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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 12.01.2004
Aktenzeichen: 5 Sa 1174/03
Rechtsgebiete: TzBfG, TV UmBW


Vorschriften:

TzBfG § 14 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1
TV UmBW § 3
1. Ein vorübergehender betrieblicher Bedarf an Arbeitskräften, der die Befristung eines Arbeitsverhältnisses nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1 TzBfG rechtfertigen kann, liegt auch dann vor, wenn die vorhandene Arbeitsmenge in absehbarer Zeit abnimmt (hier: Schließung einer Teileinheit der Bundeswehr; befristete Beschäftigung einer Lagerarbeiterin im Hinblick auf einen nach § 3 TV UmBw unterzubringenden Kfz-Mechaniker).

2. Steht fest, dass sich bei Ablauf der vorgesehenen Zeit der Minderbedarf nicht in der vertraglich vorgesehenen Weise realisiert (hier: Unterbringung des Kfz-Mechanikers auf einen anderen Dienstposten), muss der Arbeitgeber darlegen, aus welchen Gründen die tatsächliche Entwicklung anders verlaufen ist.


Landesarbeitsgericht Niedersachsen IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 Sa 1174/03

Verkündet am: 12. Januar 2004

In dem Rechtsstreit

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Kiel und die ehrenamtlichen Richter Hanstedt und Bechinie

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 21.05.2003 - 1 Ca 636/02 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von zwei aufeinander folgenden befristeten Arbeitsverträgen.

Die 1968 geborene Klägerin ist seit dem 16.08.1999 als Lagerhelferin im Bereich der Standortverwaltung der Beklagten beschäftigt, zuletzt zu einem Bruttomonatsverdienst von ca. 850,00 € Zunächst war das Arbeitsverhältnis aufgrund des Beschäftigungsförderungsgesetzes für die Dauer von zwei Jahren befristet. Unter dem 16.08.2001 schlossen die Parteien einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag, dessen § 1 folgenden Wortlaut hat:

"Frau G. wird am 16.08.2001 als nicht vollbeschäftigte Arbeiterin mit der Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer entsprechend vollbeschäftigten Arbeiterin vorübergehend bis zur Einnahme der neuen Organisationsstruktur (Umgliederung des Marineabschnittskommando, voraussichtlich 01.04.2004) gemäß Vorbefehl II/2001 vom 27.06.2001 eingestellt."

Der Vorbefehl 2001 sah die Auflösung der Stabsebene der Marineabschnittskommandos zum 31.03.2004 vor. Zu dem Stab des Marineabschnittskommandos gehörte die mit Lageraufgaben befasste Teileinheit, in der die Klägerin als Lagerhelferin D. aufgrund des Vertrages vom 16.08.2001 teilzeitbeschäftigt war. Zu dieser Einheit enthält der Vorbefehl II/2001 die Bemerkung "abhängig von Abgabe der ortsfesten, logistischen Einrichtungen".

Mit Organisationsänderungsanweisung vom 04.09.2002 verfügte der Bundesminister der Verteidigung die Auflösung des Marineabschnittskommandos bereits mit Wirkung zum 31.12.2002. Die Anweisung sieht vor, dass Teile der Organisation in das neu aufzustellende Marinestütztpunktkommando integriert würden, u. a. den Lagerbereich, in dem die Klägerin beschäftigt wurde.

Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 02.12.2002 mit, dass ihr Arbeitsverhältnis wegen Erreichung des Befristungszwecks zum 31.12.2002 enden werde. Dagegen hat sich die Klägerin mit der am 20.12.2002 beim Arbeitsgericht zugegangenen Klage gewehrt und geltend gemacht, dass ihr Arbeitsverhältnis unbefristet fortbestehe.

Unter dem 23.12.2002 bot die Beklagte der Klägerin ein neues befristetes Arbeitsverhältnis für die Zeit vom 01.01. bis zum 30.06.2003 an. Befristungsgrund war die Unterbringung des Arbeiters L., der bei der Beklagten unbefristet als Kfz-Mechaniker im Marinestütztpunktkommando tätig war. Aufgabe dieser Teileinheit war die Instanzsetzung und Wartung von Kraftfahrzeugen des Marinestützpunktkommandos, die per 01.07.2003 an ein privates Unternehmen vergeben wurde. Die Klägerin nahm das Vertragsangebot unter dem 02.01.2003 unter dem schriftlichen Vorbehalt an, "dass nicht bereits ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht". Wie der vorhergehende befristete Arbeitsvertrag richtet sich auch dieses Arbeitsverhältnis gemäß § 2 des Arbeitsvertrages vom 23.12.2002/02.01.2003 nach dem Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb)vom 06.12.1995 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung.

