Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 27.06.2003
Aktenzeichen: 16 Sa 1755/02
Rechtsgebiete: NPersVG


Vorschriften:

NPersVG § 28 Abs. 2
NPersVG § 75 Abs. 1 Nr. 3
NPersVG § 76 Abs. 2
Eine mündliche Äußerung des Personalrats innerhalb der Stellungnahmefrist zur beabsichtigten außerordentliche Kündigung reicht jedenfalls dann nicht aus, wenn für die Dienststelle erkennbar war, dass der Personalrat diese ohne vorherige Durchfürhung einer Sitzung machte und auch nicht sämtliche Miglieder des Personalrats anwesend waren.

Die alleinige Äußerung des Personalratsvorsitzenden reicht insoweit auch gemäß § 28 Abs. 2 NPersVG nicht aus, da die Äußerung des Mitglieds der Gruppe fehlt, der die zu kündigende Mitarbeiterin angehört.


Landesarbeitsgericht Niedersachsen IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

16 Sa 1755/02

Verkündet am: 27.06.2003

In dem Rechtsstreit

hat die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 28.03.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hannes und die ehrenamtlichen Richter Schmidt und Eckhoff

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 26.9.02, Az. 2 Ca 371/02, abgeändert unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die fristlose Kündigung des beklagten Landes vom 24.6.02 nicht aufgelöst worden ist.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 1/5, das beklagte Land zu 4/5.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich mit der Klage gegen eine außerordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses mit Schreiben vom 24.6.02. Die Kündigung lautet:

Auf Grund der nachgewiesenen und von Ihnen zugegebenen Manipulation der Arbeitszeiterfassungnachweise (Stempelkarten) zuungunsten des Landes Niedersachsen, kündige ich hiermit gemäß § 54 BAT fristlos und mit sofortiger Wirkung den mit Ihnen bestehenden Arbeitsvertrag.

Die 1970 geborene Klägerin ist bei dem beklagten Land seit dem 1.7.1992 zu einer Bruttovergütung von zuletzt 2.098,10 € beschäftigt. Seit dem 1.8.98 ist die Klägerin im Amt für tätig.

Die Klägerin hat einen Antrag auf Anerkennung als Schwerbehinderte gestellt. Durch Bescheid vom 23.9.02 wurde ein Grad der Behinderung von 30 % festgestellt. Hiergegen hat die Klägerin Widerspruch eingelegt.

Mit Schreiben vom 19.6.02 teilte die Klägerin über ihre Prozessbevollmächtigten dem beklagten Land unter Beifügung einer Vollmacht mit, dass vor dem Hintergrund der bekannten gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin ein Antrag nach dem Schwerbehindertengesetz gestellt sei, so dass vor Ausspruch der Kündigung die erforderlichen Anhörungen durchzuführen seien. Wegen des Inhalts des Schreibens vom 19.6.02 nebst Anlagen wird auf dieses (Bl. 30 - 32 d.A.) verwiesen.

Mit Schreiben vom 24.6.02 kündigte das beklagte Land sodann das Arbeitsverhältnis außerordentlich auf, wobei eine Einschaltung des Integrationsamtes nicht erfolgte. Die Kündigung wurde per Zustellungsurkunde abgesandt und durch Niederlegung und entsprechender Benachrichtigung an die Klägerin am 26.6.02 zugestellt. Diese Kündigung holte die Klägerin am 2.7.02 bei dem entsprechenden Postamt ab. Die Kündigung wurde auch mit Schreiben vom 25.6.02 gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin erklärt. Die Zustellung an den Prozessbevollmächtigten erfolgte am 25.6.02.

Am 18.6.2002 fand eine Besprechung zwischen dem Amtsleiter, Herrn A , dem Fachbereichsleiter IV, Herrn H , dem Fachbereichsleiter 1, Herrn W sowie dem Personalrat, vertreten durch den Vorsitzenden Herrn Ho wie auch seinem Stellvertreter, Herrn F , statt. Nach den Angaben der Beklagten informierten Herr A die Anwesenden des Personalrates über den am Vortag im Zuge der Vernehmung aufgedeckten Sachverhalt und teilte mit, dass das Amt beabsichtigte, Frau R fristlos zu kündigen.

