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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 21.02.2007
Aktenzeichen: 6 Sa 576/04
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 74c
1. Beruft sich ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsvertrag eine unbestimmte allgemeine Bezugnahmeklausel enthält, auf die Anwendbarkeit des Rationalisierungsschutzabkommens einer bestimmten Tarifbranche, dann muss er sich auch die im Manteltarifvertrag derselben Tarifbranche enthaltene Ausschlussfrist entgegenhalten lassen.

2. Ausschlussfristen für "gegenseitige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis" erfassen auch Ansprüche auf Wettbewerbsentschädigung.

3. Die Aufforderung, künftig Karenzentschädigung in bestimmter Höhe zu zahlen, stellt keine ausreichende Geltendmachung des jeweiligen monatlichen, erst später fälligen Zahlungsanspruches auf Karenzentschädigung dar. Dies gilt zumindest dann, wenn sich der Arbeitnehmer entsprechend § 74c HGB monatlich anderweitigen Verdienst anrechnen lassen muss. Die Konstellation ist mit der Geltendmachung von Annahmeverzugsansprüchen, die von der streitigen Wirksamkeit einer Kündigung abhängen, nicht vergleichbar, weil hinsichtlich des anderweitigen Verdienstes bei der Karenzentschädigung keine vergleichende Gesamtberechnung durchzuführen ist.


LANDESARBEITSGERICHT NÜRNBERG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 Sa 576/04

Verkündet am 21. Februar 2007

in dem Rechtsstreit

wegen Forderung

Die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg hat durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Nürnberg Vetter als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Bachmann und Rost aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 09.01.2007

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg, Kammer Aschaffenburg, vom 19.05.2004, Az. 5 Ca 2376/02 A, wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Berechtigung der Beklagten zur Kürzung einer Altersversicherung sowie über die Pflicht zur Zahlung einer Karenzentschädigung.

Die am 23.01.1949 geborene Klägerin war seit Februar 1972 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung der Beklagten vom 29.11.1999 zum 30.06.2000.

Im Anstellungsvertrag vom 08.08.1979, dessen genauen Wortlautes wegen auf die mit der Klage vorgelegte Ablichtung Bezug genommen wird (K 1, Bl. 5 f.), ist, soweit vorliegend von Interesse, folgendes geregelt:

"5. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, nach seinem Ausscheiden aus der Brauerei für die Dauer eines Jahres im Umkreis von 150 km um C... für keine Brauerei, Getränkevertrieb oder ein ähnliches Unternehmen tätig zu werden, auch nicht beratend oder in einem Beteiligungsverhältnis. ...

Die Brauerei ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer für die Dauer der Karrenzverpflichtung eine Entschädigung in Höhe der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen zu zahlen. Die Anrechnung anderweitigen Erwerbs wird nach § 74c HGB geregelt, auch soweit es sich bei dem Arbeitnehmer um einen technischen Angestellten oder einen gewerblichen Arbeitnehmer handelt.

...

Die Brauerei wird bezüglich des Wettbewerbsverbotes dem Arbeitnehmer eine gesonderte Urkunde aushändigen.

...

7. Soweit in dieser Vereinbarungen besondere Regelungen nicht getroffen sind, gilt, soweit ein Tarifvertrag vorliegt, die Regelung des Tarifvertrages. Bei Arbeitnehmern, die außerhalb eines Tarifvertrages stehen, gelten die gesetzlichen Bestimmungen."

Die Beklagte händigte der Klägerin am 08.08.1979 eine von beiden Vertragsparteien unterzeichnete entsprechende Urkunde aus, die als Anlage zum Arbeitsvertrag genommen wurde (Anlage zum Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 31.03.2003, Bl. 37 d.A.). Dort heißt es, es sei für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Wettbewerbsverbot vereinbart worden, das "folgende Bedingungen" enthalte. Es folgen wortgleich die im Arbeitsvertrag abgedruckten Regelungen hinsichtlich Wettbewerbsverbot und -entschädigung, allerdings mit zwei Ausnahmen. Zum einen ist im Text hinsichtlich der Höhe der Entschädigung festgelegt, dass diese "in Höhe der Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen zu zahlen" sei. Zum anderen schließt die Urkunde mit dem Satz, dass "ergänzend ... die Bestimmungen des HGB § 74 ff HGB für die Auslegung dieses Wettbewerbsverbotes" gelten sollten.

Unter dem 30.03.1973 übergab die Rechtsvorgängerin der Beklagten der Klägerin eine von beiden Vertragsparteien unterzeichnete "Anerkennungsurkunde für eine Betriebliche Altersversorgung" (Anlage K 3 zur Klageschrift, Bl. 10 d.A.). Darin wurde mitgeteilt, dass die Arbeitgeberin bei der D...-Versicherung einen Lebensversicherungsvertrag für die Klägerin mit der Gesamtversorgungsobergrenze von 9.992,- DM abgeschlossen habe, die am 01.12.1971 beginne und am 01.12.2013 ende. Die Versicherung wurde wie bei den anderen begünstigten Arbeitnehmern im Rahmen einer Gruppenversicherung geführt. Die Versicherungsbedingungen bei der D...-Versicherung wurden entsprechend den Regelungen des BetrAVG geführt.

Im Betrieb der Beklagten existiert eine "Versorgungsordnung" vom 20.12.1978, in der, soweit vorliegend von Interesse, folgendes auf maschinengeschriebenem Vordruck geregelt ist (Anlage K 2 zur Klageschrift, Bl. 7 ff. d.A.):

"1. Aufnahme in die Versorgung (Berechtigte)

Betriebsangehörige werden in das Versorgungswerk aufgenommen, sobald sie das Mindestalter erreicht haben. Sie erwerben damit nach Maßgabe dieser Versorgungsordnung einen Rechtsanspruch auf Versorgungsleistungen. Das Mindestalter beträgt 25 Jahre. ...

2. Voraussetzungen für die Versorgungsleistungen

Versorgungsleistungen werden nur gewährt, wenn der Betriebsangehörige

a) Bei Eintritt des Versorgungsfalles (Erreichen der Altersgrenze, Erwerbsunfähigkeit, Tod) eine anrechenbare Dienstzeit von mindestens 5 Jahren aufzuweisen hat (Wartezeit),

b) bei Eintritt des Versorgungsfalles in einem Arbeitsverhältnis zur Firma steht oder eine unverfallbare Anwartschaft hat,

c) nach dem Eintritt des Versorgungsfalles aus den Diensten der Firma ausscheidet. ...

...

4. Dienstzeit

(1) (Anrechenbare Dienstzeit). Die anrechenbare Dienstzeit umfaßt die Zeit ununterbrochener Betriebszugehörigkeit nach dem letzten Diensteintritt, höchstens jedoch die Zeit ab Vollendung des 25. Lebensjahres. ...

(2) (Rentenfähige Dienstjahre). Für die Ermittlung des betrieblichen Ruhegeldes wird die anrechenbare Dienstzeit bestimmt, die der Berechtigte bis zum Eintritt des Versorgungsalters erreicht hat. Die so ermittelte anrechenbare Dienstzeit wird auf volle Jahre gerundet, wobei ein angefangenes Jahr als vollendet gilt, wenn es mindestens zur Hälfte abgeleistet ist. Es werden jedoch höchstens 20 anrechenbare Dienstjahre angerechnet.

5. Arbeitsverdienst

(1) (Bruttoarbeitsverdienst). Der Bruttoarbeitsverdienst an einem bestimmten Stichtag umfaßt alle Einnahmen, die dem Berechtigten für die Beschäftigungszeit in den letzten 12 Monaten vor dem Stichtag zugeflossen sind.

