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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 02.04.2008
Aktenzeichen: 9 Sa 651/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 613a
1. Es fehlt an einer ordnungsgemäßen Information nach § 613a Abs. 5 BGB, wenn eine Erläuterung der gesamtschuldnerischen Haftung gemäß § 613a Abs. 2 BGB fehlt.

2. Dem Übergang des Arbeitsverhältnisses kann gemäß § 613a Abs. 6 BGB auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses widersprochen werden.

3. Das Widerspruchsrecht gemäß § 613a Abs. 6 BGB kann verwirkt werden, sofern Zeit- und Umstandsmoment vorliegen. Beim Zeitmoment ist nicht auf eine feste Frist, sondern auf die konkreten Umstände des Einzelfalles abzustellen.


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 Sa 651/07

Verkündet am: 02.04.2008

In dem Rechtsstreit

hat die Neunte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 05. März 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Dunkl sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Dietmar Klein und Jürgen Wischhöfer für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes München vom 23.05.2007 - 31 Ca 20083/05 - wird zurückgewiesen.

2. Auf die Anschlussberufung des Klägers wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere Euro 26.334,-- (i. W. Euro sechsundzwanzigtausenddreihundertvierunddreißig) brutto abzüglich Euro 7.340,40 (i. W. Euro siebentausenddreihundertvierzig 40/100) netto nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus je Euro 558,90 (i. W. Euro fünfhundertachtundfünfzig 90/100) jeweils seit 01.04.2007, 01.05.2007, 01.06.2007 und 01.07.2007 sowie aus weiteren je Euro 2.394,-- (i. W. Euro zweitausenddreihundertvierundneunzig) jeweils seit 01.08.2007, 01.09.2007, 01.10.2007, 01.11.2007, 01.12.2007, 01.01.2008 und 01.02.2008 zu zahlen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten, ob ihr Arbeitsverhältnis gemäß § 613a Abs. 1 BGB durch Betriebsübergang beendet wurde und über Zahlungsansprüche. Der Kläger, geboren am 0.0.1950, war bei der Beklagten seit 01.11.1970 als Elektrotechniker beschäftigt gegen ein Bruttomonatsgehalt von zuletzt € 4.571,46. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 19.12.2003 (Bl. 14 d. A.) das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger aus betriebsbedingten Gründen zum 30.04.2005 gekündigt. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 19.12.2003 (Bl. 15 - 17 d. A.) Abwicklungsbedingungen mit, die der Kläger akzeptiert hat. Unter Ziffer 2. dieses Schreibens vom 19.12.2003 ist geregelt:

"Zum Ausgleich der durch die von uns ausgesprochene Kündigung des Arbeitsverhältnisses entstehenden Nachteile erhalten Sie ein Abfindung.

Unter Anrechnung darüber hinausgehender Entschädigungen/Leistungen des Unternehmens sowie Leistungen Dritter, wie z. B. Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Krankengeld, Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung, zwischenzeitlich zugesprochener gesetzlicher Rente sowie Bezügen aus anderweitiger beruflicher Tätigkeit, erhalten Sie eine Gesamtleistung von brutto insgesamt 147.899,80 €.

Diese Gesamtleistung setzt sich zusammen aus einer monatlichen Leistung vom 1. Mai 2005 bis 30. April 2010 in Höhe von brutto 2.365,00 € sowie einer Einmalzahlung am 31. Mai 2005 von brutto 5.999,80 €.

Abweichungen von den monatlichen Beträgen während der o. g. Laufzeit können sich gem. Pkt. 2 Absatz 2 ergeben.

Am Ende des Zahlungszeitraumes erfolgt die genaue Abrechnung mit etwaiger Nachzahlung oder Rückforderung.

Die Berechnungsbasis für die Ermittlung der monatlichen Leistung ist Ihr letztes Monats-Netto-Entgelt inklusive je 1/12 Urlaubsgeld sowie Jahresleistung und ggf. einem Jahresdurchschnitt von variablen Zulagen/Zuschlägen ohne LEK/VUEK oder andere erfolgsabhängige bzw. individuelle Einmalzahlungen gemäß Steuerklasse und Kinderfreibetrag zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Schreibens, jedoch ohne Berücksichtigung weiterer individueller Freibeträge. Die monatliche Leistung entspricht 85 % der Berechnungsbasis abzüglich der Pensionskassenbeiträge. Die Einmalzahlung erfolgt gemäß der Berechnung vom 18. Dezember 2003.

Im Monat vor Austritt aktualisieren wir die Gesamtleistung auf Basis des aktuellen Einkommens. Dabei garantieren wir mindestens die o. g. Gesamtleistung."

Unter Ziffer 6. ist geregelt:

"Die bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehenden betrieblichen Versorgungsanwartschaften bleiben erhalten. Für die in einem Zeitraum von 60 Monaten entfallenden betrieblichen Versorgungszuwächse wird ein Ausgleichsbetrag gewährt, der in Anlehnung an die Pensionskassensatzung und die betrieblichen Versorgungsordnungen ermittelt wird. Hierbei wird für jeden Monat der Betrag angesetzt, der im Kalenderjahr vor dem Austritt im Monatsdurchschnitt hinzuerworben wurde. Der Ausgleichsbetrag wird als Firmenrente bei Eintritt des Versorgungsfalles mit den übrigen betrieblichen Versorgungsbezügen gewährt. Das Unternehmen erhöht die laufenden Versorgungsleistungen aus dieser Zusage gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG jährlich um 1 %. Liegt zwischen Rentenbeginn und der erstmaligen Anpassung weniger als ein volles Kalenderjahr, ermäßigt sich die Erstanpassung zeitanteilig."