Die Klägerin wurde nach dem 31.12.2002 als Lagerhelferin bis zum 30.06.2003 auf dem Dienstpost weiterbeschäftigt. Der Arbeiter L. wurde nach dem 01.07.2003 nicht auf diesen Posten versetzt.

Die Klägerin hat mit am 09.05.2003 beim Arbeitsgericht Wilhelmshaven eingegangenem Schriftsatz die Unwirksamkeit der Befristung des weiteren Vertrages vom 23.12.2002/02.01.2003 geltend gemacht.

Die Klägerin hält sowohl die Befristung dieses Vertrages wie auch die des vorangegangenen Vertrages vom 16.08.2001 für unwirksam und hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder aufgrund Befristung zum Ablauf des 31.12.2002 noch durch Befristung zum Ablauf des 30.06.2003 beendet worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

und den Standpunkt eingenommen, beide Befristungen seien wirksam.

Im Rahmen der Neustrukturierung der Bundeswehr sei die Auflösung des Marineabschnittskommandos, der Dienststelle der Klägerin, zum 31.03.2004 geplant gewesen. Mit der vorzeitigen Auflösung zum 31.12.2002 sei der Befristungszweck vorzeitig eingetreten und das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung der Klägerin entfallen.

Im Rahmen der neu gebildeten Dienststelle habe sich für sie bis zur Unterbringung des unbefristet beschäftigten Arbeiters L. eine befristete Weiterbeschäftigungsmöglichkeit als Lagerarbeiterin ergeben. Der Dienstposten von Herrn L. sei nach einer Übergangsphase, Einnahme der neuen Organisationsstruktur, mit Wirkung zum 30.06.2003 als wegfallend ausgewiesen worden.

Es sei auch beabsichtigt gewesen, den Arbeiter L. auf dem Dienstposten der Klägerin unterzubringen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Urteil vom 21.05.2003 - 1 Ca 636/02 - im Wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, die auflösende Bedingung des Arbeitsvertrages vom 16.08.2001 sei unwirksam. Sie habe bei Vertragsschluss nach §§ 21, 14 Abs. 1 TzBfG eines sie rechtfertigenden sachlichen Grundes bedurft, den die Beklagte nicht hinreichend dargelegt habe. Ein nur vorübergehender Bedarf an der Arbeitsleistung als möglicher Befristungsgrund setze voraus, dass die Arbeitgeberin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses aufgrund greifbarer Tatsachen und mit hinreichender Sicherheit annehmen durfte, dass der Arbeitskräftebedarf in Zukunft wegfallen werde. Diese Voraussetzung sei bei einer vernünftigen Prognose allein durch den Vorbefehl vom 28.03.2001, der die Auflösung der Beschäftigungsdienststelle der Klägerin mit dem Wegfall ihres Dienstpostens vorsehe, nicht erfüllt. Damit stehe bei einer vernünftigen Prognose noch nicht fest, dass der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend bestanden habe. Bei Umstrukturierungen könne die Auflösung von Dienststellen mit der Schaffung neuer Dienststellen und neuer Dienstposten einhergehen, auf den unverändert am gleichen Ort die gleiche Arbeit zu verrichten sei. Das zeige der vorliegende Fall. Laut Befehl und Änderungsanweisung vom 04.09.2002 seien Teile der Organisation des Marineabschnittskommandos in das neu aufzustellende Marinestützpunktkommando integriert worden, so dass die Klägerin über den 31.12.2002 hinaus als Lagerhelferin am gleichen Ort habe weiterbeschäftigt werden können. Sei der zukünftige Bedarf an der Arbeitsleistung der Klägerin ungewiss gewesen, so habe die Beklagte die sich aus ihrem Organisationsrecht ergebenen Risiken nicht auf die Arbeitnehmerin abwälzen dürfen.

Auch für die auflösende Bedingung des weiteren Arbeitsvertrages vom 23.12.2002 bestehe kein hinreichender Sachgrund. Die Klägerin hat sich, wie ausgeführt, in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befunden. Vor diesem Hintergrund könne die Befristung des Arbeitsvertrages nicht damit gerechtfertigt werden, dass die Klägerin als "Platzhalterin" für den Arbeiter L. bis zum Wegfall seines Dienstpostens beschäftigt werde. Beide unbefristete Arbeitsverhältnisse seien grundsätzlich als gleichwertig anzusehen.

