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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 13.07.2004
Aktenzeichen: 13 Sa 2156/03 E
Rechtsgebiete: BAT


Vorschriften:

BAT § 22 Abs. 2
Die Zuweisung höherwertiger Tätigkeit durch einen Fachvorgesetzten begründet nur dann einen Anspruch auf Höhergruppierung, wenn die für Personalangelegenheiten zuständige Stelle des Arbeitgebers zustimmt oder zumindest die Zuweisung duldet. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn das Weisungsrecht gegenüber einem von der Stadt angestellten Fraktionsmitarbeiter von der Ratsfraktion ausgeübt wird.
Landesarbeitsgericht Niedersachsen IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 Sa 2156/03 E

Verkündet am: 13.07.2004

In dem Rechtsstreit

hat die 13. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 13.07.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Rosenkötter und die ehrenamtlichen Richter Meierhoff und Koop

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 18.07.2003, 3 Ca 74/03 E, teilweise abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit dem 01.09.2001 nach Vergütungsgruppe V b BAT zu vergüten.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 9/10, die Beklagte zu 1/10.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 28.800,-- € festgesetzt.

Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt im Wege der Feststellungsklage Vergütung nach Vergütungsgruppe III BAT, hilfsweise nach niedrigeren Vergütungsgruppen.

Der Kläger, der 1960 geboren wurde und eine Ausbildung als Groß- und Außenhandelskaufmann absolviert hat, ist Mitarbeiter der Ratsfraktion " B. 90/D. G.", und zwar seit April 1982. Ursprünglich bestand das Arbeitsverhältnis mit der Fraktion. Mit Vertrag aus 1987 wurde der Kläger befristet auf 5 Jahre als Fraktionssekretär der Fraktion "..." von der beklagten Stadt eingestellt nach Vergütungsgruppe VII.

Gemäß Vertrag vom 06.12.1991 (Bl. 14 d.A.) wurde er weiterbeschäftigt als Verwaltungsangestellter auf unbestimmte Zeit. Zusätzlich zur Vergütung nach Vergütungsgruppe VII erhielt er eine Zulage in Höhe des Differenzbetrages der Vergütungsgruppen VII/VI b BAT. Nach Entscheidung der Einigungsstelle (Protokoll, Bl. 135 d.A.) erhält er seit dem 01.07.1997 eine Zulage in Höhe des Differenzbetrages der Vergütungsgruppe VII/V b BAT. Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund vertraglicher Vereinbarung der BAT-VKA Anwendung.

Der Kläger schildert die von ihm ausgeübte Tätigkeit zusammengefasst wie folgt:

1. Vorbereitung und verfahrensrechtliche Begleitung von Ratsbeschlüssen, Anträge für Fachausschüsse und Durchführung von Fraktionsbeschlüssen. 25 %.

2. Sichtung und Auswertung von Ausschuss- und Ratsvorlagen sowie von Presseberichten. 10 %.

3. Erarbeitung politischer Kampagnen und Umsetzungsstrategien. 10 %.

4. Pressearbeit/Öffentlichkeitsarbeit. 25 %.

5. Bearbeitung von Bürgeranliegen und Beschwerden sowie Kontaktpflege mit Bürgervereinigungen. 15 %.

6. Kontaktpflege zur Kreispartei, zur Geschäftsstelle und anderen Ratsfraktionen. 5 %.

7. Verwaltung der Fraktionsfinanzen. 5 %.

8. Allgemeine Büroarbeiten. 5 %.

Ergänzend wird Bezug genommen auf die Tätigkeitsdarstellung, Seite 4 bis 8 der Klageschrift.

Der Kläger hat vorgetragen, er sei nicht als Fraktionssekretär, sondern als Fraktionsgeschäftsführer eingesetzt. Die Beklagte habe die Arbeitgeberfunktion auf die Fraktion übertragen. Die Fraktion sei damit bevollmächtigt gewesen, ihm Arbeitsaufgaben zu übertragen. Von der Fraktion seien ihm die Aufgaben eines Fraktionsgeschäftsführers übertragen worden, die eine Vergütung nach Vergütungsgruppe III BAT rechtfertigten. Dieser Vorgang sei im Übrigen der für Personalangelegenheiten zuständigen Stelle der Beklagten bekannt gewesen. Aus Presseveröffentlichungen etwa sei bekannt gewesen, dass er die Funktion als Fraktionsgeschäftsführer ausübe und dass er in dieser Funktion Termine für die Fraktion bei öffentlichen Veranstaltungen wahrnehme. Der Inhalt der von ihm ausgeübten Tätigkeit ergebe sich auch aus einem Zeugnis aus Oktober 1996, erstellt vom damaligen Fraktionsvorsitzenden, das zur Personalakte gelangt sei. Auf den Inhalt des Zeugnisses (Bl. 76 d.A.) wird Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

