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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 11.10.2004
Aktenzeichen: 5 Sa 1360/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 611 I
BGB § 615 Satz 1
BGB §§ 293 ff.
1.

Annahmeverzug nach § 615 Satz 1 BGB setzt das Bestehen eines erfüllbaren Arbeitsverhältnisses voraus:

a)

Es verstößt grundsätzlich nicht gegen Treu und Glauben (§ 242), wenn sich der Arbeitnehmer im Anschluss an eine fristgerechte mündliche Kündigung des Arbeitgebers und sofortige Freistellung zunächst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mündlich einverstanden erklärt und sich später auf die fehlende Schriftform beruft (im Anschluss an BAG vom 16.09.2004 -2 AZR659/03).

b)

Ob hierin eine (konkludente) Vereinbarung über die Suspendierung der beiderseitigen Hauptleistungspflichten nach Ablauf der Kündigungsfrist liegt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

2.

Annahmeverzug setzt ferner die Leistungswilligkeit des Arbeitnehmers vorraus, § 297 BGB. Diese kann über den Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist hinaus bestehen, obwohl der Arbeit-nehmer auf den Vorschlag des Arbeitgebers zu erkennen gibt, er sei mit der Vertragsbeendigung einverstanden und nach Ablauf der Kündigungsfrist seine Arbeitskraft zunächst nicht wieder anbiete. Davon ist insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer erklärt, er brauche die Arbeit.


Landesarbeitsgericht Niedersachsen IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 Sa 1360/03

Verkündet am: 11. Oktober 2004

In dem Rechtsstreit

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 11.10.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Kiel und die ehrenamtlichen Richter Heiker und Gaschler

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Arbeitsentgelt.

Der Kläger ist Jurist. Er war bei der Beklagten ab dem 01.01.2003 zu einem monatlichen Bruttoeinkommen von 7.500,00 € beschäftigt. Der Kläger sollte die Geschäftsführung übernehmen. § 11 des Arbeitsvertrages, auf den wegen seines vollständigen Inhalts Bezug genommen wird, hat folgenden Wortlaut:

"Der Arbeitsvertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen und beginnt am 1. Januar 2003. Die Probezeit beträgt 6 Monate. Während dieser Zeit ist das Arbeitsverhältnis beidseits 14 Tage zum Monatsende kündbar.

Nach der Probezeit ist das Arbeitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen kündbar."

Am 07.02.2003 sprach der ehemalige Geschäftsführer den Kläger auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses an. Einzelheiten dazu sind streitig. Jedenfalls forderte der Geschäftsführer den Kläger im Verlauf des Gesprächs auf, seinen Schreibtisch zu räumen und stellte ihn mit Wirkung zum 28.02.2003 von der Arbeitspflicht frei. Gegenstand der ausführlichen Unterredung waren Möglichkeiten einer zukünftigen Zusammenarbeit im Rahmen der zu akquirierenden "Dubai-Projekte" sowie eine andere Tätigkeit des Klägers in der G...-Gruppe.

Ab dem 10.02.2003 erschien der Kläger nicht mehr zur Arbeit.

Mit Schreiben vom 19.03.2003, auf dessen vollständigen Inhalt Bezug genommen wird, wies der Kläger den damaligen Geschäftsführer der Beklagten darauf hin, dass mittlerweile fünfeinhalb Wochen vergangen seien, ohne dass er eine Information erhalten habe. Er bat ihn mitzuteilen, wie es mit der Zusammenarbeit weitergehen solle und wies darauf hin, dass der Arbeitsvertrag erst schriftlich zu Ende April gekündigt werden könne.

Unter dem 21.03.2003 bestätigte der damalige Geschäftsführer der Beklagten "die Aufhebung des Arbeitsvertrages mit Wirkung zum 28.02.2003" und kündigte vorsorglich nochmals.

Mit seiner Klage vom 24.03.2003 hat der Kläger ursprünglich die Differenzbeträge zwischen seinem Bruttomonatseinkommen in Höhe von 7.500,00 € und den für die Monate Januar und Februar erhaltenen Abschlagzahlungen von 4.800,00 € bzw. 2.000,00 € geltend gemacht. Nachdem die Beklagte die ausstehende Differenzvergütung gezahlt und das Arbeitsgericht insoweit am 02.07.2003 einen "Teilerledigungsbeschluss" erlassen hat, hat der Kläger nunmehr noch die Arbeitsvergütung für die Monate März und April 2003 sowie den monatlichen Beitragszuschuss in Höhe von 188,17 € zur Pflege- und Krankenversicherung für die Monate Januar bis April 2003 gefordert.

