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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 20.06.2008
Aktenzeichen: 12 Sa 35/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 612 a
Eine Benachteiligung i. S. von § 612 a BGB liegt nicht vor, wenn der Arbeitgeber eine Lohnerhöhung, die Bestandteil eines Änderungsangebotes an alle Arbeitnehmer war, nur an die Arbeitnehmer zahlt, die das Änderungsangebot angenommen haben. Es liegt auch kein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vor, weil der Zweck der Leistung - teilweise Kompensation verlängerter Wochenarbeitszeiten ohne Lohnausgleich - die Ungleichbehandlung rechtfertigt.
LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

12 Sa 35/08

In dem Rechtsstreit

hat die 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juni 2008 durch

den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Mestwerdt, den ehrenamtlichen Richter Herrn Behrens, den ehrenamtlichen Richter Herrn Friederichs für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 28.11.2007 - 4 Ca 459/07 - abgeändert und klarstellend wie folgt gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf € 588,86 für den Zeitraum vom 24.08.2007 bis zum 08.11. 2007 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche des Klägers.

Der am 00.00.1974 geborene Kläger war bei der Beklagten als Tischler zu einem Stundenlohn von 11,80 € brutto beschäftigt. Kraft vertraglicher Vereinbarung betrug die Arbeitszeit des Klägers 35 Wochenstunden.

Die Beklagte bot allen Arbeitnehmern in der Fertigung Anfang 2007 den Abschluss geänderter Arbeitsverträge mit Wirkung zum 01.01.2007 an. Dieses Angebot sah u. a. vor:

"Ab 01.01.2007 wird die Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden erhöht. Für die 5 Stunden (ohne Lohnausgleich) mehr, bekommt der Mitarbeiter garantiert die freiwillige Sondervergütung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes, auf das ohnehin kein Rechtsanspruch besteht, sowie eine einmalige Lohnerhöhung. Zusätzlich bekommt der Mitarbeiter einen festen Monatslohn, auf dem entsprechend das Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie die Lohnerhöhung gezahlt wird."

Es folgt eine Beispielsrechnung auf der Grundlage der 35-Stunden-Woche im Vergleich mit der angebotenen Neuregelung auf der Grundlage einer 40-Stunden-Woche. Danach wird anstelle des alten Monatslohns und dem einmal jährlich ausgekehrten Urlaubs- und Weihnachtsgeld nun ein verstetigter Monatslohn unter Einbezug von Urlaubs-, Weihnachtsgeld und zweiprozentiger Lohnerhöhung gezahlt. Weiter heißt es:

"Ihr Vorteile: Sie behalten Ihren Lohn inkl. der freiwilligen Sonderleistungen in Form von Urlaubs- und Weihnachtsgeld und bekommen noch 2 % Lohnerhöhung. Sie bekommen das freiwillige Urlaubs- und Weihnachtsgeld fortlaufend garantiert ausgezahlt, auf das Sie ohnehin keinen Rechtsanspruch hätten und können jeden Monat mit einem gleichbleibenden Lohn rechnen, egal wieviel Arbeitstage/Urlaubstage/Kranktage und Feiertage im Monat sind."

Der Kläger lehnte das Angebot ab. Die Beklagte zahlte daraufhin weiter einen Stundenlohn von 11,80 €. Sofern der Kläger mehr als 35 Stunden arbeitete, vergütete die Beklagte dem Kläger die über die 35te Stunde hinaus geleistete Arbeitszeit ebenfalls mit einem Stundenlohn von 11,80 €. Eine Lohnerhöhung von 2% erhielt der Kläger im Gegensatz zu den Mitarbeitern, die das Änderungsangebot angenommen hatten, nicht.

