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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 18.04.2008
Aktenzeichen: 16 Sa 1143/07
Rechtsgebiete: BAT


Vorschriften:

BAT § 26
BAT § 29
BAT § 70
Die schriftliche Geltendmachung des Anspruchs auf Kindergeld stellt gleichzeitig die Geltendmachung des Anspruchs auf die kindergeldabhängigen Entgeltbestandteile des Ortszuschlags dar.
LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

16 Sa 1143/07

In dem Rechtsstreit

hat die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 18. April 2008 durch

den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hannes, den ehrenamtlichen Richter Herrn Engelke, den ehrenamtlichen Richter Herrn Krawczyk für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 29.03.2007, Az. 11 Ca 447/06, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am 00.00.1946 geborene Kläger ist bei der Bundesanstalt G. seit dem 01.01.1978 beschäftigt. Er ist verheiratet und hat ein Kind, das am 00.00.1978 geboren ist.

Grundlage der arbeitsvertraglichen Beziehungen ist der Arbeitsvertrag vom 01.10.1980, in dem unter anderem vereinbart ist, dass das Arbeitsverhältnis sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23.02.1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen bestimmt. Wegen des Inhalts des Arbeitsvertrags im Übrigen wird auf diesen (Bl. 8 d.A.) verwiesen.

In der Bundesanstalt ist ein Personalreferat gebildet, in dem sich wiederum als Teil die Kindergeldkasse befindet.

Der Sohn des Klägers befand sich in den Jahren 1999 und 2000 in der Ausbildung, so dass der Kläger grundsätzlich bezugsberechtigt war in bezug auf das Kindergeld und auch den kinderbezogenen Anteil der Vergütung gemäß § 29 BAT erhielt. Die Einkünfte dieses erwachsenen Sohnes überschritten in den Jahren 1999 und 2000 jeweils die Einkommensfreigrenze von 13.020,00 DM, unterschritten diese ganze jedoch bei Abstellen auf das tatsächlich nur zu versteuernde Einkommen unter Berücksichtigung von Freibeträgen, Pauschalen, Verlusten etc..

Mit Bescheid vom 21.03.2000 hob die Beklagte den Bescheid über die Kindergeldfestsetzung vom 11.12.1998 auf und forderte das Kindergeld zurück, da die Einkommensfreigrenze von 13.020,00 DM im Jahre 1999 überschritten worden war. Die Rückforderung sollte in drei annähernd gleich großen Raten stattfinden. Mit einer weiteren Mitteilung vom 23.03.2000 wurde dem Kläger auf die Rückforderung des kinderbezogenen Anteils im Ortszuschlag mitgeteilt. Unter Bezugnahme auf die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung vom 21.03.2000 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass ihm kein kinderbezogener Anteil im Ortszuschlag seit 01.01.1999 zustehe und die bereits eingetretene Überzahlung in annähernd drei gleich großen Raten von der Vergütung einbehalten werde.

Sowohl der Bescheid vom 21.03.2000 wie auch das Schreiben vom 23.03.2000 wurden dem Kläger gleichzeitig zusammengeheftet übersandt.

Der Kläger erhob unter dem Datum des 14.04.2000 gegenüber der Familienkasse unter Bezugnahme auf die Nachricht vom 21.03.2000 Einspruch unter Angabe des Zeichens des Bescheides, das identisch war mit dem Rückforderungsschreiben vom 23.03.2000. Der Kläger verwies auf ein laufendes Verfahren vor den Finanzgerichten bezüglich der Bewertung der Einkünfte. Er beantragte in dem Schreiben vom 14.04.2000, den im Monat April 2000 bereits erfolgten Abzug eines Teilbetrages des laut Bescheides zurückzuzahlenden Betrages rückgängig zu machen und keine weiteren Teilbeträge von seinem laufenden Gehalt abzuziehen, bis eine endgültige höchstrichterliche Entscheidung vorliege. Er beantragte außerdem, die erwartete Entscheidung auch auf ihn anzuwenden, obwohl er nicht Beschwerdeführer im laufenden Verfahren war. Wegen des Inhalts der Bescheide bzw. Schreiben wird auf diese (Bl. 9 bis 12 d.A.) verwiesen.

