Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 09.10.2001
Aktenzeichen: 6 Sa 819/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 137
ZPO § 526 Abs. 1
In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht kann die Bezugnahme auf erstinstanzliche Schriftsätze nicht zugelassen werden, wenn die Bezugnahme nicht angemessen ist.

Die Bezugnahme ist u.a. nicht angemessen im Berufungsverfahren gegen das dritte arbeitsgerichtliche Teilurteil, wenn die erstinstanzlichen Akten wegen einer Vielzahl das Berufungsverfahren nicht betreffenden Ansprüche völlig unübersichtlich geworden ist.


6 Sa 819/00

wegen sonstiges

Die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Landesarbeitsgericht Beiersmann als Vorsitzender und der ehrenamtlichen Richter Reinhard Müller und Bernhard Kreser aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. September 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

1.

Die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 15.09.2000 - Gz.: 10 Ca 9946/94 - wird auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen. 2.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz über Schadensersatzansprüche aus Annahmeverzug wegen Nichtstellung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung.

Der Kläger war seit mindestens 1990 bei der Beklagten bzw. der Fa. ... beschäftigt. Nach dem vom Arbeitsgericht in Bezug genommenen Anstellungsvertrag mit der Firma ... wurde dem Kläger jederzeit widerruflich ein Dienstwagen zur Verfügung gestellt. Die Treibstoffkosten für Privatfahrten trägt der Mitarbeiter, insbesondere für Urlaubsfahrten, in einem angemessenen und noch abzusprechenden Rahmen. Spätestens ab 01.07.1990 war der Kläger dann als Verkaufsleiter Deutschland Großhandel beschäftigt. Hierüber existiert ein von beiden Parteien nicht unterzeichneter Dienstvertrag. Die Beklagte stellte den Kläger ab 17.05.1992 von der Arbeitsleistung frei und kündigte das Arbeitsverhältnis zum 31.12.1992. Diese Kündigung wurde im Vorprozess rechtswirksam für unwirksam erklärt. Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 30.03.1993 zum 28.02.1994 und nochmals am 28.04.1994 zum 01.05.1994. Im weiteren Vorprozess stellte das Landesarbeitsgericht Nürnberg fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 28.04.1994 zum 31.07.1994 sein Ende gefunden hat.

Mit seiner am 23.12.1994 eingegangenen Klage macht der Kläger eine Vielzahl von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis gegen die Beklagte geltend.

Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, ihm denjenigen Betrag zu ersetzen, der durch den Entzug der Privatnutzung des Dienstfahrzeuges entstanden sei. Der monatliche Vorteil sei mit DM 800,-- anzusetzen. Somit ergäbe sich für die Jahre 1993 und 1994 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Arbeitsverhältnisses ein Betrag von DM 9.600,-- sowie von DM 5.600,--.

Der Kläger hat daher erstinstanzlich u.a. beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, folgende Beträge zu zahlen:

II. DM 9.600,-- netto nebst 4 % Zinsen ab 01.01.1994 DM 5.600,-- netto nebst 4 % Zinsen seit 01.01.1995.

Die Beklagte hat erstinstanzlich Klageabweisung beantragt.

Sie hat sich in erster Linie auf die Ausschlussfristen des allgemeinverbindlichen Manteltarifvertrages für den Groß- und Außenhandel in Bayern bezogen.

Das Arbeitsgericht Nürnberg hat die Klage bezüglich des u.a. Klageantrags mit Teilurteil vom 15.09.2000 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, mögliche Ansprüche seien nach § 1 Ziffer 2 MTV für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in den bayerischen Betrieben des Groß- und Außenhandels erloschen. Soweit das Arbeitsgericht teilweise auf den Manteltarifvertrag für das Elektrohandwerk Bezug nimmt, liegt ein offensichtliches Diktatversehen vor.

