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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschluss verkündet am 16.06.2008
Aktenzeichen: 9 TaBV 14/07
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 19
1) § 5 Abs. 3 BetrVG stellt dabei in keiner Stelle auf die persönliche Entwicklung eines Arbeitnehmers ab und seine Kenntnisse und Erfahrungen, die er aufgrund politischer oder anderer Aufgabenwahrnehmung erlangt hat. Ebenso wenig ist maßgeblich, wie der Arbeitgeber seine Betriebsratsmitglieder sieht ("auf gleicher Augenhöhe"). Für die betriebsverfassungsrechtliche Einordnung regelt § 5 Abs. 3 BetrVG, ergänzt durch die Hilfskriterien des Abs. 4, die Voraussetzungen für das Vorliegen eines leitenden Angestellten abschließend.

2) Zu den Voraussetzungen einer Wahlbeeinflussung nach § 20 BetrVG und Abgrenzung zu zulässiger Wahlwerbung

3) zu § 2 Abs. 5 WO: hinreichende Unterrichtung ausländischer Arbeitnehmer über die Wahlvorschriften

4) Die rein abstrakte und hypothetische Möglichkeit einer Verletzung einer Wahlvorschrift löst die Amtsermittlungspflicht des Gerichts nicht aus. Erforderlich ist, dass die Antragsteller in ihrem Antrag einen Sachverhalt darlegen, der möglicherweise die Ungültigkeit der durchgeführten Wahl begründen kann, der also nicht schon auf den ersten Blick erkennbar ganz unerheblich ist. Der Sachverhalt muss Anlass zur Ansicht geben können, es sei bei der Wahl gegen Vorschriften des Betriebsverfassungsrechts verstoßen worden.


LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS

9 TaBV 14/07

In dem Beschlussverfahren

hat die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen aufgrund der Anhörung am 16. Juni 2008 durch

die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Dr. Hartwig, den ehrenamtlicher Richter Herr Bär, den ehrenamtlicher Richter Herr Engel beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 7) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hannover vom 07.11.2006 - 7 BV 4/06 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Anfechtung der Betriebsratswahl im Werk A-Stadt der Beteiligten zu 10) am 29. und 30.03.2006. Das Wahlergebnis wurde durch den Wahlvorstand am 12.04.2006 bekannt gemacht.

Die Antragsteller und Beschwerdeführer sind im Werk A-Stadt der V. beschäftigte Arbeitnehmer. Von den Beteiligten zu 1) - 8) haben nur 7 Arbeitnehmer Beschwerde eingelegt. Der Beteiligte zu 9) ist der gewählte Betriebsrat der V. im Werk A-Stadt; die Beteiligte zu 10) ist die V. und Arbeitgeberin.

Der Vorsitzende des Betriebsrates der V. war - wie auch bereits in der vorangegangenen Wahlperiode - Herr G. L.. Er trat am 09. August 2007 von diesem Amt zurück. Seitdem ist Vorsitzender Herr S. . Herr L. war bereits im Zeitpunkt der Betriebsratwahl Landtagsabgeordneter. Er war langjährig freigestelltes Betriebsratsmitglied im Werk A-Stadt.

Im Vorfeld des Wahlanfechtungsverfahrens stritten u.a. die Beteiligten im Wege der einstweiligen Verfügung über das Bestehen des aktiven und passiven Wahlrechtes des ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden G. L.. Der Antrag wurde zurückgewiesen. Auf den Beschluss vom 07.03.2006 in dem Verfahren 7 BVGa 1/06 wird Bezug genommen.

Zur Wahl standen fünf Listen, nämlich die Liste der IG-Metall, die Liste der Christlichen Gewerkschaft, "Die Alternative Liste", die "Mister Brown?s Liste", und die Liste "Besser für alle - starke Opposition! - Oppositionsliste". 14.800 Arbeitnehmer waren wahlberechtigt, wovon 12.051 eine Stimme abgaben, von denen 11.751 gültig waren. Auf den Inhalt der Bekanntmachung der Betriebsratswahl 2006 vom 12.04.2006 wird verwiesen (Bl. 28 und 29 d. A.).

Am 20.02.2006 erfolgte durch den Wahlvorstand die Auslosung der Ordnungsnummern der Listen auf den Wahlzetteln. Die Auslosung erfolgte öffentlich. Es wurden in einen Karton fünf Umschläge mit den Namen der einzelnen Listen gelegt, der Karton geschüttelt und das Mitglied des Wahlvorstandes Herr E. entnahm nacheinander die Umschläge und nummerierte sie. Die Umschläge wurden dann von dem Vorsitzenden des Wahlvorstandes Herrn P. nacheinander geöffnet und der darin enthaltene Zettel vorgelesen. Die Liste der IG-Metall erhielt die Losnummer 1.

Am 11.03.2006 fand im Werk A-Stadt der Beteiligten zu 10) eine 50-Jahr-Feier statt, zu der alle Beschäftigten, ehemalige Arbeitnehmer sowie die Anwohner eingeladen waren (schätzungsweise 70.000 Personen). Dem Betriebsrat wurde ein Saal zu Verfügung gestellt, in dem sich dieser und die Ausschüsse des Betriebsrates präsentierten, wobei der Beteiligte zu 1), obwohl schon zum damaligen Zeitpunkt Betriebsratsmitglied, nicht anwesend war. Der IG-Metall war als im Betrieb vertretene Gewerkschaft die Erlaubnis gegeben worden, sich mit einem eigenen Stand mit externen Gewerkschaftssekretären zu präsentieren. Andere Gewerkschaften waren nicht mit einem eigenen Stand vertreten. Der Grund hierfür ist zwischen den Beteiligten streitig. Die zur Betriebsratswahl aufgestellten Listen hatten keinen eigenen Stand.

Am 21.03.2006 fand eine Betriebsversammlung statt, für deren Verlauf auf Seite 2 und 3 des arbeitsgerichtlichen Beschlusses vom 07.11.2006 verwiesen wird. Der Antragsteller zu 1) erhielt erst gegen Ende der Betriebsversammlung das Rederecht; er hatte seinen Redebeitrag relativ spät angemeldet.

Während der Durchführung der Wahl waren alle Wahlurnen mit einem Vorhängeschloss verschlossen. Den einzigen Schlüssel für alle Urnen besaß der Vorsitzende des Wahlvorstandes P.. Die Wahlurnen waren versiegelt. Unregelmäßigkeiten wurden nicht festgestellt. Da Stimmzettel nachgedruckt wurden, gab es Farbdifferenzen bei den Stimmzetteln.

Vertrauensleute der Gewerkschaft waren aufgrund einer Vereinbarung mit der V. für ihre gewerkschaftliche Tätigkeit von der Arbeit freigestellt.

Zur Wahl gab die IG-Metall die Betriebszeitung "Das Band" heraus. Es hat sich nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme ergeben, dass die Zeitschrift weder auf Kosten der V. gedruckt noch in den Räumen von V. redaktionsmäßig vorbereitet wurde. Der Druck der Zeitschrift erfolgte vielmehr auf Kosten der IG-Metall. Auch die Korrektur und das Layoutprogramm sind jedenfalls nicht mit Programmen des Arbeitgebers erfolgt. Allerdings haben einzelne Betriebsratsmitglieder auf dem Arbeitgeber gehörenden Computer Texte für "Das Band" geschrieben. Bei freigestellten Betriebsratmitgliedern kann der Arbeitgeber nicht kontrollieren, welche Texte diese schreiben.

Dem Betriebsrat - auch dem früheren Betriebsrat - steht ein Pkw für die Betriebsratstätigkeit zur Verfügung. Außerdem besteht das Angebot an alle Betriebsratsmitglieder für die Bereitstellung eines Dienst-Pkws, soweit sie bereit sind, die sog. "1%-Regelung" zu akzeptieren. Der Antragsteller zu 1) hat hiervon keinen Gebrauch gemacht, zahlreiche andere Betriebsratsmitglieder schon.

Wie im Beschwerdeverfahren erstmals vorgetragen, beantragte der Antragsteller zu 1) im Februar 2006 eine generelle Fotografiergenehmigung von der Beteiligten zu 10). Diese wurde von der Beteiligten zu 10) abgelehnt. Am 01.03.2006 erläuterte der Antragsteller zu 1) seine Fotografierabsichten, woraufhin am 06.03.2006 eine entsprechende Genehmigung erteilt wurde. Für den Schriftverkehr wird auf Bl. 208 und 209 d. A. verwiesen.