Das Urteil ist der Beklagten am 26.06.2003 zugestellt worden. Mit ihrer am 10.07.2003 eingelegten und am 26.09.2003 innerhalb der entsprechend verlängerten Frist begründeten Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag mit der Auffassung weiter, die Arbeitsverträge vom 16.08.2001 sowie vom 23.12.2002/02.01.2003 seien wirksam befristet.

Dies gelte zunächst für den Vertrag vom 16.08.2001. Durch den Vorbefehl 2001 sei die Auflösung der Stabsebene des Marineabschnittskommandos verbindlich festgelegt worden. Im Hinblick auf den unsicheren Umsetzungszeitpunkt sei der Vertrag zweckbefristet abgeschlossen worden. Der Befristungszweck sei durch die Auflösungsentscheidung vom 04.09.2002 zum 31.12.2002 eingetreten. Dass zum 01.01.2003 eine der vormaligen Teileinheit entsprechende Teileinheit im Rahmen des Marinestützpunktkommandos neu eingerichtet worden sei, beruhe auf einer Änderung der Planungen der Beklagten und sei bei Vertragsschluss am 16.08.2001 nicht absehbar gewesen.

Wirksam befristet sei auch der Vertrag vom 23.12.2002/02.01.2003: Sie - die Beklagte - habe am 02.01.2003 sicher prognostizieren können, dass die Teileinheit, die mit Instandsetzungs- und Wartungsarbeiten von Kraftfahrzeugen befasst gewesen sei, mit der Übernahme dieser Tätigkeiten durch die B. GmbH zum 30.06.2003 habe aufgelöst werden müssen. Ab dem 01.07.2003 habe der unbefristet beschäftigte Arbeiter L., der nach § 3 Abs. 1 TV UmBw Beschäftigungssicherung beanspruchen könne, auf dem Arbeitsplatz der Klägerin weiterbeschäftigt werden müssen. Aus diesem Sachgrund sei der Arbeitsvertrag der Klägerin bis zur Entstehung des Unterbringungsbedarfs befristet worden.

Die Beklagte beantragt,

unter Änderung des angefochtenen Urteils nach dem Schlussantrag der Beklagten in erster Instanz zu erkennen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

und verteidigt die angefochtene Entscheidung nach Maßgabe ihrer Schriftsätze vom 02.10.2003 sowie vom 13.10.2003, auf die Bezug genommen wird.

Sie ist insbesondere der Meinung, es könne nicht festgestellt werden, dass der Bedarf für ein Lager mit technischer Ausrüstung, in dem sie beschäftigt gewesen sei, aufgrund des Vorbefehls bei einer Änderung der Organisationsstruktur wegfallen solle. Deshalb sei die Befristung des Vertrages vom 16.08.2001 unwirksam.

Da sich die Klägerin somit in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befinde, habe der Anstellungsvertrag vom 23.12.2002/ 02.01.2003 wegen Umgehung von Kündigungsschutz nicht mehr wirksam befristet werden können. Es sei zudem nicht erkennbar, wann der Arbeiter L. auf dem Dienstposten der Klägerin habe untergebracht werden müssen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die frist- und formgerecht eingelegte und insgesamt zulässige Berufung ist unbegründet.

1.

Der befristete Arbeitsvertrag vom 23.12.2002/02.01.2003 ist nicht nach § 14 TzBfG wirksam befristet und hat das Arbeitsverhältnis folglich nicht mit Ablauf des 30.06.2003 beendet. Die Klägerin befindet sich nach § 16 TzBfG in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis.

a) Die Klägerin hat mit Klageantrag vom 09.05.2003 und damit rechtzeitig die Feststellung Unwirksamkeit der Befristung geltend gemacht. Nach § 17 S. 1 TzBfG muss der Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht beendet worden ist. Das Arbeitsverhältnis der Parteien war auf den 30.06.2003 befristet.