Monate, in denen keine oder wegen mangelnder gesundheitlicher Leistungsfähigkeit keine vollen Bezüge gezahlt wurden, bleiben bei der Durchschnittsberechnung unberücksichtigt. Sind in den letzten 12 Monaten vor dem Stichtag keine oder keine vollen Bezüge bezahlt worden, wird der letzte Monat mit vollen Bezügen zugrundegelegt.

(2) (Rentenfähiger Arbeitsverdienst). Rentenfähiger Arbeitsverdienst ist 1/12 des Bruttoarbeitsverdienstes am letzten Bilanzstichtag vor Eintritt des Versorgungsfalles, mit Ausnahme der Überstunden- und Mehrarbeitsvergütungen, Gratifikationen, Teuerungszulagen, Jubiläumsgaben, vermögenswirksamen Leistungen, Gewinnbeteiligungen oder sonstiger einmaligen oder in der Höhe schwankenden Zuwendungen.

6. Höhe des Ruhegeldes

Das monatliche Ruhegeld beträgt für jedes rentenfähige Dienstjahr 0,25% des letzten rentenfähigen Arbeitsverdienstes."

An diese Ziff. 6 ist mit Schreibmaschine ohne Absatz nachträglich hinzugefügt:

"Lohn- und Gehaltssteigerungen werden bis zu maximal 4% berücksichtigt."

...

"8. Invalidenrente

Wird ein Berechtigter vor Erreichen der Altersgrenze erwerbsunfähig, so erhält er eine bis zum Einsetzen der Altersgrenze laufende Invalidenrente.

Erwerbsunfähigkeit

Erwerbsunfähigkeit wird im Sinne der Reichsversicherungsordnung verstanden (§ 1247 RVO, § 24 AVG). Der Eintritt der Erwerbsunfähigkeit muß durch Rentenbescheid des zuständigen Sozialversicherungsträgers, hilfsweise durch amtsärztliches Attest, nachgewiesen werden. Die Invalidenrente entfällt jedoch, wenn die Erwebsunfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze endet. Der Rentenempfänger ist verpflichtet, der Firma von jeder Änderung der Feststellung der Erwerbsunfähigkeit durch den Sozialversicherungsträger Kenntnis zu geben. Die Firma kann verlangen, daß der Rentenempfänger das Weiterbestehen der Erwerbsunfähigkeit nachweist.

...

11. Beginn und Zahlungsweise der Renten

Die Renten werden nach Eintritt des Versorgungsfalles, und zwar frühestens für den Monat gezahlt, in dem kein Anspruchsgrund für sonstige Firmenbezüge (Gehalt, Lohn, Krankengeldzuschuß usw.) mehr besteht. Die Zahlung erfolgt jeweils am Monatsende für den zurückliegenden Monat.

...

14. Unverfallbarkeit der Versorgungsansprüche

Bei vorzeitiger Beendigung des Dienstverhältnisses aus anderen Gründen als durch Erwerbsunfähigkeit erlöschen alle Versorgungsansprüche, soweit die gesetzlichen Bestimmungen nicht entgegenstehen. ...

...

19. Flexible Altersgrenze

Nimmt ein Berechtigter die flexible Altersgrenze in Anspruch, so kürzt sich sein nach der Versorgungsordnung zu diesem Zeitpunkt erreichter Rentenanspruch für jeden bis zur Vollendung des vertraglichen Pensionierungsalters fehlenden angebrochenen Monat um 0,5% dieses Rentenanspruchs.

..."

Die Beklagte übersandte der Klägerin mit Schreiben vom 16.05.2002 einen neuen Versicherungsschein mit der Begründung, die Lebensversicherung sei auf 3.357,- € gekürzt worden, weil die Klägerin vor Erreichen des 65. Lebensjahres aus dem Betrieb ausgeschieden sei; entsprechend sei die Leistung "pro rata temporis" zu kürzen (Anlage K 4 zur Klageschrift, Bl. 11 d.A.).

Das Arbeitsverhältnis endete durch betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung vom 29.11.1999 zum 30.06.2000. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage - geführt unter dem Aktenzeichen 6 Sa 616/00 - wurde durch Endurteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 18.12.2001 rechtskräftig abgewiesen. Dem von der Klägerin nach § 6 des Rationalisierungsschutzabkommens des Braugewerbes vom 18.12.1978 geltend gemachten Abfindungsanspruch gab das Landesarbeitsgericht in dieser Entscheidung in Höhe von 43.196,20 DM statt mit der Begründung, in Nr. 7 des Arbeitsvertrages sei auf die Regelungen des entsprechenden Tarifvertrages hingewiesen. Aus einer Bestätigung vom 19.02.1998 ergebe sich, dass die Tarifverträge für das Braugewerbe in D... gemeint gewesen seien. Die Ausschlussfristen des entsprechenden Manteltarifvertrags vom 06.10.1999 (TR 19-240 ab 143) seien gewahrt. Der Lauf dieser Ausschlussfristen sei nämlich nach § 20 Nr. 3 MTV im Falle der Erkrankung gehemmt. Da die Klägerin bis 31.10.2000 Krankengeld erhalten habe, ende die Ausschlussfrist am 31.01.2001 und sei durch die am 02.11.2000 rechtshängig gewordene Klage auf Zahlung gewahrt. In der genannten Entscheidung gab das Landesarbeitsgericht der Klage auch hinsichtlich der Karenzentschädigung für Juli bis Oktober 2000 teilweise statt.

Die Bestimmungen des Manteltarifvertrages vom 06.10.1999 für das Brauereigewerbe in D... (TR 19-240 ab 143) haben, soweit vorliegend von Interesse, folgenden Wortlaut:

"§ 20 Ausschlußfristen

1. Gegenseitige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit geltend zu machen. Ansprüche aus unrichtiger Einstufung sind innerhalb von sechs Monaten geltend zu machen.

2. Scheidet ein Arbeitnehmer aus dem Betrieb aus, so sind sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von 3 Monaten - vom Tage des Ausscheidens an gerechnet - geltend zu machen, anderenfalls verfallen sie.

3. Der Lauf der Ausschlußfristen ist im Falle der Erkrankung oder des tariflichen Urlaubs des Arbeitnehmers bis zum Tag der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit bzw. bis zum Urlaubsende gehemmt.

4. Die Ausschlußfrist gilt nicht, wenn dem Arbeitnehmer keine ordnungsgemäße Entgeltabrechnung gemäß § 10 Ziffer 5 Absatz 4 ausgehändigt wurde.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, für dauernden Anschlag dieser Bestimmung am Schwarzen Brett zu sorgen."

Mit Schreiben ihrer Prozessvertreter vom 28.09.2000 machte die Klägerin Karenzentschädigung geltend wie folgt (Anlage KK1 zur Berufungsbegründung, Bl. 337 d.A.):

"...

Vorsorglich für den Fall, daß das Ersturteil Bestand haben sollte, machen wir hiermit für unsere Mandantin die ihr zustehenden Ansprüche aus dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot vom 26.01.1972 geltend.

Damit schulden Sie unserer Mandantin 50% ihrer letzten Bezüge für die Dauer eines Jahres. Für die Zeit vom 01.07.2000 bis 30.09.2000 ergibt sich mithin bei einer monatlichen Karenzentschädigung von 1.658,25 DM ein Anspruch unserer Mandantin in Höhe von 4.974,75 DM.

...

Wir haben Sie weiterhin aufzufordern, auch für die künftigen Monate bis einschließlich 30.06.2001 jeweils monatlich 1.658,25 DM an Karenzentschädigung zu zahlen.

..."

