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Gericht: Landesarbeitsgericht München
Beschluss verkündet am 11.04.2007
Aktenzeichen: 9 TaBV 127/06
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 99
1. Eine sowohl nach Dauer als auch nach Umfang nicht unerhebliche Erweiterung der regelmäßigen Arbeitszeit eines im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmers stellt eine erneute Einstellung i.S. des § 99 Abs. 1 BetrVG dar (BAG 25.1.2005 1 ABR 59/03 AP Nr. 114 zu § 87 BetrVG 1972).

2. Die Frage, ob eine Erhöhung der Arbeitszeit als nicht unerheblich anzusehen ist, darf nicht nur im Hinblick auf den einzelnen betroffenen Arbeitnehmer beantwortet werden. Entscheidend ist zu berücksichtigen, ob durch die Aufstockung der Arbeitszeit bereits beschäftigter Arbeitnehmer die Interessen der Belegschaft berührt sein können. Und hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitgeber nicht nur die Arbeitszeit eines einzelnen Arbeitnehmers erhöhen will, sondern die Arbeitszeit von mehreren oder einer Vielzahl seiner Arbeitnehmer; dies kann durchaus gravierende Auswirkungen auf die Belegschaft haben.

3. Eine erneute Eingruppierungsentscheidung ist nicht zu treffen, wenn sich durch die Erhöhung der Arbeitszeit die Eingruppierung nicht ändert.

4. Der Betriebsrat hat einen Anspruch auf Auskunft, mit welchen Arbeitnehmern der Arbeitgeber eine Erhöhung der Arbeitszeit vereinbart hat ohne das Verfahren nach § 99 Abs. 1 BetrVG durchzuführen.


LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES Beschluss

9 TaBV 127/06

Verkündet am: 11. April 2007

In dem Verfahren

hat die Neunte Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 7. März 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Dunkl sowie die ehrenamtlichen Richter Wolfgang Helmrich und Artur Fischer beschlossen:

Tenor:

I. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Arbeitsgerichtes Rosenheim vom 24.10.2006 - 1 BV 17/06 Mü - teilweise abgeändert:

1. Der Beteiligten zu 2 wird aufgegeben, in Bezug auf die Arbeitnehmer

(1) D.

(2) O.

(3) E.

(4) K.

(5) S.

(6) K.

(7) M.

(8) S.

(9) K.

(10) W.

(11) T.

(12) M.

(13) L.

(14) S.

vor einer Beschäftigung dieser Betriebsangehörigen mit 42 Wochenstunden, die Zustimmung des Betriebsrates gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG einzuholen.

2. Der Beteiligten zu 2 wird aufgegeben, dem Beteiligten zu 1) mitzuteilen, mit welchen Arbeitnehmern sie eine Verlängerung der bisherigen Arbeitszeit seit 1.1.2006 vereinbart hat, die in Ziffer 1 nicht aufgeführt sind.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beteiligte zu 2 vor einer Änderung der wöchentlichen Arbeitszeit von einzelnen Arbeitnehmern von 38,5 Stunden auf 42 Stunden verpflichtet ist, gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG die Zustimmung des Betriebsrates (Beteiligter zu 1) zur Einstellung und zur Eingruppierung einzuholen, und ob die Verpflichtung besteht, mitzuteilen, mit welchen Arbeitnehmern sie eine Verlängerung der bisherigen Arbeitszeit seit 1.1.2006 vereinbart hat.

Die Beteiligte zu 2 hat einen Betrieb der Fleischwarenindustrie mit etwa 270 Arbeitnehmern. Der Beteiligte zu 1 ist der im Betrieb bestehende Betriebsrat. Der für die Beteiligte zu 2 geltende Tarifvertrag, der Manteltarifvertrag für die S. GmbH, die S. GmbH und die S. GmbH, regelt in § 8 und 9 die wöchentliche Arbeitszeit; die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt danach 38,5 Stunden. Dieser Manteltarifvertrag ist zum 31.5.2006 gekündigt worden und befindet sich in der Nachwirkung.

