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Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 01.12.2008
Aktenzeichen: 6 Sa 856/08
Rechtsgebiete: BGB, NGO, NPersVG


Vorschriften:

BGB § 626
NGO § 80
NGO § 113
NPersVG § 79
1. Die vorherige Anhörung des Arbeitsnehmers vor Ausspruch einer Tatkündigung ist zwar anders als bei einer Verdachtskündigung keine Wirksamskeitsvoraussetzung, aber als erforderliche Aufklärungsmaßnahme des Arbeitgebers zu qualifizieren mit der Konsequenz, dass die Frist des § 626 Abs.2 BGB erst nach der Anhörung zu laufen beginnt.

2. Der Eigenbetriebspersonalrat ist zuständig im Sinne von § 79 Nds.PersVG für die Kündigung eines Eigenbetriebsmitarbeiters, soweit dem Werksleiter des Eigenbetriebes durch Satzung und Dienstanweisung die personalrechtlichen Befugnisse übertragen worden sind und dieser auch tatsächlich die Entscheidung zur Kündigung getroffen hat. Das gilt auch für den Fall, dass die Zuständigkeitsübertragung in der Satzung/ Dienstanweisung möglicherweise unter Überschreitung der Ermächtigungsgrundlage in Gestalt des § 3 Eigenbetriebsverordnung für das Land Niedersachsen in Verbindung mit §§ 80,113 NGO geschehen ist; dabei handelt es sich um keine offensichtliche Zuständigkeitsüberschreitung der Werksleitung, sodass der Personalrat des Eigenbetriebes zu beteiligen ist.


LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 Sa 856/08

In dem Rechtsstreit

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 1. Dezember 2008 durch

die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Klausmeyer, den ehrenamtlichen Richter Herrn Wolter, den ehrenamtlichen Richter Herrn Smidt für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts A-Stadt vom 22.01.2008 - 1 Ca 441/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

Die Beklagte betreibt die Bereiche Abfallwirtschaft und Stadtentwässerung (W.) als rechtlich unselbständigen Eigenbetrieb. Die ihm zugeordneten Mitarbeiter sind allesamt bei der Beklagten beschäftigt und dem Eigenbetrieb zur Aufgabenerfüllung zugewiesen.

Der am 0.0.1963 geborene Kläger ist seit dem 05.09.1990 für die Beklagte als Müllwerker tätig. Sein Monatseinkommen betrug zuletzt 2.232,67 €.

Bereits am 10.09.1973 hatte der Verwaltungsausschuss der Stadt A-Stadt den Beschluss des Personalausschusses zu Punkt 3.5 der Niederschrift über die Sitzung des Personalausschusses vom 09.09.1973 (vgl. Bl. 224 - 225 d. A.), wonach dem Oberstadtdirektor gemäß § 80 Abs. 4 NGO die Einstellung, Entlassung und Eingruppierung von Auszubildenden, Verwaltungslehrlingen, Lohnempfängern und von Angestellten bis einschließlich Vergütungsgruppe IV b BAT übertragen werden sollten, zu seinem eigenen Beschluss erhoben (vgl. Bl. 234 d. A.).

Nach § 3 Abs. 3 der Niedersächsischen Eigenbetriebsverordnung (EigBetrVO) kann die Betriebssatzung für einen Eigenbetrieb vorsehen, dass bestimmte personalrechtliche Befugnisse von der Werksleitung des Eigenbetriebes ausgeübt werden.

§ 3 Abs. 2 Nr. 5 der Eigenbetriebssatzung der Stadt A-Stadt für den Eigenbetrieb W. vom 17.12.1997 lautet wörtlich wie folgt:

"Die Werksleitung leitet den Eigenbetrieb selbständig und führt dessen laufende Geschäfte. Dazu gehören insbesondere:

5. personalrechtliche Maßnahmen, soweit vom Oberbürgermeister beauftragt."

In der Dienstanweisung des Oberbürgermeisters der Beklagten vom 14.03.2005 ist unter Ziffer 3.) ausgeführt:

"Die Entscheidung über personalrechtliche Maßnahmen liegt bei der Werksleitung. Die Ausführung liegt weiterhin in der Zuständigkeit des Fachbereiches Zentrale Dienste."

In dem Eigenbetrieb W. ist ein Personalrat gewählt worden. Daneben besteht bei der Beklagten ein Gesamtpersonalrat.

Während seiner Tätigkeit als Müllwerker bestand die Aufgabe des Klägers darin, auf Grundlage eines vorgegebenen Tourenplanes Abfallbehälter mit seinem Entsorgungsteam zu entleeren. Dabei war die Vorgabe der Beklagten u. a., dass nur Müll entsorgt werden durfte, der sich in den dafür vorgesehenen, von der Beklagten zur Verfügung gestellten und von den jeweiligen Kunden bezahlten Behältern befand. Hiervon hat die Beklagte den Kläger sowie seine seinerzeitigen Kollegen mehrfach in Kenntnis gesetzt verbunden mit dem Hinweis, dass derjenige, der hiergegen verstoße und Müll entsorge, der sich nicht in den vorgeschriebenen Behältern befinde, seinen Arbeitsplatz verliere. Insoweit wird auf den Inhalt des Schreibens der Beklagten vom 26.03.1993 (Bl. 21 d. A.), der betriebsöffentlich ausgehängten Anweisung "Verbot der unerlaubten Mitnahme von Abfällen" vom 13.07.1999 (Bl. 22 d. A.) sowie das Schreiben vom 02.08.2000 (Bl. 23 d. A.) Bezug genommen. Die verbotene Entsorgung von Müll war auch Thema einer Mitarbeiterschulung im Juni 1996.

Anfang September 2006 erhielt die Werksleitung des W. von einem Bürger den Hinweis, dass seit Mai 2006 regelmäßig einmal in der Woche in der O.Straße (Einsatzbezirk 2 des Abfallentsorgungsplanes) Abfälle aus einem privaten Fahrzeug in ein öffentliches Abfallsammelfahrzeug umgeladen werden. Der Werksleiter der W. beauftragte daraufhin ohne Einschaltung des Eigenbetriebspersonalrates die Firm E.GmbH mit der Durchführung von Ermittlungen. Die Mitarbeiter der Firm E.GmbH, H., S.T. und V.S., observierten in der Zeit vom 12.09. bis 07.11.2006 das Entsorgungsteam der Beklagten, welches für den Entsorgungsbetrieb 2 zuständig war, fertigte Tagesprotokolle an und nahm das Geschehen zumTeil mit einer Videokamera auf. Sie stellten fest, dass das Entsorgungsteam des Abfallfahrzeuges W. - 2 bzw. W. - 1 entweder kurz vor (Abfallbezirk 6) oder kurz nach (Abfallbezirk 2) Beginn der Tagestouren in einem Wendehammer in der O.Straße in A-Stadt hielt. Dort stand jeweils bereits ein Geländewagen mit dem amtlichen Kennzeichen W. - 3 nebst Anhänger mit dem amtlichen Kennzeichen W. - 4. Sodann wurde von dem Anhänger sich nicht in vorschriftsmäßigen Behältern befindlicher Müll in das Entsorgungsfahrzeug umgeladen.