Mit ihrer am 03.12.2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage vom 02.12.2002 hat die Klägerin die Zahlung der Karenzentschädigung für den Monat November 2000 in Höhe von 1.599,83 €, die Erteilung und Zusendung einer Rentenbescheinigung sowie die Feststellung geltend gemacht, dass die Beklagte nicht zur Kürzung der Lebensversicherung berechtigt sei. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe ein Anspruch auf Karenzentschädigung zu, wie das Landesarbeitsgericht im Verfahren 6 Sa 616/00 festgestellt habe. Die monatliche Karenzentschädigung belaufe sich auf 1.599,83 €; anzurechnendes Krankengeld habe sie im Monat November 2000 nicht bezogen. Die Beklagte habe die Lebensversicherung zu Unrecht gekürzt; sie habe insoweit den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt. Die Arbeitnehmer E..., F..., G... und H... hätten ebenso wie alle anderen Arbeitnehmer, die vorzeitig ausgeschieden seien, keine Kürzung hinnehmen müssen. Die Kürzung verstoße zudem gegen das Schikaneverbot des § 612a BGB; sie sei nur deshalb vorgenommen worden, weil sie, die Klägerin, ihr Rechte durch Erhebung der Kündigungsschutzklage wahrgenommen habe.

Die Klägerin hat im Verfahren vor dem Arbeitsgericht daher folgende Anträge gestellt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.599,83 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 8% über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2000 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ein Rentenbescheinigung gem. § 2 Abs. 6 BetrAVG zum Zeitpunkt ihres Ausscheidens zum 30.06.2002 aus dem Arbeitsverhältnis zu erteilen und zuzusenden.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, die Versicherungssumme aus der bei der D... Versicherung Lebensversicherung AG - Versicherungs-Nr. 4 846 117 - bestehenden Lebensversicherung von 9.992,- DM auf 3.357,- € herabzusetzen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat eingewandt, der Klägerin stehe für November 2000 keine Karenzentschädigung zu. Die Klägerin habe vor dem Landesarbeitsgericht Nürnberg offenbar bewusst nur Entschädigung bis Oktober 2000 eingeklagt. Die über zwei Jahre später erfolgende Geltendmachung für November 2000 sei nach dem Grundsatz der Verwirkung ausgeschlossen. Außerdem habe die Klägerin auch die Ausschlussfristen nach § 20 des einschlägigen Manteltarifvertrages nicht eingehalten. Die Klägerin habe zudem übersehen, dass der Anspruch nur ein halbes Monatsgehalt betrage. Die Klägerin habe danach höchstens Anspruch auf 766,70 €. Das Landesarbeitsgericht habe im Urteil vom 18.12.2001 ebenfalls nicht beachtet, dass die Klägerin kein volles Monatsgehalt beanspruchen könne. Die sich aus dem Urteil des Landesarbeitsgerichts ergebende Überzahlung müsse von der nunmehr geltend gemachten Forderung abgezogen werden. Der Anstellungsvertrag, in dem versehentlich die Wörter "die Hälfte" vergessen worden seien, sei im Rahmen einer Individualvereinbarung - der Anlage zu diesem Vertrag - näher ausgestaltet worden. Auf diese Anlage sei auch Bezug genommen worden. Diese individuelle Regelung sei gegenüber dem Anstellungsvertrag vorrangig. Die Kürzung der Lebensversicherung ergebe sich aus den Vertragsbedingungen der D... Versicherung. Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sei nicht gegeben, weil bei vorzeitigem Ausscheiden von Mitarbeitern unterschiedlich reagiert worden sei; in der Regel sei eine mögliche Kürzung vorgenommen worden. Nur bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages habe sie, die Beklagte, im Rahmen eines gegenseitigen "Gebens und Nehmens" auf die Kürzung verzichtet.

Die Klägerin hat vorgetragen, der Anspruch auf ein volles Gehalt als Karenzentschädigung ergebe sich aus dem Urteil des Landesarbeitsgerichts. Beim von der Beklagten verwendeten Anstellungsvertrag handele es sich um einen Formularvertrag. Unklarheiten gingen daher zu Lasten der Beklagten als Verwender. Für Verwirkung fehle es an Zeit- und Umstandsmoment. Die Entschädigung sei mit Schreiben vom 18.03.2002 geltend gemacht worden; schon vorher habe es zahlreiche Telefonate zwischen den Prozessvertretern gegeben. Die Beklagte habe die Zahlung mit Schreiben ihrer früheren Prozessvertreter vom 27.03.2002 - Anlage K 7, Bl. 64 f. d.A. - mit dem Satz anerkannt: "Erst dann können wir eine etwaige Abrechnung der Karenzentschädigung vornehmen." Sie bleibe dabei, dass eine Kürzung bei anderen Mitarbeitern nicht erfolgt sei.

Die Beklagte hat erklärt, die Befugnis zur Kürzung der Versicherungssumme ergebe sich auch aus § 2 BetrAVG. Der Klägerin sei gerade kein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt worden. Die Versicherung sei so abgeschlossen worden, dass der volle Betrag mit Erreichen des 65. Lebensjahres erreicht werden sollte. Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes liege nicht vor, weil bei nahezu sämtlichen Mitarbeitern, die vor dem 65. Lebensjahr aus dem Betrieb ausgeschieden seien, von der Kürzungsbefugnis Gebrauch gemacht worden sei. Die Beklagte führt eine Vielzahl von solchen Mitarbeitern auf (Schriftsatz vom 25.08.2003, Bl. 86 d.A.). Die Beklagte meint, das Schreiben vom 27.03.2002 enthalte kein rechtlich relevantes Anerkenntnis, zumal von einer "etwaigen" Karenzentschädigung die Rede sei. Die Beklagte hat für eine Vielzahl von ehemaligen Mitarbeitern Versicherungsscheine bei Vertragsschluss und nach Ausscheiden vorgelegt (Anlagen zum Schriftsatz vom 16.02.2004, Bl. 148 bis 229 d.A.).

Die Klägerin hat eingewandt, es werde mit Nichtwissen bestritten, dass die Arbeitnehmer gemäß den vorgelegten Versicherungsscheinen ausgeschieden seien und entsprechende Kürzungen hätten hinnehmen müssen. Der Mitarbeiter der Versicherung I... werde als Zeuge dafür benannt, dass kein einziger Mitarbeiter eine Kürzung entsprechend dem Verhältnis Betriebszugehörigkeit zu fehlender Zeit bis zum 65. Lebensjahr habe hinnehmen müssen. Sie bleibe dabei, dass die genannten und darüber hinaus die Mitarbeiter J..., K... und L... keine Kürzungen hätten hinnehmen müssen.

Das Arbeitsgericht Würzburg hat mit Endurteil vom 19.05.2004 wie folgt erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin eine Rentenbescheinigung gem. § 2 Abs. 6 BetrAVG in Bezug auf den Zeitpunkt ihres Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis zum 30.06.2002 zu erteilen und zuzusenden.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

4. Der Streitwert wird auf 3.500,- € festgesetzt.

Das Arbeitsgericht hat diese Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, der Anspruch auf die Karenzentschädigung sei nicht begründet, weil er jedenfalls nach § 19 des Manteltarifvertrages für das mittelständische Braugewerbe in D... verfallen sei. Dieser Tarifvertrag sei nach Ziff. 7 des Arbeitsvertrages auf das Arbeitsverhältnis anwendbar. Beim Anspruch auf Karenzentschädigung handele es sich um einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis; eine ordnungsgemäße Entgeltabrechnung komme diesbezüglich nicht in Betracht. Ein etwaiger Verstoß gegen die Aushangpflichten sei unschädlich. Ein Anerkenntnis der Beklagten liege nicht vor. Hinsichtlich der Versicherungssumme habe die Klägerin die Unzulässigkeit der Herabsetzung nicht substantiiert dargelegt. § 14 der Versorgungsordnung sehe ein Erlöschen der Ansprüche vor, soweit gesetzliche Vorschriften nicht entgegenstünden. Nach § 2 BetrAVG sei eine derartige Kürzung möglich. Die Klägerin trage nicht nachvollziehbar vor, dass die Kürzung falsch berechnet worden sei. Die Beweislast für die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes liege bei der Klägerin. Diese habe - insbesondere im Hinblick auf die vorgelegten Versicherungsscheine - keinen ausreichend substantiierten Sachvortrag für eine begünstigende Regelung, von der sie ausgenommen worden sei, erbracht. Die Klägerin habe Anspruch auf die Mitteilung nach § 2 Abs. 6 BetrAVG sowie Ziff. 14 der Versorgungsordnung.

