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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 31.10.2003
Aktenzeichen: 16 Sa 1211/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 305
BGB § 307
BGB § 309
BGB § 626
Die Herabsetzung einer unverhältnismäßig hohen Vertragsstrafe scheidet im Anwendungsbereich des § 307 BGB aus.
Landesarbeitsgericht Niedersachsen IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

16 Sa 1211/03

Verkündet am: 31. Oktober 2003

In dem Rechtsstreit

hat die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 31. Oktober 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hannes, den ehrenamtlichen Richter Budde und die ehrenamtliche Richterin Grabowski

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lingen (Ems) vom 08.05.2003, Az. 1 Ca 371/02, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich mit der Klage gegen eine außerordentliche Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 14.06.2002, die ersatzweise fristgerecht zum nächstmöglichen Termin ausgesprochen worden ist. Sie begehrt darüber hinaus Zahlung von Arbeitsentgelt für die Monate Mai und Juni 2002 sowie Urlaubsabgeltung.

Die 1961 geborene Klägerin war bei der Beklagten seit dem 26.02.2002 beschäftigt. Die Beklagte betreibt ein Unternehmen der Arbeitnehmerüberlassung.

Grundlage der arbeitsvertraglichen Beziehungen ist der Arbeitsvertrag vom 25.02.2002. Hierin ist u. a. vereinbart, dass der Klägerin eine Grundvergütung von 6,-- € pro Stunde zusteht. Bezüglich des Urlaubs sind 24 Werktage vereinbart. In § 5 des Arbeitsvertrages findet sich folgende Regelung:

§ 5 Vertragsverletzungen / Vertragsstrafe

a) § 628,2. Wird die Kündigung durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles veranlaßt, so ist dieser zum des durch die Aufhebung des Dienstverhältnisses entstehenden Schadens verpflichtet.

b) Die Fa. B... GmbH ist berechtigt, Schadensersatz (Verdienstausfall) und eine Vertragsstrafe von 20 Bruttotagesarbeitsverdiensten einzubehalten.

c) Diese Vertragsstrafe wird fällig, wenn Sie rechtswidrig die Arbeit nicht aufnehmen - ohne Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden - schuldhaft die verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Fa. B... GmbH herbeiführen.

d) Das Recht zur fristlosen Kündigung bleibt unberührt.

e) Ausgleichsquittung und Empfangsbestätigung ist ein Vertragsbestandteil.

Wegen des Inhalts des Arbeitsvertrages im Übrigen wird auf diesen (Blatt 4 bis 6 d. A.) verwiesen.

Die Beklagte erteilte der Klägerin Abmahnungen unter dem Datum des 28.03.2002, 23.04.2002 und 30.04.2002 wegen unentschuldigten Fehlens. Wegen des Inhalts der Abmahnungen wird auf diese (Blatt 19 bis 22 d. A.) verwiesen. Ob der Klägerin die Abmahnungen vom 23.04.2002 ausgehändigt worden sind, ist zwischen den Parteien streitig.

Die Beklagte erteilte der Klägerin ferner eine Abrechnung für den Monat Mai 2002, aus der sich eine Nettovergütung von 552,28 € ergibt. Die Beklagte zahlte diesen Betrag jedoch nicht aus, sondern verrechnete diesen mit einer Vertragsstrafe in Höhe von 547,28 € sowie einer Pauschale für Aufwendungen für Arbeitskleidung in Höhe von 5,-- €.

Ebenso wenig zahlte die Beklagte Vergütung an die Klägerin für den Monat Juni 2002.

Die Klägerin arbeitete tatsächlich bis 14.06.2002 ausweislich des Stundennachweises vom 18.06.2002 (Blatt 24 d. A.).

Mit Datum vom 14.06.2002, der Klägerin am 15.06.2002 zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich auf, ersatzweise fristgerecht zum nächstmöglichen Termin. Wegen des Inhalts des Kündigungsschreibens wird auf dieses (Blatt 7 d. A.) verwiesen.

Grund der Kündigung ist ausweislich des Kündigungsschreibens ein Alkoholmissbrauch am Arbeitsplatz.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass ein Grund zur außerordentlichen Kündigung nicht bestanden hat.

