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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 02.04.2003
Aktenzeichen: 6 Sa 575/02
Rechtsgebiete: BetrAVG


Vorschriften:

BetrAVG § 1
Es ist zulässig, in einer Betriebsrentenordnung die Zahlung der Invalidenrente bei befristeter Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vom vorherigen Ausscheiden des Arbeitnehmers abhängig zu machen.
6 Sa 575/02

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

in dem Rechtsstreit

Die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg hat durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Nürnberg Vetter als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Bürner und Margner aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 02.04.2003

für Recht erkannt:

Tenor:

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg, Kammer Aschaffenburg, vom 24.07.2002, Az. 6 Ca 338/02, wird auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen.

II.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Verpflichtung eines Arbeitgebers zur Zahlung einer Betriebsrente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Der bei der Beklagten als Arbeitnehmer zu einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt 4.543,- DM beschäftigte Kläger ist seit 1997 durchgehend arbeitsunfähig. Am 03.10.1998 wurde er von der Krankenkasse ausgesteuert. Auf seinen Antrag hin erkannte die LVA Unterfranken als Rentenversicherungsträger dem Kläger im Rahmen eines vor dem - im Streit über Erwerbsunfähigkeit - vor dem Sozialgericht Würzburg geschlossenen Vergleiches volle Erwerbsminderung ab 04.10.2000 an und bewilligte Rentenleistung in Form der befristeten Erwerbunfähigkeitsrente vom 01.05.2001 bis 30.04.2003 (Bescheid vom 18.01.2002, Bl. 25 d.A.).

Die Beklagte gewährt ihren Mitarbeitern Rentenleistungen nach einer im Oktober 1989 erlassenen "Pensionsordnung". In dieser Pensionsordnung finden sich, soweit vorliegend von Interesse, folgende Regelungen:

"§ 2 Voraussetzungen für Alterspension

Alterspension wird gewährt, wenn der Mitarbeiter die Wartezeit erfüllt hat (§ 5) und das 65. Lebensjahr (feste Altersgrenze) vollendet hat oder ein vorgezogenes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht und aus den Diensten der L... AG ausscheidet.

Alterspension erhält auch der Mitarbeiter, der nach Erfüllung der Wartezeit von der L... AG in den Ruhestand versetzt wird.

§ 3 Voraussetzungen für Invalidenpension

1.

Invalidenpension wird gewährt, wenn der Mitarbeiter die Wartezeit erfüllt hat (§ 5) und infolge Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung aus den Diensten der L... AG ausscheidet.

2.

Bei Mitarbeitern, die nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, ist die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit durch ein ärztliches Gutachten nachzuweisen. Der Arzt kann von der L... AG benannt werden; in diesem Fall trägt diese die Kosten.

3.

Bei voraussichtlich nur vorübergehender Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit wird Invalidenpension in der Regel befristet gewährt. Die Frist kann aufgrund erneuter ärztlicher Untersuchung abgekürzt oder verlängert werden.

§ 7 Pensionsfähiges Einkommen

1.

Das pensionsfähige Einkommen ist der monatliche Durchschnitt des tariflichen oder dienstvertraglich festgelegten Brutto-Arbeitsentgelts, das der Mitarbeiter vom Unternehmen in den letzten 24 Monaten vor seinem Ausscheiden bezogen hat. Sind für Zeiten innerhalb dieser 24 Monate keine oder keine vollen Arbeitsentgelte bezahlt worden, so sind für diese Zeiten diejenigen Arbeitsentgelte in die Durchschnittsberechnung einzubeziehen, die der Mitarbeiter erhalten hätte, wenn er in der vereinbarten Arbeitszeit gearbeitet hätte (fiktive Arbeitsentgelte). ..."

Des genauen Wortlautes der Pensionsordnung wegen wird auf die mit Telefax der Klägervertreter vom 01.04.2003 vorgelegte Ablichtung Bezug genommen (Bl. 81 ff. d.A.).