Der Kläger hat behauptet, der damalige Geschäftsführer der Beklagten habe ihn am 07.02.2003 einseitig, also ohne sein - des Klägers - Einverständnis von der Pflicht zur Arbeitsleistung freigestellt. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte befinde sich damit über den 28.02.2003 hinaus in Annahmeverzug. Spätestens aber habe er seine Arbeitskraft mit Schreiben vom 19.03.2003 angeboten.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 15.752,00 € zuzüglich Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf die nachfolgenden Beträge zu zahlen:

- 2.700,00 € vom 01.02. bis 15.05.2003

- 5.500,00 € vom 01.03. bis 15.05.2003

- 7.500,00 € vom 01.04.2003

- 7.500,00 € vom 01.05.2003

- jeweils 188,15 € seit dem 01.02., 01.03., 01.04. und 01.05.2003.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, die Parteien hätten sich in dem Gespräch vom 07.02.2003 auf die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 28.02.2003 bei gleichzeitiger Freistellung des Klägers verständigt. Der Kläger habe seine Arbeitskraft niemals angeboten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften ergänzend Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage, soweit sie nicht erledigt ist, in Höhe von insgesamt 15.752,00 € stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Beklagte schulde dem Kläger unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges Arbeitsvergütung in Höhe von 1.500,00 € brutto gemäß §§ 615, 253 ff. BGB. Das Arbeitsverhältnis sei rechtswirksam erst zum 30.04.2003 beendet worden. Auf den schlüssigen Vortrag des Klägers, er habe in dem Gespräch vom 07.02.2003 erklärt, weiterhin zur Verfügung zu stehen und für die Beklagte arbeiten zu wollen, habe die Beklagte nicht erheblich erwidert. Der damalige Geschäftsführer habe dem Gericht in der persönlichen Anhörung nach § 141 ZPO zum Ablauf des Gesprächs bekundet, damals erklärt zu haben, das Arbeitsverhältnis aufzuheben, worauf der Kläger erwidert habe, dass er die Arbeit brauche. Eine Zustimmung im Rechtssinne liege darin gerade nicht, so dass die Beklagte automatisch in Annahmeverzug geraten sei. Durch seine Äußerung habe der damalige Geschäftsführer zu erkennen gegeben, dem Kläger keinen funktionierenden Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen (§ 296 BGB).

Die Beklagte schulde ferner während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nach §§ 611 ff. in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag den monatlichen Beitragszuschuss von 4 x 188,17 €, da das Jahresgehalt des Klägers die Beitragsbemessungsgrenze übersteige.

Der Zinsanspruch resultiere aus den Vorschriften des Schuldnerverzuges, dessen Voraussetzungen auch für die bereits im Laufe des Prozesses gezahlten und für erledigt erklärten Beiträge erfüllt seien.

Das Urteil ist der Beklagten am 11.07.2003 zugestellt worden. Mit ihrer Berufung vom 06.08.2003, die sie innerhalb der bis zum 02.10.2003 verlängerten Frist begründet hat, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag nach Maßgabe der Schriftsätze vom 02.10.2003 sowie vom 19.02.2004 weiter, auf deren Inhalt ergänzend verwiesen wird. Sie wiederholt und ergänzt ihren erstinstanzlichen Sachvortrag: Der damalige Geschäftsführer habe dem Kläger eröffnet, das Arbeitsverhältnis zum Ende des Monats Februar beenden zu wollen. Dass er dagegen nichts habe unternehmen können, sei dem Kläger bewusst gewesen, welcher selbst Jurist sei. Deshalb habe er sich mit der Vertragsbeendigung bis zum Monatsende ausdrücklich einverstanden erklärt und sei fortan auch nicht mehr zur Arbeit erschienen. Er habe zwar sein Bedauern über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Ausdruck gebracht und angeboten, für die Beklagte im Rahmen anderer Projekte zur Verfügung zu stehen, bei denen er persönliche Kontakte habe einbringen können. Eine solche Beschäftigung auf anderer rechtlicher Grundlage habe der damalige Geschäftsführer auch nicht schlichtweg abgelehnt. Dies ändere nichts daran, dass der Kläger für die Voraussetzungen des Annahmeverzuges über den 28.02.2003 hinaus die Darlegungs- und Beweislast trage.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 02.07.2003 - 1 Ca 243/03 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

und verteidigt die angefochtene Entscheidung nach Maßgabe der Schriftsätze vom 10.11.2003 und vom 08.03.2004, auf die das Gericht ergänzend Bezug nimmt. Der Kläger ist insbesondere der Auffassung, mit der Äußerung, eventuell auch für weitere Aufgaben zur Verfügung zu stehen, habe er ein hinreichendes Arbeitsangebot im Sinne des § 295 BGB abgegeben. Dies sei nach § 296 BGB im Übrigen auch nicht mehr erforderlich gewesen, nachdem der damalige Geschäftsführer den Kläger freigestellt habe. Eine einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsvertrages zum 28.02.2003 sei nicht einmal mündlich zustande gekommen, weil schon ein entsprechendes Angebot der Beklagten nicht feststellbar sei. Jedenfalls fehle seine - des Klägers - Annahmeerklärung.