Der Kläger gehörte am 12.09., 10.10., 24.10. und 07.11.2006 zu den Mitarbeitern, die für die Abfallentsorgung in dem Abfallentsorgungsbezirk 2 zuständig waren. Das ergibt sich aus den entsprechenden Tagestourenplanungen und den Tagesberichten (vgl. Bl. 29 ff. d. A.). Der Einsatz des Klägers erfolgte in der Regel als Lader. Am 18.09., 16.10. und 30.10.2006 gehörte der Kläger zu der Gruppe der für die Abfallentsorgung im Bezirk 6 zuständigen Mitarbeiter. Die Abfallentsorgung im Bezirk 2 erfolgte jeweils an einem Dienstag und wurde von mehreren Arbeitnehmern durchgeführt. Die O.Straße liegt innerhalb dieses Entsorgungsbezirkes. Die Entsorgung für den Abfallbezirk 6 erfolgte jeweils an einem Montag durch zwei Mitarbeiter, und zwar dem Kläger als Lader und einem weiterer Mitarbeiter als Fahrer, in der Regel Herrn F. O.. Am Montag, den 18.09.2006 war jedoch Herr B. als Fahrer des Abfallentsorgungsfahrzeuges gemeinsam mit dem Kläger tätig. Die O.Straße befindet sind außerhalb dieses Entsorgungsbezirkes 6.

Am 14.11.2006 um 9.00 Uhr hörten der Abteilungsleiter Herr W., die Herren Th. und B. den Kläger zu den Beobachtungen der Detektei an. Anwesend war auch der Vorsitzende des Dienststellenpersonalrats Herr Sch.. Die Einlassung des Klägers beschränkte sich darauf, dass er sich auf den Videoaufzeichnungen nicht erkennen könne.

Mit Schreiben vom 16.11.2006 (vgl. Bl. 59 d. A.) unterrichtete der Werksleiter der W. den Dienststellenpersonalrat über seine Absicht, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos zu kündigen, führte die Gründe dafür an und bat um Benehmensherstellung. Dieses Schreiben wurde nebst Anlagen am selben Tag um 14.10 Uhr der Sekretärin Frau A. überreicht, die es danach in das Büro des Personalratsvorsitzenden Sch. legte. Frau A. war dem Dienstpersonalrat seinerzeit zeitanteilig als Sekretärin zur Verfügung gestellt. Der Personalratsvorsitzende Sch. nahm an diesem Tag keine Kenntnis von dem Inhalt des Schreibens, da er an einer Sitzung des Gesamtpersonalrats teilnahm und anschließend seinen Dienst beendete. Am 17.11.2006, einem Freitag, hatte Herr Sch. ebenso wie am Montag, dem 20.11.2006, Freischichten. Am 21.11.2006 wurde er außerplanmäßig ganztägig als Lader eingesetzt. Am 22.11.2006 gegen 7.20 Uhr nahm er das Schreiben des Werksleiters zur Kenntnis und stempelte es ab. Am 17.11. 2006 hatte die Beklagte zuvor den Vertreter des Personalratsvorsitzenden Sch., Herrn Tr., für Personalratsarbeiten von der Arbeit freigestellt und ihn in das Personalratsbüro gebeten. Dort informierte sie ihn über den Sachstand und händigte ihm die schriftlichen Unterlagen aus. Herr Tr. erklärte, er werde sich telefonisch mit Herrn Sch. abstimmen, und verweigerte danach eine weitere Befassung mit der Angelegenheit. Am 0.0.2006 erklärte der Dienststellenpersonalrat, er widerspreche der Kündigung.

Mit Schreiben vom 28.11.2006, welches dem Kläger am selben Tag zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos zum 30.11.2006 (Bl. 5 und 6 d. A.). Unterzeichnet ist dieses Schreiben vom Oberbürgermeister der Beklagten. Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner am 04.12.2006 beim Arbeitsgericht A-Stadt eingegangenen Klage.

Er hat die Ansicht vertreten, die Kündigung sei unwirksam. Er sei an den Vorgängen nicht beteiligt gewesen. Darüber hinaus habe die Beklagte die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt. Die Beklagte habe bereits seit Oktober 2006, spätestens jedoch am 08.11.2006, vollständige Kenntnis von dem aus ihrer Sicht maßgeblichen Kündigungssachverhalt gehabt. Die Anhörung am 14.11.2006 habe nicht zur Aufklärung weiterer Tatsachen dienen sollen. Letztlich habe die Beklagte den falschen Personalrat beteiligt. Der Kläger sei nicht Angestellter der W., sondern der Beklagten, dementsprechend habe auch der Oberbürgermeister die Kündigung unterzeichnet. Es habe deshalb der Gesamtpersonalrat und nicht derjenige des Eigenbetriebes angehört werden müssen. Abgesehen davon sei die Kündigung ausgesprochen worden vor Ablauf der einwöchigen Stellungnahmefrist für den Personalrat. Die Anhörungsunterlagen seien dem Personalrat erst am 22.11.2006 zugegangen, woraufhin die Frist zur Stellungnahme am 0.0.2006 abgelaufen sei. Die Kündigung sei dem Kläger jedoch bereits am 28.11.2006 ausgehändigt worden.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagte vom 28.11.2006 aufgelöst wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, das Arbeitsverhältnis wirksam fristlos gekündigt zu haben. Der Kläger sei an der Umladung von illegalem Abfall aus dem Anhänger eines Privat-Pkw in das Entsorgungsfahrzeug der Beklagten beteiligt gewesen. Vom 12.09. bis 07.11.2006 sei der Kläger sieben mal als Lader der Arbeitskolonne des Wagens W. - 2 bzw. 1 eingesetzt gewesen (12.9., 18.9., 10.10., 16.10., 24.10., 30.10. und 07.11.2006). Am 10.10., 16.10., 30.10. und 07.11.2006 sei er auf den Videoaufnahmen als Beteiligter am illegalen Abfallumladevorgang klar zu erkennen. Jeweils seien aus dem Anhänger Verpackungen, Glasscheiben, Restabfallsäcke, WC-Spülkästen, Spiegel, Waschbecken und dergleichen in das Entsorgungsfahrzeug geladen worden. Die Beklagte habe u. a. drei bestimmte Firmen festgestellt, von denen der Müll zuvor abgeholt worden sei, nämlich die Firma K., die Firma E. und den Kiosk N.. Durch die festgestellten Verstöße gegen das Verbot, privaten Abfall zu entsorgen, sei das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien zerstört und eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger wiederholt über das Verbot der unerlaubten Abfallentsorgung und die möglichen arbeitsrechtlichen Konsequenzen belehrt worden sei. Der Beklagten sei durch die entgangenen Entsorgungsgebühren, die Personalkosten und die Beauftragung der Detektei ein Schaden in Höhe von 9.186,04 € entstanden. Die Beklagte habe die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist gewahrt. Vor Ausspruch der Kündigung habe sie nicht nur die belastenden, sondern auch etwaige entlastende Gesichtspunkte ermitteln müssen. Letztere habe sie nur im Zuge der Anhörung des Klägers feststellen können. Insgesamt habe die Beklagte die Aufklärung in der gebotenen Zügigkeit vorangetrieben, indem sie am 09.11.2006 die ihr am 08.11.2006 von der Detektei übergebenen Unterlagen intern ausgewertet habe. Am Freitag, den 10.11.2006 seien die Anhörungstermine für die insgesamt sieben betroffenen Arbeitnehmer festgelegt und entsprechende Einladungen herausgeschickt worden. Nachdem am Montag, den 13.11.2006 die Einladungen weiterstgehend an die betroffenen Arbeitnehmer zugestellt worden seien, habe am Dienstag, den 14.11.2006 die Anhörung der ersten Gruppe und am folgenden Mittwoch die Anhörung der zweiten Gruppe stattgefunden.