Der Kläger meldete Ende 1997 Pensionsansprüche bei der Beklagten an. Diese teilte ihm mit, dass er bei einem Ausscheiden Betriebsrente zu erwarten habe. Anträge des Klägers auf Zahlung der Rente lehnte die Beklagte in der Folge ab mit der Begründung, ohne ein vorausgehendes Ausscheiden des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis stehe ihm Betriebsrente in Form der Invalidenrente nicht zu.

Mit seiner am 20.02.2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Beklagte auf Zahlung einer Betriebsrente in von Höhe von 614,25 DM monatlich, beginnend mit April 2002, und rückständige Zahlungen in Höhe von DM 9.828,- gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, ihm stehe Invalidenrente nach der Pensionsordnung der Beklagten zu. Zwar sehe § 3 Abs. 1 der Pensionsordnung die Zahlung einer Invalidenrente nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vor. Dieser Grundsatz werde jedoch durch § 3 Abs. 3 dahingehend ergänzt, dass bei nur vorübergehender Erwerbsunfähigkeit die Invalidenpension befristet gewährt werde. In dieser letzten Variante komme es auf das Ausscheiden nicht an. Ausscheiden bedeute nicht zwingend die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Entscheidend sei vielmehr die Unmöglichkeit der Erbringung der Arbeitsleistung. Dies ergebe sich im übrigen aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Aus diesem Grund sehe etwa § 59 BAT vor, dass bei vorübergehender Erwerbsunfähigkeit ein ruhendes Arbeitsverhältnis eintrete, aber keine rechtlich endgültige Beendigung. Es sei nicht gerechtfertigt, dass das Arbeitsverhältnis wegen einer nur befristet gewährten Erwerbsunfähigkeitsrente endgültig beendet werden müsse. Dadurch würde der gesetzlich festgelegte Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses ausgehebelt. Unabhängig hiervon verstoße eine solche Auslegung gegen die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Wiedereinstellungsanspruch. Im übrigen sehe die Pensionsordnung in § 14 Abs. 1 vor, dass der Pensionsempfänger seine Arbeitskraft wieder anzeigen müsse. Im Umkehrschluss bedeute dies, dass die Beklagte diese Arbeitskraft auch wieder einzufordern gewillt sei, was bei einem beendeten Arbeitsverhältnis nicht denkbar sei. Der Anspruch ergebe sich schließlich aus dem Grundgedanken der Pensionsordnung. Sie sehe finanzielle Zuwendungen in schwierigen Lebenslagen des Arbeitnehmers vor. Eine solche sei vorliegend gegeben, weil die von der Beklagten abverlangte Eigenkündigung sogar eine Sperrzeit des Arbeitsamtes nach sich ziehen würde. Dies sei sinnwidrig und willkürlich.

Der Kläger hat im Verfahren vor dem Arbeitsgericht daher folgende Anträge gestellt:

1.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 9.828,- brutto nebst gesetzlichen Zinsen hieraus seit 01.01.2002 zu zahlen.