Der Annahmeverzug sei auch nicht dadurch bis zum 28.02.2003 befristet, dass die Beklagte in rechtsirriger Weise von einer wirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu diesem Zeitpunkt ausgegangen sei. Die Formvorschrift des § 623 BGB würde umgangen, wenn sich die Unwirksamkeit der Beendigung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges auswirken würde. Es sei Sache der Beklagten gewesen, ab dem 01.03.2003 den selbst herbeigeführten Annahmeverzug zu beenden. Deren Voraussetzungen seien jedenfalls aber durch das Schreiben vom 19.03.2003 erfüllt.

Das Gericht hat auf Grund des Beschlusses vom 30.06.2004 Beweis erhoben durch Vernehmung des damaligen Geschäftsführers G... als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 10.11.2004 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die frist- und formgerecht eingelegt und insgesamt zulässige Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage mit zutreffenden Erwägungen, auf die das Berufungsgericht ergänzend Bezug nimmt (§ 69 Abs. 3 ArbGG), stattgegeben. Im Hinblick auf den zweitinstanzlichen Sach- und Streitstand sowie das Ergebnis der Beweisaufnahme beschränkt das Berufungsgericht die Gründe auf folgende tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte:

Die Gehaltsforderungen des Klägers in Höhe von 15.000,00 € für die Monate März und April 2003 sind nach den Vorschriften des Annahmeverzuges begründet, §§ 611 Abs. 1, 615 Satz 1, §§ 293 ff. BGB.

Nach § 615 Satz 1 BGB hat der Arbeitgeber die vereinbarte Vergütung (§ 611 Abs. 1 BGB fortzuzahlen, wenn er mit der Annahme der Dienste des Arbeitnehmers in Verzug gerät.

1.

Das setzt zunächst das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses voraus.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat erst durch die vorsorgliche schriftliche Kündigung der Beklagten vom 21.03.2003 mit Ablauf des 30.04.2003 geendet. Das Gericht hat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zwar keinen durchgreifenden Zweifel (§ 286 ZPO) daran, dass der ehemalige Geschäftsführer dem Kläger am 07.02.2003 "klar und prägnant" mit Ablauf des Monats April gekündigt, ihn mit sofortiger Wirkung von der Arbeitsverpflichtung freigestellt und erklärt hat, er zahle (nur) noch bis zum 28.02.2004. Danach musste dem Kläger zwar klar sein, dass in dem bestehenden Arbeitsverhältnis über eine Beschäftigung nach dem 28.02.2003 seitens der Beklagten nicht mehr gedacht war. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die mündliche Kündigung nach § 623 BGB unwirksam ist. Nach dieser Vorschrift bedarf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Auflösungsvertrag oder durch Kündigung der Schriftform. Ein mündlich geschlossener Auflösungsvertrag ist danach ebenso unwirksam wie eine mündlich erklärte Kündigung. Es verstößt - wie das Bundesarbeitsgericht kürzlich ausdrücklich festgestellt hat (Urteil vom 16.09.2004 - 2 AZR 659/03 -) in aller Regel nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn sich derjenige, der in einem kontrovers geführten Gespräch eine Kündigung ausgesprochen oder sich mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses einverstanden erklärt hat, nachträglich darauf beruft, die Schriftform sei nicht eingehalten. Der gesetzliche Formzwang soll die Parteien des Arbeitsvertrages vor Übereilung bei Beendigungserklärungen bewahren (Warnfunktion) und dient außerdem der Rechtssicherheit (Klarstellungs- und Beweisfunktion). Von ihm kann deshalb nur in seltenenen Ausnahmefällen abgewichen werden.

