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Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 20.05.2003
Aktenzeichen: 5 Sa 1302/02
Rechtsgebiete: TKT


Vorschriften:

TKT § 10 Abs. 1
TKT § 10 Abs. 4
TKT § 10 Abs. 4 Satz 1
1. Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe 9 TKT haben Vertreter/VertreterInnen von Geschäftsstellen mit 19.976 bis 22.999 Versicherten, sofern eine entsprechende Stelle eingerichtet ist und die Stellenvertretung dauerhaft übertragen wurde. Wiederholte Abwesenheitsvertretung erfüllen die Voraussetzungen nicht.

2. Nach dem 9.9.1998 haben "ständige Gelegenheitsvertreter" der Geschäftsstellenleiter/Innen aufgrund der an diesem Tage zwischen dem Vorstand und dem Hauptpersonalrat abgeschlossenen Dienstvereinbarung Anspruch auf Vergütung zwei Gruppen unter der Dienststellenleitung, wenn sie nach dem 9.9.1998 Abwesenheitsvertretung mit Wissen des Arbeitgebers tatsächlich wahrgenommen haben. Soweit in der Vereinbarung vom 9.9.1998 vorgesehen ist, dass der erfolgreiche Bewerber rückwirkend Vergütungsansprüche für Zeiten beanspruchen kann, in denen der erfolglose Bewerber die Vertretungstätigkeiten wahrgenommen hat, liegt darin ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot. Der erfolglose Bewerber kann für diesen Zeitraum die gleiche Vergütung nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verlangen.


Landesarbeitsgericht Niedersachsen IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 Sa 1302/02

Verkündet am: 20. Mai 2003

In dem Rechtsstreit

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 17.02.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Kiel und die ehrenamtlichen Richter Kühne und Dicke

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 19.07.02 - 1 Ca 1235/01 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die Zeit vom 09.09.1998 bis zum 30.09.1999 Vergütung nach Vergütungsgruppe 9 des Tarifvertrages der Techniker Krankenkasse zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, das am 31.07.2000 erteilte Zwischenzeugnis wie folgt zu ändern (auf S. 2 des Zwischenzeugnisses, zwischen dem 4. und 5. Absatz):

"Herr S hat in der Zeit vom 01.07.1997 bis zum 08.09.1998 die Geschäftsstellenleiterin während Abwesenheiten vertreten. Vom 09.09.1998 bis zum 30.09.1999 hat er die Aufgaben eines ständigen Gelegenheitsvertreters der Geschäftsstellenleitung wahrgenommen."

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um tarifgerechte Vergütung des Klägers, der seit dem 22.02.1975 bei der Beklagten angestellt ist. Kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme findet auf das Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag für die Techniker Krankenkasse (TKT) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.

Der Kläger war seit dem 14.12.1992 als Arbeitsbereichsleiter in der Geschäftsstelle W eingesetzt. Er erhielt Vergütung nach der Vergütungsgruppe 8. In der Zeit vom 01.07.1999 bis 25.01.1999 vertrat er die Geschäftsstellenleiterin bei Abwesenheit. In der Zeit vom 12.12.1997 bis 14.01.1998, 08.06.1998 bis 26.06.1998, 29.12.1998 bis 25.01.1999 nahm der Kläger für sie Urlaubsvertretungen vor, wofür er jeweils Zulagen nach § 10 Abs. 4, erster Unterabsatz des Tarifvertrages erhielt.

Die Stellvertretung des Geschäftsstellenleiters ist nach internen Organisationsvorschriften der Beklagten für jede Geschäftsstelle durch den Geschäftsstellenleiter in Abstimmung mit dem Gebietsleiter zu regeln, entweder durch befristete Zuweisung oder als Dauerregelung.