2.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger monatlich Pensionszahlungen in Höhe von DM 614,25, beginnend ab April 2002, zu zahlen hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat eingewandt, die Klage sei teilweise unzulässig, weil für den Feststellungsantrag das Feststellungsinteresse fehle. Der Anspruch sei jedoch auch unbegründet. Die Pensionsordnung sehe die Zahlung von Invalidenrente nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer aus den Diensten ausgeschieden sei. Diese Tatbestandsvoraussetzung erfülle der Kläger nicht. Sie sei als rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu verstehen. Diese Auslegung sei nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eindeutig. Die Regelung sei in dieser Form nicht zu beanstanden. Es liege im berechtigten Interesse des Arbeitgebers, ein Versorgungsschuldverhältnis erst dann entstehen zu lassen, wenn das Arbeitsverhältnis beendet sei. Hierdurch werde sichergestellt, dass für die Arbeitnehmer nicht gleichzeitig Ansprüche auf Entgelt und auf Ruhegeld entstehen könnten. Es werde darüber hinaus aber auch sichergestellt, dass der Arbeitgeber nicht während des Ruhegeldbezugs damit rechnen müsse, dass der Arbeitnehmer seinen fortbestehenden Beschäftigungsanspruch geltend mache. Eine solche Doppelbelastung, die auch in der Bereithaltung und jederzeit zu erwartenden Bereitstellung eines Arbeitsplatzes für den Ruhegeld beziehenden Arbeitnehmer bestehe, sei dem Arbeitgeber nicht zuzumuten. Im Übrigen könne der Arbeitnehmer die Leistungsvoraussetzungen selbst dadurch herbeiführen, dass er aus dem Arbeitsverhältnis ausscheide. Bei einer solchen Regelung seien die beiderseitigen Interessen der Parteien ausgewogen berücksichtigt. Zu beachten sei zudem, dass der Arbeitgeber, der die Altersversorgung als freiwillige Leistung gewähre, in der Ausgestaltung der Leistungsvoraussetzungen grundsätzlich frei sei. Unabhängig hiervon sei die Höhe der geltend gemachten Rente nicht nachvollziehbar. Nachdem die LVA die Erwerbsunfähigkeit nur im Vergleichswege anerkannt habe, werde das Vorliegen dieser Voraussetzung bestritten.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse auch das im Vergleichswege von der LVA anerkannte Datum gegen sich gelten lassen. Die geltend gemachte Auslegung ergebe sich auch aus dem Urteil des BAG vom 14.12.1999 (Aktenzeichen 3 AZR 742/98), in dem das oberste Gericht entscheidend auf die Parallele zwischen dem Sozialversicherungs- und dem Betriebsrentensystem abstelle. Soweit sich die Leistungspflicht nicht unmittelbar aus dem Text der Pensionsordnung ergebe, handele es sich um eine Lücke, weil man die Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit schlichtweg übersehen habe. Diese Lücke sei im Wege ergänzender Vertragsauslegung dergestalt auszufüllen, dass bei nur befristeter Erwerbsunfähigkeitsrente auf das Merkmal des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis verzichtet werden müsse. Die von der Beklagten aufgeführte Gefahr, doppelt herangezogen zu werden, bestehe nicht. Im größten Teil der Fälle bedeute Erwerbsunfähigkeit auch Unmöglichkeit der Arbeitsleistung. Eine solche mögliche Doppelbelastung könne auch im Wege teleologischer Reduktion dadurch ausgeschlossen werden, dass die Betriebsrente bei Bestehen von Entgeltansprüchen ausgeschlossen sei. Die Beklagte könne dem Kläger nicht den Abschluss eines Aufhebungsvertrages abpressen. Das Bestandsschutzinteresse am Arbeitsverhältnis überwiege, wie eine Vielzahl von gesetzlichen Regelungen zeige. Das Abfordern des sinnentleerten Tatbestandsmerkmals könne nicht von durchschlagendem Gewicht sein.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Endurteil vom 24.07.2002 abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, die Klage sei unzulässig, soweit der Kläger seinen Feststellungsantrag im Zeitraum April 2002 bis zur letzten mündlichen Verhandlung nicht auf Leistung umgestellt habe. Die Klage sei im übrigen unbegründet. Die Pensionsordnung der Beklagten stelle eindeutig darauf ab, dass Pensionsberechtigung erst dann bestehe, wenn der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei. Nach Wortlaut und Sprachgebrauch sei hierunter das rechtliche Ausscheiden zu verstehen. Die Pensionsordnung enthalte keine Regelungslücke. Die Betriebspartner hätten solche Fallgestaltungen durchaus gesehen, wie die Regelung des § 3 Abs. 3 zeige; sie hätten die Leistungen dennoch unter die Voraussetzung "Ausscheiden aus den Diensten" gestellt. Eine erweiternde Vertragsauslegung komme nach alldem nicht in Betracht, zumal diese dazu führen würde, dass das Tatbestandsmerkmal "Ausscheiden aus den Diensten" dann bedeutungslos würde. Die Regelung sei mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar. Es bestehe ein sachlicher Grund, zwischen ausgeschiedenen und nicht ausgeschiedenen Arbeitnehmern zu differenzieren, weil hierdurch sichergestellt sei, dass für Arbeitnehmer nicht gleichzeitig Ansprüche auf Arbeitsvergütung und Ruhegeld entstehen könnten. Außerdem sei ein Arbeitnehmer, der nicht ausgeschieden sei, um sich die Möglichkeit offen zu halten, die Arbeitsleistung wieder aufzunehmen, in einer anderen Lage als ein ausgeschiedener Arbeitnehmer. Er erhalte sich die Absicherung für den Zeitraum nach Ende der befristeten Erwerbsunfähigkeit.