Das Endurteil des Arbeitsgerichts ist den Vertretern der Klägerin ausweislich ihres Empfangsbekenntnisses am 06.07.2004 zugestellt worden (Bl. 277 d.A.). Die Klägerin hat mit Schriftsatz ihrer Vertreter vom 05.08.2004, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am selben Tag, Berufung eingelegt. Sie hat ihre Berufung - nach Verlängerung der Begründungsfrist aufgrund am 06.09.2004 eingegangenen Antrags bis 06.10.2004 - mit am 06.10.2004 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz selben Datums begründet.

Die Klägerin hat in der Berufung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags vorgetragen, das Arbeitsgericht habe §§ 74 Abs. 2, 74b HGB dadurch verletzt, dass es den Anspruch auf Karenzentschädigung als verfallen angesehen habe. Es habe übersehen, dass die Entschädigung für den gesamten Zeitraum mit Schreiben vom 28.09.2000 geltend gemacht worden sei. Es habe nicht berücksichtigt, dass es sich bei der Entschädigung um wiederkehrende Ansprüche handele, bei denen die einmalige Geltendmachung ausreiche. Ohne Bedeutung sei, dass im Schreiben vom 28.09.2000 lediglich das hälftige Monatsgehalt geltend gemacht worden sei, weil dies im Verfahren 6 Sa 616/00 mit Schriftsatz vom 26.10.2000 berichtigt worden sei. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts enthalte das Anwaltsschreiben vom 27.03.2002 ein Anerkenntnis, weil der Einwand der Beklagten sich auf die Höhe der Entschädigung und die Anrechnung eventueller Einkünfte beschränkt habe. Hinsichtlich der Kürzung habe das Arbeitsgericht nicht ausreichend berücksichtigt, dass die Arbeitnehmer H..., G..., F..., E..., J... und L... die Summe ohne Kürzung erhalten hätten. Die Kürzung sei immer dann nicht erfolgt, wenn die Arbeitnehmer die Kündigung akzeptiert hätten und nicht gegen sie vorgegangen seien. Die Kürzung bei ihr, der Klägerin, vorzunehmen, weil sie Kündigungsschutzklage erhoben habe, verstoße gegen das Schikaneverbot. Das Arbeitsgericht hätte insoweit die angebotenen Beweise erheben müssen.

Die Klägerin stellt als Berufungsklägerin daher in der Berufungsinstanz folgende Anträge:

I. Das Urteil des Arbeitsgerichts Würzburg, Kammer Aschaffenburg, vom 19.05.2004, 5 Ca 2376/02 A, wird in Ziff. 2 und Ziff. 3 abgeändert.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.599,83 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2000 zu zahlen.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, die Versicherungssumme aus der bei der D...-Versicherung Lebensversicherung AG - Versicherung-Nr. 484 6117 - bestehenden Lebensversicherung von 9.992,- DM auf 3.357,00 € herabzusetzen.

IV. Die Beklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beklagte schließt sich den Gründen des arbeitsgerichtlichen Urteils an. Sie hält den Vortrag, die Klägerin habe den Anspruch auf Karenzentschädigung bereits mit Schreiben vom 28.09.2000 geltend gemacht, für verspätet. Es sei ihr, der Beklagten, nicht mehr nachvollziehbar, ob sie dieses Schreiben überhaupt erhalten habe. Das Schreiben sei für die Geltendmachung im Übrigen nicht geeignet, weil die Entschädigung im damaligen Zeitpunkt noch nicht fällig gewesen sei. Die Klägerin habe es böswillig unterlassen, anderweitigen Verdienst zu erzielen. Sie habe bisher keine Auskunft über anderweitigen Verdienst gegeben. Der eingeklagte Betrag überschreite das monatliche Arbeitsentgelt, weil er Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Mankogeld und Fahrgeld enthalte. Es sei allenfalls von einem Monatsentgelt von 2.879,08 DM auszugehen, so dass sich für die hälftige Karenzentschädigung allenfalls ein Betrag von 736,03 € errechne. Die begehrte Feststellung über die Unzulässigkeit der Herabsetzung sei unzulässig, weil der Klägerin zumutbar sei, Leistungsklage zu erheben. Die Klägerin habe sich mit den vorgelegten Unterlagen über die erfolgte Kürzung nicht auseinandergesetzt.

Die Kammer hat Beweis erhoben zur bestrittenen Behauptung der Klägerin, die Festbetragsversicherung sei bei keinem Arbeitnehmer gekürzt worden, durch schriftliche Einvernahme des Versicherungsangestellten I... als Zeugen. Hinsichtlich der Einzelheiten der Aussage des Zeugen wegen wird auf dessen Schreiben vom 24.03.2005 und vom 14.04.2005 (Bl. 367 ff. und Bl. 371 ff. d.A.) Bezug genommen. Die Kammer hat des weiteren Beweis erhoben über die Behauptung der Klägerin, bei den ehemaligen Arbeitnehmern E..., F..., G..., J... und L... sei keine Kürzung der Versicherung vorgenommen worden, durch schriftliche Einvernahme der genannten Arbeitnehmer. Der genauen Einzelheiten wegen wird auf die entsprechenden Schreiben Bezug genommen (Bl. 391 ff., Bl. 396 ff., Bl. 403, Bl. 407 ff. und Bl. 421 ff. d.A.).

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, aus der Beweisaufnahme ergebe sich, soweit sie aussagekräftig sei, dass jedenfalls bei den Zeugen L..., J... und F... nicht gekürzt worden sei. Diese seien wie sie, die Klägerin, auf Veranlassung der Beklagten aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Nur bei den Arbeitnehmern, die aufgrund eigener Kündigung ausgeschieden seien, sei eine entsprechende Kürzung vorgenommen worden. Ein Aufhebungsvertrag sei ihr, der Klägerin, nicht angeboten worden.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, aus den Aussagen ergebe sich, dass entsprechende Auszahlungen gerade nicht erfolgt seien. Soweit auf eine Kürzung im Zusammenhang mit dem Abschluss von Aufhebungsverträgen verzichtet worden sei, liege ein ausreichender Differenzierungsgrund zur gekündigten Klägerin vor.