Von Mitgliedern der IG-Metall-Liste soll nach Darstellung der Antragsteller eine "Rufmordkampagne" ausgegangen sein. Jedenfalls hörte das Betriebsratsmitglied W. D., dass die Worte "die kennen wir zum Teil aus dem Personalausschuss", gefallen sind. Die Äußerung erfolgte anlässlich der Inaugenscheinnahme eines Plakates mit den Bildern der Kandidatinnen und Kandidaten der Oppositionsliste. In einem anderen Gespräch wies ein Mitarbeiter darauf hin, dass sich aus dem Wahlvorschlag der Liste 5 die Kündigung von zwei Wahlbewerber ergibt. Der Vermerk "innerhalb der Kündigungsfrist" und "außerhalb Kündigungsfrist" befand sich auf dem Wahlvorschlag der Liste Opposition selbst. Weitere Einzelheiten und Inhalte negativer Äußerungen über Kandidaten der Liste 5 sind zwischen den Beteiligten streitig.

Die Beteiligte zu 10) beschäftigt ausländische Arbeitnehmer. Sie stellt jährlich 192 Auszubildende über die Firma V. C. GmbH ein. Einstellungsvoraussetzung ist ein deutscher Hauptschulabschluss, ein deutschsprachiger Eignungstest und ein Sechs-Augen-Gespräch in deutscher Sprache. Die Abschlussprüfung der Auszubildenden erfolgt vor der Industrie- und Handelskammer in deutscher Sprache. Im gewerblichen Bereich stellt die Beteiligte zu 10) seit einigen Jahren nur noch Arbeitnehmer über die Zeitarbeitsfirma "W. AG" ein. Die "W. AG" hält keine Leiharbeitnehmer vor, sondern stellt sie erst bei Bedarf der Beteiligten zu 10) ein. Betriebsvereinbarungen werden lediglich in deutscher Sprache ausgehangen. Qualifizierungs- und Fortbildungsmaßnahmen werden in deutscher Sprache durchgeführt, Informationen des Arbeitgebers werden lediglich in deutscher Sprache ausgegeben. Dasselbe gilt für diverse Arbeitsanweisungen, wie sie als Anlage 3 bis 9 zum Schriftsatz vom 2011.2007 vorgelegt sind.

Die Antragsteller haben mit ihrer am 26.04.2006 beim Arbeitsgericht Hannover eingegangenen Anfechtungsschrift die Auffassung vertreten, die Betriebsratswahl sei unwirksam, weil der frühere Betriebsratsvorsitzende G. L. lange Zeit vor der Erstellung der Liste der Wahlbewerber freier Dienstnehmer gewesen sei. Er sei als freigestellter Betriebsratsvorsitzender nicht in die betrieblichen Vorgaben eingegliedert. Er sei daher nicht Arbeitnehmer, außerdem sei er hilfsweise als leitender Angestellter zu betrachten. Er nehme als Betriebsratvorsitzender und aufgrund seiner Fortbildung und herausgehobenen Persönlichkeit unternehmerische Aufgaben wahr. Das folge letztendlich auch aus seinem Landtagsmandat. Er habe wegen der Beteiligung des Landes Niedersachsens an V. maßgeblichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen und sei daher leitender Angestellter i. S. d. § 5 Abs. 3 bis 4 BetrVG. Er agiere mit dem Vorstand "auf einer Augenhöhe".

Hinzu komme, dass die Auslosung der Ordnungsnummern der Listen fehlerhaft gewesen sei, da die Briefumschläge bereits unauffällige, von Weitem nicht sichtbare Markierungen enthalten hätten. Darüber hinaus haben die Antragsteller die Auffassung vertreten, dass aus verschiedenen Gesichtspunkten eine unzulässige Wahlbeeinflussung vorgelegen habe: Zunächst habe die Beteiligte zu 10) die gewerkschaftlichen Vertrauensleute freigestellt, was ihnen die Möglichkeit unzulässiger Wahlhilfe erst eröffnet habe. Anlässlich der 50-Jahres-Feier sei der CGM ein eigener Stand nicht gestattet worden. Man habe gehört, dass Frau H. von der CGM einen solchen beantragt habe. Im Rahmen der Herstellung der Zeitschrift der IG-Metall " Das Band" sei eine unzulässige Wahlbeeinflussung durch die Ermöglichung der Textschreibung durch Betriebsratsmitglieder auf werkseigenen PCs erfolgt. Schließlich habe es eine Rufmordkampagne gegenüber der Oppositionsliste gegeben. Zusätzlich zu den Worten, es handele sich bei den Mitgliedern der Oppositionsliste um "Kriminelle" und diese seien sämtlichst gekündigt, seien auch die Worte gefallen, sie seien Alkoholiker, sie würden in U-Haft sitzen und über den Beteiligten zu 1) habe man geäußert, dass dieser lediglich von 10:00 Uhr bis 15:00 Uhr arbeite. Die Verunglimpfungen seien gezielt gestreut worden. Die Unterstützung der Beteiligten zu 10) läge darin, dass die Vertrauensleute der IG-Metall freigestellt worden seien.

Die Antragsteller und Beteiligten 1) bis 8) haben beantragt,

die Betriebsratswahl vom 29. und 30.03.2006 für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegner und Beteiligte zu 9) sowie die Beteiligte zu 10) haben beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Beide wenden sich zunächst gegen die Rechtsauffassung der Antragsteller, Herr G. L. sei im Zeitpunkt der Betriebsratswahl leitender Angestellter gewesen. Weder aus seiner Stellung als Landtagsabgeordneter noch als langjähriger Betriebsratsvorsitzender könne dies geschlossen werden. Die Beteiligte zu 9) hat hierzu zunächst auf den Beschluss des Arbeitsgerichts Hannover vom 07.03.2006 - 7 BVGa 1/06 - verwiesen. Dass Herr L. neben seiner Funktion als Betriebsratsvorsitzender auch Abgeordneter des niedersächsischen Landtags sein könne, habe seine Ursache in der niedersächsischen Verfassung. Leitender Angestellter könne er auch deswegen nicht sein, weil ihm von der Unternehmensleitung keine Position im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG übertragen worden sei. Die Wahrnehmung seiner Aufgaben folge allein aus der Wahrnehmung der Mitwirkungs- und Mitbestimmungsaufgaben. Die Beteiligte zu 10) hat dieses Vorbringen ergänzt und unter anderem darauf hingewiesen, dass es auf die Höhe der Bezüge von Herrn L. nicht ankomme, die im Übrigen in der Regel bei leitenden Angestellten in Höhe von 195.000,00 € brutto jährlich gezahlt würden. Eine Wahlbeeinflussung habe nicht stattgefunden. Die Beteiligte zu 10) habe zu Recht lediglich der IG-Metall als im Betrieb vertretener Gewerkschaft einen Stand anlässlich der 50-Jahr-Feier genehmigt. Die CGM hätte einen solchen ebenfalls als im Betrieb vertretene Gewerkschaft erhalten. Ein Antrag habe jedoch nicht vorgelegen.

Bei der 50-Jahr-Feier habe der Beteiligte zu 1 schließlich als Betriebsratsmitglied ebenfalls die Möglichkeit gehabt, sich an einem Stand zu präsentieren. Er war jedoch nicht vertreten. Im Übrigen sei es eine zulässige Entscheidung, wenn nur Gewerkschaften und dem Betriebsrat ein Stand zugebilligt würde, nicht jedoch den einzelnen Listen. Anlässlich der Betriebsversammlung vom 21.03.2006 sei der Antragsteller zu 1) in der Reihenfolge als Redner berücksichtigt worden, wie er sich angemeldet habe. Er habe seinen Zettel zuletzt abgegeben. Die unterschiedliche Stimmzettelfarbe habe sich dadurch ergeben, dass vorsorglich mehr Stimmzettel bereitgelegt worden seien, als benötigt wurden. Die Wahlurnen seien sämtlichst ordnungsgemäß verschlossen und versiegelt gewesen. Irgendwelche Auffälligkeiten hätten sich nicht ergeben. Die Freistellung der Vertrauensleute der Gewerkschaft sei ein normaler betrieblicher Vorgang. Das Losverfahren hinsichtlich der Listenreihenfolge sei nicht zu beanstanden. Die Beteiligte zu 9) hat dazu vorgetragen, dass für das Losverfahren blickfeste Umschläge (in schwarz) verwendet worden seien. Das Mischen und Ziehen der Umschläge habe auf einem von drei Tischen stattgefunden, hinter dem der Wahlvorstand saß. Alle Tische seien höhengleich gewesen. Der stellvertretende Wahlvorstandsvorsitzende R. E. habe die Umschläge aus dem Karton genommen, sie einzeln nacheinander auf den Tisch gelegt und von 1 bis 5 nummeriert. Die Beteiligte zu 10) schildert den Wahlvorgang in gleicher Weise. Sie hat darauf verwiesen, dass im Übrigen ein Verstoß gegen das Losverfahren nicht kausal für den Ausgang der Betriebsratswahl sei.