Das Endurteil des Arbeitsgerichts ist den Klägervertretern ausweislich ihres Empfangsbekenntnisses am 27.08.2002 zugestellt worden (Bl. 42 d.A.). Der Kläger hat mit Schriftsatz seiner Vertreter vom 27.08.2002, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 28.08.2002, Berufung eingelegt. Er hat diese Berufung mit am 20.09.2002 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 18.08.2002 begründet.

Der Kläger hat sich in der Berufung darauf gestützt, das Arbeitsgericht habe bei der Auslegung der Pensionsordnung nicht hinreichend beachtet, ob dem Kläger die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne gleichzeitig eingeräumten Wiedereinstellungsanspruch habe abverlangt werden dürfen. Die Lösung des Arbeitsgerichts setze Dauerrentenfälle mit befristeten Berentungen absolut gleich; dies sei ungerechtfertigt. Das Bundesarbeitsgericht habe vielfach entschieden, dass Beendigungsklauseln in Arbeitsverträgen nur wirksam seien, wenn sie den Arbeitnehmer dauerhaft absicherten. Die Rechte des Arbeitnehmers müssten auch bei Wegfall des Rentenanspruches hinreichend gesichert sein. Da vorliegend keine Dauerrente vorliege, sei eine Verknüpfung mit dem Arbeitsplatz nicht zulässig. Selbst Beendigungsklauseln in einem Tarifvertrag seien nur dann für zulässig gehalten worden, wenn dem Arbeitnehmer nach Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit ein Wiedereinstellungsanspruch zugesichert sei. Die Position der Beklagten führe dazu, dass er, der Kläger, gezwungen werden solle, sich selbst vom Arbeitsverhältnis zu lösen. Dies sei unzulässig.

Der Kläger stellt als Berufungskläger daher in der Berufungsinstanz folgende Anträge:

I.

Das Urteil des Arbeitsgerichts Würzburg vom 24.07.2002 - Az. 6 Ca 338/02 - wird aufgehoben.

II.

Es wird nach den Schlussanträgen erster Instanz entschieden.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie rügt, dass die Berechnung der Ansprüche nach wie vor nicht nachvollziehbar sei. Sie meint, das Arbeitsgericht habe die Versorgungsordnung als Gesamtzusage korrekt ausgelegt. Diese sehe eindeutig vor, dass der Arbeitnehmer aus den Diensten ausgeschieden sein müsse. Diese Auslegung werde durch § 7 der Pensionsordnung bestätigt, wonach die Betriebsrente nach dem Entgelt vor dem Ausscheiden des Arbeitnehmers berechnet werde. Die Diskussion über die Frage Umgehung des Kündigungsschutzes sei nicht einschlägig, weil es nicht darum gehe, dass der Bezug von Erwerbsunfähigkeitsrente zum Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis führe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des Ersturteils vom 24.07.2002 (Bl. 34 ff. d.A.), die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vom 02.04.2003 (Bl. 87 ff. d.A.) und die zwischen den Parteien in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, weil sie sich gegen ein arbeitsgerichtliches Urteil richtet (§ 64 Abs. 1 ArbGG). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 600,- Euro (§ 64 Abs. 2 b) ArbGG). Die Berufung ist auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO, 66 Abs. 1 S. 1, S. 2 ArbGG).

II.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Urteil des Arbeitsgerichts erweist sich als richtig. Es hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufungskammer folgt den sorgfältigen Erwägungen des Arbeitsgerichts insbesondere in bezug auf die fehlende Begründetheit der Ansprüche, denen sie sich in vollem Umfang anschließt, so dass auf eine erneute, nur wiederholende Darstellung verzichtet werden kann (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Nur ergänzend ist im Hinblick auf die in der Berufung von den Parteien vorgetragenen Argumente noch hinzuzufügen:

1.

