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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 24.04.2008
Aktenzeichen: 7 Sa 864/07
Rechtsgebiete: TVG, BGB


Vorschriften:

TVG § 4
BGB § 613a Abs. 2
BGB § 767
1. Die Nachwirkung eines Tarifvertrages erstreckt sich nicht auf Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis erst im Nachwirkungszeitraum begründet wird.

2. Eine vor Eröffnung des Konkursverfahrens bestehende betriebliche Übung wird nicht zwingend dadurch abgeändert, dass der Konkursverwalter während des 11-jährigen Konkursverfahrens Sonderzahlungen jeweils nur entsprechend den jeweiligen wirtschaftlichen Gegebenheiten gewährt. Aus der widerspruchslosen Entgegennahme einer gekürzten Sonderzahlung durfte der Konkursverwalter unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles objektiv nicht schließen, dass sich die Arbeitnehmer mit einer Änderung des Inhaltes des Arbeitsvertrages auf Dauer einverstanden erklärt haben. Ihr Einverständnis kann vielmehr nur auf das jeweilige Jahr der Sonderzahlung bezogen werden.

3. Die Haftung des Betriebsveräußerers nach § 613a Abs. 2 BGB ist nicht entsprechend den akzessorischen Sicherungsrechten zu behandeln und führt nicht zu einer Beschränkung der Haftung des Betriebsveräußerers entsprechend § 767 Abs. 1 BGB. Ein mit dem Betriebserwerber vereinbarter Erlass wirkt deshalb gemäß § 423 BGB nur dann auch für den Betriebsveräußerer, wenn die Vertragsschließenden das ganze Schuldverhältnis aufheben wollten.

4. Der Konkursverwalter ist dazu verpflichtet, sämtliche ihm als Arbeitgeber obliegenden Pflichten zu erfüllen. Erfüllt er während seiner Amtstätigkeit diese Verbindlichkeiten schlecht, nicht rechtzeitig oder gar nicht, so stellen die sich daraus ergebenden Schadensersatzansprüche lediglich Masseverbindlichkeiten dar, für die die Masse haftet. Eine persönliche Haftung wird nur in den Fällen angenommen, in denen der Konkursverwalter in besonderem Maß ein persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat.


LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 Sa 864/07

In dem Rechtsstreit

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 24. April 2008 durch

den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Leibold, den ehrenamtlichen Richter Herrn Rinke, den ehrenamtlichen Richter Herrn Sandte für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers und die Berufung des Beklagten zu 1) gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen vom 09.05.2007, 3 Ca 507/06, werden zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 93 % und der Beklagte zu 1) zu 7 %. Von den außergerichtlichen Kosten tragen der Kläger die des Beklagten zu 2) voll und jeweils 93 % der des Beklagten zu 1) sowie der eigenen, der Beklagte zu 1) die eigenen und die dem Kläger erwachsenen Kosten jeweils zu 7 %.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger ein Anspruch auf Urlaubsgeld und Jahressonderzahlung für die Jahre 2003 bis 2005 zusteht.

Der 1958 geborene Kläger war seit dem 01.01.1992 bei der Firma A. GmbH, die ein Sägewerk und Holzhandel mit ca. 280 Arbeitnehmern betrieb, beschäftigt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag existiert nicht.

Über das Vermögen der Firma A. GmbH wurde am 01.02.1995 das Konkursverfahren eröffnet und der Beklagte zu 1) zum Konkursverwalter bestellt. Der Beklagte zu 1) führte das Unternehmen bis zum 20.02.2006 fort.

Die Gemeinschuldnerin gehörte bis zum 31.12.1989 dem Sägewerksverband an, nach einem Unternehmensverkauf erfolgte der Austritt aus dem Verband. Sie zahlte bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens an alle Arbeitnehmer ein Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld in tariflicher Höhe. Der Kläger ist seit 1993 Gewerkschaftsmitglied.

Für die Sägeindustrie und die übrige holzbearbeitende Industrie in Niedersachsen und Bremen existiert ein Manteltarifvertrag, der u. a. folgende Regelungen enthält:

85. Die Urlaubsdauer beträgt 30 Arbeitstage für alle Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden.

95. Neben dem Urlaubsentgelt wird für den Erholungsurlaub nach Ziffer 85 ein zusätzliches Urlaubsgeld gewährt. Es beträgt 50% des Urlaubsentgelts.

108. Alle sonstigen gegenseitigen Ansprüche sind innerhalb einer Frist von 3 Monaten nach Fälligkeit geltend zu machen und im Falle der Ablehnung durch die andere Partei innerhalb einer Frist von 2 Monaten beim Arbeitsgericht einzuklagen.

109. Nach Ablauf der angeführten Fristen sind die Ansprüche verwirkt, es sei denn, dass sie vorher durch den Arbeitnehmer oder durch den Betriebsrat schriftlich geltend gemacht bzw. eingeklagt worden sind.

Für den Bereich der holzbearbeitenden Industrie in den Ländern Niedersachsen und Bremen gibt es zudem einen Tarifvertrag über die stufenweise Einführung eines 13. Monatsverdienstes, in dem unter anderem geregelt ist:

2.

Arbeitnehmer, die am 1. Dezember in einem Arbeitsverhältnis stehen und zu diesem Zeitpunkt dem Betrieb ununterbrochen mindestens 3 Monate angehören, haben je Kalenderjahr einen Anspruch auf betriebliche Sonderzahlungen als Teil eines 13. Monatsverdienstes nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen.

3.

Die Sonderzahlung wird am 1. Dezember jeden Jahres fällig. Sie beträgt bei vollem Anspruch

...

1985 70% eines durchschnittlichen Brutto-Monatsverdienstes.

In der Zeit nach der Konkurseröffnung gewährte der Beklagte zu 1) den Beschäftigten Sonderzahlungen in unterschiedlicher Höhe gemäß folgender Aufstellung:

 199550 % 70 % Betriebsvereinbarung vom 17.07.1995: "entsprechend dem Sägewerkstarif"
19960 % 0 % Betriebsvereinbarung vom 24.01.1996: freiwillig
1997 45,5 %Betriebsvereinbarung vom 14.11.1997
1998 51,61 %Betriebsvereinbarung vom 02.07.1998
199900 
200040%40% 
200130% + 20%20%Aushang vom 07.09.2001 und 04.12.2001
200210+10+10= 30%10%Aushang vom 02.07.2002 und 09.12.2002
2003 10%Aushang vom 28.07.2003 und 07.10.2003
20040%0%Aushang vom 27.07.2004
200510% Aushang vom 10.03.2005

In den Jahren 1995 bis 1998 erfolgten diese Zahlungen jeweils nach einer entsprechenden Vereinbarung des Beklagten zu 1) mit dem in dem Betrieb gebildeten Betriebsrat.

So wurde eine Betriebsvereinbarung vom 17.07.1995 (Bl. 16 - 17 d.A.) abgeschlossen mit folgenden Regelungen:

11: Die anteilige 13. Monatszahlung wird entsprechend dem Sägewerkstarif gezahlt.

12: Das zusätzliche Urlaubsgeld wird entsprechend dem Sägewerkstarif gezahlt.

14: Diese Vereinbarung hat eine Laufzeit bis 30.09.1998. Sie kann erstmals zum 30.09.1998 von beiden Seiten mit einer Frist von 3 Monaten vor Ablauf gekündigt werden.

