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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschluss verkündet am 29.04.2008
Aktenzeichen: 16 TaBV 110/07
Rechtsgebiete: BetrVG, ArbSchG


Vorschriften:

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 7
ArbSchG § 13 Abs. 2
Beauftragt der Arbeitgeber gemäß § 13 Abs. 2 ArbSchG Personen aus dem externen Bereich, die die an sich ihm obliegenden Aufgaben nach dem Arbeitsschutzggesetz in eigener Verantwortung wahrnehmen, besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.
LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS

16 TaBV 110/07

In dem Beschlussverfahren

hat die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen aufgrund der Anhörung am 29. April 2008 durch

den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hannes als Vorsitzenden, den ehrenamtlichen Richter Dreyer und die ehrenamtliche Richterin Kletti

beschlossen:

Tenor:

1. Unter Zurückweisung der Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nienburg vom 28.06.2007, Az 3 BV 2/07, wird der Beschluss wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass die Übertragung von Aufgaben gemäß § 13 Abs. 2 ArbSchG der Mitbestimmung des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG unterliegt.

2. Der Beteiligten zu 2) wird untersagt, externe Personen oder Einrichtungen mit der Durchführung von Unterweisungen und Gefährdungsbeurteilungen zu beauftragen, ohne hierzu die Zustimmung des Antragstellers oder die Ersetzung der Zustimmung durch die Einigungsstelle zuvor eingeholt zu haben.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist der in der Niederlassung A-Stadt der Beteiligten zu 2) gebildete Betriebsrat. Er begehrt die Feststellung, dass die Übertragung von Aufgaben gemäß § 13 Abs. 2 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) der Mitbestimmung des Betriebsrates gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) unterliegt, und darüber hinaus, der Beteiligten zu 2) zu untersagen, Personen oder Einrichtungen mit der Durchführung von Unterweisungen und Gefährdungsbeurteilungen zu beauftragen, ohne zuvor die Zustimmung des Betriebsrates hierzu eingeholt zu haben.

Zwischen den Betriebsparteien wurde mit Spruch der Einigungsstelle vom 16.12.2005 eine Betriebsvereinbarung zur Regelung einer Gefährdungsbeurteilung im Bereich Logistik der Arbeitgeberin beschlossen.

In Ziffer 4) der Betriebsvereinbarung ist eine Verpflichtung der Arbeitgeberin geregelt, Gefährdungsbeurteilungen nach dem Arbeitsschutzgesetz durchzuführen im Bereich Logistik. Die hierzu erforderliche Unterweisung der Beschäftigten soll gemäß Ziffer 3.2. der Betriebsvereinbarung durch diejenigen Personen erfolgen, die die Gefährdungsbeurteilung durchführen.

Wegen des Inhalts der Betriebsvereinbarung im Übrigen nebst Anlagen wird auf diese (Bl. 8 bis 20 d.A.) verwiesen.

Durch Anschreiben der Arbeitgeberin vom 23.07.06 wurde der Betriebsrat unterrichtet, dass die Entscheidung getroffen sei, dass die Gefährdungsbeurteilungen wie auch die dazugehörigen Unterweisungen durch die Firma IAS vorgenommen werden sollen. Diese Firma war bereits beauftragt, die betriebsärztlichen Untersuchungen durchzuführen. Zuletzt mit Schreiben vom 06.09.06 reklamierte der Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht bei der Übertragung der Aufgaben in Bezug auf die Gefährdungsbeurteilungen und Unterweisungen. Mit Anschreiben vom 12.09.2006 hat die Arbeitgeberin sodann gegenüber dem Betriebsrat unter anderem ausgeführt:

Den Ausführungen zur Beteiligung des Betriebsrates nach § 13 Abs. 2 Arbeitsschutzgesetz schließen wird uns nicht an. Weder dem Wortlaut des Gesetzes noch der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist zu entnehmen, dass das eine Mitbestimmung des Betriebsrates gegeben ist.

Die nachfolgende anwaltliche Korrespondenz hat zu keinem anderen Ergebnis geführt.