Die Pensionsordnung der Beklagten sieht entgegen der Ansicht des Klägers das Tatbestandsmerkmal "und infolge Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung aus den Diensten der L... AG ausscheidet" auch bei befristetem Bezug von Erwerbsunfähigkeitsrente vor. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut und aus dem systematischen Zusammenhang. Ebenso wie in § 2 mit den Merkmalen Erfüllung der Wartezeit und Vollendung des 65. Lebensjahres oder Bezug vorgezogenen Altersruhegeldes legt § 3 Ziff. 1 die Grundvoraussetzungen für den Bezug mit den beiden Merkmalen Erfüllung der Wartezeit und Ausscheiden infolge Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit fest. In Ziff. 3 wird nur die Folge - Gewährung der Pension nicht uneingeschränkt, sondern anders als in § 3 Ziff. 1 nur befristet - geregelt. Wäre die Auffassung richtig, dass Ziff. 3 insgesamt eine eigenständige Regelung für den Pensionsbezug enthalten würde, würde in diesem Fall auch auf die Erfüllung der Wartezeit verzichtet. Es spricht nichts dafür, dass die Beklagte dies beim Erlass der Pensionsordnung beabsichtigt hätte. Auch in allen anderen Regelungen wird auf die in § 5 ausdrücklich definierte Wartezeit abgestellt. Aus diesem Grund scheidet jede andere Interpretation der Pensionsordnung aus.

2.

Mit Recht führt das Arbeitsgericht aus, dass angesichts der Regelung der Invalidenpension bei befristet gewährter Erwerbsunfähigkeitsrente eine Lücke in der Pensionsordnung nicht vorhanden ist. Eine ergänzende Vertragsauslegung, wie sie vom Kläger vorgenommen wird, scheidet daher von vorneherein aus.

3.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass unter "Ausscheiden aus den Diensten" allein die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemeint sein kann. Die Pensionsordnung verwendet den Begriff des Ausscheidens auch in § 15. Dort wird die bis 01.01.2001 im Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung verwendete gesetzliche Begrifflichkeit wiederholt. Auch im allgemeinen Sprachgebrauch wird zwischen "Ausscheiden" einerseits und "Ruhen des Arbeitsverhältnisses" andererseits, bei dem zwar keine Leistungen erbracht werden, das Arbeitsverhältnis aber weiter besteht, unterschieden. Nichts spricht dafür, dass die Pensionsordnung dies in § 3 Ziff. 3 anders gemeint haben könnte.

4.

Die Pensionsordnung verstößt mit der Einschränkung, dass bei Gewährung befristeter Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente die Betriebsrente nur gewährt wird, wenn das Arbeitsverhältnis nicht mehr besteht, nicht gegen gesetzliche Bestimmungen.

a.

Dem steht die vom Kläger für seine Rechtsmeinung in Anspruch genommene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.1999 (Az. 3 AZR 742/98, EzA § 1 BetrAVG Invalidität Nr. 2) nicht entgegen. Die dortige Entscheidung betrifft einen Fall dauernder Berufsunfähigkeit, nicht denjenigen der Befristung. Sie betrifft die Auslegung einer vom Wortlaut unklaren Vertragsbestimmung, insbesondere die Frage, was die Parteien in der dortigen Vereinbarung unter "dauernde Berufsunfähigkeit" verstanden haben. Eine Gleichsetzung von befristeter Erwerbsunfähigkeit und dauernder Erwerbsunfähigkeit verlangt diese Entscheidung nicht.

b.