Die Betriebsvereinbarung vom 24.01.1996 lautet:

Die in der Betriebsvereinbarung vom 17.07.95 unter Punkt 11 und 12 vereinbarte Leistung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes nach dem Sägewerkstarif wird in eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers, beschränkt auf das Kalenderjahr 1996, gewandelt.

Bei Ablauf des Kalenderjahres 1996 tritt die alte Betriebsvereinbarung in Kraft.

In einer Betriebsvereinbarung vom 14.11.1997 wurde vereinbart, dass der volle Anspruch auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld in 1997 nicht erfüllt werden könne, und dass dieser Anspruch mit einer Sonderzahlung in Höhe von 45,5% brutto von einem Monatslohn/Gehalt, zahlbar mit dem Novemberlohn 1997, abzugelten sei.

Die Betriebsvereinbarung vom 02.07.1998 sieht die Erfüllung des zusätzlichen Urlaubsgeldes und des anteiligen 13. Monatsgehaltes mit einer Quote von 73,72% vor, was 51,61% eines Monatslohns entspricht.

Ein von dem Beklagten zu 1) eingeholtes Gutachten des Prof. D. vom 20.09.1999 über die Rechtmäßigkeit der Betriebsvereinbarungen über Urlaubs- und Weihnachtsgeld kam zu dem Ergebnis, dass eine Streichung oder Kürzung der Sonderzahlungen nicht durch Betriebsvereinbarungen erfolgen könne, aber per Regelungsabrede zulässig sei.

Daraufhin wurde in den folgenden Jahren, erstmals durch Vereinbarung vom 01.10.1999 (Bl. 45 - 47 d.A.), zwischen dem Beklagten zu 1) und dem Betriebsrat folgendes vereinbart:

Konkursverwalter und Betriebsrat gehen davon aus, dass die Frage von Zahlungen für zusätzliches Urlaubs- und Weihnachtsgeld nicht in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden kann. Sie sind jedoch im Rahmen einer bloßen Betriebsabsprache darüber einig, dass die Frage einer Zahlung nach Grund und Höhe an den wirtschaftlichen Möglichkeiten des Insolvenzverwalters orientiert werden soll.

Aus diesem Grund wird klargestellt, dass die Inbezugnahme anderer Tarifvertragswerke gemäß Ziffer 8 dieser Betriebsvereinbarung die dort etwaig enthaltenen Regelungen über zusätzliches Urlaubs- und Weihnachtsgeld nicht erfasst.

Die Gewährung von Sonderzahlungen gab der Beklagte zu 1) in den Folgejahren jeweils durch Aushang wie folgt bekannt:

Aushang vom 07.09.01 (Bl. 62 d.A.):

Wie in der Sitzung am 07.09.2001 mit dem Betriebsrat erörtert, wird eine freiwillige Sonderzahlung in Höhe von 20% des verstetigten Monatslohnes geleistet.

Die Auszahlung erfolgt mit der Lohnabrechnung für August 2001.

Aushang vom 04.12.01 (Bl. 63 d.A.): Wie in der Sitzung vom 30.11.01 mit dem Betriebsrat erörtert, wird eine freiwillige Sonderzahlung in Höhe von 20% des verstetigten Monatslohnes geleistet.

Die Auszahlung erfolgt mit der Lohnabrechnung für November 2001.

Aushang vom 02.07.2002 (Bl. 64 d.A.):

nach eingehender Besprechung mit dem Betriebsrat wird eine freiwillige Sonderzahlung von zunächst 30% des verstetigten Monatslohnes gezahlt und wie folgt ausbezahlt:

10% mit Abrechnungszeitraum Juni

10% mit Abrechnungszeitraum Juli

10% mit Abrechnungszeitraum August

Aushang vom 09.12.02 (Bl. 65 d.A.):

Wie in der Sitzung am 07.12.02 mit dem Betriebsrat erörtert, wird eine freiwillige Sonderzahlung in Höhe von 10% des verstetigten Monatslohnes geleistet.

Die Auszahlung erfolgt mit der Lohnabrechnung für Dezember 2002.

Aushang vom 28.07.03 (Bl. 66 d.A.):

Die gegenwärtige Lage des Unternehmens wurde mit dem Betriebsrat am 25. Juli eingehend besprochen. Sie lässt im Moment keine Sonderzahlung zu.

Die Möglichkeit zu einer Sonderzahlung wird im September erneut geprüft werden.

Aushang vom 07.10.2003 (Bl. 67 d.A.):

Nach eingehender Besprechung mit dem Betriebsrat wird für den Lohnabrechnungszeitraum Oktober eine freiwillige Sonderzahlung von 10% des verstetigen Monatslohnes gezahlt.

Mitarbeiterinformation vom 27. Juli 2004 (Bl. 68 d.A.):

Der Betriebsrat wurde am 24. Juli 2004 umfassend über die gegenwärtige Lage des Unternehmens informiert:

...

Mit diesen zusätzlichen Ausgaben ist die Belastungsgrenze des Unternehmens erreicht, Sonderzahlungen an die Mitarbeiter sind nach gegenwärtigem Stand in diesem Jahr nicht möglich.

Aushang vom 10.03.2005 (Bl. 69 d.A.):

nach eingehender Besprechung mit dem Betriebsrat wird ab dem Lohnabrechnungszeitraum März eine Erhöhung von 1,5% auf den verstetigen Monatslohn gewährt und für den Lohnabrechnungszeitraum April eine freiwillige Sonderzahlung von 10% des verstetigen Monatslohnes gezahlt.

Der Konkursverwalter verkaufte das Unternehmen durch Kaufvertrag vom 28.01.2006 zum 20.02.2006 an die Firma B. GmbH, die Beklagte zu 3). Mit der sanierenden Übertragung gingen alle Arbeitsverhältnisse auf die Betriebsübernehmerin über.

Der Beklagte zu 1) verzichtete in einem Aushang vom Februar 2006 auf die Einhaltung der Ausschlussfrist für Ansprüche auf Weihnachtsgeld für das Jahr 2005 ohne Anerkennung von Rechtspflichten.

Mit Schreiben vom 29.03.2006 (Bl. 151 d.A.) machte der Kläger gegenüber dem Beklagten zu 1) die Zahlung von zusätzlichem Urlaubsgeld und Sonderzahlung für die Kalenderjahre 2003 bis 2005 unter Berücksichtigung der erfolgten Zahlungen in Höhe von insgesamt 8.335,98 € brutto geltend.

Mit seiner Klage vom 24.05.2006 verfolgte der Kläger diese Ansprüche auch gegen den Beklagten zu 1) persönlich (Beklagter zu 2)) sowie gegen die Betriebsübernehmerin als Beklagte zu 3).

Die Klage gegen die Beklagte zu 3) nahm er am 02.02.2007 zurück, nachdem er mit seiner neuen Arbeitgeberin einen Änderungsvertrag abgeschlossen hatte, in dem die Zahlung von Sonderzahlungen ab dem 20.02.2006 geregelt wurde (Bl. 123 - 125 d.A.). Dabei wurde unter anderem Folgendes vereinbart:

c)

Um im Rahmen der betrieblichen Angleichung von Arbeitszeiten, der Einführung einheitlicher Beurteilungsgrundsätze und Zuschläge die Harmonisierung der Verträge mit Wirkung ab 20.02.2006 zu erreichen und hierdurch Betriebsfrieden und Planungssicherheit für die Zeit ab dem Betriebsübergang zu gewährleisten, gewährt die Arbeitgeberin eine weitere Zahlung an Arbeitnehmerin/Arbeitnehmer in Höhe von 0,4 eines individuellen Bruttomonatsentgeltes (ohne Zuschläge), fällig mit der Dezemberabrechnung 2006.