Gegen das dem Kläger am 17.10.2000 zugestellte Teilurteil legte dieser am 16.11.2000 Berufung ein. Wegen der weiteren Formalien der Berufung wird auf die protokollarischen Feststellungen in der Sitzung vom 11.09.2001 Bezug genommen. Wegen Umfirmierung wurde das Rubrum der Beklagten berichtigt.

In der Berufungsbegründung hat der Kläger und Berufungskläger im Wesentlichen vorgetragen, das Ersturteil sei schon deswegen fehlerhaft, weil es teilweise die Anwendung des MTV für das Elektrohandwerk, in der weiteren Begründung aber den Tarifvertrag des Groß- und Außenhandels anwende. Die Anwendung des Tarifvertrages des Groß- und Außenhandels sei fehlerhaft.

Die Berufung auf die Ausschlussfristen sei treuwidrig. Mit Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 02.12.1996 habe die Beklagte mitteilen lassen: "Es gibt keine allgemeinverbindlichen Tarifverträge und es gibt keine Tarifbindung der Beklagten. Es gibt keine betriebliche Übung und keine vertragliche Bezugnahme."

Erst 1998 habe die Beklagte plötzlich das Gegenteil behauptet. Die falsche Behauptung nach all den Jahren der Prozessführung unterliege dem Willkürverbot. Es sei auch das Verbot der Rückwirkung einzuwenden.

Zudem sei die ... eine ...-Division. Allen selbstständigen ... GmbHs sei gemeinsam, dass die Produktherstellung im ... ...gerätewerk in ... erfolge. Die einzelnen GmbHs seien verantwortlich für die jeweilige Produktlinie und nähmen entscheidenden Einfluss auf technische Eigenheiten und gegebenenfalls auch deren Änderung, gäben Planzahlen für die Produktion vor und gestalteten Verpackung, Prospekte und prinzipierte Werbestrategien. Ein Mitarbeiter der Beklagten sei laufend in .., um dort direkt Einfluss zu nehmen. Alle ... GmbHs in Deutschland unterlägen dem Tarifbereich der Metall- und Elektroindustrie mit Ausnahme einer Bau GmbH. Seine, des Klägers, Aufgabe sei es gewesen, Großhändler als Kunden zu gewinnen. Insgesamt 22 Großhändler kauften bei der Beklagten die Ware auf eigene Rechnung ein.

Zur Begründung des Klageanspruchs wurde in der mündlichen Verhandlung seitens der Prozessbevollmächtigten des Klägers nichts vorgetragen. Der Kläger hat dann persönlich vorgetragen, das Dienstfahrzeug sei ihm schriftlich zugesichert worden. Es sei ihm aber einfach abgenommen worden und er habe es im Dezember 1992 abliefern müssen, als er Kündigungsschutzklage erhoben habe. Für die Nutzung für drei Monate seien ihm DM 7.900,-- abgezogen worden. Die Beklagte habe unrichtig vorgetragen, dass das Fahrzeug ein Mietfahrzeug gewesen sei; es sei privat bezahlt worden. Die Beklagte habe auch bestritten, dass er das Fahrzeug habe privat nutzen dürfen. Auf Aufforderung des Arbeitsgerichts habe er seine Kosten aufgelistet.

Außerdem wurden neben dem Urteil im Vorverfahren die im Protokoll bezeichneten Unterlagen überreicht.

Der Kläger und Berufungskläger beantragt:

1.

Das Teilurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 15.09.2000, Az: 10 Ca 9946/94 wird aufgehoben.

2.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 9.600,-- nebst 4 % Zinsen seit 01.01.1994 und DM 5.600,-- nebst 4 % Zinsen seit 01.01.1995 zu zahlen.

3.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt:

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 15.09.2000 wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Sie trägt vor, das Erstgericht habe zwangsläufig zu der Auffassung gelangen müssen, dass sie, die Beklagte, nicht selbst produziere, sondern nur handle und vornehmlich an den Einzelhandel verkaufe. Soweit die Produkte importiert würden, liege Außenhandel vor. Soweit inländisch vermarktet werde, liege Großhandel vor. Ergänzend hat sie vorgetragen, sie entwickle weder selbst etwas noch nehme sie auf die Entwicklung irgendwelcher Produkte durch Dritte maßgeblichen Einfluss. Natürlich berichte sie auch über ihre Markterfahrungen. Dies sei aber nicht die Geschäftsaufgabe, sondern die Erledigung von Nebeninteressen und Pflichten maßgeblicher Art.

