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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 30.06.2009
Aktenzeichen: 13 Sa 1277/08 E
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
1. Bestimmt der Arbeitsvertrag eines Chefarztes, dass das arbeitsvertraglich vereinbarte Entgelt entsprechend der Gehaltsentwicklung nach Vergütungsgruppe I BAT angepasst wird, ist mit Außerkrafttreten des BAT zum 30.09.2005 eine Vertragslücke entstanden.

2. Die Vertragslücke ist zu schließen im Zeitpunkt ihrer Entstehung, an die Stelle der Vergütungsgruppe I BAT tritt die Entgeltgruppe 15 TVöD/VKA. Bestimmungen des erst im August 2006 abgeschlossenen TV-Ärzte/VKA können zur Vertragsergänzung nich mehr herangezogen werden.


LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 Sa 1277/08 E

In dem Rechtsstreit

hat die 13. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 05. Mai 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Rosenkötter die ehrenamtlichen Richter Bär und Sandte

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 18.06.2008, 8 Ca 141/08, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 63.889,20 € festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er gemäß § 8 Abs. 1 des Dienstvertrages Anspruch hat auf Vergütung nach der jeweiligen Entgeltgruppe IV des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA) zuzüglich eines Aufschlags von 15 %. Der Zahlungsanspruch über 19.521,70 € beinhaltet für die Monate August 2006 bis Juni 2007 Vergütung nach Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA zuzüglich des Aufschlags von 15 % abzüglich der von der Beklagten nach § 8 Abs. 1 des Dienstvertrages gezahlten Vergütung. Im Berufungsverfahren hat der Kläger für den Zeitraum August 2006 bis Juni 2007 zusätzlich einen Hilfsantrag gestellt und den Zahlungsbetrag von 16.070,78 € berechnet aus der Entgeltsteigerung Vergütungsgruppe I a BAT zu Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA.

Der Kläger ist der Auffassung, dass er Anspruch auf Vergütung nach der höchsten Entgeltgruppe TV-Ärzte/VKA zuzüglich eines Aufschlags von 15 % habe. Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass das Entgelt einzelvertraglich geregelt sei und nicht auf tariflicher Eingruppierung beruhe.

Gemäß Dienstvertrag vom 31.12.1994 (Bl. 11 bis 18 d.A.) ist der Kläger seit dem 00.00.1995 als Chefarzt der U. Klinik im Krankenhaus der Beklagten beschäftigt. Nach § 1 Abs. 2 des Dienstvertrages findet der BAT in der jeweils gültigen Fassung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung mit Ausnahme einer Vielzahl von in § 1 Abs. 3 des Dienstvertrages aufgeführten Regelungen. Keine Anwendung finden u.a. die Eingruppierungsregelungen der §§ 22 bis 25 BAT.

Zum Arbeitsentgelt regelt § 8 Abs. 1 des Dienstvertrages:

§ 8

Bezüge im dienstlichen Aufgabenbereich und Einräumung des Liquidationsrechts

(1) Der Chefarzt erhält für seine Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich (§§ 3 und 4) zugleich als Abgeltung evtl. Mehrarbeit - auch von Samstags-, Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit jeder Art sowie von Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft - folgende monatliche Vergütung:

 Grundvergütung 8.239,12 DM
Ortszuschlag 1.013,82 DM
Zusammen 9.252,94 DM.

Dieser Betrag verringert sich um die gesetzlichen Abzüge.

Die Grundvergütung ändert sich im gleichen prozentualen Verhältnis und vom gleichen Zeitpunkt an wie die Endgrundvergütung der Vergütungsgruppe I BAT für den kommunalen Bereich.

Nach § 8 Abs. 5 des Dienstvertrages hat der Kläger ein Liquidationsrecht bei Arztwahlleistungen. § 19 des Dienstvertrages gestattet Privatsprechstunden im Krankenhaus als Nebentätigkeit.