Sie sei am 14.06.2002 nicht alkoholisiert gewesen. Es sei vielmehr an der Arbeitsstelle zum Streit gekommen, weil die Klägerin an einem bestimmten Band die Arbeit nicht habe schaffen können. Sie sei dann an einem anderen Band eingesetzt worden und habe die Arbeit an diesem Tage auch voll verrichtet. Sie habe bis zum Ende des Tages ordnungsgemäß ihre Arbeit ausgeführt.

Der Klägerin stehe auf Grund der geleisteten Arbeit die Vergütung für den Monat Mai sowie die Vergütung bis 14.06.2002 zu. Da die außerordentliche Kündigung unwirksam sei, habe die Klägerin auch Anspruch auf Vergütung bis einschließlich 29.06.2002. Dieses mache für den Monat Juni 2002 insgesamt einen Betrag in Höhe von 840,-- € brutto aus.

Darüber hinaus habe die Beklagte während des Verlaufs des Arbeitsverhältnisses der Klägerin keinen Urlaub gewährt. Ihr stünden deshalb noch acht Urlaubstage zu, was bei einer Stundenleistung von sieben Stunden pro Tag mit einer Vergütung von 6,-- € pro Stunde einen Betrag in Höhe von 336,-- € ausmache.

Die Klägerin hat beantragt,

1.

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die fristlose Kündigung vom 14.06.2002, zugegangen am 15.06.2002, beendet worden ist, sondern bis zum 29.06.2002 fortbestanden hat;

2.

Die Beklagte zu verurteilen, 552,28 € netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15.06.2002 an die Klägerin zu zahlen;

3.

Die Beklagte zu verurteilen, weitere 1.176,-- € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15.07.2002 aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag an die Klägerin zu zahlen.

Im Termin vom 23.01.2003 hat das Arbeitsgericht antragsgemäß Versäumnisurteil erlassen. Nach Einspruch der Beklagten hat die Klägerin beantragt,

das Versäumnisurteil vom 23.01.2003 aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 23.01.2003 abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, am 14.06.2002 habe der Geschäftsführer der Firma S... GmbH & Co. KG, bei der die Klägerin eingesetzt gewesen sei, der Beklagten mitgeteilt, dass die Klägerin völlig alkoholisiert sei. Es könne nicht angehen, dass sie in diesem Zustand arbeiten werde. Die Alkoholisierung sei festgestellt worden durch den Atemalkoholgeruch sowie die Sprache der Klägerin.

Die Hygienevorschriften bei der Firma S... verlangten, dass nicht im alkoholisierten Zustand gearbeitet werden dürfe, was die Klägerin gewusst hat. Die Firma S... habe die Klägerin deshalb nicht mehr beschäftigen wollen. Aus diesem Grunde habe die Beklagte die fristlose Kündigung ausgesprochen.

Die Beklagte sei zur Zahlung der restlichen Vergütung nicht verpflichtet. Die Beklagte habe mit der Klägerin eine Vertragsstrafe vereinbart. Es werde deshalb mit den Ansprüchen der Beklagten auf Zahlung einer Vertragsstrafe aufgerechnet. Die Klägerin habe vorsätzlich durch ihr Verhalten zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses beigetragen.

Im Übrigen habe die Beklagte einen konkreten Schaden, der dadurch entstanden sei, dass der Beklagten für den Tag, an dem die Arbeitsleistung von der Firma S... nicht entgegengenommen worden sei, für sieben Stunden je 12,58 € von der Firma S... zugestanden hätten. Es verbleibe damit eine Differenz von 46,06 €. Auch mit diesem Betrag werde die Aufrechnung erklärt.

Durch Urteil des Arbeitsgerichts Lingen (Ems) vom 08.05.2003 wurde das Versäumnisurteil vom 23.01.2003 in vollem Umfange aufrechterhalten, der Beklagten die weiteren Kosten des Rechtsstreits auferlegt und der Streitwert auf 2.148,28 € festgesetzt. Wegen des Inhalts des erstinstanzlichen Urteils wird auf dieses (Blatt 87 bis 98 d. A.) verwiesen.

Dieses Urteil wurde der Beklagten am 16.06.2003 zugestellt. Hiergegen legte diese am 15.07.2003 Berufung ein und begründete diese gleichzeitig.