Hinsichtlich der von den Antragstellern behaupteten "Rufmordkampagne" hat insbesondere die Beteiligte zu 9) darauf verwiesen, dass lediglich die Äußerungen, wonach zwei Wahlbewerber bereits gekündigt seien, zutreffend sei. Der Bereichsvertrauensmann H. J. J. habe lediglich geäußert, dass sich aus der veröffentlichten Liste der Wahlvorschläge ergebe, dass zwei Kandidaten der Oppositionsliste bereits gekündigt seien. Unzutreffend sei, dass Herr L. gesagt habe, die Kandidaten der Oppositionsliste seien alle Kriminelle. Die Beteiligte zu 10) weist darauf hin, dass es sich um eine interne Sitzung gehandelt habe, sodass die Äußerung - die bestritten bleibt - nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen sei.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben über folgende Behauptungen:

a) zu der Frage, ob die Mitgliederzeitschrift der IG-Metall "Das Band", die vor der Wahl verteilt wurde, in den Räumen von V. redaktionsmäßig vorbereitet und außerdem von V. gedruckt worden ist, durch Vernehmung der Zeugen P. P. und Herrn H. S. (Beweisbeschluss vom 30.06.2006, Bl. 84 Rückseite d. A.),

b) die Behauptung der Antragsteller, der Beteiligte G. L. habe im Jahr 2005 ein Jahresgehalt einschließlich aller Sonderleistungen von über 195.000,00 € erhalten, durch Vernehmung von Herrn G. L. als Beteiligten (Beschluss vom 01.11.2006, Bl. 120, 128 d. A.),

c) die Behauptung der Antragsteller, bei der Auslosung der Ordnungsnummer der Wahlvorschläge seien die Briefumschläge gekennzeichnet gewesen und der Zeuge habe den Wahlvorschlag der IG-Metall bewusst als Nummer 1 gezogen, durch Vernehmung des Zeugen E. (Beschluss vom 13.10.2006, Bl. 120 d. A.).

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 30.06.2006 (Bl. 84 - 86 Rückseite) und vom 07.11.2006 (Bl. 131 - 133 Rückseite) verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat gemäß Beschluss vom 07.11.2006 den Antrag zurückgewiesen, da Wahlanfechtungsgründe nicht vorlägen. Das Arbeitsgericht hat ausgeführt, dass der Antrag zur Wahlanfechtung zulässig sei, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedoch nicht festgestellt werden könne, das gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden sei. Für den Inhalt des Beschlusses vom 07.11.2006 wird auf dessen Ziffer 2 Bezug genommen (Bl. 139 - 144 d. A.). Der Beschluss wurde den Antragstellern am 04.01.2007 zugestellt. Hiergegen haben diese am 02.02.2007 Beschwerde eingelegt. Beschwerdeführer sind nur noch der Beteiligte zu 1) und die ursprünglichen Beteiligten zu 3) bis 8). Die Beschwerdebegründung ist am 04.04.2007 eingegangen, nachdem die Beschwerdebegründungsfrist auf Antrag der Antragsteller vom 05.03.2007 durch Beschluss vom 06.03.2007 bis 04.04.2007 verlängert worden war.

Die Antragsteller wiederholen und vertiefen ihr Vorbringen zu der Auffassung, Herr G. L. sei leitender Angestellter und habe deshalb nicht gewählt werden dürfen. Insbesondere wird darauf verwiesen, dass das von der Beteiligten zu 10) angegebene Jahresgehalt in Höhe von 195.000,00 € brutto für leitende Angestellte nicht uneingeschränkt gelte. Es gebe leitende Angestellte, die ein geringeres Gehalt hätten. Im Übrigen sei die Höhe des Gehalts natürlich auch abhängig von der Arbeitszeit. Die Antragsteller vertreten darüber hinaus die Auffassung, dass die Beweisaufnahme hinsichtlich der Anhörung von G. L. fehlerhaft gewesen sei, da dieser nicht als Betriebsratsvorsitzender betroffen sei und daher als Zeuge habe gehört werden müssen. Was die Auslosung der Ordnungsnummern betreffe, sei die Aussage von Herrn E. nicht glaubhaft und der Zeuge nicht glaubwürdig. Im Übrigen seien weitere Zeugen zu vernehmen. Da die 50-Jahr-Feier der Beteiligten zu 10) in zeitlicher Nähe zur Betriebsratswahl stattgefunden habe, läge in der nicht zur Verfügungstellung von Ständen für die CGM und für die Oppositionsliste eine Wahlbeeinflussung. Die Präsentation durch den Betriebsrat sei nicht neutral gewesen. Auch an dem Vorbringen zu der von den Antragstellern behaupteten "Rufmordkampagne" werde festgehalten. Dasselbe gelte für die Möglichkeit, dass die Wahlurnen von Herrn P. geöffnet worden seien. Die Urnen seien während des gesamten Wahlganges verschlossen und versiegelt zu halten. Auch wenn die Beweisaufnahme ergeben habe, dass "Das Band" nicht auf Kosten des Arbeitgebers gedruckt worden sei, bliebe doch der Vorwurf, dass arbeitgeberseitig das Textschreiben auf den werkseigenen PCs geduldet worden sei. Das stelle einen Verstoß gegen das bestehende Verbot dar, Wahlwerbung auf Betriebsmitteln zu betreiben (Anl. 5). In diesem Zusammenhang weisen die Antragsteller auf den zeitlichen Ablauf bei der Erteilung der Fotografiergenehmigung für den Beteiligten zu 1) hin, weshalb er einen Nachteil erlitten habe. Außerdem sei ihm im Rahmen von Wahlwerbungsveranstaltungen kein Dienstwagen zur Verfügung gestellt worden, sondern allein den Betriebsratsmitgliedern, die der Liste der IG-Metall angehörten. Ebenfalls erstmals mit der Beschwerdebegründung machen die Antragsteller einen Verstoß gegen § 2 Abs. 5 Wahlordnung geltend, weil die ausländischen Arbeitnehmer durch den Wahlvorstand über die Wahlvorschriften nicht ausreichend unterrichtet worden seien. Die Wahl habe schließlich nur in deutscher Sprache stattgefunden. Sie verweisen auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgericht vom 13.10.2004 - 7 ABR 5/04 - und meinen, der dort zu entscheidende Sachverhalt sei mit den Verhältnissen bei V. vergleichbar. Es würden zahlreiche ungelernte Arbeitnehmer beschäftigt, die zwar Arbeitsanweisungen in deutscher Sprache erhielten. Das ließe aber nicht den Schluss darauf zu, dass sie den Text auch verstehen würden. Sie würden nicht nur schriftlich, sondern auch mündlich, zum Teil auch in ihrer Muttersprache eingewiesen. Im Schriftsatz vom 14.05.2008 schildern die Antragsteller für die verschiedenen Arbeitsbereiche die Arbeitsgänge für die ungelernten Mitarbeiter und verweisen darauf, dass hierzu schwierigere und umfangreichere Arbeitseinweisungen nicht erforderlich seien und daher ein Rückschluss auf das Verständnis der Wahlvorschriften nicht möglich sei. Darüber hinaus verweisen die Antragsteller beispielhaft darauf, dass in Personalgesprächen und bei anderen Anlässen durchaus ein Dolmetscher hinzugezogen werde. Das widerlege die Behauptung der Beteiligten zu 9) und 10), die Werkssprache sei deutsch.

Die Antragsteller und Beschwerdeführer beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Arbeitsgerichts Hannover 7 BV 4/06 vom 07.11.2006 die Betriebsratswahl vom 29. und 30.03.2006 für unwirksam zu erklären.