Mit Schreiben vom 15.05.2000 wurde unter Bezugnahme auf das Schreiben des Klägers vom 14.04.2000 der Eingang des Einspruches bestätigt und mitgeteilt, dass die Bearbeitung des Einspruches erfolge nach rechtskräftiger Entscheidung über das anhängige Verfahren beim Bundesfinanzhof. Wegen des Inhalts dieses Schreibens wird auf dieses (Bl. 13 d.A.) verwiesen. Die Beklagte behielt daraufhin im Monat April 2000 844,94 DM brutto, im Mai 2000 649,44 DM brutto und im Monat Juni 2000 634,80 DM brutto wegen der angekündigten Überzahlung des kinderbezogenen Anteils im Ortszuschlag ein, insgesamt 2.129,19 DM brutto, entsprechend 1.088,64 € brutto. Der Nachzahlungsanspruch der Vergütung des Klägers für das Kalenderjahr 2000 betrug 2.160,08 DM, entsprechend 1.104,43 € brutto.

Das Bundesverfassungsgericht bestätigte letztlich die Auffassung des Klägers, dass maßgeblich für die Freigrenze das tatsächlich zu versteuernde Einkommen des Klägers sei, nicht das tatsächliche Einkommen. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes erging am 11.01.2005, wonach letztlich der Kläger auch für die Jahre 1999 und 2000 grundsätzlich berechtigt war, Kindergeld für seinen Sohn zu beziehen.

In der Folgezeit hat die Beklagte dem Kläger das zurückgeforderte Kindergeld aus- bzw. nachgezahlt. Eine Zahlung bzw. Rückzahlung des kinderbezogenen Anteils im Ortszuschlag hat die Beklagte verweigert mit der Begründung, der Kläger habe die Ausschlussfrist des § 70 BAT nicht eingehalten.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ein Verfall der Ansprüche sei nicht eingetreten, da mit Schreiben vom 14.04.2000 eine Geltendmachung auch des kinderbezogenen Anteiles erfolgt sei. Es sei zu berücksichtigen, dass sowohl der Bescheid vom 21.03.2000 wie auch das Schreiben vom 23.03.2000 zusammengeheftet gewesen sei und mit einem Umschlag übersandt worden seien. Es sei derselbe Sachverhalt betroffen, da es um einen Anspruch auf Zahlung von Geld gehe, das vom Anspruch auf Kindergeld abhängig sei. Das interne Zeichen auf den Schreiben für beide Verfahren sei identisch, die Rückforderung der Überzahlungen nahezu wortgleich. Der Kläger habe damit generell dem Abzug von Überzahlungen widersprochen und damit auch gleichzeitig den kinderbezogenen Anteil der Vergütung geltend gemacht.

Der Kläger hat weiter die Auffassung vertreten, dass keine Notwendigkeit der Geltendmachung bestanden habe, da zuvor die Zahlung des Ortszuschlages vorbehaltlos angewiesen gewesen sei.

Schließlich sei die Berufung auf die Verfallfristen treuwidrig, da die Beklagte durch die Schreiben vom 15.05.2000 und 28.11.2000 (Bl. 15 d.A.) zu erkennen gegeben habe, dass sie sich bei den Ansprüchen des Klägers an einem rechtskräftigen Urteil orientieren wolle.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 2.193,07 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 168,36 € seit dem 01.02.2000, 01.03.2000 und 01.04.2000, weitere 515,02 € seit dem 02.05.2000, weitere 415,07 € seit dem 01.06.2000, weitere 407,58 € seit dem 01.07.2000, weitere 108,58 € seit dem 01.08.2000, jeweils weitere 84,68 € seit dem 01.09.2000, 01.10.2000, 01.11.2000 und 02.01.2001 sowie weitere 158,97 € seit dem 01.12.2000 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe nur seinen Anspruch auf Kindergeld ordnungsgemäß geltend gemacht, nicht aber auf den Anspruch für den kinderbezogenen Anteil im Ortszuschlag, sodass dieser verfallen sei. Es habe sich um zwei unterschiedliche Bescheide gehandelt, die unterschiedlich zu betrachten seien.

Durch Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 29.03.2007 wurde die Beklagte verurteilt, an den Kläger 2.193,07 € brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 168,36 € seit dem 01.02.2000, 01.03.2000 und dem 01.04.2000, auf weitere 515,02 € seit dem 02.05.2000, auf weitere 415,07 € seit dem 01.06.2000, auf weitere 407,58 € seit dem 01.07.2000, auf weitere 108,58 € seit dem 01.08.2000, auf weitere 84,68 € seit dem 01.09.2000, 01.10.2000, 01.11.2000 und 02.01.2001 sowie auf weitere 158,97 € seit dem 01.12.2000. Der Beklagten wurden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und der Streitwert auf 2.193,07 € festgesetzt. Wegen des Inhalts des erstinstanzlichen Urteiles wird auf dieses (Bl. 67 bis 73 d.A.) verwiesen.