Von einem solchen Ausnahmefall kann nach den Feststellungen des Gerichts keine Rede sein, weil der Kläger weder in noch nach dem Gespräch vom 07.02.2003 durch Äußerungen oder sein Verhalten zu erkennen gegeben hat, dass er sich auf die Formunwirksamkeit der Kündigung nicht berufen werde, weshalb sich die spätere Geltendmachung dieses Rechts nicht als treuwidrig darstellt. Im Gegenteil hat der Kläger in dieser Unterhaltung, in der es auch über Möglichkeiten einer zukünftigen Arbeit gegangen ist, zum Ausdruck gebracht, dass er an einer Beschäftigung weiterhin interessiert sei. Soweit der damalige Geschäftsführer seine Aussage vom 02.07.2003 korrigiert und bekundet hat, der Kläger habe nicht geäußert, "er brauche die Arbeit", kann das Gericht nicht nachvollziehen, weshalb der Kläger seine Erinnerung korrigiert hat. Vielmehr ist das Gericht vom Gegenteil überzeugt. Die nach über einem Jahr aus nicht nachvollziehbaren Gründen korrigierte Aussage des (damaligen) Geschäftsführers, der weiterhin dem Unternehmen als Gesellschafter verbunden ist, lässt nach Überzeugung des Gerichts eher den Schluss zu, wie er seine Aussage und die Unterhaltung damals auch unter Berücksichtigung der erstinsanzlichen Entscheidung in diesem Punkt verstanden haben wollte, nicht welchen Inhalt sie tatsächlich gehabt hat. Dabei hat das Gericht auch gewürdigt, dass die Erinnerungen des Zeugen an den Gesprächsinhalt im Übrigen insgesamt eher unscharf waren. Weitere Details der ausführlichen Unterhaltung konnte er nicht wiedergeben. Dass der Kläger in dem Gespräch vom 07.02.2003 ein nachdrückliches Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit gehabt hat, auf welcher rechtlichen Grundlage auch immer, ergibt sich aus dem Schreiben vom 19.03.2003, in dem es über den Einsatz im Rahmen anderer Projekte der S... - Gruppe ging. In diesem Schreiben hat der Kläger deutlich gemacht, dass für ihn die Frage der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses weiterhin ungeklärt gewesen ist.

2.

Das Arbeitsverhältnis war auch in der Zeit vom 01.03.2003 bis zum 30.04.2003 auch erfüllbar.

Bei einer Suspendierung, bei der die Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis ruhen, ohne dass dieses beendet ist, besteht kein Raum für einen Annahmeverzug, der nach § 293 BGB die Nichtannahme der vom Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitsleistung voraussetzt. Ist der Arbeitnehmer von der Arbeitspflicht befreit, schuldet er dem Arbeitgeber keine Dienste. Er kann sie dem Arbeitgeber nicht anbieten, dem somit auch keine Mitwirkungshandlung nach § 296 BGB obliegt. Der Arbeitgeber braucht also, wenn das Arbeitsverhältnis einschließlich der Arbeits- und Vergütungspflichten suspendiert ist, keinen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen (BAG 23.01.2001 - 9 AZR 26/00 - AP Nr. 93 zu § 615 BGB - EzA § 615 BGB - Nr. 101). Eine solche Suspendierung der beiderseitigen Hauptleistungspflichten kann, sofern sie nicht gesetzlich angeordnet ist, ausdrücklich oder konkludent vereinbart sein.

Zwar hat der ehemalige Geschäftsführer ausgesagt, der Kläger habe der Kündigung zugestimmt und sei insbesondere mit dem Vorschlag einverstanden gewesen, dass das Arbeitsverhältnis bis zum 28.02.2003 fortbestehe und bis zu diesem Zeitpunkt vergütet werde. Darin liegt aber gerade keine Vereinbarung, dass das Arbeitsverhältnis nach dem 01.03.2003 im Einvernehmen beider Parteien suspendiert sei, also bis auf weiteres ruhen soll. Hier fehlt es schon an einem entsprechenden Angebot des Geschäftsführers der Beklagten, der - wie er in seiner Aussage deutlich gemacht hat, nicht über eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger verhandeln wollte, sondern "prägnant und klar" geäußert hat: "Ich hebe das Arbeitsverhältnis auf und kündige." In dieser Äußerung liegt kein (gleichsam konkludentes) Angebot, das Arbeitsverhältnis über den Zeitpunkt der Freistellung hinaus erst einmal ohne Vergütungszahlung ruhen zu lassen und zwar bis zu einer Einigung über eine modifizierte Zusammenarbeit der Parteien bzw. des Klägers mit einem anderen Unternehmen der S... - Gruppe. Sollte die Kündigung aber zum 28.02.2003 definitiv erklärt und die Freistellung nicht bis zu diesem Zeitpunkt befristet werden, konnte der Kläger darin nicht das Angebot einer vorübergehenden Suspendierung der Hauptleistungspflichten sehen und diesem zustimmen. Somit hat ein erfüllbares Arbeitsverhältnis bis zum 30.04.2003 bestanden.

3.