Mit Schreiben vom 22.10.2004 (Bl. 18 - 21 d. A.) wurde der Kläger von der Beklagten über den geplanten Betriebsübergang der Photosparte, in welcher der Kläger beschäftigt war, zum 01.11.2004 auf die Firma A. GmbH unterrichtet. Der Betriebsübergang wurde dann auch zum 01.11.2004 durchgeführt. Der Kläger hat zunächst dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Firma A. GmbH nicht widersprochen; er wurde als Arbeitnehmer dieser Firma geführt und auch von ihr vergütet. Ab Anfang Januar 2005 wurde er von ihr von der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt.

Am 01.08.2005 wurde über das Vermögen der Firma A. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit Schreiben vom 30.08.2005 (Bl. 4 u. 5 d. A.) hat der Kläger nun dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Firma A. GmbH widersprochen und geltend gemacht, ihm stehe das Widerspruchsrecht noch zu, da die Information vom 22.10.2004 über den Betriebsübergang gemäß § 613a Abs. 5 BGB nicht vollständig und wahrheitsgemäß gewesen sei. Weiter forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm für die Zeit vom 01.05.2005 bis 30.10.2010 die zugesagten Leistungen aus der Abwicklungsvereinbarung zu zahlen.

Die Beklagte hat dagegen geltend gemacht, dass mit ihr kein Arbeitsverhältnis mehr bestehe und hat die verlangten Zahlungen abgelehnt. Der Kläger hat ab 01.05.2005 Arbeitslosengeld bezogen in Höhe von kalendertäglich 61,17 €, und zwar bis Ende Juni 2007.

Mit der Klage zum Arbeitsgericht München vom 28.12.2005 machte der Kläger geltend, der Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses sei wirksam, da er durch Schreiben vom 22.10.2004 nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 613a Abs. 5 BGB über den Betriebsübergang informiert worden sei und damit die Ein-Monats-Frist des § 613a Abs. 6 BGB für den Widerspruch noch nicht begonnen habe. So sei die Information über die finanzielle Ausstattung der Firma A. GmbH völlig unzureichend gewesen. Ferner sei auch über die rechtlichen Folgen des Betriebsüberganges nicht ordnungsgemäß informiert worden. So fehle völlig der Hinweis auf die Verteilung der Haftung zwischen dem bisherigen und dem neuen Arbeitgeber für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Der Kläger sei in keiner Weise darüber informiert worden, welche Risiken sich für ihn bei einem Betriebsübergang ergeben könnten. Gerade dies sei aber für den Kläger von herausragender Bedeutung gewesen, da er mit der Beklagten eine Abfindungsvereinbarung mit einer Gesamtleistung in Höhe von 147.899,80 € getroffen hatte und sein Arbeitsverhältnis bereits zum 30.04.2005 enden sollte. Dem Kläger hätte in dieser Situation die Haftungsverteilung im Falle eines Betriebsüberganges deutlich erklärt werden müssen. Es liege auf der Hand, dass der Kläger in Kenntnis der Haftungsverteilung in jedem Falle dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Firma A. GmbH widersprochen hätte, da sein Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Betriebsüberganges auch mit der Beklagten nur noch sieben Monate bestanden hätte und vor diesem Zeitpunkt keinesfalls hätte gekündigt werden können.

Ferner forderte der Kläger zuletzt aus der Abwicklungsvereinbarung für die Zeit von Mai 2005 bis Februar 2007 monatlich die Zahlung von € 2.394,-- brutto abzüglich erhaltener € 1.835,10 netto Arbeitslosengeld.

Der Kläger beantragte im ersten Rechtszug

I. Es wird festgestellt, dass das zwischen dem Kläger und der Beklagten am 09.11.1970 begründete Arbeitsverhältnis mit dieser bis 30.04.2005 fortbestand und das Arbeitsverhältnis nicht auf die Firma A. GmbH übergegangen ist.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 19.152,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 14.680,80 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem sich ergebenden Differenzbetrag seit 01.01.2006 zu bezahlen.

III. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 4.788,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 3.670,20 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem sich ergebenden Differenzbetrag seit 01.03.2006 zu bezahlen.

IV. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 4.788,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 3.670,20 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem sich ergebenden Differenzbetrag seit 01.05.2006 zu bezahlen.

V. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 4.788,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 3.670,20 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem sich ergebenden Differenzbetrag seit 01.07.2006 zu bezahlen.

VI. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 4.788,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 3.670,20 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem sich ergebenden Differenzbetrag seit 01.09.2006 zu bezahlen.

VII. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 2.394,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.835,10 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem sich ergebenden Differenzbetrag seit 01.10.2006 zu bezahlen.

VIII. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 2.394,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.835,10 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem sich ergebenden Differenzbetrag seit 01.11.2006 zu bezahlen.