Die Beteiligte zu 2 hat mit den bei ihr schon länger beschäftigten Arbeitnehmern D., O., E., K., S., K., M., S., K., W., T., M., L. und S. eine Verlängerung der individuellen Arbeitszeit von 38,5 Stunden auf 42 Stunden in der Woche einzelvertraglich vereinbart. Eine Beteiligung des Beteiligten zu 1 hierzu ist nicht erfolgt.

Ferner hat die Beteiligte zu 2 Gespräche mit anderen Arbeitnehmern geführt, aufgrund derer ebenfalls Änderungen des jeweiligen Einzelarbeitsvertrages vereinbart wurden. Mit welchen weiteren Arbeitnehmern diese Vertragsveränderungen erfolgt sind, hat die Beteiligte zu 2 dem Beteiligten zu 1 nicht mitgeteilt.

Am 1.6.2006 hat der Beteiligte zu 1 beschlossen, gegen die Beteiligte zu 2 das streitgegenständliche Beschlussverfahren einzuleiten. Der Beteiligte zu 1 ist der Auffassung, dass die Vereinbarung der Verlängerung der individuellen Arbeitszeit eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme darstelle, die der Zustimmung des Betriebsrates bedürfe. Da es sich um eine mitbestimmungspflichtige Einstellung handele, habe die Beteiligte zu 2 auch die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung einzuholen und im Zustimmungsverweigerungsfalle das Zustimmungsersetzungsverfahren zu betreiben. Da der Beteiligte zu 1 aus eigener Anschauung nicht abschließend bewerten könne, ob er vollständig über die Entscheidung der Beteiligten zu 2 unterrichtet sei, habe er Anspruch auf Auskunft, mit welchen Arbeitnehmern die Beteiligte zu 2 eine Verlängerung der bisherigen Arbeitszeit seit 1.1.2006 vereinbart habe.

Der Beteiligte zu 1 beantragt im ersten Rechtszug:

1. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, in Bezug auf die Arbeitnehmer

D., O., E.,

K., S., K.,

M., S., K.,

W., T., M.,

L., S.,

vor einer - hilfsweise anlässlich der geplanten - Beschäftigung dieser Betriebsangehörigen zu 42 Wochen, die Zustimmung des Betriebsrates gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG einzuholen und im Zustimmungsverweigerungsfall das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG zu betreiben.

2. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, in Bezug auf die Arbeitnehmer

D., O., E.,

K., S. K.,

M., S., K.,

W., T., M.,

L., S.,

anlässlich deren Veränderung der Arbeitszeit von 38,5 Stunden auf 42 Stunden eine Eingruppierungsentscheidung zu treffen, die Zustimmung des Betriebsrates zu der beabsichtigten Eingruppierung einzuholen und im Zustimmungsverweigerungsfall das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG zu betreiben.

3. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, darzulegen, mit welchen Beschäftigten sie eine Verlängerung der bisherigen Arbeitszeit seit 1.1.2006 vereinbart hat und die in der o.g. Liste nicht genannt sind.

Hilfsweise beantragt der Betriebsrat,

dass festgestellt werde, dass in den vorbezeichneten in dem Antrag 1 genannten Fällen eine Beteiligung des Betriebsrates nach den §§ 99 ff BetrVG zur Einstellung durchzuführen ist.

Die Beteiligte zu 2 beantragte dagegen,

die Zurückweisung der Anträge

und trug vor, die individualvertragliche Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit mit einzelnen Arbeitnehmern stelle keine Einstellung im Sinne des § 99 BetrVG dar. Da die im Antrag genannten Arbeitnehmer auch bereits eingruppiert seien und sich an ihrem Tätigkeitsbereich durch die Erhöhung der Wochenarbeitszeit nichts ändern werde, bestehe auch kein Grund zu einer Neueingruppierung der Arbeitnehmer.

Da keine Mitbestimmungstatbestände gemäß § 99 BetrVG bestünden, habe der Beteiligte zu 1 auch keinen Anspruch auf Auskunft, mit welchen Arbeitnehmern eine Verlängerung der Arbeitszeit individualvertraglich vereinbart worden sei.