Im Betrieb der Beklagten werden auf der Grundlage von Betriebsvereinbarungen mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat Schichtzulagen gezahlt. Nach der Betriebsvereinbarung vom 12.01.2007 gelten insoweit nach Ziffer 4. (zusätzliche Vereinbarungen, Schichtzuschläge etc.) folgende Regelungen:

"Nachtschicht: Für die Nachtschicht gilt eine Nachtschichtzulage von 20 % als vereinbart. In der Nachtschicht werden weiterhin die bezahlten Pausen (2 * 15 min) gewährt. Zudem bleibt es bei der Regelung, daß nach 30 geleisteten Nachtschichten der Mitarbeiter eine zusätzliche Freischicht erhält, die als zusätzlicher Urlaubstag gewertet wird/werden.

Samstagsschicht: Für die Samstagsschicht gilt eine Schichtzulage von 20 % als vereinbart.

..."

Im Einzelnen wird Bezug auf das zu den Akten gereichte Exemplar der Betriebsvereinbarung genommen (Bl. 38 d. A.).

Der Kläger arbeitete am 17.03.2007 und am 28.04.2007 in der Schicht von Freitag, 22.00 Uhr bis Samstag, 6.00 Uhr. Die Beklagte zahlte dem Kläger die Nachtschichtzulage von 20%, nicht aber einen weiteren Samstagszuschlag. Die Beklagte hat im 1. Halbjahr 2007 regelmäßig in der Zeit von Sonntag, 22.00 Uhr bis Samstag, 14.00 Uhr produziert. Die letzte wöchentliche Nachtschicht lief von Freitag, 22.00 Uhr bis Samstag, 6.00 Uhr. Es schloss sich eine weitere Schicht am Samstag an von 6.00 Uhr bis 14.00 Uhr. In der Vergangenheit wurden Zuschläge nicht kumulativ gezahlt.

Der Kläger macht mit der Klage geltend die zweiprozentige Lohnerhöhung für den Zeitraum von Januar bis Juni 2007 in unstreitiger Höhe von 253,71 € brutto und vertritt die Auffassung, er werde durch Vorenthaltung der Lohnerhöhung deshalb gemaßregelt i. S. von § 612a BGB, weil er die angetragene Vertragsänderung abgelehnt habe. Für die Arbeitsleistungen an den Samstagen von 0.00 Uhr bis 6.00 Uhr stehe ihm darüber hinaus die 20%ige Samstagsschichtzulage zu. Der Kläger hat zunächst auch das nicht an ihn ausgekehrte Urlaubsgeld eingeklagt. Diesbezüglich hat die Beklagte im Verlauf des Prozesses Zahlungen erbracht. Der Kläger verfolgt insoweit noch den Zinsanspruch wegen der verspäteten Zahlung. Dieser Anspruch ist zwischen den Parteien nicht streitig.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 871,74 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.08.2007 abzüglich am 08.11.2007 gezahlter € 588,86 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

und sich darauf berufen, ein Anspruch auf Lohnerhöhung bestehe nicht, da der Kläger das Angebot abgelehnt habe. Mit der Lohnerhöhung habe die Verdienstminderung für die Arbeitnehmer wegen der zusätzlich geleisteten Stunden zumindest teilweise ausgeglichen werden sollen. Diese Differenzierung sei gegenüber dem Kläger zulässig, da er das Angebot abgelehnt habe und deshalb vertragsgemäß auch über die 35. Wochenstunde hinaus seine vertraglich vereinbarte Vergütung erhalte.

Der Zulagenanspruch sei erfüllt. Eine Kumulation der Zuschläge (Nachtschicht- bzw. Samstagsschichtzulage) finde nicht statt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und darauf abgestellt, in der Nichtzahlung der zweiprozentigen Lohnerhöhung liege eine Vorenthaltung von Vorteilen, die dem Kläger wegen einer Verletzung des Maßregelungsverbotes von § 612 a BGB zustünde. Der Kläger habe auch Anspruch auf eine weitere 20%ige Zulage für die Samstagsschicht für insgesamt 12 Arbeitsstunden am 17.03. und 28.04.2007. Eine Auslegung der Betriebsvereinbarung vom 12.01.2007 ergebe, dass eine Kumulierung von Zuschlägen nicht ausgeschlossen sei. Diesbezüglich fehle es an einer Regelung. Bezüglich der weiteren Entscheidungsgründe wird verwiesen auf das angefochtene Urteil. Das Arbeitsgericht hat die Berufung nach § 64 Nr. 2a ArbGG zugelassen.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 21.12.2007 zugestellte Urteil am 09.01.2008 Berufung eingelegt und diese am 20.02.2008 begründet. Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag und beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 28.11.2007 - 4 Ca 459/07 - abzuändern und die Klage (mit Ausnahme der Verurteilung zur Zinszahlung) abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

und verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung der Beklagten vom 20.02.2008, die Berufungserwiderung des Klägers vom 18.03.2008 sowie auf die Erörterung in der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 64 Abs. 2 a ArbGG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und damit zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

Der Kläger hat weder Anspruch auf Zahlung eines um 2 % höheren Lohnes für den streitgegenständlichen Zeitraum (1.) noch auf Zahlung eines weiteren Schichtzuschlages für den 17.03. und 24.04.2007 (2.).

1. Die Klage ist in Bezug auf die Zahlung einer um 2 % höheren Vergütung von Januar bis Juni 2007 unbegründet.

a) Ein Anspruch ergibt sich nicht aus § 612 a BGB.

aa). Gemäß § 612 a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Eine Benachteiligung im Sinne von § 612 a BGB setzt nicht notwendig voraus, dass sich die Situation des Arbeitnehmers gegenüber dem bisherigen Zustand verschlechtert. Das Maßregelungsverbot kann auch verletzt sein, wenn dem Arbeitnehmer Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber anderen Arbeitnehmern gewährt, weil sie ihre Rechte nicht ausgeübt haben (stRspr. BAG, Urteil vom 14.03.2007 - 5 AZR 420/06; 31.05.2005 - 1 AZR 254/04 - AP BetrVG 1972, § 112 Nr. 175). Das Maßregelungsverbot ist nur dann verletzt, wenn zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund, d. h. das wesentliche Motiv, für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet (BAG, Urteil vom 14.03.2007 - 5 AZR 420/06). Das Maßregelungsverbot dient allerdings nicht dazu, den Arbeitsvertragsparteien die anerkannt zulässigen Möglichkeiten zur Gestaltung der Arbeits- und Ausscheidensbedingungen zu nehmen. Hat der Arbeitgeber sein Verhalten an der Rechtsordnung orientiert, liegt keine nach § 612 a BGB unzulässige Benachteiligung vor. Das in § 612 a BGB zum Ausdruck kommende Unwerturteil ist in diesem Fall nicht gerechtfertigt, auch wenn sich aus dem Verhalten des Arbeitgebers Nachteile für den Arbeitnehmer ergeben (BAG, Urteil vom 14.02.2007 - 7 AZR 95/06 - AP Nr. 18 zu § 612 a BGB).

bb). Danach liegt eine Benachteiligung des Klägers nicht vor. Die Beklagte hat ihren Arbeitnehmern ein Änderungsangebot unterbreitet, das rechtlich - weil weder eine Tarifunterschreitung noch sonstige Unwirksamkeitsgründe erkennbar sind - nicht zu beanstanden ist. Mit ihrem Angebot - Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich, im Gegenzug zum teilweisen Ausgleich verstetigte Zahlung bisher freiwillig gewährter Sondervergütungen sowie eine Lohnerhöhung von 2 % - bewegte sich die Beklagte im Rahmen der Vertragsfreiheit; der Kläger konnte dieses Angebot im Paket annehmen oder es ablehnen. Der Kläger es abgelehnt.