Soweit im Prozess die Auffassung vertreten worden sei, es liege kein Tarifvertrag vor, sei darauf hinzuweisen, dass die Ansprüche schon vor Eingang dieses Schriftsatzes gemäß MTV für den Groß- und Außenhandel verfallen seien.

Wegen des übrigen Sachvortrags der Parteien wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig.

Sie ist vom Arbeitsgericht gemäß § 64 Abs. 2 a ArbGG zugelassen worden und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 516, 518, 519 ZPO, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Die Voraussetzungen des § 519 Abs. 3 Satz 2 ZPO sind gewahrt. In der Berufungsschrift wird dargelegt, aus welchen Gründen nach Auffassung des Berufungsklägers der geltend gemachte Anspruch nicht verfallen ist. Da sich das angefochtene Urteil nur hiermit befasst, brauchte in der Berufungsbegründung nicht näher dargelegt zu werden, dass der Anspruch auch dem Grunde nach besteht.

II.

Die Berufung ist unbegründet.

Der Kläger hat im Berufungsverfahren nicht schlüssig dargetan, dass ihm der geltend gemachte Klageanspruch zusteht. Darüber hinaus ist aber auch der Auffassung des Arbeitsgerichts beizupflichten, dass ein möglicher Anspruch nach § 1 Ziffer 2 MTV für die Arbeitnehmer in den bayerischen Betrieben des Groß- und Außenhandels verfallen ist.

1.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht schlüssig dargetan, dass ihm ein Anspruch auf Schadensersatz wegen des Nichtgewährens eines Dienstwagens für private Zwecke zusteht. Die Prozessbevollmächtigte des Berufungsklägers war in der mündlichen Verhandlung nicht bereit, gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 523, 137 ZPO darzulegen, aufgrund welchen Sachverhalts der Anspruch des Klägers gründet. Zwar ist nach § 137 Abs. 3 ZPO die Bezugnahme auf Schriftstücke zulässig, dies aber nur, soweit keine der Parteien widerspricht und das Gericht die Bezugnahme für angemessen hält. Da im Allgemeinen die Bezugnahme auch auf die erstinstanzlichen Schriftsätze in der mündlichen Verhandlung üblich ist, hat das Berufungsgericht im Beschluss vom 20.04.2001 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Bezugnahme auf die erstinstanzlichen Schriftsätze in diesem Verfahren nicht zugelassen wird, und hat der Klagepartei aufgegeben, den geltend gemachten Anspruch kurz schriftsätzlich zu begründen. Dies hat der Berufungskläger unterlassen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht sind die Parteien nach § 526 Abs. 1 ZPO verpflichtet, die dem Urteil vorausgegangene Entscheidung nebst den Entscheidungsgründen und den Beweisverhandlungen insoweit vorzutragen, als dies zum Verständnis der Berufungsanträge und zur Prüfung der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung erforderlich ist. Zur Prüfung der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung gehört auch der Sachvortrag, dass der geltend gemachte Anspruch überhaupt begründet ist.

Die Bezugnahme auf die erstinstanzlichen Schriftsätze kann dem Berufungskläger nur nach pflichtgemäßem Ermessen verwehrt werden. Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass der erstinstanzliche Klageantrag mehr als vier Seiten umfasst, dass es sich bei dem angefochtenen Urteil um das dritte Teilurteil und bei dem Berufungsverfahren bereits um das zweite Berufungsverfahren handelt. Der Aktenumfang vor dem angefochtenen Teilurteil beträgt 725 Seiten, auf denen sich weitgehenst Ausführungen zu Ansprüchen befinden, die nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens sind. Unter diesen Umständen ist die Bezugnahme auf die erstinstanzlichen Schriftsätze nicht angemessen.