Das Arbeitsgericht Rosenheim hat durch Beschluss vom 24.10.2006 die Anträge zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, in der Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers liege weder eine Versetzung noch eine Einstellung im Sinne von § 99 Abs. 1 BetrVG. Nach der Rechtsprechung des BAG bedeute eine sowohl nach Dauer als auch nach Umfang nicht unerhebliche Erweiterung der arbeitsvertraglich geschuldeten regelmäßigen Arbeitszeit eines im Betrieb schon beschäftigten Arbeitnehmers eine neuerliche Einstellung nach § 99 Abs. 1 BetrVG. Im vorliegenden Falle handele es sich aber nur um eine unerhebliche Aufstockung des bisherigen Arbeitszeitvolumens und keine erhebliche Erweiterung der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit.

Da keine Einstellung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG vorliege, bedürfe es auch keiner neuen Eingruppierung der schon bei der Beteiligten zu 2 beschäftigten Arbeitnehmer.

Gleichfalls fehle es an einem Anspruch des Betriebsrates auf Mitteilung, mit welchen weiteren Beschäftigten eine Verlängerung der bisherigen Arbeitszeit seit 1.1.2006 vereinbart wurde. Es fehle an einer gesetzlichen Grundlage für den begehrten Auskunftsanspruch. Darüber hinaus bestehe kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates im Hinblick auf eine etwaige Einstellung oder Eingruppierung der betreffenden Arbeitnehmer, mit denen nunmehr eine wöchentliche Arbeitszeit von 42 Stunden vereinbart worden sei.

Bezüglich des Vorbringens der Beteiligten im ersten Rechtszug und der rechtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichtes im Einzelnen wird auf den Inhalt des Beschlusses des Arbeitsgerichtes Rosenheim vom 24.10.2006 (Bl. 56 - 69 d. A.) verwiesen.

Der Beteiligte zu 1 hat gegen diesen Beschluss, der ihm am 4.12.2006 zugestellt wurde, am 15.12.2006 Beschwerde eingelegt und diese am Montag, den 5.2.2007 begründet.

Er trägt vor, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes sei von einer Einstellung auszugehen. Bei der Auslegung und Anwendung des § 99 BetrVG sei auf den Normzweck abzustellen. Ändern sich die Umstände der Beschäftigung durch Vertragsänderung, so könnten Einstellungsbedingungen entstehen, die bei der ersten Einstellung nicht voraussehbar waren und deshalb bei der ursprünglichen Zustimmungsentscheidung des Betriebsrates noch nicht berücksichtigt werden konnten. Genau dies sei bei der Verlängerung der Arbeitszeit nahezu immer der Fall. Gerade hier werde deutlich, dass dem Betriebsrat Zustimmungsverweigerungsgründe nach § 99 Abs. 2 BetrVG verloren gehen könnten, wenn man den Begriff einer wesentlichen Änderung der Umstände ausschließlich quantitativ betrachte, und den vom Arbeitsgericht richtigerweise hervorgehobenen Schutzzweck des Zustimmungsverweiterungsrechtes nicht in den Mittelpunkt stelle. In rechtlicher Hinsicht lasse sich aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 25.1.2005 entnehmen, dass der Betriebsrat hier zu beteiligen sei.

Mit dem Antrag zu III erstrebe der Beteiligte zu 1 die Beteiligung zur Eingruppierung. Der Arbeitgeber sei verpflichtet, anlässlich jeder Einstellung und Versetzung den Betriebsrat auch nach § 99 BetrVG zur Eingruppierung zu beteiligen. Da streitgegenständlich eine Beteiligung zur Einstellung zu erfolgen habe, sei notwendige Folge auch die Beteiligung zu einer Eingruppierung. Mit dem Antrag zu IV. begehre der Betriebsrat höchstvorsorglich Auskunft, da er aus eigener Anschauung nicht abschließend bewerten könne, ob er vollständig über die Entscheidung der Beteiligten zu 2 unterrichtet sei.

Der Beteiligte zu 1 beantragt im Beschwerdeverfahren:

I. Der Beschluss des Arbeitsgerichtes Rosenheim - Gerichtstag Mühldorf - vom 24.10.2006, zugestellt am 4.12.2006 wird abgeändert.

II. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, in Bezug auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

(1) D

(2) O.

(3) E.

(4) K.

(5) S.

(6) K.

(7) M.

(8) S.

(9) K.

(10) W.

(11) T.

(12) M.

(13) L.

(14) S.

vor einer - hilfsweise anlässlich einer geplanten - Beschäftigung dieser Betriebsangehörigen zu 42 Wochenstunden die Zustimmung des Betriebsrats gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG einzuholen und im Zustimmungsverweigerungsfall das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG zu betreiben.

III. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, in Bezug auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

(1) D

(2) O.

(3) E.

(4) K.

(5) S.

(6) K.

(7) M.

(8) S.

(9) K.

(10) W.

(11) T.

(12) M.

(13) L.

(14) S.

anlässlich deren Veränderung der Arbeitszeit von 38,5 Stunden auf 42 Stunden eine Eingruppierungsentscheidung zu treffen, die Zustimmung des Betriebsrates zu der beabsichtigten Eingruppierung einzuholen, und im Zustimmungsverweigerungsfall das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG zu betreiben.

IV. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben darzulegen, mit welchen Beschäftigten sie eine Verlängerung der bisherigen Arbeitszeit seit 1.1.2006 vereinbart hat und die in der oben genannten Liste nicht genannt sind.

Vorsorglich werden wir hilfshilfsweise beantragen, dass das angerufene Landesarbeitsgericht feststellt, dass in den im Antrag zu II. genannten Fällen eine Beteiligung des Betriebsrates nach den §§ 99 ff BetrVG zur Einstellung durchzuführen ist.

Die Beteiligte zu 2 beantragt dagegen, die Zurückweisung der Beschwerde.

Bezüglich des Vorbringens der Beteiligten im Beschwerdeverfahren wird auf den Inhalt des Schriftsatzes des Beteiligten zu 1 vom 5.2.2007 (Bl. 115 - 121 d.

A.) und auf den Schriftsatz der Beteiligten zu 2 vom 27.2.2007 (Bl. 127/128 d. A.) verwiesen.

II.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichtes Rosenheim vom 24.10.2006 ist zulässig und teilweise auch begründet, nämlich in Ziffer II. überwiegend und in Ziffer VI. voll; im Übrigen war die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

1. Die Beteiligte zu 2 ist verpflichtet, gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG die Zustimmung des Beteiligten zu 1 einzuholen, bevor sie die im Antrag Ziffer II. aufgeführten 14 Arbeitnehmer statt wie bisher mit regelmäßig 38,5 Stunden wöchentlich, mit regelmäßig 42 Stunden wöchentlich beschäftigt, da die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit für die einzelnen Arbeitnehmer eine Einstellung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG darstellt. In der Instanzrechtsprechung und in der Literatur war bis zur Entscheidung des BAG vom 25.1.2005 1 ABR 59/03 = AP Nr. 114 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit umstritten, ob auch eine ledigliche Verlängerung der Wochenarbeitszeit eines schon beim Arbeitgeber beschäftigten Arbeitnehmers eine erneute Einstellung im Sinne von § 99 Abs. 1 BetrVG darstellen kann. Nach Auffassung des BAG (Beschluss vom 25.1.2005 1 ABR 59/03 a.a.O.) stellt eine sowohl nach Dauer als auch nach Umfang nicht unerhebliche Erweiterung der arbeitsvertraglich geschuldeten regelmäßigen Arbeitszeit eines im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmers eine neuerliche Einstellung nach § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG dar. Dieser Auffassung schließt sich das Beschwerdegericht an. Denn zum einen ist die Erhöhung des bisherigen Arbeitszeitvolumens von der erteilten Zustimmung des Betriebsrates nicht gedeckt. Der Entscheidung des Betriebsrates über eine Zustimmung zur Einstellung liegt stets der aktuell vorgesehene Arbeitszeitumfang zugrunde. Nur mit Blick auf diesen kann der Betriebsrat das Vorliegen von möglichen Zustimmungsverweigerungsgründen prüfen. Eine nicht unbedeutende Änderung des bisherigen Arbeitszeitvolumens muss deshalb zu einer neuerlichen Beurteilung führen. Zum anderen soll das Mitbestimmungsrecht den Betriebsrat in die Lage versetzen, die Belange der schon beschäftigten Arbeitnehmer nach Maßgabe möglicher Zustimmungsverweigerungsgründe nach § 99 Abs. 2 BetrVG gegen die beabsichtigte Einstellung geltend zu machen (vgl. BAG vom 25.1.2005 1 ABR 59/03 a.a.O.). Belange der Belegschaft können auch berührt sein, wenn der Umfang der bisher vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit eines Arbeitnehmers nicht unbedeutend erhöht wird. Im vorliegenden Falle sind weder Dauer noch Umfang der Erweiterung der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitszeit unerheblich. Bei der Dauer geht das BAG bereits bei einer Zeit, die einen Monat überschreitet, von einer erheblichen Dauer aus (so BAG vom 25.1.2005 1 ABR 59/03 a.a.O.); eine erhebliche Dauer liegt also vor, wenn die Dauer der Erhöhung der Arbeitszeit gänzlich unbefristet ist. Aber auch der Umfang der Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit ist - entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes - im vorliegenden Falle nicht unerheblich. Wird die wöchentliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers von 38,5 Stunden auf 42 Stunden erhöht, so stellt dies immerhin eine Erhöhung von 3,5 Stunden = 9 % dar. Eine Erhöhung der Arbeitszeit um 9 % ist für den betroffenen Arbeitnehmer genauso wenig unbedeutend wie es für den betroffenen Arbeitgeber eine Verringerung der Arbeitszeit um 9 % wäre.