Der sich hieraus ergebende Betrag ist aber arbeitnehmerseits an die Arbeitgeberin zurückzuzahlen, soweit sich in den gegen Dr. E. als Konkursverwalter der Firma A. GmbH in Konkurs u. a. als Gesamtschuldner geführten Rechtsstreitigkeiten ergeben sollte, dass bis zu dieser Höhe oder mehr für die Zeit nach dem 20.02.2006 Ansprüche auf Weihnachts- und Urlaubsgeld aus den vor Betriebsübergang geltenden Regelungen hergeleitet werden könnten.

Insoweit wäre die Harmonisierung durch die Neuregelungen zur Sonderzahlung und der bevorstehenden Einführung von Beurteilungsgrundsätzen bereits hergestellt. Gleiches gilt, wenn die Rechtsstreitigkeiten ohne Urteil enden. Bei vergleichsweiser Regelung gehen die Parteien bis zur Höhe von 0,4 Bruttomonatsentgelten vom Unterliegen der Gesamtschuldner und entsprechender Ansprüche für die Zeit ab 20.02.2006 aus, deren Bestand durch die Vertragsänderungen beseitigt wäre oder jedenfalls beseitigt ist.

Hat Arbeitnehmerin/Arbeitnehmer nicht gegen die Gesamtschuldner für die Zeit vor dem 20.02.2006 geklagt, ist ebenfalls eine Rückzahlung an die Arbeitgeberin geschuldet, entsprechend dem Betrag eventuell ausgeurteilter oder vergleichsweise erhaltener Beträge einer klagenden Partei, gleichfalls bis zu einer Höhe von maximal 0,4 individuellen Bruttomonatsentgelten (ohne Zuschläge).

...

4. Sonstiges

Mit Wirksamwerden der aufschiebend bedingten Änderungsverträge ist die/der den Vertrag annehmende Arbeitnehmerin/Arbeitnehmer verpflichtet, eine etwaige Klage wegen streitiger arbeitnehmerseits behaupteter Sonderzahlungsansprüche, soweit sie auch gegen die Arbeitgeberin (Firma B. GmbH) gerichtet ist oder gerichtet werden kann, insoweit zurückzunehmen bzw. nicht zu erheben. Im Übrigen können etwaige Klagen für die Zeit vor dem 20.02.2006 aufrechterhalten bleiben, so dass sich die Gesamtschuldparteien im Innenverhältnis auseinanderzusetzen haben.

Das Arbeitsgericht hat durch ein dem Kläger am 14.05.2007 und dem Beklagten am 15.05.2007 zugestelltes Urteil vom 09.05.2007, auf dessen Inhalt zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und dessen Würdigung durch das Arbeitsgericht Bezug genommen wird (Bl. 159 - 180 d.A.), den Beklagten zu 1) verurteilt, an den Kläger 1.238,77 € brutto nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Hiergegen richten sich die am 11.06.2007 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 14.08.2007 am 13.08.2007 begründete Berufung des Klägers sowie die am 13.06.2007 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 16.08.2007 am 16.08.2007 begründete Berufung des Beklagten zu 1).

Der Beklagte zu 1) ist der Auffassung, die geltend gemachten Ansprüche seien durch den von dem Kläger mit der Beklagten zu 3) getroffenen Änderungsvertrag erloschen. Der Kläger habe in dieser Vereinbarung auf die Sonderzahlungsansprüche verzichtet, die vor dem Betriebsübergang am 20.02.2006 entstanden seien. Damit seien auch die gegen den Beklagten zu 1) erhobenen Ansprüche kraft Gesetzes erloschen. Der gesetzliche Schuldbeitritt des Betriebsveräußerers nach § 613 a Abs. 2 BGB sei entsprechend den akzessorischen Sicherungsrechten zu behandeln, weshalb die Haftung des Betriebsveräußerers entsprechend § 767 Abs. 1 BGB beschränkt sei.

Es bestehe kein Anspruch auf die im Streit stehenden Jahressonderzahlungen aus betrieblicher Übung. Die Gemeinschuldnerin habe vor Konkurseröffnung nicht regelmäßig und vorbehaltlos Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld gewährt. Vielmehr hätten die Arbeitnehmer nicht näher definierte Einmalbezüge in unterschiedlicher Höhe und zu unterschiedlichen Jahreszeitpunkten erhalten. Der Kläger hätte deshalb die Höhe und die weiteren Einzelheiten seines Anspruchs im Einzelnen darlegen und beweisen müssen.

Konkursverwalter und Betriebsrat seien von einem ausschließlich kollektiv-rechtlichen und wieder kündbaren Anspruch aus der Betriebsvereinbarung vom 17.07.1995 ausgegangen. Die Frage bestehender individual-rechtlicher Ansprüche einzelner Arbeitnehmer sei für diese Betriebsvereinbarung bedeutungslos gewesen. Vereinbarungsgrundlage sei die Annahme gewesen, dass die in der Betriebsvereinbarung geregelten Sonderzahlungen ohne Gefährdung der Fortführungs- und Sanierungsaufgabe möglich seien.

Zudem liege eine abändernde betriebliche Übung vor. Die Arbeitnehmer hätten den angebotenen Abschluss eines den Arbeitsvertrag beschränkenden Änderungsvertrages angenommen durch die widerspruchslose Entgegennahme der veränderten Leistungen. Der Beklagte zu 1) habe objektiv davon ausgehen dürfen, dass die Arbeitnehmer die geänderte betriebliche Übung akzeptierten. Die Frage einer Stundung bzw. Nachzahlung habe nie zur Debatte gestanden.

Der Beklagte zu 1) habe in dem Vertrauen auf das Einverständnis der Arbeitnehmerschaft vorhandene liquide Mittel stets und ausschließlich für notwendige Re- und Umstrukturierungen zur Aufrechterhaltung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit eingesetzt. Die Umwandlung der kollektiv-rechtlichen Sonderzahlung in eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers habe einer Bankenforderung entsprochen auf entsprechende Verteilung der Sanierungslasten auch auf die Arbeitnehmer. Dies sei dem Kläger bekannt gewesen.

Die Beteiligung des Betriebsrats stehe der abändernden betrieblichen Übung nicht entgegen. Die erfolgten Zahlungen hätten sich allein an den wirtschaftlichen Möglichkeiten der Gemeinschuldnerin orientiert. Nur dies sei mit dem Betriebsrat erörtert worden.

Die Konkurssituation spreche für das Vorliegen einer abändernden betrieblichen Übung. Einer ausdrücklichen Änderung der arbeitsvertraglichen Beziehungen habe es gerade nicht bedurft, da der Kläger der geänderten Handhabung über einen Zeitraum von insgesamt 11 Jahren hinweg nicht widersprochen habe.

Zudem sei der Anspruch verfallen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags des Beklagten im Berufungsverfahren wird Bezug genommen auf die Schriftsätze seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.08.2007, 17.10.2007, 17.04.2008 und 23.04.2008.

