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Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 10.06.2008
Aktenzeichen: 11 Sa 332/07
Rechtsgebiete: TVÜ-VkA


Vorschriften:

TVÜ-VkA § 5 Abs. 1
Der Kläger wurde zum 01.10.2005 von den Vergütungsregeln des BAT in den TVöD übergeleitet. Seine weiterhin nach BAT vergütete Ehefrau befand sich zu diesem Zeitpunkt in Sonderurlaub aus familiären Gründen. Bei der Bemessung des Vergleichsentgelts berücksichtigte die Beklagte beim Kläger den Ortszuschlag in voller Höhe. Zum 01.12.2005 nahm die Ehefrau ihre Arbeit wieder auf. Daraufhin reduzierte die Beklagte das Vergleichsentgelt beim Kläger um den ehegattenbezogenen Anteil des Ortszuschlags.

Klage und Berufung hatten keinen Erfolg. Eine Auslegung der Überleitungsvorschrift in § 5 Abs. 1 TVÜ-VkA ergibt, dass nicht allein auf die Höhe der tatsächlich im September 2005 gezahlten Bezüge abzustellen ist. Die Formulierung stellt auf die dem Ehegatten "zustehenden Bezüge" ab und damit auf eine abstrakte Betrachtungsweise. Wenn die Ehefrau des Klägers im September 2005 vorübergehend keine Bezüge erhalten hat, folgt daraus keine dauerhafte finanzielle Besserstellung des Klägers bei der Überleitung. Auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung ist dies Ergebnis nicht zu beanstanden, da das BAG von den Tarifvertragsparteien nicht verlangt, dass bei einer Überleitung sämtliche auftretenden Unterschiede berücksichtigt und ausgeglichen werden.


LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 Sa 332/07

In dem Rechtsstreit

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 10. Juni 2008 durch

den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Voigt, den ehrenamtlichen Richter Herrn Lohn, den ehrenamtlichen Richter Herrn Drechsel für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 05.02.2007- 2 Ca 585/06 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die richtige Berechnung des Vergleichsentgelts nach Überleitung des Arbeitsverhältnisses des Klägers vom Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT) auf den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD).

Der am 0.0.1964 geborene und verheiratete Kläger ist seit dem 6.3.1989 bei der Beklagten beschäftigt, seit dem 01.01.1999 im Angestelltenverhältnis. Zuletzt war er eingruppiert in die Vergütungsgruppe BAT VII. Das Beschäftigungsverhältnis wurde auf Grund der Einführung des TVöD im Bereich der Kommunen zum 01.10.2005 nach dem Tarifvertrag für die Überleitung (TVÜ-VkA) auf die Vergütungsregelungen des TVöD übergeleitet. Der Kläger wurde mit Schreiben der Beklagten vom 01.10.2005 (Bl. 20, 21 d. A.) darüber infomiert, dass er infolge der Berechnung des für ihn maßgeblichen Vergleichsentgelts in die Entgeltgruppe 5 Stufe 5 übergeleitet werde. Dabei wurde der Ortszuschlag (BAT) nach Tarifklasse II Stufe 3 berücksichtigt. Sowohl dieses Schreiben als auch die in den nächsten Monaten erteilten Gehaltsabrechnungen (Bl. 7 - 11 d.A.) enthalten einen ausdrücklichen Vorbehalt wegen der Umstellung auf den TVöD.

Die Ehefrau des Klägers ist ebenfalls als Angestellte im öffentlichen Dienst beschäftigt. Für ihr Arbeitsverhältnis gilt weiter der BAT. Im September 2005 befand sie sich ein einem unbezahlten Sonderurlaub. Zum 01.12.2005 nahm sie ihre Tätigkeit in Teilzeit wieder auf. Laut Vergleichsmitteilung ihres Arbeitgebers vom 09.12.2005 (Bl. 28, 29 d. A.) erhält sie ab Dezember 2005 den Unterschiedsbetrag zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des maßgeblichen Ortszuschlages in voller Höhe gezahlt.