Im Übrigen darf die Frage, ob eine Erhöhung der Arbeitszeit im Rahmen des § 99 Abs. 1 BetrVG als beachtlich oder unbeachtlich anzusehen ist, nicht nur im Hinblick auf den einzelnen betroffenen Arbeitnehmer gesehen werden. Entscheidend ist auch zu berücksichtigen, ob durch die Aufstockung der Arbeitszeit schon beschäftigter Arbeitnehmer die Interessen der übrigen Belegschaft, die ja der Betriebsrat auch gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG wahrzunehmen hat, berührt sein können (vgl. BAG 25.1.2005 1 ABR 59/03 a.a.O.). Und hiervon ist insbesondere dann auszugehen, wenn der Arbeitgeber, wie hier, nicht nur die Arbeitszeit eines einzelnen Arbeitnehmers erhöhen will, sondern die Arbeitszeit von mehreren oder einer Vielzahl seiner Arbeitnehmer. Denn dies kann durchaus gravierende Auswirkungen auf die Belegschaft haben.

Erhöht die Beteiligte zu 2 nur die Arbeitszeit der im Antrag genannten 14 Arbeitnehmer um 3,5 Stunden wöchentlich, so gewinnt die Beteiligte zu 2 hierdurch eine wöchentliche Arbeitszeit von 49 Stunden (3,5 Stunden x 14 Arbeitnehmer) und kann damit unter Umständen bereits mehr als einen Arbeitsplatz einsparen. Dies könnte dazu führen, dass infolge der Arbeitszeiterhöhung im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; insoweit könnte der Beteiligte zu 1 einen Zustimmungsverweigerungsgrund gemäß § 99 Abs. 2 Ziff. 3 BetrVG haben. Ob die Voraussetzungen für einen derartigen Zustimmungsverweigerungsgrund vorliegen, kann dahingestellt bleiben. Entscheidend für die Beurteilung, ob eine nicht unerhebliche Änderung der Arbeitszeit und damit eine Einstellung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG vorliegt, ist, ob ein Sachverhalt gegeben ist, durch den die Interessen der übrigen Belegschaft berührt sein können; und dies ist dann zu bejahen, wenn ein Zustimmungsverweigerungsgrund aus § 99 Abs. 2 BetrVG konkret in Betracht kommt. In diesem Falle darf dem Betriebsrat sein Recht zur Beteiligung und Mitbestimmung nicht entzogen werden. Damit ist die Beteiligte zu 2 verpflichtet, vor einer Beschäftigung der im Antrag aufgeführten Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 42 Stunden wöchentlich, die Zustimmung des Beteiligten zu 1 gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG einzuholen. Insoweit war dem Antrag Ziff. II. stattzugeben. Die Beteiligte zu 2 ist jedoch nicht verpflichtet, im Zustimmungsverweigerungsfalle das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG durchzuführen; sie kann auch nach verweigerter Zustimmung die beabsichtigte Erhöhung der Arbeitszeit aufgeben; insoweit konnte also dem Antrag II. nicht vollumfänglich stattgegeben werden.