Das Berufungsgericht vermisst insbesondere eine Auseinandersetzung mit dem vom Erstgericht ausdrücklich in Bezug genommenen Anstellungsvertrag mit der Firma ..., nachdem die Gewährung des Dienstwagens widerrufen werden konnte. Daran ändert auch die im Termin vorgelegte Vollmacht nichts. Die Überreichung der nicht unterschriebenen Kopie eines Schriftsatzes an das Arbeitsgericht wird der Verpflichtung nicht gerecht, den Sachvortrag in der mündlichen Verhandlung vorzutragen. In dem Schriftsatz wird auch nicht auf die Frage eingegangen, aus welchem Rechtsgrund der Anspruch bestehen soll. Zwar enthält der Schriftsatz einige Ausführungen zur Höhe des Anspruchs, jedoch fehlt eine Auseinandersetzung mit dem Hinweis des Gerichts, dass sich die Höhe des Anspruchs wohl an dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27.05.1999 - 8 AZR 415/98 - orientieren wird. Im Allgemeinen können bei abstrakter Schadensberechnung die Kosten eines Mietwagens nicht berücksichtigt werden, weil das Dienstfahrzeug nur in der Freizeit zur Verfügung stand.

Angesichts der klaren Weigerung, den Sachvortrag vorzutragen, erübrigten sich auch Bemühungen nach § 526 Abs. 2 ZPO.

Die Berufungskammer hat geprüft, ob durch die Weigerung, die Bezugnahme auf erstinstanzliche Schriftsätze zuzulassen, der Anspruch des Klägers und Berufungsklägers auf Gewährung von rechtlichem Gehör beeinträchtigt wird. Die Vorschriften über die mögliche Bezugnahme auf Schriftsätze beeinträchtigt aber den Anspruch auf Gewährung von rechtlichem Gehör nicht. Eine unzulässige Erschwerung liegt nicht darin, dass vom Berufungsführer verlangt wird, entweder den Grund des Anspruchs kurz schriftsätzlich zu begründen oder ihn wenigstens in der mündlichen Verhandlung vorzutragen. Für das arbeitsgerichtliche Verfahren kommt noch hinzu, dass nach § 46 Abs. 2 Satz 2 ArbGG die Vorschriften über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung keine Anwendung finden.

2.

Die Berufung ist aber auch zurückzuweisen, weil mögliche Ansprüche des Klägers und Berufungsklägers nach § 19 MTV für den Groß- und Außenhandel in Bayern verfallen sind. Für den Klagezeitraum galt 1993 der MTV vom 12.07.1990 für den Groß- und Außenhandel in Bayern - gültig ab 01.01.1991 -, für das Jahr 1994 der MTV vom 05.05.1994 für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in den bayerischen Betrieben des Groß- und Außenhandels - gültig ab 01.01.1994/01.06.1995 -. Der erstgenannte MTV vom 12.07.1990 ist durch Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 05.12.1991 für allgemeinverbindlich erklärt worden, der Manteltarifvertrag vom 05.05.1994 durch Bekanntmachung vom 15.12.1994. Das Problem der Rückwirkung stellt sich nicht, weil in beiden Tarifverträgen sowohl der Geltungsbereich identisch ist als auch § 19 in beiden Tarifverträgen wörtlich übereinstimmt. Nach § 1 gelten beide Tarifverträge für alle Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen und für Auszubildende. Ausgenommen sind alle Personen, die nach § 5 Abs. 2 und 3 BetrVG nicht als Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen im Sinne dieses Gesetzes gelten.

§ 19 MTV der beiden im Klagezeitraum maßgeblichen Tarifverträge lautet übereinstimmend:

1.