Der Beschwerdegegner und Beteiligte zu 9) sowie die Beteiligte zu 10) beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Auch sie wiederholen und vertiefen zunächst ihre Argumente gegen die einzelnen Wahlanfechtungsgründe. Hinsichtlich der Frage, ob Herr G. L. leitender Angestellter sei, verweist die Beteiligte zu 10) ergänzend auf § 37 Abs. 4 BetrVG. Auch aus dem Inhalt dieser Vorschrift könne nicht geschlossen werden, dass angesichts der beruflichen Entwicklung von Herrn L. eine Qualifizierung als leitender Angestellter vorzunehmen sei. Die Wahlurnen könnten natürlich während des eigentlichen Wahlvorganges nicht versiegelt sein. Die Beteiligte zu 10) verweist auf § 12 Abs. 5 Wahlordnung. Die Urnen seien immer von drei Mitgliedern des Wahlvorstandes bewacht gewesen. Eine Wahlbenachteiligung des Beteiligten zu 1) im Zusammenhang mit der Erteilung einer Fotografiererlaubnis läge ebenfalls nicht vor. Es gelte im Werk ein allgemeines Fotografierverbot. Nachdem der Antragsteller seinen zunächst allgemein gefassten Antrag am 01.03.2006 konkretisiert habe, habe er eine Genehmigung am 06.03.2006 erhalten. Von einer Verzögerung könne daher nicht die Rede sein. Auch der Antragsteller zu 1) habe das Angebot annehmen können, einen Dienstwagen bei gleichzeitiger Geltung der "1%-Regelung" zu erhalten. Davon habe er keinen Gebrauch gemacht. Dass auch der Antragsteller zu 1) im Rahmen der Wahlwerbung auf den Abteilungs-Pkw des Betriebsrates zurückgegriffen habe, folge aus den vorgelegten Nutzungslisten. Die Werkssprache sei deutsch. Dies werde bei der Einstellung von gewerblichen Arbeitnehmern über die W. AG hinreichend getestet, wie von der Beteiligten zu 10) im Einzelnen geschildert wird ( Ziffer 2 im Schriftsatz vom 20.11.2007). Das gelte auch für Arbeitnehmer im gewerblichen Bereich. Im Werk werde allein die deutsche Sprache verwendet. Allgemeine Informationen des Arbeitgebers erfolgten ausschließlich in deutsch. Dasselbe gelte für Arbeitsanweisungen, wie aus den für die einzelnen Abteilungen beispielhaft vorgelegten Arbeitsanweisungen in deutscher Sprache folge. Die einzelnen Arbeitnehmer hätten zu quittieren, dass sie diese gelesen und verstanden hätten. Der Wahlvorstand habe sein Ermessen daher richtig ausgeübt und die Wahlvorschriften zutreffend lediglich in deutscher Sprache bekannt gemacht. Der Wahlvorstand habe keinen Anlass gehabt, daran zu zweifeln, dass die Sprachkenntnisse der Mitarbeiter nicht ausreichen würden, diese zu verstehen.

II.

Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden und insgesamt zulässig (§§ 87 Abs. 1, Abs. 2 i.V.m 66 Abs. 1, § 89 Abs. 1 und 2 ArbGG). Dass der Beteiligte zu 2) A. B. nicht mehr Beschwerdeführer ist, ändert daran nichts, da die Mindestzahl der Antragsteller des § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG erreicht bleibt (vgl. Germelmann/Matthes, ArbGg, 5. aufl. § 89 Rn. 3).

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Auch aus dem Beschwerdevorbringen folgt nicht, dass gegen wesentliche Wahlvorschriften, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und das Wahlergebnis beeinflusst wurde.

1.

Wählbar sind nach §§ 7 Satz 1, 8 Abs. 1 Satz 1 BetrVG alle Arbeitnehmer, die sechs Monate dem Betrieb angehören. Herr L. war Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift im Zeitpunkt der Wahl und daher wählbar.

a.

Das ursprüngliche Vorbringen der Antragsteller, Herr L. sei als freigestelltes Betriebsratsmitglied und Betriebsratsvorsitzender gegenüber seinem Arbeitgeber weisungsfrei und daher freier Mitarbeiter, haben die Antragsteller schon in erster Instanz nicht weiter verfolgt und vertieft. Dazu bedarf es letztlich keiner näheren Ausführungen. Betriebsratmitglieder und der Betriebsratvorsitzende sind bei der Ausübung der Betriebsratstätigkeit nicht von Weisungen des Arbeitgebers abhängig. Soweit es um die Stellung der Betriebsratmitglieder als Arbeitnehmer im Betrieb geht, zum Beispiel im Zusammenhang mit Ordnungsfragen, bleibt diese Weisungsabhängigkeit bestehen. Sie sind Arbeitnehmer.

b.

Herr L. war im Zeitpunkt der Betriebsratswahl auch nicht leitender Angestellter. Wer leitender Angestellter im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes ist, ist in § 5 Abs. 3 und 4 BetrVG definiert. Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 findet das Betriebsverfassungsgesetz, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitende Angestellte wählen nicht den Betriebsrat, sondern den Sprecherausschuss. Bei der Erstellung der Wählerliste hat der Arbeitgeber den Wahlvorstand bei der Feststellung in § 5 Abs. 3 BetrVG genannten Personen zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Satz 2 Wahlordnung vom 11. Dezember 2001, in der Fassung vom 23.06.2004). Das Zuordnungsverfahren nach § 18 a BetrVG findet hingegen nur bei gleichzeitiger Wahl von Betriebsrat und Sprecherausschuss statt.

aa)

Eine Einordnung von Herrn L. als leitender Angestellter i. S. d. § 5 Abs. 3 Nr. 1 und 2 BetrVG kommt nicht in Betracht, weil dieser nicht zu selbstständigen Einstellungen und Entlassungen von im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt war und auch weder Generalvollmacht noch Prokura hatte.

bb)

Herr L. war aber auch nicht leitender Angestellter i. S. d. § 5 Abs. 3 Satz Nr. 3 BetrVG. Danach ist leitender Angestellter, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst. Verkürzt gesagt ist also Voraussetzung, dass jemand unternehmerische Leitungsaufgaben wahrnimmt und die entsprechenden Erfahrungen oder Kenntnisse dafür hat (vgl. Fitting, BetrVG, 24. Aufl. § 5 Rd. 157).

(1)

Die unternehmerischen Aufgaben müssen sich deutlich von den Aufgaben abheben, die anderen Angestellten übertragen werden und einen beachtlichen Teilbereich unternehmerischer Gesamtaufgaben umfassen. Erforderlich ist, dass der leitende Angestellte die Entscheidungen auch trifft (Fitting/Engels, BetrVG, 24. Aufl. § 5 Rd 356). Weder die Überwachung noch die Durchführung unternehmerischer Aufgaben führt dazu, dass ein Arbeitnehmer leitender Angestellter wird. Dabei kann leitender Angestellter auch sein, wer eine unternehmerische Leitungsaufgabe wahrnimmt, die dabei anfallenden Entscheidungen aber nicht selbst trifft, sondern sie maßgeblich beeinflusst (BAG vom 29.01.1980, 1 ABR 45/79, AP Nr. 22 zu § 5 BetrVG 1972). Ein solches Beeinflussen liegt dann vor, wenn der andere Teil an den vorbereiteten Vorschlägen letztendlich "nicht vorbei kommt". Gemessen an diesen Grundsätzen fehlt es schon daran, dass Herr L. unternehmerische Aufgaben wahrgenommen hat. Als Betriebsratsvorsitzender hat er die nach dem BetrVG gegebenen Gestaltungs- und Mitbestimmungsräume wahrzunehmen, jedoch nicht die unternehmerischen Grundentscheidungen zu treffen. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass auch bei der Ausübung von Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten durchaus - quasi als "Nebenprodukt" - eine Mitgestaltung unternehmerischer Entscheidungen in Betracht kommt. Das sieht die Konzeption des BetrVG an zahlreichen Stellen vor (vgl. nur §§ 87, 106, 111 ff. BetrVG). Diese Möglichkeit der Einflussnahme von Herrn L. auf unternehmerische Entscheidungen ist nicht durch einen Arbeitsvertrag zwischen ihm und der Beteiligten zu 10) begründet, sondern durch die gesetzlichen Mitwirkungs- und Mitbestimmungstatbestände des BetrVG. Im Übrigen geht diese Einflussnahme nicht von dem Vorsitzenden, sondern dem Betriebsrat als Gremium aus, wie aus §§ 26 Abs. 2, 33 Abs. 1 BetrVG folgt.

(2)

Die Übertragung unternehmerischer Befugnisse müsste auch "nach dem Arbeitsvertrag" erfolgt sei. Dabei müssen die tatsächlichen Verhältnisse mit den arbeitsvertraglichen Grundlagen übereinstimmen (BAG vom 11.03.1982, 6 AZR 136/79, AP Nr. 28 zu § 5 BetrVG 1972). Eine solche Übertragung unternehmerischer Aufgaben nach dem Arbeitsvertrag lag im Zeitpunkt der Betriebsratswahl nicht vor. Nichts anderes ergibt sich auch aus § 37 Abs. 4, Abs. 5 BetrVG. Danach dürfen Mitglieder des Betriebsrates einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nur mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die den Tätigkeiten in Abs. 4 genannten Arbeitnehmern gleichwertig sind. § 37 Abs. 4 BetrVG nennt als Vergleichsmaßstab vergleichbare Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Für freigestellte Betriebsratsmitglieder hat diese Vorschrift erst Bedeutung, wenn sie nach Beendigung der Freistellung wieder eine berufliche Tätigkeit aufnehmen. Hier ist dem Betriebsratsmitglied innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Freistellung Gelegenheit zu geben, eine wegen der Freistellung unterbliebene betriebsübliche berufliche Entwicklung nachzuholen. Für Mitglieder des Betriebsrates, die drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt waren, erhöht sich der Zeitraum auf zwei Jahre (§ 38 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BetrVG). Maßgeblich sind jedoch die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Wahl. Auf welche Tätigkeit Herr L. nach Ende seiner Freistellung gem. §§ 37 Abs. 5 , 38 Abs. 3 BetrVG einen Anspruch gehabt hätte, ist nicht entscheidend. Herr L. war im Zeitpunkt der Wahl nicht leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 BetrVG.