Bei den in § 8 Abs. 1 des Dienstvertrages aufgeführten Beträgen handelt es sich um die tarifliche Grundvergütung nach Vergütungsgruppe I, Stand 31.12.1994. Der Ortszuschlag entspricht dem tariflichen Anspruch nach Stufe 1,5. Die Beklagte hat während der Geltung des BAT Grundvergütung und Ortszuschlag entsprechend den tariflichen Entgelterhöhungen gewährt und auch familiäre Veränderungen im Ortszuschlag umgesetzt - zuletzt Stufe 2 statt ursprünglich 1,5. Der Kläger ist im Ergebnis bezahlt worden wie ein verheirateter Angestellter nach Vergütungsgruppe I BAT.

Die Beklagte vereinbart derzeit bei Einstellung von Ärzten die Anwendung des TV-Ärzte/ VKA.

Der Kläger hat vorgetragen, durch Wegfall des BAT sei in seinem Arbeitsvertrag eine Regelungslücke entstanden. Maßgebender Nachfolgetarifvertrag sei der TV-Ärzte/VKA. Aus § 8 Abs. 1 Satz 2 des Dienstvertrages folge, dass die Vertragsparteien nicht eine statische, sondern eine dynamisierte Entgeltregelung vereinbart hätten. Dem sei Rechnung zu tragen, sodass anstelle der Vergütungsgruppe I BAT die höchste Entgeltstufe nach TV-Ärzte/VKA getreten sei. Nach den Eingruppierungsregelungen des BAT seien Oberärzte nach Vergütungsgruppe I a eingruppiert gewesen. Die Vereinbarung der Vergütungsgruppe I BAT in § 8 Abs. 1 des Dienstvertrages beinhalte im Vergleich zum Gehalt der unterstellten Oberärzte eine um 15 % höhere Vergütung. Diese Vergütungsdifferenz sei im Rahmen der Tarifumstellung fortzuschreiben und als Zuschlag zur Vergütung nach Entgeltgruppe IV des TV-Ärzte/VKA zu gewähren. Diese Vertragsauslegung beruhe darauf, dass ihm als Chefarzt sowohl die Vergütung nach der höchsten Entgeltgruppe des maßgeblichen Tarifvertrages zu zahlen sei und im Übrigen ein Anspruch auf eine höhere Grundvergütung bestehen solle als für die nachgeordneten Oberärzte.

Der Kläger hat beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass sich die Vergütung des Klägers als Chefarzt der U. Klinik des Krankenhauses S. gemäß § 8 Abs. 1 des Dienstvertrages ab dem 01.07.2007 nach der jeweiligen Entgeltgruppe IV des Tarifvertrags für die Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigungen der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA) zzgl. 15 % berechnet.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 19.521,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus 1.774,70 € seit dem 01.09.2006, aus 1.774,70 € seit dem 01.10.2006, aus 1.774,70 € seit dem 01.11.2006, aus 1.774,70 € seit dem 01.12.2006, aus 1.774,40 € seit dem 01.01.2007, aus 1.774,70 € seit dem 01.02.2007, aus 1.774,70 € seit dem 01.03.2007, aus 1.774,70 € seit dem 01.04.2007, aus 1.774,70 € seit dem 01.05.2007, aus 1.774,70 € seit dem 01.06.2007 und aus 1.774,70 € ab dem 01.07.2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Entgeltansprüche des Klägers seien einzelvertraglich geregelt, eine Eingruppierung nach TV-Ärzte/VKA komme nicht in Betracht. Eine Anspruchsgrundlage für einen 15 %igen Zuschlag sei im Übrigen nicht erkennbar. Zur Anwendung des TV-Ärzte/VKA sei zu berücksichtigen, dass bei der Beklagten ein Tarifvertrag vom 06.05.2004 zur Beschäftigungssicherung gelte, der während seiner Laufzeit die Anwendung der Vorschriften des TV-Ärzte/VKA ausschließe, § 40 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA. Zum Tarifvertrag vom 06.05.2004 wird Bezug genommen auf Bl. 39 bis 43 d.A..

