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Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 10.05.2007
Aktenzeichen: 7 Sa 1429/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 613a
1. Ein Wiedereinstellungsanspruch kommt grundsätzlich in Betracht, wenn die bisherige Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis kündigt und zu diesem Zeitpunkt aufgrund der erfolgten Neuausschreibung des Bewachungsauftrags zwar feststand, dass die von dem Kläger bislang verrichteten Tätigkeiten auch künftig anfallen werden, aber nicht klar war, wer aufgrund der erfolgten Ausschreibung künftig die Bewachungsaufgaben durchführen wird.

2. Sind an sächlichen Betriebsmitteln lediglich die Wachgebäude, die Telefonanlage und die Alarmanlage übernommen worden, kann nicht davon ausgegangen werden, dass wesentliche materielle Betriebsmittel, die die Identität der wirtschaftlichen Einheit des Bewachungsbetriebes für den Truppenübungsplatz ausmachen, auf die Beklagte übergegangen sind.

3. Ein erheblicher Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten ist vorliegend zur Abgrenzung zwischen einer reinen Funktionsnachfolge bzw. Auftragsnachfolge und einem Betriebsübergang nicht geeignet.

4. Bewachungsleistungen werden üblicherweise nur unter Einsatz einfacher Arbeitsmittel angeboten. Dies spricht dafür, dass es sich hierbei um eine Branche handelt, in der es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt.

5. Die Übernahme von lediglich ca. 40% der Belegschaft des früheren Arbeitgebers stellt nicht einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals dar.

6. Ist die Arbeitsorganisation weitgehend vorgegeben durch den erteilten Bewachungsauftrag und die von dem Auftraggeber herausgegebene Wachanweisung für das Wachkommando der zivilen Wache, sind Ähnlichkeiten unvermeidbar, weshalb dieser Gesichtspunkt für die Unterscheidung zwischen einer reinen Auftragsnachfolge und einem Betriebsübergang nicht von entscheidender Bedeutung ist.


LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 Sa 1429/06

In dem Rechtsstreit

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Leibold, den ehrenamtlichen Richter Herrn Hanstedt, den ehrenamtlichen Richter Frau Saatkamp für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hameln vom 27.07.2006, 1 Ca 162/06, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger nach der Neuvergabe eines Bewachungsauftrags ein Wiedereinstellungsanspruch gegen den neuen Auftragnehmer, die Beklagte, zusteht.

Der Kläger war seit dem 01.10.1985 im Wachdienst auf dem Truppenübungsplatz B bei verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt. Sein letzter Arbeitgeber, die Firma N GmbH & Co KG, kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 30.09.2005 zum 01.01.2006, 7:00 Uhr (Bl. 7 d.A.), weil die zuständige Wehrbereichsverwaltung den Bewachungsauftrag neu ausgeschrieben hatte.

Nachdem im November 2005 bekannt geworden war, dass die Beklagte ab Januar 2006 den Zuschlag für den neuen Bewachungsauftrag erhalten hatte, bewarb sich der Kläger am 20.11.2005 schriftlich um eine Stelle bei der Beklagten. Seine Bewerbung wurde nicht berücksichtigt.

Die Beklagte führt den Bewachungsauftrag auf dem über 28.000 ha großen Truppenübungsplatz seit Januar 2006 unter Übernahme eines Teils der Mitarbeiter der Firma N GmbH & Co KG durch. Sie stellte mindestens 14 von 36 Vollbeschäftigten und 5 von 12 Aushilfen der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers ein.

Die Beklagte nutzt wie auch die Vorgängerfirma die auf dem zu bewachenden Gelände vorhandenen Wachgebäude nebst Telefonanlage und Alarmanlage. Die Überwachung findet dabei unverändert in 2 Schichten mit jeweils 15 Bewachungskräften statt. Nach einer 24-Stunden-Arbeitschicht folgt eine 24-stündige Freischicht.

Die Bewachung selbst erfolgt u. a. mit einem motorisierten Streifendienst. Die Beklagte setzt hierfür im Gegensatz zu der Vorgängerfirma, die von der Bundeswehr gestellte Fahrzeuge genutzt hatte, 4 eigene Fahrzeuge ein. Jedes Fahrzeug ist mit zwei Mitarbeitern besetzt.

Vier Mitarbeiter versehen ihren Dienst an 4 Schrankenposten, zwei weitere arbeiten im Bereich des so genannten Scheibenhofs, wo sich die Werkstätten, die Gebäude für die handwerklichen Bediensteten der Standortverwaltung, die Kantine und ein separates Wachgebäude für die Durchführung der Torpostenkontrollen befinden.