Zur Begründung der Berufung trägt die Beklagte vor, die außerordentliche Kündigung sei berechtigt, so dass das Arbeitsverhältnis bereits zum 15.06.2002 geendet habe. Bei der Firma S... habe ein absolutes Alkoholverbot bestanden. Die Klägerin habe zwar am 14.06.2002 bis zu Ende gearbeitet, die Interessenabwägung ergebe aber zu Gunsten der Beklagten, dass eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt sei. Die Klägerin sei nicht ohne weiteres anderweitig einsetzbar gewesen, zumal alle übrigen Schichten bei der Beklagten besetzt gewesen seien.

Die vereinbarte Vertragsstrafenregelung sei wirksam, so dass die Beklagte zu Recht aufgerechnet habe. Den Besonderheiten des Arbeitsrechts müsse Rechnung getragen werden, dass auch mit einem tatsächlich entstandenen Schaden wirksam die Aufrechnung erklärt werden könne. Nur durch eine Vertragsstrafenvereinbarung werde der Arbeitgeber in die Lage versetzt, einen Schaden, der ihm entstehe, im Wege des direkten Abzugs auch tatsächlich zu kompensieren.

Im Übrigen wird auf die Berufungsschrift vom 14.07.2003 (Blatt 102 bis 106) verwiesen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Lingen (Ems) vom 08.05.2003, Az. 1 Ca 371/02, die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 23.01.2003 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 18.07.2003. Hierauf wird verwiesen (Blatt 124/125 d. A.). Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Das Arbeitsverhältnis ist nicht durch außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 14.06.2002 beendet worden, sondern endet fristgerecht mit Ablauf des 29.06.2002.

Die Kündigung ist gemäß § 626 BGB unwirksam. Nach dieser Vorschrift kann das Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine außerordentliche Kündigung auf Grund des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nur dann in Betracht kommt, wenn andere nach den jeweiligen Umständen mögliche angemessene Mittel erschöpft sind. Die außerordentliche Beendigungskündigung ist die unausweichlich letzte Maßnahme des Kündigungsberechtigten.

Danach ist zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund für die Kündigung abzugeben und ob sodann bei der Berücksichtigung dieses Umstandes die Interessenabwägung ergibt, dass auch die konkret ausgesprochene Kündigung gerechtfertigt ist.

Nach dem Vortrag der Beklagten ist der Klägerin vorzuwerfen, dass sie am 14.06.2002 alkoholisiert gearbeitet hat, obwohl der Klägerin bekannt war, dass in dem Betrieb, in dem sie eingesetzt war, ein absolutes Alkoholverbot besteht. Dieses stellte sich, den Tatbestand als richtig unterstellt, als Pflichtverletzung aus dem Arbeitsvertrag dar, die grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann.

Die Klägerin hat jedoch bestritten, dass sie an diesem Tage alkoholisiert gewesen ist. Es wäre nunmehr Aufgabe der Beklagten gewesen, im Einzelnen vorzutragen, dass die Klägerin tatsächlich alkoholisiert gewesen ist, so dass dieser Sachvortrag einer Beweisaufnahme zugänglich gewesen wäre. Dieses ist jedoch nicht ausreichend geschehen. Die Beklagte hat insoweit zunächst nur vorgetragen, dass die Klägerin völlig alkoholisiert gewesen sei. Auf weitere Nachfrage des Gerichts hat die Beklagte eine Bescheinigung der Firma S... eingereicht, aus der sich ebenfalls nur ergibt, dass die Klägerin alkoholisiert gewesen sei. Es ist jedoch erforderlich, so weit im Einzelnen vorzutragen, aus welchen Tatsachen sich der Schluss rechtfertigt, dass die Klägerin alkoholisiert gewesen ist, wenn nicht vorgetragen werden kann, dass gesehen worden ist, wie die Klägerin Alkohol trinkt. Dieses kann sich aus Umständen wie einem Atemalkoholgeruch, einer verwaschenen Sprache, einem unsicheren Gang oder ähnlichen Tatbeständen ergeben. Die Beklagte hat insoweit aber nur konkret vorgetragen, dass ein Atemalkoholgeruch festgestellt werden konnte. Dieses sagt aber nichts über den Grad der Alkoholisierung aus. Würde gleichwohl festgestellt werden, dass ein Atemalkoholgeruch bei der Klägerin festzustellen gewesen ist, kann hieraus jedoch noch nicht der Schluss gezogen werden, dass die Klägerin völlig alkoholisiert gewesen sei und ihre Arbeitskraft nicht verrichten konnte. Im Gegenteil steht nach dem unstreitigen Sachverhalt fest, dass die Klägerin tatsächlich am 14.06.2002 den ganzen Tag gearbeitet hat und damit offenbar in der Lage gewesen ist, die ihr übertragenen Aufgaben zu verrichten. Ansonsten wäre davon auszugehen gewesen, dass die Firma S... die Klägerin sofort vom Arbeitsplatz abgezogen und zur Beklagten zurückgeschickt hätte. Der Kammer ist es deshalb auf Grund dieses Sachverhalts nicht möglich, auf einen erheblichen Alkoholgenuss zu schließen, insbesondere darauf, dass die Klägerin völlig alkoholisiert gewesen sei. Konnte die Klägerin jedoch noch den gesamten 14.06.2002 ihre Tätigkeit verrichten, obwohl ein Atemalkoholgeruch bei ihr festgestellt wurde, so ist die Arbeitsvertragspflichtverletzung nicht so erheblich, dass hieraus bereits ein Grund zur außerordentlichen Kündigung hergeleitet werden kann. Es wäre vielmehr erforderlich gewesen, der Klägerin vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung durch Erteilung einer Abmahnung deutlich zu machen, dass ihr Arbeitsplatz gefährdet ist, wenn eine derartige Alkoholisierung am Arbeitsplatz noch einmal vorkommt. Die insoweit vorhandenen Abmahnungen sind nicht einschlägig. Allenfalls wäre die Beklagte zum Ausspruch einer ordentlichen Kündigung berechtigt gewesen.