Im nachgelassenen Schriftsatz vom 06.02.2007 hat die Klägerin die Auffassung vertreten, Ziff. 7 des Arbeitsvertrages vom 08.08.1979 führe nicht zu einer Anwendung des Tarifvertrags. Zum einen sei nicht bestimmt, welcher Tarifvertrag Geltung haben solle; es kämen verschiedene Tarifverträge in Betracht. Eine Bezugnahmeklausel müsse zumindest so bestimmt sein, dass sie einer Auslegung zugänglich sei; dies sei vorliegend nicht der Fall. Zum anderen habe die Beklagte die Verbandszugehörigkeit nicht dargelegt. Die Tatsache, dass sie sich im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses auf das Rationalisierungsschutzabkommen berufen habe, begründe keine Anwendung irgendeines Tarifvertrages. Unklarheiten hätten zu Lasten des Arbeitgebers als des Verwenders des Formularvertrages zu gehen. Außerdem handele es sich um eine überraschende und damit unzulässige Klausel. Unabhängig davon müsse sich die Beklagte entgegenhalten lassen, dass sie den Tarifvertrag weder ausgelegt noch ihn sonst wie zu ihrer, der Klägerin, Kenntnis gebracht habe. Im Übrigen habe sie die Ausschlussfrist, wenn sie den doch gelten solle, mit Schreiben vom 28.09.2000 gewahrt. Der Satz "Wir haben Sie weiterhin aufzufordern, auch für die künftigen Monate bis einschließlich 30.06.2001 jeweils monatlich 1.658,25 DM an Karenzentschädigung zu zahlen" erfülle die vom BAG gestellten Anforderungen an eine ausreichende Geltendmachung. Die Beklagte habe hierdurch erkennen können, welche Forderungen erhoben würden; der Anspruch sei spezifiziert. Sinn und Zweck, dem Schuldner zur Prüfung zu veranlassen, ob er der Forderung entsprechen, Beweise sichern oder Rücklagen bilden wolle, seien erfüllt (BAG DB 1972, 1635, 2487; BAG AP BMT-6 II, § 63 Nr. 1; BAG DB 72,9 178; BAG NZA 2002, 1340). Es komme nicht darauf an, ob sich der Anspruch tatsächlich verringere oder in Wegfall gerate. Der Einwand, es könne sein, dass sie nachträglichen Verdienst hätte anrechnen lassen müssen, trage daher nicht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des Ersturteils vom 19.05.2004 (Bl. 37 ff. d.A.), die jeweilige Niederschrift über die mündlichen Verhandlungen vor dem Landesarbeitsgericht vom 15.03.2005, vom 14.02.2006 und vom 09.01.2007 (Bl. 362 f., 450 f, und 472 f. d.A.) und die zwischen den Parteien in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, weil sie sich gegen ein arbeitsgerichtliches Urteil richtet (§ 64 Abs. 1 ArbGG). Der Beschwerdewert überschreitet 600,- € (§ 64 Abs. 2b) ArbGG). Die Berufung ist auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO, 66 Abs. 1 S. 1, S. 2 ArbGG).

II.

Die Berufung ist aber nicht begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Karenzentschädigung nicht zu. Ebenso kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagten die Kürzung der Lebensversicherung untersagt ist. Die Kammer folgt weitgehend den Gründen des Arbeitsgerichts, denen sie sich anschließt, so dass auf eine wiederholende Darstellung verzichtet werden kann. Auch die durch die Kammer des Landesarbeitsgerichts durchgeführte Beweisaufnahme hat ein anderes Ergebnis nicht erbracht.

1. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Karenzentschädigung für November 2000 ist, wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, wegen Eingreifens der Ausschlussfristen des Tarifvertrages verfallen.

1. Hierbei geht die Kammer entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts davon aus, dass die Tarifverträge für das Braugewerbe in D... (TR 19-240 ab 143) auf das Arbeitsverhältnis Anwendung fanden. Die Kammer hat diese Anwendbarkeit im zwischen den Parteien ergangenen Urteil vom 18.12.2001 im Verfahren 6 Sa 616/00 ausführlich begründet. Sie hat sich insbesondere auf die Bestätigung der Beklagten vom 19.02.1998, mit der die Betriebszugehörigkeit gemäß dem Manteltarifvertrag dieser Branche berechnet wurde, bezogen. Die Klägerin selbst ist bei der Geltendmachung der - ihr durch das Landesarbeitsgericht im genannten Urteil zugesprochenen - Abfindung nach dem Rationalisierungsschutzabkommen von der Anwendbarkeit der Tarifverträge dieser Branche auf das Arbeitsverhältnis ausgegangen. Sie hat sich im vorliegenden Verfahren selbst - im Hinblick auf die Geltendmachung der Karenzentschädigung - ausdrücklich auf ihre Ausführungen in der dortigen Berufungsbegründungsschrift vom 26.10.2000 bezogen. Sie kann sich im jetzigen Verfahren, wenn es um die Einschlägigkeit von Ausschlussfristen geht, nicht darauf berufen, wegen der Unklarheitenregel - im Arbeitsvertrag fehlt in der Tat eine genaue Bezeichnung des anwendbaren Tarifvertrages - könnten die Ausschlussfristen nicht zur Anwendung kommen. Die Unklarheitenregel kann nur dazu führen, dass gar kein Tarifvertrag zur Anwendung kommt. Wenn die Klägerin aber - wie die Kammer mit Urteil vom 18.12.2001 festgestellt hat, zu Recht - für sie günstige Elemente aus nach der Bezugnahmeklausel anwendbaren Tarifverträgen einer bestimmten Branche für sich in Anspruch nimmt, muss sie auch die für sie ungünstigen Umstände gegen sich gelten lassen. Anderes wäre von der Rechtsordnung untersagtes widersprüchliches Verhalten (§ 242 BGB). Spätestens im Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruches aus dem Rationalisierungsabkommen, also jedenfalls am 26.10.2000, war der Klägerin bewusst, welcher Tarifvertrag mit der Bezugnahmeklausel gemeint gewesen sein soll. Spätestens in diesem Zeitpunkt waren die bei ihr bestehenden Zweifel, die von ihr geltend gemachte Unklarheit, offenbar beseitigt. Die Klägerin kannte die nach ihrer Ansicht auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifbestimmungen. Insofern gilt dasselbe wie bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen das Nachweisgesetz in Fällen, in denen die anwendbaren Tarifbestimmungen nicht ausdrücklich im Arbeitsvertrag aufgeführt sind. Spätestens in demjenigen Zeitpunkt, in dem dem Arbeitnehmer bewusst ist, welcher Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sein soll, muss er sich diese Kenntnis auch in Bezug auf einschlägige Ausschlussfristen zurechnen lassen (BAG vom 29.05.2002, 5 AZR 105/01, EzA § 2 NachwG Nr. 4 unter I.4. der Entscheidungsgründe). Dies gilt selbst dann, wenn nach der Bestätigung der Beklagten vom 19.02.1998 noch Zweifel geblieben wären. Aus diesem Grund ist im Übrigen auch das Landesarbeitsgericht im Urteil vom 18.12.2001 ohne weiteres von der Notwendigkeit zur Einhaltung der entsprechenden Ausschlussfristen ausgegangen (S. 20/21 der Entscheidungsgründe).