Es ist unschädlich, dass die Klägerin den Entfristungsantrag bereits am 09.05.2003 gestellt hat. Eine Entfristungsklage kann nämlich bereits vor dem vereinbarten Ende erhoben werden, weil davon auszugehen ist, dass der Arbeitgeber an seiner Entscheidung festhält (vgl. BAG, 28.06.2000 - 7 AZR 920/98 - AP Nr. 2 zu § 1 BeschFG 1996 = EzA § 1 BeschFG 1985 Nr. 15).

b)

Die Befristung des Vertrages vom 23.12.200/02.01.2003 ist nicht nach § 14 Abs. 1 TzBfG zulässig.

aa)

Nach § 14 Abs. 1 S. 2 Ziffer 1 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht. Diese Voraussetzung ist nicht bereits aufgrund der Ungewissheit der wirtschaftlichen Entwicklung und des zukünftigen Arbeitskräftebedarfs erfüllt. Diese Unsicherheit gehört vielmehr zum unternehmerischen Risiko, das der Arbeitgeber nicht durch Abschluss befristeter Arbeitsverträge auf seine Arbeitnehmer abwälzen kann, mit Ausnahme der unter bestimmten Voraussetzungen möglichen sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 1 und 2 TzBfG. Die sachliche Rechtfertigung einer Befristungsabrede wegen eines nur zeitweiligen Bedarfs verlangt vielmehr, dass bei Abschluss des Zeitvertrages aufgrund konkreter Tatsachen mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers über das vorgesehene Vertragsende hinaus kein Bedarf besteht. Hierzu muss der Arbeitgeber eine Prognose erstellen. Deren Grundlagen hat er im Prozess darzulegen, damit der Arbeitnehmer seinerseits die Möglichkeit erhält, die Richtigkeit der Prognose zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu überprüfen (vgl. BAG, 04.12.2002 - 7 AZR 437/01 - AP BAT Sr 2 y Nr. 24; 22.03.2000 -7 AZR 758/98 - AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 221 = NZA 2000, 881; APS/ Backhaus, § 14 TzBfG, Rn. 40, 82 und 138 ff.;

KR/Lipke, § 14 TzBfG, Rn. 67 ff.; Dörner, Der befristete Arbeitsvertrag, EFAS 2004, Rn. 278 mit zahlreichen w. N.). Diese vom Bundesarbeitsgericht vor dem Inkrafttreten des TzBfG zum alten Befristungsrecht nach § 620 BGB aufgestellten Rechtsgrundsätze sind gleichsam für die Auslegung und Anwendung des § 14 Abs. 1 S. 1 Ziffer 1 TzBfG maßgebend (vgl. Dörner, a.a.O., Rn. 279).

Das Gericht muss feststellen können, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Vertragsschlusses aufgrund greifbarer Tatsachen mit einiger Sicherheit erwarten durfte, dass für eine Beschäftigung des befristet eingestellten Mitarbeiters über das vorgesehene Vertragsende hinaus kein Bedarf bestand. Der Prognose müssen konkrete Umstände zugrunde liegen, die subjektive Einschätzung des Arbeitgebers reicht nicht aus (vgl. BAG, 28.03.2001 - 7 AZR 701/99 - AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 227 = NZA 2002, 666; KR/Lipke, § 14 TzBfG Rn. 71 f.; Dörner, a.a.O., Rn. 285). Erweist sich die Prognose als zutreffend, so ist die Befristung regelmäßig sachlich gerechtfertigt (vgl. BAG, 03.11.1999 - 7 AZR 846/98 - AP BAT Sr 2 y Nr. 19 = NZA 2000, 726 unter III. b) der Gründe; Dörner, a.a.O., Rn. 286). Steht hingegen fest, dass bei Ablauf der vorgesehenen Zeit ein weiterer Arbeitskräftebedarf besteht, so muss der Arbeitgeber darlegen, aus welchen Gründen die tatsächliche Entwicklung hinsichtlich des Arbeitskräftebedarfs anders verlaufen ist als bei Vertragsschluss prognostiziert. Gelingt ihm dazu ein widerspruchsfreier, als richtig festzustellender Tatsachenvortrag, ist die Befristung trotz Auseinanderklaffens von Dauer und Mehrbedarf wirksam. Gelingt ihm das nicht, lässt dies nur den Schluss zu, dass der Sachgrund vorgeschoben ist und bei Vertragsschluss in Wahrheit lediglich eine allgemeine Ungewissheit über den Arbeitskräftebedarf vorgelegen hat (vgl. BAG, 28.03.2001 ebenda; Dörner, a.a.O., Rn. 287).

