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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 30.07.2008
Aktenzeichen: 9 Sa 271/08
Rechtsgebiete: ATG, BGB


Vorschriften:

ATG § 8a
BGB § 823 Abs. 2
§ 8a ATG ist kein Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB.
Landesarbeitsgericht München

URTEIL

9 Sa 271/08

Verkündet am: 30. Juli 2008

In dem Rechtsstreit

erlässt die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 9. Juli 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Dunkl und die ehrenamtlichen Richter Herr Feichtner und Herr Scheuerl

im Namen des Volkes folgendes

Urteil:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes Augsburg vom 12.02.2008 - 9 Ca 1348/07 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die persönliche Haftung des Beklagten für ein nicht abgesichertes Wertguthaben aus einem Altersteilzeitverhältnis.

Der Kläger war bei der Firma A. als Arbeitnehmer beschäftigt. Der Beklagte war Geschäftsführer dieser Firma. Der Kläger schloss mit dieser Firma am 17.12.2003 eine Altersteilzeitvereinbarung ab, wonach er am 1.12.2004 mit der Altersteilzeit beginnen und diese am 30.11.2007 enden sollte. Die Altersteilzeit sollte im Blockmodell mit 18 Monaten Vollarbeitszeit bei einer Wochenarbeitszeit von 38 Stunden durchgeführt werden. Diese Vereinbarung wurde aber nicht umgesetzt.

Am 18.2.2005 änderten der Kläger und die Firma den Altersteilzeitvertrag auf eine Zeit vom 1.3.2005 bis 28.2.2008. Nach dieser Vereinbarung sollte die bisherige wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden auf 19 Stunden vermindert werden.

Abweichend von dieser Vereinbarung haben aber der Kläger und die Firma dann die Altersteilzeit ab 1.3.2005 im Blockmodell durchgeführt.

Über das Vermögen der Firma wurde durch Beschluss des Amtsgerichtes A. zum 1.10.2006 das Insolvenzverfahren eröffnet. Dieses ist noch nicht beendet.

Der Kläger hat für die Zeit vom 1.3.2005 bis 31.8.2006 seine volle Arbeitsleistung erbracht. Für den Monat September 2006 hat der Kläger Insolvenzgeld erhalten. Seit 1.10.2006 bezieht er Arbeitslosengeld.

Eine Insolvenzsicherung des Wertguthabens des Klägers aus der Zeit der vollen Arbeitsleistung ab 1.3.2005 ist durch die Firma nicht erfolgt.

Mit Schreiben vom 23.11.2006 hat der Kläger den Beklagten zur Anerkennung des durch die unterlassene Insolvenzsicherung entstandenen Schadens bis 15.12.2006 aufgefordert. Der Beklagte hat die Anerkennung mit Schreiben vom 29.11.2006 abgelehnt.

Der Kläger verlangt vom Beklagten mit der Klage zum Arbeitsgericht A. die Erstattung des Schadens, der ihm durch die unterbliebene Insolvenzsicherung entstanden ist. Der Kläger ist der Auffassung, dass der Beklagte als gesetzlicher Vertreter der insolventen Firma gemäß § 823 Abs. 2 BGB hafte, da § 8a ATG, wonach der Arbeitgeber zur Insolvenzsicherung des Wertguthabens verpflichtet sei, ein Schutzgesetz darstelle. Hilfsweise begehrte der Kläger die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der dadurch entstanden ist, dass das Wertguthaben für den Kläger aus dem Altersteilzeitvertrag nicht für den Fall der Insolvenz abgesichert wurde. Zur Begründung trug er vor, dass zum momentanen Zeitpunkt noch nicht eindeutig feststehe, in welcher Höhe der Kläger ggf. Zahlungen aus der Insolvenzmasse erhalten werde.

Der Kläger beantragte im ersten Rechtszug:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 12.091,42 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.12.2006 zu zahlen.

2. Hilfsweise wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der dadurch entstanden ist, dass das Wertguthaben für den Kläger aus dem Altersteilzeitvertrag nicht für den Fall der Insolvenz der Fa. A. abgesichert wurde.