Der Beklagte zu 1) beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen vom 09.05.2007 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen sowie

das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen abzuändern und die Beklagten zu 1) und 2) zu verurteilen, an den Kläger 1.449,05 € brutto Urlaubsgeld und 1.470,78 € brutto Sonderzahlung für das Jahr 2003, 1.470,78 € brutto Urlaubsgeld und 1.492,84 € brutto Sonderzahlung für das Jahr 2004 sowie 1.423,87 € brutto Urlaubsgeld und 1.445,23 € brutto Sonderzahlung für das Jahr 2005, mithin insgesamt 8.752,55 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger ist der Auffassung, durch die tatsächliche Handhabung bis zum Jahre 1995 sei eine betriebliche Übung in Bezug auf das tarifliche Urlaubsgeld und die Sonderzahlung eingetreten. Der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin C. habe nach der Betriebsübernahme im Jahr 1990 auf einer Betriebsversammlung sinngemäß erklärt: "Ihr braucht euch keine Sorgen machen, ich gehe zwar nicht in den Tarif, aber ihr kriegt alles bezahlt, wie es im Tarif steht."

Die Betriebsvereinbarung vom 17.07.1995 sei in eine Gesamtzusage als vertragliche Einheitsregelung umzudeuten. Hiermit sei beabsichtigt worden, bestehende Unklarheiten in den Rechtsgründen für die Zeit ab dem Konkurs verbindlich zu beseitigen und allen Betroffenen Ansprüche auf die Zahlung eines in der Höhe den tariflichen Bestimmungen entsprechenden Urlaubs- und Weihnachtsgeldes zu gewähren. Der Beklagte habe sich vertraglich gegenüber den begünstigten Arbeitnehmern binden wollen. Er habe die Betriebsvereinbarung auch nie gekündigt.

Die tariflichen Ausschlussfristen seien nicht anwendbar. Der Beklagte hätte zwar zahlreiche tariflichen Bestimmungen der Sägeindustrie Niedersachsen/Bremen angewandt, aber nicht alle. Es fehle zudem der nach dem Nachweisgesetz erforderliche Hinweis auf die Geltung der Ausschlussfristen in einem schriftlichen Arbeitsvertrag.

Schließlich hafte der Konkursverwalter auch persönlich. Der Beklagte zu 2) habe seit 1995 die im Streit stehenden Ansprüche sämtlicher Arbeitnehmer nicht befriedigt, obwohl er selbst die Betriebsvereinbarung vom 17.07.1995 habe abschließen lassen. Er habe über sämtliche Unterlagen des Unternehmens, insbesondere die Arbeitsverträge und die Lohnjournale verfügt. Er habe dann versucht, die berechtigten Ansprüche zu Fall zu bringen und dem Betriebsrat das Gutachten des Prof. D. vom 20.09.1999 vorgelegt. Dieses Gutachten gehe von falschen Voraussetzungen aus, soweit dort angenommen werde, es handele sich um freiwillige Leistungen.

Unter Berufung auf dieses Gutachten und unter Verwendung der von dem Betriebsrat unterzeichneten bloßen Betriebsabsprachen habe er dann die im Streit stehenden berechtigten Ansprüche nicht erfüllt. Aus dem Umstand, dass der Beklagte zu 2) jährlich mit dem Betriebsrat über die Frage von Sonderzahlungen konferiert habe, sei zu folgern, dass ihm die Rechtslage bekannt gewesen sei oder jedenfalls bekannt gewesen sein müsse. Der Beklagte habe mehrfach darauf hingewiesen, dass er "das Buch zu machen müsse", wenn er Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu zahlen habe.

Der Beklagte sei nicht lediglich Arbeitgeber, sondern als Konkursverwalter den Beschäftigten gegenüber in deren Eigenschaft als Massegläubiger verpflichtet. Er hätte erkennen müssen, dass die bestehenden Ansprüche der Beschäftigten aus der Masse nicht erfüllt werden könnten. Dennoch habe er den Betrieb fortgeführt, ohne diese Masseforderungen befriedigen zu können. Hierdurch habe er massiv konkursspezifische Pflichten verletzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags des Klägers im Berufungsverfahren wird Bezug genommen auf die Schriftsätze seiner Prozessbevollmächtigten vom 11.08.2007, 27.10.2007 und 20.03.2008 nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufungen beider Parteien sind statthaft, sie sind form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§ 519, 520 ZPO, 64, 66 ArbGG.

II.

1. Die Berufung des Beklagten zu 1) ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass der Kläger gegen den Beklagten zu 1) einen Anspruch auf Zahlung von 1.238,77 € brutto als Sonderzahlung für das Jahr 2005 hat. Dieser Betrag ist gemäß §§ 286, 288 BGB ab Rechtshängigkeit mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

1.1. Der Anspruch des Klägers folgt aus Ziffer 3 des Tarifvertrages über die stufenweise Einführung eines 13. Monatsverdienstes in den Betrieben der holzbearbeitenden Industrie für die Länder Niedersachsen und Bremen. Dieser Tarifvertrag ist auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar.

1.2. Die Anwendbarkeit dieses Tarifvertrages ergibt sich allerdings nicht aus § 4 Abs. 1 und 5 TVG. Die Gemeinschuldnerin gehörte zwar bis zum 31.12.1989 dem Sägewerksverband an. Der Tarifvertrag galt deshalb bis zu diesem Zeitpunkt unmittelbar und zwingend zwischen der Arbeitgeberin und den bei ihr tätigen tarifgebundenen Arbeitnehmern. Er wirkte grundsätzlich auch noch nach dem Verbandsaustritt der Gemeinschuldnerin gemäß § 4 Abs. 5 TVG für die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Arbeitsverhältnisse nach.

Das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger wurde jedoch erst ab dem 01.01.1992 begründet. Zu diesem Zeitpunkt bestand die Tarifbindung der Arbeitgeberin nicht mehr. Auf die Nachwirkung des Tarifvertrages kann sich der tarifgebundene Kläger nicht mit Erfolg berufen, da sich diese nicht auf Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis erst im Nachwirkungszeitraum begründet wird, erstreckt (BAG vom 10.12.1997, 4 AZR 247/96, AP Nr. 20 zu § 3 TVG, BAG vom 22.07.1998, 4 AZR 403/97, AP Nr. 32 zu § 4 TVG Nachwirkung).

1.3. Das Arbeitsgericht ist jedoch zu Recht davon ausgegangen, dass dieser Tarifvertrag kraft betrieblicher Übung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG vom 18.04.2007, 4 AZR 653/05, AP Nr. 54 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag), von der abzuweichen kein Anlass besteht, ist unter betrieblicher Übung die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, dass ihnen eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden soll. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend gemäß § 151 BGB angenommen wird, erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen (BAG vom 16.06.2004, 4 AZR 417/03; BAG vom 26.05.1993, 4 AZR 130/93, BAGE 73, 191, 197; BAG vom 11.04.2006, 9 AZR 500/05, AP BGB § 667 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 667 Nr. 1; BAG vom 16.01.2002, 5 AZR 715/00, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 56 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 37; BAG vom 04.05.1999, 10 AZR 290/98, BAGE 91, 283, 287). Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und durfte (BAG vom 30.05.2006, 1 AZR 111/05, AP BetrVG § 77 Nr. 23 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 14; BAG vom 16.01.2002, 5 AZR 715/00, a.a.O.). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber mit einem entsprechenden Verpflichtungswillen gehandelt hat. Die Wirkung einer Willenserklärung im Rechtsverkehr setzt ein, wenn der Erklärende aus der Sicht des Erklärungsempfängers einen auf eine bestimmte Rechtswirkung gerichteten Willen geäußert hat (BAG vom 28.06.2006, 10 AZR 385/05, AP BGB § 242 Nr. 74 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 7). Nicht erkennbare subjektive Vorstellungen des Arbeitgebers sind unerheblich (HWK/Thüsing 2. Aufl. BGB § 611 Rn. 232).