1. es wird festgestellt,

dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit dem 01.08.2001 nach der Vergütungsgruppe III BAT zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen den Vergütungsgruppen VII und III BAT, beginnend mit dem 15.08.2001 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt an mit 5 % Punkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen;

hilfsweise,

2. festzustellen,

dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit dem 01.08.2001 nach der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 a BAT zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen den Vergütungsgruppen VII und IV a Fallgruppe 1 a BAT, beginnend mit dem 15.08.2001 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt an mit 5 % Punkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen;

hilfshilfsweise,

3. es wird festgestellt,

dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit dem 01.08.2001 nach der Vergütungsgruppe IV b BAT zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen den Vergütungsgruppen VII und IV b BAT, beginnend mit dem 15.08.2001 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt an mit 5 % Punkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen;

hilfshilfshilfsweise,

4. es wird festgestellt,

dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit dem 01.08.2001 nach der Vergütungsgruppe V b BAT zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen den Vergütungsgruppen VII und V b BAT, beginnend ab dem 15.08.2001 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt an mit Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen;

hilfshilfshilfshilfsweise,

5. es wird festgestellt,

dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit dem 01.08.2001 nach der Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 a BAT zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen den Vergütungsgruppen VII und VI b BAT, beginnend mit dem 15.08.2001 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt an mit Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, abzustellen sei für die Eingruppierung ausschließlich auf die übertragenen Aufgaben. Übertragen worden sei aber nicht ein Aufgabenbereich, der unter dem Stichwort Fraktionsgeschäftsführer zusammengefasst werden könne. Vielmehr sei dem Kläger die Tätigkeit eines Fraktionssekretärs zugewiesen worden. Soweit die Fraktion darüber hinausgehende Aufgaben zugewiesen habe, sei dies nicht erheblich. Zwar stehe die Ausübung des Weisungsrechts der Fraktion zu, eine umfassende Übertragung der Arbeitgeberstellung liege jedoch nicht vor. Es sei nicht bekannt gewesen und auch nicht geduldet worden, dass der Kläger höherwertige Tätigkeiten ausübe.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf Tenor und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

Mit Berufung wiederholt der Kläger seine erstinstanzlich geäußerte Rechtsauffassung und trägt insbesondere vor, mit Übertragung der Arbeitgeberfunktion auf die Fraktion habe diese auch die Befugnis erworben, mit bindender Wirkung für die Beklagte höherwertige Tätigkeit zu übertragen. Im Übrigen habe die zuständige Personalabteilung detaillierte Kenntnis der Tätigkeit des Klägers gehabt und diese Tätigkeit geduldet. Auch aus Vertrauensschutzgesichtspunkten sei der Höhergruppierungsanspruch begründet. Die Fraktion habe höherwertige Tätigkeiten zugewiesen, er, der Kläger, habe darauf vertrauen dürfen, dass es sich um eine wirksame Zuweisung handele. Er habe die Zulässigkeit der Zuweisung nicht prüfen müssen. Ergänzend wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung.

Der Kläger beantragt:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 18.07.2003, Aktenzeichen 3 Ca 74/03 E, abgeändert. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit dem 01.08.2001 nach der Vergütungsgruppe III BAT zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen den Vergütungsgruppen VII und III BAT, beginnend mit dem 15.08.2001 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt an mit 5 % Punkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen;

hilfsweise,

festzustellen,

dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit dem 01.08.2001 nach der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 a BAT zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen den Vergütungsgruppen VII und IV a Fallgruppe 1 a BAT, beginnend mit dem 15.08.2001 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt an mit 5 % Punkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen;

hilfshilfsweise,

es wird festgestellt,

dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit dem 01.08.2001 nach der Vergütungsgruppe IV b BAT zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen den Vergütungsgruppen VII und IV b BAT, beginnend mit dem 15.08.2001 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt an mit 5 % Punkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen;

hilfshilfshilfsweise,

es wird festgestellt,

dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit dem 01.08.2001 nach der Vergütungsgruppe V b BAT zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen den Vergütungsgruppen VII und V b BAT, beginnend ab dem 15.08.2004 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt an mit Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen;

hilfshilfshilfshilfsweise,

es wird festgestellt,

dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit dem 01.08.2001 nach Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 a BAT zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen den Vergütungsgruppen VII und VI b BAT, beginnend mit dem 15.08.2001 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt an mit Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen hat.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt nach Maßgabe der Berufungserwiderung das erstinstanzliche Urteil und trägt vor, die konkrete Aufgabenzuweisung sei ihrem Einfluss entzogen. Sie habe darauf vertrauen dürfen, dass dem Kläger nur Aufgaben als Fraktionssekretär zugewiesen würden. Die Personalabteilung habe keine detaillierten Kenntnisse über die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit gehabt.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§ 64, 66 ArbGG. Die Berufung ist teilweise begründet. Der Kläger hat ab 01.09.2001 Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe V b. Ansprüche aus höherer Eingruppierung bestehen nicht, so dass im Übrigen die Berufung zurückzuweisen war.