Die Beklagte nahm im Abrechnungsmonat April 2006 für die Monate Dezember 2005 bis April 2006 eine Rückrechnung in Höhe von 569, 88 € brutto vor, von denen unstreitig 407, 28 € brutto auf der Neuberechnung des Vergleichsentgeltes aufgrund des Ehegattenanteils am Ortszuschlag beruhen. Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 18.04.2006 widersprochen hatte (Bl. 30, 31 d.A.), teilte die Beklagte mit Schreiben vom 09.05.2006 (Bl. 5, 6 d.A.) mit, richtig sei für die Berechnung des Vergleichsentgelts der Ortszuschlag der Stufe 1 zu berücksichtigen, weil seine Ehefrau nach § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VkA in Verbindung mit § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT grundsätzlich den Ortszuschlag der Stufe 2 bei ihrem Arbeitgeber habe beanspruchen können. Für die Dauer der Sonderurlaubs der Ehefrau sei dem Kläger übertariflich der Unterschiedsbetrag zum Ortszuschlag der Stufe 2 gezahlt worden. Diese Möglichkeit sei mit der Wiederaufnahme der Tätigkeit zum 01.12.2005 entfallen.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger Auszahlung der verrechneten Beträge. Wegen der beiderseits vertretenen Rechtsauffassungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Arbeitsgericht Oldenburg hat mit Urteil vom 5. Februar 2007 die Klage abgewiesen, den Gegenstandswert auf 407,28 € festgesetzt und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass bei der Berechnung des Vergleichsentgelts nach § 5 Abs. 1 TVÜ-VkA es allein darauf ankomme, ob eine andere Person, hier die Ehefrau des Klägers, ortszuschlagsberechtigt sei, nicht jedoch in welcher Höhe das der Fall sei. Dieser Grundsatz werde nur durch den 2. Halbsatz des § 5 Abs. 2 S. 2 TVÜ-VkA durchbrochen, wenn der TVöD auch auf den Ehegatten Anwendung finde. Das war bei dem Kläger bzw. dessen Ehefrau jedoch nicht der Fall. Der Umstand, dass die Ehefrau des Klägers zum Stichtag der Überleitung am 1. Oktober 2005 Sonderurlaub ohne Bezüge gehabt habe, habe daran nichts geändert. Die Beklagte habe von der übertariflichen Möglichkeit Gebrauch gemacht, noch bis zur Wiederaufnahme der Arbeit durch die Ehefrau neben dem Vergleichsengelt mit dem Ortszuschlag der Stufe 1 die Differenz zur Stufe 2 (Ehegattenanteil) übertariflich zu zahlen. Die Grundlage dieser übertariflichen Gewährung des Ehegattenanteils am Ortszuschlag sei mit Wiederaufnahme der Tätigkeit der Ehefrau zum 1. Dezember 2005 entfallen.

Mit der Regelung des § 5 Abs. 2 TVÜ-VkA werde bezweckt, dass durch die Überleitung in sogenannten Konkurrenzfällen, bei denen der Ehegatte den Ortszuschlag der Stufe 2 beanspruchen kann, eine Erhöhung des zusammengerechneten Einkommens in Folge der Überleitung auf den TVöD ausgeschlossen wird. Der Kläger würde andernfalls besser gestellt, als in dem Fall, dass seine Ehefrau schon im Zeitpunkt der Überleitung wieder ein Arbeitsentgelt bezogen habe. Dafür bestehe kein sachlicher Grund. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Tarifvertragsparteien bezweckt hätten, dass das Familieneinkommen in jedem Fall immer gleich bleiben soll.