IX. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 2.394,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.835,10 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem sich ergebenden Differenzbetrag seit 01.12.2006 zu bezahlen.

X. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 2.394,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.835,10 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem sich ergebenden Differenzbetrag seit 01.01.2007 zu bezahlen.

XI. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 2.394,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.835,10 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem sich ergebenden Differenzbetrag seit 01.02.2007 zu bezahlen.

XII. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 2.394,00 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.835,10 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem sich ergebenden Differenzbetrag seit 01.03.2007 zu bezahlen.

XIII. Es wird festgestellt, das die Beklagte gemäß Ziffer 6. der Vorruhestandsvereinbarung vom 19.12.2003 verpflichtet ist, an den Kläger als Ausgleich für die in einem Zeitraum von 60 Monaten entfallenden betrieblichen Versorgungszuwächse einen Ausgleichsbetrag in Form einer zusätzlichen Firmenrente zu bezahlen, die in Anlehnung an die Pensionskassensatzung und die betriebliche Versorgungsordnungen, welche für die Firma A. AG im Zeitpunkt des Abschlusses der Vorruhestandsregelungen galten, ermittelt wird.

Die Beklagte beantragte dagegen die kostenpflichtige Klageabweisung und trug vor, die Information vom 22.10.2004 über den Betriebsübergang sei umfassend und zutreffend gewesen. Der Widerspruch des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses mit Schreiben vom 30.08.2005 sei somit verspätet. Im Übrigen sei ein Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses auch rechtlich nicht mehr möglich, wenn das Arbeitsverhältnis - wie hier - unstreitig bereits vor Erklärung des Widerspruches beendet worden sei. Aber selbst wenn der Widerspruch am 30.08.2005 noch möglich gewesen wäre, so wäre er verwirkt. Der Zahlungsanspruch sei unbegründet; das Arbeitsverhältnis sei durch den Betriebsübergang bei der Beklagten beendet worden. Zahlungsansprüche gegen die Beklagte würden aus diesem Grunde ausscheiden. Eine Haftung der Beklagten, insbesondere nach § 613a Abs. 2 S. 1 BGB als Gesamtschuldnerin, könne im Übrigen nur im Hinblick auf solche Ansprüche bestehen, die bereits vor dem Zeitpunkt des Betriebsüberganges entstanden seien. Monatlich wiederkehrende Leistungsansprüche aus einem Rechtsverhältnis entstünden indes erst jeweils in dem entsprechenden Monat.

Das Arbeitsgericht München hat durch Endurteil vom 23.05.2007 der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, es habe zwar unstreitig ein Betriebsübergang zum 01.11.2004 auf die Firma A. GmbH stattgefunden, aber durch den Widerspruch des Klägers vom 30.08.2005 sei das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht auf die Firma A. GmbH übergegangen. Die Ein-Monats-Frist für die Ausübung des Widerspruches durch den Kläger habe noch nicht zu laufen begonnen, da das Informationsschreiben vom 22.10.2004 gemäß § 613a Abs. 5 BGB nicht ausreichend gewesen sei. Das Bundesarbeitsgericht verlange nämlich ausdrücklich unter anderem eine Unterrichtung über die Gesamtschuldnerschaft von Erwerber und Veräußerer. Daran fehle es hier. Der Widerspruch wirke auf den Zeitpunkt des Betriebsüberganges zurück. Zu einem Betriebsübergang des Klägers habe es damit nicht kommen können. Der Widerspruch scheitere auch nicht daran, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers inzwischen unstreitig beendet worden sei. Für das Gericht sei nicht nachvollziehbar, warum der Widerspruch angesichts der sich daraus ergebenden Rechtsfolgen für die Parteien und das Arbeitsverhältnis nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr möglich sein solle. Dies gelte insbesondere bereits aus dem Grunde, dass der Widerspruch unzweifelhaft auf den Zeitpunkt des Betriebsüberganges zurückwirke.

Der Widerspruch des Klägers sei auch nicht verwirkt. Zur Bestimmung des Zeitmomentes bei der Verwirkung könne nicht auf eine starre Höchst- oder Regelfrist abgestellt werden, sondern nur auf die Umstände des Einzelfalles. Es könne aber dahingestellt bleiben, ob das Zeitmoment erfüllt sei, da es zumindest am Umstandsmoment fehle. Die Beklagte habe nicht darauf vertrauen können, dass der Kläger sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben werde. Wer durch sein Verhalten bewusst oder unbewusst eine Sach- oder Rechtslage geschaffen habe, auf die sich der andere Teil verlassen durfte und verlassen habe, dürfe den anderen Teil nicht in seinem Vertrauen enttäuschen. Die Beklagte habe wissen müssen, dass ihr Informationsschreiben nicht den gesetzlichen Anforderungen entspreche. Sie habe aus diesem Grunde damit rechnen müssen, dass auch noch nach einer gewissen Zeit gegen den Betriebsübergang Widersprüche erklärt würden. Angesichts des eindeutig rechtswidrigen Informationsschreibens habe sich ein abschließendes Vertrauen bei der Beklagten nicht entwickeln können. Die Forderungsansprüche des Klägers seien ohne Weiteres begründet. Die Beklagte habe sich insoweit lediglich darauf berufen, dass das Arbeitsverhältnis nach dem Betriebsübergang nicht mehr mit ihr bestanden habe. Die Beträge seien weder der Höhe noch dem Grunde nach streitig. Der Antrag, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger als Ausgleich für die in einem Zeitraum von 60 Monaten entfallenden betrieblichen Versorgungszuwächse einen Ausgleichsbetrag in Form einer zusätzlichen Firmenrente zu bezahlen, sei ebenfalls begründet. Auch insoweit habe die Beklagte erklärt, dass der Antrag grundsätzlich richtig sei. Sie habe sich lediglich auf die Unzulässigkeit der Feststellungsklage berufen.