(3)

§ 5 Abs. 4 BetrVG enthält weitere Kriterien, die im Zweifelsfall den Rückschluss auf einen leitenden Angestellten zulassen, darunter ist in Ziffer 3 auf das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt abgestellt, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist. Da bereits die Kriterien des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG nicht zu Zweifeln führen, ob Herr L. leitender Angestellter war oder nicht, sondern diese Frage im Hinblick auf die genannten Tatbestandsmerkmale zu verneinen ist, kam es auf die Höhe des Gehaltes nicht weiter an. Daher ist auch unerheblich, dass nach Auffassung der Antragsteller Herr L. als Zeuge zu hören gewesen wäre, oder die Grundsätze für das regelmäßige Jahresentgelt leitender Angestellter der Beteiligten zu 10) hinreichend aufgeklärt waren.

§ 5 Abs. 3 BetrVG stellt dabei in keiner Stelle auf die persönliche Entwicklung eines Arbeitnehmers ab und seine Kenntnisse und Erfahrungen, die er aufgrund politischer oder anderer Aufgabenwahrnehmung erlangt hat. Ebenso wenig ist maßgeblich, wie der Arbeitgeber seine Betriebsratsmitglieder sieht ("auf gleicher Augenhöhe"). Für die betriebsverfassungsrechtliche Einordnung regelt § 5 Abs. 3 BetrVG, ergänzt durch die Hilfskriterien des Abs. 4, die Voraussetzungen für das Vorliegen eines leitenden Angestellten abschließend.

Dass Herr L. auch Landtagsabgeordneter oder Aufsichtsratsmitglied war, ändert an dieser Beurteilung nichts. Dies sind keine Aufgaben, die ihm nach dem Arbeitsvertrag übertragen sind.

2.

Ein Verstoß gegen § 12 Abs. 1 Satz 2 Wahlordnung (WO) liegt ebenfalls nicht vor. Nach dieser Vorschrift muss die Wahlurne vom Wahlvorstand verschlossen und so eingerichtet sein, dass die eingeworfenen Wahlumschläge nicht herausgenommen werden können, ohne dass die Urne geöffnet wird. Ergänzt wird diese Vorschrift durch § 12 Abs. 5 WO, wonach nach Abschluss der Stimmabgabe die Wahlurne zu versiegeln ist, wenn die Stimmzählung nicht unmittelbar nach der Beendigung der Wahl durchgeführt wird oder wenn die Stimmabgabe an mehreren Tagen erfolgt. Die Wahlurnen waren durch Schlösser verschlossen, wobei den einzigen Schlüssel der Wahlvorstand Herr P. hatte. Naturgemäß waren die Urnen nicht ständig zu versiegeln - ansonsten wäre ja der Einwurf der Wahlumschläge nicht möglich gewesen -, sondern nur bei Unterbrechung der Wahl. Verstöße gegen diese Vorschriften sind nicht feststellbar. Der Hinweis der Antragsteller darauf, dass die Möglichkeit bestand, dass Herr P. den Schlüssel zur Öffnung der Wahlurnen benutze und dies in einem unbeobachteten Moment auch getan habe, ist eine rein abstrakte und hypothetische Möglichkeit, die keinen Anlass für weitere Aufklärung dieses Sachverhalts bot. Zwar weisen die Antragsteller zu Recht auf die im Beschlussverfahren bestehende Amtsermittlungspflicht hin. Dazu ist jedoch erforderlich, dass die Antragsteller in ihrem Antrag einen Sachverhalt darlegen, der möglicherweise die Ungültigkeit der durchgeführten Wahl begründen kann, der also nicht schon auf den ersten Blick erkennbar ganz unerheblich ist. Der Sachverhalt muss Anlass zur Ansicht geben können, es sei bei der Wahl gegen Vorschriften des Betriebsverfassungsrechts verstoßen worden. In diesen Fällen ist das Gericht dann angehalten, von Amts wegen allen für eine Wahlanfechtung in Betracht kommenden Wahlverstößen nachzugehen, die sich aus dem Vortrag der Beteiligten ergeben (BAG vom 04.12.1986 - 6 ABR 48/85 - AP Nr. 13 zu § 19 BetrVG 1972 = EZA, § 19 BetrVG 1972 Nr. 24 II. 4. c der Entscheidungsgründe = Rd Nr. 32 m.w.N.). Es muss also "Anlass" zur Ansicht bestehen, es könnte gegen Wahlvorschriften verstoßen worden sein. Davon konnte die Kammer aufgrund des rein hypothetischen Vorwurfs der Antragsteller nicht ausgehen. Unstreitig gab es keine Unregelmäßigkeiten oder Auffälligkeiten an den Urnen, den Schlössern oder der Versiegelung. Irgendwelche Beobachtungen eines heimlichen Verhaltens haben nicht stattgefunden. Das entsprechende Vorbringen der Antragsteller ist daher nicht geeignet, die Kammer zu weiteren Aufklärungen eines Verstoßes gegen § 12 Abs. 1 Satz 2 der Wahlordnung anzunehmen. Würde das rein hypothetische Vorbringen der Antragsteller genügen, solche Aufklärungspflichten auszulösen, könnte theoretisch mit jeder abstrakten Möglichkeit eines Verstoßes gegen Wahlvorschriften eine Betriebsratswahl für anfechtbar erklärt werden. Diese Anforderungen stellt das Bundesarbeitsgericht ersichtlich nicht.

3.

Es liegt auch kein Verstoß gegen § 10 Abs. 1 Satz 1 der Wahlordnung vor. Danach ermittelt der Wahlvorstand durch das Los die Reihenfolge der Ordnungsnummern, die den eingereichten Vorschlagslisten zugeteilt werden (Liste 1 u.s.w.). Die Listenvertreter sind nach Satz 2 der Vorschrift zu der Losentscheidung rechtzeitig einzuladen.

Bei diesen Vorschriften handelt es sich um Regelungen über das Wahlverfahren. Solche berechtigen die Anfechtbarkeit nur, wenn es für die Anwendung der Grundsätze des Gesetzes von wesentlicher - nicht nur förmlicher - Bedeutung ist. Es darf sich also nicht nur um eine reine Ordnungsvorschrift handeln. Weitere Voraussetzungen der Anfechtung der Wahl ist, dass der wesentliche Verstoß zu einem anderen Wahlergebnis geführt hat oder führen konnte, als es ohne den Verstoß zu verzeichnen gewesen wäre. Ausreichend ist, dass das Wahlergebnis ohne den Verstoß möglicherweise anders ausgefallen wäre. Dabei reicht allerdings nicht jede theoretisch denkbare Möglichkeit eines anderen Ergebnisses aus, vielmehr muss nach der allgemeinen Lebenserfahrung und den konkreten Umständen des Falles die Möglichkeit eines anderen Ergebnisses nicht gänzlich unwahrscheinlich sein (BAG, 13.10.2004, 7 ABR 5/04, AP Nr. 1 zu § 2 Wahlordnung, BetrVG 1972, BAG, 25.05.2005, 7 ABR 39/04, AP Nr. 2 zu § 14 BetrVG 1972). Das ist bei einem Verstoß gegen § 10 Abs. 1 Satz 1 Wahlordnung zweifelhaft. Wenn die Reihenfolge der Listen ohnehin durch Los, also durch das Zufallsprinzip ermittelt werden, kann es letztendlich keinen Unterschied machen, ob die ermittelte Reihenfolge eingehalten wird oder nicht. Das heißt nicht, dass es zulässig ist, die Listenfolgen anders als durch Losverfahren zu bestimmen oder das Losverfahren gar zu beeinflussen. Eine andere Frage ist jedoch, ob ein Verstoß gegen diese Vorschrift zu einer Wahlanfechtung letztendlich berechtigen kann, weil nur schwer denkbar ist, dass die Listenreihenfolge das Ergebnis der Wahl beeinflusst (vgl. auch Schneider in DKK 11. Aufl. § 10 Wahlordnung Rd Nr. 4 und GK-Kreutz § 10 Wahlordnung Rd Nr. 4).

