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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 13.09.2006
Aktenzeichen: 9 Sa 3/06
Rechtsgebiete: BetrVG, AktG, BGB


Vorschriften:

BetrVG § 1
BetrVG § 2 Abs. 2
BetrVG § 77
BetrVG § 77 Abs. 1
BetrVG § 77 Abs. 3
BetrVG § 77 Abs. 4 S. 1
BetrVG §§ 101 ff
BetrVG §§ 111 ff.
AktG §§ 15 ff.
BGB § 140
BGB § 179
BGB § 179 Abs. 1
BGB § 427
BGB § 613a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 9 Sa 3/06

Verkündet am: 13. September 2006

In dem Rechtsstreit

hat die Neunte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23. August 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Dunkl sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Fexer und Dünne für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes München vom 24.11.2005 - 11 Ca 9258/05 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über eine Sozialplanabfindung in Höhe von € 27.583,41.

Der Kläger, geboren am 11.9.1972, war seit 1.7.1999 bei der ddp Nachrichtenagentur GmbH zunächst als Korrespondent und dann später als Landeschef Bayern beschäftigt gegen ein Bruttomonatsgehalt von zuletzt € 4.820,-.

Die D. wurde im Dezember 1998 an die P. veräußert.

Im Zuge der Verschmelzung der P. und der S. zur P. im November 2000, die zu mehreren Umzügen von Betrieben und Betriebsteilen führte, wurde unter dem 07.12.2000 eine "Betriebsvereinbarung zwischen der P. und deren Tochterunternehmen (darunter auch die D.) und den Betriebsräten der P. und deren Tochterunternehmen anlässlich der Durchführung der Betriebsänderungen" abgeschlossen. Rubrum, Präambel und § 1 Nr. 1.1 und 1.2 dieser Betriebsvereinbarung lauten:

"Sozialplan

der P., und deren Tochtergesellschaften, sämtlich vertreten durch den Vorstand der P.

- nachstehend Unternehmen genannt -

und

den Betriebsräten der P. und deren Tochtergesellschaften, vertreten durch die Betriebsratsvorsitzenden

- nachstehend Betriebsräte genannt -

Präambel

Die Betriebsparteien erkennen die Gründung der Senderfamilie durch die Verschmelzung der P. mit der S. zur P. als einen strategisch und wirtschaftlich sinnvollen Schritt zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit auf dem komplexen und hochkompetiven Medienmarkt an. Die P. will sich noch stärker als bisher als moderner, attraktiver Arbeitgeber am Arbeitsmarkt positionieren.

Vor dem Hintergrund schließen Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretungen den nachfolgenden Sozialplan, der evt. wirtschaftliche Nachteile betroffener Arbeitnehmer/innen im Rahmen der Restrukturierungen oder durchzuführender Umzüge ausgleicht.

§ 1 Geltungsbereich

1.1. Der Sozialplan gilt für alle Arbeitnehmer/innen des Unternehmens, die während der Laufzeit dieses Sozialplans in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis mit dem Unternehmen stehen und deren Arbeitsplatz im Rahmen einer betriebsändernden Maßnahme nach §§ 111 ff. BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz)

- an einen anderen Standort verlagert wird oder

- deren Arbeitsplatz unmittelbar oder zu einem späteren Zeitpunkt wegfällt.

Das Gleiche gilt für die Arbeitnehmer/innen, die im Rahmen einer betriebsändernden

Maßnahme nach §§ 111 ff. BetrVG andere wirtschaftliche Nachteile durch die Verschmelzung des Unternehmens erleiden.

1.2 Der Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile der Arbeitnehmer/innen der S. S.F., die im Rahmen einer betriebsändernden Maßnahme nach §§ 111 ff. BetrVG zur D. S. oder deren Tochtergesellschaften wechseln, wird im § 16 geregelt."

Nach § 2 der Betriebsvereinbarung sollte diese am 07.09.2000 in Kraft treten und bis 31.12.2005 laufen.

§ 6 der Betriebsvereinbarung enthält eine Abfindungsregelung für Arbeitnehmer/innen, die in den § 1 und § 2 des Sozialplans genannten sachlichen und zeitlichen Geltungsbereich fallen und ihr Arbeitsverhältnis - unter anderem - durch Ausspruch einer betriebsbedingten Beendigungskündigung, einer arbeitgeberseitig veranlassten Eigenkündigung oder eines arbeitgeberseitig veranlassten Aufhebungsvertrags zur Vermeidung einer betriebsbedingten (Änderungs-) Kündiung verlieren.

In § 17 Ziffer 17.9 der Betriebsvereinbarung ist bestimmt, dass unter dem Begriff "Unternehmen" im Sinne dieses Sozialplanes der Konzern P. samt Tochterunternehmen) zu verstehen ist.

Die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 ist für die Arbeitgeberseite von den Vorstandsmitgliedern der Beklagten U. R. sowie L. L. unterzeichnet. Auf der Betriebsratsseite ist die Betriebsvereinbarung von den Vertretern der jeweiligen Betriebsräte unterzeichnet.