Bezüglich des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug sowie der rechtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichtes im Einzelnen wird auf den Inhalt des Endurteils des Arbeitsgerichtes München vom 23.05.2007 verwiesen.

Die Beklagte hat gegen dieses Urteil, das ihr am 04.07.2007 zugestellt wurde, am 17.07.2007 Berufung eingelegt und diese am 02.10.2007 innerhalb der bis 05.10.2007 verlängerten Frist auch begründet.

Die Beklagte trägt im Berufungsverfahren vor, das Urteil des Arbeitsgerichtes sei unzutreffend. Ohne Rücksicht auf die Frage der Ordnungsgemäßheit des Informationsschreibens vom 22.10.2004 scheide ein Widerspruch schon deshalb aus, weil zwischen den Parteien bei Erklärung des Widerspruches kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden habe; ein Widerspruch könne nur dann erklärt werden, wenn im Zeitpunkt der Erklärung noch ein Arbeitsverhältnis zum Veräußerer oder Erwerber des Betriebes bestanden habe.

Zu Unrecht gehe aber das Arbeitsgericht auch davon aus, dass das Informationsschreiben vom 22.10.2004 nicht ordnungsgemäß sei. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes sei ein zusätzlicher Hinweis auf die Haftungsregelung in § 613a Abs. 2 BGB nicht erforderlich gewesen. Gegenüber dem Ende einer Haftung der Firma A. AG wegen des Austausches der Vertragspartnerschaft sei die zusätzliche gesamtschuldnerische Haftung für die Dauer eines Jahres gemäß § 613a Abs. 2 S. 1 BGB eine für den Arbeitnehmer gegenüber der Normalsituation günstigere gesetzliche Regelung. Die zusätzliche Anordnung einer gesamtschuldnerischen Haftung für den definierten Zeitraum eines Jahres nach dem Betriebsübergang solle es dem Arbeitnehmer als zusätzliche Absicherung ermöglichen, bereits zum Übergangsstichtag entstandene Ansprüche auch gegenüber dem bisherigen Betriebsinhaber zeitlich befristet noch geltend machen zu können. Wenn eine ausdrückliche Information über diese zusätzliche gesamtschuldnerische Haftung in dem Informationsschreiben nicht enthalten sei, würden die rechtlichen Folgen des übergegangenen Arbeitsverhältnisses in einem für den Arbeitnehmer ungünstigeren Licht und damit im Ergebnis nachteiliger dargestellt, als sie es im Hinblick auf das Bestehen der gesamtschuldnerischen Nachhaftung tatsächlich seien. Das Arbeitsgericht habe aber auch unberücksichtigt gelassen, dass das Informationsschreiben in enger Absprache mit den Arbeitnehmervertretungen verfasst worden sei. Entsprechend einer Überleitungsvereinbarung mit dem Gesamtbetriebsrat vom September 2004 sei der Inhalt des Informationsschreibens vom 22.10.2004 mit der gewerkschaftlich und anwaltlich beratenen Verhandlungskommission des Gesamtbetriebsrates und der örtlichen Betriebsräte inhaltlich erörtert und abgestimmt worden.

Im Übrigen sei die Ausübung des Widerspruchsrechtes verspätet. Das Widerspruchsrecht sei im Falle einer unterbliebenen oder nicht ordnungsgemäßen Unterrichtung des Arbeitnehmers in entsprechender Anwendung von § 5 Abs. 3 KSchG spätestens innerhalb von sechs Monaten nach dem Betriebsübergang auszuüben. Unabhängig davon, ob das Informationsschreiben inhaltlich zu beanstanden war oder nicht, sei somit die Widerspruchsfrist für den Kläger jedenfalls spätestens am 01.05.2005 abgelaufen gewesen.

Ferner sei das Widerspruchsrecht verwirkt. Der Widerspruch sei erst ein Jahr nach dem Übergangsdatum erfolgt. Das Arbeitsgericht habe in seinem Urteil keine dezidierte Aussage zum Zeitmoment der Verwirkung getroffen. Dies sei rechtsfehlerhaft. Für das Umstandsmoment sei bei zutreffender Beurteilung ausreichend, dass der Kläger die Firma A. GmbH im Rahmen der Abwicklung seines Arbeitsverhältnisses und auch bei den nachfolgenden ersten Abfindungsleistungen als seinen Arbeitgeber akzeptiert habe. Es dürfte kaum ein deutlicheres Zeichen einer Abkehr vom bisherigen Arbeitgeber geben, als seine Arbeitskraft widerspruchslos und permanent einem anderen Arbeitgeber anzubieten. Die Akzeptanz des neuen Vertragspartners als Arbeitgeber bestätige die Abkehr vom bisherigen Arbeitgeber. Daran müsse sich der Kläger festhalten lassen.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beklagten vom 02.10.2007 (Bl. 315 - 331 d. A.) und vom 11.01.2008 (Bl. 381 - 389 d. A.) verwiesen.