Zwischenzeitlich hat die Firma IAS die Unterweisungen und Gefährdungsbeurteilungen im Bereich Logistik durchgeführt, ohne dass der Betriebsrat hierzu seine Zustimmung gegeben hat. Tatsächlich wurde die Gefährdungsbeurteilung durchgeführt von zwei Mitarbeiterinnen der Firma IAS, die als Betriebsärztinnen für die Arbeitgeberin im Betrieb tätig sind. Das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilungen erhielt der Betriebsrat nach Fertigstellung der Beurteilung Anfang des Jahres 2007.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, dass die Übertragung der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung wie auch der Unterweisungen seinem Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs.1 Nr. 7 BetrVG i.V.m. § 13 Abs. 2 ArbSchG unterliege. Die Betriebsvereinbarung, die durch Spruch der Einigungsstelle zusammen gekommen sei, enthalte keine abschließende Regelung in Bezug auf die Beauftragung von externen Personen als zuverlässige und fachkundige Personen. Dem Arbeitgeber sei es gemäß § 13 ArbSchG überlassen, welche personelle Organisation er im Gesundheitsschutz aufbaue, wobei er entsprechende Handlungsspielräume habe. Soweit er diese nutze, sei das umfassende Mitbestimmungsrecht bei Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften über die Unfallverhütungsvorschriften gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG gegeben.

Bei den beiden Betriebsärztinnen, die die Gefährdungsbeurteilungen erstellt hätten, sei ein Nachweis für die Fachkunde nicht vorhanden. Diese seien nach dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) nur zur Beratung nach § 3 Abs. 1 Ziffer 1 a) AsiG zuständig und dürften deshalb die Gefährdungsbeurteilung nicht selbst durchführen.

Soweit jedoch eine Erweiterung der Rechte für die Betriebsärztinnen erfolge, habe der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 9 Abs. 3 ASiG.

Wenn sich aus § 9 Abs. 3 ASiG ein Mitbestimmungsrecht ergebe, dann sei dieses erst recht nach § 13 Abs. 2 ArbSchG gegeben.

Für die Feststellung eines Mitbestimmungsrechtes reiche es aus, wenn für den Arbeitgeber Handlungsspielräume eröffnet werden, die auszufüllen sind. Hierbei seien auch Maßnahmen von Bedeutung, die nur mittelbar dem Gesundheitsschutz dienten. Wenn der Arbeitgeber die Maßnahme nicht selbst durchführe, sei eine Beauftragung externer Personen erforderlich. Die Bestimmung der Personen sei jedoch eine mittelbare Maßnahme im Rahmen des Arbeitsschutzes, da es insoweit auf Zuverlässigkeit und Fachkunde ankomme und deshalb Einfluss darauf genommen werden müsse, wer diese Maßnahmen durchführe.

Da im Übrigen die Gefährdungsbeurteilungen durch externe Personen durchgeführt worden seien, ohne das Mitbestimmungsrecht zu beachten, sei diese Durchführung der Gefährdungsbeurteilungen auch unwirksam.

Der Betriebsrat hat beantragt,

1. festzustellen, dass die Übertragung von Aufgaben gemäß § 13 Abs. 2 ArbSchG der Mitbestimmung des Betriebsrates gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG unterliegt,

2. der Beteiligten zu 2) zu untersagen, Personen oder Einrichtungen mit der Durchführung von Unterweisungen und Gefährdungsbeurlungen zu beauftragen, ohne zuvor die Zustimmung des Betriebsrates eingeholt zu haben,

3. festzustellen, dass die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung im Bereich Logistik durch Frau Dr. Heidrun Hartmann und Frau Marion Spiecker im Oktober 2006 rechtsunwirksam gewesen ist.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass durch Spruch der Einigungsstelle eine betriebliche Regelung getroffen worden sei, die eine umfassende und uneingeschränkte Lösung der mitbestimmungsrechtlichen Problematik geschaffen habe. Darüber hinausgehende Mitbestimmungsrechte könnten deshalb vom Betriebsrat nicht geltend gemacht werden.

Im Rahmen des § 13 Abs. 2 ArbSchG sei ein Mitbestimmungsrecht nicht gegeben, da es nur um die Durchführung der Betriebsvereinbarung gehe. Im Gegensatz zu § 9 Abs. 3 AsiG sehe das Arbeitsschutzgesetz bei der Beauftragung der Personen kein Mitbestimmungsrecht vor, was den Schluss rechtfertige, dass der Gesetzgeber ein Mitbestimmungsrecht an dieser Stelle nicht vorsehe.