Ein vorübergehender betrieblicher Bedarf an Arbeitskräften kann neben den Fällen vorübergehender Zusatzaufgaben auch dann vorliegen, wenn die vorhandene Arbeitsmenge in absehbarer Zeit abnimmt, bis dahin aber noch zusätzliche Arbeitskräfte benötigt werden. Ein solcher absehbarer Minderbedarf kommt u. a. bei Rationalisierungen bzw. bei (Teil-) Stilllegungen in Betracht (vgl. APS/Backhaus, § 14 TzBfG, Rn. 142 f.; KR/Lipke, § 14 TzBfG, Rn. 82; Dörner, a.a.O., Rn. 282, 296 m. w. N.). Ebenso wie im Fall zeitweiligen Mehrbedarfs darf der Arbeitgeber den absehbaren Minderbedarf nicht zum Anlass nehmen, beliebig viele Arbeitnehmer befristet einzustellen. Deren Anzahl muss sich vielmehr im Rahmen des absehbaren Minderbedarfs halten und darf diesen nicht überschreiten.

bb)

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze kann das Gericht nicht feststellen, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein Sachgrund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses des Klägers vom 23.12.2002/02.01.2003 bestanden hat.

Die Parteien haben in § 1 dieses Arbeitsvertrages bestimmt, dass die Klägerin bis zur Unterbringung des Arbeiters L. eingestellt wird, dessen Dienstposten zum 30.06.2003 entfallen ist. Diese Vereinbarung ist aus Sicht der Klägerin bei einer Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB als kalendermäßig befristeter Zeitvertrag zu verstehen. Die Klägerin ist weiterhin auf dem Arbeitsplatz im Lager beschäftigt, der im Zuge der Auflösung des Marineabschnittskommandos nicht entfallen, sondern auf das Marinestützpunktkommando ab dem 01.01.2003 übergeleitet ist und dort auch über den 30.06.2003 fortbestehen würde. Da es sich folglich nach dem Arbeitsvertrag um eine Dauerbeschäftigung handelt, die zum 30.06.2003 dem Arbeiter L. zugewiesen werden sollte, konnte die Klägerin annehmen, dass ihr Arbeitsvertrag bis zu diesem Datum fortbestehen würde.

Der vereinbarte Sachgrund kommt zwar als Rechtfertigung für die Befristung des Arbeitsvertrages nach § 14 Abs. 1 S. 2 Ziffer 1 TzBfG in Betracht. Herr L., der als Kfz-Mechaniker im Marinestützpunktkommando unbefristet beschäftigt war, hat einen Anspruch auf Beschäftigungssicherung nach § 3 TV UmBw. Dass er auf dem Dienstposten letztlich weder zum 30.06.2003 noch zu einem anderen Zeitpunkt untergebracht worden ist, ist letztlich dann nicht entscheidend, wenn dieses Konzept im Zeitpunkt des Vertragsschlusses tatsächlich bestanden hat. Dies kann das Gericht allerdings nicht anhand von Tatsachen nachvollziehen. Es liegt kein Organigramm vor, aus dem abzuleiten wäre, für wie viele Arbeiter nach Auflösung bzw. Ausgliederung von Teileinheiten des ehemaligen Marineabschnittskommandos ein Unterbringungsbedarf besteht, wie viele Stellen dafür im Bereich des Lagers genutzt werden müssen und wie die Verteilung dieser Stellen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geplant war. Ein entsprechend konkreter Vortrag wäre im vorliegenden Fall auch deshalb nötig gewesen, weil die für Herrn L. eingeplante Stelle der Klägerin weder quantitativ noch qualitativ mit seiner bisherigen Tätigkeit übereinstimmt. Die teilzeitbeschäftigte Klägerin ist Lagerhelferin, der vollzeitbeschäftigte Arbeiter L. ist Kfz-Mechaniker. Es ist auch nicht erkennbar, wann sich welche tatsächlichen Umstände nach Vertragsschluss in der Planung der Beklagten geändert haben, die zu einer anderen Verwendung des Kfz-Mechanikers L. geführt haben. Die allgemein gehaltenen Erläuterungen der Beklagten in der letzten mündlichen Verhandlung, die Beklagte habe entschieden, Sonderfahrzeuge selbst zu warten, werden diesen Anforderungen nicht gerecht.

c)

Eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG scheidet im vorliegenden Fall aus, weil die Klägerin zu der Beklagten bereits zuvor in einem Arbeitsverhältnis gestanden hat, § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG.