In der Geschäftsstelle W wurde keine Dauerregelung zur Stellvertretung getroffen. Dementsprechend berichtete die frühere Geschäftsstellenleiterin in ihrem Schreiben vom 06.11.1997 u. a. zur Personalfrage:

"Zum Zeitpunkt der Berichterstellung verfügt die Geschäftsstelle über 36 Mitarbeiter/Innen. Davon sind 4 als Führungskräfte (GstL 2 ABL und 1 AGL) und zwei als Teilzeitkräfte eingesetzt. Seit Juli 1997 arbeiten wir ohne freigestellten Stellvertreter. Die Qualifikation der ABL ist als sehr gut zu bezeichnen. Sie sind beide hochmotiviert und haben die neue Zielsetzung des Unternehmens problemlos übernommen und in den nachgeordneten Bereichen vermittelt und umgesetzt. Dabei muss der Einsatz von Herrn S besonders erwähnt werden, der trotz der bekannten Probleme in der jüngsten Vergangenheit motiviert und konstruktiv an der Veränderung innerhalb der Geschäftsstelle mitgearbeitet hat und seit 07/97 meine Abwesenheitsvertretung trotz 9 nachgeordneter Mitarbeiter/Innen leistet."

In einem Gesprächsprotokoll vom 12.06.1997, an dem u. a. die ehemalige Geschäftsstellenleiterin teilgenommen hat, heißt es unter Punkt 8, Vertretungsregelung GstL:

"Während der Abwesenheit von Frau T nimmt Herr S die Vertretung in vollem Umfang wahr. Entlastung wird durch Herrn B und Herrn Sc sichergestellt."

Der Kläger besuchte zusammen mit der Geschäftsstellenleiterin am 18./19.11.1997 auf Einladung der Personalabteilung ein Seminar für Geschäftsstellenleiter und deren Vertreter. Er erhielt eine Visitenkarte von der Beklagten, auf der er als Abteilungsleiter und Vertreter der Geschäftsstellenleiterin bezeichnet war und verfügte über einen entsprechenden Dienstausweis. Wegen seiner unterstützenden Leistungen in dieser Funktion regte die Geschäftsstellenleiterin mit Schreiben vom 18.03.1998 die Zahlung eines Sonderbonus an.

Unter dem 14.05.1998 machte der Kläger unter Hinweis auf seine Vertretungstätigkeit die Eingruppierung in die höhere Vergütungsgruppe "9 bzw. 10" geltend. Die Vergütungsgruppe 9 ist u. a. vorgesehen für Vertreter von Geschäftsstellenleitern in Geschäftsstellen mit 19.976 bis zu 22.999 Versicherten. In diese Größenordnung gehört die Geschäftsstelle W .

Unter dem 09.09.1998 traf der Vorstand der Beklagten mit dem Hauptpersonalrat eine Vereinbarung, die auszugsweise folgenden Inhalt hat:

"1. In alle Dienststellen wird zumindest 1 Gelegenheitsvertreter des Dienststellenleiters eingesetzt.

2. Die Vergütung für diese zusätzliche Aufgabe erfolgt zwei Vergütungsgruppen unterhalb der Vergütungsgruppe des Dienststellenleiters.

3. Gelegenheitsvertreter bis zur Vergütungsgruppe 8 (... BstL, ZwgstL bis zur Vergütungsgruppe 9) erhalten ab Beginn der Vertretung eine Zulage analog § 10 (4) TKT. ...

Diese Regelung gilt ab sofort bis zu einer tariflichen Regelung. In den Fällen, in denen bereits ohne Mitbestimmungsverfahren ein entsprechender Einsatz vorgenommen wurde, erhält der Mitarbeiter rückwirkend von Einsatzbeginn an die höhere Vergütung. ..."

Mit Schreiben vom 30.09.1998 bewarb sich der Kläger bei der Geschäftsstellenleiterin in W für die Übernahme ihrer Abwesenheitsvertretung. Er beantragte per E-Mail vom 23.05.2001 und Schriftsatz vom 25.06.2001 nochmals die Höhergruppierung.

