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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht München
Urteil verkündet am 23.12.2008
Aktenzeichen: 9 Sa 832/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 433
BGB § 613a Abs. 5
BGB § 613a Abs. 5 Nr. 1
BGB § 613a Abs. 5 Nr. 2
BGB § 613a Abs. 5 Nr. 3
BGB § 613a Abs. 6 Satz 1
Streit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nach Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses und Streit über Anspruch aus Annahmeverzug und Schadensersatz.
Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes TEIL- URTEIL

9 Sa 832/07

Verkündet am: 23.12.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Dunkl und die ehrenamtlichen Richter Pollert und Krahl

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 02.08.2007, Az. 11 Ca 5610/07 teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten aufgrund des Widerspruches vom 28.09.2006 nicht zum 01.10.2005 auf die Firma B. übergegangen ist, sondern fortbesteht.

2. Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses und über Zahlungsansprüche.

Der Kläger war seit 01.01.1985 bei der Beklagten als Projektleiter im Geschäftsbereich "C." beschäftigt.

Die Beklagte erzielte zuletzt im Geschäftsbereich "C." Verluste. Mit Vertrag ("Master Sale and Purchase Agreement" = MSPA) vom 06.06.2005 hat die Beklagte den Geschäftsbereich "C." an die Fa. B. mit Sitz in T. übertragen, hierbei auch Schutzrechte, Patente und Markenrechte. Der MSPA sah vor, dass die Vermögensgegenstände Land für Land in sog. "Local Asset Transfer Agreements"

(LATA) im Wege der Einzelübertragung ("Asset Deal") auf hierzu eigens zu gründende Landesgesellschaften übertragen werden.

In Erfüllung des MSPA hat die Beklagte am 30.09.2005 im "German LATA" die "in Deutschland gelegenen Gegenstände des Anlage- und Umlaufvermögens mit den hierauf entfallenden Forderungen und Verbindlichkeiten" (so Schriftsatz der Beklagten vom 30.04.2007) an die von der Fa. B. benannte Firma B. übertragen.

Die Beklagte hat im Zusammenhang mit der Übertragung des Geschäftsbereiches "C." keinen Kaufpreis erhalten, sondern hat im Gegenteil an die B. einen dreistelligen Millionenbetrag geleistet ("negativer Kaufpreis").

Die Fa. B. mit Sitz in M., hat ihren Gegenstand in der Entwicklung, der Produktion und dem Vertrieb von Mobiltelefonen. Die Gründung erfolgte mit Gesellschaftsvertrag vom 12.09.2005, die erste Eintragung ins Handelsregister erfolgte am 16.09.2005. Persönlich haftende Gesellschafter sind die B.-M. sowie die B.W., jeweils mit Sitz in M., mit einem Stammkapital von jeweils € 25.000,00. Die Obergesellschaft der B.-Gruppe ist die B.in T. Diese wiederum ist alleinige Gesellschafterin der B.-BV mit Sitz in den N., welche wiederum die jeweils alleinige Gesellschafterin der beiden persönlich haftenden Gesellschafterinnen der B. ist.

Bereits mit Schreiben vom 29.08.2005 hat die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, dass der Geschäftsbereich "C.", in welchem er beschäftigt war, zum 01.10.2005 auf die B. übergeht. Das Schreiben hat folgenden Wortlaut:

"123500672400

Herrn R.

München, 29. August 2005

Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses

Sehr geehrter Herr R.,

wie Ihnen bereits durch verschiedene Mitarbeiterinformationen bekannt ist, werden unsere Aktivitäten des Geschäftsgebietes "C." zum 01.10.2005 in die B. (im Folgenden: B. übertragen.

B. ist ein weltweit führender Anbieter von C.-E.-Produkten, wie beispielsweise LCD-Bildschirmen, Notebook-Computern, Kameras und Scannern. Und im Handygeschäft wird B. in den nächsten Jahren zu einem führenden globalen Anbieter.

In seinem asiatischen Heimatmarkt zählt B. schon heute zu den am schnellsten wachsenden Anbietern im Handysegment. Durch den Zusammenschluss mit Siemens kann B. seine ehrgeizigen internationalen Expansionspläne umsetzen. Fa. S. bietet B. eine globale Organisation mit führenden Marktpositionen in West-und Osteuropa sowie im Wachstumsmarkt Lateinamerika. Zudem erhält B. durch den Kauf einen starken, weltweit bekannten Markennamen, Mobiltelefontechnologie und Softwarekompetenzen sowie globalen Zugang zu der breiten Kundenbasis von Siemens. Daneben bekommt B. einen auf drei Kontinenten hervorragenden etablierten Fertigungsverbund von Fa. S..

Die Übertragung des Geschäftsgebietes erfolgt auf Grund eines Kaufvertrages im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf B.. Mit diesem Betriebsübergang wird gem. § 613 BGB B. Ihr neuer Arbeitgeber, der in alle Rechte und Pflichten Ihres Arbeitsverhältnisses mit der Fa. S. eintritt. Es wird also anlässlich des Betriebsübergangs -sofern nicht in der Überleitungsvereinbarung andere Regelungen getroffen sind - unverändert mit B. fortgeführt (insbesondere keine Veränderungen bei dem jeweiligen Einkommenssystem, Altersversorgung, Jubiläumsregelung, Dienstzeitregelung).

Die Höhe und Zusammensetzung des bisherigen Jahreszieleinkommens bleibt anlässlich des Betriebsübergangs unverändert.

Im Einzelnen gilt für Sie die beiliegende, mit dem Gesamtbetriebsrat der Fa. S. vereinbarte Regelung zur Überleitung der Beschäftigungsbedingungen (Überleitungsvereinbarung), die Bestandteil dieses Schreibens ist.

Die bestehenden Gesamtbetriebsvereinbarungen und örtlichen Betriebsvereinbarungen gelten bis zu einer eventuellen Neuregelung weiter, sofern in der Überleitungsvereinbarung nichts Abweichendes geregelt ist.

B. haftet ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs unbeschränkt für alle, auch die rückständigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.