Eine betriebliche Übung entsteht dagegen nicht, wenn der Arbeitgeber zu den zu ihrer Begründung angeführten Verhaltensweisen durch andere Rechtsgrundlagen verpflichtet war (BAG vom 19.06.2001, 1 AZR 598/00, EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 67) oder irrtümlich auf Grund einer vermeintlichen Verpflichtung aus einer anderen Rechtsgrundlage sich zur Leistungserbringung verpflichtet glaubte (BAG vom 16.06.2004, 4 AZR 417/03). Wenn der Arbeitgeber die Leistungen für den Arbeitnehmer erkennbar auf Grund einer anderen und sei es auch tatsächlich nicht bestehenden Rechtspflicht hat erbringen wollen, kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, ihm solle eine Leistung auf Dauer unabhängig von dieser Rechtspflicht gewährt werden (BAG vom 30.05.2006, 1 AZR 111/05, a.a.O.). Ein Anspruch aus betrieblicher Übung kann mithin nur dann entstehen, wenn es an einer anderen kollektiv- oder individualrechtlichen Grundlage für die Leistungsgewährung fehlt (BAG vom 24.11.2004, 10 AZR 202/04, AP Nr. 70 zu § 242 BGB betriebliche Übung).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Die Gemeinschuldnerin hat an den Kläger seit Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens jährlich eine Sonderzuwendung in Höhe von 70% des durchschnittlichen Bruttomonatsverdienstes nach den tariflichen Regelungen gezahlt.

Die erkennende Kammer sieht diesen Sachverhalt wie das Arbeitsgericht als unstreitig an. Der Beklagte zu 1) hat auch im Berufungsverfahren die entsprechende Tatsachenbehauptung des Klägers nicht qualifiziert bestritten. Es fehlt jeder konkreter Vortrag dazu, dass die Gemeinschuldnerin in irgendeiner Weise in der Vergangenheit gegenüber ihren Mitarbeitern zu erkennen gegeben hat, dass sie die Sonderzahlungen lediglich unter dem Vorbehalt gewährt hat, in jedem Jahr neu über das Ob und die Höhe der Sonderzahlung zu entscheiden. Aufgrund der gleichartigen, wiederholten Zahlungen durften der Kläger und seine Kollegen das Verhalten der Arbeitgeberin nach Treu und Glauben dahin verstehen, dass sich die Gemeinschuldnerin vertraglich zur jährlichen Zahlung einer Sonderzuwendung im Dezember verpflichten wollte.

Die von dem Beklagten zu 1) während des Berufungsverfahrens durch eine Anhörung vor dem Insolvenzgericht eingeholten Auskünfte stützen das gefundene Ergebnis. So hat der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin J. C. angegeben, dass die vorgefundenen Strukturen anlässlich der Übernahme des Unternehmens Anfang 1990 nicht verändert, sondern fortgeführt worden seien. Daraus kann geschlossen werden, dass die Gemeinschuldnerin willentlich trotz des erfolgten Verbandsaustrittes den im Streit stehenden Tarifvertrag weiterhin anwenden wollte und angewandt hat.

Bestätigt wird dies durch die Aussage des ehemaligen Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin A., der bekundete, dass der Geschäftsführer C. gleich nach der Übernahme erklärt hat, es würde alles so weitergehen. Ob die erfolgten Sonderzahlungen unter irgendeinem Vorbehalt geleistet wurden, wusste er nicht.

Es bestand auch, wie dargelegt, keine andere kollektiv- oder individualrechtliche Grundlage für die Leistungsgewährung durch die Gemeinschuldnerin. Anhaltspunkte dafür, dass die Gemeinschuldnerin irrtümlich von einer Leistungsverpflichtung ausgegangen ist, sind unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen ebenfalls nicht ersichtlich.

1.4. Der so entstandene Anspruch auf eine Sonderzahlung ist nicht durch eine abändernde betriebliche Übung erloschen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann ein Anspruch auf Gratifikationszahlung aus betrieblicher Übung durch eine geänderte betriebliche Übung beendet werden, wenn der Arbeitgeber beispielsweise erklärt, die jährliche Zahlung der Gratifikation sei eine "freiwillige, jederzeit widerrufliche Leistung, auf die - auch zukünftig - kein Rechtsanspruch besteht", und die Arbeitnehmer der neuen Handhabung über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg nicht widersprechen (BAG vom 24.11.2004, 10 AZR 202/04, AP Nr. 70 zu § 242 BGB Betriebliche Übung). Dies beruht darauf, dass der Arbeitgeber das Schweigen des Arbeitnehmers auf die geänderte betriebliche Übung nach Treu und Glauben und nach der Verkehrssitte als Akzeptierung der geänderten betrieblichen Übung ansehen kann, weil er annehmen darf, dass der Arbeitnehmer der Änderung widersprechen würde, wenn er mit dieser nicht einverstanden sein sollte (BAG vom 04.05.1999, 10 AZR 290/98, AP Nr. 55 zu § 242 BGB Betriebliche Übung).

Der Beklagte zu 1) durfte vorliegend das Verhalten des Klägers und seiner Kollegen jedoch nicht dahin verstehen, dass diese mit einer Änderung der zum Inhalt des Arbeitsvertrages gewordenen betrieblichen Übung einverstanden waren mit der Folge, dass ihnen künftig kein verbindlicher Anspruch auf eine Sonderzahlung mehr zusteht.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass der Beklagte zu 1) den fehlenden Widerspruch der Arbeitnehmer gegen die gekürzten Sonderzahlungen nicht als stillschweigendes Einverständnis mit einer entsprechenden Vertragsänderung deuten durfte. Zu berücksichtigen ist nämlich, in welcher Situation sich das Unternehmen in dem Zeitpunkt der jeweiligen Zahlungen befand.

Der Beklagte zu 1) hat den Betrieb nach Eröffnung des Konkursverfahrens über viele Jahre hinweg fortgeführt mit dem Ziel einer sanierenden Betriebsveräußerung. Vor diesem Hintergrund sind auch die während des Laufes des Konkursverfahrens gewährten Sonderzahlungen zu betrachten. Der Beklagte zu 1) hat nach seinem eigenen Vortrag vorhandene liquide Mittel für notwendige Re- und Umstrukturierungen zur Aufrechterhaltung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit eingesetzt. Die Arbeitnehmer sollten einen Sanierungsanteil dadurch tragen, dass ihnen die jährlichen Sonderzahlungen nicht mehr wie im bisherigen Umfange gewährt wurden. Hieraus durfte der Beklagte zu 1) jedoch nicht schließen, dass der Kläger und die übrigen betroffenen Arbeitnehmer auch für die Zukunft auf den ihnen zustehenden Anspruch auf eine Jahressonderzahlung verzichten wollten.

Das Schweigen zu einer nachteiligen Veränderung des Arbeitsvertrages kann nämlich nur unter engen Voraussetzungen als Zustimmung gewertet werden. Erforderlich ist, dass sich die angetragenen Veränderungen unmittelbar auf das Arbeitsverhältnis auswirken und der Arbeitnehmer in Kenntnis dieser Auswirkungen weiterarbeitet, obwohl nach der Verkehrssitte unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ein ausdrücklicher Widerspruch zu erwarten gewesen wäre (BAG vom 24.11.2004, 10 AZR 202/04, AP Nr. 70 zu § 142 BGB Betriebliche Übung).