Die Beklagte beantragt im Berufungsverfahren,

das Urteil des Arbeitgerichts München vom 23.05.2007, Az. 31 Ca 20083/05, abzuändern und die Klage abzuweisen sowie die Zurückweisung der Anschlussberufung.

Der Kläger beantragt dagegen

die kostenpflichtige Zurückweisung der Berufung sowie im Wege der Anschlussberufung:

XIV. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere EUR 19.152,-- brutto abzüglich EUR 7.340,40 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus je EUR 558,90 jeweils seit 01.04.2007, 01.05.2007, 01.06.2007 und 01.07.2007 sowie aus weiteren je EUR 2.394,00 jeweils seit 01.08.2007, 01.09.2007, 01.10.2007 sowie 01.11.2007 zu bezahlen.

XV. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere EUR 2.394,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 01.12.2007 zu bezahlen.

XVI. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere EUR 2.394,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 01.01.2008 zu bezahlen.

XVII. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere EUR 2.394,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 01.02.2008 zu bezahlen.

Er trägt im Berufungsverfahren vor, mit der Klageerweiterung im Wege der Anschlussberufung begehre er für den Zeitraum 01.03.2007 bis Januar 2008 den monatlichen Abfindungsbetrag in Höhe von € 2.394,-- brutto, wovon in den Monaten März 2007 bis einschließlich Juni 2007 jeweils erhaltenes Arbeitslosengeld in Höhe von € 1.835,10 netto in Abzug zu bringen sei; seit 01.07.2007 habe er kein Arbeitslosengeld mehr bezogen, deshalb stehe ihm ab 01.07.2007 der volle vereinbarte Abfindungsbetrag von monatlich € 2.394,-- brutto zu.

Die Berufung der Beklagten sei unbegründet. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei das Arbeitsverhältnis nicht auf die Firma A. GmbH übergegangen, da der Kläger wirksam dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprochen habe. Das Informationsschreiben vom 22.10.2004 zum Betriebsübergang sei nicht ordnungsgemäß gewesen. So fehle die Angabe der Betriebsadresse des Erwerbers. Ferner werde unrichtig behauptet, dass die Teilbetriebserwerberin das Vermögen von C. übernehme und hierzu insbesondere Produktionsanlagen, Markenzeichen, Patente und technologisches Know-How, Vorräte und Forderungen dazugehören würden. Demgegenüber sei erstinstanzlich bereits vorgetragen und unter Beweis gestellt worden, dass die Teilbetriebserwerberin keinesfalls Markeninhaberin geworden sei, sondern das Markenrecht bei der Beklagten verblieben sei. Im Informationsschreiben fehle auch ein Hinweis auf die gesamtschuldnerische Haftung sowie ein Hinweis auf den Veränderungsschutz nach § 613a Abs. 1 S. 2 BGB. Falsch sei insbesondere auch der drittletzte Satz auf Seite 4 des Informationsschreibens, wonach im Falle eines Widerspruches dem Kläger bei einer Arbeitslosigkeit die Höhe der Ansprüche auf Leistungen gegenüber der Agentur für Arbeit in Frage gestellt sei. Dass entgegen der ständig wiederholten Auffassung der Beklagten bei einem Betriebsübergang auch ein Hinweis auf die Haftungsregelung in § 613a Abs. 2 BGB erforderlich sei, sei bereits im Urteil des BAG vom 24.05.2007 (8 AZR 398/04) festgestellt. Entgegen der Meinung der Beklagten sei für den Kläger der Hinweis auf die haftungsrechtlichen Folgen des Teilbetriebsüberganges wichtig gewesen, weil er beispielsweise auch im Jahre 2004 und damit im Jahre des Teilbetriebsüberganges Anspruch auf variable, vom Unternehmensziel abhängige Zahlungen gehabt habe, die erst im Frühjahr 2005 zur Auszahlung fällig waren. Diese Ansprüche habe der Kläger auch erstinstanzlich eingeklagt.