Zusätzlich haftet die Fa. S. für solche Verpflichtungen, die vor dem Betriebsübergang entstanden sind und spätestens ein Jahr danach fällig werden; soweit sie nach dem 1.10.2005 fällig werden, haftet sie nur zeitanteilig.

Eine Kündigung wegen des Betriebsübergangs ist gesetzlich gem. § 613a Abs. 4 BGB ausgeschlossen; das Recht zu Kündigungen aus anderen Gründen bleibt unberührt.

Sie werden auch nach dem 1.10.2005 durch Ihren bisherigen Betriebsrat weiter betreut; an den Standorten in U., B. und M. gilt dies solange, bis durch Neuwahlen eigene Betriebsratsgremien gewählt sind, längstens bis zum 31.1.2006.

Für den Standort K.-L. wurde der örtliche Betriebsrat informiert, dass an diesem Standort aufgrund von Produktivitätssteigerungen in der Fertigung der Abbau von ca. 340 Mitarbeitern im Bereich der Lohngruppen 2 bis 7 geplant ist.

Dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf B. können Sie nach § 613a Abs. 6 BGB schriftlich widersprechen. Ihr Widerspruch hätte zur Folge, dass Ihr Arbeitsverhältnis nicht auf B. übergeht. Wir möchten Sie jedoch bitten, von diesem Recht nur nach sorgfältiger Abwägung Gebrauch zu machen, denn Ihr Widerspruch sichert Ihnen keinen Arbeitsplatz bei der Fa. S., da die "C." -Aktivitäten vollständig auf B. übertragen werden und damit diese Arbeitsplätze bei der Fa. S. entfallen, so dass es letztlich zu betriebsbedingten Beendigungen des Arbeitsverhältnisses kommen kann.

Sollten Sie trotz dieser Überlegungen dennoch widersprechen wollen, bitten wir darum, Ihren etwaigen Widerspruch unverzüglich, jedoch spätestens innerhalb von 1 Monat nach Zugang dieses Schreibens schriftlich an

Herrn B.,in M.

oder an

Herrn Dr. E.in München zu richten.

Für Fragen steht Ihnen Ihre Personalorganisation gerne zur Verfügung.

Wir würden uns freuen, wenn Sie mit gleichem Arbeitseinsatz und hoher Motivation Ihre Arbeit bei B. weiterführen und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg.

Mit freundlichen Grüßen

Fa. S.

Anlage Überleitungsregelung AT/FK

Ab 01.10.2005 hat der Kläger seine Arbeitsleistung für die B. erbracht. Am 10.08.2006 hat der Kläger mit der Fa. B. einen Aufhebungsvertrag (Bl. 50/51 d. A.) abgeschlossen, wonach das Arbeitsverhältnis wegen dringender betrieblicher Gründe auf Veranlassung von B. mit Ablauf des 30.09.2006 endet gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von € 237.000,- brutto. Am 28.09.2006 hat die Fa. B. Antrag auf Insolvenzeröffnung gestellt. Das Amtsgericht München hat unter dem Aktenzeichen 1503 IN 3270/06 mit Beschluss vom 01.01.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde Herr Rechtsanwalt Dr. P. bestellt. Ebenfalls am 01.01.2007 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der persönlich haftenden Gesellschafterinnen der B. eröffnet. Der Kläger hat wegen der Insolvenz die vereinbarte Abfindungszahlung nicht erhalten.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 28.09.2006 (Bl. 38/40 d. A.) dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die B. schriftlich widersprochen.

Mit der beim Arbeitsgericht München am 25.04.2007 eingegangenen Klage hat der Kläger die Zahlung von € 495.954,81 brutto als Schadensersatz, die Zahlung eines Nachteilsausgleiches sowie hilfsweise die Feststellung geltend gemacht, dass das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nicht auf die Fa. B. übergegangen ist, sowie die Verurteilung der Beklagten, ihn als Projektleiter tatsächlich zu beschäftigen.

Er trug zur Begründung vor, der Widerspruch vom 28.09.2006 habe den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Fa. B. verhindert; der Widerspruch sei rechtzeitig, da die Information über den Betriebsübergang im Sinne des § 613a Abs. 5 BGB nicht ordnungsgemäß erfolgt sei; somit habe die einmonatige Widerspruchsfrist noch nicht zu laufen begonnen. Der Kläger stehe also weiterhin in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten. Er habe Anspruch auf Schadensersatz; dieser umfasse den von B. nicht mehr erfüllten Abfindungsanspruch von € 237.000,-, eine Jahreszielvergütung für die Zeit Oktober 2005 bis September 2006 mit € 38.012,50 brutto sowie den Ersatz des Schadens aus der Beitragsorientierten Siemens Altersversorgung (BSAV) mit € 95.078,57. Er habe auch Anspruch auf Zahlung eines Nachteilsausgleiches. Eigentliche Maßnahme der Beklagten sei nämlich die endgültige Schließung des Bereiches "C." und die Entlassung der dort beschäftigten Arbeitnehmer durch die B. oder die Aufspaltung und Veräußerung des Betriebes gewesen. Diese Maßnahme stelle eine Betriebsänderung dar. Einen Interessenausgleich habe die Beklagte nicht versucht. Der Kläger könne daher gemäß § 113 BetrVG den Ausgleich der durch die Maßnahme eingetretenen Nachteile verlangen. Wenn der Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses nicht wirksam sei, dann habe der Kläger durch die Insolvenz der B. ihren Arbeitsplatz verloren. Ferner habe er hilfsweise Anspruch auf Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis nicht auf die Fa. B. übergegangen ist sowie einen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung als Projektleiter.

Der Kläger beantragte im ersten Rechtszug:

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei € 495.954,81 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei einen Nachteilsausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zu bezahlen.

Hilfsweise 1 zu I. und II.:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei € 170.173,- brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit 31.10.2006 zu bezahlen. Hilfsweise zu I. und II:

I. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klagepartei mit der Beklagten aufgrund Widerspruches vom 28.9.2006 nicht zum 1.10.2005 auf die B. übergegangen ist.

II. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei als Projektleiter tatsächlich zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragte dagegen die kostenpflichtige Zurückweisung der Klage und machte geltend, der Widerspruch des Klägers sei ein kollektiver Massenwiderspruch, der unzulässig sei. Neben dem Kläger hätten ca. die Hälfte der rund 3.300 Mitarbeiter Widersprüche mit weitestgehend gleichlautenden Schreiben abgegeben. Diese Schreiben seien einem von der IG Metall erstellten Muster nachgebildet. Unabhängig davon sei das Widerspruchsrecht des Klägers gemäß § 242 BGB auch verwirkt. Zudem sei der Widerspruch gemäß § 613a Abs. 6 BGB verfristet, da die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 29.08.2005 ordnungsgemäß unterrichtet habe. Es seien alle vom Gesetzgeber und dem Bundesarbeitsgericht gestellten Voraussetzungen hinsichtlich des Zeitpunktes, des Gegenstandes des Überganges, des Grundes für den Übergang sowie der rechtlichen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen erfüllt. Es sei auch die Identität des Betriebserwerbers ausreichend mitgeteilt worden. Das Arbeitsverhältnis sei somit wirksam auf die Fa. B. übergegangen. Die gegen die Beklagte geltend gemachten Ansprüche bestünden somit nicht.

Das Arbeitsgericht München hat durch Endurteil vom 02.08.2007 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das Arbeitsverhältnis sei gemäß § 613a Abs. 1 BGB mit Wirkung zum 01.10.2005 auf die Fa. B. übergegangen. Der Widerspruch des Klägers sei nicht fristgerecht erhoben worden, da die Information mit Schreiben vom 28.09.2005 im Sinne des § 613a Abs. 5 BGB ordnungsgemäß gewesen sei. Wegen des Überganges des Arbeitsverhältnisses auf die Fa. B. bestünden die geltend gemachten Ansprüche nicht.

Bezüglich des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug und der rechtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichtes im Einzelnen wird auf den Inhalt des Endurteils des Arbeitsgerichtes München vom 02.08.2007 (Bl. 341 bis 348 d. A.) verwiesen.

Der Kläger hat gegen dieses Urteil, das ihm am 23.08.2007 zugestellt wurde, am 10.09.2007 Berufung eingelegt und diese am 22.11.2007 innerhalb der verlängerten Frist auch begründet.

Der Kläger hat im Berufungsverfahren seine Klageanträge geändert und trägt vor, das Informationsschreiben vom 28.09.2005 sei nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 613a Abs. 5 BGB. Die Nennung der Adresse des Erwerbes sei erforderlich, das habe das BAG in der Entscheidung vom 13.07.2006 - 8 AZR 305/05 - klargestellt. Im konkreten Fall ergebe sich aus dem Informationsschreiben noch nicht einmal eindeutig, auf wen das Arbeitsverhältnis übergehen sollte. Die Beklagte schildere die angebliche Kompetenz von B. auf dem Gebiet der C.-Electronic. Sie könne damit nur meinen die B.in T.. Mit dieser habe sie offensichtlich auch den MSPA abgeschlossen. Deshalb sei wohl Erwerber im Sinne des § 613a BGB die B. in T.. Diese sei jedoch nicht näher bezeichnet, eine ladungsfähige Anschrift oder ähnliches fehle. Übergehen hätte das Arbeitsverhältnis nach dem Informationsschreiben aber auf die B. sollen. Diese sei zum Zeitpunkt des Informationsschreibens noch gar nicht existent gewesen. Sie erst am 16.09.2005 in das Handelsregister eingetragen worden.

Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichtes verstoße das Erfordernis der Benennung einer ladungsfähigen Anschrift des Erwerbers auch nicht gegen das Rückwirkungsverbot. Das Bundesarbeitsgericht habe nämlich nicht ein neues Tatbestandsmerkmal erfunden, es habe lediglich das Tatbestandsmerkmal "rechtliche Folgen des Überganges" konkretisiert. Hierzu gehöre natürlich die Angabe, auf wen das Arbeitsverhältnis übergehen solle und wie und wo der neue Arbeitgeber zu erreichen sei, d.h. die Angabe der ladungsfähigen Anschrift.

Das Arbeitsgericht sei der Ansicht, der Grund für den Übergang des Arbeitsverhältnisses sei mit der Bezeichnung des Vertragstypus "Kaufvertrag" hinreichend wiedergegeben. Das Arbeitsgericht übersehe dabei, dass die Benennung des Vertragstypus alleine nach der Rechtsprechung des BAG nicht ausreichend sei. Erforderlich sei vielmehr auch, die unternehmerischen Gründe/Erwägungen für den Betriebsübergang mitzuteilen, um dem Arbeitnehmer eine sachgerechte Ausübung seines Widerspruchsrechtes zu ermöglichen. Hieran fehle es vorliegend. Die Information: "werden unsere Aktivitäten des Geschäftsgebietes "C." zum 01.10.2005 in die B. übertragen", reiche nicht. Ein Hinweis, dass die Beklagte nach dem Betriebsübergang keinerlei Aktivitäten aus dem Bereich M.D. behalten wollte, fehle. Dies wäre im Übrigen auch unzutreffend gewesen, denn die Beklagte habe nach Übergang des Arbeitsverhältnisses noch Aktivitäten im Bereich Mobilfunk fortgeführt, beispielsweise bei Vermittlungsstationen für Mobiltelefone.

Auch die Auffassung des Arbeitsgerichtes, die Tatsache, dass für "C." ein negativer Kaufpreis vereinbart worden sei, sei nicht mitteilungspflichtig, denn auch ein Kaufvertrag bei dem ein negativer Kaufpreis bezahlt werde, bleibe ein Kaufvertrag, sei unzutreffend. Die Argumentation der 26. Kammer des Arbeitsgerichtes München (26 Ca 486/07) sei dagegen zutreffend: "Im Hinblick auf die Tatsache, dass die Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB den einzigen Zweck habe, den Arbeitnehmern eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung des Widerspruchsrechtes zu geben, sei die zumindest missverständliche Verwendung des Begriffes "Kaufvertrag" nicht geeignet, den Erfordernissen des § 613a Abs. 5 BGB zu entsprechen. Es mache für die Bewertung der Zukunftsrisiken einen gravierenden Unterschied, ob für einen Betrieb ein Kaufpreis erzielt werde oder dem Übernehmer noch Geld bezahlt werde, damit er den Betrieb übernehme." Damit sei das Arbeitsverhältnis nicht auf die Fa. B. übergegangen.