Die Gesellschaftsanteile der D. wurden gemäß notariellem Kaufvertrag vom 08.09.2003 mit wirtschaftlicher Wirkung zum 01.06.2003 an die S. im Rahmen eines sog. Management Buy-out verkauft.

§ 11 des Kaufvertrags lautet:

"§ 11 Freistellung P7S1 Betriebsvereinbarung

Die Käuferin wird P7S1 oder, auf Verlangen der P7S1, die mit P7S1 im Sinne von §§ 15 ff. AktG verbundenen Unternehmen (nachfolgend "P7S1 Gruppe" genannt) von der Inanspruchnahme durch Arbeitnehmer der D. und D./v. aus der P7S1 Betriebsvereinbarung freistellen, sofern und soweit die Ansprüche nicht vor dem Stichtag entstanden sind oder die Betriebsänderungen nach §§ 111 BetrVG nicht vor dem Stichtag stattfanden."

Über das Vermögen der ddp Nachrichtenagentur GmbH wurde am 01.11.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter schloss mit dem Betriebsrat am 01.11.2004 einen Interessenausgleich und Sozialplan ab. Dessen § 2 lautet:

"§ 2 Frühere Vereinbarungen

Es wird vorsorglich vereinbart, dass frühere Vereinbarungen, die dieser Vereinbarung entgegenstehen, außer Kraft treten. Unberührt hiervon bleibt die Betriebsvereinbarung zwischen der P. und dem Betriebsrat der D. vom 07.12.2000."

Am 04.12.2004 schloss der Kläger mit dem Insolvenzverwalter einerseits und der P. GmbH andererseits einen sog. dreiseitigen Vertrag, demzufolge des Arbeitsverhältnis des Klägers einvernehmlich zum 05.11.2004 aus betriebsbedingten Gründen enden und der Kläger mit Wirkung vom 06.11.2004 in ein bis 30.04.2005 befristetes Arbeitsverhältnis eintreten sollte. § 1 Ziffer 1.3 des dreiseitigen Vertrages enthält folgende Bestimmung:

1.3 Mit dieser Vereinbarung sind sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus dem bis zum Ablauf des 05.11.2004 bestehenden Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitgeber und anlässlich dessen Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt. Diese Erledigung gilt ausdrücklich nicht für Lohn- und Gehaltsansprüche bis zum Ablauf des 05.11.2002, ggf. bestehende Ansprüche aus unverfallbaren Versorgungsanwartschaften, sowie die Ansprüche auf ein Arbeitszeugnis und die Arbeitspapiere, sowie Ansprüche des Arbeitgebers wegen ausgereichter Arbeitgeber-Darlehen oder Überlassung firmeneigener Gegenstände.

Laut Pressemeldungen vom 08.11.2004 übernahm die A. die D. im Rahmen einer sog. übertragenden Sanierung.

Der Kläger hat im ersten Rechtszug vorgebracht, er habe aufgrund der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 (im Folgenden auch "P.-Sozialplan" oder "Sozialplan" genannt) unmittelbar Anspruch auf Zahlung der Abfindung gegenüber der Beklagten. Aus dem Sozialplan ergebe sich, dass die Beklagte für die Sozialplanansprüche der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der beteiligten Firmen unmittelbar habe einstehen wollen. Der Kläger falle sowohl in den zeitlichen als auch in den sachlichen Geltungsbereich des Sozialplans, weil ein "ungekündigtes Arbeitsverhältnis" zum "Unternehmen" bestehe, und der Arbeitsplatz im Rahmen einer "betriebsändernden Maßnahme nach §§ 111 ff. BetrVG" im Sinne von § 1 Ziffer 1.1 des ProSiebenSat.1-Sozialplans weggefallen sei. "Unternehmen" im Sinne der Betriebsvereinbarung seien die Beklagte und alle Tochtergesellschaften. Vertragspartner des Sozialplans auf der Arbeitgeberseite sei die Beklagte und nicht die D., da deren Geschäftsführer nie bei den Verhandlungen beteiligt gewesen seien, die unterzeichnenden Vertreter der Beklagten keine Vollmacht von Seiten der D. besessen hätten und ihre Unterschriftsleistung auch nicht genehmigt worden sei. Für die Umsetzung der Betriebsvereinbarung sei auch nie der Geschäftsführer der ddp Ansprechpartner gewesen, sondern der Vorstand der Beklagten. Konzernzugehörigkeit des betreffenden Arbeitnehmers sei laut P.-Sozialplan nicht Anspruchsvoraussetzung für die Abfindung, sondern lediglich, dass der betreffende Arbeitnehmer Angehöriger eines der fünf Unternehmen sei. Die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 wirke somit als Einzelsozialplan der Beklagten unmittelbar für den Kläger. Sie enthalte einen freiwilligen Rahmenssozialplan für alle Maßnahmen während seiner Laufzeit, durch die Arbeitnehmer den Arbeitsplatz verlören.