Durch Beschluss des Arbeitsgerichts Nienburg vom 28.06.007 wurde festgestellt, dass die Übertragung von Aufgaben gemäß § 13 Abs. 2 ArbSchG der Mitbestimmung des Betriebsrates gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG unterliegt. Darüber hinaus wurde der Arbeitgeberin untersagt, Personen oder Einrichtungen mit der Durchführung von Unterweisungen und Gefährdungsbeurteilungen zu beauftragen, ohne hierzu die Zustimmung des Antragstellers zuvor eingeholt zu haben. Weiter wurde festgestellt, dass die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung im Bereich Logistik durch Frau Dr. H. H. und Frau M. S. im Oktober 2006 rechtsunwirksam gewesen ist. Wegen des Inhalts des erstinstanzlichen Beschlusses wird auf diesen (Bl. 62 bis 66 d.A.) verwiesen.

Dieser Beschluss wurde der Arbeitgeberin am 25.07.07 zugestellt. Hiergegen legte diese am 23.08.07 Beschwerde und begründete diese mit einem am 20.09.07 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz.

Zur Begründung der Beschwerde trägt die Arbeitgeberin vor, dass aus ihrer Sicht das Gesetz, anders als bei § 9 Abs. 3 AsiG, bei der Beauftragung von externen Personen gemäß § 13 Abs. 2 ArbSchG kein Mitbestimmungsrecht normiere. Wenn der Arbeitgeber selbst ohne Mitbestimmung des Betriebsrates die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung machen könne, könne bei der Bestellung eines Dritten ebenfalls ein Mitbestimmungsrecht nicht bestehen. Letztlich führe der Arbeitgeber nur durch, was zuvor zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber vereinbart bzw. durch den Spruch der Einigungsstelle als vereinbart zu gelten hat. Die Durchführung selber obliege aber ausschließlich dem Arbeitgeber, ohne dass der Betriebsrat ein eigenes Mitbestimmungsrecht hierbei geltend machen könne.

Die Betriebsvereinbarung sehe eine abschließende Regelung vor, wie sich aus dieser selbst ergebe. Weitergehende Mitbestimmungsrechte seien deshalb nicht gegeben.

Nach Rücknahme des Antrages zu 3) beantragt die Arbeitgeberin im Berufungsverfahren unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Nienburg vom 28.06.2007, Az. 3 BV 2/07 die Anträge des Betriebsrates zurückzuweisen.

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückzuweisen.

Er verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss nach Maßgabe seines Schriftsatz vom 23.10.2007. Hierauf wird verwiesen (Bl. 92 bis 97 d.A.).

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

1.

Für den Feststellungsantrag zu 1) besteht ein Feststellungsinteresse.

Zwischen den Betriebsparteien besteht Streit darüber, ob bei einer Beaufragung externer Personen gemäß § 13 Abs. 2 ArbSchG der Betriebsrat im Rahmen seines Mitbestimmungsverfahrens zu beteiligen ist. Da derartige Gefährdungsbeurteilungen wieder durchzuführen sein werden und die Betriebsparteien bereits über eine neue Betriebsvereinbarung für andere Bereiche verhandeln, ist zu erwarten, dass dieser Streit im Betrieb weiter ausgetragen wird, so dass ein besonderes Interesse vorhanden ist, die Frage des Mitbestimmungsrechtes arbeitsrechtlich überprüfen zu lassen. Die Maßnahme, die zwischen den Parteien im Streit ist, ist auch ausreichend bezeichnet, da es ausdrücklich um die Beauftragung externer Personen im Rahmen des § 13 Abs. 2 ArbSchG geht. Zur Klarstellung hat das Landesarbeitsgericht in seine Entscheidung zu Ziffer 2) ausdrücklich aufgenommen, wie zwischen den Parteien tatsächlich im Streit, dass es um externe Personen oder Einrichtungen geht. Letztlich ist zu prüfen, ob das Mitbestimmungsrecht bejaht oder verneint sein muss, so dass die Entscheidung des Gerichtes zu einer Befriedung zwischen den Betriebsparteien insoweit führen kann.

Auch für den Antrag zu 2) ist ein ausreichendes Rechtsschutzinteresse vorhanden, da nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten beabsichtigt ist, weitere Gefährdungsbeurteilungen in anderen Bereichen durchzuführen. Zur Sicherung des Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrats besteht deshalb ein Anspruch auf Unterlassung von Maßnahmen, die ohne seine Beteilung erfolgen sollen.