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf Tenor und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

Mit Berufung wiederholt der Kläger seine Auffassung, dass die Regelungslücke im Dienstvertrag durch Anwendung des TV-Ärzte/VKA zu schließen sei. Es sei einzelvertraglich keine Festvergütung vereinbart worden, sondern eine dynamische Gehaltsregelung. Unter Berücksichtigung des Gesichtspunktes einer ausgewogenen Gehaltsstruktur müsse deshalb die Regelungslücke im Dienstvertrag unter Anwendung des TV-Ärzte/VKA zuzüglich eines 15 %igen Zuschlags geschlossen werden. Ergänzend wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung und den Schriftsatz des Klägers vom 18.02.2009.

Der Kläger beantragt:

Unter Abänderung des am 18.06.2008 verkündeten und am 04.08.2008 zugestellten Urteils des Arbeitsgerichts Hannover, AZ: 8 Ca 141/08,

1. festzustellen, dass sich die Vergütung des Klägers und Berufungsklägers als Chefarzt der U. Klinik des Krankenhauses S. gemäß § 8 des Dienstvertrages ab dem 01.07.2007 nach der jeweiligen Entgeltgruppe IV des Tarifvertrages für die Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigungen der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA) zzgl. 15 % berechnet.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 19.521,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus 1.774,70 € seit dem 01.09.2006, aus 1.774,70 € seit dem 01.10.2006, aus 1.774,70 € seit dem 01.11.2006, aus 1.774,70 € seit dem 01.12.2006, aus 1.774,70 € seit dem 01.01.2007, aus 1.774,70 € seit dem 01.02.2007, aus 1.774,70 € seit dem 01.03.2007, aus 1.774,70 € seit dem 01.04.2007, aus 1.774,70 € seit dem 01.05.2007, aus 1.774,70 € seit dem 01.06.2007 und aus 1.774,70 € ab dem 01.07.2007 zu zahlen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Hilfsweise:

Die Beklagte wird kostenpflichtig verurteilt, an den Kläger 16.070,78 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus 1.460,98 € seit dem 01.09.2006, aus 1.460,98 € seit dem 01.10.2006, aus 1.460,98 € seit dem 01.11.2006, aus 1.460,98 € seit dem 01.12.2006, aus 1.460,98 € seit dem 01.01.2007, aus 1.460,98 € seit dem 01.02.2007, aus 1.460,98 € seit dem 01.03.2007, aus 1.460,98 € seit dem 01.04.2007, aus 1.460,98 € seit dem 01.05.2007, aus 1.460,98 € seit dem 01.06.2007 und aus 1.460,98 € ab dem 01.07.2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt nach Maßgabe der Berufungserwiderung das erstinstanzliche Urteil.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§ 64, 66 ArbGG. Die Berufung ist nicht begründet. Das arbeitsgerichtliche klageabweisende Urteil war zu bestätigen.

1.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entgelt nach Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA. Die Entgeltregelung in § 8 Abs. 1 des Dienstvertrages kann auch nicht im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung so ausgelegt werden, dass ein Vergütungsanspruch nach dieser Entgeltgruppe und diesem Tarifvertrag entstanden ist.