Entsprechend dem von der Beklagten vorgelegten Vermerk vom 19.6.2002 trug danach Herr Weine rechtliche Würdigung im Sinne des § 54 BAT vor und benannte hierbei die Gründe für die beabsichtigte fristlose Kündigung und nahm eine umfassende Interessenabwägung vor und legte diese mündlich dar. Die anwesenden Mitglieder des Personalrates äußerten nach den Angaben im Vermerk Verständnis für das Vorgehen der Amtsleitung und erklärten sich hiermit einverstanden.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass ein Grund zur außerordentlichen Kündigung nicht gegeben sei. Die Kündigung sei erst am 2.7.02 zugegangen, da erst an diesem Tag die Kündigung zu ihrer Kenntnis gelangt sei. Die Zustellung an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin sei nicht zum 25.6.02 wirksam geworden, da eine Vollmacht zur Empfangnahme von Kündigungen beim Prozessbevollmächtigen nicht vorgelegen habe.

Das beklagte Land habe die Frist des § 626 BGB nicht eingehalten. Das beklagte Land habe bereits am 12.6.02, spätestens am 13.6.02 Kenntnis von dem Vorfall gehabt.

Ein Grund zur außerordentlichen Kündigung sei auch nicht gegeben. Zwar habe die Klägerin eingeräumt, dass sie Dritte habe sich für sich stempeln lassen, eigene Manipulationen hätten jedoch nicht stattgefunden. Im übrigen habe der ansonsten beteiligte Mitarbeiter, Herr M. , auch nur eine Abmahnung erhalten, so dass die Wertung der Beklagten, die Klägerin sei außerordentlich zu kündigen, nicht nachvollziehbar sei.

Darüber hinaus werde die ordnungsgemäße Anhörung des Personalrates bestritten. Der Personalrat sei insbesondere nicht über die Stellung des Antrages der Klägerin auf Anerkennung als Schwerbehinderte informiert gewesen.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 24.6.2002, zugegangen am 2.7.2002, nicht aufgelöst worden ist und das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat die Auffassung vertreten, ein wichtiger Grund zur Kündigung habe bestanden. Bereits in der Vernehmung vom 18.6.2002 habe die Klägerin zugestanden, der Angestellte M habe auf Grund einer Absprache mit der Klägerin zu Beginn des Jahres 2002 die Zeiterfassungskarten der Klägerin in den Monaten März bis Juni 2002 an mehreren Tagen zum Dienstantritt benutzt und zugunsten der Klägerin falsche Zeiten gestempelt, wodurch sich die Klägerin buchmäßig in Wirklichkeit nicht geleistete Arbeitszeit erschlichen habe.

Der Verdacht der Manipulation habe sich am späten Nachmittag des 13.6.2002 ergeben, als der Amtsleiter A die Zeiterfassungkarte der Klägerin in Augenschein genommen und für den 10., 11. und 12. Juni 2002 Stempelzeiten festgestellt habe, die nicht den tatsächlichen Gegebenheiten hätten entsprechen können. Erst durch die Vernehmung der Klägerin sowie des Herrn M. am 18.6.02, in der die Klägerin letztlich die Manipulationen zugegeben hätte und in der auch weitere Manipulationen seit Beginn des Jahres 2002 ans Tageslicht gekommen seien, seien die Tatsachen bekannt geworden, die insgesamt den wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB ausmachten.

Das Verhalten der Klägerin stelle einen Grund für eine außerordentliche Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB dar. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei eingehalten, da die Zustellung der Kündigung am 26.6.02 durch Niederlegung und Benachrichtigung der Klägerin durch die Post am 26.6.02 zugestellt worden sei. Darüber hinaus habe der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 19.6.2002 unter Beifügung einer Vollmacht dem beklagten Land gegenüber angezeigt, dass die Klägerin ihn mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt habe. Das Amt für habe die Kündigung deshalb mit Schreiben vom 25.6.02 auch gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin erklären dürfen. Diese Zustellung sei bereits am 25.6.2002 erfolgt.

Am Nachmittag des 18.6.2002 sei die ordnungsgemäße Anhörung des Personalrates erfolgt.