Der Kläger hat ferner die Auffassung vertreten, es liege ein Gemeinschaftsbetrieb gemäß § 1 BetrVG vor. Die Geschäftsleitung der D. sei in der Ausübung ihrer arbeitgeberseitigen Rechte gegenüber ihren Mitarbeitern von den Weisungen der Beklagten abhängig gewesen. So habe die Beklagte die Geschäftsführung der D. angewiesen, Arbeitsverträge oder Vertragsänderungen mit Mitarbeitern nur zusammen mit den zuständigen Personalverantwortlichen der Beklagten zu unterzeichnen. Wenn es um die Ausarbeitung von Betriebsvereinbarungen gegangen sei, sei Ansprechpartner auf der Arbeitgeberseite der Vorstand bzw. die Personalleitung der Beklagten und nicht die Geschäftsführung der D. gewesen. Die dem Gemeinschaftsbetrieb zugrunde liegende Führungsvereinbarung habe aber nicht beinhaltet, dass die Beklagte befugt gewesen sei, namens und in Vollmacht der D. einen mit mehreren Millionen DM/€ belasteten Sozialplan abzuschließen, ohne eine diesbezügliche Vollmacht erhalten zu haben. Das ergebe sich aus der Patronatserklärung vom 31.12.2000 der P., in der die Verbindlichkeiten der D. einschließlich Rückstellungen mit 9.111.515,23 € angegebenen seien. Aus der Stellung der Beklagten als Arbeitgeberin eines Gemeinschaftsbetriebes folge jedenfalls eine gesamtschuldnerische Haftung.

Im Übrigen hafte die Beklagte auf Zahlung der Abfindung in entsprechender Anwendung von § 179 Abs. 1 BGB, da sie als vollmachtlose Vertreterin für die Fa. D. die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 abgeschlossen habe. § 179 Abs. 1 BGB führe bei einem Sozialplan, der ein typischer Vertrag zugunsten Dritter sei, zu einer Haftung gegenüber den begünstigten Arbeitnehmern.

Die Beklagte hafte selbst dann auf Zahlung der Abfindung, wenn mangels Rechtsfähigkeit des Betriebsrats D. in Bezug auf den Abschluss einer Betriebsvereinbarung mit der Beklagten kein wirksamer Sozialplan zustande gekommen und auch § 179 BGB nicht anwendbar sei, aufgrund eines Verschuldens bei Vertragsschluss (c.i.c.). Denn die Beklagte habe durch Einberufung der Arbeitsgruppe "One World", an der sich Vertreter der Beklagten und die Betriebsräte der Tochterunternehmen beteiligt hätten und deren Zweck es gewesen sei, Maßnahmen zur Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen innerhalb des neuen Konzerns P. zu beraten und Betriebsvereinbarungen festzulegen, sowie durch Verlautbarungen in der Firmenöffentlichkeit den Eindruck erweckt, sich den Arbeitnehmern der Tochtergesellschaften gegenüber vertraglich zu verpflichten. Sie habe es auch zu verantworten, dass die D. unterfinanziert gewesen sei und ihre Insolvenz durch Verweigerung der Auszahlung einer letzten Darlehensrate durch die Beklagte an die D. entgegen einer Darlehensvereinbarung herbeigeführt worden sei. Somit habe die Beklagte den Rechtsschein erweckt, für das Tochterunternehmen D. zu handeln. Dies ergebe sich auch aus der Freistellungsklausel im Kaufvertrag vom 08.09.2003.

Der Kläger hat im ersten Rechtszug beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 27.583,41 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie trägt vor, sie sei aus dem Sozialplan nur gegenüber ihren eigenen Arbeitnehmern verpflichtet. Sie habe die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 nur in Vertretung ihrer Tochterunternehmen abgeschlossen, wobei der Vorstandsvorsitzende U. R. in wirksamer Vertretung für die D gehandelt habe. Die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 enthalte rechtlich gesehen fünf einzelne Betriebsvereinbarungen, die in einer Urkunde zusammengefasst seien. Eine Betriebsvereinbarung zwischen der Muttergesellschaft und dem Betriebsrat einer Tochtergesellschaft sei gemäß § 77 BetrVG nicht möglich, weil es insoweit an der Rechtsfähigkeit der Betriebsparteien fehle.

Der persönliche und sachliche Geltungsbereich des P.-Sozialplans sei nicht eröffnet, weil die D. nur bis 07.09.2003 zum P.-Konzern gehört habe, der Kläger im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis nicht mehr Arbeitnehmer einer Konzern-Tochtergesellschaft gewesen sei und weil vom Sozialplan lediglich Restrukturierungen im Zusammenhang mit der Integration der Senderfamilie - Standortverlagerungen oder Umzüge - erfasst seien, nicht aber die Stilllegung der D. im Rahmen einer Insolvenz, und weil schließlich durch den Insolvenzsozialplan vom 01.11.2004 die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 ihre Wirkung verloren habe. Eine Geltung beider Kollektivregelungen nebeneinander sei nicht möglich.