Der Kläger habe auch Anspruch aus Annahmeverzug bzw. Schadensersatz. Es liege Annahmeverzug vor. Die Beklagte habe dem Kläger auf seinen Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses mit Schreiben vom 30.10.2006 mitgeteilt, dass der Widerspruch nicht zu einer Weiterbeschäftigung bei der Firma Fa. S. führen könne und kein Rechtsanspruch bestehe. Damit sei ein tatsächliches Angebot des Klägers auf Erbringung ihrer Arbeitsleistung überflüssig geworden. Ab der Ablehnung der Beschäftigung sei die Beklagte jedenfalls in Annahmeverzug gewesen.

Ferner hafte die Beklagte auch für die Vergütung für die Zeit vor Zugang des Schreibens vom 26.10.2006 gemäß §§ 280 Abs. 1, 613a Abs. 5 BGB, da sie ihrer Informationspflicht gemäß § 613a Abs. 5 BGB schuldhaft nicht nachgekommen sei. Damit sei der Kläger so zu stellen als sei sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nahtlos und ununterbrochen fortgesetzt worden. Ferner hafte die Beklagte aus §§ 324, 325, 326 Abs. 2 S. 1 BGB; überdies hafte sie gemäß § 826 BGB, denn sie habe um die Aussichtslosigkeit der zumindest mittelfristigen Fortsetzung der Arbeitsverhältnisse bei B. gewusst, zumindest hätte sie dies erkennen müssen. Sie habe dennoch den Kläger falsch informiert und dadurch billigend in Kauf genommen, dass der Klägerin hierdurch Schäden entstanden seien.

Der Kläger habe nach der Gesamtbetriebsvereinbarung der Beklagten vom 24.5.2002 Anspruch auf eine zusätzliche variable Vergütung. Diese bestehe aus zwei Komponenten, der Jahreszahlung und dem variablen Zieleinkommen. Der Anspruch auf die Jahreszahlung betrage für die Zeit Oktober 2005 bis Dezember 2006 € 31.484,37. Der Anspruch auf das variable Zieleinkommen betrage für diese Zeit € 10.524,16.

Hilfsweise habe der Kläger für den Fall, dass dem Feststellungsantrag nicht stattgegeben werde, Anspruch auf die mit B. vereinbarte Abfindung in Höhe von € 237.000,-, hierzu hilfsweise Anspruch auf € 125.863,74 Abfindung nach der Protokollnotiz zur Überleitungsvereinbarung.

Sollte dem Feststellungsantrag nicht stattgegeben werden, habe er aber Anspruch auf € 95.078,57 Ersatz des Schadens aus der Betriebsorientierten Siemens Altersversorgung sowie auf Nachteilsausgleich.

Der Kläger beantragt im Berufungsverfahren:

I. Das Urteil des Arbeitsgerichtes München vom 2. August 2007, Az. 11 Ca 5610/07, wird abgeändert.

II. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klagepartei mit der Beklagten aufgrund Widerspruches vom 28.09.2006 nicht zum 01.10.2005 auf die B. übergegangen ist, sondern fortbesteht.

III. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Jahreszahlung Oktober 2005 bis September 2006 € 31.484,37 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz und seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

IV. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Variables Zieleinkommen September 2005 bis Oktober 2006 € 10.524,16 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe 5% über dem Basiszinssatz und seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Hilfsweise zu II..:

I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 237.000,- brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe 5% über dem Basiszinssatz und seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

hilfsweise zu II, bw I:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 125.863,74 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe 5% über dem Basiszinssatz und seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger netto € 95.078,57 nebst Zinsen hieraus in Höhe 5% über dem Basiszinssatz und seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

III. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei einen Nachteilsausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt dagegen

die kostenpflichtige Zurückweisung der Berufung und die Vorlage des Rechtsstreites an den EuGH gemäß Schriftsatz vom 28.1.2008.

Sie trägt vor, das Informationsschreiben genüge den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB. So sei die Identität des Erwerbers mit B. angegeben. Es habe keine Verpflichtung bestanden über die Adresse des Betriebserwerbers zu informieren. Im Übrigen sei für die Arbeitnehmer hinreichend deutlich, dass es sich bei der Angabe "H.-Platz in M. um die Adresse von B. handelte. Die Adresse sei offensichtlich deshalb genannt worden, um den Arbeitnehmern Gelegenheit zu geben, den Widerspruch wahlweise auch beim Betriebserwerber geltend zu machen. Hinzu komme, dass sich am H.-Platz auch vor dem Betriebsübergang die Verwaltung des Bereiches "C." befunden habe. Es sei deshalb für die Mitarbeiter des Bereiches "C.", also auch für den Kläger klar gewesen, dass es sich dabei nach dem Betriebsübergang um die Adresse von B. handeln würde.

Das Arbeitsgericht München habe auch zutreffend festgestellt, dass es der Grundsatz des Vertrauensschutzes verbiete, das von der Rechtsprechung des BAG neu aufgestellte Erfordernis der Information über die Adresse rückwirkend anzuwenden.