2. Der Antrag Ziff. III., eine Eingruppierungsentscheidung für die 14 benannten Arbeitnehmer zu treffen und die Zustimmung des Beteiligten zu 1 zur beabsichtigten Eingruppierung einzuholen, ist unbegründet.

Eingruppierung ist die Einordnung eines Arbeitnehmers in ein kollektives, mindestens zwei Vergütungsgruppen enthaltenes Entgeltschema, das eine Zuordnung der Arbeitnehmer nach bestimmten, generell beschriebenen Merkmalen vorsieht (vgl. BAGE 112, 238; AP Nr. 7 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung).

Im vorliegenden Falle sind die benannten Arbeitnehmer bereits eingruppiert. Geändert werden soll nur ihr wöchentliches Stundenmaß. Die Eingruppierung erfolgt aber im vorliegenden Falle nach der Einlassung des Vorsitzenden des Beteiligten zu 1 tätigkeitsbezogen und nicht nach dem Umfang der Arbeitszeit. Ist das wöchentliche Stundenmaß für die Eingruppierung ohne Bedeutung, so bedarf es - logischerweise - auch bei einer Änderung des Stundenmaßes keiner erneuten Eingruppierung. Die vom Beteiligten zu 1 aufgestellte Prämisse, dass eine Einstellung zwangsläufig auch eine Eingruppierung nach sich ziehe, trifft dann nicht zu, wenn die Einstellung nur die Änderung einer Arbeitsbedingung des bereits beim Arbeitgeber beschäftigten Arbeitnehmers betrifft und die Änderung der Arbeitsbedingung keine Auswirkung auf die bereits vorgenommene Eingruppierung hat bzw. haben kann.

3. Der Auskunftsanspruch gemäß Ziff. IV. ist begründet. Nach § 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten, und nach Satz 2 auf Verlangen die zur Durchführung der Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Der Verpflichtung des Arbeitgebers korrespondiert ein entsprechender Anspruch des Betriebsrates. Zu den Aufgaben des Betriebsrates gehört es auch, darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden. Diese Überwachungsaufgabe ist vom Vorliegen besonderer Mitwirkungs- oder Mitbestimmungsrechte unabhängig. Der Unterrichtungsanspruch des Betriebsrates besteht nicht nur dann, wenn allgemeine Aufgaben oder Beteiligungsrechte feststehen. Die Unterrichtung soll es dem Betriebsrat vielmehr auch ermöglichen, in eigener Verantwortung zu prüfen, ob sich Aufgaben im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes ergeben und er zu ihrer Wahrnehmung tätig werden muss. Für den Anspruch genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Bestehens von Aufgaben. Die Grenzen des Auskunftsanspruches liegen erst dort vor, wenn ein Beteiligungsrecht offensichtlich nicht in Betracht kommt. Daraus folgt eine zweistufige Prüfung daraufhin, ob überhaupt eine Aufgabe des Betriebsrates gegeben, und ob im Einzelfall die begehrte Information zur Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist (vgl. BAG AP Nr. 65 zu § 80 BetrVG 1972). Im vorliegenden Fall ist der geltend gemachte Auskunftsanspruch des Betriebsrates bereits deshalb zu bejahen, da eine Erhöhung der Arbeitszeit einzelner Mitarbeiter eine Einstellung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG darstellen kann und der Betriebsrat somit das Recht und die Aufgabe hat, zu prüfen, ob auch insoweit Verfahren nach § 99 BetrVG durchzuführen sind.

4. Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nicht gegeben. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 92a ArbGG) wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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