Es ergibt sich allerdings auch aus dem festgestellten Sachverhalt, dass ein Verstoß gegen § 10 Abs. 1 Wahlordnung letztendlich nicht vorliegt. Zu diesem Ergebnis ist das Arbeitsgericht nach durchgeführter Beweisaufnahme gekommen. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Beweiswürdigung liegen nicht vor. Soweit die Beschwerde ausführt, die Aussage des Zeugen E. sei nicht glaubhaft, ist dies nicht nachvollziehbar. Widersprüche in der Aussage wurden nicht aufgezeigt. Allein der Umstand, dass die Zeugenaussage weitgehend mit den schriftsätzlichen Ausführungen übereinstimmt, lässt keine begründeten Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen aufkommen. Die zu Protokoll genommene Zeugenaussage ist auch in sich schlüssig und nachvollziehbar. Der Angriff auf die Glaubwürdigkeit des Zeugen E. seitens der Antragsteller ist ebenfalls in dieser Pauschalität nicht nachvollziehbar. Das Arbeitsgericht hat den Zeugen für glaubwürdig befunden und dies in seinem Beschluss auch ausgeführt. Aus welchen Gründen Zweifel an der Glaubwürdigkeit aufkommen sollen und wie diese durch Einholung eines Sachverständigengutachtens aufgeklärt werden sollen, haben die Antragsteller nicht ausgeführt.

Soweit die Beschwerdeführer rügen, es seien weitere Zeugen zu vernehmen gewesen, nämlich die auf Seite 9 im Schriftsatz vom 26.04.2006 (Bl. 23 d. A.) sowie Seite 2 im Schriftsatz vom 29.08.2006 nochmals benannte Frau H. (Bl. 109), ist nicht erkennbar, zu welchen weiteren Erkenntnissen diese Beweisaufnahme führen soll. Die Auslosung selbst hat nur Herr E. vorgenommen, der als Zeuge vernommen wurde. Die Beteiligten führen selbst aus, dass kleinere Markierungen an den Briefumschlägen über die Entfernung von anderen anwesenden Personen nicht hätten gesehen werden können. Die weitere Behauptung, dass Herr E. die Umschläge nicht einfach in eine Reihe geschoben habe, sondern aufwendig untereinander in eine bestimmte Reihenfolge sortiert habe, lässt auch keinen Schluss darauf zu, dass die Umschläge gerade in eine bestimmte Reihenfolge gebracht worden sein könnten, nämlich aufgrund von vormarkierten Umschlägen. Insofern waren weitere Zeugen zu diesem Sachverhaltskomplex auch nicht zu vernehmen.

Die Nummerierung ist jedenfalls erst nach der Sortierung erfolgt. So das Ergebnis der Beweisaufnahme. Damit käme es auch nicht darauf an, ob auf dem Tisch die Briefumschläge noch einmal hin- und hergeschoben wurden, solange sie nur unnummeriert waren. Hierzu könnte aber Frau H. keine Aussage tätigen.

4.

Die Betriebsratswahl ist auch nicht wegen Verstoßes gegen das Verbot der Wahlbeeinflussung und Wahlbehinderung nach § 20 Abs. 1 und 2 BetrVG anfechtbar.

a.

Nach § 20 Abs. 1 BetrVG darf niemand die Wahl des Betriebsrats behindern. Insbesondere darf kein Arbeitnehmer in der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts beschränkt werden. Nach § 20 Abs. 2 BetrVG darf niemand die Wahl des Betriebsrats durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen beeinflussen.

Es handelt sich hierbei um wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, wonach der Grundsatz der freien Wahl sowie der Grundsatz der Chancengleichheit der Wahlbewerber geschützt wird. Beide Grundsätze dienen der Integrität einer demokratischen Wahl, wie sie für die Bundestagswahl durch Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG (Freiheit der Wahl) und Art. 20 Abs. 1 GG (Grundsatz der Chancengleichheit) zum Ausdruck kommen. Der Wähler soll vor Beeinflussungen geschützt werden, die geeignet sind, seine Entscheidungsfreiheit trotz bestehender Wahlgeheimnisse ernstlich zu beeinträchtigen. Hierzu gehört auch der unzulässige Druck von Seiten anderer Bürger oder gesellschaftlicher Gruppen (Bundesverfassungsgericht, 10. April 1984 - 2 BvL 2/83 - BVerfG E 66, 366, 369, 380 m.w.N.). Im Betriebsverfassungsrecht hat der allgemeine Grundsatz der freien Wahl im Verbot der Wahlbehinderung und der Wahlbeeinflussung in § 20 Abs. 1 und 2 BetrVG seinen Ausdruck gefunden. Das in § 20 Abs. 2 BetrVG enthaltene Verbot der Wahlbeeinflussung dient auch der Integrität der Betriebsratswahl. Diese soll alleine auf der freien Entscheidung der Betriebsangehörigen beruhen (BVerfG, 24.02.1999 - 1 BvR 123/93 - AP BetrVG 1972 § 20 Nr. 18 zu Ziffer II 2 b cc der Gründe ; Schneider in Däubler/Kittner/Klebe BetrVG 11. Aufl. § 20 Rd 1; Richardi, BetrVG 7. Aufl. § 20 Rd 12; BAG vom 06.12.2000 - 7 ABR 34/99 - AP Nr. 48 zu § 19 BetrVG 1972 = EZA § 19 BetrVG 1972 Nr. 40 Rd 24 = Ziffer II 3 a der Gründe; LAG München 27.02.2007 - 8 TaBV 89/06 - Rd 27 und LAG Niedersachsen vom 07.05.2007 - 9 TaBV 80/06 - Rd 51).

Wahlwerbung ist grundsätzlich zulässig. Sie ist bei Betriebsratswahlen nicht nur durch Art. 5 Abs. 1 GG, sondern für Koalitionen auch durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützt (BAG vom 06.12.2000 aaO. Rd 25). Zu einer zulässigen Wahlwerbung gehört es auch, wenn Wahlberechtigte oder generell oder individuell dazu aufgefordert werden, ihr Wahlrecht überhaupt oder in einer bestimmten Weise auszuüben. Die hiermit verbundene Ansprache und Beeinflussung des Wahlberechtigten ist, solange keine unzulässigen Mittel verwandt werden, Bestandteil eines demokratischen Wahlverfahrens (BAG vom 06.12.2000 a.a.O. Rd 25, LAG München vom 27.02.2007 a.a.O. Rd 77).

Die Einflussnahme auf den Willensentschluss von Wahlbeteiligten ist verboten; unmaßgeblich ist, ob die Beeinflussung tatsächlich Erfolg hat. Insofern genügt bereits der Versuch einer Beeinflussung, sofern die Einflussnahme nur grundsätzlich geeignet ist, das Verhalten irgendwie zu beeinflussen (GK-BetrVG/Kreutz, 8. Aufl., §20 Rd 25). Dabei ist Wahlbeeinflussung, jede Begünstigung oder Benachteiligung, die darauf abzielt, dass Wahlberechtigte (Arbeitnehmer des Betriebes) ihr Wahlrecht nicht nach der eigenen Willensentscheidung, sondern im gewünschten Sinne des Beeinflussenden ausüben. Dadurch soll die Integrität der Wahl geschützt werden (Richardi/Thüsing, BetrVG 10. Aufl. § 20 Rd 14; Fitting/Engels, BetrVG 23. Aufl. § 20 Rd 20).

Keine Behinderung der Wahl stellt hingegen die Propaganda für oder gegen einen Kandidaten oder eine sich an der Wahl beteiligende Liste dar. Das gilt selbst dann, wenn die Propaganda wahrheitswidrig ist. Die Behinderung kann sich nur auf die Einschränkung der Handlungsfreiheit, nicht auf die freie innere Willensbildung beziehen (Fitting/Engels, BetrVG § 20 Rdnrn. 11 und 24 ; LAG Köln vom 15.10.1993 - 13 TABV 36/93 -, NZA 1994, 431).

Gemessen an diesen Grundsätzen ergibt sich Folgendes:

b.

Der Umstand, dass die einzelnen zur Wahl stehenden Listen keinen Stand anlässlich der 50-Jahrfeier erhalten haben, ist nicht zu beanstanden. Eine Wahlbeeinflussung seitens des Arbeitgebers liegt hier nicht vor. Unwidersprochen ist die unternehmerische Entscheidung getroffen worden, nur den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und dem Betriebsrat einen entsprechenden Stand zu bewilligen. Ein Anspruch der einzelnen Listen auf einen eigenen Stand, bestand nicht. Eine Ungleichbehandlung liegt auch nicht vor, da nicht die Liste der IG-Metall, sondern die IG-Metall als Gewerkschaft einen Stand erhalten hat. Die CGM ist eine ebenfalls im Betrieb vertretene Gewerkschaft. Der Vortrag der Antragsteller, "sie hätten gehört, Frau H. hätte ebenfalls einen Stand beantragt" ist unbestimmt und besagt nicht, dass ein solcher Antrag vorgelegen hat und abgelehnt wurde. Ein Wahlanfechtungsgrund folgt hieraus nicht.

c.