Im Übrigen sei der geltend gemachte Anspruch durch die Verzichtsklausel im dreiseitigen Vertrag vom 03.12.2004 ausgeschlossen. Auch habe der Kläger aufgrund des Erwerbs des Geschäftsbetriebs der D. GmbH durch die Starnberger Beteiligungsgesellschaft A.AG seinen Arbeitsplatz gemäß § 613a BGB nicht verloren. Eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten gemäß § 427 BGB scheide aus, weil diese Vorschrift auf Betriebsvereinbarungen nicht anwendbar sei. Dasselbe gelte in Bezug auf § 179 BGB. Die Geltung dieser Bestimmung im Zusammenhang mit einer Kollektivvereinbarung sei systemwidrig und betriebsverfassungswidrig. Auch wäre aus § 179 Abs. 1 BGB nicht der Kläger, sondern allenfalls der Betriebsrat anspruchsberechtigt.

Das Arbeitsgericht München hat durch Endurteil vom 24.11.2005 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob die Beklagte für Ansprüche aus dem Sozialplan überhaupt passiv legitimiert sei und ob das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 04.11.2004 beendet wurde, da die Stilllegung der D. GmbH nicht unter den sachlichen Geltungsbereich des Sozialplanes vom 07.12.2000 falle. Der erste Absatz der Präambel des Sozialplanes stelle klar, dass Hintergrund der ins Auge gefassten Betriebsänderungen die Verschmelzung der P. mit der S. zur P. AG gewesen sei. Nach dem 2. Absatz der Präambel solle der Sozialplan "eventuelle wirtschaftliche Nachteile betroffener Arbeitnehmer/innen im Rahmen der Restrukturierung oder durchzuführender Umzüge" ausgleichen. Folgerichtig sei dann in den §§ 2 ff des Sozialplanes nur noch von Standortverlagerungen die Rede. Auch in § 4 des Sozialplanes sei ausdrücklich nur von betriebsbedingten Kündigungen "aus Anlass einer Standortverlagerung" und vom Wegfall des Arbeitsplatzes "aufgrund der Standortverlagerung" die Rede. § 7 des Sozialplanes enthalte eine entsprechende Regelung in Richtung auf Änderungskündigungen. Dazu komme, dass die D. GmbH wegen Insolvenz und zu keinem Zeitpunkt stillgelegt worden sei, als die Firma seit über einem Jahr dem Konzern der Beklagten nicht mehr angehört habe. Die Kammer sehe sich außerstande, einen Zusammenhang herzustellen zwischen der Insolvenz der D. GmbH einerseits und den Verschmelzungs-, Restrukturierungs- und Standortverlagerungsmaßnahmen andererseits, die Gegenstand der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 gewesen seien.

Der Kläger hat gegen dieses Urteil, das ihm am 02.12.2005 zugestellt wurde, am 02.01.2006 Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis 02.03.2006 verlängerten Frist auch begründet.

Er trägt im Berufungsverfahren vor, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes falle der Verlust des Arbeitsplatzes des Klägers aufgrund der Insolvenz der ddp in den sachlichen Geltungsbereich des Sozialplanes vom 07.12.2000, da der Kläger entsprechend § 1 Ziffer 1.1 des Sozialplanes seinen Arbeitsplatz verloren habe. Der Sozialplan treffe Regelungen für Restrukturierungen, die aus der Verschmelzung von P. AG und S. GmbH erwachsen. Daneben regele er notwendig werdende Umzüge. Der Sozialplan betreffe also nicht nur Standortverlagerungen. Die Stilllegung der ddp sei ebenfalls vom Anwendungsbereich des Sozialplanes erfasst. Ziffer. 1.1 Satz 2 des Sozialplanes sehe eine separate Regelung für wirtschaftliche Nachteile "durch Verschmelzung" vor. Satz 1 nehme diese Differenzierung nicht vor, sondern spreche von betriebsändernden Maßnahmen. Die Vorschrift des Ziffer 1.1 sei somit auf alle übrigen betriebsändernden Maßnahmen nach §§ 101 ff BetrVG anwendbar. Dies schließe Betriebsstilllegungen ein.

Das Arbeitsgericht habe mit keinem Wort gewürdigt, dass es sich um einen Rahmensozialplan handele. Das Arbeitsgericht lasse auch unerwähnt, dass zeitgleich zu den Verhandlungen zum Sozialplan im Sommer 2000 die Stilllegung der ddp diskutiert worden sei. Außerdem sei der im Jahre 2003 vollzogene Verkauf der D. unter Bewilligung von Darlehen durch die Beklagte erfolgt. Als die Beklagte dann die Auszahlung der letzten Darlehensrate verweigert habe, habe der D. die endgültige Zahlungsunfähigkeit gedroht, so dass sie im Sommer 2004 gezwungen gewesen sei, Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen.