Der Antrag auf Schwerbehinderteneigenschaft der Klägerin vom 19.6.2002 sei offensichtlich völlig unzureichend ausgefüllt und damit unbeachtlich, wie sich aus dem Schreiben des Versorgungsamtes vom 25.6.2002 ergebe.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben gemäß Beschweisbeschluss vom 18.9.2002 (Bl. 47 d.A.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 26.9.2002 (Bl. 51/51 R d.A.) verwiesen.

Durch Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 26.9.2002 wurde die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt und der Streitwert auf 6.294,30 € festgesetzt. Wegen des Inhalts des erstinstanzlichen Urteiles wird auf dieses (Bl. 53 - 62 d.A.) verwiesen.

Dieses Urteil wurde der Klägerin am 18.10.02 zugestellt. Hiergegen legte diese am 15.11.02 Berufung ein und begründete diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 15.1.03 am 15.1.03.

Zur Begründung der Berufung trägt die Klägerin vor, es weiterhin daran festgehalten, dass die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten sei. Nach den Feststellungen des Amtsleiters seien nach dem Vortrag der Beklagten Manipulationen festgestellt worden. Es sei nicht erkennbar, welche Tatsachen danach noch der Aufklärung bedurft hätten. Die weitere Aufklärungsabsicht sei willkürlich gewesen, so dass davon auszugehen sei, dass bereits am 13.6.02 von dem Vorfall vollständige Kenntnis vorhanden gewesen sei.

Im übrigen sei der Personalrat zur Kündigung nicht ordnungsgemäß angehört worden. Der Personalrat habe keine vollständigen Informationen erhalten. So sei ihm nicht mitgeteilt worden, seit wann die Klägerin bereits beschäftigt sei, zumal die Klägerin erst ab 1.8.1998 in der Dienststelle tätig geworden sei. Darüber hinaus fehle es an der vollständigen Angabe der Sozialdaten der Klägerin. Letztlich hätte dem Personalrat auch der Antrag der Klägerin auf Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft mitgeteilt werden müssen, was nicht geschehen sei. Darüber hinaus fehle der konkrete Vorwurf gegenüber der Klägerin im Rahmen der Personalratsanhörung. Es sei lediglich pauschal von einer Manipulation der Zeiterfassung gesprochen worden, ohne dass die Dauer der einzelnen Vorwürfe, die Anzahl und der Zeitraum, welcher durch die Vorwürfe erfasst werde, in irgend einer Weise konkretisiert worden sei. Es handle sich deshalb nur um eine schlagwortartige Darstellung des Sachverhaltes gegenüber dem Personalrat, was nicht ausreichend sei.

Bei ordnungsgemäßer Interessenabwägung und bei vollständiger Information des Personalrates wäre deshalb ein Ergebnis erzielt worden, das der Kündigung gemäß § 626 BGB die Wirksamkeit versagt hätte.

Die Berufung der Klägerin vom 15.1.03, per Fax übersandt, ist insoweit unvollständig, als nur die Seiten 1, 3 und 4 beim Landesarbeitsgericht eingegangen sind. Die vollständige Berufungsbegründung ging erst am 16.1.2003 beim Landesarbeitsgericht ein.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

1. unter Abänderung des am 16.9.2002 verkündeten und am 18.10.2002 zugestellten Urteils des Arbeitsgerichts Osnabrück, 2 Ca 371/02, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die fristlose Kündigung vom 24.6.2002, zugegangen am 2.7.2002, nicht aufgelöst worden ist und das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bestimmungen fortbesteht,

2. der Klägerin gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Das beklagte Land beantragt

die Berufung der Klägerin zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 19.2.2003. Hierauf wird verwiesen (Bl. 116 -123 d.A.).

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet. Die Berufungsbegründung ist auch fristwahrend eingelegt. Zwar ist die Berufungsbegründung, die am letzten Tag der Frist einging, nicht vollständig, da die Seite 2 fehlt. Dies steht grundsätzlich jedoch der Zulässigkeit jedenfalls dann nicht entgegen, wenn das Telefax nicht nur die Berufungsanträge und die Unterschrift des Prozessbevollmächtigten enthält, sondern auch die gemäß § 520 Abs. 3 ZPO erforderliche Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Entscheidend ist, dass der übermittelte Text noch hinreichend deutlich erkennen läßt, mit welchen Gründen das Ersturteil angefochten werden soll (so Beschluss des BGH vom 27.11.1996, AZ: VIII ZB 38/96 in Versicherungsrecht 1997, 853).