Im Bereich der kommunalen Krankenhäuser ist der BAT abgelöst worden zum 01.10.2005 durch den TVöD und zum 01.08.2006 ist der mit dem Marburger Bund vereinbarte TV-Ärzte/VKA in Kraft getreten. Weder BAT noch TVöD noch TV-Ärzte/VKA enthielten bzw. enthalten Eingruppierungsregelungen für Chefärzte. Das Arbeitsentgelt der angestellten Chefärzte wird arbeitsvertraglich festgelegt. Viele Altverträge mit Chefärzten enthalten vertragliche Vereinbarungen, die neben anderen Vergütungsbestandteilen einen Anspruch auf tarifliche Vergütung nach BAT Vergütungsgruppe I vorsehen. Mit Ablösung des BAT ist die Frage entstanden, ob und wie diese Arbeitsverträge der Tarifentwicklung anzupassen sind. Von den Landesarbeitsgerichten wird dabei in einigen Urteilen angenommen, dass anstelle des Anspruchs auf Vergütung nach Vergütungsgruppe I BAT ein Anspruch auf Entgelt nach Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA entstanden ist (LAG Düsseldorf vom 13.10.2008, 10 Sa 1016/08; LAG Schleswig-Holstein vom 20.01.2009, 5 Sa 101/08; LAG Niedersachsen vom 12.12.2008, 16 Sa 901/08 E). So nimmt das LAG Niedersachsen an, durch Ablösung des BAT durch zwei unterschiedliche Tarifverträge sei im Vertrag eine planwidrige Regelungslücke entstanden. Diese Regelungslücke sei zu schließen durch Anwendung der tariflichen Regelungen, wie sie vom Arbeitgeber mit den den Chefärzten nachgeordneten Ärzten vereinbart werden. Das Hessische Landesarbeitsgericht, Urteil vom 15.08.2008, 3 Sa 1798/07, nimmt an, die Regelungslücke könne auf verschiedene Weise geschlossen werden, mangels ausreichender Anhaltspunkte für eine Alternative scheide eine richterliche Vertragsanpassung aus. Nach Anton (Chefarzt-Vergütung und Tarifvertrag, ZTR 2009, 2) tritt anstelle eines Anspruchs nach Vergütungsgruppe I BAT ein Anspruch nach Entgeltgruppe 15 Ü TVöD.

Wie vertragliche Entgeltbestimmungen, die auf Vergütungsgruppen des BAT verweisen, der nachfolgenden Tarifentwicklung anzupassen sind, ist durch eine Auslegung des Vertrages nach §§ 133, 157 BGB zu entscheiden. Die vorstehend zitierte Rechtsprechung und Literatur befasst sich mit der Vertragsklausel, die als Vergütungsbestandteil im Chefarztvertrag einen Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe I BAT gewährt. Die Rechtsprechung ist auf die vorliegende vertragliche Vereinbarung in § 8 Abs. 1 des Dienstvertrages nicht ohne weiteres übertragbar. Hier ist kein dynamischer Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe I BAT vereinbart, vielmehr sind Grundvergütung und Ortszuschlag beziffert festgelegt und nur die Anpassungsklausel in Satz 2 verweist auf Veränderungen der Grundvergütung nach Vergütungsgruppe I BAT.

Eine Auslegung dieser arbeitsvertraglichen Vereinbarung ergibt, dass ursprünglich eine bezifferte Entgeltvereinbarung getroffen worden ist und dieses Entgelt prozentual entsprechend den Änderungen der Endgrundvergütung nach Vergütungsgruppe I BAT geändert werden soll. Vereinbart ist eine Anpassung des Entgelts entsprechend der Tarifentwicklung nach BAT. Nach Ablösung des BAT ist die Klausel so auszulegen, dass der Kläger am 01.10.2005 Anspruch auf die bis dahin gezahlte Vergütung hat und in der Folgezeit sein Entgelt entsprechend den Tarifsteigerungen der höchsten Entgeltgruppe nach TVöD, nämlich Entgeltgruppe 15 anzupassen ist. Für einen Anspruch auf Entgelt nach Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA bzw. auf eine Anpassung entsprechend Tariferhöhungen nach Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA ergeben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte.