Dieses Urteils wurde der Beklagten am 04.07.07 zugestellt. Hiergegen legte diese am 27.07.07 Berufung ein und begründete diese gleichzeitig.

Zur Begründung der Berufung trägt die Beklagte vor, das Gericht habe zu Unrecht festgestellt, dass eine Geltendmachung erfolgt sei. Im Schreiben vom 14.04.2000 habe sich der Kläger explizit nur auf die Kindergeldfestsetzung vom 21.03.2000 bezogen und sich in der Bezugszeile nur auf die Nachricht der Beklagten von diesem Tage. Im ersten Satz des Einspruches werde eindeutig auf die Festsetzung der Beklagten vom 21.03.2000 Bezug genommen, vom Ortszuschlag in dem Schreiben vom 23.03.2000 sei keine Rede gewesen. Das Arbeitsgericht hätte daher bei der Beachtung der Grundsätze zur Auslegung von Willenserklärungen auf den Empfängerhorizont der Beklagten abstellen müssen. Tatsächlich sei jedoch eine Auslegung von der Seite des Klägers her vorgenommen worden. Die Erklärung des Klägers sei zum einen eindeutig und könne nicht ausgelegt werden, zum Anderen liege es im Verantwortungsbereich des Erklärenden, wenn die Willenserklärung nicht richtig verstanden werde.

Aus der Verklammerung der beiden Bescheide könne nicht gefolgert werden, es handele sich um einen einheitlichen Bescheid. Es seien zwei unterschiedliche Sachverhalte in den beiden Bescheiden geregelt. Die Beklagte habe den Kläger jedenfalls zu Recht so verstehen dürfen, dass er nur die Kindergeldfestsetzung angegriffen habe. Bei insoweit klarer Inbezugnahme auf ein bestimmtes Schreiben habe sie nicht davon ausgehen müssen, der Kläger mache auch den kinderbezogenen Anteil des Ortszuschlages geltend. Dieser Ortszuschlag sei vielmehr erst mit Schreiben vom 04.08.2005 angesprochen worden, einem Zeitpunkt, zu dem die Ansprüche bereits verfallen gewesen seien.

Im Übrigen sei die Zinsentscheidung im Urteil rechtsfehlerhaft erfolgt.

Ergänzend wird auf die Berufungsbegründung der Klägerin vom 26.07.2007 sowie auf den Schriftsatz vom 01.02.2008 (Bl. 112 bis 117 d.A.) verwiesen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hannover vom 29.03.2007, Az. 11 Ca 447/06 Ö, die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 01.10.2007. Hierauf wird verwiesen (Bl. 102 bis 106 d.A.). Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlages als Vergütungsbestandteil entsprechend der Vorschriften der §§ 26 Abs. 1, 29 B Abs. 2 und 3 BAT zu. Zur Stufe 3 gemäß § 29 B Abs. 3 BAT gehören die Angestellten der Stufe 2 (verheiratete Angestellte) denen Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) zusteht, wobei sich die Stufe nach der Anzahl der berücksichtigungsfähigen Kinder richtet.

Nachdem festgestellt worden ist, dass dem Kläger Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz auch für seinen erwachsenen Sohn in den Jahren 1999 und 2000 noch zugestanden hat, hat der Kläger deshalb auch Anspruch auf den kinderbezogenen Anteil seiner Vergütung.

Hierbei handele es sich um einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis, da es letztlich nicht darauf ankommt, ob ein formeller Verwaltungsakt über die Gewährung von Kindergeld vorliegt oder ob Kindergeld tatsächlich gezahlt wird. Dieser Anspruch ist deshalb gemäß § 70 BAT rechtzeitig geltend zu machen (so BAG, Urteil vom 18.11.2004, Az. 6 AZR 512/03 in ZTR 2005, 326 bis 327, LAG München, Urteil vom 28.11.2006, Az. 8 AZR 953/06, zitiert nach Juris, sowie Urteil des LAG Hamm vom 08.02.2007, Az. 17 Sa 1357/06, zitiert nach Juris).