Der Kläger ist auch materiell nicht benachteiligt. Der Kläger hat nach der Erörterung in der Kammerverhandlung auch überwiegend 40 Stunden gearbeitet. Die Beklagte vergütete ihm jede geleistete Stunde zu 11,80 €, während die Arbeitnehmer, die das Angebot angenommen haben, für 40 geleistete Wochenstunden nur einen Stundensatz von umgerechnet 10,33 € pro Stunde erhalten haben. Selbst unter Berücksichtigung der angebotenen Lohnerhöhung um 2% ergibt sich ein Stundensatz von nur ca. 10,50 €. Eine materielle Benachteiligung des Klägers liegt deshalb ersichtlich nicht vor. Er ist auch nicht in Form der Vorenthaltung eines Vorteiles benachteiligt. Nach vorstehenden Erwägungen war der Vorteil der zweiprozentigen Lohnerhöhung rechtlich zulässiger Bestandteil des Gesamtpakets der angetragenen Vertragsbedingungen.

cc). Es besteht auch kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einer etwaigen Benachteiligung und einer zulässigen Rechtsausübung i.S.v. § 612a BGB. Tragendes Motiv für die Nichtweitergabe der zweiprozentigen Lohnerhöhung an den Kläger war zwar grundsätzlich die Ablehnung des Vertragsangebotes durch den Kläger. Dadurch wurde aber nicht die Rechtsausübung des Klägers "sanktioniert", sondern lediglich die notwendige und vertragsgerechte Konsequenz aus der Ablehnung eines Änderungsangebotes gezogen. Zu einer partiellen Weitergabe nur der materiell positiven Elemente eines Änderungsangebots ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet.

b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die begehrte Lohnerhöhung wegen der Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes.

aa) Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleichzubehandeln. Damit verbietet er nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb der Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes setzt ein Verteilen der Entscheidung des Arbeitgebers voraus. Im Bereich der Vergütung findet der Grundsatz Anwendung, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, wenn er bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zweck festlegt. Dem Arbeitgeber ist es dann verwehrt, einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von ihnen aus unsachlichen oder sachfremden Gründen von einer Erhöhung der Arbeitsentgelte auszuschließen. Nach dem mit der Gehaltserhöhung verfolgten Zweck ist dabei zu beurteilen, ob der von ihr ausgeschlossene Personenkreis zu Recht ausgenommen wird (BAG, Urteil vom 14.03. 2007 - 5 AZR 420/06).

bb) Die Beklagte hat zwar die arbeitsvertragliche Vergütung nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip angehoben, indem sie den Arbeiternehmern, die das Arbeitsvertragsänderungsangebot angenommen haben, eine Lohnerhöhung von 2 % gewährt hat, nicht aber den Arbeitnehmern, die das Angebot abgelehnt haben.

Diese Ungleichbehandlung ist jedoch sachlich gerechtfertigt. Die Beklagte wollte mit der Beschränkung der Lohnerhöhung auf die Arbeitnehmer, die das Änderungsangebot annehmen, einen gewissen Ausgleich für die mit der Annahme verbundenen materiellen Nachteile zu schaffen. Durch die Annahme des Angebots sank der Stundenlohn von 11,80 € auf ca. 10,30 €. Die Arbeitnehmer, die das Änderungsangebot abgelehnt hatten, waren tatsächlich besser gestellt. Eine Leistung zur Kompensation ungleicher materieller Bedingungen kann einen sachlichen Grund für eine Ungleichbehandlung darstellen, wenn es sich um gleiche oder zumindest gleichartige Leistungen handelt (vgl. LAG Hamm, Urteil vom 02.02.2006 - 8 Sa 472/05 - Rn. 18). So liegt es hier, weil die Beklagte die abgesenkten Stundensätze mit der Lohnerhöhung teilweise wieder anheben wollte. Die unterschiedliche Leistungsgewährung muss zudem stets im Sinne materieller Gerechtigkeit sachgerecht sein. (zur einseitigen Gewährung einer Lohnerhöhung an die Arbeitnehmer der Stammbelegschaft und die Herausnahme der durch § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB begünstigten übernommenen Arbeitnehmer BAG, Urteil vom 14.03.2007 - 5 AZR 420/06 -). Die Beklagte bezweckte vorliegend mit der Beschränkung der Lohnerhöhung auf Arbeitnehmer mit Änderungsvertrag die Schaffung eines Ausgleichs gegenüber den Arbeitnehmern mit alten Verträgen, die materiell bessergestellt waren. Dies ist legitim und sachlicher Grund für eine Differenzierung.