Der Kläger habe das Widerspruchsrecht auch rechtzeitig ausgeübt. Eine Verwirkung des Widerspruchsrechtes käme nur in Betracht, wenn der Berechtigte untätig geblieben sei und dadurch den Eindruck erweckt habe, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Dabei müsse das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruches nicht mehr zuzumuten sei. Bei schwierigen Sachverhalten könnten nach Auffassung des BAG die Rechte des Arbeitnehmers erst nach längerer Untätigkeit verwirken. Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe sei der Anspruch des Klägers auf Ausübung seines Widerspruchsrechtes im August 2005 keineswegs verwirkt gewesen. Die Veräußerung des Teilbetriebes sei bereits mit Wirkung vom 01.11.2004 erfolgt. Der Kläger, der bereits seit Anfang 2005 von der Arbeit freigestellt war, habe aber erst bei einer Teilbetriebsversammlung speziell für die Vorruheständler von der Insolvenz der Firma A. GmbH erfahren und habe im unmittelbaren Anschluss an diese Versammlung bereits Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf einem in der Versammlung verteilten Musterformular erklärt. Es hätte der Beklagten im Übrigen freigestanden, eine korrekte Information im Zusammenhang mit dem Teilbetriebsübergang nachzuholen und damit den Lauf der Widerspruchsfrist in Gang zu setzen. Dass sie dies unterlassen habe, sei alleine der Beklagten zuzurechnen und bei der Frage des Umstandsmomentes mit zu berücksichtigen. Die Beklagte habe selbstverständlich auch damit rechnen müssen, dass nach dem Insolvenzantrag der Firma A. GmbH Arbeitnehmer noch von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch machen würden. Die Beklagte habe sich hier nicht darauf einstellen dürfen, dass der Kläger seinen Anspruch auf nachträgliche Ausübung des Widerspruchsrechtes nicht mehr weiterverfolgen werde. Im Übrigen sei es entgegen der Auffassung der Beklagten keineswegs treuwidrig, wenn der Kläger auf Grund der für ihn rechtlich völlig undurchschaubaren Situation zunächst beim Insolvenzschuldner, der Firma A. GmbH weitergearbeitet und dort auch bis 30.04.2005 Einkünfte erzielt habe. Er hätte sich andernfalls böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbes vorhalten lassen müssen.

Bezüglich des weiteren Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt der Schriftsätze des Klägers vom 02.11.2007 (Bl. 333 - 346 d. A.), vom 07.12.2007 (Bl. 357 - 358 d. A.), vom 11.01.2008 (Bl. 380 - 391 d. A.) und vom 27.02.2007 (Bl. 502 - 505 d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes München vom 23.05.2007 ist zulässig, aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.

1. Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten ist nicht zum 01.11.2004 auf die Firma A. GmbH übergegangen, sondern bestand bis zur rechtlichen Beendigung am 30.04.2005 mit der Beklagten fort.

a) Entgegen der Auffassung der Beklagten war der Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit Ablauf des 30.04.2005 noch möglich, mit der Folge, dass er auf den Zeitpunkt des Betriebsüberganges zurückwirkt.

Voraussetzung eines wirksamen Widerspruches ist nicht denklogisch, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Veräußerer oder dem Erwerber noch besteht. Das Widerspruchsrecht gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber ist ein Gestaltungsrecht aus dem Arbeitsverhältnis; denn ein Gestaltungsrecht ist das einer bestimmten Person zustehende Recht durch einseitigen Akt, meist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, ein Rechtsverhältnis zumeist mit einer anderen Person entweder zustande zu bringen oder inhaltlich näher zu bestimmen, es zu ändern oder aufzuheben (vgl. Larenz, allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, S. 306, Rd.-Ziff. 78). Es gibt keine allgemeine gesetzliche Regelung über Gestaltungsrechte; damit gibt es auch keine Regelung, dass generell Voraussetzung für ein Gestaltungsrecht, das sich aus einem Rechtsverhältnis ergibt, ist, dass dieses Rechtsverhältnis zwischen den Parteien bei Ausübung des Gestaltungsrechtes noch besteht. Soweit ein einzelnes Gestaltungsrecht gesetzlich geregelt ist, ist für die Ausübung die gesetzliche Regelung maßgeblich, und zwar auch dafür, wie lange das Gestaltungsrecht ausgeübt werden kann und ob Voraussetzung ist, dass das zugrundeliegende Rechtsverhältnis noch besteht. Besteht hierüber keine ausdrückliche Regelung, so kann sich die notwendige Begrenzung des Gestaltungsrechtes aus dem Gestaltungsgrund ergeben (vgl. Larenz a. a. O. S. 311 Rd.-Ziffer 101). Das Recht, dem Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber zu widersprechen, ist im § 613a Abs. 6 BGB geregelt. Diese Norm bestimmt als zeitliche Grenze für die Ausübung des Widerspruchsrechtes ein Monat nach Zugang der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB. Aus § 613a Abs. 5 BGB ergibt sich somit als Voraussetzung für die Ausübung des Widerspruchsrechtes nur, dass im Zeitpunkt des Betriebsüberganges ein Arbeitsverhältnis besteht, nicht jedoch, dass es auch bei Ausübung des Widerspruchsrechtes noch bestehen muss. Dies folgt aber auch nicht aus dem Sinn und Zweck des Widerspruchsrechtes, also aus dem Gestaltungsgrund. Denn bei der Ausübung des Widerspruchsrechtes geht es nicht nur zukunftsbezogen um die Frage, bei welchem Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis künftig fortgesetzt werden soll. Vielmehr soll das Widerspruchsrecht vor allem dem Arbeitnehmer ermöglichen, die Risiken eines Arbeitgeberwechsels zu vermeiden. Diese Risiken können sich, wie der vorliegende Fall zeigt, gerade auch nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses manifestieren. Das Argument der Beklagten, nur ein bestehendes Rechtsverhältnis könne gestaltet werden, geht fehl, da die Ausübung des Widerspruchsrechtes zurückwirkt und damit das im Zeitpunkt des Betriebsüberganges bestehende Arbeitsverhältnis ebenfalls gestaltet wird (vgl. BAG vom 13.07.2006 - 8 AZR 305/05; LAG München - 3 Sa 644/06 v. 23.11.2006). Entgegen der Auffassung der Beklagten führt der Widerspruch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zu gesetzwidrigen Ergebnissen. Es gilt insoweit nichts anderes als in den sonstigen Fällen der Ausübung des Widerspruchsrechtes nach dem Betriebsübergang und nach der tatsächlichen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses beim Betriebserwerber. Deshalb hat das BAG in den Urteilen vom 14.12.2006 (8 AZR 763/05) und vom 13.07.2006 (8 AZR 305/05) zu Recht darauf hingewiesen, dass eine Rückabwicklung bereits lange vollzogener Rechtsverhältnisse zwar zu Schwierigkeiten führen könne, andererseits eine Rückabwicklung nach der Ausübung von Gestaltungsrechten dem bürgerlichen Recht nicht fremd ist und dieses sowie das Arbeitsrecht hierfür ein ausreichendes Instrumentarium zur Verfügung stelle. Entscheidend ist, dass die Rückwirkung zum Schutz des Ausübungsbefugten geboten ist.