Der Begründung dieses Beschlusses schließt sich die Kammer im vollen Umfange an.

Vorliegend enthält das Telefax vom 15.1.03 sowohl die Anträge wie auch die Unterschrift des Prozessbevollmächtigten. Aus den Seiten 1, 3 und 4 dieses Schriftsatzes ist in ausreichender Form ersichtlich, mit welcher Begründung das erstinstanzliche Urteil angefochten werden soll. Es ist erkennbar, dass geltend gemacht wird, dass die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten ist und dass gerügt wird, dass die weiteren Aufklärung, die durch das beklagte Land durchgeführt worden ist, als willkürlich anzusehen ist (Seite 3 des Schriftsatzes oben). Im vollem Umfange sind die Äußerungen über die behauptete mangelhafte Information des Personalrates vorhanden. Diese Ausführungen werden deshalb dem Zweck des § 520 Abs. 3 ZPO gerecht. Dieser liegt darin, eine formale und nicht auf den konkreten Streitfall bezogene Berfungsbegründung auszuschließen und dem Gericht und dem Gegner die Erkenntnis zu geben, welche Gesichtspunkte der weiteren Rechtsverfolgung zugrunde gelegt werden, insbesondere welche tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen des erstinstanzlichen Urteiles bekämpft werden und welche Gründe hierfür vorhanden sind. Da der Schriftsatz ansonsten form- und fristgerecht eingelegt wurde, stellt sich die Berufung als insgesamt zulässig dar.

Die Berufung der Klägerin ist auch überwiegend begründet. Die Kammer kann es dahinstehen lassen, ob der Vorwurf gegenüber der Klägerin letztlich eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt. Die Kündigung ist bereits gemäß § 76 Abs. 2 i.V.m. § 75 Abs. 1, § 28 Abs. 2 NPersVG unwirksam.

Gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 3 NPersVG hat die Dienststelle bei einer außerordentlichen Kündigung das Benehmen mit dem Personalrat herzustellen. Das Verfahren zur Herstellung des Benehmens ist in § 76 NPersVG geregelt. Danach hat die Dienststelle das Benehmen mit dem Personalrat herzustellen und den Personalrat vor Durchführung der Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die beabsichtigte Maßnahme gilt als gebilligt, wenn der Personalrat sich nicht innerhalb der Frist schriftlich unter Angabe von Gründen äußert. Dabei ist § 68 Abs. 2 Satz 2 - 5 NPersVG anzuwenden. Danach kann der Personalrat verlangen, dass die Dienststelle die beabsichtigte Maßnahme schriftlich begründet oder mit ihm erörtert. Gemäß § 76 Abs. 2 NPersVG ist im Falle der außerordentlichen Kündigung die Stellungnahme des Personalrates der Dienststelle innerhalb einer Woche zuzuleiten, wobei in dringenden Fällen die Dienststelle diese Frist auf drei Tage abkürzen kann. Eine ohne Beteiligung nach § 76 Abs. 1 NPersVG ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

Vorliegend hat das beklagte Land vorgetragen, der Personalrat sei am Nachmittag des 18.6.02 angehört worden. Damit hat nach ihren Angaben eine Beteiligung stattgefunden. Nach dem Sinn und Zweck des § 76 NPersVG ist eine Kündigung aber auch dann unwirksam, wenn eine ordnungsgemäße Beteiligung nicht stattgefunden hat. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist ersichtlich, dass die Beteiligung des Personalrates in der Weise erfolgen muss, wie sie das Niedersächsische Personalvertretungsgesetz vorschreibt, damit die Rechte des Personalrates wie auch die der Mitarbeiter gewahrt sind. Geschieht dieses nicht ordnungsgemäß, so steht dieses einer nichtvorhandenen Beteiligung gleich (vgl. Urteil des BAG vom 27.2.1997, 2 AZR 37/96 in RZK III 1 a Nr. 80, BAG in AP Nr. 68 zu § 102 BetrVG 1972).