Ein Verstoß gegen das Verbot der Wahlbeeinflussung liegt auch nicht darin, dass dem Antragsteller zu 1) kein Dienst-Pkw zur Verfügung gestellt wurde. Unwidersprochen hat er das Angebot auf Überlassung eines Dienst-Pkws gegen Vereinbarung der 1%-Regelung nicht angenommen. Unwidersprochen hat er aber auch den Abteilungs-Pkw des Betriebsrates nutzen dürfen und tatsächlich genutzt. Das dies nicht immer in dem gewünschten Umfang geschehen kann, liegt in der Natur der Sache, wenn mehrere Betriebsratsmitglieder auf einen Dienst-Pkw zurückgreifen wollen. Eine Ungleichbehandlung oder Behinderung ergibt sich nicht. Dass die anderen Betriebsratmitglieder den Abteilungs-Pkw und nicht ihre eigenen Pkws zu Wahlkampfzwecken eingesetzt haben, hat er selbst nicht vorgetragen. Soweit die Betriebsratsmitglieder mit den ihnen zur Verfügung gestellten Dienst-Pkws (1%-Regelung) zu Wahlveranstaltungen fahren, ist dies nicht zu beanstanden, da sie insoweit den Dienstwagen als privaten Pkw nutzen.

d.

Dasselbe gilt für den Vorgang "Fotoerlaubnis" für den Antragsteller zu 1). Die Beteiligte zu 10) hat die Erlaubnis erteilt und zwar auch unverzüglich, nachdem der Antragsteller zu 1) sein Fotografierbegehren konkretisiert hat (am 01.03.2006). Die am 06.03.2006 erteilte Genehmigung ist zeitlich nicht zu beanstanden. Da dem Beteiligten zu 1) bekannt ist, dass im Werk ein generelles Fotografierverbot besteht, wäre es an ihm gewesen, von Anfang an die Anforderung an eine Ausnahmegenehmigung einzuhalten und einen konkreten Antrag zu stellen. Eine Wahlbehinderung oder Wahlbeeinflussung liegt in diesem Vorgang jedenfalls nicht.

e.

Eine Wahlbeeinflussung durch den Arbeitgeber liegt auch nicht darin, dass er unzulässigerweise die Herstellung der Zeitschrift "Das Band" unterstützt hat. Das ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Arbeitsgericht, welches von den Antragstellern auch nicht mehr in Frage gestellt wird, nicht der Fall. Es ist richtig, dass die tatsächliche und finanzielle Unterstützung einer Gruppe von Kandidaten bei der Herstellung einer Wahlzeitung durch den Arbeitgeber bzw. einer Gewerkschaftszeitung, was hier der Unterstützung der Liste 1 zugute kommt, einen Verstoß gegen § 20 Abs. 2 BetrVG darstellt, der zur Unwirksamkeit der Betriebsratswahl führt (BAG vom 04.12.1986 - 6 ABR 48/85 - AP Nr. 13 zu § 19 BetrVG 1972 = EzA § 19 BetrVG 1972 Rd 30 = Ziffer II 4 c der Entscheidungsgründe). Da die Herstellung der Zeitschrift mit Mitteln und auf Kosten der IG-Metall erfolgte, fehlt es an irgendeinem Verhalten seitens des Arbeitgebers, das zu einer Wahlbeeinflussung hätte führen können. Der mit der Beschwerde aufrechterhaltene Vorwurf, eine Wahlbeeinflussung liege darin, dass einzelne Betriebsratsmitglieder, die der IG-Metall-Liste zuzurechnen sind, auf Betriebsrats-PCs Texte für diese Zeitschrift geschrieben haben, reicht für den Vorwurf der Wahlbeeinflussung nicht. Zunächst ist ein dem Arbeitgeber zurechenbares Verhalten erforderlich (LAG München vom 27.02.2007 a.a.O. Rd 79). Werksseitig besteht ein als Anlage AS 5 (Bl. 54 d. A.) vorgelegtes umfassendes Verbot der Nutzung von Betriebsmitteln (werkseigene Drucker, keine Wahlwerbung über VW-eigene Mail und Intranetserver, > keine Nutzung von Druckern <). Arbeitgeberseitig ist zunächst einmal sicher gestellt, dass normalerweise keine werkseigenen Mittel für Wahlwerbung genutzt werden. Dass die Beteiligte zu 10) Kenntnisse von dem Textschreiben auf den Betriebsrats-PCs hatte, ist weder vorgetragen, noch wahrscheinlich, da es sich um die PCs der Betriebsräte handelte und die Beklagte insoweit keine Einsichtnahme vornehmen darf. Mangels Kenntnisse hat sie aber auch nicht die Möglichkeit der Einflussnahme z. B. durch Abmahnung oder erneute Untersagung. Irgendein zurechenbares Verhalten, das als Wahlbeeinflussung verstanden werden könnte, ist nicht erkennbar.

f.

Auch die von den Beschwerdeführern zu der "Rufmordkampagne" vorgebrachten Umstände rechtfertigen letztendlich nicht die Annahme einer Wahlbeeinflussung oder Wahlbehinderung. Die behaupteten Äußerungen sind zunächst einmal nicht vom Arbeitgeber gekommen, sondern durch andere Wahlbewerber bzw. durch Mitglieder der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft IG-Metall. § 20 Abs. 2 BetrVG verbietet nicht jede Wahlbeeinflussung, sondern nur solche, die durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen bzw. Gewährung oder Versprechung von Vorteilen bewirkt wird. Daran fehlt es im allgemeinen bei der Werbung und Propaganda für die Betriebsratswahl jedenfalls gegenüber den Arbeitnehmern als Wählern. Im Rahmen eines jeden Wahlkampf ist eine Übertreibung bestimmter Darstellungen und Standpunkte nicht unüblich und es kann nicht schon jede unsachliche Propaganda als unzulässige Wahlbeeinflussung eingeordnet werden. Dies würde dem Recht der Arbeitnehmer und der Gewerkschaften auf Werbung und Propaganda, welches durch die allgemeine Meinungsfreiheit und Art. 9 Abs. 3 GG gedeckt ist, nicht gerecht werden. Erst wenn die Propaganda das Maß einer allgemeinen Hetze erreicht oder sogar Wahlbewerber davon abgehalten werden zu kandidieren, ist das zulässige Maß überschritten. Die von den Antragstellern und Beschwerdeführern behauptete Äußerung, von der Oppositionsliste seien alle gekündigt, sind für eine Wahlbeeinflussung nicht geeignet. Die behauptete Äußerung wird schon dadurch entkräftet, dass auf der Wahlliste selbst der Vermerk "gekündigt" angebracht war bzw. die Behauptung, "die waren alle schon mal vorm Personalausschuss" letztendlich auch keinen bestimmten herabsetzenden Charakter hat. Die Äußerungen "das sind alles Kriminelle", "Alkoholiker" oder "die waren schon in U-Haft", sind als einzelne Ausreißer zu qualifizieren. Auch nach den Darstellungen der Antragsteller und Beschwerdeführer handelt es sich um einmalige Äußerungen, die sicherlich den zulässigen Grad dessen, was vom Recht der Meinungsfreiheit gedeckt ist, überschritten hat. Andererseits ist auch hier nicht feststellbar, ob die Äußerungen einer bestimmten Liste als solche oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft als solche zuzurechnen ist, oder ob hier einzelne Arbeitnehmer im Betrieb im Rahmen der Wahlwerbung schlicht die Grenzen des guten Geschmacks überschritten haben. Solche Ausreißer sind jedoch dann nicht einer Institution als solche zuzurechnen, wenn sie von ihr nicht gesteuert sind oder zumindestens in Kenntnisnahme duldend hingenommen wurden. Eine Systematik, also ein gezieltes Vorgehen von einzelnen Arbeitnehmern, Gruppen, Listen oder Gewerkschaften, ist jedoch nicht erkennbar, sodass von einer Wahlbeeinflussung letztendlich nicht gesprochen werden kann. Eine schwerwiegende Ehrverletzung liegt dabei noch nicht vor. Im Übrigen hätte hier den betroffenen Wahlbewerbern die Möglichkeit des zivilrechtlichen oder strafrechtlichen (vgl. § 108 StGB) Schutzes zur Verfügung gestanden.

g.