Im Übrigen würde eine andere Betrachtungsweise zu ungerechten und unhaltbaren Ergebnissen führen; denn es besteht kein sachlicher Differenzierungsgrund dahin, dass ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis noch fortbesteht, im Falle eines rückwirkenden Widerspruches von dem Betriebsveräußerer seine offenen Zahlungsansprüche für die Zwischenzeit befriedigt erhält, wogegen ein ausgeschiedener Arbeitnehmer bezüglich seiner bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehenden Ansprüche leer ausgehen würde.

b) Der Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses mit Schreiben vom 30.08.2005 ist nicht gemäß § 613a Abs. 6 S. 1 BGB verfristet, denn die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 BGB beginnt nur nach ordnungsgemäßer Unterrichtung über den Betriebsübergang im Sinne des § 613a Abs. 5 BGB (BAG v. 13.07.2006 - 6 AZR 305/05; v. 14.12.2006 - 8 AZR 763/05). Die Information vom 22.10.2004 über den Betriebsübergang ist aber nicht ordnungsgemäß; dies bereits deshalb, da keine Information über die Weiterhaftung der Beklagten erteilt und somit keine ausreichende Information über die rechtliche Folge des Betriebsüberganges im Sinne von § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB vorliegt. Nach Auffassung des BAG (v. 13.07.2006 - 8 AZR 305/05) gehört zu den rechtlichen Folgen zunächst die sich unmittelbar aus dem Betriebsübergang als solchen ergebende Rechtsfolge und dies beinhaltet einen Hinweis auf den Eintritt des Übernehmers in die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis (§ 613a Abs. 1 S. 1 BGB) sowie auf die Gesamtschuldnerschaft des Erwerbers und Veräußerers nach § 613a Abs. 2 BGB. Hierzu gehört auch ein Hinweis auf die in § 613a Abs. 2 S. 2 BGB enthaltene Beschränkung der Haftung bezüglich der Ansprüche, die nach einem Jahr fällig werden, auf den Teil des Bezugszeitraumes, der vor dem Betriebsübergang liegt. Im Informationsschreiben vom 22.10.2004 fehlt jeglicher Hinweis auf die gesamtschuldnerische Haftung gemäß § 613a Abs. 2 BGB zwischen der Beklagten und der Firma A. GmbH für die Ansprüche, die sich aus der Abwicklungsvereinbarung vom 19.12.2003 ergeben, also für die Einmalzahlung und die laufenden monatlichen Zahlungen für die Zeit vom 01.05.2005 bis 30.04.2010. Erst war für den Kläger von enormer Bedeutung - wie sich im Nachhinein gezeigt hat -, wer hier sein Leistungsschuldner ist. Dies konnte der Kläger aber aus dem Informationsschreiben vom 22.10.2004 nicht ersehen. Damit hat die Beklagte ihre Informationspflicht nach § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB verletzt (ebenso LAG München - 2 Sa 397/07 v. 10.01.2008 und Urteil des LAG München - 3 Sa 644/06 v. 23.11.2006). Somit ist bereits aus diesem Grunde die Information nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 613a Abs. 5 BGB; ob sie darüber hinaus auch noch aus anderen Gründen nicht ordnungsgemäß ist, kann dahingestellt bleiben.

Da bis zur Erklärung des Widerspruches mit Schreiben vom 30.08.2005 keine weitere Information über den Betriebsübergang in Textform mehr erfolgt ist, hat die Monatsfrist gemäß § 613a Abs. 6 S. 1 BGB noch nicht zu laufen begonnen.

c) Das Widerspruchsrecht des Klägers war bei Erklärung des Widerspruches mit Schreiben vom 30.08.2005 auch nicht verwirkt; eine rechtsmissbräuchliche Ausübung dieses Gestaltungsrechtes im Sinne von § 242 BGB liegt nicht vor. Auch das Widerspruchsrecht gemäß § 613a Abs. 6 BGB kann durch Verwirkung ausgeschlossen sein (BAG v. 13.07.2006 - 8 AZR 382/05). Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Durch sie wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat. Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruches nicht mehr zuzumuten ist (BAG v. 13.07.2006 - 8 AZR 382/05).