Im Übrigen sei bei der Auslegung einer Betriebsvereinbarung der wirkliche Wille der Betriebsparteien sowie der Gesamtzusammenhang und der Sinn und Zweck der Betriebsvereinbarung zu beachten. Es sei der übereinstimmende Wille der Betriebsparteien gewesen, dass der Sozialplan nicht auf Standortverlagerungen beschränkt sei und sämtliche Betriebsänderungen einschließlich einer Betriebsstilllegung der ddp, auch in Form einer Insolvenz, erfasse.

Die Beklagte sei auch passiv legitimiert. Sie habe insbesondere bei Abschluss des Sozialplanes nicht im Namen und nicht in Vollmacht der D. GmbH gehandelt. Eine Vollmacht der ddp habe zu keinem Zeitpunkt vorgelegen; der Sozialplan sei auch nicht nachträglich genehmigt worden. Aufgrund der zeitgleich stattfindenden Diskussion über die wirtschaftliche Zukunft der D., die eine mögliche Stilllegung eingeschlossen habe, sei allen Beteiligten klar gewesen, dass ausschließlich die Beklagte aus dem Sozialplan anspruchsverpflichtet sei. Dies gelte umso mehr, als es sich bei der Beklagten um einen Gemeinschaftsbetrieb handele. Selbst wenn man zu Unrecht der Ansicht sein sollte, dass die Beklagte nicht direkt aus dem Sozialplan verpflichtet sei, würde sie in jedem Falle gemäß § 179 BGB bzw. aus den Grundsätzen der c.i.c. haften. In diesem Zusammenhang habe der Kläger mehrfach unter Beweisantritten in der ersten Instanz vorgetragen, dass nach dem übereinstimmenden Willen der Betriebsparteien nicht Voraussetzung für den streitgegenständlichen Anspruch auf die Sozialplanabfindung war, dass die anspruchsberechtigten Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Betriebsänderung in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zum Konzernunternehmen stünden.

Der Kläger beantragt im Berufungsverfahren:

Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichtes München vom 24.11.2005, Az.: 11 Ca 9258/05, die Beklagte und Berufungsbeklagte zu verurteilen, an den Kläger € 27.583,41 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt dagegen

die kostenpflichtige Zurückweisung der Berufung und trägt vor, das Urteil des Arbeitsgerichtes vom 24.11.2005 sei rechtsfehlerfrei ergangen. Unzutreffend sei die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe mit dem Betriebsrat der D. GmbH eine Vereinbarung getroffen. Die Beklagte habe den Sozialplan vom 07.12.2000 lediglich mit ihrem Betriebsrat vereinbart. Vertragspartner des Betriebsrates der D. sei die D. GmbH selbst gewesen. Weiter werde erneut betont, dass der damalige Vorstandsvorsitzende der Beklagten, Herr U. R., sowie der für Personal und Finanzen zuständige Vorstand, Herr L. L., für die Beklagte und für die Tochtergesellschaften gehandelt hätten. Beide Personen hätten diesbezüglich auch eine Vertretungsmacht von der D. GmbH gehabt. Es werde erneut betont, dass die Insolvenz der D. GmbH nicht aufgrund eines Verschuldens der Beklagten eingetreten sei; nach Kenntnis der Beklagten seien vielmehr Managementfehler Ursache des Niederganges der D. GmbH gewesen.

Weiter gehe die Beklagte, da der Kläger seinen gegenwärtigen Arbeitgeber nicht nenne, auch in der Berufungsinstanz berechtigter Weise davon aus, dass der Kläger entweder bei der D. GmbH oder aber der D. J. GmbH beschäftigt sei. Nach Kenntnis der Beklagten seien alle Arbeitnehmer der insolventen D. von einer dieser beiden Nachfolgegesellschaften im Wege eines Betriebsüberganges übernommen worden. Dies bedeute, dass der Kläger infolge der Insolvenz der D. seinen Arbeitsplatz überhaupt nicht verloren habe. Ein Anspruch auf Abfindung komme aber nur dann in Betracht, wenn der Arbeitsplatz tatsächlich weggefallen sei. Der Wortlaut des Sozialplanes sei insoweit eindeutig.

Die Beklagte habe auch die D. GmbH nicht stillgelegt und habe auch nie derartige konkrete Pläne gehabt. Soweit die Beklagte intern im Jahre 2003 verschiedene Optionen durchgerechnet habe, sei dies nur erfolgt, um alle möglichen Varianten im Rahmen eines Entscheidungsprozesses abzudecken.

Zutreffend habe das Arbeitsgericht München festgestellt, dass der Sozialplan ausschließlich zur Regelung von Umzügen und Standortverlagerungen vorgesehen gewesen sei. Nur diese Auslegung des Sozialplanes entspreche dem tatsächlichen und übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien. Die Entstehungsgeschichte belege, dass die Stilllegung einer Konzerntochter weder allgemein noch speziell im Falle der D. GmbH Regelungsgegenstand des Sozialplanes vom 07.12.2000 gewesen sei.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt der Schriftsätze des Klägers vom 02.03.2006 (Bl. 240 - 248 d. A.) und vom 13.06.2006 (Bl. 268 - 281 d. A.) und auf den Schriftsatz der Beklagten vom 31.03.2006 (Bl. 249 - 257 d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes München vom 24.11.2005 ist zulässig, aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zumindest im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Abfindung weder auf kollektivrechtlicher noch auf individualrechtlicher Grundlage zu.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abfindung aus dem Sozialplan vom 07.12.2000 als kollektive Rechtsgrundlage, da der Kläger in keinem Arbeitsverhältnis zur Beklagten stand.