3. Die Klage ist unbegründet, soweit der Kläger die Zahlung eines weiteren Schichtzuschlages für den 17.03. und den 24.04.2007 begehrt. Die Beklagte hat für beide Tage einen 20%igen Zuschlag für die Stunden von 0.00 Uhr bis 6.00 Uhr morgens gezahlt. Weitere Zahlungen musste sie nicht erbringen, insbesondere war sie nicht gehalten, nach Ziffer 4 Abs. 2 der BV vom 12.01.2007 eine weitere Schichtzulage von 20 % für die Samstagsschicht zu leisten. Dies ergibt die Auslegung der Norm.

a). Betriebsvereinbarungen sind nach ständiger Rechtsprechung des BAG wegen ihres normativen Charakters wie Gesetze auszulegen (stRspr. BAG, Urteil vom 02.03.2004 - 1 AZR 273/03 - AP Nr. 13 zu § 77 BetrVG Auslegung). Auszugehen ist entsprechend den Grundsätzen der Gesetzesauslegung vom Wortlaut, dem dadurch vermittelten Wortsinn sowie der Systematik, so wie sie nach außen in Erscheinung getreten ist. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Betriebsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den Vorschriften seinen Niederschlag gefunden hat. Dabei sind insbesondere Gesamtzusammenhang sowie Sinn und Zweck der Regelung zu beachten. Im Zweifel gebührt der Auslegung der Vorzug, die zu einer gesetzeskonformen, sachgerechten und praktisch handhabbaren Regelung führt.

b). Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes ist der Wortlaut der Betriebsvereinbarung nicht eindeutig. Der Wortlaut wäre eindeutig, wenn für "Samstagsarbeit" eine Schichtzulage gezahlt würde, denn unstreitig hat der Kläger an beiden Tagen von 0.00 Uhr bis 6.00 Uhr an Samstagen Arbeitsleistungen erbracht. Zuschlagsauslösend ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Betriebsvereinbarung vom 12.01.2007 jedoch die Arbeit in der "Samstagsschicht". Maßgeblich ist somit, was die Betriebsparteien unter einer Samstagsschicht verstanden haben. Die Schichten des Klägers an den zwei streitgegenständlichen Tagen begannen bereits am Freitagabend um 22.00 Uhr. Es handelte sich somit um eine geteilte Schicht, in der sowohl am Freitag als auch am Samstag Arbeitsleistungen zu erbringen waren. Unstreitig ist nach der Erörterung in der Kammerverhandlung, dass im streitgegenständlichen Zeitraum im Betrieb der Beklagten noch eine reine Samstagsschicht von 6.00 Uhr bis 14.00 Uhr gefahren wurde. Diese Schicht erfüllt eindeutig die anspruchsbegründenden Voraussetzungen für die Zahlung der Zulage für die Samstagsschicht.

Dem Wortlaut der Betriebsvereinbarung kann hingegen nicht eindeutig entnommen werden, dass für eine geteilte Schicht, in der teilweise Arbeit an Samstagen zu erbringen ist, auch für die auf den Samstag entfallende Arbeit ein Zuschlag gezahlt werden sollte. Wie die Entstehungsgeschichte der Betriebsvereinbarung und die tatsächliche Handhabung im Betrieb zeigt, ist es im Betrieb zu keinem Zeitpunkt zu einer kumulativen Zahlung von Nacht- und Samstagszulagen gekommen. Dies ist bei der Auslegung der Norm zu berücksichtigen und spricht dafür, dass es dem Willen der Betriebsparteien entsprach, auch auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung vom 12.01.2007 den Zuschlag nur einmal zu zahlen. Dies bedeutet, dass der Zuschlag lediglich auf die reine Samstagsschicht zu erbringen war.

Auf die Berufung der Beklagten war das Urteil des Arbeitsgerichts deshalb abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.

Ende der Entscheidung

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