Die Anrechnungsvorschrift des § 5 Abs. 2 S. 2 TVÜ-VkA verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere Art. 3 GG. Zur Gewährung eines sozialen, familienbezogenen Ausgleichs seien die Tarifvertragsparteien verfassungsrechtlich nicht verpflichtet. Sie seien nach dem Gleichbehandlungsgebot lediglich gehindert, bestimmte Arbeitnehmergruppen ohne sachlich vertretbaren Grund von dieser familienbezogenen Vergütung ganz oder teilweise auszunehmen. Es bestünden im Ergebnis keine Bedenken, wenn der Kläger nunmehr trotz gleicher Arbeitsleistung eine geringere Vergütung erziele, da der sozialen familienbezogenen Leistung gerade keine konkrete Gegenleistung des Angestellten zugrunde liege.

Gegen dieses ihm am 13. Februar 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27. Februar 2007 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist fristgerecht am 24. April 2007 begründet.

Der Kläger führt zur Begründung der Berufung aus:

Auszugehen sei von der tariflichen Regelung des § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT, wonach dem Kläger unstrittig Ortszuschlag der Tarifklasse II Stufe 3 zu zahlen war, solange seine Ehefrau sich im unbezahlten Sonderurlaub befand. § 5 Abs. 2 S. 2 HS 1 TVÜ-VkA spreche den Konkurrenzfall nach § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT an und bestimme, dass in diesen Fällen nur der Betrag der Stufe 1 zugrunde gelegt werde. In der Kommentarliteratur werde davon ausgegangen, dass maßgebend die Verhältnisse im Monat September 2005 seien. Änderungen des Familienstandes im Oktober 2005 sollten sich auf das Vergleichsentgelt nicht auswirken. Nicht nachvollzogen werden könne hingegen, dass es allein darauf ankommen solle, dass die andere Person ortszuschlagsberechtigt ist, hierfür seien dem Wortlaut des § 5 Abs. 2 S. 2 TVÜ-VkA keinerlei Anhaltspunkte zu entnehmen. Wenn die Ehefrau des Klägers zum 1. Oktober 2005 erstmalig in den öffentlichen Dienst im Geltungsbereich des BAT eingetreten wäre, würde die Konkurrenzregelung jedenfalls nicht eingreifen. Wenn umgekehrt die Ehefrau des Klägers nach dem 30. September 2005 unbezahlten Erziehungsurlaub nehmen würde, erhielte der Kläger ebenfalls auf Dauer nur ein Vergleichsentgelt nach der Stufe 1. Die Stichtagsregelung enthalte danach sowohl Schlechter- als auch Besserstellungsvarianten. Für beides seien sachliche Gründe nicht erkennbar. Die Umstände seien allein einer pauschalierenden Stichtagsregelung geschuldet.

Bei der Stichtagsregelung bestehe auch keine Regelungslücke. Aus § 11 Abs. 1 TVÜ-VkA (Besitzstandszulage für kinderbezogene Entgeltbestandteile) werde deutlich, dass die Tarifvertragsparteien die Problematik der Änderung der Familienverhältnisse nach Überleitung bewusst gesehen hätten. Weder die Konkurrenzregelung nach § 29 BAT noch die nach § 5 TVÜ-VkA gingen von einer fiktiven Berechtigung aus, es komme allein auf die zum Stichtag geleistete tatsächliche Zahlung an.

Der Kläger hat in der Berufung seinen erstinstanzlichen Zahlungsantrag um einen Feststellungsantrag erweitert und beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 5. Februar 2007 - 2 Ca 585/06 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 407,28 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. November 2006 zu zahlen,