1.

Der Kläger hat Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe V b BAT. Die Verfahrensweise der Beklagten, Eingruppierung nach Vergütungsgruppe VII und Zahlung einer Zulage in Höhe der Differenz zwischen Vergütungsgruppe VII/V b ist für die Kammer nicht nachvollziehbar. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, dass es sich insoweit um eine außertarifliche Zulage handelt. Die Beklagte hat vielmehr durch Gewährung der Zulage Tätigkeit nach Vergütungsgruppe V b übertragen.

Der Kläger ist als städtischer Angestellter der Ratsfraktion als Mitarbeiter zugewiesen. Das Weisungsrecht zum Inhalt der Arbeitsleistung (§ 106 GewO) übt die Fraktion aus, die aufgrund ihres Status autonom handelt und nicht unter der Kontrolle von städtischen Bediensteten steht. Die Beklagte kann damit den Inhalt der Tätigkeit nicht durch konkrete Weisungen steuern. Sie ist darauf beschränkt, rahmenmäßige Vorgaben zu machen, die in der Fraktionsarbeit ausgefüllt werden müssen. Kann der Inhalt der Arbeitsleistung nicht durch konkrete Weisungen gesteuert werden, können sich rahmenmäßige Vorgaben für die Arbeitsinhalte nur aus Arbeitsplatzbeschreibung und/oder der Vergütung ergeben.

Eine Arbeitsplatzbeschreibung, an sich unverzichtbar für eine ordnungsgemäße Personalorganisation, ist für Fraktionsmitarbeiter nicht erstellt. Für den Inhalt der Arbeitsleistung ist nur die Vergütung vorgegeben. Wenn dann neben Vergütung nach Vergütungsgruppe VII eine Zulage nach Vergütungsgruppe V b gezahlt wird, kann das nur bedeuten: Dem Kläger ist V b - Tätigkeit übertragen, er hat sie zu leisten, die Fraktion kann ihn entsprechend einsetzen. Gründe für eine nur vorübergehende Übertragung der höherwertigen Tätigkeit nach § 24 BAT sind nicht gegeben. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die vom Kläger geleistete Arbeit nicht den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe V b entspricht. Sie hat insbesondere nicht schlüssig dargelegt, dass es sich um eine außertariflich gezahlte Zulage handelt. Aufgrund der Übertragung ergibt sich damit bereits ein Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe V b BAT.

Die Beklagte rechtfertigt die Vergütung nach Vergütungsgruppe VII nebst Zulage mit dem Hinweis auf die entsprechende Bezahlung von Sekretariatskräften des Oberbürgermeisters und der Dezernenten, außerdem sei der Kläger Fraktionssekretär, nicht Fraktionsgeschäftsführer. Ob die Eingruppierung der Sekretariatskräfte tarifgerecht ist, ist hier nicht zu entscheiden. Dem Kläger sind neben Sekretariatsaufgaben wie Abwicklung des Schriftverkehrs und Terminplanung und Terminkontrolle im Wesentlichen sachbearbeitende Tätigkeiten übertragen. Er hat für die Fraktionsarbeit Material zu sichten und zusammenzustellen und Informationen zu sammeln, er ist in die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit eingebunden, er ist Ansprechpartner nach außen und verwaltet die Fraktionsfinanzen. Diese Arbeit leistet er im breiten Spektrum der Kommunalpolitik als alleiniger Fraktionsmitarbeiter. Weil die Beklagte eine Zulage nach Vergütungsgruppe V b gewährt, kann aufgrund der ausreichenden pauschalen Bewertung festgestellt werden, dass die Tätigkeit gründliche und umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen gemäß Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a BAT erfordert.

Das Prüfungserfordernis nach § 25 BAT in Verbindung mit der Anlage 3 steht einer entsprechenden Eingruppierung nicht entgegen, der Kläger hat im Jahre 2000 das vierzigste Lebensjahr vollendet. Weil die Geltendmachung des Höhergruppierungsanspruchs mit Schreiben vom 25.03.2002 erfolgte, besteht der Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe V b unter Berücksichtigung der Ausschlussfrist des § 70 BAT nicht ab 01.08.2001, sondern erst ab 01.09.2001. Wegen des Zinsanspruchs ist die Klage abgewiesen worden, aufgrund der gewährten Zulage ist ein verbleibender Differenzanspruch nicht ersichtlich.