Dem stehen die vom Kläger angestellten Überlegungen über die Umgehung des Beendigungsschutzes und den faktischen Zwang zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht entgegen. In den vom Kläger zitierten Urteilen des Bundesarbeitsgerichts vom 11.10.1995, vom 06.12.2000 und vom 23.02.2000 - dasselbe gilt für die zitierte Entscheidung des LAG Hamm vom 06.11.1984 - ging es nicht darum, ob der Arbeitgeber Betriebsrente zu zahlen hatte. Streitig war dort vielmehr, ob Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag im Falle festgestellter Berufsunfähigkeit (BAG vom 11.10.1995, 7 AZR 119/95, EzA § 620 BGB Bedingung Nr. 11) oder der Inanspruchnahme einer befristeten Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente durch den Arbeitnehmer (Urteile vom 11.03.1998, 7 AZR 101/97, EzA § 59 BAT Nr. 5, vom 23.02.2000, 7 AZR 126/99, EzA § 620 BGB Bedingung Nr. 15 und vom 06.12.2000, EzA § 620 BGB Bedingung Nr. 16) die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses festlegen könnten. In all diesen Fällen ging es also nicht um die Verpflichtung, Betriebsrente zu zahlen, sondern um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Diese Rechtsprechung hat mit dem vorliegenden Problem daher nichts zu tun. Der Kündigungsschutz, der arbeitsrechtliche Bestandsschutz ist vorliegend in keiner Weise berührt.

c.

Mit Recht wendet die Beklagte ein, dass die Versorgungsordnung eine Invalidenrente völlig hätte ausschließen können, dass sie sich auf die reine Altersrente hätte beschränken dürfen. Der Arbeitgeber, der wie vorliegend auf freiwilliger Basis Versorgungsleistungen verspricht, ist grundsätzlich in der Ausgestaltung der Versorgungsordnung frei. Insbesondere schreibt der Gesetzgeber diejenigen Tatbestände, die er abzusichern hat, nicht vor. Lediglich vom Bestand des Arbeitsverhältnisses darf der Arbeitgeber die Gewährung insoweit nicht dergestalt abhängig machen, dass dem Arbeitnehmer nach einem Ausscheiden aus den Diensten vor Eintritt des Versorgungsfalles die Leistungen nur wegen des vorherigen Ausscheidens verloren gehen (so zuletzt BAG vom 20.11.2001, 3 AZR 550/00, EzA § 1 BetrAVG Invalidität Nr. 3). Ansonsten kann der Arbeitgeber selbst bestimmte Invaliditätsrisiken von der Altersversorgung ausnehmen, er muss diese nur genau bezeichnen (BAG vom 20.11.2001, a.a.O.). Ansonsten ist er in der Zweckbestimmung frei (BAG vom 06.06.1989, 3 AZR 401/87, EzA § 1 BetrAVG Nr. 53; vom 09.01.1990, 3 AZR 319/88, EzA § 1 BetrAVG Nr. 54; vom 17.02.1998, 3 AZR 783/96, EzA § 1 BetrAVG Gleichbehandlung Nr. 14). Es wäre ihm daher nach der Auffassung der Kammer auch unbenommen, den Bezug von Altersversorgung bei befristeter Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente vollständig von Betriebsrentenleistungen auszunehmen.

d.

Mit Recht verweist das Arbeitsgericht darauf, dass das Abhängigmachen vom Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bisher immer akzeptiert worden ist (Urteil vom 05.06.1984, 3 AZR 376/82, EzA § 242 BGB Ruhegeld Nr. 108; BAG vom 15.10.1985, EzA § 1 BetrAVG Nr. 35). Die Kammer schließt sich dieser Rechtsprechung an. Sie sieht keine Notwendigkeit, hieran für die vorliegende Fallgestaltung abzuweichen.

e.