2. Unerheblich ist, dass die Beklagte die in § 20 des Manteltarifvertrages festgelegte Verpflichtung, für dauerhaften Anschlag dieser Bestimmung am Schwarzen Brett zu sorgen, nicht erfüllt hat. Diese tarifliche Pflicht entspricht der schon nach § 8 TVG vorgegebenen Gesetzeslage. Für diese entspricht es der ständigen Rechtsprechung und ganz herrschenden Auffassung, der sich die Kammer anschließt, dass ein Verstoß gegen diese Aushangverpflichtung nicht zur Nichtanwendbarkeit des Tarifvertrages oder der darin enthaltenen Ausschlussfristen führt (vgl. zuletzt etwa BAG vom 23.01.2002, 4 AZR 56/01; BAG vom 17.04.2002, 5 AZR 89/01; BAG vom 05.11.2003, 5 AZR 676/02, EzA § 2 NachwG Nrn. 3, 5 und 6; Franzen in Erfurter Kommentar, a.a.O., § 8 TVG Rn. 4). Es ist nicht erkennbar, dass die Tarifparteien mit ihrem Hinweis eine darüber hinausgehende Rechtsfolge beabsichtigt hätten, zumal sie in Ziff. 3 ausdrücklich niedergelegt haben, dass die Ausschlussfristen unter bestimmten Voraussetzungen nicht zur Anwendung kommen sollen. Hätten sie diese Rechtsfolge auch bei Verletzung der Aushangpflicht gewollt, hätte es nahegelegen, diese Rechtsfolge auch in diesem Punkt ausdrücklich anzuordnen (vgl. hierzu Reinecke in Däubler, TVG, a.a.O., § 8 Rn. 24). Die fehlende Auslegung und die ungenaue Bezugnahmeklausel können einen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers begründen. Da die Klägerin jedoch spätestens mit der Berufungsbegründung im Verfahren 6 Sa 616/00 im Oktober 2000 die Rechte aus dem Tarifvertrag des Braugewerbes in Anspruch genommen hat, hätte sie selbst die entsprechenden Bedingungen des Tarifvertrages beachten müssen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt - also vor Fälligkeit des Anspruchs auf die Karenzentschädigung für November 2000 - lag es an ihr selbst, die vorgesehenen Fristen einzuhalten. Der fehlende Aushang hat sich ebenso wie die unzureichende Bezeichnung im Sinne des § 2 NachwG insoweit nicht ausgewirkt, war nicht kausal für einen eventuellen Schaden.

3. Ähnliches gilt für die fehlende Aushändigung einer Entgeltabrechnung. Diese Einschränkung aus Ziff. 4 des § 20 des MTV kommt vorliegend angesichts dessen nicht zum Tragen, dass die Beklagte eine Abrechnung erst vornehmen könnte, wenn ihr das Bestehen nach Grund und Höhe des Anspruches bewusst wäre. Es lag aber bezüglich der Karenzentschädigung allein an der Klägerin, die maßgebenden Voraussetzungen für ihren Anspruch zu benennen. Erst nach ihrer Erklärung über anderweitiges anzurechnendes Einkommen war die Beklagte überhaupt zur Erstellung einer Abrechnung veranlasst und in der Lage. Diese tarifliche Einschränkung kommt daher bei der Karenzentschädigung nicht zum Tragen.

4. Die Ausschlussfristen sind, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, auch auf Ansprüche auf Karenzentschädigung anzuwenden. Die Klausel erfasst in ihrer Ziff. 1 "gegenseitige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis". Hierzu zählen unzweifelhaft auch Ansprüche auf Wettbewerbsentschädigung (BAG vom 18.12.1984, 3 AZR 383/82, AP Nr. 87 zu § 4 TVG Ausschlussfristen; BAG vom 17.06.1997, 9 AZR 801/95, EzA § 74 HGB Nr. 60; BAG vom 22.06.2005, 10 AZR 459/04, EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 179 unter II.1.d. der Entscheidungsgründe; Preis in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 7. Aufl. 2007, §§ 194-218 Rn. 51; Zwanziger in Däubler, TVG, 2. Aufl. 2006, § 4 Rn. 1128; Krause RdA 2004, 36 ff., insbes. 44; a.A. für die Klausel "Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag" Wank in Wiedemann, TVG, 6. Aufl. 1999, § 4 Rn. 810). Die Kammer sieht wie das Bundesarbeitsgericht keinen Anlass, Ansprüche auf Karenzentschädigung von der Geltung derart allgemein gefasster Ausschlussfristen auszunehmen; anderes würde nur dann gelten, wenn die Klausel auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses (so etwa im Fall des BAG vom 22.05.1990, 3 AZR 647/88, EzA § 74 HGB Nr. 53) oder auf Ansprüche aus einem "bestehenden" Arbeitsverhältnis abstellen würde. Dies ist aber vorliegend nicht der Fall. Die Klägerin macht selbst geltend, dass sich der Anspruch nicht aus § 74 Abs. 2 HGB ergibt, sondern aus den individualvertraglichen Abmachungen, die ein volles Gehalt als Entschädigung vorsehen würden. In einem solchen Fall kann die Anwendung der Klausel über Ausschlussfristen, die allgemein auf Ansprüche "aus dem Arbeitsverhältnis" bezogen ist wie § 20 Ziff. 1 des genannten Tarifvertrages, nicht zweifelhaft sein.

5. Die Klägerin hat die Ausschlussfrist für die November 2000 betreffende und erst mit Ablauf des November 2000 fällige Karenzentschädigung nicht dadurch gewahrt, dass ihre Prozessbevollmächtigten im Schreiben vom 28.09.2000 (a.a.O., Bl. 337 d.A.) der Geltendmachung für die Monate Juli bis September 2000 den Satz hinzugefügt haben, die Beklagte werde aufgefordert, auch für die künftigen Monate bis einschließlich 30.06.2001 jeweils monatlich 1.658,25 DM an Karenzentschädigung zu zahlen. Im Zeitpunkt des - nach Angaben der Klägerin noch im September 2000 zugegangenen - Schreibens war die Karenzentschädigung für November 2000 noch nicht fällig. Es kann dahinstehen, ob eine Geltendmachung der Karenzentschädigung bereits vor Fälligkeit möglich ist. Eine solche Geltendmachung des Anspruches vor Fälligkeit setzt nämlich zumindest voraus, dass der Anspruch bereits entstanden ist. Dies war, wie die Beklagte zu Recht einwendet, im September 2000 für die Karenzentschädigung für November 2000 aber noch nicht der Fall. Der Anspruch auf Zahlung der Karenzentschädigung entsteht mit Ablauf jeden Monats der Wettbewerbsverbotszeit (BAG vom 22.06.2005, a.a.O.). Voraussetzung für das Entstehen ist, dass die rechtserzeugende Anspruchsvoraussetzung bei der Geltendmachung bereits erfüllt sein muss (BAG vom 09.03.2005, 5 AZR 385/02, EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 177). Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen gilt nur bei Entgeltansprüchen, deren Bestehen vom Ausgang eines Kündigungsschutzprozesses abhängt. In derartigen Fällen ist nämlich über den prozessualen Inhalt des Kündigungsschutzbegehrens hinaus das Gesamtziel der Klage zu beachten, das sich in der Regel nicht auf die Erhaltung des Arbeitsplatzes beschränkt, sondern zugleich auch auf die Sicherung der Ansprüche gerichtet ist, die durch den Verlust des Arbeitsplatzes möglicherweise verlorengehen. Damit ist der Arbeitgeber ausreichend von dem Willen des Arbeitnehmers unterrichtet, die durch die Kündigung bedrohten Einzelansprüche aus dem Arbeitsverhältnis aufrechtzuerhalten (so ausdrücklich BAG vom 09.03.2005, a.a.O., mit dem Bemerken, es handele sich um einen Ausnahmetatbestand). Dem entspricht, dass gerade bei Annahmeverzugsansprüchen, die von der Wirksamkeit einer Kündigung abhängen, eine konkrete und endgültige Geltendmachung der letztlich bestehenden Ansprüche erst nach Ablauf des gesamten Zeitraumes, für den der Annahmeverzug besteht, möglich ist. Bei der Ermittlung des abzuziehenden anderweitigen Verdienstes ist nämlich eine vergleichende Gesamtberechnung durchzuführen. Der Gesamtvergütung ist gegenüberzustellen, was der Arbeitnehmer während des gesamten Zeitraums anderweitig erworben hat (ständige Rechtsprechung, zuletzt BAG vom 22.11.2005, 1 AZR 407/04, EzA § 615 BGB 2002 Nr. 14 mit ausführlicher Begründung). Muss man eine solche Gesamtrechnung vornehmen, können die Abzugsbeträge für anderweitigen Verdienst denklogisch nur am Schluss des betreffenden Zeitraums mit ausreichender Sicherheit angeführt werden. Die Angabe bei den einzelnen Monaten kann ohnehin nur vorläufig sein. Kann man den anderweitigen Verdienst also nicht unmittelbar einem bestimmten Monat zurechnen, wäre es auch nicht gerechtfertigt, dies fiktiv im Hinblick auf geltende Ausschlussfristen anzunehmen. Aus diesem Grund erscheint die von der Klägerin in Anspruch genommene Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für den Fall des Annahmeverzugs bei Kündigung überzeugend und zutreffend. Sie lässt sich auf die Karenzentschädigung aber - unabhängig davon, dass sie auch vom Bundesarbeitsgericht als Ausnahmetatbestand bezeichnet wird (BAG vom 09.03.2005, a.a.O., unter III.1.a. Absatz 2 der Entscheidungsgründe), nicht übertragen. Bei Ansprüchen auf Karenzentschädigung erfolgt die Anrechnung anderweitigen Verdienstes für jeden Monat, in dem der Arbeitnehmer Karenzentschädigung beanspruchen kann und andere Leistungen bezieht (zuletzt BAG vom 16.11.2005, 10 AZR 152/05, EzA § 74c HGB Nr. 35; Schaub in Erfurter Kommentar, a.a.O., § 74c HGB Rn. 18). Es ist erst nach Verstreichen des jeweiligen Zeitraumes, für den die Karenzentschädigung gefordert wird, erkennbar, ob und in welcher Höhe die Karenzentschädigung gefordert werden kann.