Schließlich habe die Beklagte mit der Personalvertretung des Eigenbetriebes W. auch den zuständigen Personalrat angehört. Die personalrechtlichen Entscheidungen für die Mitarbeiter der W. habe der Werksleiter zu treffen gehabt. § 3 Abs. 3 der Niedersächsischen Eigenbetriebsverordnung stelle klar, dass dem Werkleiter personalrechtliche Befugnisse übertragen werden könnten. Davon habe der Rat der Beklagten in § 3 Abs. 2 der Betriebssatzung Gebrauch gemacht, und der Oberbürgermeister habe mit der Dienstanweisung vom 14.03.2005 dem Werksleiter diese Befugnisse zugewiesen.

Das Anhörungsschreiben sei dem Dienststellenpersonalrat am 16.11.2006 wirksam zugegangen. Das sei bereits dadurch erfolgt, dass das Anhörungsschreiben der auch für den Personalrat zuständigen Sekretärin Frau A. mit allen Anlagen ausgehändigt und von dieser in das Personalratsbüro gelegt worden seien. Jedenfalls sei ein Zugang unter dem 17.11.2006 erfolgt, indem die Unterlagen dem stellvertretenden Vorsitzenden des Dienststellenpersonalrats, Herrn Tr., ausgehändigt worden seien. Dieser sei als offizieller Vertreter des Herrn Sch. an diesem Tag der korrekte Adressat für die Mitteilung an den Personalrat gewesen. Da der Personalrat, ausgehend vom 16. bzw. 17.11.2006, nicht binnen einer Wochenfrist widersprochen habe, sei das Benehmen zum Ausspruch der außerordentlichen Kündigung hergestellt gewesen.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben auf Grundlage der Beweisbeschlüsse vom 19.06. 2007 und 04.07.2007 durch Inaugenscheinnahme der Videoaufzeichnung und die Vernehmung der Herren H., Th. und W.. Wegen des Inhaltes der Beweisbeschlüsse wird auf Blatt und 82 und 91 der Akte Bezug genommen. Wegen des Inhaltes und Ablaufes der Beweisaufnahme wird verwiesen auf die Sitzungsniederschrift des Kammertermins in erster Instanz am 22.01.2008.

Mit Urteil vom 22.01.2008 hat das Arbeitsgericht A-Stadt die Klage abgewiesen. Es hat seine Entscheidung im wesentlichen damit begründet, dass der Kläger an mehreren Tagen aufgrund der Videoaufzeichnungen und nach den Zeugenaussagen eindeutig der Beteiligung an der illegalen Müllentsorgung überführt sei. Der Eigenbetriebspersonalrat sei das zuständige Mitbestimmungsorgan gewesen, da der Werksleiter des Eigenbetriebes die personalrechtliche Entscheidung selbst habe treffen können. Dieser sei spätestens am 17.11.2006 durch Übergabe der Anhörungsunterlagen an Herrn Tr. unterrichtet worden.

Gegen dieses ihm am 21.05.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 12.06.2008 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung unter dem 15.09.2008 begründet.

Mit Schreiben vom 15.08.2008 hat die Beklagte eine neuerliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger erklärt. Hiergegen hat der Kläger vor dem Arbeitsgericht A-Stadt Kündigungsschutzklage erhoben zum Aktenzeichen 2 Ca 63/08.

Der Kläger bestreitet weiterhin seine Tatbeteiligung. Die Zeugen hätten den Kläger nicht eindeutig identifiziert. Keinem sei seine Brille aufgefallen. In der Vergangenheit habe die Beklagte gegenüber Arbeitnehmern, die an der unentgeltlichen Entsorgung von Abfällen beteiligt gewesen wären, keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen gezogen; daraus resultiere eine Selbstbindung. Das sei erstmalig im Jahr 2006 passiert. Der Kläger habe darauf vertrauen können, dass die Beklagte ein entsprechendes Verhalten nicht sogleich zum Anlass für eine fristlose Kündigung nehme, sondern zunächst eine Abmahnung ausspreche. Die Kollegen des Klägers, A.B. und W.B. hätten zwar zunächst wegen der Vorfälle im Oktober und November 2006 ebenfalls eine fristlose Kündigung erhalten. Mit gerichtlichem Vergleich hätte sich die Beklagte jedoch mit diesen auf ein neues Arbeitsverhältnis zum 01.07.2008 verständigt. Letztendlich folge die Unwirksamkeit der Kündigung daraus, dass zu Unrecht der Dienststellenpersonalrat beteiligt worden sei. Der Werksleiter des Eigenbetriebes W. sei nicht zur Kündigung des Klägers befugt gewesen. Die Übertragung der Kündigungsbefugnis auf den Werksleiter durch die Dienstanweisung des Oberbürgermeisters vom 14.03.2005 auf der Grundlage des § 3 Abs. 2 Ziffer 5 der Betriebssatzung sei unzulässig. Die Zuständigkeit für Rechtsverhältnisse der Beschäftigten werde in § 80 NGO abschließend geregelt. Nach § 80 Abs. 4 Sa. 2 NGO sei der Verwaltungsausschuss für die Entlassung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zuständig; dieser könne die Befugnis auf den Bürgermeister übertragen. Eine Ermächtigungsgrundlage für eine weitere Delegation dieser Befugnis existiere nicht. Die Dienstanweisung des Oberbürgermeisters vom 14.03.2005 sei daher rechtwidrig. § 3 Abs. 2 Ziffer 5 der Betriebssatzung könne als niederrangiges Recht die abschließende Regelung des § 80 NGO nicht brechen. Auch nach § 3 Abs. 3 der Eigenbetriebsverordnung könnten nur bestimmte personalrechtliche Befugnisse auf die Werksleitung übertragen werden, aber nicht alle. Soweit dann der Oberbürgermeister, der auch tatsächlich die Kündigung ausgesprochen habe, für die Entscheidung über die Entlassung des Klägers zuständig gewesen sei, habe der diesem zugeordnete Personalrat, also der Gesamtpersonalrat der Stadt A-Stadt, beteiligt werden müssen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts A-Stadt vom 22.01.2008 - 1 Ca 441/06 - abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 28.11.2006 aufgelöst wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, dass das Arbeitsgericht zu Recht die Tatbeteiligung des Klägers an der illegalen Müllentsorgung an mehreren Tagen festgestellt habe, und zwar im Wege der Inaugenscheinnahme der Videoaufnahmen sowie in Übereinstimmung mit den Zeugenaussagen. Die Anhörung am 14.11.2006 sei für die Beklagte erforderlich gewesen, um sich eine abschließende Meinung bilden zu können über alle belastenden und entlastenden Gesichtspunkte vor Ausspruch der Kündigung. Die Wiedereinstellung der Arbeitnehmer B. und Ba. sei zu schlechteren Bedingungen erfolgt. Deren Tatbeträge seien auch eher gering gewesen und nach dem Ablauf der Gespräche sei die Beklagte bei diesen Arbeitnehmern davon ausgegangen, dass keine neuerlichen Pflichtverletzungen zu befürchten seien. Es sei auch zu Recht der Eigenbetriebspersonalrat im Rahmen des Kündigungsverfahrens beteiligt worden. Die Eigenbetriebsverordnung ergänze in bezug auf die Eigenbetriebe die Vorschriften der NGO. Der Rat der Stadt A-Stadt habe von der Übertragungsmöglichkeit des § 3 Abs. 3 EigBetrVO Gebrauch gemacht und in § 3 Abs. 2 der Eigenbetriebssatzung der Werksleitung die Entscheidungsbefugnisse für personalrechtliche Maßnahmen der Mitarbeiter des Eigenbetriebes übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, soweit diese Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, und auf die in der mündlichen Verhandlung abgegebenen wechselseitigen Erklärungen.