Die Pensionsordnung verstößt auch nicht deswegen gegen höheres Recht, weil sie diejenigen Arbeitnehmer, die befristete Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente erhalten, gegenüber denjenigen mit unbefristeter Rente benachteiligen würde. Zum einen verlangt die Pensionsordnung auch für diejenigen Arbeitnehmer, die eine unbefristete Erwerbsunfähigkeitsrente beziehen, ein Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis. Zum anderen ist die Unterscheidung zwischen ausgeschiedenen und nicht aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmern sachlich gerechtfertigt. Auch der Kläger räumt ein, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Erwerbsunfähigkeit nicht notwendigerweise auch dazu führt, dass dem Arbeitnehmer die Arbeitsleistung dauerhaft unmöglich ist. Insofern wäre es durchaus möglich, dass der Arbeitnehmer ohne die in die Pensionsordnung aufgenommene Voraussetzung des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis sowohl Ansprüche auf Arbeitsentgelt als auch Ansprüche aus der Pensionsordnung anmelden könnte. Mit Recht führt die Beklagte auch aus, das Abstellen auf dieses Tatbestandsmerkmal rechtfertige sich daraus, dass sie nur beim Ausscheiden keinen Arbeitsplatz mehr bereithalten müsse, dass sie nur dann sicher sein könne, nicht erneut Ansprüchen des Klägers auf Arbeitsentgelt ausgesetzt zu sein. Ein weiterer Gesichtspunkt kommt hinzu: Nach der Pensionsordnung errechnen sich Invalidenpension und Alterspension gemäß deren § 8 (für die Invalidenpension über § 9 Ziff. 1 und Ziff. 2 der Pensionsordnung). Berücksichtigt werden dabei die Dienstjahre, die der Arbeitnehmer bei der Beklagten verbracht hat. Dies bedeutet, dass sich die zu beanspruchende Betriebsrente mit den zurückgelegten Dienstjahren erhöht - ein Aussetzen deshalb, weil Arbeitsleistungen in bestimmten Jahren nicht erbracht und Arbeitsentgelte wegen längerer Arbeitsunfähigkeit nicht gezahlt werden, sieht die Pensionsordnung nicht vor. Der Kläger, der sein Arbeitsverhältnis wegen des Bezugs von befristeter Erwerbsunfähigkeitsrente - verständlicherweise - nicht beenden will, erwirbt also weitere Dienstzeiten bei der Beklagten, die sich auf eine spätere Invaliden- oder Altersrente steigernd auswirken. Würde man die Beklagte verpflichten, die Invalidenrente ohne Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zahlen, hätte er doppelte Vorteile. Auch dieser Gesichtspunkt zeigt, dass es sachlich gerechtfertigt ist, das Ausscheiden und den damit verbundenen Verlust der Möglichkeit, höhere Betriebsrentenansprüche zu erwerben, als sachlich gerechtfertigt anzusehen. Dem Kläger bleibt unbenommen, selbst zu kündigen. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte aus Gesichtspunkten ihrer Fürsorgepflicht gezwungen sein könnte, ein unbedingtes, nicht vom Vorliegen weiterer Voraussetzungen abhängiges Angebot des Klägers auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages anzunehmen. Diese Frage hat der Kläger entgegen der Ankündigung im Schriftsatz ans Arbeitsgericht vom 05.07.2002 nicht mehr in die Entscheidung des Gerichts gestellt. Es kann auch dahinstehen, ob die Beklagte aus Gründen nachwirkender Fürsorgepflicht bei einem Ausscheiden des Klägers verpflichtet sein könnte, ihn im Falle der gesicherten Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit bei Vorhandensein eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes (vgl. zu dieser zusätzlichen Voraussetzung BAG vom 23.02.2000, Az. 7 AZR 126/99, a.a.O.) wieder einzustellen. Der Kläger begehrt für vergangene und zukünftige Zeiten Altersrente nach der Pensionsordnung. Er erfüllt die hierfür erforderlichen Voraussetzungen derzeit nicht.

5.

Nach alldem kann dahinstehen, ob der Anspruch schon daran scheitert, dass die Höhe der vom Kläger begehrten Ansprüche nicht nachvollziehbar dargelegt ist. Hiervon geht die Kammer zwar aus. Angesichts des Fehlens der Anspruchsvoraussetzungen kam es auf diese Frage jedoch nicht mehr an. Das Urteil des Arbeitsgerichts erweist sich richtig. Die Berufung war daher zurückzuweisen.

6.

Der Kläger, vorliegend Berufungsführer, hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO).

7.

Für die Zulassung der Revision bestand kein gesetzlich begründeter Anlass. Die Parteien streiten über die Auslegung einer Pensionsordnung in einer Rechtsfrage, die vom Bundesarbeitsgericht in mehreren Urteilen ebenso entschieden wurde und daher als geklärt anzusehen ist.

Ende der Entscheidung

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