Damit besteht keine Veranlassung, von den allgemeinen Grundsätzen der Voraussetzung einer wirksamen Geltendmachung abzuweichen. Diese verlangt eine genaue Bezifferung des geltend gemachten Anspruches. Nur in den Fällen, in denen der Anspruchsteller vor Fälligkeit behauptet, dass der von einer Norm zur Entstehung des Anspruchs vorausgesetzte Tatbestand vollständig verwirklicht ist, kann sich der Anspruchsgegner wie bei einem fälligen Anspruch auf die erhobene Forderung einstellen und sich Klarheit über das Bestehen oder Nichtbestehen des Anspruchs verschaffen. In einem solchen Fall handelt es sich nicht um die bloße Ankündigung eines möglichen Anspruchs. Nur dann ist nicht ungewiss, ob und gegebenenfalls wann und unter welchen Umständen ein Anspruch überhaupt entsteht; lediglich die Leistung kann erst künftig verlangt werden. Die von der Ausschlussfrist bezweckte rasche Klärung des Anspruchs kann nur in solchen Fallgestaltungen bei einer Geltendmachung vor Fälligkeit in der Regel erreicht werden (BAG vom 10.07.2003, 6 AZR 283/02, und vom 11.12.2003, 6 AZR 539/02, EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nrn. 168 und 170). Die Auffassung der Klägerin, die allgemeine Geltendmachung der Karenzentschädigung auch für die Zukunft genüge, würde auf eine Geltendmachung "auf Vorrat" hinauslaufen; es wäre gerade nicht klar, ob und inwieweit der Arbeitgeber verpflichtet wäre. Dies widerspräche dem Sinn und Zweck der Ausschlussfristen, Klarheit über Bestehen und Höhe des verlangten Anspruchs zu schaffen.

Die Ausschlussfrist ist selbst dann nicht eingehalten, wenn man den Anspruch auf Karenzentschädigung mit Wirksamwerden der Kündigung und Beginn des Wettbewerbsverbotes als "entstanden" ansieht. Eine vorfällige Geltendmachung kann ihren Zweck nämlich nur dann erfüllen, wenn die Anspruchsvoraussetzungen hinreichend bestimmt oder bestimmbar sind. Dies ist bei der Karenzentschädigung der vorliegenden Art jedoch nicht der Fall. Die Klägerin macht ein volles Monatsgehalt als Entschädigung geltend; nach den vertraglichen Bedingungen ist die Anrechnung anderweitigen Erwerbs nach § 74c HGB geregelt - dies bedeutet, dass anderweitiger Erwerb sowie sonstige bezogene Leistungen, die 10% des Monatsentgelts überschreiten, bereits zum teilweisen Erlöschen des Anspruches führen. Entsprechend hat das Landesarbeitsgericht die eingeklagte volle Karenzentschädigung im Urteil vom 18.12.2000 erheblich gekürzt. Für die Beklagte war im Zeitpunkt des Zugangs des Schreibens vom 28.09.2000 in keiner Weise erkennbar, ob und in welcher Höhe der Klägerin eine Karenzentschädigung zustand - ab Dezember 2000 hat die Klägerin eine solche offenbar nicht mehr verlangt. Gerade in den Fällen, in denen Bestehen und Höhe des Anspruches von weiteren Voraussetzungen abhängt, in denen Ungewissheit über die Verpflichtung und ihre Höhe besteht, kann eine vorfristige Geltendmachung den durch die Ausschlussfristen beabsichtigten Zweck nicht erfüllen. Im Zeitpunkt der Geltendmachung durch das Schreiben vom 28.09.2000 war weder der Klägerin noch der Beklagten bekannt, ob und in welcher Höhe eine Zahlungsverpflichtung hinsichtlich der Karenzentschädigung entstehen würde. Es ist in keiner Weise erkennbar, welches Hindernis einer entsprechenden Geltendmachung entgegengestanden hätte. Es wäre der Klägerin ohne weiteres zuzumuten gewesen, innerhalb der dreimonatigen Ausschlussfrist diese Unklarheit durch - formlose - Geltendmachung zu beseitigen. Nach eigenen Angaben bestand im November keine Arbeitsunfähigkeit mehr, so dass Hemmung nach § 20 Ziff. 3 nicht eintrat.

6. Unabhängig hiervon greift auch der von der Beklagten erhobene Einwand der Verwirkung. Die Klägerin hat Karenzentschädigung für die Monate Juli bis September 2000 konkret geltend gemacht und für Juli bis Oktober 2000 dann auch eingeklagt. Für die weiteren Monate hat sie dies - offenbar mit Rücksicht auf § 74c HGB - unterlassen. Sie hat sich vielmehr erst im Jahr 2002, also mehr als dreizehn Monate nach Fälligwerden der streitgegenständlichen Karenzentschädigung, wieder wegen des behaupteten streitgegenständlichen Anspruches für November 2000 bei der Beklagten gemeldet. Damit ist der für Verwirkung anzunehmende längere Zeitablauf, in dem Geltendmachung zu erwarten gewesen wäre, erfüllt. Die Klägerin hat mit ihrem Zuwarten keine Rücksicht auf das berechtigte Interesse der Beklagten genommen, die Voraussetzungen ihrer möglichen Zahlungsverpflichtung möglichst zeitnah prüfen zu können. Die Beklagte erklärt nachvollziehbar, nach mehr als dreizehn Monaten sei es ihr nicht mehr möglich gewesen, zu prüfen, ob die Klägerin etwa anderweitigen Verdienst nach § 74c Abs. 1 HGB böswillig unterlassen habe. Sie durfte deshalb darauf vertrauen, die Klägerin werde mit einer Forderung für November 2000 nicht mehr hervortreten (ähnlich LAG Nürnberg vom 26.10.2006, 5 Sa 674/05, nicht veröffentlicht). Darauf konnte die Beklagte sich auch einstellen und einrichten (vgl. auch BAG vom 17.02.1988, 5 AZR 638/86, EzA § 630 BGB Nr. 12).