Die Beklagte lehnte die Höhergruppierungsanträge mit Schreiben vom 28.05.2001 sowie vom 20.08.2001 ab. In letzterem Schreiben teilte die Beklagte zugleich mit, dass sie Frau B die Funktion der Geschäftsstellenvertreterin der Geschäftsstellenleitung übertragen habe.

In einem Zwischenzeugnis vom 31.07.2000 wurden die vertretenden Leistungen des Klägers nicht erwähnt.

Mit seiner Klage vom 03.12.2001 hat der Kläger die Auffassung vertreten, er sei ab 01.07.1997 als ständiger Vertreter der Geschäftsstellenleiterin eingesetzt und müsse entsprechend vergütet werden. Jedenfalls sei ihm gemäß der Vereinbarung zwischen dem Vorstand der Beklagten und dem Hauptpersonalrat ab dem 09.09.1998 die Funktion des Gelegenheitsvertreters der Dienststellenleiterin übertragen worden.

Deshalb müsse in das Zwischenzeugnis vom 31.07.2000 eine Aussage über die wahrgenommenen Vertretungstätigkeiten aufgenommen werden.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm Vergütung nach Vergütungsgruppe 9 des Tarifvertrages der Techniker Krankenkasse ab dem 01.07.1997 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, das am 31.07.2000 erteilte Zwischenzeugnis wie folgt zu ändern (auf S. 2 des Zwischenzeugnisses, zwischen dem 4. und 5. Absatz:

"Herr Heinz S war seit dem 01.07.1997 bis zum 30.09.1999 als ständiger (Gelegenheits-)Vertreter der Geschäftsstellenleitung eingesetzt."

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen

und die Auffassung vertreten, der Kläger sei zutreffend eingruppiert. Eine Einsetzung zum Stellvertreter der Geschäftsstellenleitung im Sinne der Anlage 1 zum TKT sei nicht erfolgt. Als Abwesenheitsvertreter habe der Kläger keinen Anspruch auf höhere Eingruppierung. Soweit er in der Zeit vom 01.07.1997 bis zum 25.01.1999 Abwesenheitsvertretungen durchgeführt habe, seien diese zu vergüten gewesen mit Zulagen nach § 10 Abs. 4 TKT.

Eine höhere Vergütung könne der Kläger auch nicht verlangen, weil er nicht Gelegenheitsvertreter der Dienststellenleiterin gemäß der Vereinbarung vom 09.09.1998 geworden sei. Diese Funktion sei der Kollegin B mit Wirkung zum 01.10.1998 übertragen worden, was ihr mit Schreiben vom 15.11.1999 mitgeteilt worden sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 19.07.2002, auf das wegen seines vollständigen Inhalts Bezug genommen wird, im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe keinen Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe 9 TKT ab dem 01.07.1997, weil er die tariflichen Anforderungen an einen Vertreter der Geschäftsstellenleitung in einer Geschäftsstelle mit 19.976 bis zu 22.999 Versicherten nicht erfülle. Der Kläger habe überwiegend Tätigkeiten eines Arbeitsbereichsleiters ausgeübt und die Geschäftsstellenleiterin nur bei Gelegenheit während Abwesenheitszeiten vertreten, insbesondere wegen Urlaubs. Soweit die Geschäftsstellenleiterin dem Kläger zu ihrer eigenen Arbeit unterstützend und beratend hinzugezogen habe, sei dieser nicht als ihr Vertreter, sondern als ihr "Helfer" tätig geworden. Visitenkarte und Dienstausweis seien für die Eingruppierung nicht maßgeblich.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Höhergruppierung nach der Vereinbarung zwischen dem Vorstand der Beklagten und deren Hauptpersonalrat vom 09.09.1998. Erforderlich für eine Höhergruppierung ab diesem Zeitpunkt wäre gewesen, dass der Kläger dauerhaft als Gelegenheitsvertreter des Dienststellenleiters eingesetzt worden wäre. Darum habe er sich zwar mit Schreiben vom 30.09.1998 beworben. Einen zustimmenden Bescheid habe er jedoch nicht erhalten. Soweit er zur Jahreswende 1998/1999 eine Urlaubsvertretung für die Dienststellenleitung wahrgenommen habe, rechtfertige das aber nicht die Annahme, dass der Kläger dauerhaft als Gelegenheitsvertreter der Dienststellenleiterin eingesetzt sei.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf die gewünschte Ergänzung des Zwischenzeugnisses vom 31.07.2000. Die begehrte Formulierung lasse vermuten, dass der Kläger zwischen dem 01.07.1997 und dem 30.09.1999 als ständiger Vertreter der Geschäftsstellenleitung eingesetzt worden sei. Tatsächlich sei dies lediglich dreimal zu bestimmten Zeiten und insgesamt über ca. 11 Wochen als Urlaubsvertreter der Fall gewesen.

