglieder zu begründen. Insbesondere wenn von einer Regelung nur wenige Arbeitnehmer und Arbeitgeber betroffen werden, ist das denkbar. Im Zweifel muss aber davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien sich der in §§ 328 ff. BGB vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten nicht bedienen wollen, da sie im Rahmen der Tarifautonomie die Möglichkeit zur unmittelbaren Rechtsetzung nach dem Tarifvertragsgesetzes besitzen. Das ist schon deswegen anzunehmen, weil eine derartige Regelung die Bevollmächtigung der Arbeitgeber für entsprechende verpflichtende Regelungen voraussetzt und die entstehenden Ansprüche keine tariflichen, sondern vertragliche wären. Außerdem müssten die Modalitäten des § 328 Abs. 2 BGB Beachtung finden (BAG Urteil vom 26.01.1983 - 4 AZR 224/80 - AP TVG § 1 Nr. 20). Inhalt und Gesamtzusammenhang des Protokolls vom 11.11.1991 lassen jedoch keinen Zweifel darüber, dass das "Einvernehmen" der Tarifvertragsparteien sich ausschließlich auf die geplanten Änderungen im Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen beschränkte und deswegen für eine Anwendung der §§ 328 ff. BGB kein Raum ist.

b) Das Gespräch der Tarifvertragsparteien am 11.11.1991 war unstreitig eines von mehreren im Rahmen der Tarifverhandlungen zum Neuabschluss eines Tarifvertrages für arbeitnehmerähnliche Personen beim Beklagten, der den Tarifvertrag vom 06.08./29.11.1976 - in Kraft seit 01.07.1976 - ersetzen sollte. Wie in Ziffer 1 des Protokolls festgehalten, wurde anhand der vorgelegten neugefassten Entwürfe eine redaktionelle Durchsicht vorgenommen und einige stilistische Änderungen durchgeführt. In diesem Zusammenhang bestand nach Ziffer 4 des Protokolls Einvernehmen darüber, dass abweichend von den Bestimmungen in Ziffer 1.3.1 (des damaligen Entwurfs) solche Personen, die zwar bei Dritten in einem Arbeitsverhältnis stehen, aber schon bisher Leistungen nach dem Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen erhalten haben, einen Bestandsschutz genießen. Nachdem die Tarifvertragsparteien alle sonstigen Punkte aus dem Protokoll vom 11.11.1991, in denen sie Einvernehmen herstellten, später auch durchführten bzw. in die endgültige Fassung des Tarifvertrages aufnahmen, fehlen ausreichende Anhaltspunkte, dass das in Ziffer 4 des Protokolls vom 11.11.1991 festgehaltene Einvernehmen mehr sein sollte als ein - mündlicher - Vorvertrag, durch den sich unter dem Vorbehalt beiderseitiger Zustimmung die Tarifvertragsparteien schuldrechtlich zur Normierung bestimmter tarifvertraglicher Regelungen verpflichtet haben. Ansonsten käme allen "Vereinbarungen" in Tarifverhandlungen, die später - aus welchen Gründen auch immer - nicht in den Tarifvertrag Eingang finden, die Rechtsqualität eines Vertrages zugunsten Dritter zu. Den Tarifvertragsparteien ist es aber unbenommen, bei Tarifverhandlungen erzielte (Zwischen-)Ergebnisse im weiteren Verlauf ihrer Verhandlungen wieder in Frage zu stellen und zu entscheiden, ob und welche Regelungen letztlich in einen Tarifvertrag aufgenommen werden. Es müssen deshalb besondere Anhaltspunkte vorliegen, um annehmen zu können, die Tarifvertragsparteien hätten einem im Laufe der Tarifverhandlungen hergestellten Einvernehmen über einen bestimmten Regelungsgegenstand, das nicht in den später abgeschlossenen Tarifvertrag eingeht, den Charakter eines Vertrages zugunsten Dritter nach den §§ 328 ff. BGB zubilligen wollen. Solche Anhaltspunkte ergeben sich aber weder aus dem Protokoll vom 11.11.1991 noch aus dem Sachvortrag des Klägers zu dem Inhalt des Gesprächs der Tarifvertragsparteien vom selben Tag mit hinreichender Deutlichkeit. Im Protokoll selbst fehlt ein Hinweis, dass das in Ziffer 4 dokumentierte Einvernehmen, z. B. wegen der geringen Zahl der davon betroffenen Mitarbeiter, nicht in den Text des Tarifvertrages aufgenommen werden solle. Aus dem Sachvortrag des Klägers ergibt sich nur, dass bei der Diskussion zwischen den Tarifvertragsparteien über den fraglichen "Bestandsschutz" die Frage auftauchte, wie viele Personen davon eigentlich betroffen seien und Herr Ri. vom Beklagten daraufhin erklärt habe, aus seiner Sicht seien das drei Mitarbeiter, die er namentlich nannte. Die geringe Zahl der betroffenen Arbeitnehmer mag zwar danach Motiv für das in Ziffer 4 des Protokolls vom 11.11.1991 dokumentierte Einvernehmen gewesen sein, dem Sachvortrag lässt sich aber nicht entnehmen, Herr Ri. habe wegen der geringen Anzahl der von einem "Bestandsschutz" betroffenen Mitarbeiter von einer Aufnahme in den Tarifvertrag abgeraten und den an den Tarifvertragsverhandlungen beteiligten Gewerkschaften den Abschluss eines Vertrages zugunsten Dritter rechtsverbindlich angeboten. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang eine "Paketlösung" zwischen dem "Bestandsschutz" und der Rücknahme zweier Revisionen zu der Frage, ob auch Gagenempfänger vom Geltungsbereich des Tarifvertrages für arbeitnehmerähnliche Personen erfasst werden, anführt, erschließt sich der Kammer die von ihm daraus gezogene Rechtsfolge eines Vertrages zugunsten Dritter nicht. Denn zum einen erklärt das nicht, warum das in Ziffer 4 des Protokolls vom 11.11.1991 dokumentierte Einvernehmen nicht - anders als die anderen Punkte, über die die Tarifvertragsparteien an diesem Tag Einvernehmen erzielten - in dem später abgeschlossenen Tarifvertrag umgesetzt wurde. Zum anderen ergibt sich aus dem am Ende des Protokolls vom 11.11.1991 aufgenommenen Nachtrag zum Protokoll der Sitzung vom 21.10.1991, dass die Rücknahme der Revisionen nicht Voraussetzung für ein Einvernehmen zu einem "Bestandsschutz", sondern Voraussetzung dafür sei, "dass die Geschäftsleitung des B. R. im Prinzip mit dem Abschluss des Tarifvertrages in der bisher verhandelten Fassung einverstanden ist".