Nach § 70 BAT verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Angestellten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden, soweit tarifvertraglich nichts anderes bestimmt ist. Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs aus, um die Ausschlussfrist auch für später fällig werdende Leistungen unwirksam zu machen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Kläger seine Ansprüche mit dem Schreiben vom 14.04.2000 rechtzeitig gegenüber der Beklagten erhoben.

Zutreffend führt die Beklagte aus, dass es sich bei diesem Schreiben um einen Anspruch gegen den Bescheid über Kindergeldfestsetzung handelt und auf eine Nachricht vom 21.03.2000 verwiesen wird, mithin den Bescheid über die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung. Dieses Schreiben beinhaltet jedoch zur Überzeugung der Kammer gleichzeitig die Geltendmachung des kindergeldbezogenen Anteiles der Vergütung. Die Erklärung vom 14.04.2000 hat insoweit keinen eindeutigen Inhalt. Die Feststellung der Eindeutigkeit kann nur dann getroffen werden, wenn auch eine Wertung der Begleitumstände erfolgt und ist daher selbst ein interpretatorischer Vorgang. Angesichts der Begleitumstände des Schreiben vom 14.04.2000, das sich als empfangsbedürftige Willenserklärung darstellt, ist deshalb die Feststellung der objektiven Erklärungsbedeutung, wobei vom Erklärungsempfänger auszugehen ist und diese Erklärung so zu werten ist, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Erklärungsempfänger bedürfen der Erklärung jedoch nicht einfach den für sie günstigsten Sinn beilegen. Sie sind nach Treu und Glauben verpflichtet, unter Berücksichtigung aller ihnen erkennbarer Umstände mit gehöriger Aufmerksamkeit zu prüfen, was der Erklärende gemeint hat (vgl. Palandt, Kommentar zum BGB, 66. Auflage 2007, § 133 Rnr. 9; BAG, Urteil vom 15.12.2005, Az. 2 AZR 148/05 in NZA 2006, 791 bis 794 m.w.Nachw.).

Bei den Umständen ist vorliegend zu berücksichtigen, dass es zwar einerseits den Bescheid vom 21.03.2000 über das Kindergeld gibt, andererseits ein weiteres Schreiben vom 23.03.2000 des Personalreferates bezüglich des kinderbezogenen Anteiles im Ortszuschlag. Diese für sich genommenen unterschiedlichen Tatbestände werden andererseits zusammengeführt dadurch, dass diese unter einem einheitlichen Aktenzeichen geführt werden, von derselben Person bearbeitet worden sind und dem Kläger einheitlich, verbunden mit einer Heftklammer übersandt werden. Gleichzeitig wird in diesem Schreiben angekündigt, dass die Rückforderung in drei annähernd gleich großen Raten erfolgt und damit eine gleichartige Behandlung stattfinden soll. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass ausweislich des § 29 BAT die Zahlung des kindergeldbezogenen Anteiles der Vergütung abhängig ist von einem Anspruch auf Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz und damit konsequenterweise zunächst zu prüfen ist, ob der Kindergeldanspruch noch besteht und anschließend als Rechtsfolge bei Nichtbestehen dieses Anspruches eine Zahlung nach Stufe 3 des Ortszuschlages nicht erfolgen kann. Diese Umstände führen dazu, dass das Schreiben des Klägers vom 14.04.2000 einer Wertung bedarf, was dieser letztlich mit dem Schreiben bezwecken wollte und wie die Beklagte dieses verstehen durfte.

Es kann zur Überzeugung der Kammer nicht davon ausgegangen werden, dass ein Arbeitnehmer, der sich gegen die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung wehrt, nicht auch gleichzeitig den kinderbezogenen Anteil der Vergütung begehrt. Ist letzterer gerade abhängig von dem Anspruch auf Kindergeld, so ist davon auszugehen, dass ein Arbeitnehmer, der seine Angelegenheiten vernünftig und sachgerecht verfolgt, bei Fortzahlung des Kindergeldes selbstverständlich auch den kinderbezogenen Anteil seiner Vergütung künftig erhalten will. Ein verständiger Arbeitgeber als Empfänger einer solchen Erklärung muss davon ausgehen, dass ein solches sachgerechtes und vernünftiges Handeln seines Arbeitnehmers vorliegt und darf sich dabei nicht einfach auf den wörtlichen Sinn der Erklärung verlassen, sondern muss auch diese Umstände erkennen und danach trachten, das vom Arbeitnehmer tatsächlich Gemeinte und Gewollte zu erkennen (so BAG, a.a.O., BAG vom 12.01.1984, Az. 2 AZR 366/82, zitiert nach Juris). Der insoweit recht verstandenen Interessenlage, die ein verständiger Arbeitgeber an den Tag zu legen hat, entspricht es deshalb ausreichend deutlich, dass der Arbeitnehmer nicht auf einen Teil seiner Vergütung verzichten will, vielmehr bei einem Anspruch auf Kindergeld selbstverständlich auch den kinderbezogenen Anteil künftig für sich beansprucht, wie es der Bundes-Angestelltentarifvertrag vorsieht.