Das Urteil ist dem Kläger am 09.08.2002 zugestellt worden. Mit seiner am 30.08.2002 eingelegten und am 24.09.2002 begründeten Berufung verfolgt er sein Klageanliegen nach Maßgabe der Schriftsätze vom 21.09.2002, 16.12.2002 und 25.02.2003 weiter.

Der Kläger meint insbesondere, er könne den Höhergruppierungsanspruch aus der Vereinbarung zwischen dem Vorstand der Beklagten und dem Hauptpersonalrat vom 09.09.1998 herleiten. In dieser Vereinbarung sei lediglich von einem "Einsatz von Teamleitern/ABL mit zusätzlichen Aufgaben" die Rede.

Das Wort "Einsatz" stelle gerade auf die tatsächliche Verwendung des Mitarbeiters ab, ohne dass eine formale Erklärung gefordert worden sei. In diesem Sinne sei er als ständiger Gelegenheitsvertreter eingesetzt worden. Das werde nicht nur durch den entsprechenden Dienstausweis und Visitenkarten, sondern auch durch die Einladung der Geschäftsleitung zu einem Seminar für Geschäftsstellenleiter und deren Verteter dokumentiert. Demgemäß sei seine Tätigkeit als Gelegenheitsvertreter nicht nur geduldet, sondern ausdrücklich gefördert und unterstützt worden, weshalb der Revisionsbericht vom 09.12.1997 auch eine formale Regelung empfohlen habe.

Der Kläger ist außerdem der Auffassung, für einen Gelegenheitsvertreter komme es gerade nicht darauf an, dass er diese Tätigkeiten auf Dauer überwiegend ausübe. Die Position sei gerade geschaffen worden, um den ursprünglich vorhandenen ständigen Stellverteter, der von seiner übrigen Arbeit insgesamt freigestellt gewesen sei, zu ersetzen. Der Gelegenheitsverteter werde neben seiner eigentlichen und damit auch überwiegend auszuübenden Tätigkeit als ständiger Vertreter der Geschäftsstellenleitung eingesetzt. Dadurch solle eine Kontinuität der Vertretung gewährleistet werden. Demgemäß habe er - der Kläger - sich in die Materie eingearbeitet, um die Vertretungsaufgaben bei eintretenden Gelegenheiten wahrnehmen zu können.

Die Funktion des ständigen Vertreters bzw. Gelegenheitsvertreters müsse für den im Antrag bezeichneten Zeitraum auch im Zeugnis zum Ausdruck kommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 19.07.2002 - 1 Ca 1235/01 - abzuändern und nach den Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

und verteidigt die angefochtene Entscheidung nach Maßgabe ihrer Schriftsätze vom 28.10.2002 sowie vom 13.02.2003. Sie meint, eine Eingruppierung nach Vergütungsgruppe 9 TKT setze eine überwiegende Tätigkeit als ständiger Vertreter des Geschäftsstellenleiters bzw. der Geschäftsstellenleiterin voraus, was sich - wie der Kläger im Hinblick auf die Figur des Gelegenheitsvertreters selbst argumentiere - nicht in der Addition tatsächlicher Abwesenheitsvertretungen erschöpfe. Im Gegensatz zu einem Gelegenheitsvertreter habe der ständige Vertreter zumindest überwiegend damit verbundene Aufgaben zu erfüllen, die im Übrigen vom Kläger weiter hätten vorgetragen werden müssen. Jedenfalls seien ihm die Aufgaben eines ständigen Vertreters nicht übertragen worden.