Der Beklagte beantragte dagegen die Klageabweisung

und trug vor, dass eine persönliche Haftung als Geschäftsführer ausscheide, da § 8a ATG kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB darstelle. Im Übrigen werde der behauptete Schaden nach Grund und Höhe bestritten. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass die Gehaltsforderungen des Klägers nicht in voller Höhe oder teilweise gegen den Insolvenzverwalter durchgesetzt werden könnten.

Das Arbeitsgericht Augsburg hat durch Endurteil vom 12.2.2008 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Hauptantrag sei unzulässig; dem Kläger fehle hinsichtlich der Leistungsklage das Rechtsschutzbedürfnis, da er bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht habe darlegen können, inwieweit und in welcher Höhe eine Befriedigung seines Anspruches aus der Insolvenzmasse erfolgen werde. Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag sei dagegen zulässig, jedoch unbegründet. Der Beklagte hafte nicht nach § 823 Abs. 1 BGB; das Wertguthaben, welches ein Arbeitnehmer bei Altersteilzeit angespart habe, sei als schuldrechtlicher Anspruch nicht durch § 823 Abs. 1 BGB gesichert. Es bestehe auch kein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 8a ATG gegen den Beklagten. Der Geschäftsführer einer GmbH hafte nur dann persönlich, wenn ein besonderer Haftungsgrund gegeben sei. § 8a ATG sei kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Gemäß § 8a ATG sei zwar der Arbeitgeber verpflichtet, das Wertguthaben, welches durch die Altersteilzeitvereinbarung entstehe, gegen das Risiko einer Zahlungsunfähigkeit abzusichern. Diese Norm habe den Zweck, den einzelnen Arbeitnehmer vor dem Verlust seines Wertguthabens wegen Insolvenz des Arbeitgebers zu schützen. Mit § 8a ATG habe der Gesetzgeber festgelegt, welche Folgen bei einer Verletzung der Mitteilungspflicht nach Abs. 3 dieser Bestimmung eintreten. Danach habe der Arbeitnehmer nach schriftlicher Aufforderung und fehlendem Nachweis der Insolvenzsicherung einen Anspruch auf Leistung der Sicherheit in Höhe des bestehenden Wertguthabens. Der Arbeitnehmer werde somit ebenfalls verpflichtet, an der Absicherung seines Wertguthabens mitzuwirken. Es fehle somit an einer klaren Zuweisung der Verantwortung für den Insolvenzschutz. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Insolvenzsicherung nur den Arbeitgeber alleine unmittelbar treffe, so spreche gegen die Einordnung des § 8a ATG als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB die sozialversicherungsrechtliche Schutzwirkung der Regelung. Sinn und Zweck der Einführung des § 8a ATG sei in erster Linie gewesen, die Beitragszahlungen an den Sozialversicherungsträger auch im Insolvenzfall wirksam zu sichern. Mit dem Insolvenzschutz solle hauptsächlich ein Beitragsausfall bei den Sozialversicherungsträgern verhindert werden. Der Beklagte hafte dem Kläger auch nicht nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 Abs. 1 StGB. Voraussetzung hierfür wäre, dass die in Betracht kommende zweite Alternative des § 266 Abs 1 StGB, der so genannte Treuebruchstatbestand, verwirklicht worden wäre. Durch § 266 StGB werde auch nur das individuelle Vermögen des Geschäftsherren oder Treugebers geschützt, nicht jedoch der Gläubiger einer Gesellschaft. Aus diesem Grunde habe der Gesetzgeber zusätzlich § 266a StGB geschaffen; allerdings sei die Sicherung von Wertguthaben nicht in den Schutzbereich dieses Gesetzes aufgenommen. Ein Betrug gemäß § 263 StGB liege ebenfalls nicht vor. Weder der Kläger habe hierfür konkrete Tatsachen vorgetragen, noch habe die Kammer solche feststellen können.

Bezüglich des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug und der rechtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichtes im Einzelnen wird auf den Inhalt des Endurteils des Arbeitsgerichtes Augsburg vom 12.2.2008 (Bl. 76 - 88 d. A.) verwiesen.

Der Kläger hat gegen dieses Urteil, das ihm am 4.3.2008 zugestellt wurde, am 20.3.2008 Berufung eingelegt und diese am 18.4.2008 auch begründet.