Dieses wird bestärkt dadurch, dass der Kläger in seinem Schreiben vom 14.04.2000 ausdrücklich begehrt, dass keine weiteren Teilbeträge von seinem laufenden Gehalt abzuziehen sind, bis eine endgültige höchstrichterliche Entscheidung vorliegt und darum bittet, die zu erwartende Entscheidung auch auf ihn anzuwenden. Hiermit ist der Wille des Klägers ausreichend deutlich, dass er nicht gewillt ist, auf seine Ansprüche zu verzichten oder künftig einen Teil seiner Ansprüche, nämlich die auf den kinderbezogenen Anteil der Vergütung, zu verzichten. Erkennbar entscheidend sollte vielmehr sein, wie das vor dem Bundesfinanzhof geführte Verfahren ausgeht. Angesichts des Inhalts des Schreibens des Klägers ist deshalb auch die schriftliche Geltendmachung des Anspruchs auf das Kindergeld in der Form des Widerspruches gegenüber dem Arbeitgeber gleichzeitig die Geltendmachung des Anspruchs auf die kindergeldabhängigen Entgeltbestandteile des Ortszuschlages (so auch Arbeitgeberkreis der BAT-Kommission vom 16.11.1976, zitiert nach Clemens-Scheuring, § 70 BAT, Erläuterung 7 (a)).

Dass die Beklagte dieses auch so verstanden hat, konnte sich für den Käger auch aus dem Antwortschreiben vom 15.05.2000 ergeben, das nicht von der Kindergeldkasse, vielmehr vom Personalreferat erfolgt ist, da sich dort der Zusatz "Familienkasse" nicht findet und deshalb der Kläger davon ausgehen durfte, dass das Personalreferat seine Forderungen so verstanden hat, wie er es nunmehr mit der Klage begehrt.

Da nach § 70 BAT für denselben Sachverhalt die einmalige Geltendmachung des Anspruches ausreicht, hat der Kläger auch die Ansprüche auf den kindergeldbezogenen Anteil innerhalb der Frist des § 70 BAT rechtzeitig geltend gemacht.

Da auch die sonstigen Voraussetzungen des Anspruchs vorliegen, ist die Beklagte antragsgemäß zu verurteilen.

Der Zinsanspruch ergibt aus § 288 BGB in Verbindung mit Artikel 229 § 1 BGBEG im Rahmen der Überleitungsvorschriften zum Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen. § 288 BGB, wonach der Verzugszinssatz für das Jahr 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz beträgt, ist seit dem 01.05.2000 gültig. Soweit Zinsen für einen Zeitraum davor geltend gemacht werden, ist festzustellen, dass auf Schuldverhältnisse, die vor dem 01. Januar 2002 entstanden sind, auch die Regelungen des BGB in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung anzuwenden sind. Dieses gilt für Dauerschuldverhältnisse mit der Maßgabe, dass vom 01.01.2003 nur das BGB in der dann geltenden Fassung anzuwenden ist. Danach ist der Zinssatz fortlaufend für die hier geltend gemachten Ansprüche seit dem 01.02.2000 ein solcher in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.

Allerdings ist der Fehler seitens des Klägers zu berücksichtigen, dass für die Fälligkeitszeitpunkte 01.02.2000, 01.03.2000 und 01.04.2000 noch der DM-Betrag in Höhe von 168,36 € eingesetzt worden ist. In der mündlichen Verhandlung vom 18.04.2008 ist dieses korrigiert worden dahingehend, dass insoweit Zinsen in Höhe von 83,01 € begehrt werden, so dass der Tenor des erstinstanzlichen Urteiles dahingehend zu berichtigen ist, dass auf jeweils 83,01 € Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2000, 01.03.2000 und 01.04.2000 zu zahlen sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91, 97 ZPO.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Gegen diese Entscheidung ist deshalb ein Rechtsmittel nicht gegeben. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach Maßgabe des § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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