Auch soweit der Kläger zweitinstanzlich eine Vergütung als ständiger Gelegenheitsvertreter nach Maßgabe der Vereinbarung zwischen Vorstand und Hauptpersonalrat der Beklagten vom 09.09.1998 beanspruche, fehle es an einer Übertragung der Tätigkeit. Der Kläger habe sich zwar um diese Stelle beworben, sie sei letztlich aber seiner Kollegin B zugewiesen worden. Einem Anspruch auf Grund dieser Vereinbarung, die ohnehin erst ab dem 09.09.1998 Geltung beanspruche, scheide auch deshalb aus, weil Gelegenheitsvertreter bis zur Vergütungsgruppe 8 ab Beginn der Vertretung lediglich eine Zulage analog § 10 Abs. 4 TKT beanspruchen könne. Der Kläger sei unstreitig in die Vergütungsgruppe 8 des geltenden Tarifvertrages eingruppiert. Die Zulage analog § 10 Abs. 4 TKT sei ihm in der Vergangenheit gezahlt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

1.

Die als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige Klage ist teilweise begründet.

a)

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe 9 TKT auf Grund der tarifvertraglichen Voraussetzungen.

aa)

Auf das Arbeitsverhältnis findet der TKT mit dessen Anlagen in seiner jeweils gültigen Fassung kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung.

§ 10 Abs. 1 TKT bestimmt, dass der Angestellte nach den im Gruppenplan vereinbarten Tätigkeitsmerkmalen (Anlage 1) vergütet wird. In der Anlage 1 haben die Tarifvertragsparteien den abstrakten Merkmalen der jeweiligen Vergütungsgruppen jeweils Beispiele zugeordnet, nach denen der Angestellte eingruppiert wird. So haben sie zu der Vergütungsgruppe 9, die "Tätigkeiten mit besonders hohem Schwierigkeitsgrad und entsprechender Verantwortung - auch für die Tätigkeit anderer -" voraussetzt, bestimmt, dass es sich hierbei um die Eingangsvergütung für Vertreter/Innen von Geschäftsstellenleiter/Innen in Geschäftsstellen mit 19.976 bis 22.999 Versicherten handelt. Sind Tätigkeitsbeispiele vorhanden, sind die allgemeinen Erfordernisse der betreffenden Vergütungsgruppe regelmäßig schon dann als erfüllt anzusehen, wenn der Arbeitnehmer eine den Beispielen entsprechende Tätigkeit auszuüben hat (BAG ständige Rechtsprechung, vgl. 07.11.2001 - 4 AZR 667/00 - zu einer Eingruppierungsstreitigkeit bei der Techniker Krankenkasse, unter I. 2. der Gründe).

Aus der Festlegung von Tätigkeitsbeispielen folgt jedoch nicht, dass es für die Eingruppierung der Angestellten nach dem TKT nicht auf die abstrakten Merkmale der Oberbegriffe ankommt. Vielmehr sind unbestimmte oder unklare Begriffe in den Tätigkeitsbereichen unter Berücksichtigung der abstrakten Obersätze auszulegen und anzuwenden. Die in dem Tätigkeitsbeispiel bezeichnete Stellvertetungstätigkeit ist deshalb im Sinne der abstrakten Merkmale so auszulegen, dass es sich hierbei um eine auf Dauer angelegte, und nicht nur auf Gelegenheitsvertretungen beschränkte Aufgabe handelt. Die Tätigkeit muss insgesamt nicht nur von besonderem Schwierigkeitsgrad sein, sondern eine entsprechend hohe Verantwortung aufweisen, und zwar gerade auch im Hinblick auf die Tätigkeit anderer. Welche Aufgaben dazu im Einzelnen gehören, wird nach Ziffer 1.2.2 der Arbeitsanweisung für jede Geschäftsstelle durch den Geschäftsstellenleiter in Abstimmung mit dem Gebietsleiter verbindlich geregelt, und zwar nach Ziffer 1.2.1 der Arbeitsanweisung nach von der Hauptverwaltung vorgegebenen Richtlinien.