Auch die Freistellung von gewerkschaftlichen Vertrauensleuten stellt keine Wahlbeeinflussung dar. Die Tätigkeit der gewerkschaftlichen Vertrauensleute gehört zur koalitionsspezifischen Betätigung der Gewerkschaften und ist verfassungsrechtlich geschützt (BAG vom 8.12.1978 - 1 AZR 303/77 - AP Nr. 28 zu Art. 9 GG). Es kann dahinstehen, inwieweit tarifvertragliche oder andere Regelungen über die Stellung der gewerkschaftlichen Vertrauensleute zulässig sind, weil der Grundsatz der Gegnerunabhängigkeit und der Gleichbehandlung zu beachten ist (vgl. Fitting//Engels, BetrVG, § 2 Rn. 90; Berg in DKK, BetrVG, § 2 Rn. 54; Eisemann-ErfKomm, § 2 BetrVG Rn. 8, jewl. m.w.N.). Eine Wahlbeeinflussung ist allein durch die vorgenommene Freistellung jedenfalls nicht erfolgt.

5.

Es ist auch kein Verstoß gegen § 2 Abs. 5 der Wahlordnung zu erkennen, weil der Wahlvorstand vor Einleitung der Betriebsratswahl ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über Wahlverfahren, Aufstellung der Wähler und Vorschlagslisten, Wahlvorgang und Stimmabgabe nicht in geeigneter Weise unterrichtet hat. § 2 Abs. 5 Wahlordnung stellt eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren i. S. d. § 19 Abs. 1 BetrVG dar, deren Verletzung zur Anfechtung der darauf beruhenden Wahl berechtigt (BAG vom 13.10.2004 - 7 ABR 5/04 - AP Nr. 1 zu § 2 Wahlordnung Rd 13). Der Wahlvorstand hatte vorliegend jedoch keinen Anlass, davon auszugehen, dass eine Vielzahl der Arbeitnehmer der deutschen Sprache nicht i. S.v. § 2 Abs. 5 Wahlordnung mächtig waren; dass ausreichende Deutschkenntnisse für das Lesen und Verstehen der Wahlvorschriften also nicht vorhanden waren. Dabei hat der Wahlvorstand bei der Frage, "ob" er bei der Besorgnis des Nichtverstehens eine Unterrichtung in geeigneter Weise vornehmen muss, einen relativ engen Spielraum. Es folgt daraus, dass das Verständnis der Wahlvorschriften Voraussetzung für die Ausübung des Wahlrechts ist. Der Wahlvorstand durfte jedoch zulässigerweise davon ausgehen, dass alle Arbeitnehmer ausreichend der deutschen Sprache mächtig sind. Dabei darf der Wahlvorstand bei der Beurteilung der Frage, ob die im Betrieb beschäftigten ausländischen Arbeitnehmer der deutschen Sprache i. S. v. § 2 Abs. 5 Wahlordnung mächtig sind, im Hinblick auf den Zweck der Vorschrift, ausländischen Arbeitnehmern die wesentlichen Grundsätze über die durchzuführende Wahl zu vermitteln, um ihnen in gleicher Weise wie deutschen Arbeitnehmern die Wahrnehmung ihres aktiven und passiven Wahlrechts zu ermöglichen, nicht lediglich darauf abstellen, ob sie sich bei der täglichen Arbeit hinreichend verständigen können. Entscheidend ist vielmehr, ob ihre Deutschkenntnisse ausreichen, um die zum Teil komplizierten Wahlvorschriften und den Inhalt eines Wahlausschreibens verstehen zu können. Im Zweifelsfall muss der Wahlvorstand von unzureichenden deutschen Sprachkenntnissen ausgehen (BAG vom 13.10.2004 aaO. Rd 15; GK-BetrVG/Kreutz/Oetker 7. Aufl. § 2 Wahlordnung Rd 20; DKK/Schneider BetrVG 11. Aufl. § 2 Wahlordnung 2001 Rd 17). Das gilt jedenfalls dann, wenn im Betrieb eine größere Anzahl ausländischer Arbeitnehmer im gewerblichen Bereich mit einfachen Hilfsarbeiten beschäftigt ist. Diese Arbeitnehmer mögen zwar über die für die tägliche Arbeit erforderlichen Deutschkenntnisse verfügen, das bedeutet aber nicht, dass diese Kenntnisse auch genügen, um sich die zu einer umfassenden Wahrnehmung der Rechte im Zusammenhang mit einer Betriebsratswahl nötigen Information selbst zu verschaffen. Denn zur Erledigung einfacher Hilfstätigkeiten im gewerblichen Bereich sind in der Regel nur geringe Deutschkenntnisse erforderlich. Maßstab für die Entscheidung des Wahlvorstandes sind letztendlich die betrieblichen Verhältnisse (BAG vom 13.10.2004 a.a.O. Rd 16).

Die Beteiligten zu 9) und 10) haben - letztendlich unwidersprochen - dargelegt, dass die Werkssprache deutsch ist. Auch die Antragsteller behaupten nicht, dass in anderer als in deutscher Sprache seitens der Werksleitung kommuniziert wird. Das gilt insbesondere für allgemeine Informationen des Arbeitgebers, die Abfassung und Bekanntgabe von Betriebsvereinbarungen und insbesondere für die Arbeitsanweisungen. Der Gesichtspunkt "Sicherheitsvorschriften" ist vernachlässigenswert, weil auf sie in zulässiger Weise in Symbolen hingewiesen wird. Der in türkischer Sprache verteilte Handzettel der IG-Metall ist nicht von der Werksleitung verfasst und ist daher kein Indiz dafür, dass die Werkssprache nicht deutsch sein soll. Auch der Umstand, dass in Personalgesprächen oder zu anderen Anlässen von umfangreicheren Gesprächen Dolmetscher herangezogen werden, ist kein Indiz dafür, dass einzelne Arbeitnehmer nicht ausreichend der deutschen Sprache mächtig sind, um am Werks- und Arbeitsleben teilzunehmen. Maßstab für die Beurteilung der Frage, ob ausreichend Deutschkenntnisse für das Verständnis i. S. v. § 2 Abs. 5 Wahlordnung vorhanden sind, ist nicht der deutschsprachige Arbeitnehmer oder der ausländische Mitarbeiter, der der deutschen Sprache wie ein "native speaker" mächtig ist, sondern die Frage, ob ausreichend Deutschkenntnisse für das Verständnis von Wahlvorschriften vorhanden sind. Dem steht nicht entgegen, dass in Einzelfällen Dolmetscher herangezogen werden, wie die Antragsteller ausführen.

Die von der Beteiligten zu 10) vorgelegten Arbeitsanweisungen sind auch nicht gänzlich einfachster und ganz kurzer Natur. Sie erfordern auch für den - ungelernten - deutschsprachigen Leser einige Konzentration, um die Arbeitsanweisungen auch inhaltlich verstehen zu können. Dass diese ergänzend mündlich erläutert werden, steht der Annahme ausreichender deutscher Sprachkenntnisse nicht entgegen.

Da auch in der Vergangenheit Betriebsratswahlen immer nur in deutscher Sprache durchgeführt wurden, gab es für den Wahlvorstand letztendlich keinen Hinweis und keinen Anhaltspunkt dafür, dass Arbeitnehmer der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig sind. Das gilt auch für den gesamten ungelernten Bereich. Zum einen besteht ein gradueller Unterschied zwischen ungelernten Tätigkeiten bei V. und bei solchen, wie sie in dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 13.10.2004 zugrunde liegenden Sachverhalt festgestellt wurden. Die Beteiligte zu 10) stellt im Werk A-Stadt Nutzfahrzeuge her. Das Interesse an einem ordnungsgemäßen Arbeitsablauf dürfte so herausgehoben sein, dass die Beklagte bei hinreichenden Zweifeln an dem Verständnis der ungelernten Arbeitnehmer der Arbeitsanweisungen und Arbeitsabläufe sich nicht mit dem bloßen Bestätigen des Erhalts einer schriftlichen deutschsprachigen Arbeitsanweisung begnügen, sondern sinnvollerweise sicherstellen würde, dass die Arbeitnehmer auf andere Art und Weise Inhalt und Sinn der Anweisung erfahren. Da weder jetzt im Beschlussverfahren noch im Rahmen der Wahlvorbereitung konkrete Fälle bekannt geworden sind, in denen die Deutschkenntnisse für das Verständnis der Wahlvorschriften nicht ausreichten, konnte der Wahlvorstand letztendlich keine andere Entscheidung treffen.

III.

Kosten werden im Beschlussverfahren gem. § 2 Abs. 2 GKG nicht erhoben.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich (§ 92 Abs. 1 i. V. m. § 72 Abs. 2 ArbGG). Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß nachfolgender Rechtsmittelbelehrung wird verwiesen.

Ende der Entscheidung

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