Ein derartiger Widerspruch war jedoch vorliegend angesichts der wirtschaftlichen Situation des Betriebes gerade nicht zu erwarten. Auch und gerade die Arbeitnehmer hatten ein erhebliches Interesse daran, dass der Betrieb fortgeführt und sanierend übertragen werden kann. Es ist deshalb verständlich und objektiv nachvollziehbar, dass sie sich in den einzelnen Jahren nicht dagegen gewandt haben, dass der Beklagte zu 1) den im Streit stehenden Anspruch auf Jahressonderzahlung nicht oder nicht in vollem Umfange erfüllt hat. Aus diesem Stillhalten und Schweigen durfte der Beklagte zu 1) objektiv unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles jedoch nicht schließen, dass sich die Arbeitnehmer mit einer Änderung des Inhaltes des Arbeitsvertrages auf Dauer einverstanden erklärt haben. Ihr Einverständnis kann vielmehr nur auf das jeweilige Jahr der Sonderzahlung bezogen werden. Eine abändernde Betriebsübung, die zu einem Wegfall des Anspruchs auf eine Sonderzahlung führt, ist deshalb nicht entstanden.

1.5. Der Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Jahressonderzahlung für das Jahr 2005 ist nicht erloschen durch die Vereinbarung, die dieser mit der Betriebsübernehmerin, der früheren Beklagten zu 3), getroffen hat.

In diesem Vertrag hat sich der Kläger mit seiner neuen Arbeitgeberin über die ihm für die Zeit nach dem 20.02.2006 zustehenden Ansprüche auf eine Sonderzahlung geeinigt. Eine Erfüllung der vorliegend im Streit stehenden Ansprüche auf Jahressonderzahlung 2005 kann dieser Vereinbarung nicht entnommen werden. Denn die dort geregelten Zahlungen betreffen ausdrücklich nur Ansprüche für die Zeit nach dem Betriebsübergang.

Dem steht die unter c) getroffene Rückzahlungsvereinbarung nicht entgegen. Zwar macht es für die Kammer wenig Sinn, dass der Kläger sich mit einer Rückzahlung einverstanden erklärt hat für den Fall, dass in dem vorliegenden Rechtsstreit ein Anspruch auf Weihnachts- und Urlaubsgeld aus den vor dem Betriebsübergang geltenden Regelungen auch für die Zeit nach dem Betriebsübergang hergeleitet werden kann, da insoweit durch diesen Änderungsantrag ja gerade eine abändernde Vereinbarung für diese Zeit getroffen wurde. Faktisch bedeutet diese Regelung, über deren Wirksamkeit die erkennende Kammer nicht zu befinden hat, somit, dass letztlich eine Zahlungsverpflichtung des Beklagten zu 1) der Betriebsübernehmerin zugute kommen soll.

Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass diese Zahlung in Höhe von 0,4 eines individuellen Bruttomonatsentgeltes im Dezember 2006 tatsächlich eine Zahlung auf die vorliegend im Streit stehende Sonderzahlung für das Jahr 2005 sein soll. Der Kläger hat mit der Betriebsübernehmerin eine ausdrückliche anderweitige Leistungsbestimmung getroffen, indem vereinbart wurde, dass die Zahlung "im Rahmen der betrieblichen Angleichung von Arbeitszeiten, die Einführung einheitlicher Beurteilungsgrundsätze und Zuschläge" zur "Harmonisierung der Verträge mit Wirkung ab 20.02.2006" erfolgt. An diese Leistungsbestimmung ist die erkennende Kammer gebunden.

Ein unwirksamer Vertrag zulasten des Beklagten zu 1) kann hierin nicht gesehen werden, da der Beklagte zu 1) nach seinem eigenen Vortrag gegenüber der Betriebserwerberin im Innenverhältnis die vollständige Ausgleichspflicht übernommen hat. Er muss deshalb auch nicht befürchten, doppelt bezahlen zu müssen.

Der gegen den Beklagten zu 1) bestehende Anspruch ist auch nicht durch einen Verzicht des Klägers gegenüber der Betriebsübernehmerin erloschen.

§ 613 a Abs. 2 BGB regelt die Haftung des Betriebsveräußerers im Außenverhältnis gegenüber den übernommenen Arbeitnehmern. Nach dieser zwingenden gesetzlichen Regelung haften der Betriebsveräußerer und der Betriebserwerber als Gesamtschuldner für die Erfüllung von Ansprüchen, die vor dem Betriebsübergang entstanden sind und fällig waren. Dieser gesetzliche Schuldbeitritt dient dazu, die Forderungen des Arbeitnehmers gegen den Betriebsübernehmer abzusichern, worauf der Beklagte zu 1) zu Recht hingewiesen hat.

Dieser gesetzliche Schuldbeitritt ist jedoch nicht entsprechend den akzessorischen Sicherungsrechten zu behandeln und führt nicht zu einer Beschränkung der Haftung des Betriebsveräußerers entsprechend § 767 Abs. 1 BGB. Denn der Gesetzgeber hat in § 613 a Abs. 2 BGB weder festgelegt, dass für die Verpflichtung des Veräußerers der Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend ist, noch dass der Veräußerer lediglich nachrangig haftet. Das Gesetz nimmt gerade nicht Bezug auf die akzessorischen Sicherungsrechte eines Bürgen, sondern ordnet ausdrücklich eine Haftung des bisherigen Arbeitgebers neben dem neuen Inhaber "als Gesamtschuldner" an. Es wurde somit eine spezielle Regelung dahingehend getroffen, dass sich die Rechtsfolgen des Schuldbeitritts nach den §§ 421 ff BGB und nicht nach den §§ 765 ff. BGB richten. Hiervon geht auch die arbeitsrechtliche Rechtsprechung und Literatur übereinstimmend aus (vgl. statt vieler: Preis, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 8. Auflage 2008, Rn 136-138; Müller-Glöge, Münchener Kommentar zum BGB, 4. Auflage 2005, Rn 159-175; Staudinger-Annuß, 2005, § 613a BGB Rn 301-304 jeweils mit weiteren Nachweisen).

Die gleichrangige Haftung des Veräußerers neben dem Erwerber entspricht auch Sinn und Zweck des § 613 a Abs. 2 BGB. Nach der Regelung des § 613 a Abs. 1 BGB besteht für die übernommenen Arbeitnehmer die Gefahr, dass bereits entstandene Ansprüche von dem neuen Betriebsinhaber nicht erfüllt werden können, weil dieser beispielsweise nicht über dieselbe finanzielle Leistungsfähigkeit verfügt wie der bisherige Inhaber. Zu ihrer Sicherheit wird eine Weiterhaftung des bisherigen Arbeitgebers angeordnet.

Die Haftung des Veräußerers besteht in vollem Umfang nur für Forderungen, die vor dem Betriebsübergang entstanden sind und fällig waren. Für später fällig werdende Forderungen haftet der Betriebsveräußerer nur anteilig für den Teil, der noch seiner Stellung als Betriebsinhaber entspricht. Seine Haftung ist somit auf Ansprüche beschränkt, für die er bereits eine Gegenleistung von dem Arbeitnehmer erhalten hat. Dies rechtfertigt die Annahme einer gleichberechtigten Haftung von Betriebsveräußerer und Betriebserwerber im Außenverhältnis gegenüber den übernommenen Arbeitnehmern. Es hätte schon einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedurft, wenn lediglich eine nachrangige akzessorische Haftung des Veräußerers gewollt wäre, für die die §§ 421 ff. BGB nicht gelten sollen.