Auch über den Grund des Betriebsüberganges sei ausreichend informiert worden. Sinn und Zweck der Unterrichtungspflicht sei es, dem Arbeitnehmer eine ausreichende Wissensgrundlage für die Nichtausübung oder Ausübung seines Widerspruchsrechtes zu geben. Wie das BAG bereits entschieden habe, genüge es hierzu, dass dem Arbeitnehmer diejenigen unternehmerischen Gründe mitgeteilt werden, die sich im Falle seines Widerspruches gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf seinen Arbeitsplatz auswirken können. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung, die wirtschaftlichen Gründe mitzuteilen, sehe das BAG zu Recht nicht. Die Beklagte habe den Rechtsgrund für den Betriebsübergang, nämlich den Kaufvertrag, angegeben. Zutreffend stelle das Arbeitsgericht fest, dass der Kläger nicht über den Kaufpreis und dementsprechend auch nicht über die Zahlung eines negativen Kaufpreises zu informieren gewesen sei. Zahlungen des Verkäufers an den Käufer für die Übernahme von Verbindlichkeiten oder sonstigen Belastungen seien in der Praxis des Unternehmenskaufes durchaus üblich. Derartige Zahlungen würden auch nichts an der Rechtsnatur des Kaufvertrages ändern, insbesondere verliere das Geschäft auch nicht seinen entgeltlichen Charakter. Folglich mache die Zahlung der Beklagten den Kaufvertrag nicht zu einer Schenkung, sondern stelle lediglich eine atypische, vom gesetzlichen Grundtypus abweichende Gestaltung des Kaufvertrages dar. Eine Schenkung scheide schon deshalb aus, weil die von B. für die Übernahme des Geschäftsgebietes "C." erbrachte Gegenleistung bereits objektiv angemessen und äquivalent gewesen sei. Darüber hinaus werde im Unterrichtungsschreiben vom 29.08.2005 der Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Widerspruch keinen Arbeitsplatz bei der Fa. S. sichere, da die "C." Aktivitäten vollständig auf B. übertragen werden. Damit habe die Beklagte jene unternehmerischen Gründe für den Betriebsübergang mitgeteilt, die sich im Falle des Widerspruches auf den Arbeitsplatz auswirken können. Der Kläger habe aufgrund dieser Mitteilung gewusst, dass (1) unternehmerischer Grund für den Betriebsübergang die vollständige Übertragung der "C." Aktivitäten auf B. sei, (2) sämtliche Arbeitsplätze dieses Bereiches bei der Beklagten entfallen würden und damit (3) der Widerspruch unter Umständen die betriebsbedingte Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses zur Folge haben könnte.

Im Übrigen wäre eine Verwirkung des Widerspruchrechtes anzunehmen. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass auch das Widerspruchsrecht gemäß § 613a Abs. 6 BGB nach § 242 BGB verwirken könne, wenn es der Berechtigte längere Zeit nicht ausübe und er mit seinem Verhalten den Eindruck erweckt habe, dass er es nicht mehr ausüben werde. Der Kläger habe erst 13 Monate nach Kenntnis des Betriebsüberganges von der Beklagten auf B. und 14 Monate nach Zugang des Unterrichtungsschreibens dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprochen. Bei der Berechnung des Zeitmomentes sei auf den Zugang des Informationsschreibens abzustellen. Im Übrigen sei auch das Umstandsmoment der Verwirkung erfüllt.

Der Widerspruch des Klägers gegen den Betriebsübergang sei in Anbetracht des Abschlusses des Aufhebungsvertrages zum 30.09.2006 ein widersprüchliches Verhalten und das Widerspruchsrecht sei somit verwirkt. Die Beklagte habe darauf vertrauen können, der Kläger werde dem Übergang des Arbeitsverhältnisses nicht mehr widersprechen. Durch die Erklärung des Widerspruches verhalte sich der Kläger widersprüchlich.

Die Anregung zur Vorlage der gestellten Fragen an den EuGH erfolge nur hilfsweise, weil nach zutreffender inhaltlicher Würdigung auch im Hinblick auf die Identität des Betriebserwerbers ordnungsgemäß informiert worden sei. Nur für den Fall, dass das Gericht der Auffassung sein sollte, dass die Adresse im Informationsschreiben der Beklagten vom 29.08.2005 nicht genannt sei und die Begründetheit der Klage von der Nennung der Adresse des Erwerbers im Informationsschreiben abhänge, müssten die Fragen dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt werden.

Bezüglich der Vergütungsansprüche trägt die Beklagte vor, sie habe sich frühestens im Zeitpunkt der Klageerhebung, also ab 29.1.2007, in Annahmeverzug befunden. Keinesfalls jedoch habe ein Annahmeverzug bereits vor Zugang des Widerspruchsschreibens bestanden. Es bestünden auch keine Ansprüche aus Schadensersatz, da es schon an der schuldhaften Pflichtverletzung fehle; das Unterrichtungsschreiben sei nämlich ordnungsgemäß gewesen. Im Übrigen habe der Kläger die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sie bei einer ordnungsgemäßen Information dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses rechtzeitig widersprochen hätte. Dies werde jedoch bestritten. Ein Anspruch aus § 826 BGB scheitere am Fehlen eines vorsätzlichen sittenwidrigen Verhaltens der Beklagten.

Dem Kläger stünden die geltend gemachten Ansprüche auch nicht der Höhe nach zu. Der Kläger habe zur Höhe der geltend gemachten Ansprüche bislang nicht substantiiert vorgetragen.

Bezüglich des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Klägerin vom 21.11.2007 (Bl. 390 bis 399 d. A.), vom 6.6.2008 (Bl. 474 - 476 d. A.), vom 31.7.2008 (Bl. 513 - 521 d. A.), vom 1.12.2008 (Bl. 556 - 558 d. A.) und vom 17.12.2008 (Bl. 564 - 568 d. A.) und auf die Schriftsätze der Beklagten vom 28.01.2008 (Bl. 437 bis 457 d. A.), vom 16.6.2008 (Bl. 484 - 489 d. A.) und vom 30.10.2008 (Bl. 550 - 555 d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes München vom 02.08.2007 ist zulässig.