Er trägt vor, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes stelle § 8a ATG sehr wohl ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar. Diese Bestimmung diene auch dem Schutz des einzelnen Arbeitnehmers vor dem Verlust seines Wertguthabens wegen Insolvenz des Arbeitgebers. Hätte der Gesetzgeber dem Arbeitnehmer eine Mitwirkungspflicht an der Erfüllung der Pflicht des Arbeitgebers zur Sicherung des Wertguthabens auferlegen wollen, so hätte dies in § 11 ATG, wo die Mitwirkungspflichten des Arbeitnehmers ausdrücklich aufgeführt seien, aufgenommen werden müssen. Dies sei jedoch gerade nicht der Fall. Auch die Beurteilung, dass lediglich ein Beitragsausfall bei dem Sozialversicherungsträger verhindert werden solle, könne nicht als alleiniger Hauptzweck der Regelung anerkannt werden. Da die Regelung in § 8a ATG als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB anzusehen sei, müsse man zu dem Ergebnis kommen, dass der Geschäftsführer der GmbH bei Verletzung eines solchen Schutzgesetzes persönlich hafte.

Bezüglich des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt der Schriftsätze vom 16.4.2008 (Bl. 93 - 102 d. A.) und vom 8.7.2008 (Bl. 122/123 d. A.) verwiesen.

Der Kläger beantragt im Berufungsverfahren:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichtes Augsburg, Az.: 9 Ca 1348/07, vom 12.2.2008 wird insoweit aufgehoben, als die hilfsweise erhobene Klage auf Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der diesem dadurch entstanden ist, dass das Wertguthaben für den Kläger aus dem Altersteilzeitvertrag nicht für den Fall der Insolvenz der Fa. A. abgesichert wurde, abgewiesen wurde.

2. Es wird weiter beantragt festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der diesem dadurch entstanden ist, dass das Wertguthaben für den Kläger aus dem Altersteilzeitvertrag nicht für den Fall der Insolvenz der Fa. A. abgesichert wurde.

3. Im Übrigen wird der Klageantrag hinsichtlich des Hauptantrags in 1. Instanz nicht weiterverfolgt.

4. Die Kosten beider Rechtszüge trägt der Beklagte.

Der Beklagte beantragt dagegen,

die kostenpflichtige Zurückweisung der Berufung

und trägt vor, Berufungsgründe bestünden nicht, da das Arbeitsgericht mit Urteil vom 12.2.2008 die Normen der § 823 Abs. 2 BGB und § 8a ATG richtig angewandt habe.

Bezüglich des weiteren Vorbringens des Beklagten im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 30.5.2008 (Bl. 111 - 114 d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes Augsburg vom 12.2.2008 ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der im Berufungsverfahren nur noch geltend gemachte Feststellungsantrag ist zulässig; das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Für eine Klage auf Feststellung der deliktischen Verpflichtung des Schädigers liegt das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung bereits dann vor, wenn der Schadenseintritt möglich ist, auch wenn Art und Umfang sowie Zeitpunkt des Eintrittes noch ungewiss sind. Es muss lediglich eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Schadenseintrittes bestehen (BAG vom 13.2.2007 9 AZR 207/06). So ist es hier. Es steht vor Abschluss des Insolvenzverfahrens nicht fest, in welcher Höhe Ansprüche des Klägers aus seinem Wertguthaben im Rahmen der Insolvenz erfüllt werden; denn das vor Insolvenzeröffnung erarbeitete Wertguthaben wird nach § 108 Abs. 2 InsO nur als Insolvenzforderung berichtigt (BAG vom 13.2.2007 9 AZR 207/06).