Da nach dem Vortrag die Anhörung am 18.6.02 erfolgte, eine schriftliche Stellungnahme des Personalrates jedoch nicht vorliegt, gilt die beabsichtigte Maßnahme erst als gebilligt nach Ablauf der Wochenfrist des § 76 Abs. 2 NPersVG. Die Kündigung hätte deshalb frühestens am 26.6.02 ausgesprochen werden können, da zu diesem Zeitpunkt erst feststand, dass eine Äußerung des Personalrates nicht erfolgte. Die Kündigung wurde jedoch bereits am 24.6. oder 25.6.02 ausgesprochen und hat spätestens zu diesen Zeitpunkten den Machtbereich der Beklagten verlassen und ist damit bereits vor Ablauf der Stellungnahmefrist erfolgt.

Das beklagte Land war auch nicht berechtigt, die Kündigung bereits vor Ablauf der Wochenfrist auszusprechen. Eine Abkürzung der Frist auf 3 Tage für den den Personalrat ist nicht erfolgt, ein sachlicher Grund hätte hierfür auch nicht bestanden. Eine mündliche Äußerung des Personalrates reicht nicht aus, zumal erkennbar für die Dienststelle war, dass eine Stellungnahme der anwesenden Personalratsmitglieder nicht ausreichte, da der Personalrat nicht vollständig vertreten war. Dieser mußte vielmehr zunächst eine Sitzung abhalten, um auf dieser zu entscheiden, ob der Personalrat der Kündigung zustimmt, dieser widerspricht oder die Frist verstreichen läßt.

Eine Äußerung liegt bereits auch deswegen nicht vor, weil gemäß § 28 Abs. 2 NPersVG besondere Vorschriften für die Vertretung des Personalrates geregelt sind. Gemäß § 28 NPersVG führt der Vorsitzende die laufenden Geschäfte und vertritt den Personalrat im Rahmen der von diesem gefaßten Beschlüsse. Betrifft die Angelegenheit nur eine Gruppe, wie im vorliegenden Fall die Gruppe der Angestellten, so vertritt den Personalrat der Vorsitzende gemeinsam mit einem dieser Gruppe angehörenden Mitglied. Es ist nicht ersichtlich, dass eine solche gemeinsame Vertretung, wie sie gemäß § 28 Abs. 2 NPersVG zwingend erforderlich ist, gegeben ist. Es fehlt damit an der schriftlichen Stellungnahme des Personalrates. Diese hätte von dem Vorsitzenden sowie einem Mitglied der Gruppe der Angestellten unterschrieben sein müssen (vgl. Beschluss des BVerwG vom 14.7.1986, 6 P 12/84 in PersV 1987, 199 - 201, vgl. auch BAG, Urteil vom 13.10.1982, 7 AZR 617/80 in PersV 1991, 479 - 481).

Damit ist keine Zustimmungsfiktion eingetreten. Der Personalrat hat sich innerhalb der Frist nicht ordnungsgemäß geäußert. Seine Stellungnahme wahrt nicht die Schriftform. Die Kündigung stellt sich deshalb insgesamt als unwirksam dar. Dieses war auch unter Beachtung der Vorschriften des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes von der Amtsleitung des Amtes für zu erkennen.

Auf die Berufung war deshalb das erstinstanzliche Urteil abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht beendet worden ist.

Die Klage war allerdings insoweit abzuweisen, als die Klägerin begehrt, das weiterhin festgestellt wird, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bestimmungen fortbesteht.

Ein Feststellungsinteresse für diesen Antrag ist nicht gegeben. Es ist nicht ersichtlich, dass es im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung andere Beendigungstatbestände gegeben hätte oder sich das beklagte Land darauf beruft, dass das Arbeitsverhältnis auch aus anderen Gründen nicht fortbesteht.

Da die Klägerin ausweislich der Klage diesen Antrag gesondert begründet hat, ist davon auszugehen, dass es sich nicht nur um einen nicht beachtlichen Annex zu dem üblichen Kündigungsschutzantrag gehandelt hat, sondern dass dieser Antrag bewusst und gewollt gestellt war.

Mangels Feststellungsinteresses ist deshalb die Klage insoweit abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 9.1, 92, 97 ZPO i.V.m. § 64 ArbGG.

Ende der Entscheidung

Zurück