Die Klageänderung im Berufungsverfahren ist gemäß § 533 ZPO zulässig, da sich die Beklagte rügelos eingelassen hat und sie überdies auch sachdienlich war und auch auf Tatsachen gestützt werden konnte, die das Berufungsgericht ohnehin seiner Entscheidung zugrunde gelegt hätte. Allerdings war zur Entscheidung reif lediglich der Antrag II. auf Feststellung; über diesen war gemäß § 301 Abs. 1 ZPO durch Teilurteil zu entscheiden. Vor der Entscheidung über die Zahlungsanträge bedarf es eines weiteren Vortrages der Parteien, insbesondere einer substantiierten Einlassung der Beklagten.

II. Der Feststellungsantrag des Klägers ist begründet.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nicht zum 01.10.2005 auf die Fa. B. übergegangen, da der Kläger rechtswirksam gemäß § 613a Abs. 6 BGB dem Übergang des Arbeitsverhältnisses auf diese Firma widersprochen hat.

1. Das Berufungsgericht geht anhand des Sachvortrages der Parteien davon aus, dass der Betrieb der Beklagten, in welchem der Kläger bis 30.09.2005 beschäftigt war, ab 01.10.2005 durch Rechtsgeschäft (Vertrag vom 30.09.2005) auf die Fa. B. übergegangen ist.

2. Gemäß § 613a Abs. 1 BGB tritt im Falle einer rechtsgeschäftlichen Übertragung eines Betriebes oder Betriebsteiles, der Übernehmer als neuer Arbeitgeber in die bestehenden Arbeitsverhältnisse ein. Gemäß § 613a Abs. 6 BGB kann jedoch ein betroffener Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monates nach Zugang der Unterrichtung über den Betriebsübergang, die den Erfordernissen in § 613a Abs. 5 BGB entspricht, schriftlich widersprechen.

3. Der Kläger hat dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die Fa. B. rechtswirksam widersprochen.

a) Der Widerspruch der Klägerin erfolgte mit Schreiben vom 28.09.2006; es ist in diesem Schreiben ausdrücklich ausgeführt, dass der Kläger dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die B. widerspricht. Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt auch kein gemäß § 242 BGB unzulässiger kollektiver Massenwiderspruch vor. Zwar hat das BAG in der von der Beklagten zitierten Entscheidung vom 30.09.2004 (AP Nr. 275 zu § 613a BGB) vertreten, dass ein kollektiver Widerspruch nach § 242 BGB rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam sein kann, wenn er institutionell missbraucht wird und zur Erreichung unzulässiger Ziele dient. Dabei ist davon auszugehen, dass eine Rechtsausübung dann missbräuchlich sein kann, wenn kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde liegt, sie lediglich als Vorwand für die Erreichung vertragsfremder und unlauterer Zwecke dient, um so dem anderen einen Schaden zuzufügen. Übt eine Vielzahl von Arbeitnehmern das Widerspruchsrecht aus, kann sich demgemäß aus der Zweckrichtung der Widerspruchsausübung, soweit sie nicht im Schwerpunkt auf die Verhinderung des Arbeitgeberwechsels zielt, sondern beispielsweise von der Motivation getragen ist, dem Betriebsübergang als solchen zu verhindern oder aber Vergünstigungen zu erzielen, auf die die Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch haben, ein rechtsmissbräuchliches Handeln ergeben.

Unter Anwendung dieser Grundsätze kann (in Übereinstimmung mit dem Urteil des LAG München vom 25.06.2008 - 11 Sa 861/07 - und teilweiser Übernahme der dortigen Entscheidungsgründe) nicht festgestellt werden, dass der Widerspruch des Klägers unwirksam ist. So fehlt es schon am Vortrag der Beklagten, dass ein schutzwürdiges Eigeninteresse des Klägers nicht vorliegt. Der Kläger hat vielmehr dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Stellung des Insolvenzantrages durch B. widersprochen. Zu diesem Zeitpunkt war aus seiner Sicht die Fortführung des Betriebes mehr als gefährdet. Allein der Umstand, dass zur Widerspruchseinlegung von dritter Seite Formulierungshilfen geleistet bzw. ein Großteil der Widersprüche gebündelt abgegeben wurde, spricht nicht gegen ein schutzwürdiges Eigeninteresse des Klägers. Sofern von dritter Seite mit der Einlegung der Widersprüche Druck auf die Beklagte ausgeübt werden sollte und somit auch andere Ziele verfolgt sein könnten, ist aus dem Vortrag der Beklagten nicht ersichtlich, dass der Kläger an einem derartigem Vorhaben beteiligt war oder aufgrund dieser Motivation gehandelt hat. Der Kläger verfolgte mit der Einlegung des Widerspruches die Sicherung ihrer arbeitsvertraglichen Rechte. Im Übrigen handelt es sich um einen naheliegenden Geschehensablauf, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund der Tatsache, dass auch viele Arbeitskollegen von derselben Situation betroffen sind, seinen Widerspruch gleichzeitig mit diesen Kollegen abgibt und bei der Formulierung auf Formulierungshilfen der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft zurückgreift. Dies führt nicht zu einem institutionellen Missbrauch des Widerspruchsrechtes.

b) Der schriftliche Widerspruch vom 28.09.2006 gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses erfolgte zwar ca. 13 Monate nach dem Zugang des Unterrichtungsschreibens vom 29.08.2005, er ist aber dennoch nicht verfristet; denn die Ein-Monats-Frist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB beginnt nicht zu laufen, wenn die Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB nicht ordnungsgemäß ist (BAG vom 13.07.2006 - 8 AZR 305/05, NJW 2007, 246).