Grundlage für die Tätigkeit der Wachleute ist die von der Bundeswehr herausgegebene Wachanweisung für das Wachkommando der zivilen Wache.

Die Wachleute wurden von der Beklagten vollständig neu eingekleidet. Die während des Dienstes verwendeten Waffen wurden von der Pistole P 1 auf die Pistolen P 8 umgestellt.

Mit Schreiben vom 08.02.2006 (Bl. 8, 9 d.A.) machte der Kläger gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach § 613 a BGB geltend. Die Beklagte lehnte das Begehren mit Schreiben vom 08.02.2006 und 09.02.2006 ab (Bl. 10, 11 d.A.).

Das Arbeitsgericht hat durch ein den Parteien am 09.08.2006 zugestelltes Urteil vom 27.07.2006, auf dessen Inhalt zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und dessen Würdigung durch das Arbeitsgericht Bezug genommen wird (Bl. 146 - 150 d.A.), die auf Wiedereinstellung zum 01.01.2006 und tatsächliche Beschäftigung ab diesem Zeitpunkt gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe sein Fortsetzungsverlangen nicht rechtzeitig gegenüber der Beklagten geltend gemacht.

Hiergegen richtet sich die am 05.09.2006 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 09.11.2006 am 08.11.2006 begründete Berufung des Klägers.

Der Kläger ist der Auffassung, er habe die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten rechtzeitig geltend gemacht. Die Richtlinie 2001/23/EG des Rates enthalte keine Frist für die Geltendmachung von Rechten der Arbeitnehmer bei einem Betriebsteilübergang. Zudem sei die Informationspflicht des § 613 a Abs. 5 BGB verletzt. Unter diesen Umständen müsse dem Kläger eine angemessene Zeitspanne gewährt werden, in der er die Entwicklung beobachten könne. Fristen dürften nicht derart kurz bemessen sein, dass sie eine Durchsetzung europarechtlich fundierter Rechte praktisch unmöglich machten.

Er habe den vertraglichen Fortsetzungsanspruch zudem fristgerecht geltend gemacht. Eine offizielle Information durch die Bundeswehr oder die Beklagte selbst über die Einzelheiten der Auftragsfortführung habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben. Erst Anfang des Jahres 2006 sei die Auftragsfortführung in ihren Einzelheiten überhaupt erkennbar gewesen. Unter Berücksichtigung einer angemessenen Zeitspanne, auch für die Einholung von Rechtsrat, könne frühestens Mitte des Monats Januar 2006 von ausreichender Kenntnis ausgegangen werden.

Im Übrigen liege ein Betriebsübergang vor. Die Beklagte habe einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Anteil der Arbeitnehmer übernommen. Es sei eine auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit, das heißt eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung übergegangen. Die Beklagte habe nahtlos den Bewachungsauftrag unter Nutzung wesentlicher von der Bundeswehr gestellter Betriebsmittel und unter Weiterverwendung einer bestimmten Arbeitsorganisation mit einer eigenen Schichtleitung weitergeführt.

Die Beklagte nutze wesentliche Betriebsmittel, insbesondere die Wachgebäude, die Telefonanlage und eine spezielle Alarmanlage, weiter. Die Tätigkeiten vor und nach dem Übergang seien nicht nur ähnlich, sondern identisch. Auch die Arbeitsorganisation sei unverändert beibehalten worden.

Es handele sich nicht um eine reine Dienstleistung, bei der es ausschließlich auf die menschliche Arbeitskraft ankomme. Vielmehr spielten materielle Betriebsmittel sowie die beschriebene Arbeitsorganisation eine wesentliche Rolle.

Nach der Weiterführung des Auftrags sei die Einteilung des Personals im Wesentlichen dergestalt erfolgt, dass einem erfahrenen Altarbeitnehmer jeweils ein neuer Arbeitnehmer zugeteilt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages des Klägers im Berufungsverfahren wird Bezug genommen auf den Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 08.11.2006 nebst Anlagen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hameln vom 27.07.2006 abzuändern und nach den Schlussanträgen des Klägers I. Instanz zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe des Schriftsatzes ihres Prozessbevollmächtigten vom 18.12.2006 nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§ 519, 520 ZPO, 64, 66 ArbGG.

Sie ist jedoch nicht begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrages ab 01.01.2006 zu den Bedingungen des bisherigen Arbeitsvertrages mit der Firma N GmbH & Co KG.