Bei der Auslegung einer vertraglichen Vereinbarung ist auszugehen vom Wortlaut. Neben dem Sinn und Zweck der Regelung ist der vertragliche Gesamtzusammenhang zu bewerten und zu berücksichtigen, wie eine redliche und verständige Partei die vertragliche Bestimmung verstehen durfte. Nach entsprechenden Grundsätzen, insbesondere nach Vertragszweck und bei sachgemäßer Abwägung der beiderseitigen Interessen sind auch Regelungslücken in einem Vertrag durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen (BGH vom 24.01.2008, III ZR 79/07, NJW-RR 2008, 562).

Nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 des Dienstvertrages haben die Parteien keine Vergütungsvereinbarung nach Vergütungsgruppe I BAT getroffen. Grundvergütung und Ortszuschlag entsprechen zwar dem damaligen tariflichen Entgelt, über die Jahre hinweg sind auch während der Geltung des BAT Tarifgehaltserhöhungen auf Grundvergütung und Ortszuschlag umgesetzt worden, darüber hinaus sind entsprechend den Regelungen des BAT familiäre Veränderungen im Ortszuschlag nachvollzogen worden. Entscheidend bleibt aber, dass in § 1 Abs. 3 des Dienstvertrages ausdrücklich die Eingruppierungsregelungen von der Verweisung auf den BAT ausgenommen sind und im Gegensatz zu sonstigen üblichen Chefarztverträgen kein Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe I BAT festgeschrieben ist. Es handelt sich um eine individualvertragliche Vergütungsvereinbarung, die sich der Höhe nach an der tariflichen Vergütung orientiert. § 8 Abs. 1 Satz 2 des Dienstvertrages regelt dann eine Anpassung dieser vertraglich vereinbarten Vergütung entsprechend der Tarifgehaltsentwicklung nach Vergütungsgruppe I BAT.

Sinn und Zweck dieser Anpassungsklausel ist es, die Chefarztvergütung zu dynamisieren und entsprechend der Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst zu ändern. Strukturänderungen in der tariflichen Eingruppierung von Ärzten, z.B. Schaffung höherer Vergütungsgruppen, werden von der Anpassungsklausel nicht erfasst. Soweit durch den TV-Ärzte/VKA strukturelle Veränderungen in der tariflichen Ärztevergütung vorgenommen worden sind, können sie ohnehin nicht bei der vorliegenden Vertragsgestaltung zu einer Erhöhung des Entgeltanspruchs des Klägers führen. Allenfalls wäre denkbar, dem Kläger einen Anspruch darauf zu geben, dass sein vertraglich vereinbartes Entgelt entsprechend den Tarifsteigerungen nach Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA angepasst wird.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist aber im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in § 8 Abs. 1 Satz 2 des Dienstvertrages Vergütungsgruppe I BAT zu ersetzen durch Entgeltgruppe 15 TVöD. Für einen Rückgriff auf Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA spricht lediglich, dass die Beklagte bei Neueinstellungen diesen Tarifvertrag vereinbart. Wie dargestellt, hat der Kläger nach dem vorliegenden Vertrag aber keinen Anspruch auf Eingruppierung nach einem Tarifvertrag, es handelt sich um eine individualvertraglich vereinbarte Vergütung mit einer Anpassungsklausel entsprechend der Tarifentwicklung. In der Vertragsklausel kommt der Wille der Vertragspartner zum Ausdruck, das geschuldete Entgelt betragsmäßig festzulegen und entsprechend der tariflichen Entwicklung im öffentlichen Dienst zu dynamisieren. Sieht man den BAT als den alleinigen Flächentarifvertrag im Angestelltenbereich des öffentlichen Dienstes, so ist der TVöD das vergleichbare ablösende Tarifwerk im Zeitpunkt 01.10.2005. Weil die Anpassungsklausel so zu verstehen ist, dass die festgelegte Vergütung der Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst entsprechend erhöht werden soll, also nur die Berechnungsgrundlage für die Anpassung der einzelvertraglichen Vergütung festgelegt ist, ist ein Ersatz des Verweises auf BAT durch einen Verweis auf TVöD sach- und interessengerecht.