2. Der Feststellungsantrag ist jedoch nicht begründet.

Der Geschäftsführer einer GmbH haftet in Abweichung von gesellschaftsrechtlicher Haftungsbeschränkung nach § 13 Abs. 2 GmbHG nur dann persönlich, wenn ein besonderer Haftungsgrund gegeben ist (vgl. BAG AP Nr. 3 zu § 8a ATG). Vertreter können grundsätzlich nur aus Delikt in Anspruch genommen werden (BAG AP Nr. 3 zu § 8a ATG). Die Voraussetzungen für eine Haftung des Beklagten aus Delikt sind jedoch nicht gegeben.

a) Dem Kläger steht kein Anspruch aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB zu. § 826 BGB erfordert Schädigungsvorsatz. Auf einen Schädigungsvorsatz des Beklagten beruft sich der Kläger nicht und ein solcher ist auch aus dem Vortrag des Klägers nicht ersichtlich.

b) Ein Schadensersatzanspruch ergibt sich auch nicht aus § 823 Abs. 1 BGB. Die unterbliebene Absicherung des Wertguthabens gegen Insolvenz verletzt keines der in § 823 Abs. 1 BGB aufgeführten Rechtsgüter; ein Wertguthaben, das ein Arbeitnehmer in Altersteilzeit erspart, ist kein sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. AP Nr. 3 zu § 8a ATG).

c) Der Beklagte hat auch nicht gegen ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB verstoßen.

(1) So fehlt eine Darlegung des Klägers, dass der Beklagte einen Betrug gemäß § 263 StGB oder eine Untreue gemäß § 266 StGB, die beide ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sind, begangen hat.

(2) Der Beklagte hat zwar als Geschäftsführer der Arbeitgeberfirma gegen die Verpflichtung zur Insolvenzsicherung des Wertguthabens nach § 8a Abs. 1 ATG verstoßen, jedoch ist diese Norm kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Diese Frage ist zwar in Rechtsprechung und Literatur streitig (vgl. hierzu Erfurter Komm. 130 § 8a ATG Rz. 8 mit einer Übersicht über den Streitstand) und wurde bisher vom BAG offen gelassen (vgl. BAG vom 13.12.2005 9 AZR 436/04, NZA 2006, 729). Dagegen wurde vom BAG die vor dem § 8a ATG geltende Vorschrift des § 7d Abs. 1 SGB IV, die ebenfalls eine Pflicht des Arbeitgebers zum Insolvenzschutz enthielt, nicht als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB gewertet (vgl. BAG vom 13.12.2005 9 AZR 436 /04; NZA 2006, 729; AP Nr. 1 und 3 zu § a ATG; vom 13.2.2007 9 AZR 207/06). Die hierzu vom BAG angeführten Gründe sprechen nach Auffassung des Berufungsgerichtes auch dafür, dass § 8a Abs. 1 ATG kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist.

Als Schutzgesetz kommen solche gesetzlichen Gebote und Verbote in Betracht, durch die das geschützte Interesse, die Art seiner Verletzung und der Kreis der geschützten Personen hinreichend klargestellt und bestimmt sind. Eine Norm kann nur dann ein Schutzgesetz sein, wenn sie gerade dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines Rechtsgutes oder eines bestimmten Rechtsinteresses zu schützen. Nur so kann die Entscheidung des Gesetzgebers verwirklicht werden, dass es grundsätzlich keine allgemeine Haftung für Vermögensschäden geben soll. Dafür reicht es aus, dass die Gewährung von Individualschutz wenigstens eines der vom Gesetzgeber mit der Norm verfolgten Anliegen ist, selbst wenn auf die Allgemeinheit gerichtete Schutzzwecke ganz im Vordergrund stehen (BAG AP Nr. 1 und 3 zu § 8a ATG). Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers sieht das Gesetz nicht vor. Voraussetzung für eine Ausnahme von der gesellschaftsrechtlichen Haftungssystematik ist, dass die, eine Haftung des Geschäftsführers nach § 823 Abs. 2 BGB begründende Schutznorm zweifelsfrei erkennen lässt, wer Adressat ihrer Gebote oder Verbote ist (BAG AP Nr. 1 und 3 zu § 8a ATG).

Diese klare Zuweisung der Verantwortung für den Insolvenzschutz als Voraussetzung für eine persönliche Haftung des Geschäftsführers einer GmbH auf Schadensersatz fehlt auch in § 8a ATG ebenfalls wie zuvor in § 7d SGB IV.