Dem Betriebsrat steht gemäß § 87 Abs.1 Nr 7 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht im Rahmen des § 13 Abs. 2 ArbSchG zu.

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften. Dieses Mitbestimmungsrecht ist umfassend bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz. Der Arbeitgeber hat aufgrund öffentlich-rechtlicher Rahmenvorschriften Maßnahmen über den Gesundheitsschutz zu treffen, bei deren Gestaltung ihm Handlungsspielräume verbleiben. Das Arbeitsschutzgesetz gibt insoweit bestimmte Vorgaben, die aber jeweils für den einzelnen Betrieb bzw. das einzelne Unternehmen umgesetzt werden müssen und verschiedenartige Handlungsspielräume eröffnen. Der Betriebsrat hat bei der Ausfüllung diese Handlungsspielräume mitzubestimmen. Hier soll im Interesse der betroffenen Arbeitnehmer eine möglichst effiziente Umsetzung des gesetzlichen Arbeitsschutzes im Betrieb erreicht werden. Dieses Mitbestimmungsrecht setzt ein, wenn eine gesetzliche Handlungspflicht objektiv besteht und wegen Fehlens einer zwingenden Vorgabe diese betriebliche Regelungen verlangt, um das vom Gesetz vorgegebene Ziel des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu erreichen (vgl. hierzu Beschlüsse des BAG vom 08.06.2004, Az. 1 ABR 13/03 in NZA 2004, 1175 - 1179 sowie Az. 1 ABR 4/03 in NZA 2005, 227 - 234). Dabei ist es unerheblich, ob diese Rahmenvorschrift dem Gesundheitsschutz mittelbar oder unmittelbar dient. Unerheblich ist es ebenfalls, welchen Weg oder welche Mittel die dem Gesundheitsschutz dienende Rahmenvorschrift vorsieht.

§ 5 Arbeitsschutzgesetz, der eine Beurteilung des Arbeitgebers der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdungen der Arbeitsbedingungen vorsieht, ist eine auslegungsbedürftige dem Gesundheitsschutz dienende Rahmenvorschrift im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Diese Vorschrift legt dem Arbeitgeber Pflichten auf, die auf den Betrieb insgesamt umgesetzt werden müssen.

Wie der Arbeitgeber dieses im Einzelnen durchführt, ist unterschiedlichen Wegen vorbehalten, so dass bei der Frage, wie die Umsetzung durchzuführen ist, ein Mitbestimmungsrecht besteht.

Soweit der Arbeitgeber dieses durch eigene Personen im Betrieb umsetzen will, ist der Betriebsrat in der Lage, bei der konkreten Umsetzung seinen Einfluss auszuüben und dafür Sorge zu tragen, dass die aus seiner Sicht notwendigen Maßnahmen im Interesse der Belegschaft durchgeführt werden.

Beauftragt der Arbeitgeber jedoch gemäß § 13 Abs. 2 ArbSchG zuverlässige und fachkundige Personen aus dem externen Bereich, die die an sich ihm obliegenden Aufgaben nach dem Arbeitsschutzgesetz in eigener Verantwortung wahrnehmen sollen, besteht zur Überzeugung der Kammer ebenfalls ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates.

Der Arbeitgeber wird sich im Regelfall dann fremder Hilfe bedienen, wenn eigene Personen mit entsprechender Fachkunde nicht zur Verfügung stehen. Er wird regelmäßig für diesen Fall einzelne Personen oder Institutionen auffordern, Konzepte für die Gefährdungsbeurteilung vorzulegen, wie diese im Betrieb im Einzelnen durchzuführen sind und sich dann für einen der Anbieter entscheiden. Ohne Vorlage eines entsprechenden Konzeptes ist der Arbeitgeber nicht in Lage festzustellen, ob in der Tat eine ausreichende Fachkunde vorhanden ist, die den betrieblichen Bedürfnissen gerecht wird. Bei der Auswahl dieses Personenkreises hat der Arbeitgeber demzufolge Handlungsspielräume, sich für eines der Konzepte zu entscheiden, oder, falls er den Auftrag nur an eine Person erteilen wollte, sich weitere Alternativkonzepte einzuholen. Es geht deshalb bei der Beauftragung dieser Personen oder Institutionen nicht um eine Einzelfallmaßnahme im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung, vielmehr geht es darum, dass hinter dieser Beauftragung Konzepte hinsichtlich der konkreten Durchführung der Gefährdungsbeurteilung stehen. Nur an dieser Stelle kann deshalb das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates sinnvollerweise ausgeübt werden, da bei der Beauftragung bereits das Konzept feststeht, wie auch festgelegt sein muss, dass es sich um zuverlässige Personen handelt. Könnte der Betriebsrat erst nach erfolgter Beauftragung seine Rechte ausüben, so würde dieses der Sache nicht dienlich sein, da der Auftrag bereits erteilt ist, in entsprechender Weise vorzugehen, andererseits hätte sich der Arbeitgeber zu diesem Zeitpunkt bereits vertraglich festgelegt und müsste diesen Vertrag nachträglich abändern oder aufheben bzw. könnte er die Gefährdungsbeurteilung in der vorgesehenen Weise nicht durchführen.