Entscheidungsgründe:

Die nach §§ 64, 66 ArbGG, 519, 520 Abs. 3 ZPO zulässige, statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet.

Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung vom 28.11.2006 beendet worden ist.

I.

Die Kündigung vom 28.11.2006 ist wirksam.

1.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Die Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als 5 vollzeitige Arbeitnehmer, § 23 Abs. 1 KSchG. Zum Zeitpunkt der Kündigung war der Kläger weitaus länger als 6 Monate für die Beklagte tätig, § 1 Abs. 1 KSchG. Mit der am 04.12.2006 beim Arbeitsgericht A-Stadt eingegangenen Kündigungsschutzklage wahrte der Kläger die dreiwöchige Klagefrist der §§ 4, 13 Abs. 1 KSchG.

2.

Die Kündigung vom 28.11.2006 erfüllt die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB.

a)

Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder eines sonstigen Beendigungsdatums nicht zugemutet werden kann. Die Bewertung der Wirksamkeit der Kündigung erfolgt dabei in zwei Schritten. Zunächst ist festzustellen, ob eine Pflichtverletzung vorliegt, die "an sich geeignet" ist, einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB darzustellen. Anschließend ist abzuwägen, ob wegen dieses Grundes unter Berücksichtigung sämtlicher Besonderheiten des Einzelfalles dem Kündigenden ein Festhalten am Arbeitsverhältnis nicht mehr zugemutet werden kann (BAG in ständiger Rechtsprechung, vgl. nur Urteil vom 05.04.2001 - 2 AZR 590/99 - AP Nr. 32 zu § 99 BetrVG 1972). Vom Arbeitnehmer zu Lasten des Arbeitgebers begangene Vermögensdelikte sind regelmäßig geeignet, eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund zu rechtfertigen (vgl. BAG, Urteil vom 13.12. 2007 - 2 AZR 537/06 - NJW 2008, 1633 - 1635). Darlegungs- und beweispflichtig für alle Umstände, die die fristlose Kündigung rechtfertigen können, ist der Kündigende (vgl. BAG, Urteil vom 06.08.1987 - 2 AZR 266/87 - AP Nr. 97 zu § 626 BGB).

b)

Diesen Maßstäben wird die Kündigung vom 28.11.2006 gerecht.

aa)

Nach dem Ergebnis des gesamten Inhalts der Verhandlung steht zur Überzeugung der Kammer gemäß § 286 ZPO mit der gebotenen Gewissheit fest, dass der Kläger vor Ausspruch der Kündigung in mehreren Fällen erhebliche arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen begangen hat, in dem er als Mitglied des Entsorgungsteams wiederholt in dem Wendehammer in der O.Straße in nicht ordnungsgemäßen Behältern befindlichen Müll in das städtische Müllfahrzeug mit dem Kennzeichen W. - 2 bzw. 1 umgeladen hat.

Dass das Gericht bei seiner Überzeugungsbildung keine absolute Gewissheit erzielen, sondern nur eine subjektive Überzeugung gewinnen kann, liegt in der Natur der Sache. Der Richter muss sich mit einer "persönlichen Gewissheit" begnügen, welche den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie vollständig auszuschließen (BGH in ständiger Rechtsprechung, vgl. 14.01.1993 IX ZR 238, 41 - NJW 1993, 935). Ob das Gericht eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr hält, kann sich bei auch aus dem Verhalten und der Einlassung einer Partei ergeben (vgl. BAG, Urteil vom 04.12.1985 - 5 AZR 656/84 - AP Nr. 42 zu § 63 HGB). bb)

Die Beklagte hat auf Grundlage der Observationsberichte der Detektei substantiiert vorgetragen, genau an welchen Tagen und zu welcher Uhrzeit der Kläger mit seinen Kollegen Müll aus dem Anhänger eines Geländewagens in das Müllfahrzeug umgeladen hat. Dass der Kläger als Lader Mitglied der Arbeitskolonne war, die an den angegebenen Tagen zuständig für die Abfallentsorgung der Abfallbezirke 2 und 6 war, ist anhand der Einsatzpläne dokumentiert und wird vom Kläger nicht bestritten. Ebenso wenig hat der Kläger in Abrede gestellt, dass sich die O.Straße in bezug auf den Abfuhrbezirk 2 innerhalb und in bezug auf den Abfuhrbezirk 6 außerhalb des Zuständigkeitsbereiches befindet. Soweit er an einem Montag für den Abfallentsorgungsbezirk 6 eingeteilt war, hat die Entsorgung jeweils lediglich durch zwei Personen stattgefunden, und zwar durch den Fahrer und den Kläger als Lader. Außerdem ergibt sich aus dem Vortrag der Beklagten, dass bei der Ankunft des Müllwagens stets bereits der Geländewagen nebst Anhänger in der O. Straße gestanden hatte. Darüber hinaus hat die Beklagte in bezug auf Montag, den 18.09.2006 vorgetragen, dass der Kläger den Fahrer des seinerzeitigen Müllfahrzeuges, Herrn B., extra darum gebeten habe, von der normalen Fahrtroute abzuweichen, um Müll aufzunehmen.