ferner festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger über den 31. März 2006 hinaus Vergütung nach einem Vergleichsentgelt entsprechend § 5 Abs. 2 TVÜ-VkA unter Zugrundelegung des Ortszuschlags der Stufe 2 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält zum einen den in der Berufung gestellten Feststellungsantrag für unzulässig. Im Übrigen hält sie die Berufung für unbegründet. Bei der Anwendung des § 5 Abs. 2 TVÜ-VkA sei entscheidend, dass die Ehefrau des Klägers im September 2005 ortszuschlagsberechtigt gewesen sei, nicht hingegen ob sie tatsächlich Ortszuschlag der Stufe 2 erhalten habe. Diese Auffassung vertrete auch das Rundschreiben des Bundesinnenministeriums vom 10. Oktober 2005 (Bl. 105 - 107 d.A.) zum wortgleichen § 5 Abs. 2 TVÜ-Bund. Die gegenteilige Auffassung, es käme auf die tatsächliche Zahlung an den Kläger an, sei nicht zutreffend. Dass § 5 Abs. 2 Satz2 TVÜ-VkA keine wörtlichen Ausführungen über ein evtl. Ruhen des Arbeitsverhältnisses oder Sonderurlaub mache, sei unerheblich. Es genüge die Möglichkeit, den Ortszuschlag in Anspruch nehmen zu können, sobald das Arbeitsverhältnis wieder aktiviert werde. Im Ergebnis sei zu bedenken, dass bei dauerhafter Berücksichtigung des Ortszuschlages der Stufe 2 im Vergleichsentgelt der Kläger besser gestellt würde als Beschäftigte, deren weiterhin nach BAT vergüteter Ehegatte durchgängig gearbeitet und Vergütung erhalten habe. Es sei Sinn und Zweck des § 5 Abs. 2 S. 2 TVÜ-VkA gewesen, eine Erhöhung des Familieneinkommens durch die Überleitung zu vermeiden. Wenn § 5 TVÜ-VkA im Gegensatz zu § 11 Abs. 1 S. 2 TVÜ-VkA die mögliche nachträgliche Änderung der Familienverhältnisse nicht regele, spreche dies unmissverständlich dafür, dass die Tarifvertragsparteien eine spätere Änderung des Vergleichsentgelts gerade nicht gewollt hätten. Stichtagsregelungen wie die des § 5 TVÜ-VkA seien auch unter Gleichbehandlungsgrundsätzen zulässig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Protokollerklärung der Parteien Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist gem. §§ 64, 66 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO zulässig.

Auch der in der Berufung erweiternd gestellte Feststellungsantrag des Klägers ist zulässig, weil eine Entscheidung über den bloßen Zahlungsantrag keine mit Rechtskraft bindende Klärung zwischen den Parteien für die Zukunft entfalten würde. Die Erweiterung ist auch sachdienlich.

Die Berufung ist aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit im wesentlichen zutreffender Begründung abgewiesen.

Bei der Berechnung des Vergleichsentgelts ist nach § 5 Abs. 2 S. 2, 1. Halbs. TVÜ-VkA nicht dauerhaft der Ortszuschlag nach Stufe 2 zugunsten des Klägers zu berücksichtigen. Dies ergibt sich aus der wörtlichen, systematischen und teleologischen Auslegung der Vorschriften. Der normative Teil eines Tarifvertrages ist nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln auszulegen. Zunächst ist vom Tarifwortlaut auszugehen. Zu ermitteln ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne an den Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist jedoch der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Zweck der Tarifnormen zu berücksichtigen, sofern und soweit dieser Wille in den Tarifnormen seinen Niederschlag gefunden hat. Hierzu ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen, weil häufig nur aus ihm und nicht aus der einzelnen Tarifnorm auf den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen und nur bei Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Sinn und Zweck zutreffend ermittelt werden können. Noch verbleibende Zweifel können ohne Bindung an eine Reihenfolge mittels weiterer Kriterien wie der Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch der praktischen Tarifübung geklärt werden. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. nur BAG Urt. vom 27.4.2006 - 6 AZR 440/04 - AP § 29 BAT Nr. 19).