Für diese Auslegung spricht ganz entscheidend ein weiterer Gesichtspunkt. Die Anpassungsklausel in § 8 Abs. 1 des Dienstvertrages ist mit Außerkrafttreten des BAT lückenhaft geworden. Anpassungsbedarf bestand damit zum 01.10.2005. Zum 01.10.2005 war aber nur der TVöD in Kraft, der TV-Ärzte/VKA ist erst im August 2006 vereinbart worden und zum 01.08.2006 in Kraft getreten. Regelungslücken in einem Vertrag sind aber zu dem Zeitpunkt und bezogen auf den Zeitpunkt zu schließen, in dem sie entstehen. Ist die Regelungslücke dann geschlossen, kann die nachfolgende Entwicklung, hier Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA zum 01.08.2006, nicht zu einer erneuten Vertragsanpassung führen. Die Anpassungsklausel war am 01.08.2006 nicht lückenhaft.

2.

Ein Anspruch in Höhe eines Zuschlags von 15 % besteht nicht. Eine Anspruchsgrundlage hierfür ist nicht ersichtlich. Wie dargestellt, handelt es sich vorliegend in § 8 Abs. 1 des Dienstvertrages um eine einzelvertragliche Vergütungsvereinbarung verbunden mit einer Anpassungsklausel. Ein Anspruch auf ein um 15 % höheres Entgelt im Vergleich zu nachgeordneten Oberärzten ist nicht ersichtlich. Er folgt insbesondere nicht aus den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB. Nach dieser Vorschrift kann eine Anpassung des Vertrages von einer Vertragspartei verlangt werden, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben. Eine solche schwerwiegende Veränderung kann hier nicht darin gesehen werden, dass durch den TV-Ärzte/VKA im nachgeordneten Bereich höhere tarifliche Vergütungsansprüche entstanden sind. Die Veränderungen sind nicht so, dass von schwerwiegenden Veränderungen gesprochen werden kann. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass das Entgelt nach § 8 Abs. 1 des Dienstvertrages nur Teil der Chefarztvergütung ist. Zur Chefarztvergütung gehört auch das nach § 8 Abs. 5 des Dienstvertrages eingeräumte Liquidationsrecht für Arztwahlleistungen. Hinzuzuzählen dürfte auch sein die Gestattung der Privatsprechstunden im Krankenhaus. Nach der vorliegenden Vertragsgestaltung ist insbesondere das Liquidationsrecht als wesentlicher Teil der Chefarztvergütung zu bewerten (dazu BAG vom 22.03.2001, 8 AZR 536/00, juris, mit weiteren Nachweisen der ständigen Rechtsprechung des BAG). Ist aber die Vergütung nach § 8 Abs. 1 des Dienstvertrages nur Teil der Gesamtvergütung, so bestehen erst recht keine Ansatzpunkte für eine Vertragsanpassung und Gewährung eines Zuschusses von 15 % nach § 313 BGB.

3.

Weil ein Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA nicht besteht, war die Klage wegen des Antrags zu 1 und 2 unbegründet. Ebenso unbegründet ist der Hilfsantrag, weil die Anpassungsklausel in § 8 Abs. 1 Satz 2 des Dienstvertrages keine Anpassung nach Tarifsteigerungen der Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA beinhaltet, sondern die Anpassungsklausel entsprechend den Tarifsteigerungen der Entgeltgruppe 15 TVöD greift. Aus Tarifsteigerungen im Bereich TVöD ergeben sich für den streitgegenständlichen Zeitraum August 2006 bis Juni 2007 aber keine Zahlungsansprüche.

4.

Da die Berufung zurückzuweisen war, trägt der Kläger die Kosten des Rechtsmittels, § 97 ZPO. Die Wertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 GKG in Anwendung des § 42 Abs. 3, Abs. 5 GKG.

Die Revisionszulassung erfolgt gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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