Dass es sich jeweils um Müll handelte, der nicht in von der Beklagten hierfür vorgesehene Behältern verpackt war, ist unstreitig.

cc)

Der Berücksichtigung dieses Vortrages steht nicht entgegen, dass die Beklagte diese Erkenntnisse aufgrund von Detektivberichten und Videoaufzeichnungen erhalten hat, ohne zuvor den Personalrat zu beteiligen. Zum einen entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, dass der Einsatz von Detektiven mit dem Ziel, das Verhalten bestimmter Arbeitnehmer zu überwachen, nicht der Mitbestimmung des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 BetrVG unterliegt (BAG, vom 26.03.1991 - 1 ABR 26/90 - AP Nr. 21 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung). Gleiches gilt auch für die Nichterforderlichkeit der Beteiligung eines Personalrates nach § 66 Abs. 1 Nr. 10 NPersVG (vgl. Bieler/ Müller/Fritsche, NPersVG-Kommentar, 12. Auflage, § 66, Rz. 48 und 49). Zum anderen verwehrt auch der Umstand, dass die Beklagte ein eventuelles Mitbestimmungsrecht des Personalrates nach § 67 Abs. 1 NPersVG in Bezug auf die Erstellung der Videoaufnahmen missachtet hat, es der Beklagten nicht, die daraus gewonnenen Erkenntnisse in den Prozess einzuführen. Im arbeitsgerichtlichen Prozess gilt wie in jedem Zivilprozess die Dispositionsmaxime und der Verhandlungsgrundsatz. Ordnungsgemäß in den Prozess eingeführter Sachvortrag muss vom entscheidenden Gericht berücksichtigt werden. Ein Verwertungsverbot in bezug auf Sachvortrag besteht nicht (vgl. BAG, 13.12.2007 - 2 AZR 537/06 - NJW 2008, 1633 - 1635). Dabei ist das Gericht an das Nichtbestreiten vonseiten der Parteien grundsätzlich gebunden. In bezug auf unbestrittene Tatumstände kann es weder ein Beweisverwertungsverbot geben noch ist ein solcher Beweis zu erheben. Verstößt die Art der Informationsbeschaffung gegen die Mitbestimmungsrechte des Personalrates, entbindet das den Prozessgegner nicht ohne weiteres von seiner prozessualen Obliegenheit, sich zu den vorgetragenen Tatsachen zu erklären, sollen sie nicht als unstreitig angesehen werden.

dd)

Der Kläger hat auf die Vorhaltungen vonseiten der Beklagten sowohl vorprozessual als auch im laufenden Verfahren lediglich erwidert, dass er sich auf den Videoaufnahmen nicht erkennen könne, und seine Tatbeteiligung pauschal bestritten. Auch wenn grundsätzlich davon auszugehen ist, dass der kündigende Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig für vom Arbeitnehmer vorgetragene Entlastungstatsachen ist, dürfen an den Arbeitgeber keine übersteigerten Anforderungen gestellt werden. Es entspricht deshalb der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, dass die Darlegungslast des Pflichtigen, wenn es um Geschehnisse aus dem Bereich der anderen Partei geht, durch eine sich aus § 138 Abs. 1 und 2 ZPO ergebende Mitwirkungspflicht gemindert wird. Die Rechtsprechung legt dem Gegner der primär darlegungs- und beweispflichtigen Partei dann eine gewisse sekundäre Behauptungslast auf, wenn eine darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufes steht und keine näheren Kenntnisse der maßgebenden Tatsachen besitzt, wohingegen der Prozessgegner sie hat und ihm nähere Angaben zumutbar sind (vgl. BAG, 20.11.2003 - 8 AZR 580/02 - NJW 2004, 2848 - 2853; BAG, 18.10.1990 - 2 AZR 204/90 - RzK I. 10 h Nr. 30).

ee)

Die Beklagte hat für jeden einzelnen Tag unter Nennung des Datums und der Uhrzeit konkret vorgetragen, dass und in welcher Art und Weise die Umladeaktion stattgefunden hat. Der Einwand des Klägers, dass er sich auf dem Video nicht erkenne, ist vor diesem Hintergrund als unzureichend zu bewerten. Dem Kläger wäre es ohne weiteres möglich gewesen, zu dem diesbezüglichen Vortrag substantiiert Stellung zu nehmen, indem er z. B. im Einzelnen vorträgt, warum er als Lader des Fahrzeuges an den konkret bezeichneten Tagen zu der Uhrzeit nicht als Tatbeteiligter in Betracht kommt bzw. welche Person an seiner Stelle insoweit tätig geworden ist. Irgendwelche konkreten Anhaltspunkte dafür, dass eine andere Person als er selbst, insbesondere bei den Montagstouren, an denen neben dem Kläger jeweils nur noch ein weiterer Fahrer teilgenommen hat, an seiner Stelle tätig geworden ist, hat der Kläger nicht ansatzweise vorgetragen. Seine lediglich pauschale Einlassung des Sich-nicht-Erkennen-Könnens erweckt auf den ersten Blick den Eindruck einer Schutzbehauptung. Ihr brauchte weder vonseiten des Gerichts noch vonseiten der Beklagten nachgegangen zu werden (vgl. BAG, 03.07.2003 - 2 AZR 473/02 - AP Nr. 30 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung).

Die Kammer erachtet die mehrfache Tatbeteiligung des Klägers nach alledem nach § 138 ZPO als unstreitig und es steht zur Überzeugung der Kammer gemäß § 286 ZPO fest, dass der Kläger in mehreren Fällen daran beteiligt war, dass unerlaubt Müll aus dem Anhänger eines Geländewagens in das städtische Müllfahrzeug verbracht worden ist.

ff)

Darin ist eine außerordentlich schwere Verletzung der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen auf Klägerseite zu sehen. Der Kläger hat die berechtigten Vermögensinteressen der Beklagten und damit zugleich seine arbeitsvertragliche Rücksichtnahmeverpflichtung erheblich missachtet, indem er mehrfach Müll entsorgt hat, für den die Beklagte nicht die geschuldeten Gebühren von dem Müllverursacher erhalten hatte. Darüber hinaus ist das geschehen unter Inanspruchnahme der Betriebsmittel und des Personals der Beklagten. Zugleich hat der Kläger das Interesse der Beklagten an einer ordnungsgemäßen, d. h. insbesondere umweltgerechten und gesundheitsunschädlichen Müllentsorgung verletzt. Diese Verpflichtung ist die Beklagte gegenüber den Bürgern der Stadt A-Stadt eingegangen. Einer vorherigen Abmahnung bedurfte es angesichts der Schwere der Verletzungshandlung und der Intensität der klägerischen Tatbeteiligung nicht. Der Kläger war an einer Vielzahl von Tagen an der illegalen Müllentsorgung beteiligt. Am 18.9.2006 hat er sogar seinen Fahrerkollegen extra aufgefordert, aus diesem Grund von der normalen Route abzuweichen. Er hat stets kollusiv mit den anderen Mitarbeitern der Beklagten zusammengewirkt. Ohne Absprachen wäre es nicht möglich gewesen, sich an einem bestimmten Tag, zu einer bestimmten Uhrzeit in dem Wendehammer, wo dann jeweils schon der mit Müll beladene Geländewagen nebst Anhänger seines Kollegen M.O. stand, zu treffen. Auch unter Berücksichtigung der vorherigen mehrfachen Anweisungen vonseiten der Beklagten zum Thema der unerlaubten Müllentsorgung konnte der Kläger unter keinem denkbaren Gesichtspunkt davon ausgehen, die Beklagte werde das von ihm gezeigte Fehlverhalten nicht zum Anlass für eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses nehmen (vgl. BAG, 10.02.1999 - 2 ABR 31/98 - AP Nr.42 zu § 15 KSchG; BAG, 01.07.1999 - 2 AZR 676/98 - AP Nr. 11 zu § 15 BBiG; BAG, 19.04.2007 - 2 AZR 180/06 - AP Nr. 20 zu § 174 BGB).

Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung kann sich der Kläger auch nicht auf eine etwaige Selbstbindung der Beklagten berufen. Zum einen hat sich die Beklagte bei Ausspruch der fristlosen Kündigung nicht selbst gebunden. Vielmehr hat sie sämtlichen Mitarbeitern gegenüber, die nach ihrer Einschätzung an der unerlaubten Müllumladung beteiligt waren, die fristlose Kündigung erklärt. Allein der Umstand, dass die Beklagte es in der Vergangenheit insoweit bei Belehrungen belassen hat, konnte bei dem Kläger kein berechtigtes Vertrauen darauf entstehen lassen, dass die Beklagte dann, wenn sie konkrete Beweise für eine systematische illegale Müllentsorgung durch ein ganzes Entsorgungsteam erlangt, dieses nicht zum Anlass für eine fristlose Kündigung der Beteiligten nimmt. Soweit die Beklagte im Nachhinein bei zwei Mitarbeitern nach Ablauf von 1,5 Jahren eine Wiedereinstellung vorgenommen hat, vermag das nicht auf dem Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung zurückwirken, sondern könnte allenfalls einen Wiedereinstellungsanspruch des Klägers begründen. Aber auch dafür liegen die Voraussetzungen nicht vor. Die Beklagte hat nachvollziehbar ausgeführt, dass neben anderen Umständen für die Wiedereinstellung entscheidend gewesen sei, dass die Tatbeteiligung der betroffenen Arbeitnehmer als gering zu bezeichnen sei. Davon kann jedoch bei dem Kläger in keinem Fall ausgegangen werden. Er ist vielmehr an mehreren Tagen aktiv an der illegalen Müllentsorgung beteiligt gewesen.

Das Interesse der Beklagten an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses übersteigt eindeutig dasjenige des Klägers an einer Fortsetzung desselben. Aufseiten des Klägers sind insoweit lediglich seine nicht unerhebliche Betriebszugehörigkeit und seine Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen. Dem steht das berechtigte Interesse der Beklagten gegenüber, zum einen ihre eigene wirtschaftliche Grundlage zu sichern, nämlich für von ihr entsorgten Müll die geschuldeten Müllgebühren zu erhalten, und zum anderen die gegenüber der Bevölkerung bestehende Verpflichtung, den Müll ordnungsgemäß und ohne Gefahr für Leib und Leben der Menschen sowie der Umwelt zu entsorgen, zu erfüllen. Wenn Mitarbeiter der Beklagten unerlaubt Müll entsorgen unter Inanspruchnahme der Betriebsmittel der Beklagten und im kollusiven Zusammenwirken, gehen der Beklagten nicht nur die etwaig geschuldeten Müllgebühren verloren, sondern sie verliert durch die Kontrolle darüber, ob und inwieweit der Müll ordnungsgemäß und ohne Gefahr für die Umwelt und die Mitbürger entsorgt wird. Die gesamte illegale Müllentsorgung vollzog sich außerhalb ihres direkten Einflussbereiches, nämlich im öffentlichen Raum. Die Beklagte hatte überhaupt keine Möglichkeit, hiervon unmittelbar Kenntnis zu nehmen. Sie war darauf angewiesen, dass die Vorgehensweise zufällig von Bürgern oder Mitarbeitern zur Kenntnis genommen wurde. Die Beklagte hat die bei ihr beschäftigten Mitarbeiter mehrfach und eindringlich auf die Bedeutung und Konsequenzen der illegalen Müllentsorgung hingewiesen. Wenn dann der Kläger gleichwohl wiederholt derartige Müllentsorgungen vornimmt, und zwar im bewussten, konspirativen Zusammenwirken mit seinen Arbeitskollegen, hat er das für die weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unerlässliche Vertrauen zerstört. Die Art und Weise seiner Einlassung und seine fehlende Bereitschaft, das Unrechtmäßige seines Tuns zu erkennen und einzuräumen, machen es der Beklagten unzumutbar, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fortzusetzen. Es bestehen keine begründeten Anhaltspunkte dafür, dass der vom Kläger selbst verursachte Vertrauensverlust in Zukunft wieder behoben werden kann. Ein weiteres Festhalten am Arbeitsverhältnis ist von der Beklagten nicht zu verlangen.

3.

Die Beklagte hat in bezug auf die Beteiligung des Klägers an der unerlaubten Müllentsorgung auch die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt.

a)

Diese Frist beginnt, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung ermöglicht, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht. Zu den maßgeblichen Tatsachen zählen alle für und alle gegen eine Kündigung sprechende Umstände. Der Kündigende kann Ermittlungen anstellen, wozu auch die Anhörung des betroffenen Arbeitnehmers gehört, ohne dass die Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu laufen beginnt. Die Ermittlungen dürfen zwar nicht hinausgezögert werden, es kann jedoch nicht darauf abgestellt werden, ob die Maßnahmen des Kündigenden im Nachhinein zur Aufklärung beigetragen haben oder nicht. Bis zur Grenze, die ein verständig handelnder Arbeitgeber beachten würde, kann der Sachverhalt mit der gebotenen Eile durch im Vorhinein erforderlich erscheinende Maßnahmen vollständig aufgeklärt werden (vgl. BAG, 05.12.2002 - 2 AZR 478/01 - DB 2003, 1685). Auch wenn bei einer Tatkündigung anders als bei einer Verdachtskündigung die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers keine Wirksamkeitsvoraussetzung ist, gelten diese Grundsätze für beide Kündigungssachverhalte. Bei einer Tatkündigung kann eine vorherige Anhörung des Arbeitnehmers schon deshalb erforderlich sein, um dem Arbeitnehmer die Gelegenheit zu geben, entlastende Umstände vorzubringen und so die Kündigungsentscheidung des Arbeitgebers zu beeinflussen (vgl. BAG, 14.11.1984 - 7 AZR 132/82 - NZA 86, 95; LAG Hamm, 07.06.2005 - 19 (9) Sa 232/05 - LAGReport 2005, 384).

b)

Bei der gebotenen Zugrundelegung dieser Maßstäbe begann die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist für die Beklagte nach Ablauf der mündlichen Anhörung des Klägers am 14.11.2006. Auch wenn die Beklagte zu diesem Zeitpunkt bzw. seit Übergabe der Observationsberichte nebst Videoaufnahmen durch die Detektei am 08.11.2006 vollständige Kenntnis von dem Tathergang und der Tatbeteiligung des Klägers hatte, wäre es diesem im Rahmen der Anhörung am 14.11.2006 ohne weiteres möglich gewesen, die Überzeugungskraft der Observationsberichte und der Videoaufnahmen substantiiert zu entkräften, indem er z. B. für die Beklagte nachvollziehbar dargelegt hätte, warum er als Tatbeteiligter an bestimmten Tagen nicht in Betracht kommt. Soweit ihm das nicht möglich gewesen wäre, hätte er die Anhörung zum Anlass nehmen können, der Beklagten gegenüber deutlich zu machen, dass er sein Fehlverhalten aufrichtig bedauert und für die Zukunft keine Wiederholung zu befürchten ist. Derartige Erkenntnisse konnte die Beklagte nur aus der persönlichen Anhörung des Klägers gewinnen. Dass die Anhörung unter diesem Aspekt ergebnislos verlaufen ist, ändert nichts an ihrer Erforderlichkeit. Das Ergebnis der Anhörung stand nämlich vor ihrer Anberaumung noch nicht fest. Ausgehend vom 14.11.2006 als Beginn für die Kündigungserklärungsfrist, ist die am 28.11.2006 ausgesprochene Kündigung innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB erfolgt.