Da ein Konzernbetriebsrat unstreitig nicht bestand, konnte die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 als kollektivrechtliche Rechtsgrundlage nur zwischen dem jeweiligen Arbeitgeber und dem Betriebsrat eines Betriebes dieses Arbeitgebers abgeschlossen werden. Betriebsvereinbarungen können mit Wirkung für und gegen die Arbeitnehmer eines Betriebes nur zwischen dem für diesen Betrieb gebildeten Betriebsrat und dem Arbeitgeber/Inhaber des Betriebes abgeschlossen werden, da nur insoweit kollektivrechtliche Regelungs- und Rechtsetzungsmacht der Betriebsparteien besteht. Deshalb hatte die Beklagte gemäß §§ 2 Abs. 2, 77 Abs. 1 BetrVG lediglich die Kompetenz, mit ihrem eigenen Betriebsrat die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 abzuschließen. Der Abschluss einer Betriebsvereinbarung/Sozialplanes zwischen dem Betriebsrat der Firma D. GmbH und der Beklagten als rechtlich selbständiges Unternehmen war somit rechtlich nicht möglich.

2. Der geltend gemachte Abfindungsanspruch ergibt sich auch nicht aufgrund der zwischen der Beklagten und ihrem eigenen Betriebsrat getroffenen Kollektivvereinbarung in Gestalt der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000. Denn auch dadurch würden kollektivrechtliche Ansprüche - mit unmittelbarer und zwingender Wirkung gemäß § 77 Abs. 4 S. 1 BetrVG - für Arbeitnehmer andere Betriebe und eines anderen Arbeitgebers begründet. Der Beklagten und auch dem Betriebsrat der Beklagten fehlt hierzu die kollektivrechtliche Regelungsmacht.

3. Ein Sozialplanabfindungsanspruch gemäß § 6 der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 ergibt sich auch dann nicht, wenn man diese Betriebsvereinbarung rechtlich als ein Bündel von Betriebsvereinbarungen mit identischem Wortlaut ansieht, geschlossen jeweils zwischen der Beklagten und den beteiligten Tochterunternehmen einerseits und jedem einzelnen Betriebsratsgremium des betreffenden Unternehmens andererseits.

Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte aus der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 scheidet nämlich von vorneherein aus, weil sich die Ansprüche aus dieser Betriebsvereinbarung aus den bereits ausgeführten Gründen nur gegen die eigene Arbeitgeberin des Klägers richten können. Die Beklagte ist insoweit nicht passiv legitimiert. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers scheidet im Übrigen ein solcher Anspruch schon deshalb aus, weil dem Vorstand der P. AG die Vertretungsmacht gefehlt habe, für die D. GmbH zu handeln.

Allenfalls ansatzweise denkbar wäre es, dass durch Betriebsvereinbarung, geschlossen zwischen der D. GmbH und deren Betriebsrat den Arbeitnehmern dieser Gesellschaft unmittelbar Sozialplanansprüche verschafft werden sollten aufgrund eines "Sozialplans zulasten eines Dritten", verbunden mit einer Art Einstands-, Garantie- oder Haftungsübernahmeerklärung der Beklagten.

Wie bereits die Kammer 3 des LAG München (Urteil vom 29.6.2006 3 Sa 14/06) ausgeführt hat, fehlen dafür aufgrund der geschilderten klaren Struktur der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 jegliche Anhaltspunkte. Dass die Beklagte und der Betriebsrat der D. GmbH oder die anderen Betriebsratsgremien diese Konstruktion für nicht ausreichend gehalten hätten und deshalb die Konzernmuttergesellschaft eine Mithaftung oder Einstandspflicht hätte übernehmen wollen, ist nicht ersichtlich. Im Übrigen scheidet eine solche Konstruktion nach dem eigenen Vortrag des Klägers schon deshalb aus, weil die Grundlage für eine solche Mithaftung bzw. Einstandspflicht eine wirksame Betriebsvereinbarung, geschlossen zwischen der D. GmbH und ihrem Betriebsrat, wäre, dies jedoch mangels Vertretungsmacht des Vorstandes der Beklagten für die ddp Nachrichtenagentur GmbH ausscheiden solle.