Das Informationsschreiben vom 29.08.2005 erfüllt zumindest nicht die Anforderungen des § 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB. Nach dieser Bestimmung ist der betroffene Arbeitnehmer über den Grund für den Betriebsübergang zu informieren. Hier ist zumindest die Angabe der formalen (vertraglichen) Rechtsgrundlage für den Betriebsübergang, wie z.B. Kaufvertrag, Pachtvertrag etc., gemeint; im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Unterrichtung, dem vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer eine ausreichende Wissensgrundlage für seine Entscheidung über die Ausübung oder Nichtausübung des Widerspruchsrechtes zu geben, ist auch die wenigstens allgemeine oder schlagwortartige Angabe der dem Betriebsübergang zugrunde liegenden unternehmerischen Erwägungen erforderlich, sofern sie sich im Falle eines Widerspruches auf den Arbeitsplatz auswirken können (vgl. BAG vom 13.07.2006 - 8 AZR 305/06, AP Nr. 112 zu § 613a BGB; vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05). Die Beklagte hat zwar dem Kläger (im 4. Absatz des Informationsschreibens vom 29.08.2005) mitgeteilt, dass die Übertragung des Geschäftsgebietes aufgrund eines Kaufvertrages im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf B. erfolgt. Es hätte aber hier einer weiteren Information bedurft, da mit dem "Kaufvertrag" besondere Umstände verbunden waren, insbesondere ein sog. "negativer Kaufpreis". Der Durchschnittsarbeitnehmer, der mit Betriebsveräußerungen im Regelfalle nichts zu tun hat, verbindet mit einem Kaufvertrag eine normale Austauschbeziehung im Sinne des § 433 BGB, nämlich die Veräußerung des Verkaufsgegenstandes gegen Zahlung einer Summe. Auch wenn es durchaus in der Praxis des Betriebsverkaufes nicht unüblich sein mag, dass der "Verkäufer" für die Betriebsübertragung sogar noch finanzielle Leistungen erbringt, wenn unter Umständen Verbindlichkeiten mit übergehen, die den Wert des Betriebes übersteigen, so ist dies mit Sicherheit nicht der Normalfall, zumindest nicht aus der Sicht von Arbeitnehmern, die mit der Praxis von Betriebsveräußerungen keine Erfahrungen haben. Es hätte also der Information bedurft, dass es sich insoweit nicht um einen typischen, "normalen" Kaufvertrag handelt, für den der Übernehmer einen Kaufpreis bezahlt, sondern um einen Vertrag, bei dem der Verkäufer - wegen bestehender und zu übernehmender Risiken und Verbindlichkeiten - sogar noch eine Zahlung erbringt. Mit dieser Information wäre die Entscheidungsbasis der informierten Arbeitnehmer hinsichtlich ihres Widerspruchsrechtes durchaus eine andere gewesen: sie hätten gewusst, dass hier an sich ein Betrieb ohne substantiellen Gegenwert übertragen wurde und damit das erhebliche Risiko bestand, dass der Erwerber den Betrieb überhaupt erhalten und die übernommenen Verbindlichkeiten bedienen kann. Ferner hätte es im vorliegenden Falle der Erläuterung bedurft, dass der mitgeteilte Kaufvertrag mit der Fa. B. lediglich Teil und Folge einer Vertragsvereinbarung (Master Sale and Purchase Agreement) zwischen der Beklagten und der B.in T., war zur Übernahme des Geschäftsgebietes "C." , wonach die Vermögensgegenstände Land für Land im Wege der Einzelübertragung auf eigens hierfür gegründet Landesgesellschaften übertragen werden sollten und deshalb auf die B. "die in Deutschland gelegenen Gegenstände des Anlage- und Umlaufsvermögens und die hierauf entfallenden Forderungen und Verbindlichkeiten" (so Schriftsatz der Beklagten vom 30.04.2007, Seite 8) übertragen werden. Dies war den betroffenen Arbeitnehmern nicht ersichtlich. Die betroffenen Arbeitnehmer mussten nach der Information im Schreiben vom 29.08.2005 davon ausgehen, dass die Übertragung des Geschäftsgebietes "aufgrund eines Kaufvertrages im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf die Fa. B." erfolgte, was aber nach dem eigenen Vortrag der Beklagten nicht zutreffend ist: Die Übernahme des Geschäftsgebietes "C." geschah durch die B.-C. (Schriftsatz der Beklagten vom 30.04.2007, Seite 3 und 4) und die Fa. B. hat lediglich "neben den in Deutschland gelegenen Gegenständen des Anlage- und Umlaufvermögens die hierauf entfallenen Forderungen und Verbindlichkeiten" (Schriftsatz der Beklagten vom 30.04.2007, Seite 8) übernommen. Die Information, dass die Übertragung des Geschäftsgebietes aufgrund eines Kaufvertrages an die Fa. B. erfolgt ist, ist somit eindeutig unrichtig.

Damit liegt eine unrichtige bzw. unvollständige und somit nicht ordnungsgemäße Unterrichtung im Rahmen des § 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB vor (zumindest im Ergebnis ebenso LAG München - 4 Sa 1063/07 - vom 17.04.2008 und - 11 Sa 861/07 - vom 25.06.2008). Ob darüber hinaus auch die Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 Nr. 1 und 3 BetrVG nicht ordnungsgemäß ist, wie der Kläger geltend macht, kann dahinstellt bleiben.

c) Das Widerspruchsrecht des Klägers war auch nicht verwirkt.

Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat. Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Hierbei müsse das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigen derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruches nicht mehr zuzumuten ist (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05; vom 13.7.2006 - 8 AZR 382/05). Auch das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 5 BGB kann wegen Verwirkung ausgeschlossen sein (BAG vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05; vom 13.7.2006 - 8 AZR 382/05).

Die Kammer geht davon aus, dass der Kläger das Widerspruchsrecht im vorliegenden Falle nicht verwirkt hat. Dabei kann dahinstehen, ob das Zeitmoment erfüllt ist, da es jedenfalls am erforderlichen Umstandsmoment fehlt. Der Kläger hat mit der Tatsache der Arbeitsaufnahme bei der Firma B. ab 1.10.2005 keine Umstände gesetzt, die ein Vertrauen der Beklagten auf die Nichtausübung des Widerspruchsrechtes rechtfertigen könnten. Die bloße Weiterarbeit ist nämlich nicht geeignet, das Umstandsmoment zu verwirklichen (BAG vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05).