3. Da nicht angenommen werden kann, dass die Tarifvertragsparteien in ihrer Verhandlung am 11.11.1991 einen Vertrag zugunsten Dritter abgeschlossen haben, kann als nicht entscheidungserheblich offen bleiben, ob - was der Beklagte bestreitet - Herr Ri. für den Beklagten überhaupt Vollmacht gehabt hätte, anlässlich der Tarifverhandlungen einen Vertrag zugunsten Dritter abzuschließen. Der Kläger hat zwar behauptet, Herr Ri. sei zum Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung berechtigt gewesen, ist aber die Tatsachen, aus denen er eine entsprechende Vollmacht des Herrn Ri. herleitet, schuldig geblieben. Herr Ri. mag zwar Verhandlungsführer des Beklagten gewesen sein, der Nachtrag zum Protokoll der Sitzung vom 21.10.1991 (enthalten am Ende des Protokolls vom 11.11.1991) spricht aber eher dafür, dass Abschluss und Inhalt des Tarifvertrages von der "Geschäftsleitung des B. R." gebilligt werden mussten. Auch hat den später am 25.05./03.06.1992 abgeschlossenen Tarifvertrag für den Beklagten nicht Herr Richter, sondern dessen Intendant unterzeichnet. Inwiefern angesichts dessen Herr Richter im Rahmen der Tarifverhandlungen den Beklagten durch einen Vertrag zugunsten Dritter hätte verpflichten können, erschließt sich aus dem Sachvortrag des Klägers nicht.

Als nicht entscheidungserheblich kann weiter dahingestellt bleiben, was die Tarifvertragsparteien in ihrer Verhandlung am 11.11.1991 mit "Bestandsschutz" meinten. Wenn nämlich der "Bestandsschutz" nach dem Protokoll solchen Personen zukommen sollte, "die zwar bei Dritten in einem Arbeitsverhältnis stehen, aber schon bisher Leistungen nach dem Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen erhalten haben", bleibt unklar, ob "Bestandsschutz" bedeutet, dass diesen Personen die bisherigen tariflichen Leistungen erhalten bleiben oder sie zusätzlich in den Genuss von erst durch den Tarifvertrag vom 25.05./03.06.1992 neu geschaffenen Leistungen - wie des streitgegenständlichen Ausgleichsanspruchs - kommen sollten. Auch das spricht dafür, dass dem in Ziffer 4 des Protokolls vom 11.11.1991 dokumentierten Einvernehmen der Tarifvertragsparteien nicht die Rechtsqualität eines Vertrages zugunsten Dritter zukommen, sondern wie die anderen Punkte in den abzuschließenden Tarifvertrag umgesetzt werden sollte.

III.

Die Kosten seiner erfolglosen Berufung trägt der Kläger nach § 97 Abs. 1 ZPO.

IV.

Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben, ein Grund für die Zulassung der Revision (§ 72 Abs. 2 ArbGG) bestand nicht, insbesondere kommt der Sache über den Einzelfall hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zu. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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