4. Auch eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten gemäß § 427 BGB als Mitinhaberin eines gemeinschaftlichen Betriebes scheidet aus. Auch insoweit schließt sich die Kammer der Entscheidung der Kammer 3 des LAG München (3 Sa 14/06) an. Es kann schon aus dem Vortrag des Klägers nicht von einem Gemeinschaftsbetrieb ausgegangen werden. Zum einen ist schon unklar, auf welche organisatorischen Einheiten bzw. Betriebe oder Betriebsteile sich dieser gemeinschaftliche Betrieb erstreckt haben soll und welche Unternehmen auf Arbeitgeberseite Träger dieses gemeinschaftlichen Betriebes sein sollten. Dies ist insoweit dem Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen. Zum anderen ist aufgrund des Vortrages des Klägers nicht erkennbar, dass sich zumindest die Beklagte und die D. GmbH zur gemeinsamen Führung eines Betriebes rechtlich verbunden haben in der Weise, dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung ausgeübt werden sollte (vgl. hierzu BAG vom 11.2.2004, 7 ABR 27/03).

Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass die Geschäftsleitung der D. GmbH in der Ausübung ihrer arbeitgeberseitigen Rechte gegenüber ihren Mitarbeitern von den Weisungen der Beklagten abhängig war, lässt dieser allgemeine Vortrag nur erkennen, dass die Beklagte von ihrem konzernrechtlichen Weisungsrecht tatsächlich Gebrauch gemacht hat. Eine lediglich unternehmerische Zusammenarbeit zweier Konzernunternehmen reicht jedoch nicht für die Annahme aus, dass die wesentlichen materiellen und immateriellen Betriebsmittel gemeinsam genutzt und die Arbeitsabläufe in beiden Unternehmen personell, technisch und organisatorisch miteinander verknüpft sind (vgl. BAG vom 18.1.1990, 2 AZR 355/89). Gegen das Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebes spricht im Übrigen der eigene Vortrag des Klägers, wonach die Beklagte nicht ohne besondere Vollmacht von Seiten der ddp Nachrichtenagentur GmbH den Sozialplan mit Wirkung für diese habe unterzeichnen dürfen. Damit wäre hinsichtlich eines Kernbereiches der wirtschaftlichen Angelegenheiten die Leitungskompetenz bei der D. verblieben. Die Konzernmutter hätte sich gerade in Phase der betriebsverfassungsrechtlichen Ordnung der Auswirkungen der Fusion zur Senderfamilie P. der Einflussnahme auf die betriebsverfassungsrechtliche Leitung des Betriebes der D. begeben. Gleichwohl soll nach dem Vortrag des Klägers die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 im Gemeinschaftsbetrieb nur von einem Träger des Gemeinschaftsbetriebes - der Beklagten - mit Wirkung für alle Arbeitnehmer wirksam sein. Wie sich dieser Alleingang eines der am gemeinschaftlichen Betrieb beteiligten Unternehmen mit den Erfordernissen einer institutionalisierten einheitlichen Leitung verträgt, war ebenso wie für die Kammer 3 - auch für die Kammer 9 nicht ersichtlich.

5. Die Beklagte ist gegenüber dem Kläger auch nicht zur Zahlung einer Abfindung in entsprechender Anwendung des § 179 Abs. 1 BGB verpflichtet.

Eine derartige Haftung ergibt sich auch dann nicht, wenn man den Vortrag des Klägers, die Beklagte habe keine Vertretungsmacht zum Abschluss der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 mit Wirkung für und gegen die D. GmbH gehabt, als zutreffend unterstellt. Die Kammer 9 des LAG geht mit der Kammer 3 (3 Sa 14/06) davon aus, dass die Rechtswirkungen einer Betriebsvereinbarung in § 77 BetrVG abschließend geregelt sind. Dies schließt eine unmittelbare Haftung eines dritten Unternehmens als vollmachtloser Vertreter auf Erfüllung oder Schadensersatz in Bezug auf eine - gerade nicht zustande gekommene - Betriebsvereinbarung aus.

6. Dies gilt entsprechend für die vom Kläger hilfsweise angenommene Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss (c.i.c.) und aus Rechtsscheinsgrundsätzen, soweit es sich um eine kollektivrechtlich begründete Haftung handeln soll. Auch insoweit teilt die Kammer 9 hier die Auffassung der Kammer 3 (3 Sa 14/06). Im Übrigen wird die Auffassung der Kammer 3 auch darin geteilt, dass ein Verschulden der Beklagten gegenüber dem Betriebsrat der D. GmbH oder deren Arbeitnehmern gegenüber im Zuge der Verhandlungen und bei Abschluss der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 nicht erkennbar ist. Weder die alleinige Verhandlungsführung durch die Beklagte auf Arbeitgeberseite in Bezug auf die Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 noch die Installation der Arbeitsgruppe "One World" und deren Besetzung auf Arbeitgeberseite ausschließlich mit Vertretern der Beklagten oder etwaige Verlautbarung von Vertretern der Beklagten in Betriebsversammlungen von Tochtergesellschaften zwingen zu der Annahme, dass die Beklagte den Eindruck erweckt hätte, sie selbst - und nicht die jeweilige Tochtergesellschaft - solle alleinige Schuldnerin der Sozialplanleistungen sein. Dass die Beklagte über die möglichen und zulässigen betriebsverfassungsrechtlichen Gestaltungsformen hinaus und entgegen der sodann gewählten Gestaltung eines Bündels gleichlautender Betriebsvereinbarungen den Eindruck zu erwecken suchte, die Arbeitnehmer auch der Tochtergesellschaften könnten sich allein an sie selbst als Muttergesellschaft wenden, um ihre Sozialansprüche durchzusetzen, ist nicht ersichtlich. Die Beklagte mag auf der Arbeitgeberseite für alle beteiligten Unternehmen den Inhalt der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 in allen Einzelheiten bestimmt haben. Dies ist in einem straff geführten Konzern nichts Ungewöhnliches. Daraus lassen sich jedoch keine Rückschlüsse im Sinne der Übernahme einer entsprechenden unmittelbaren Zahlungs- oder Einstandspflicht ziehen, zumal dann, wenn eine solche im Widerspruch zu den betriebsverfassungsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten steht.