4.

Die Wirksamkeit der Kündigung vom 28.11.2006 scheitert letztlich auch nicht an der Personalratsbeteiligung.

a)

Das Anhörungsschreiben der Beklagten, gerichtet an den Eigenbetriebspersonalrat vom 16.11.2006, ist dem Eigenbetriebspersonalrat der W. spätestens am 17.11.2006 zugegangen. An diesem Tag hat es der stellvertretende Personalratsvorsitzende Herr Tr. vonseiten der Beklagten erhalten. Ein Benehmensantrag geht dem Personalrat dann im Sinne von § 130 BGB zu, wenn er so in den Bereich des Personalrates gelangt ist, dass dieser unter normalen Umständen die Möglichkeit hat, davon Kenntnis zu nehmen. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme durch den Personalrat bzw. dessen Vorsitzenden kommt es grundsätzlich nicht an. Der Antrag ist deshalb zugegangen, sobald er dem Vorsitzenden bzw. dem berufenen Stellvertreter während der Dienststunden zugeleitet oder in ein dem Personalrat zur Verfügung stehendes Zimmer gelegt wird (vgl. Dembowski, Ladwig, Sellmann, Das Personalvertretungsrecht in Niedersachsen, § 68 Rz. 18). Dabei hat der Personalrat seine jederzeitige Erreichbarkeit im Rahmen des dienststelleninternen Geschäftsverkehrs sicherzustellen. Grundsätzlich ist dabei nach § 28 Abs. 2 NPersVG der Vorsitzende des Personalrats zur Entgegennahme derartiger Anträge zuständig. Im Falle seiner Verhinderung geht die Zuständigkeit jedoch auf den stellvertretenden Vorsitzenden über. Ob eine Verhinderung des Vorsitzenden vorliegt, bestimmt sich nach § 27 Abs. 1 S. 2 in Verbindung mit § 26 Abs. 2 NPersVG. Am 17.11. 2006 hatte der Vorsitzende des Personalrats Herr Sch. seinen dienstfreien Tag. Die Dienstbefreiung ist einer der anerkannten dienstlichen Gründe, die eine zeitweilige Verhinderung des Vorsitzenden bewirken und somit zur Zuständigkeit seines Stellvertreters führen (vgl. Dembowski, Ladwig, Sellmann, a.a.O., § 26 Rz. 25). Ausgehend vom Zugang des Anhörungsschreibens am 17.11.2006 lief die einwöchige Stellungnahmefrist für den Personalrat am 24.11.2006 ab. Der unter dem 0.0.2006 erfolgte Widerspruch war verspätet, und die Kündigung vom 28.11.2006 ist nach Ablauf der Stellungnahmefrist von der Beklagtenseite erklärt worden.

b)

Dass die schriftliche Unterrichtung den inhaltlichen Anforderungen, die an eine ordnungsgemäße Personalratsbeteiligung zu stellen sind, gerecht wird, bestreitet der Kläger nicht.

c)

Der Eigenbetriebspersonalrat war insoweit auch zuständig.

Gemäß § 79 Abs. 1 NPersVG hat die zur Entscheidung befugte Dienststelle in Angelegenheiten, die sie oder ihre Beschäftigten betreffen, den bei ihr gebildeten Personalrat zu beteiligen. Die Beteiligung einer unzuständigen Personalvertretung führt zur Unwirksamkeit der Kündigung (vgl. BAG, 27.08.1974 - 1 AZR 505/73 - AP Nr. 1 zu § 72 PersVG Niedersachsen).

aa)

Die Angelegenheit, die vorliegend der Mitbestimmung unterliegt, ist die Kündigung des Klägers. Der Kläger ist zwar Arbeitnehmer der Beklagten, aber sein Einsatz erfolgt ausschließlich in dem Eigenbetrieb W., der gemäß § 6 Abs. 1 NPersVG als Dienststelle im Sinne der Personalvertretung zu qualifizieren ist.

bb)

Die Dienststelle in Gestalt des Eigenbetriebes der W. verfügt über einen von den bei ihr beschäftigten Mitarbeitern gewählten Personalrat.

cc)

Der Leiter des Eigenbetriebes ist auch als befugt zur Kündigungsentscheidung anzusehen im Sinne von § 79 Abs. 1 NPersVG.

aaa)

"Zur Entscheidung befugt" ist die Dienststelle, soweit sie nach außen hin verantwortlich tätig werden kann. Die Entscheidungskompetenz der Dienststelle ihrerseits ergibt sich aus den Gesetzen, Verordnungen, Satzungen, Verwaltungsvorschriften und Einzelverfügungen (Dembowski, Ladwig, Sellmann, Personalvertretungsrecht in Niedersachsen, § 79 Rn. 4; BAG, 21.08.1996 - 2 AZR 5/96 - AP Nr. 2 zu § 82 BPersVG). Dass eine Maßnahme des Einverständnisses, der Genehmigung oder der Zustimmung einer anderen - in der Regel vorgesetzten - Dienststelle bedarf, ändert nichts an der Zuständigkeit der nach außen hin entscheidenden Dienststelle und des bei ihr bestehenden Personalrates. Gleiches gilt, wenn die Maßnahme als rechtsgeschäftliche Erklärung im Sinne einer Formvorschrift gemäß § 63 Abs. 2 und 4 NGO der Unterschrift des Oberbürgermeisters bedarf. Das stellt die materielle Entscheidungsbefugnis des jeweiligen Dienststellenleiters nicht in Frage. Überschreitet der Dienststellenleiter seine Zuständigkeit, kann das nicht dazu führen, dass mangels inhaltlichen Tätigwerdens der zuständigen Dienststelle der bei dieser Behörde bestehende Personalrat nicht beteiligt wird und mangels Zuständigkeit der tätig gewordenen Dienststelle der dieser Dienststelle zugeordnete Personalrat untätig bleibt (Dembowski, Ladwig, Sellmann, a.a.O., § 79 Rn. 6). Handelt es sich nicht um eine offensichtliche Überschreitung der Kompetenzen aufseiten der Dienststellenleitung im Sinne von § 44 VwVfG, woraus eine Nichtigkeit der Maßnahme hergeleitet werden könnte, so ist der bei dieser Dienststelle gewählte Personalrat zu beteiligen (vgl. BAG, 28.10.1970 - 4 AZR 481/69 - AP Nr. 33 zu §§ 22, 23 BAT). Im Ergebnis ist die Frage, welcher Personalrat zu beteiligen ist, also danach zu beantworten, welcher Dienststellenleiter im Rahmen einer nicht offensichtlichen Unzuständigkeit die Maßnahme tatsächlich verbindlich treffen will (Dembowski, Ladwig, Sellmann, a.a.O.; Fricke, Frohner, Ohnesorg, Otte, Pieper, Reiche, Frissan, NPersVG, § 79 Rn. 10).