2.

Da somit bereits die letzte Befristung unwirksam ist und die Klägerin sich in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befindet (§ 16 S. 1 TzBfG), kommt es nicht entscheidend darauf an, dass auch für die Befristung des vorherigen Vertrages vom 16.08.2001 kein ausreichender Sachgrund vorhanden gewesen ist.

a)

Obwohl die Parteien das Arbeitsverhältnis mit Vertrag vom 23.12.2002/02.01.2003 auf eine neue Grundlage gestellt haben, unterliegt auch der Vertrag vom 16.08.2001 der gerichtlichen Befristungskontrolle. Haben die Parteien bei Abschluss des letzten Vertrages einen Vorbehalt erklärt und hat der Arbeitnehmer zusätzlich mit oder nach dem Abschluss des neuen befristeten Arbeitsvertrages Klage hinsichtlich des gerade ausgelaufenen Vertrages erhoben (vgl. BAG, 26.07.2000 - 7 AZR 43/99 - AP BeschFG 1985 § 1 Nr. 26 = NZA 2001, 264), so kommen der letzte und der vorletzte befristete Arbeitsvertrag zur gerichtlichen Überprüfung.

Einen solchen Vorbehalt haben die Parteien vereinbart. Die Klägerin hat die Unterzeichnung des Vertragsangebots vom 23.12.2002 mit dem Vorbehalt versehen, "dass nicht bereits ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht". Rechtsgeschäftlich liegt darin die Ablehnung des Angebots, verbunden mit dem neuen Antrag, den Änderungsvertrag vorbehaltlich zu befristen,§ 150 Abs. 2 BGB. Die Beklagte hat dieses Angebot zumindest konkludent durch die Fortsetzung der Beschäftigung angenommen.

b)

Die Befristung des Vertrages vom 16.08.2001 ist ebenfalls nach § 14 Abs. 1 TzBfG unwirksam.

Unter § 1 dieses Vertrages haben die Parteien eine Zweckbefristung vereinbart, die gleichfalls durch einen nur vorübergehenden betrieblichen Bedarf an der Arbeitsleistung gerechtfertigt sein könnte, § 14 Abs. 1 S. 2 Ziffer 1 TzBfG (zu den Voraussetzungen oben I. 1. a) der Gründe).

Dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses aufgrund des Vorbefehls 2001 vom 27.06.2001 nicht mit hinreichender Sicherheit festgestanden hat, dass für die Beschäftigung der Klägerin dauerhaft kein Bedürfnis bestehen würde, hat das Arbeitsgericht mit zutreffenden Erwägungen festgestellt, die sich das Berufungsgericht zu Eigen macht (§ 543 Abs. 1 ZPO) und die Begründung der Entscheidung deshalb auf folgennde ergänzenden Gesichtspunkt beschränkt:

Mit dem Vorbefehl hat die Beklagte angekündigt, dass voraussichtlich bis zum 01.04.2004 das Marineabschnittskommando ausgegliedert werden würde. Welche Aufgaben dabei insgesamt aufgegeben und welche ausgegliedert bzw. verlagert werden würden, stand damit noch nicht fest. Dies war, wie die Beklagte durch das Bundesministerium der Verteidigung ausdrücklich vermerkt hat, "abhängig von (der) Abgabe der ortsfesten, logisitischen Einrichtungen." Existierte aber noch kein entsprechendes Konzept, das zumindest in groben Umrissen erkennen ließ, welche Teile des bisherigen Marineabschnittskommandos in das Marinestützpunktkommando integriert werden sollen, kann allein die Ankündigung einer konkreten Organisationsentscheidung nicht die Befristung sämtlicher Arbeitsverhältnisse rechtfertigen. Erst wenn erkennbar ist, welche Aufgaben die Beklagte in ihrer neuen Organisation selbst versieht, wann die bisherigen Aufgaben wegfallen bzw. ausgegliedert werden, wie viele Stellen ihr danach verbleiben und für wie viele Arbeitnehmer sie nach § 3 TV UmBw einen Anspruch auf Beschäftigungssicherung erfüllen muss, können Arbeitsverhältnisse wegen eines vorübergehenden betrieblichen Bedarfs an der Arbeitsleistung wirksam befristet werden.

II.

Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen. Es bestehen keine Gründe zur Zulassung der Revision.

Ende der Entscheidung

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