Dabei ist das Zeitmoment bei der Verwirkung nicht auf eine feste Frist, sondern auf die konkreten Umstände des Einzelfalles abzustellen, so dass bei einem schwierigen Sachverhalt das Widerspruchsrecht erst nach längerer Untätigkeit verwirkt. Damit ist die Länge des Zeitmomentes in Wechselwirkung zum Umstandsmoment zu setzen (BAG v. 13.07.2006 - 8 AZR 382/05).

Es sind im vorliegenden Falle keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Beklagte bis zum 30.08.2005 aus dem Verhalten des Klägers darauf vertrauen durfte, der Kläger werde sein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB nicht mehr ausüben. Der Kläger wurde von der Firma A. GmbH bereits Anfang 2005 von der Arbeit freigestellt, war also nicht mehr wie die aktiven Arbeitnehmer mit der wirtschaftlichen Entwicklung vertraut und hatte insbesondere von den Zahlungsschwierigkeiten der Firma A. GmbH keine Kenntnis, solange sein Gehalt einging. So erhielt der Kläger insbesondere im Mai seine erste Rate von € 558,90 als Aufzahlung auf das Arbeitslosengeld gemäß der Abwicklungsvereinbarung vom 19.12.2003 sowie den einmaligen Abfindungsbetrag von € 6.121,22. Erst ab Juni 2005 erhielt der Kläger keine Leistungen mehr von der Firma A. GmbH. Erst danach hat er von den Zahlungsschwierigkeiten der Firma A. GmbH erfahren und erst nach dem 01.08.2005 von der Eröffnung der Insolvenz über das Vermögen der Firma A. GmbH. In einer derartigen Situation ist dem Betroffenen nun durchaus eine angemessene Zeit einzuräumen, zu sondieren, ob im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang, insbesondere hinsichtlich der Information hierüber, alles korrekt gelaufen ist oder nicht und ob nun noch ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses besteht. Es war daher noch durchaus zeitnah, als der Kläger mit Schreiben vom 30.08.2005 dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprochen hat. Die Beklagte hatte keinerlei Veranlassung, aus dem Verhalten des Klägers bis zum 30.08.2005 zu entnehmen, dass dieser trotz der Insolvenz der Firma A. GmbH sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben werde.

Somit hat der Widerspruch des Klägers vom 30.08.2005 gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Firma A. GmbH zum 01.11.2004 bewirkt, dass das Arbeitsverhältnis bis zu dessen unzweifelhafter Beendigung mit Ablauf des 30.04.2005 mit der Beklagten fortbestanden hat.

2. Da das Arbeitsverhältnis nicht auf die Firma A. GmbH übergegangen ist, sondern mit der Beklagten bis zum Ende am 30.04.2005 fortbestand, ist die Beklagte auch zur Zahlung der vereinbarten Leistungen aus dem Abwicklungsvertrag vom 19.12.2003 verpflichtet. Das Arbeitsgericht hat somit zu Recht die Beklagte zur Zahlung von € 2.394,-- brutto abzüglich Arbeitslosengeld in Höhe von € 1.835,10 netto monatlich für die Zeit von Mai 2005 bis einschließlich Februar 2006 verurteilt. Desgleichen hat das Arbeitsgericht auch zu Recht dem Feststellungsantrag in Ziffer XIII. des Tenors stattgegeben. Diese Feststellung und die Verurteilung zur Zahlung wurden in der Berufung auch nur insoweit angegriffen, als geltend gemacht wurde, dass ab 01.11.2004 kein Arbeitsverhältnis mehr zur Beklagten und damit keine entsprechende Verpflichtung bestand.

II.

Die Klageerweiterung des Klägers im Wege der Anschlussberufung ist gemäß §§ 524 Abs. 1 u. 2, 533 ZPO zulässig. Die Klageerweiterung um die Zahlungsbeträge für die Zeit von März 2007 bis Januar 2008 war sachdienlich und konnte auf Tatsachen gestützt werden, die das Gericht ohnehin bei seiner Verhandlung und Entscheidung der Berufung zugrundezulegen hatte.

Die Klageerweiterung ist auch begründet; die Zahlungsbeträge für diese Monate ergeben sich, wie die Beträge für die Zeit davor, aus der Abwicklungsvereinbarung vom 19.12.2003 Ziffer 2. Da der Kläger ab Juli 2007 kein Arbeitslosengeld mehr erhalten hat, war ihm ab Juli 2007 der monatliche Betrag von € 2.394,-- brutto ohne Abzug zuzusprechen. Der Gesamtbetrag beläuft sich für die Zeit März 2007 bis Januar 2008 auf 11 Monate x € 2.394,-- brutto = € 26.334,-- brutto abzüglich erhaltener € 7.340,40 netto (4 Monate x € 1.835,10).

III.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO. Gegen dieses Urteil ist für die Beklagte das Rechtsmittel der Revision statthaft.

Ende der Entscheidung

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