bbb)

Vorliegend hat der Verwaltungsausschuss der Beklagten dem seinerzeitigen Oberstadtdirektor auf Grundlage des § 80 Abs. 4 NGO bereits am 10.09.1973 die Befugnis zur Einstellung, Entlassung und Eingruppierung von Auszubildenden, Verwaltungslehrlingen, Lohnempfängern und Angestellten bis zur Vergütungsgruppe V b BAT übertragen. Zu diesem Personenkreis gehört der Kläger. Da § 80 Abs. 4 NGO und § 113 NGO gleichberechtigt nebeneinander stehen und § 113 NGO für Eigenbetriebe die Möglichkeit einer satzungsmäßigen Organisation und inhaltlichen Aufgabenzuteilung zulässt, bestimmt § 3 Abs. 3 der auf dieser Basis erlassenen Eigenbetriebsverordnung für das Land Niedersachsen, dass die Eigenbetriebssatzung vorsehen kann, bestimmte personalrechtliche Befugnisse von der Werksleitung ausüben zu lassen. Bei einer Kündigung handelt es sich ohne Frage um eine derartige personalrechtliche Befugnis. Die Eigenbetriebssatzung des Eigenbetriebes W. enthält unter § 3 Abs. 2 Nr. 5 die Regelung, dass die Werksleitung des Eigenbetriebes u. a. personalrechtliche Maßnahmen vornehmen kann, soweit vom Oberbürgermeister beauftragt. Diese Fassung ist vor dem Hintergrund erfolgt, dass der Rat der Stadt A-Stadt zum Zeitpunkt der Gründung des Eigenbetriebes W. und des Erlasses der hierauf bezogenen Eigenbetriebssatzung bereits zuvor die personalrechtliche Befugnisse auf den Oberbürgermeister übertragen hatte. Der Oberbürgermeister seinerseits hat per Dienstanweisung vom 14.03.2005 seine insoweit übertragenen Befugnisse in bezug auf die Mitarbeiter des Eigenbetriebes W. auf die Werksleitung delegiert. Hieraus ergibt sich insgesamt die Befugnis der Werksleitung des Eigenbetriebes W. zur Entscheidung über den Ausspruch von Kündigungen und die daraufhin bestehende Zuständigkeit des im Eigenbetrieb gewählten Personalrates. Dabei wird nicht verkannt, dass es als problematisch einzuschätzen ist, ob die Eigenbetriebssatzung und die auf deren Grundlage erfolgte Dienstanweisung sich im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage in Gestalt des § 3 Abs. 3 der Eigenbetriebsverordnung halten. In § 3 Abs. 3 der Eigenbetriebsverordnung ist nämlich ausdrücklich von bestimmten Befugnissen die Rede. Damit könnte eine Eingrenzung bzw. Beschränkung der Übertragungsmöglichkeit per Satzung insoweit verbunden sein, als der Rat als Satzungsgeber in der betreffenden Satzung selbst ausdrücklich definieren muss, genau welche Befugnisse in bezug auf welche Arbeitnehmer auf die Werksleitung übertragen werden dürfen. In der vorliegenden Eigenbetriebssatzung für den Eigenbetrieb der W. ist demgegenüber keine ausdrückliche Festlegung auf bestimmte personalrechtliche Befugnisse erfolgt, sondern lediglich darauf abgestellt worden, dass der Werksleitung diese Befugnisse vom Oberstadtdirektor übertragen werden müssen. Dieser wiederum hat im Rahmen der zuvor auf ihn erfolgten Übertragung voll umfänglich die Werksleitung des Eigentriebes zur Durchführung von personalrechtlichen Maßnahmen bevollmächtigt. Soweit man darauf die Unwirksamkeit sowohl der Eigenbetriebssatzung als auch der Dienstanweisung stützen wollte mit der Konsequenz, dass der Werkleitung des Eigenbetriebes die Befugnis zur Entscheidung über die Kündigung nicht wirksam übertragen worden ist, kann dieses Zuständigkeitsdefizit jedoch keineswegs als offensichtlich qualifiziert werden. Offensichtlichkeit erfordert, dass die schwere Fehlerhaftigkeit der Zuständigkeitszuweisung für einen unvoreingenommenen, mit den in Betracht kommenden Umständen vertrauten, verständigen Beobachter ohne weiteres ersichtlich ist, sich also geradezu aufdrängen muss (vgl. Kopp, Ramsauer, VwVfG, 7. Auflage, § 44 Rn. 12). Ein gerecht und billig denkender, aufgeschlossener Staatsbürger muss ohne weitere Erkundigungen oder besondere rechtliche Überlegung zu dem Schluss kommen, dass die Zuständigkeitsregelung rechtswidrig ist. Das ist vorliegend nicht zu bejahen. Vielmehr basiert hier die Tätigkeit der Werksleitung auf einer Zuständigkeitszuweisungskette in Gestalt der Eigenbetriebsverordnung über die Eigenbetriebssatzung bis hin zur konkreten Dienstanweisung vonseiten des Oberstadtdirektors. Die Werksleitung der W. hat sich im Rahmen dieser Normen gehalten und auch unstreitig tatsächlich die Entscheidung zur Kündigung des Klägers getroffen. Dass der Oberbürgermeister die Kündigung letztendlich unterzeichnet hat, beinhaltet nicht, dass dieser in bezug auf die Kündigung eine inhaltliche Entscheidung getroffen hat, sondern trägt nur den Erfordernissen des § 63 Abs. 2 und 4 NGO Rechnung. Die Rechtswirksamkeit der Zuständigkeitszuweisung ist im vorliegenden Fall allein mittels ineinandergreifender Gesetze, Verordnungen, Satzungen und Einzelverfügungen zu ermitteln und setzt zudem die Auslegung sowie das Wissen um unbestimmte Rechtsbegriffe voraus. Weder für einen gedachten verständigen Beobachter noch für die betroffenen Arbeitnehmer ist es ohne weiteres möglich, die Wirksamkeit dieser Zuweisungen im Einzelnen zu überprüfen. Der Personalrat hat im Rahmen der Benehmensherstellung auch zu keinem Zeitpunkt die Zuständigkeit des Eigenbetriebsleiters zum Ausspruch der Kündigung gerügt (vgl. BAG, 25.02.1998 - 2 AZR 226/97 - AP Nr. 8 zu § 72 a LPVG Nordrhein-Westfalen; BVerwG, 26.08.1987, 6 P 11/86 - PersVG 1988, 488 - 491). Er war schon im Vorfeld der Kündigung mit dem Sachverhalt vertraut und wurde von der Beklagtenseite mit eingebunden. Insgesamt ist vor diesem Hintergrund davon auszugehen, dass der Personalrat des Eigenbetriebes der W. das zuständige Mitbestimmungsgremium war. Unter diesem Aspekt ist die Wirksamkeit der Kündigung vom 28.11.2006 nicht in Frage zu stellen.

II.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts A-Stadt vom 22.01.2008 hatte keinen Erfolg; sie war daher zurückzuweisen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger gemäß § 97 ZPO zu tragen. Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, insbesondere im Hinblick auf die Zuständigkeit des Eigenbetriebspersonalrates.

Ende der Entscheidung

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