Die Stellvertretung wird aus der mittleren Führungsebene heraus wahrgenommen, befristet oder als Dauerregelung.

Dass eine gelegentliche Abwesenheitsvertretung diesen Voraussetzungen nicht genügt, ergibt sich aus der Zulagenbestimmung in § 10 Abs. 4 Satz 1 TKT. Danach wird für die vorübergehende Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit von mindestens 10 zusammenhängenden Arbeitstagen für die Dauer dieser Tätigkeit eine persönliche Zulage in Höhe des Betrages gezahlt, den eine Höhergruppierung des/der Angestellten in die der vorübergehend ausgeübten Tätigkeit entsprechende Vergütungsgruppe ergeben hätte.

Schließlich zeigt die am 09.09.1998 zwischen Vorstand und Hauptpersonalrat getroffene Vereinbarung, dass auch nach Einschätzung der Betriebsparteien von dem orginären tariflichen Anspruch auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe 9 nur ständige (befristet oder unbefristete) Vertretungstätigkeiten erfasst sind, nicht aber die in dieser Vereinbarung vorgesehenen "Gelegenheitsvertreter".

bb)

Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen hatte die Beklagte dem Kläger die Aufgaben eines ständigen Vertreters zu keinem Zeitpunkt übertragen. Es hat keine Abstimmung zwischen Gebietsleiter und der Geschäftsstellenleiterin darüber stattgefunden, welche Aufgaben der Kläger ab wann im Einzelnen als ständiger Vertreter wahrnehmen sollte. Auch hat die Beklagte mit dem Kläger nicht durch einen hierfür autorisierten Vorgesetzten der Hauptverwaltung geregelt, ab wann ihm welche Aufgaben vorübergehend oder auf Dauer zugewiesen werden sollten. Der Kläger hat zwar die ehemalige Geschäftsstellenleiterin in der Zeit ab Mitte 1997 bis zum 30.09.1999 während Abwesenheitszeiten vertreten. Er ist hierbei aber lediglich als Vertreter gelegentlich ihrer Abwesenheiten tätig geworden, was sich auch aus dem Revisionsbericht vom 09.12.1997 ergibt. Darin heißt es, der Kläger vertrete die Geschäftsstellenleiterin während deren Abwesenheit. Die in dem Revisionsbericht als sinnvoll erachtete formale Regelung ist nicht getroffen worden.

Dass der Kläger nach außen hin durch Visitenkarten und vor allem durch einen Dienstausweis als Vertreter der Geschäftsstellenleiterin ausgewiesen wurde, indiziert nicht die nach Ziffer 9 TKT in Verbindung mit der Ziffer 1.2.1 Arbeitsanweisung und den Richtlinien der Hauptverwaltung vorausgesetzte Regelung. Dienstausweise werden gemäß der Ziffer 9.5 für Vertreter von Geschäftsstellenleitern und Abwesenheitsvertreter ausgestellt. Sie setzen keine rechtsverbindliche Begründung des Status als Stellvertreter voraus, sondern dienen, ebenso wie Visitenkarten, allein dem Zweck, den Kläger während seiner Vertretungszeiten nach außen zu legitimieren.