2.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe IV b, IV a oder III, weil ihm eine entsprechende Tätigkeit nicht von der Beklagten übertragen worden ist. Dabei kann im Folgenden unterstellt werden, dass der Kläger auf Weisung der Fraktion höherwertige Tätigkeit ausübt, die eine über Vergütungsgruppe V b hinausgehende Eingruppierung rechtfertigt.

Nach § 22 Abs. 2 BAT ist maßgebend für die Eingruppierung nicht die ausgeübte, sondern die "auszuübende" Tätigkeit. Die auszuübende Tätigkeit ergibt sich dabei grundsätzlich aus dem Arbeitsvertrag, und zwar aus der dort festgelegten Vergütungsgruppe (hier: V b). Werden dem Angestellten etwa durch den Fachvorgesetzten höherwertige Tätigkeiten zugewiesen, besteht ein Anspruch auf Höhergruppierung nur dann, wenn dies mit Zustimmung der für Personalangelegenheiten zuständigen Stelle des Arbeitgebers erfolgt. Die Zustimmung kann stillschweigend etwa durch Duldung erteilt werden (BAG vom 26.03.1997, 4 AZR 489/95, AP Nr. 223 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG vom 27.01.1999, 4 AZR 88/98, AP Nr. 262 zu §§ 22, 23 BAT 1975; LAG Köln vom 08.08.2000, 5 Sa 567/00, ZTR 2001, S. 72).

Diese Grundsätze sind auf die vorliegende Fallgestaltung der Eingruppierung eines Fraktionsmitarbeiters zu übertragen. Zwar übt die Fraktion in Eigenverantwortung das Weisungsrecht aus und unterliegt insoweit nicht der Kontrolle der Beklagten. Der Fraktionsmitarbeiter bleibt aber Angestellter der Stadt und wird von dieser der Fraktion zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt. Die Fraktion kann dann aber nicht in die Arbeitgeberstellung der Stadt eingreifen und verbindlich für die Stadt höherwertige Tätigkeit zuweisen. Die rahmenmäßige Bestimmung des Inhalts der Arbeitsleistung über Festlegung der Vergütungsgruppe oder über Arbeitsplatzbeschreibung obliegt weiterhin der Stadt. Die Grundsätze, die für die Übertragung höherwertiger Tätigkeit durch Fachvorgesetzte gelten, sind deshalb auf das Verhältnis Stadt zu Fraktion zu übertragen. Ein Höhergruppierungsanspruch aus Zuweisung von Tätigkeiten durch die Fraktion ist nur dann begründet, wenn die Zustimmung der zuständigen Personalstelle, sei es ausdrücklich oder stillschweigend durch Kenntnis und Duldung vorliegt.

Der Kläger hat keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die zuständige Personalstelle Kenntnis von höherwertiger Tätigkeit hatte und dies geduldet hat. Auch wenn die personalverantwortlichen Bediensteten der Beklagten Kenntnis davon hatten, dass der Kläger für die Fraktion inhaltliche Vorarbeiten machte (Material- und Informationssammlung), dass er in die Pressearbeit eingebunden ist und in der Öffentlichkeit als Vertreter der Fraktion aufgetreten ist, folgt daraus noch keine Kenntnis und Duldung höherwertiger Tätigkeit. Dabei sind zwei Gesichtspunkte maßgebend. Eingruppierung in die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe IV b, erst recht der Vergütungsgruppen IV a, III, erfordert neben Kenntnis der Eingruppierungsgrundsätze ein erhebliches Maß an wertenden Entscheidungen. Eingruppierung in die vorgenannten Vergütungsgruppen ist nur möglich bei detaillierter Kenntnis des Aufgabenbereichs und ist bei nur oberflächlicher Kenntnis nicht zu leisten.

Wegen dieser Eingruppierungsproblematik bestehen keine Anhaltspunkte für die Duldung höherwertiger Tätigkeit durch die zuständige Personalstelle. Dies wird deutlich bei einem Versuch, die vom Kläger geschilderte Tätigkeit nach den Tätigkeitsmerkmalen einzustufen.

Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a erfasst Tätigkeiten, die gründliche und umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordern. Entsprechend dem Klammerzusatz ist im Vergleich zu den nach den Vergütungsgruppen VII bis V c geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Steigerung der Tiefe und Breite der einzusetzenden Fachkenntnisse erforderlich. Eine Tätigkeit nach Vergütungsgruppe V b ist damit nur gegeben, wenn eine erhebliche Steigerung hinsichtlich Qualität und Quantität der Kenntnisse vorliegt. Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a ist erfüllt bei Heraushebung durch besondere Verantwortung, die sich beziehen kann auf andere Mitarbeiter oder dritte Personen, Sachen, Arbeitsabläufe, zu gewinnende wissenschaftliche Resultate oder technische Zusammenhänge (BAG vom 24.02.1999, 4 AZR 8/98, ZTR 1999, S. 319). Für eine Eingruppierung nach Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 a ist das Heraushebungsmerkmal besondere Schwierigkeit und Bedeutung kennzeichnend; bei Erfüllung dieses Tätigkeitsmerkmals erfolgt nach vierjähriger Bewährung Eingruppierung nach Vergütungsgruppe III.

Fraglich ist bereits, ob nach der Tätigkeitsdarstellung des Klägers das Heraushebungsmerkmal der besonderen Verantwortung gegeben ist. Als Beispiel kann hier die Vorbereitung von Fraktionsentscheidungen dienen. Beschränkt sich die Arbeit des Klägers auf Sichtung des Materials und dessen Zusammenstellung sowie auf Beschaffung von Zusatzinformationen, so sind zwar gründliche und umfassende Fachkenntnisse einzusetzen. Es handelt sich aber nur um vorbereitende Tätigkeit, die nicht die Anforderung der besonderen Verantwortung erfüllt. Dieses Merkmal könnte nur dann gegeben sein, wenn das vorhandene Material gutachterlich bewertet und in Entscheidungsvorschläge umgesetzt wird. Vergleichbare Bewertungsschwierigkeiten ergeben sich bei Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Beschränkt sich die Tätigkeit des Klägers auf Organisation und Weitergabe der Fraktionsentscheidungen, ist eine höhere Eingruppierung als Vergütungsgruppe V b nicht zu rechtfertigen. Besondere Verantwortung kann nur vorliegen bei inhaltlicher Gestaltung der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Kläger als alleiniger Fraktionsmitarbeiter auch Sekretariatsaufgaben und Organisationsaufgaben wahrzunehmen hat. Für eine Bewertung der Tätigkeit und Eingruppierung müssen damit Detailkenntnisse der Arbeit einschließlich der Zeitanteile vorliegen.

Die für Personalangelegenheiten zuständige Stelle der Beklagten mag grobe Kenntnisse der Arbeit des Klägers haben. Die Tätigkeit wird aber durch die Fraktion zugewiesen, die Fraktionsarbeit unterliegt nicht der Kontrolle durch die Verwaltung der Beklagten. Es gibt dann aber keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Personalstelle detaillierte Kenntnisse über den Inhalt der Arbeit des Klägers hatte und überhaupt erkennen konnte, dass möglicherweise höherwertige Tätigkeit verrichtet wird. Eine stillschweigende Übertragung durch Kenntnisnahme der Tätigkeit, Bewertung nach den Tätigkeitsmerkmalen und Duldung kann nicht festgestellt werden.

3.

Nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes ist ein Anspruch auf höhere Vergütung nicht begründet. Ein schutzwürdiges Vertrauen des Angestellten liegt dann nicht vor, wenn dieser erkennen kann, dass er entgegen dem übertragenen Tätigkeitsbereich etwa durch den Fachvorgesetzten mit höherwertigen Aufgaben betraut wird (BAG vom 05.05.1999, 4 AZR 360/98, AP Nr. 268 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Der Kläger wusste, dass die Beklagte den Fraktionen keine Mitarbeiter mit Vergütung nach Vergütungsgruppe III oder Vergütungsgruppe IV a zur Verfügung stellen wollte. Zur Problematik der Vergütung der Fraktionsmitarbeiter hat 1998 eine Einigungsstellensitzung stattgefunden mit dem Ergebnis der Zulagengewährung nach Vergütungsgruppe V b. Damit war bekannt, dass die Beklagte den Fraktionen nur Mitarbeiter für die Arbeitsbereiche Zuarbeit und Organisation, nicht für anspruchsvollere inhaltliche Arbeit zur Verfügung stellen wollte. Entsprechend konnte der Kläger nicht darauf vertrauen, dass er bei Zuweisung höherwertiger Tätigkeit durch die Fraktion einen Anspruch auf Höhergruppierung erwerben würde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die Entscheidung über den Wert des Streitgegenstandes auf § 12 Abs. 7 ArbGG.

Die Revisionszulassung erfolgt gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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