Die Beauftragung selbst beinhaltet deshalb nicht nur eine personelle Einzelmaßnahme, vielmehr gleichzeitig auch die Festlegung des Konzeptes, wann, in welcher Weise und in welcher Form die Untersuchung durchgeführt wird.

Die Gefährdungsermitteilung selbst ist zentrales Element des Arbeitsschutzes, da hiermit der Gesundheitsschutz anfängt. Da das Mitbestimmungsrecht gerade dazu dient, die möglichst effiziente Umsetzung des gesetzlichen Arbeitsschutzes im Betrieb zu erreichen, ist die Art und Weise der Gefährdungsermittlung deshalb von zentraler Bedeutung, so dass die festzulegenden Konzepte der Gefährdungsmitteilung jedenfalls der Mitbestimmung des Betriebsrates unterliegen. Da dieses untrennbar mit der Beauftragung zuverlässiger und fachkundiger Personen verbunden ist, soweit der Arbeitgeber dieses nicht in eigener Verantwortung tut, ergibt sich aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG das Mitbestimmungsrecht auch für § 13 Abs. 2 ArbSchG.

Dem steht deshalb auch nicht entgegen, dass § 9 Abs. 3 ASiG ausdrücklich regelt, dass Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit mit Zustimmung des Betriebsrates zu bestellend und abzuberufen sind. Die Ausgangslage ist, wie oben ausgeführt, für Personen nach § 13 Abs. 2 ArbSchG eine andere, da hiermit ein Konzept verbunden ist und nicht nur eine reine Personenauswahl betroffen ist.

Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin enthält die Betriebsvereinbarung auch keine abschließende Regelung darüber, welche zuverlässigen und fachkundigen Personen nach § 13 Abs. 2 ArbSchG beauftragt werden sollen. Die Betriebsvereinbarung selber regelt insoweit in Ziffer 4.4 lediglich im Sinne einer Rahmenvorschrift, welche Anforderungen an die Personen gestellt werden sollen, die eine derartige Gefährdungsbeurteilung durchführen. Bei der konkreten Umsetzung besteht, wie oben ausgeführt, ein Handlungsspielraum des Arbeitgebers, so dass es nicht alleine nur um die reine Durchführung der Betriebsvereinbarung geht. Dieses wäre nur dann der Fall, wenn die Betriebsvereinbarung so konkrete Regelungen enthielte, dass letztlich nur die Beauftragung einer bestimmten Person oder einer bestimmten Institution in Betracht käme. Das ist jedoch nicht der Fall. Der vorliegende Fall zeigt auch bereits, dass unterschiedliche Auffassungen der Betriebsparteien über die Fachkunde derjenigen Personen besteht, die die Gefährdungsbeurteilung durchgeführt haben, so dass die einseitige Beauftragung durch die Arbeitgeberin nicht zu einer Befriedung der Betriebsparteien geführt hat und die Sachkunde des Betriebsrates, der die Interessen der Arbeitnehmerschaft vertritt, nicht berücksichtigt worden ist (so auch LAG D-Stadt, Beschluss vom 21.09.2000, Az. 7 TaBV 3/98 in AP Nr. 11 zu § 87 BetrVG 1972 Gesundheitsschutz, Fitting-Kaiser, Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, 24. Auflage, § 87 Rdnr. 300, offen gelassen BAG, Beschluss vom 08.06.2004, Az. 1 ABR 4/03 aaO., andere Auffassung GK-Wiese, Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, 8. Auflage, § 87 Rdnr. 587).

Nach alledem ist die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückzuweisen.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde folgt aus §§ 92, 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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