Mit Ausspruch der Kündigung zum 28.02.2003 hat sich die Beklagte ab dem 01.03.2003 in Annahmeverzug befunden, ohne dass es eines tatsächlichen oder wörtlichen Angebots des Klägers bedurft hat.

Der Annahmeverzug nach § 615 Satz 1 BGB setzt an sich voraus, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nach Maßgabe des § 294 BGB tatsächlich anbietet, also seine Arbeitskraft in eigener Person, zur rechten Zeit, am rechten Ort und in der rechten Weise zur Verfügung stellt Erfurter Kommentar/Preis, 4. Auflage § 615 Rn. 18). Nach § 295 Satz 1 BGB genügt ein wörtliches Angebot, wenn der Arbeitgeber vorher erklärt hat, er werde die Leistung nicht annehmen, oder wenn eine erforderliche Mitwirkungshandlung unterbleibt. Nach § 295 Satz 2 BGB steht dem wörtlichen Angebot die Aufforderung an den Arbeitgeber gleich, die Mitwirkungshandlung vorzunehmen. Nach § 296 BGB bedarf es auch keines wörtlichen Angebots, wenn die vom Arbeitgeber vorzunehmende Handlung nach Zeit und Kalender bestimmt ist und der Arbeitgeber die Mitwirkungshandlung nicht rechtzeitig vorgenommen hat.

Nach ständiger Rechtsprechung erscheint es als reine Formsache und damit sinnlos, dem kündigenden Arbeitgeber ein von vornherein zur Ablehnung verurteiltes Angebot unterbreiten zu müssen (BAG 10.07.1969 - 5 AZR 323/68 -AP Nr. 2 zu § 615 BGB Kurzarbeit). In der Kündigung liegt zugleich die Erklärung, die Arbeitsleistung nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr anzunehmen. Von diesem Zeitpunkt an hat der Arbeitgeber eine kalendarisch bestimmte Mitwirkungshandlung vorzunehmen, die darin besteht, dem Arbeitnehmer einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und ihm Arbeit zuzuweisen. Diese Mitwirkungshandlung ist eine kontinuierliche, mit dem Kalender synchron laufende Daueraufgabe und lässt die Feststellungsfunktion des Angebots entfallen (zur ständigen Rechtsprechung vgl. BAG 09.08.1984 -2 AZR 374/83; 24.11.1994 2 AZR 179/94 - BAGE 78, 333; 18.01.2000 - 9 AZR 932/98 - BAGE 93, 179; 24.09.2003 - 5 AZR 500/02 - AP Nr. 9 zu § 615 BGB Böswilligkeit).

Da die Beklagte dem Kläger nach der Aussage ihres ehemaligen Geschäftsführers mit Ablauf des 28.02.2003 gekündigt und ihn nicht nur befristet bis zu diesem Zeitpunkt freigestellt hat, musste sie ihm nach Ablauf dieses Tages einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen, wenn sie die Folgen des Annahmeverzuges ausschließen wollte.

4.

Der Annahmeverzug ist auch nicht nach § 297 BGB ausgeschlossen.

Nach dieser Vorschrift tritt Annahmeverzug nicht ein, wenn der Arbeitnehmer in Bezug auf die geschuldete Leistung nicht leistungsfähig und nicht leistungswillig ist. Dabei muss der ernsthafte Wille, die Leistung im zeitlich geschuldeten Umfang zu erbringen, vorliegen.

Auch davon ist das Gericht überzeugt, selbst wenn der Geschäftsführer ausgesagt hat, der Kläger habe die Kritikpunkte eingesehen und einer Zahlung bis zum Monatsende bei sofortiger Freistellung zugestimmt. Dem Kläger blieb angesichts der eindeutigen Erklärung des Geschäftsführers auch nichts anderes übrig, als diese Fakten zu akzeptieren. Das bedeutet indes nicht, dass er nicht über den 28.02.2003 bereit gewesen wäre, die vertraglichen bzw. andere Tätigkeiten für die Beklagte oder ein anderes Unternehmen der Unternehmensgruppe zu übernehmen. Vielmehr hat der Kläger sein Interesse an einer Weiterbeschäftigung zum Ausdruck gebracht und, wovon das Gericht aus den dargelegten Gründen weiterhin überzeugt ist, geäußert, dass er die Arbeit brauche.

5.

Wegen der monatlichen Beitragszuschüsse in Höhe von 4 x 188,17 € sowiedem erstinstanzlich tenorierten Zinsanspruchs wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 66 Abs. 3 ArbGG).

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Es bestehen keine Gründe zur Zulassung der Revision.

Ende der Entscheidung

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