Auch der Abschluss dieses Aufhebungsvertrages führt nicht zur Bejahung eines Vertrauenstatbestandes zugunsten der Beklagten. Dies könnte nur dann angenommen werden, wenn der Kläger in Kenntnis der Mängel - konkret der Unvollständigkeit und Unrichtigkeit des Informationsschreiben vom 29.8.2005 - und damit im Bewusstsein, dass er trotz des Zeitablaufes möglicherweise dem Übergang des Arbeitsverhältnisses noch widersprechen könnte, den Aufhebungsvertrag abgeschlossen hätte (ebenso LAG München vom 25.9.2008 - 3 Sa 266/08; vom 25.6.2008 - 5 Sa 994/07; vom 9.10.2008 - 4 Sa 411/08; LAG Düsseldorf vom 30.5.2007 - 7 Sa 153/07). Es ist auch anerkannt, dass ein Vertrauenstatbestand nicht entstehen kann, wenn der Verpflichtete davon ausgehen muss, dass der Berechtigte von dem ihm zustehenden Anspruch nichts weiß (BGH NJW 2000, 140).

Hiervon ist im vorliegenden Falle auszugehen. Die Beklagte beschäftigt in ihren Rechts- und Personalabteilungen eine Vielzahl von Juristen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese nicht in der Lage gewesen wären, in einem Informationsschreiben den betroffenen Mitarbeitern darzustellen, wie die "Übertragung des Geschäftsgebietes "C." erfolgt ist. Also welche Verträge mit welcher konkreten Firma (als mit der Muttergesellschaft B.-C. und der deutschen Tochtergesellschaft B.) abgeschlossen wurden und was hierbei konkret der einzelnen Firma durch Rechtsgeschäft übertragen wurde, und dass von beiden Firmen hierfür kein Kaufpreis bezahlt wurde, sondern dass die Beklagte im Gegenteil untypischerweise - welcher Firma - für die Übernahme eine - in welcher Höhe und zum Ausgleich welcher Belastungen und Risiken - Geldbetrag bezahlt hat. Eine derartige Information dürfte für einen Juristen keine besondere Schwierigkeit darstellen. Es bedurfte damit schon einer gewissen Anstrengung, das Informationsschreiben vom 29.8.2005 so abzufassen, dass keine all zu konkreten Informationen über die rechtlichen Vorgänge der Übertragung des Geschäftsgebietes "C." erteilt werden, ohne aber die betroffenen Arbeitnehmer so stutzig zu machen, dass sie sofort dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen, um lieber bei der finanzstarken "Mutter S." zu bleiben anstatt zu einer Firma B. überzuwechseln, die lediglich die in Deutschland gelegenen Gegenstände des Anlage- und Umlaufvermögens übernommen hatte und nicht dagegen die nötigen Patente, Schutz- und Markenrechte und die auch nicht über die erforderlichen finanziellen Reserven verfügte.

Angesichts dieser Umstände konnte die Beklagte nicht darauf vertrauen, dass die Arbeitnehmer, wenn sie von den konkreten Rechtsgeschäften Kenntnis erlangen, sich mit dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die B. abfinden werden und nicht nachträglich noch dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen werden.

Hinzu kommt: Wenn sich die Beklagte schon berühmt, sie habe vom Abschluss der Aufhebungsverträge Kenntnis gehabt, so hat sie natürlich auch davon Kenntnis erlangt, was der Grund für den Abschluss der Aufhebungsverträge war, nämlich nicht der Wunsch der Arbeitnehmer, ihre Arbeitsverhältnisse zu beenden, sondern "dringende betriebliche Gründe auf Veranlassung von B.", also weil zum Zeitpunkt des Abschlusses der Aufhebungsverträge schon ersichtlich war, dass diese Firma um ihre wirtschaftliche Existenz kämpft und nahe an der Insolvenz steht, dass ein Personalabbau unumgänglich ist und es eine Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung für die ausscheidenden Arbeitnehmer nicht geben wird. In dieser Situation konnte für die Beklagte kein Vertrauen entstehen, dass die betroffenen Arbeitnehmer, wenn sie von der unzutreffenden Information und damit von der Möglichkeit erfahren, dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisses noch widersprechen zu können, von diesem Recht nicht Gebrauch machen werden; die Beklagte musste im Gegenteil bei diesem Sachverhalt damit rechnen, dass die Arbeitnehmer, die bei B. aus betrieblichen Gründen ihren Arbeitsplatz verlieren werden, dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses noch widersprechen werden. Die späte Geltendmachung des Widerspruches gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses ist für die Beklagte keine mit Treu und Glauben unvereinbare Härte, wie dies als Voraussetzung der Verwirkung gefordert wird (vgl. BGH 25, 52; 67, 78; NJW-RR 1995, 109; BAG NJWW 2001, 2907), da die Beklagte mit ihrer unvollständigen und verschleiernden Information vom 29.8.2005 selbst die Ursache für die späteren Widersprüche der Arbeitnehmer gesetzt hat. Es wäre im Gegenteil mit Treu und Glauben nicht vereinbar, wenn nun das Gericht den unvollständig und irreführend informierten Arbeitnehmern entgegenhalten müsste, dass ihr Widerspruchsrecht verwirkt sei.

4. Auch wenn der Widerspruch erst nach dem Betriebsübergang erklärt wird, verhindert er das Entstehen des Arbeitsverhältnisses zu dem Erwerber. Der Widerspruch wirkt zurück auf den Zeitpunkt des Betriebsüberganges (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. vom 13.07.2006 - 8 AZR 382/05). Damit war dem Feststellungsantrag des Klägers, dass das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten aufgrund des Widerspruches vom 28.09.2006 nicht zum 01.10.2005 auf die Fa. B. übergegangen ist, stattzugeben und das klageabweisende Endurteil des Arbeitsgerichtes München vom 02.08.2007 insoweit abzuändern.

Die angeregte Vorlage der gestellten Fragen an den EuGH war schon deshalb nicht veranlasst, weil es von der Kammer offen gelassen wurde, ob es § 613a Abs. 5 Nr. 1 BGB erfordert, dass die Adresse des Betriebserwerbers im Informationsschreiben ausdrücklich genannt wird.

III. Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten. Gegen dieses Urteil ist für die Beklagte das Rechtsmittel der Revision statthaft.

Ende der Entscheidung

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