Ein derartiger Anspruch kommt in Betracht, wenn es nach einer wirksam ausgesprochenen Kündigung aus betriebsbedingten Gründen nachträglich zu einem Betriebsübergang und damit zur Fortführung des Betriebs oder der Entstehung einer anderen Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer kommt (BAG vom 13.05.2004, 8 AZR 198/03, AP Nr. 264 zu § 613 a BGB). Dabei wird im Wesentlichen darauf abgestellt, ob sich die tatsächlichen Verhältnisse noch während des Ablaufs der Kündigungsfrist ändern.

Vorliegend hat die bisherige Arbeitgeberin des Klägers das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 30.09.2005 gekündigt. Zu diesem Zeitpunkt stand aufgrund der erfolgten Neuausschreibung des Bewachungsauftrags fest, dass die von dem Kläger bislang verrichteten Tätigkeiten auch künftig anfallen werden. Nicht fest stand demgegenüber, wer aufgrund der erfolgten Ausschreibung künftig die Bewachungsaufgaben durchführen wird. Dass die Beklagte den im Streit stehenden Auftrag erhält, stand erst Mitte November 2005 fest. Ein Wiedereinstellungsanspruch kommt deshalb unter diesen Umständen grundsätzlich in Betracht.

Innerhalb welcher Frist der Wiedereinstellungsanspruch geltend gemacht werden muss, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich gesehen (vgl. zum Meinungsstand Erf-K.-Preis, § 613 a BGB Rz. 161). Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss ein Arbeitnehmer ohne schuldhaftes Zögern seinen Antrag auf Abschluss eines Fortsetzungsarbeitsvertrages zu unveränderten Arbeitsbedingungen unter Anrechnung der früheren Beschäftigungsdauer an den Betriebserwerber richten (BAG vom 12.11.1998, 8 AZR 265/97, AP Nr. 5 zu § 1 KSchG 1969 Wiedereinstellung). Nach LAG Hamm vom 27.03.2003 (4 Sa 189/02) muss der Arbeitnehmer ihn innerhalb von einem Monat (§ 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nF analog) nach Kenntniserlangung von den den Betriebsübergang ausmachenden tatsächlichen Umständen gegenüber dem Betriebserwerber geltend machen.

Die erkennende Kammer hat dahinstehen lassen, ob entsprechend § 613 a Abs. 5 und 6 BGB eine Frist zur Geltendmachung des Wiedereinstellungsanspruchs vorliegend von dem Kläger schon bereits deshalb nicht versäumt wurde, weil er weder von seinem bisherigen Arbeitgeber noch von der Beklagten noch von der Bundeswehr als Auftraggeber ordnungsgemäß über das Vorliegen eines Betriebsüberganges unterrichtet worden ist. Denn der Anspruch des Klägers scheitert bereits daran, dass ein Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB nicht festgestellt werden kann.

Für das Vorliegen eines Betriebsüberganges ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG vom 13.06.2006, 8 AZR 271/05, AP Nr. 305 zu § 613 a BGB) und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH vom 15.12.2005, C-232/04) die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit erforderlich. Der Begriff der wirtschaftlichen Einheit bezieht sich dabei auf die organisatorische Gesamtheit von Personen und Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit übergegangen ist, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören als Teilaspekte der Gesamtwürdigung die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude oder bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- und Betriebsmethoden ein unterschiedliches Gewicht zu.

In Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann auch eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden ist, eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem Fall anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger gezielt bei dieser Tätigkeit eingesetzt hatte. Dies kann der Fall sein, wenn der Nachfolger 85% der früheren Arbeitnehmer in ihren angestammten Funktionen weiterbeschäftigt (BAG vom 11.12.1997, 8 AZR 729/96, AP Nr. 172 zu § der 13 a BGB). Bei einfachen Tätigkeiten reicht ein Übernahmegrad von 75 % der Beschäftigten demgegenüber nicht (BAG vom 10.12.1998, 8 AZR 676/97, AP Nr. 187 zu § 613a BGB = EzA § 613a BGB Nr. 174).

Demgegenüber stellt nach bisheriger höchstrichterlicher Rechtsprechung die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen Auftragnehmer (Funktionsnachfolge) ebenso wenig einen Betriebsübergang dar wie die reine Auftragsnachfolge.

In betriebsmittelgeprägten Betrieben kann ein Betriebsübergang auch ohne Übernahme von Personal vorliegen. Im Fall einer Auftragsneuvergabe ist die Überlassung der Betriebsmittel zur eigenen wirtschaftlichen Nutzung keine notwendige Voraussetzung für die Feststellung eines Betriebsübergangs vom ursprünglichen Auftragnehmer auf den neuen Auftragnehmer. Sachliche Betriebsmittel sind im Rahmen einer Auftragsneuvergabe wesentlich, wenn bei wertender Betrachtungsweise ihr Einsatz den eigentlichen Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhangs ausmacht (BAG vom 06.04.2006, 8 AZR 222/04, NZA 2006, 723).

Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen liegt vorliegend lediglich eine Funktionsnachfolge und kein Betriebsübergang vor.

Die Beklagte hat vorliegend an sächlichen Betriebsmitteln lediglich die Wachgebäude, die Telefonanlage und die Alarmanlage übernommen. Neu zur Verfügung gestellt hat sie demgegenüber die für die Streifenfahrten erforderlichen 4 Fahrzeuge, die Dienstkleidung und neue Pistolen. Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, dass wesentliche materielle Betriebsmittel, die die Identität der wirtschaftlichen Einheit des Bewachungsbetriebes für den Truppenübungsplatz Bergen ausmachen, auf die Beklagte übergegangen sind.

Festzustellen ist ein erheblicher Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sich das zu überwachende Objekt vor und nach Auftragsvergabe nicht verändert hat. Dieses Merkmal ist deshalb vorliegend zur Abgrenzung zwischen einer reinen Funktionsnachfolge bzw. Auftragsnachfolge und einem Betriebsübergang nicht geeignet. Der EuGH und das BAG nehmen wortgleich an, dass der bloße Verlust eines Auftrags an einen Mitbewerber für sich allein genommen keinen Übergang im Sinne der Richtlinie darstellt.

Bewachungsleistungen werden üblicherweise nur unter Einsatz einfacher Arbeitsmittel angeboten (BAG vom 17.09.1998, 8 AZR 276/97, n.v., zitiert nach juris). Dies spricht dafür, dass es sich hierbei um eine Branche handelt, in der es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt.

Es konnte allerdings auch nicht festgestellt werden, dass die Beklagte einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals des früheren Arbeitgebers des Klägers übernommen hat. Nach dem Vortrag der Beklagten beschäftigt sie 14 von 36 vollbeschäftigten ehemaligen Arbeitnehmern der Firma N GmbH & Co KG und weiterhin 5 von 12 Aushilfen seit dem 01.01.2006. Die übrigen von ihr eingesetzten Wachleute wurden neu eingestellt. Dies bedeutet, dass die Beklagte lediglich ca. 40% der Belegschaft des früheren Arbeitgebers des Klägers übernommen hat. Eine höhere Anzahl übernommener Arbeitnehmer hat der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger nicht dargelegt. Bei dieser Anzahl an übernommenen Mitarbeitern handelt es sich nicht um einen zahlenmäßig wesentlichen Teil des Personals.

Aber auch hinsichtlich der Sachkunde kann nicht von einem wesentlichen Teil des Personals ausgegangen werden. Zum einen setzt die Beklagte keinen der bisherigen Schichtführer für die Bewachung des Truppenübungsplatzes B ein. Sie kann deshalb auch nicht auf deren Erfahrungen bei der Bewachung des Bundeswehrgeländes und dem Einsatz der Wachleute zurückgreifen.

Zum anderen ist die Kammer trotz der Größe des zu bewachenden Geländes nicht zu der Überzeugung gelangt, dass die Wachleute für ihre Tätigkeit spezielle Sachkenntnisse benötigen, die über die Kenntnisse hinausgehen, die für die Bewachung jedes anderen Truppenübungsplatzes in der Bundesrepublik Deutschland erforderlich sind. Vielmehr handelt es sich auch nach dem Sachvortrag des Klägers um typische Überwachungstätigkeiten, die in relativ kurzer Zeit erlernbar sind.

Unerheblich ist schließlich, dass sich nach dem Vortrag des Klägers die Arbeitsorganisation bei der Beklagten nicht wesentlich unterscheidet von der Arbeitsorganisation bei der früheren Arbeitgeberin des Klägers. Diese ist vielmehr vorgegeben durch den erteilten Bewachungsauftrag und die von der Bundeswehr herausgegebene Wachanweisung für das Wachkommando der zivilen Wache. Ähnlichkeiten sind deshalb unvermeidbar, weshalb dieser Gesichtspunkt für die Unterscheidung zwischen einer reinen Auftragsnachfolge und einem Betriebsübergang nicht von entscheidender Bedeutung ist.

Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass nicht hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass tatsächlich ein Betriebsübergang auf die Beklagte erfolgt ist. Dem Kläger steht deshalb auch ein Anspruch auf Einstellung ab 01.01.2006 nicht zu.

Die Berufung des Klägers war mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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