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 12.12.1989 (3 AZR 540/88, AP Nr. 11 zu § 9 BetrAVG) steht entgegen der von dem Beklagten zu 1) vertretenen Auffassung dem vorliegend gefundenen Ergebnis nicht entgegen. Diese Entscheidung betraf den Fall eines vereinbarten Schuldbeitritts. Die dortige Klägerin sollte einen zusätzlichen, für eventuelle Ausfälle haftenden weiteren Schuldner für ihre Rentenansprüche haben. Das Bundesarbeitsgericht ging davon aus, dass für alle akzessorischen Sicherungsrechten, die nur der Verstärkung einer Forderung dienen, insbesondere beim Schuldbeitritt, eine analoge Anwendung von § 401 BGB geboten ist.

Eine derartige Konstellation liegt hier nicht vor, die Interessenlage ist auch nicht, wie dargelegt, vergleichbar. Die Haftung des Betriebsveräußerers ist in § 613 a BGB gerade nicht als akzessorisches Sicherungsrecht, das einer Verstärkung einer Forderung dienen soll, ausgestaltet worden. Vielmehr wurde eine gesamtschuldnerische Haftung angeordnet.

Im Verhältnis der Parteien des vorliegenden Rechtsstreits zueinander bedeutet dies, dass der Kläger berechtigt ist, die im Streit stehende Forderung gemäß § 421 BGB nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil zu fordern. Nach § 422 Abs. 1 BGB wirkt die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner auch für die übrigen Schuldner, weshalb die doppelte Inanspruchnahme des Beklagten zu 1) entgegen der von ihm vertretenen Auffassung ausgeschlossen ist. Ein vereinbarter Erlass wirkt demgegenüber gemäß § 423 BGB nur dann für die übrigen Schuldner, wenn die Vertragsschließenden das ganze Schuldverhältnis aufheben wollten.

Hiervon kann vorliegend im Hinblick auf den von dem Kläger mit dem Betriebserwerber getroffenen Änderungsvertrag nicht ausgegangen werden. Vielmehr ergibt eine Auslegung dieses Vertrages, dass dieser lediglich Einzelwirkung und keine Gesamtwirkung haben soll. Dies folgt zwingend aus Ziffer 4 Satz 2 der Vereinbarung, in der ausdrücklich vereinbart wurde, dass die Klage gegen den Beklagten zu 1) aufrechterhalten bleiben kann und insoweit eine Auseinandersetzung der Gesamtschuldparteien im Innenverhältnis zu erfolgen hat.

Diese Regelung ist nicht als belastende Drittwirkungsregelung nichtig. Ihre Zulässigkeit folgt vielmehr ausdrücklich aus § 423 BGB. Aus der gesetzlichen Regelung, dass ein zwischen dem Gläubiger und einem Gesamtschuldner vereinbarter Erlass auch für die übrigen Schuldner wirkt, wenn die Vertragsschließenden das ganze Schuldverhältnis aufheben wollten, folgt, dass der Erlass gegenüber nur einem von mehreren Gesamtschuldnern möglich ist und nicht zwingend auch gegenüber dem anderen Gesamtschuldner wirkt.

1.6. Der Anspruch des Klägers ist nicht verfallen. Auf die tarifvertraglichen oder arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen kommt es bezüglich des Anspruchs auf eine Sonderzahlung für das Jahr 2005 nicht an, weil der Beklagte zu 1) unstreitig auf die Einhaltung der Ausschlussfristen verzichtet hat. Dies hat zur Folge, dass eine Berufung des Beklagten zu 1) auf die Ausschlussfrist wegen widersprüchlichen Verhaltens gemäß § 242 BGB treuwidrig und somit unwirksam wäre.

1.7. Dem Kläger steht somit für das Jahr 2005 ein Anspruch auf eine Jahressonderzahlung zu.

Die Berufung des Beklagten zu 1) war deshalb zurückzuweisen.

2. Die Berufung des Klägers ist unbegründet, soweit sie gegen den Beklagten zu 1) gerichtet ist.

2.1. Es besteht kein Anspruch auf eine Sonderzahlung für das Jahr 2005 über den zugesprochenen Anspruch hinaus.

Das Arbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass das Verhalten des Klägers widersprüchlich ist. In seiner eigenen Aufstellung vom 29.03.2006 (Bl. 151 d.A.) sieht der Kläger die von dem Beklagte zu 1) gezahlten 206,46 € brutto als Sonderzahlung an. Hieran muss er sich festhalten lassen. Ihm steht deshalb ein Anspruch auf eine Sonderzahlung für das Jahr 2005 lediglich in Höhe von 1.238,77 € brutto zu.

2.2. Die Ansprüche des Klägers auf Urlaubsgeld für die Jahre 2003 bis 2005 und auf eine Jahressonderzahlung für die Jahre 2003 und 2004 sind aufgrund der von den Parteien konkludent getroffenen Vereinbarung erloschen.

Wie unter 1.4. ausgeführt, kann aus dem Schweigen des Klägers und seiner Kollegen unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles objektiv nicht geschlossen werden, dass sich die Arbeitnehmer mit einer Änderung des Inhaltes des Arbeitsvertrages auf Dauer einverstanden erklärt haben. Ein Einverständnis kann jedoch bezogen auf das jeweilige Jahr der Sonderzahlungen angenommen werden.

Der Konkursverwalter hat gegenüber den Mitarbeitern eindeutig zu erkennen gegeben, dass er in der Zeit nach Eröffnung des Konkursverfahrens jedenfalls ab 1996 kein Urlaubsgeld und kein 13. Monatsentgelt nach den tariflichen Bestimmungen zahlen wollte. Vielmehr wollte er jeweils nur den mit dem Betriebsrat abgesprochenen Betrag zahlen. Zu einer höheren Zahlung sah er sich im Hinblick auf die wirtschaftliche Situation und die beabsichtigte Sanierung des Betriebes nicht in der Lage.

Dies gilt insbesondere auch für die Zeit ab 1999. Durch die mit dem Betriebsrat getroffene Vereinbarung vom 01.10.1999 und durch die Aushänge insbesondere vom 28.07.2003, 07.10.2003, 27.07.2004 und 10.03.2005 hat der Beklagte zu 1) gegenüber den Mitarbeitern eindeutig zu erkennen gegeben, für die jeweiligen Jahre lediglich eine Sonderzahlung in der dort angegebenen Höhe zahlen zu können und zu wollen. Darin ist objektiv ein Angebot an die Arbeitnehmer zu sehen, wegen der besonderen Situation des Betriebes auf die über die jeweils zugesagte Leistung hinausgehenden Ansprüche, egal auf welcher Rechtsgrundlage sie beruhen, für das jeweilige Jahr zu verzichten.

Durch die widerspruchslose Entgegennahme der von dem Beklagten zu 1) angebotenen Leistung bzw. durch die stillschweigende Hinnahme einer Nichtleistung haben der Kläger und seine Kollegen zu erkennen gegeben, dass sie dieses Angebot annehmen und für das jeweilige Jahr mit der reduzierten Gewährung von Sonderzahlungen einverstanden waren, etwa um einen Beitrag zur Sanierung des Betriebes zu leisten.