7. Unabhängig hiervon bestünde der Anspruch, selbst wenn man die Rechtsansicht der Klägerin über die Möglichkeit zur vorfälligen Geltendmachung zugrunde legen würde, allenfalls in Höhe der mit Schreiben vom 28.09.2000 geltend gemachten hälftigen Forderung. Die Klägerin hat mit diesem Schreiben, selbst wenn man es als ausreichende Geltendmachung ansehen würde, ausdrücklich einen Betrag in Höhe von 1.658,25 DM verlangt, nicht aber den eingeklagten Betrag von 1.599,83 €. Ihre Ansicht, die Beklagte habe im Hinblick auf die Berufungsbegründung davon ausgehen müssen, dass sie ein volles Monatsgehalt verlange, greift angesichts der ausdrücklichen Forderung eines bestimmten Betrages für die Folgemonate nicht. Im Hinblick hierauf kann dahinstehen, ob der Klägerin im Hinblick darauf, dass bezüglich der Einzelheiten der Karenzentschädigung in Ziff. 5 des Anstellungsvertrages ausdrücklich auf die entsprechende Urkunde verwiesen wird, in der die - auch im Gesetz vorgesehene - hälftige Entschädigung ausdrücklich benannt ist, nicht nur diese hälftige Entschädigung zustehen könnte.

2. Die Klägerin kann auch die begehrte Feststellung bezüglich der Lebensversicherung nicht verlangen. Die Beklagte ist zur Kürzung des Lebensversicherungsbetrages nämlich berechtigt.

1. Diese Kürzungsberechtigung besteht zunächst nach den Versicherungsbedingungen. Hiervon geht auch die Klägerin selbst aus. Die Tatsache, dass die Parteien bei Abschluss des Versicherungsvertrages von einer Dienstzeit bis 01.12.2013 ausgegangen sind, ergibt sich schon aus dem als Anlage K 3 zur Klage vorgelegten Versicherungsschein (Bl. 10 d.A.) und den entsprechenden Versicherungsbedingungen. Offenbar hat die Beklagte die Höhe der Versicherung danach berechnet, wie viele Jahre der Mitarbeiter noch bis zur Erreichung des 65. Lebensjahres zurückzulegen hatte (vgl. die von der Beklagten vorgelegten Versicherungsscheine, Bl. 148 ff. d.A.). An der Zulässigkeit einer solchen Regelung bestehen im Hinblick auf § 2 BetrAVG keine Bedenken.

2. Der Klägerin steht kein Anspruch auf ungekürzte Auszahlung deswegen zu, weil die Beklagte aus Gründen der Gleichbehandlung hierzu verpflichtet wäre. Die Beklagte hat eine Vielzahl von den Mitarbeitern ausgehändigten Versicherungsscheinen und nach dem Ausscheiden des Mitarbeiters unter Berücksichtigung dieses Ausscheidens neu berechneten Versicherungsscheinen vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass eine Kürzung im Verhältnis Betriebszugehörigkeit zu erwarteter Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres durchweg erfolgt ist (Bl. 148 ff. d.A.). Der von der Kammer im Wege schriftlicher Zeugeneinvernahme vernommene Zeuge I... hat bestätigt, dass in der Regel Kürzungen erfolgt seien. Zwar ergibt sich aus den Aussagen der Zeugen J... (Bl. 393 d.A.) und L... (Bl. 399 d.A.) und insbesondere aus den von ihnen vorgelegten Ablichtungen der mit ihnen geschlossenen Aufhebungsverträge, dass eine Kürzung bei diesen beiden Mitarbeitern nicht erfolgt ist. Die Aussage des Zeugen F... (Bl. 402) deutet - unabhängig davon, dass diesbezüglich aufgrund des Ausscheidens spätestens im Jahr 1988 (vgl. Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 16.02.2004, Bl. 125/126 d.A.) ein vergleichbarer Sachverhalt kaum vorliegen dürfte - hinsichtlich der Kürzung bei ihm selbst auf anderes hin. Beim Zeugen E... (Bl. 407 ff. d.A.) wurde die Versicherung offensichtlich gekürzt (vgl. Bl. 410 ff. d.A.). Der Zeuge G... hat erklärt, er habe die Versicherung nicht erhalten (Bl. 421 d.A.); demgegenüber hat die Beklagte bezüglich dieses Zeugen eine Kürzung behauptet und entsprechende Unterlagen vorgelegt (Bl. 148 f. d.A.). Die Beweisaufnahme hat damit nicht ergeben, dass die Beklagte die Versicherung jeweils ungekürzt an die vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmer weitergegeben hat. Der Kläger ist diesbezüglich beweisfällig geblieben.

3. Entgegen der Ansicht der Klägerin stellt es keine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes dar, dass die Beklagte bei den Arbeitnehmern J... und L... nicht gekürzt hat, bei ihr, der Klägerin, dagegen schon. Es liegt insoweit - unabhängig davon, ob die Behauptung der Klägerin zutrifft, alle anderen genannten Arbeitnehmer hätten selbst gekündigt und seien nicht auf Veranlassung der Beklagten aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden, woran erhebliche Zweifel bestehen (vgl. etwa die Aussage der Zeugen F... und G...) - eine sachlich gerechtfertigte Differenzierung vor. Die beiden genannten Arbeitnehmer sind durch Aufhebungsvertrag aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden; sie haben sich mit der Beklagten auf Abfindung und andere Modalitäten geeinigt. An einer solchen Einigung fehlt es im Verhältnis zur Klägerin. Sie hat eine Kündigung erhalten, Kündigungsschutzklage erhoben und eine Abfindung nach dem Rationalisierungsschutzabkommen eingeklagt und auch erhalten. Gerade der Umstand, dass die anderen Arbeitnehmer solche Ansprüche nicht eingeklagt haben, dass mit ihnen eine umfassende Einigung über Ausscheiden und noch zu erfüllende Ansprüche erzielt worden ist - wozu auch die Ansprüche auf die Lebensversicherung zählten -, stellt eine ausreichende Begründung für Differenzierung zwischen diesen Arbeitnehmern und der Klägerin dar. Die Berufung der Klägerin auf das Schikaneverbot geht dabei ins Leere. Sie könnte allenfalls erfolgreich sein, wenn die Mitarbeiter J... und L... die Kündigung hingenommen und keine Kündigungsschutzklage erhoben hätten, wenn bei der Klägerin nur und gerade deswegen gekürzt worden wäre, weil sie Klage erhoben hat. Dies ist aber erkennbar nicht der Fall. Die Mitarbeiter haben nicht die Kündigung hingenommen, sondern mit der Beklagten eine umfassende Einigung über die noch vorhandenen Ansprüchen als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes getroffen. Das Vorhandensein der Einigung stellt den erforderlichen Differenzierungsgrund dar, nicht aber die - erfolgte oder fehlende - Klageerhebung gegen die Kündigung. Wäre dies anders, müsste ein Arbeitgeber denjenigen Arbeitnehmern, mit denen eine Einigung über den Abschluss eines Aufhebungsvertrages nicht gelingt und die deswegen Kündigungsklage erheben, nach Abweisung der Kündigungsklage immer auch dieselben Leistungen zugute kommen lassen, wie er sie mit den anderen im Aufhebungsvertrag vereinbart hat. Dies ist von der Rechtsordnung nicht geboten. Eine Verpflichtung zur ungekürzten Auszahlung wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ist damit nicht erkennbar.

3. Nach alldem hat das Arbeitsgericht im Ergebnis und weitgehend auch in der Begründung richtig entschieden. Die Berufung hat keinen Erfolg, so dass die Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO).

4. Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass.

Ende der Entscheidung

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