Das Gleiche gilt in Bezug auf die vom Kläger angenommene Rechtsscheinshaftung, soweit sie kollektivrechtlich begründet sein soll. Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich allenfalls, dass die Beklagte durchgehend deutlich gemacht hat, sie werde dafür sorgen, dass die in der abzuschließenden und sodann abgeschlossenen Betriebsvereinbarung geregelten Sozialplanansprüche bedient werden können. Nichts anderes ergibt sich zuletzt aus der Patronatserklärung vom 31.12.2000. Damit ist lediglich gesagt, dass die Beklagte ihre Tochterunternehmen ggf. so finanziell ausstatten werde, dass die Sozialplanabfindungen bezahlt werden könnten. Nicht gesagt ist damit, dass die Beklagte selbst den Arbeitnehmern auf Zahlung dieser Ansprüche haften wolle. Im Übrigen kann dieser Rechtsschein nach Übernahme der Geschäftsanteile der D. GmbH durch die S.-Beteiligungs GmbH mit Kaufvertrag vom 08.09.2003 nicht mehr wirken. Denn von diesem Zeitpunkt an war die D. GmbH keine Tochtergesellschaft der Beklagten mehr im Verbund des P. Konzerns.

7. Auch auf individualrechtlicher Grundlage ergibt sich der geltend gemachte Abfindungsanspruch nicht.

Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte über die Begründung von Ansprüchen ihrer Arbeitnehmer auf kollektivrechtlicher Grundlage hinaus jedem einzelnen Arbeitnehmer einer der Tochtergesellschaften einzelvertragliche Ansprüche gegen sie geben wollte. Für einen solchen einzelvertraglichen Verpflichtungswillen fehlen konkrete Anhaltspunkte.

Ein unmittelbarer individualvertraglicher Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus einer eventuellen Umdeutung der Betriebsvereinbarung vom 07.12.2000 in eine Gesamtzusage gegenüber den Arbeitnehmern der D. GmbH und der sonstigen Tochtergesellschaften. Nach der Rechtsprechung des BAG ist es zwar grundsätzlich nicht ausgeschlossen, eine nach § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksame Betriebsvereinbarung entsprechend § 140 BGB in eine vertragliche Einheitsregelung (Gesamtzusage oder gebündelte Vertragsangebote) umzudeuten, wenn besondere Umstände des Einzelfalles die Annahme rechtfertigen, der Arbeitgeber habe sich unabhängig von der Betriebsvereinbarung auf jeden Fall zur Gewährung der dort vorgesehenen Leistung verpflichten wollen (vgl. BAG AP Nr. 18 zu § 77 BetrVG 1972 Tarifvorbehalt). Eine solche Gesamtzusage könnte aber wiederum von vorneherein nur zu Ansprüchen der Arbeitnehmer gegen ihren Arbeitgeber führen, also im vorliegenden Falle zu einem Anspruch des Klägers gegen die Firma D. GmbH und nicht zu einem Anspruch gegenüber der Beklagten (so auch LAG München, Urteil vom 22.6.2006 4 Sa 158/06).

8. Es kann damit offen bleiben, ob im Falle einer Passivlegitimation der Beklagten hinsichtlich des streitgegenständlichen Anspruches auf Abfindung nach dem Regelungsbereich des Sozialplanes überhaupt ein Anspruch des Klägers aus dem Sozialplan vom 07.12.2000 bestehen kann, nachdem der Arbeitsplatzverlust des Klägers zwar noch innerhalb des zeitlichen Geltungsbereiches des Sozialplanes (bis 31.12.2005), jedoch ersichtlich nicht mehr im Zusammenhang mit einer durch die Verschmelzung der P. AG und der S. GmbH zur Beklagten ausgelösten Restrukturierungsmaßnahme steht, sondern erst nach dem späteren Verkauf der Gesellschaftsanteile der Firma D. GmbH im September 2003 und deren damit einhergehenden Herauslösung aus dem Konzernverband der Beklagten erfolgte.

Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Berufung zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

Gegen dieses Urteil kann der Kläger Revision zum Bundesarbeitsgericht einlegen.

Ende der Entscheidung

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