Insoweit gilt auch nichts anderes, als die Beklagte ein Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen betreibt und vorträgt, die Klägerin sei nicht ohne weiteres anderweitig einsetzbar gewesen, nachdem der Kunde S... die Klägerin nicht mehr beschäftigen wollte.

Hinsichtlich der Wertung nach § 626 BGB ergibt sich keine Besonderheit für Unternehmen der Arbeitnehmerüberlassung. Sie tragen das Risiko, dass der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seinem Verhalten oder seiner Person liegen, nicht mehr beim Kunden eingesetzt werden kann, weil dieser die weitere Beschäftigung ablehnt. Dieses unternehmerische Risiko eines Arbeitnehmerüberlassungsunternehmens kann für den Fall, dass sich eine Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin nicht mehr ergibt, durch Ausspruch einer ordentlichen Kündigung aufgefangen werden. Der Schutz des Arbeitnehmers nach dem Gesetz wird nicht dadurch verringert, dass ein Dritter, nämlich der Entleiher, mit einer eigenen Begründung erklärt, ein weiterer Einsatz sei bei ihm nicht möglich.

Der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung hat erhebliche Nachwirkungen für den Arbeitnehmer wie der Verhängung einer Sperrfrist beim Arbeitsamt und der Verlust von Arbeitslosengeld für mehrere Monate. Demgegenüber steht die Kündigungsfrist von 14 Tagen nach dem Arbeitsvertrag im Rahmen der Probezeit, so dass es dem Arbeitgeber zumutbar ist, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen, zumal vorliegend noch ein Urlaubsanspruch der Klägerin von acht Urlaubstagen bestanden hat, die im Rahmen der Kündigungsfrist hätten gewährt werden können, so dass in Wirklichkeit nur zwei weitere Tage für die Beklagte im Rahmen der Kündigungsfrist zu zahlen waren.

Nach alledem stellt sich die außerordentliche Kündigung als unwirksam dar.

Die Klägerin hat auch Anspruch auf Vergütung für geleistete Arbeit entsprechend der Abrechnung für den Monat Mai 2002 sowie für die Tätigkeit bis 14.06.2002 gemäß den Vereinbarungen im Arbeitsvertrag.

Für den Zeitraum der Kündigungsfrist steht der Klägerin ein Anspruch gemäß § 615 BGB aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges vor. Die Beklagte hat durch ihre außerordentliche Kündigung zu erkennen gegeben, dass sie die Klägerin in diesem Zeitraum nicht beschäftigen wolle. Sie ist ihrer Pflicht zur Verfügungstellung eines Arbeitsplatzes nicht nachgekommen. Die Klägerin kann deshalb wegen des weiteren Bestands des Arbeitsverhältnisses bis 29.06.2002 die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein.