Irgendwelche konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeitnehmer das Verhalten des Beklagten zu 1) dahin verstehen konnten und durften, dass bezüglich des nicht ausgezahlten Teils eine Stundung vorliegt, sind nicht ersichtlich. Der Kläger hat nicht hinreichend konkret dargelegt, dass er den Beklagten zu 1) in den vergangenen Jahren darauf hingewiesen hat, dass seine Ansprüche und die seiner Kollegen noch bestehen und nach erfolgter Veräußerung zu erfüllen seien. Soweit der Beklagte zu 1) wiederholt erklärt hat, er würde das Geld zahlen, wenn er es hätte, folgt daraus nicht, dass eine vollständige Zahlung der im Streit stehenden Ansprüche zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen sollte. Vielmehr konnte die Erklärung des Beklagten zu 1) objektiv nur so verstanden werden, dass eine höhere Sonderzahlung für das jeweilige Jahr aufgrund der wirtschaftlichen Situation gerade nicht geleistet werden sollte und konnte. Dieses Angebot hat der Kläger dadurch angenommen, dass er die entsprechenden Zahlungen jeweils widerspruchslos entgegengenommen hat.

Ein über die erfolgten Zahlungen hinaus gehender Anspruch besteht somit nicht.

2.3. Ob diese Ansprüche zudem nach Ziffer 108 des Manteltarifvertrages für die Sägeindustrie und übrige Holzbearbeitung oder nach der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist verfallen sind, konnte dahin stehen bleiben.

3. Die Berufung des Klägers ist auch unbegründet, soweit er Zahlungsansprüche gegen den Beklagten zu 2) geltend macht. Die erkennende Kammer macht sich die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils unter III zueigen und nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug, § 69 Abs. 2 ArbGG.

Eine persönliche Haftung des Konkursverwalters besteht nach § 82 KO nur, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt hat, die ihm nach dem Gesetz obliegen, wobei er für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Konkursverwalters einzustehen hat (BGH vom 14.04.1987, IX ZR 260/06, NJW 1987, 3133-3135; BAG vom 25.01.2007, 6 AZR 559/06, AP Nr. 1 zu § 60 InsO). Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Konkursverwalter eine Masseverbindlichkeit begründet, bei deren Begründung er erkennen kann, dass die Masse voraussichtlich zur Erfüllung nicht ausreichen wird (BAG vom 01.06.2006, 6 AZR 59/06, AP Nr. 2 zu § 61 InsO). Die persönliche Haftung des Insolvenzverwalters beschränkt sich in einem derartigen Fall auf das so genannte negative Interesse.

Unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt kann ein Schadensersatzanspruch des Klägers vorliegend nicht festgestellt werden. Es kann bereits nicht davon ausgegangen werden, dass die Masse nicht zu Erfüllung der im Streit stehenden Sonderzahlungen ausreicht. Der Beklagte hat Masseunzulänglichkeit zu keinem Zeitpunkt eingewandt. Der Kläger hat keine konkreten Tatsachen vorgetragen, die den Schluss zulassen, dass die Masse zur Erfüllung der im Streit stehenden Forderungen nicht ausreicht.

Der Konkursverwalter haftet im Übrigen nur für die schuldhafte Verletzung konkursspezifischer Pflichten.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht bereits ausgeführt, dass in der Nichterfüllung der im Streit stehenden Ansprüche des Klägers auf Urlaubsgeld und Sonderzahlungen seit 1996 nicht die Verletzung einer konkursspezifischen Pflicht liegt. Denn die Verpflichtung zur Erfüllung der im Streit stehenden Ansprüche auf Sonderzahlungen aus betrieblicher Übung ergibt sich nicht aus der Konkursordnung, sondern unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag (vgl. hierzu BAG vom 01.06.2006, a.a.O., Randziffer 22).

Hinzu kommt, dass dem Beklagten unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen eine Pflichtverletzung gerade nicht vorgeworfen werden kann. Vielmehr hat er für den Kläger und die übrigen Arbeitnehmer deutlich erkennbar in jedem Jahr zum Ausdruck gebracht, aufgrund der Konkurssituation zur Zahlung von Urlaubsgeld oder 13. Monatsentgelt nicht in der Lage zu sein. Dass diese Angaben objektiv falsch waren, behauptet der Kläger nicht. Der Kläger hat dann die jeweils angebotenen Zahlungen dadurch akzeptiert, dass er darüber hinausgehende Ansprüche nicht geltend gemacht hat.

Eine Pflichtverletzung des Beklagten kann entgegen der von dem Kläger vertretenen Auffassung auch nicht darin gesehen werden, dass er den Betrieb fortgeführt hat, obwohl er sich nicht zur Begleichung der geschuldeten Sonderzahlungen in der Lage sah. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Beklagte eine Fortführung des Betriebes und damit auch eine Weiterbeschäftigung des Klägers u. a. dadurch ermöglicht hat, dass er den Arbeitnehmern jährlich eine Sonderzahlung angeboten hat, die geringer war als die vor Konkurseröffnung betriebsübliche Handhabung. Der Kläger und seine Kollegen waren nicht verpflichtet, sich damit einverstanden zu erklären. Sie hätten durchaus erfolgreich ihre Ansprüche in jedem Jahr geltend machen können.

Grundsätzlich ist der Konkursverwalter dazu verpflichtet, sämtliche ihm als Arbeitgeber obliegenden Pflichten zu erfüllen. Erfüllt er während seiner Amtstätigkeit diese Verbindlichkeiten schlecht, nicht rechtzeitig oder gar nicht, so stellen die sich daraus ergebenden Schadensersatzansprüche lediglich Masseverbindlichkeiten dar, für die die Masse haftet. Eine persönliche Haftung wird nur in den Fällen angenommen, in denen der Konkursverwalter in besonderem Maß ein persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat.

Dies ist vorliegend nicht der Fall. Es liegen nicht genügende Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beklagte Kenntnis von den Ansprüchen des Klägers aus betrieblicher Übung hatte und deshalb treuwidrig an den Arbeitnehmern vorbei abweichende Vereinbarungen mit dem Betriebsrat getroffen hat, um die Arbeitnehmer von der Geltendmachung ihrer Ansprüche abzuhalten. Auch die Einholung des Gutachtens zur Wirksamkeit der getroffenen Betriebsvereinbarungen kann nicht als eine Pflichtverletzung in diesem Sinne angesehen werden. Dieses Gutachten geht zwar insoweit von falschen Tatsachen aus, als es die Sonderzahlungen als freiwillige Leistungen bezeichnet. Dass dem Beklagten diese Unrichtigkeit allerdings positiv bekannt war, ist nicht nachgewiesen. Zudem ist dieses Gutachten erst nach einer entsprechenden Anregung des Betriebsrates in Auftrag gegeben worden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.

Entgegen der von dem Kläger vertretenen Auffassung ist die erstinstanzliche Kostenentscheidung nicht zu beanstanden, soweit berücksichtigt wurde, dass die Klage ursprünglich auch gegen die Beklagte zu 3) gerichtet war. Gerichtskosten fallen nach neuem Recht auch bei einer Klagerücknahme an. Die Kostenentscheidung zu Gunsten der Beklagten zu 3) wurde im Übrigen zutreffend beschränkt auf die erstattungsfähigen Kosten.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Gegen dieses Urteil ist deshalb ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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