§ 5 Abs. 1 TVÜ-VkA formuliert den Grundsatz, wonach ein Vergleichsentgelt auf der Grundlage der im September 2005 erhaltenen Bezüge gebildet wird. Unstrittig folgt daraus, dass Änderungen im Personenstand, ferner die Aufnahme oder Beendigung einer Berufstätigkeit des Ehegatten nach dem 01.10.2005 unberücksichtigt bleiben. Hätten die Tarifvertragsparteien die Besitzstandswahrung abschließend anhand der tatsächlich im September 2005 erhaltenen Bezüge bemessen wollen, wären weitere ergänzende tarifliche Regelungen entbehrlich gewesen. Stattdessen sieht § 5 Abs. 2 TVÜ-VkA jedoch vor, dass das maßgebliche Vergleichsentgelt unter verschiedenen Gesichtspunkten zu bereinigen und zu modifizieren ist. Die Tarifvertragsparteien selbst bringen damit zum Ausdruck, dass insbesondere bezüglich der Ortszuschlagsberechtigung die tatsächlich im September 2005 erhaltenen Bezüge nicht zwingend für die Berechnung des Vergleichsentgelts maßgebend sind. Der Wortlaut weicht an dieser Stelle von der Formulierung in § 5 Abs. 1 TVÜ-VkA ab. Statt der "erhaltenen Bezüge" wird in § 5 Abs. 2 S. 2, 1. Halbs. TVÜ-VkA darauf abgestellt, ob auch eine andere Person ortszuschlagsberechtigt i. S. v. § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT ist (so auch Sponer/Steinherr, Tarifvertrag für den öffentl. Dienst § 5 TVÜ-VkA Erl. 8). Die Unterscheidung zwischen tatsächlich gezahlter Vergütung und abstrakter Betrachtungsweise ist somit im Wortlaut der Tarifvorschrift selbst verankert. Dies entspricht auch der sprachlichen Fassung des § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT, auf den in § 5 Abs. 2 S. 2 TVÜ-VkA verwiesen wird. Auch dort wird nicht auf die tatsächliche Zahlung des Ortszuschlags an den Ehegatten abgestellt, sondern im Konjunktiv formuliert.

Hinsichtlich der Beurteilung der verschiedenen von den Parteien gebildeten Vergleichsbeispiele spielt eine Rolle die Frage, ob § 5 Abs. 2 S. 2 TVÜ-VkA den Zweck verfolgt, bei der Umstellung der Vergütungsstrukturen das Familieneinkommen in der bisherigen Höhe zu erhalten oder umgekehrt den ehegattenbezogenen Anteil am Ortszuschlag beider Ehegatten gemeinsam auf 100 % zu begrenzen. Wie schon § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT regelt § 5 Abs. 2 S. 2 TVÜ-VkA ausschließlich solche Fälle, in denen der Ehegatte ebenfalls im öffentlichen Dienst tätig ist. In allen Fällen, in denen der Ehegatte nicht im öffentlichen Dienst tätig ist, bleibt es völlig unerheblich, ob der Ehegatte bei einem privaten Arbeitgeber in Vollzeit, in Teilzeit beschäftigt ist oder gar kein eigenes Arbeitseinkommen erzielt. In all diesen Fällen verbleibt es dabei, dass der im öffentlichen Dienst tätige Ehegatte auch bei der Umstellung der Tarifvergütung im Vergleichsentgelt der volle Ortszuschlag berücksichtigt wird. Die Beschränkung der Regelung auf die Sachverhalte, in denen der Ehegatte ebenfalls im öffentlichen Dienst tätig ist, kann daher nur so verstanden werden, dass die insoweit immer noch als Einheit verstandenen öffentlichen Arbeitgeber bezüglich der ehegattenbezogenen Komponenten von einer mehrfachen Inanspruchnahme geschützt werden sollen. Im Zusammenhang mit einer Teilbeschäftigung des Ehegatten hat das BAG zu § 29 BAT ferner die Auffassung vertreten, aus der Vorschrift folge nicht, dass die ehegattenbezogenen Anteile zusammen immer mindestens 100% erreichen müssten (Urteil vom 27.4.2006 - 6 AZR 437/05 - AP § 29 BAT Nr. 19).