Zwar ist nach § 8a Abs. 1 ATG, anders als in § 7d Abs. 1 SGB IV, nicht eine Vereinbarung der Parteien zur Insolvenzsicherung vorgesehen, sondern die Absicherung des Wertguthabens ist eine Verpflichtung des Arbeitgebers. Dies geht über § 7d Abs. 1 SGB IV hinaus. Jedoch ist auch der Arbeitnehmer durch § 8a ATG in die Gewährleistung der Absicherung seines Wertguthabens eingebunden. So hat der Arbeitgeber gemäß § 8a Abs. 3 ATG den Arbeitnehmer die zur Sicherung des Wertguthabens ergriffenen Maßnahmen mit der ersten Gutschrift, und dann alle sechs Monate in Textform nachzuweisen. Diese Pflicht dient der Kontrolle der Absicherung durch den Arbeitnehmer; der Gesetzgeber weist dem Arbeitnehmer damit auch die Obliegenheit der Kontrolle zu. In § 8a Abs. 4 ATG wird dem Arbeitnehmer das Recht eingeräumt zu verlangen, dass Sicherheit in Höhe des bestehenden Wertguthabens geleistet wird, wenn der Arbeitgeber seiner Nachweispflicht nach § 8a Abs. 3 ATG nicht nachkommt, oder die nachgewiesenen Maßnahmen nicht geeignet sind und er auf schriftliche Aufforderung des Arbeitnehmers nicht innerhalb eines Monates eine geeignete Insolvenzsicherung des bestehenden Wertguthabens in Textform nachweist. Mit dieser Regelung in § 8a Abs. 4 ATG regelt der Gesetzgeber das Recht des Arbeitnehmers zur Ergreifung von Maßnahmen, um einen Schadenseintritt wegen fehlender oder ungeeigneter Absicherung eines Wertguthabens zu verhindern. Damit nimmt der Gesetzgeber auch den Arbeitnehmer in die Pflicht, für die Absicherung des Wertguthabens durch den Arbeitgeber Sorge zu tragen. Unterlässt dies der Arbeitnehmer - wie hier der Kläger - so trifft ihn bei der Schadensverhinderung im Rahmen des § 254 BGB ein Mitverschulden, denn nach § 254 Abs. 2 BGB kann das Verschulden des Geschädigten auch darin bestehen, dass der Geschädigte es unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Ein Mitverschulden im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB ist schon gegeben, wenn der Geschädigte Maßnahmen unterlässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensabwendung ergreifen würde (vgl. Palandt § 254 BGB Rz. 32). Wenn der Gesetzgeber dem Arbeitnehmer in § 8a Abs. 3 und 4 ATG schon einen Informationsanspruch und einen Sicherungsanspruch gibt, so ist von der Notwendigkeit beider Ansprüche auszugehen und damit auch, dass sie der Arbeitnehmer im Regelfalle in Anspruch nimmt, insbesondere wenn vom Arbeitgeber schon die - ohne Verlangen - bestehende Informationspflicht nicht erfüllt wird.

Für die Annahme eines Schutzgesetzes ist erforderlich, dass die Schaffung eines individuellen Schadensersatzanspruches vom Gesetz erstrebt ist und zumindest in der Regel das haftpflichtrechtliche Gesamtsystem tragbar erscheint (vgl. Palandt § 823 BGB Rz. 141; BGH 46, 23 DG 1976, 1665). Hiervon kann nach Auffassung des Berufungsgerichtes nicht ausgegangen werden, wenn das betreffende Gesetz bereits Regelungen enthält, bei denen der Geschädigte in der Verhinderung des Schadenseintrittes mitzuwirken hat. In diesem Falle will der Gesetzgeber eher eine Haftungseinschränkung als eine Haftungserweiterung über das Vertragsrecht hinaus in das Deliktsrecht hinein.

Anhand dieser Wertung kann auch § 8a Abs. 1 ATG nicht als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB gewertet werden.

d) Das Arbeitsgericht hat also mangels einer Anspruchsgrundlage für eine persönliche Haftung des Beklagten als Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin die Klage zu Recht abgewiesen.

3. Gemäß § 97 Abs. 1 ZPO hat der Kläger auch die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen.

Gegen dieses Urteil kann der Kläger Revision zum Bundesarbeitsgericht einlegen. Für den Beklagten ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.



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