Auch kann das Gericht keine von der verantwortlichen Personalstelle der Hauptverwaltung geduldete Stellvertretung feststellen. Der Revisionsbericht bestätigt zwar den Vortrag des Klägers, die Geschäftsstellenleiterin habe ihn beratend in ihre Tätigkeit mit einbezogen. Welche Aufgaben ihm dabei genau übertragen wurden, und ob diese den Anforderungen der Vergütungsgruppe 9 in Verbindung mit Ziffer 1.2.1 und den Richtlinien der Hauptverwaltung entsprechen, kann das Gericht anhand des Sachvortrages des Klägers im Einzelnen nicht nachvollziehen und zeitlich quantifizieren. Hierzu ergeben sich zwar konkrete Anahltspunkte auf Grund des Schreibens von Frau Tostedt am 18.03.1998 für die zurückliegende Zeit, in der der Kläger z. B. die komplette Installation des BstEmden/653 durchgeführt und bei der Analyse und Bewältigung der Personalprobleme unterstützt hat. Dass der Kläger derartige Tätigkeiten allerdings danach weiter im Einverständnis der Hauptverwaltung durchgeführt hat, kann das Gericht nicht erkennen.

b)

Der Kläger kann aber für die Zeit vom 09.09.1998 bis zum 30.09.1999 nach Ziffer 2 der am 09.09.1998 geschlossenen Dienstvereinbarung Vergütung nach der Vergütungsgruppe 9 TKT verlangen.

Diese Regelung sieht für "Gelegenheitsvertreter" eine Vergütung zwei Gruppen unterhalb der Geschäftsstellenleitung vor. Die Geschäftsstellenleiterin T wurde zu diesem Zeitpunkt nach der Vergütungsgruppe 11 vergütet, so dass der Kläger Vergütung nach der Vergütungsgruppe 9 beanspruchen kann. Für ihn gilt, damit nicht Ziffer 3, wonach Gelegenheitsvertreter bis zur Gruppe 8 lediglich eine Zulage analog § 10 Abs. 4 TKT verlangen können.

Diese Regelung sollte ausdrücklich "ab sofort", also ab dem 09.09.1998 gelten. Sie sah vor, dass "in allen Dienststellen ein Gelegenheitsvertreter" eingesetzt wurde. Der Kläger war seit dem 01.07.1997 in der Position eines ständigen Gelegenheitsvertreters tätig, die allerdings formal erst durch die Dienstvereinbarung ab dem 09.09.1998 institutionalisiert wurde, und für die erst ab diesem Zeitpunkt ein eigenständiger Vergütungsanspruch besteht.

Die Betriebsparteien haben zwar vorgesehen, dass die Stelle eines Gelegenheitsvertreters erst nach Durchführung eines Mitbestimmungsverfahrens vergeben wird. Für den Fall, dass bereits zuvor ein entsprechender Einsatz ohne Mitbestimmungsverfahren erfolgt, ist bestimmt, dass der Mitarbeiter rückwirkend von Einsatzbeginn an die höhere Vergütung erhält. Die Stelle stand somit ab Unterzeichnung der Dienstvereinbarung zur Verfügung und begründet Ansprüche des planmäßigen Gelegenheitsvertreters. Die Regelung geht, wie auch im Termin zur mündlichen Verhandlung von der Vertreterin der Beklagten bestätigt wurde, von der Erwartung aus, dass dem kommisarischen Stelleninhaber die Stelle befristet oder auf Dauer übertragen wird, so dass er somit auch die Vergütung rückwirkend ab Inkrafttreten der Regelung erhält.

Im vorliegenden Fall hat jedoch der Kläger in der Zeit ab dem 09.09.1998 die Gelegenheitsvertretung der Geschäftsstellenleiterin - wie auch zuvor - wahrgenommen, und zwar bis zum 30.09.1999, als die Stelle formal seiner Kollegin B zugewiesen wurde. Es unterliegt insoweit keinem Zweifel, dass der Kläger in dieser Funktion von der Beklagten vorübergehend eingesetzt wurde, was dadurch zum Ausdruck kommt, dass er wie in der Vergangenheit ausschließlich die Geschäftsstellenleiterin vertreten und dazu weiter über seinen Dienstausweis verfügt hat. Eine dauerhafte, mitbestimmte Übertragung der Stelle hat auf ihn indes nicht stattgefunden.