Der Klägerin steht darüber hinaus auch noch ein Urlaubsanspruch von acht Urlaubstagen zu, wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat. Hierauf kann verwiesen werden.

Der Beklagten steht ein aufrechenbarer Anspruch gegenüber der Vergütung der Klägerin nicht zu. Abgesehen davon, dass insoweit die Pfändungsfreigrenzen nicht eingehalten sind, kann die Beklagte von der Klägerin jedoch eine Vertragsstrafe nicht verlangen.

Die zwischen den Parteien vereinbarte Vertragsstrafenklausel ist gemäß §§ 305, 307, 309 Ziff. 6 BGB unwirksam.

Bei dem Arbeitsvertrag der Klägerin handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 BGB. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Dieses ist nach dem Arbeitsvertrag der Parteien eindeutig der Fall. Es kann dahingestellt bleiben, ob eine Unwirksamkeit der zwischen den Parteien vereinbarten Vertragsstrafe im Hinblick auf das eingreifende Klauselverbot des § 309 Ziff. 6 BGB unwirksam ist. Der Anspruch der Klägerin ist bereits deshalb nicht gerechtfertigt, weil die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsstrafe in § 5 des Arbeitsvertrages einer Inhaltskontrolle nach § 107 BGB nicht standhält. Dieses Recht gilt ab 01.01.2002, also nach Einstellung der Klägerin.

Gemäß § 307 BGB sind Bestimmungen in Formulararbeitsverträgen unwirksam, die den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, wobei hierfür grundsätzlich ein genereller, vom Einzelfall losgelöster Prüfungsmaßstab zu Grunde zu legen ist (vgl. BGH, Urteil vom 03.04.1998, Az. V ZR 6/97, in NJW 1998, 2600 bis 2602).

Eine unangemessene Benachteiligung liegt insbesondere dann vor, wenn die Parteien eine unverhältnismäßig hohe Vertragsstrafe vereinbart haben. Die Vertragsstrafe darf zu einem möglichen Schaden nicht außer Verhältnis stehen.

Dieses ist vorliegend der Fall. Die Kündigungsfrist der Klägerin, die noch in der Probezeit war, betrug zwei Wochen. Die Vertragsstrafe ist aber vereinbart mit 20 Bruttotagesverdiensten, also dem doppelten Betrag, den die Beklagte im Rahmen der Kündigungsfrist aufzuwenden gehabt hätte und der bei weitem den Betrag übersteigt, den die Beklagte mit der Tätigkeit der Klägerin bei einem Entleiher als Gewinn hätte erzielen können. Dieses Missverhältnis steht, jedenfalls im Rahmen der Probezeit einer Arbeitnehmerin, außer Verhältnis und ist deshalb zu beanstanden.

Während nach früherem Recht eine unverhältnismäßig hohe Vertragsstrafe auf Antrag des Arbeitnehmers durch Urteil nach § 343 Abs. 1 BGB herabgesetzt werden konnte, scheidet dieses nunmehr im Anwendungsbereich des § 307 BGB aus. § 343 BGB ist alleine auf Individualvereinbarungen zugeschnitten, nicht aber auf Regelungen in Formulararbeitsverträgen. Im Rahmen des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen gilt insoweit vielmehr § 306 BGB, der als Rechtsfolge bestimmt, dass diese Bestimmung dann nicht Vertragsbestandteil geworden ist und sich der Inhalt des Vertrages nach den gesetzlichen Vorschriften regelt. Die gesetzlichen Vorschriften sehen aber eine Vertragsstrafe nicht vor.

Die Kammer kann es deshalb letztlich dahingestellt sein lassen, ob eine fristgemäße Kündigung berechtigt gewesen wäre. Das Arbeitsverhältnis endet fristgerecht bereits deshalb, weil das Kündigungsschutzgesetz auf Grund der kurzen Beschäftigungszeit der Klägerin keine Anwendung findet. Da die Vertragsstrafenregelung in Bezug auf die Klägerin unwirksam ist, ist eine Forderung der Beklagten nicht begründet, so dass das Arbeitsverhältnis unter Fortzahlung der Vergütung durch die Beklagte bis 29.06.2002 fortbestanden hat.

Nach alledem ist die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gegen dieses Urteil ist deshalb ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach Maßgabe des § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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