Schließlich ist es auch stimmig, für die Überleitung den Ehegatten fiktiv als berufstätig zu behandeln, weil der im September 2005 beurlaubte Angestellte selbst nach § 5 Abs. 6 S.1, 1. Halbs. TVÜ-VkA ebenfalls so gestellt wird, als habe er für alle Tage dieses Monats Bezüge erhalten.

Insofern führt die Auslegung der Tarifvorschrift nach Wortlaut, Systematik und Regelungszweck jeweils zu dem selben Ergebnis, dass die Ehefrau des Klägers trotz vorübergehenden unbezahlten Sonderurlaubs als ortszuschlagsberechtigt zu behandeln ist, mit der Folge, dass das Vergleichsentgelt des Klägers sich dauerhaft lediglich nach dem Ortszuschlag der Stufe 1 berechnet (anders Dannenberg in: Bepler/Böhkle/Martin/Stöhr, TVöD Kommentar § 5 TVÜ-VkA Rn. 11a).

Gegen dieses Ergebnis bestehen auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung keine Bedenken. Beide Parteien haben eine Reihe von Vergleichsfällen geschildert, die deutlich machen, dass bei der Anwendung einer derartigen Stichtagsregelung aufgrund der Vielzahl der möglichen Fallgestaltungen vollständig stimmige Ergebnisse nicht immer erzielt werden können. Dies liegt in der Natur der Sache, wenn in einem tariflichen Regelwerk so grundlegende Strukturen wie die Berücksichtigung familienbezogener Komponenten verändert werden. Nach der Rechtsprechung des BAG steht den Tarifvertragsparteien dabei ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Sie brauchen nicht die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung zu wählen. Vielmehr genügt es, wenn sich für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund ergibt. Die Tarifvertragsparteien sind nicht verpflichtet, ein Regelwerk zu schaffen, das bei der Überleitung von Beschäftigten aus einem Tarifvertrag in einen anderen sämtliche auch nur mittelbar auftretenden Unterschiede berücksichtigt und finanziell ausgleicht (Urteil vom 25. 10. 2007 - 6 AZR 95/07 - ZTR 07, 671; Urteil vom 27.4.2006 - 6 AZR 437/05 - AP § 29 BAT Nr. 19; vgl. auch ErfK/Dieterich/Schmidt 8. Aufl. Art. 3 GG Rn, 45, 46).

Dem Ortszuschlag der Stufe 2 kommt eine soziale, familienbezogene Ausgleichsfunktion zu. Er soll die unterschiedlichen Belastungen auf Grund des Familienstandes berücksichtigen. Der TVöD sieht derartige Vergütungsbestandteile nicht mehr vor. Auf Grund seiner besonderen, sozial geprägten Funktion steht der Ortszuschlag nicht in demselben unmittelbaren Gegenseitigkeitsverhältnis zur Arbeitsleistung wie die Grundvergütung. Dies rechtfertigt es, bei der Schaffung von tariflichen Überleitungsvorschriften einen weiten Maßstab anzulegen. Die Tarifvertragsparteien sind freier darin, unter Inkaufnahme im Einzelfall eintretender mittelbarer Nachteile Bestimmungen zu treffen, mit denen solche Vergütungsbestandteile in generalisierender Weise behandelt werden (BAG vom 27.10.2007 a.a.O.).

Die gesonderte tarifliche Regelung in § 11 TVÜ-VkA über die Berücksichtigung der kindergeldbezogenen Bestandteile des Ortszuschlags belegt, dass die Tarifvertragsparteien bewusst zwischen den ehegattenbezogenen und kindergeldbezogenen Bestandteilen unterscheiden wollten. Was die inhaltliche Ausgestaltung angeht, lassen sich aus § 11 TVÜ-VkA aber keine weiteren Rückschlüsse auf § 5 Abs. 2 S. 2 TVÜ-VkA ziehen. Die Kostentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision ist gem. § 72 Abs. 2 S. 1 ArbGG zugelassen worden.

Ende der Entscheidung

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