Die vorliegende Konstellation, dass ein Bewerber das Amt vorübergehend wahrnimmt und der spätere Stelleninhaber, obwohl nicht mit der Amtsausübung betraut, dafür gleichwohl rückwirkend die Vergütung erhält, verstößt gegen das Benachteiligungsverbot, das in § 67 Abs. 1 BPersVertG (gleich § 75 Abs. 1 BetrVG) zum Ausdruck kommt und durch Artikel 3 Abs. 2 Satz 1 und 3 Grundgesetz geprägt ist. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verlangt nicht schematische Gleichbehandlung, sondern ist rechtstechnisch als Verbot unsachlicher Differenzierungen im Sinne einer sachfremden Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen anzusehen (ständige Rechtssprechung, vgl. BAG 17.02.1998 EzA § 1 BetrAVG Gleichbehandlung Nr. 15; ausführlich GK/BetrVG - Kreutz § 75 BetrVG Rn. 38 f.).

Eine solche sachwidrige Schlechterstellung liegt auf der Hand, wenn allein der erfolgreiche Bewerber die Vergütung für zurückliegende Zeiten erhält, obwohl der erfolglose Bewerber in dieser Tätigkeit die später anderweitig vergebene Funktion ausschließlich innehatte. Die Dienstvereinbarung ist insoweit nach § 134 BGB nichtig. In der Konsequenz dieses Verstoßes gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz steht dem Kläger für die Zeit vom 09.09.1998 bis zum 30.09.1999 Vergütung nach der Vergütungsgruppe 9 TKT zu.

2.

Der Kläger hat auch Anspruch darauf, dass die Zeit, in er die Fuktion des Gelegenheitsvertreters wahrgenommen hat, in dem Zwischenzeugnis vom 31.07.2000 entsprechend zum Ausdruck kommt. Er hat hingegen keinen Anspruch darauf, dass diese Funktion auch für davor liegende Zeiten genannt wird, in der es die Figur des Gelegenheitsvertreters bei der Beklagten formal noch nicht gab. Allerdings kann er verlangen dass die mehrfachen Abwesenheitsvertretungen in der Zeit seit dem 01.07.1997 angemessen zum Ausdruck gebracht werden, die seine Tätigkeit u. a. ausweislich des Berichts der Geschäftsstellenleiterin vom 06.11.1997 geprägt haben und für weitere Bewerbungen qualifizierend sein können.

Der Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses nach § 630 Abs. 2 BGB umfasst das sogenannte qualifizierte Zeugnis, wonach der Arbeitnehmer eine Beurteilung verlangen kann, die sich auf Führung und Leistung erstreckt. Darin müssen alle wesentlichen Tatsachen und Bewertungen enthalten sein, die für die Gesamtbeurteilung des Arbeitsnehmers von Bedeutung und für Dritte von Interesse sind (BAG 12.08.1976 - AP Nr. 11 zu § 630 BGB), und die der Wahrheit entsprechen (Erfurter Kommentar/Müller-Glöge § 630 BGB Rn. 52).

Erteilt der Arbeitgeber ein Zwischenzeugnis, müssen die inhaltlichen Anforderungen, die an ein Zeugnis aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu stellen sind, entsprechend erfüllt sein, und zwar unabhängig davon, ob der Kläger das Zwischenzeugnis beanspruchen konnte (vgl. Erfurter Kommentar/Müller-Glöge § 630 BGB Rn. 103).

II.

Es bestehen keine Gründe, die Revision zuzulassen. Die Klage ist hinsichtlich des Antrages zu 2) deshalb ebenfalls nur teilweise begründet.

Die Kostenentscheidung folgt auch § 91 ZPO.

Ende der Entscheidung

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