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind gegenüber der Geschäftsleitung oder der von ihr bezeichneten Stelle zunächst mündlich, bei Erfolglosigkeit schriftlich innerhalbder folgenden Fristen geltend zu machen: a)

Ansprüche wegen Nichtübereinstimmung des ausgezahlten Betrages mit der Entgeltabrechnung bzw. dem Entgeltnachweis: unverzüglich.

b)

Ansprüche wegen fehlerhafter Errechnung des Entgelts oder der Abzüge: 4 Wochen nach Aushändigung der Entgeltsabrechnung.

c)

Alle übrigen Ansprüche:

2 Monate nach Fälligkeit (Urlaub 3 Monate nach Ende des Urlaubsjahres).

d)

Im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses: 2 Monate nach dem Ausscheiden.

2.

Für Ansprüche des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis gegenüber den Arbeitnehmern/ Arbeitnehmerinnen gelten die Fristen des Absatzes 1 sinngemäß.

3.

Die Ansprüche erlöschen, wenn sie nicht vor Ablauf der in Ziffer 1 b) bis d) genannten Fristen schriftlich geltend gemacht worden sind (Ausschlussfristen). In der Berufungsbegründung wird nichts dazu vorgetragen, dass die Ausschlussfrist gewahrt wäre. Die Fälligkeit der Ansprüche trat jeweils zum Monatsende ein. Im Falle der Nr. 1 d MTV endete die Frist zur schriftlichen Geltendmachung am 31.09.1994, da der Kläger am 31.07.1994 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist. Es schließen sich zwei Wochen an, innerhalb derer die Geschäftsleitung sich über den Anspruch erklären kann. Diese Frist endete am 14.10.1994. Die Klage hätte binnen zwei Monaten erhoben werden müssen, aber bis 14.12.1994. Auch unter Berücksichtigung von § 270 Abs. 3 ZPO ist die am 23.12.1994 eingereichte Klage verspätet.

Der Kläger hat ferner nicht geltend gemacht, dass er zu den leitenden Angestellten im Sinne des § 1 MTV gehört. Er bezieht sich lediglich darauf, dass der Betrieb der Beklagten nicht den betrieblichen Geltungsbereich des MTV erfasst.

Demgegenüber ist die Berufungskammer zu der Ansicht gekommen, dass die Beklagte ein Unternehmen des Groß- und Außenhandels betreibt. Unstreitig produziert sie nichts, sondern verkauft Waren, die von der Firma ... in ... hergestellt werden, sowie ... von der Firma ... in .../..., und verkauft diese an Einzelhändler. Der Kläger war dafür zuständig, auch Großhändler als Kunden zu gewinnen. Der Einkauf von Waren und die Weiterveräußerung an Wiederverkäufer bietet das typische Bild eines Großhändlers. Der Begriff des Handels war gesetzlich definiert im inzwischen aufgehobenen Gesetz über die Berufsausübung im Einzelhandel vom 05.08.1957 (BGBl. I Seite 43). Danach betreibt Einzelhandel, wer gewerbsmäßig Waren anschafft und sie unverändert oder nach im Einzelhandel üblicher Be- und Verarbeitung in einer oder mehrerer offenen Verkaufsstellen zum Verkauf an jedermann feilhält. Maßgeblich ist die gewerbsmäßige Anschaffung und Veräußerung von Waren. Da die Beklagte nicht an jedermann verkauft, sondern nur an Großhändler und Einzelhändler, also an Wiederverkäufer, betreibt sie Großhandel. Der Import aus Österreich gehört zum Bereich Außenhandel.

Es mag durchaus zutreffen und kann als richtig unterstellt werden, dass die Beklagte auf die Gestaltung der Produkte Einfluss nimmt. Dies widerspricht aber nicht dem Bild eines Handelsbetriebs. Bekanntlich existieren eine ganze Reihe von Handelsmarken, bei denen der Handel den Herstellern auch im Einzelnen vorschreibt, wie das Produkt auszusehen hat.

Die Beklagte ist auch nicht als Betriebsabteilung eines größeren Unternehmens, etwa des ...-Konzerns, anzusehen. Die Annahme eines Gemeinschaftsbetriebs mit den ... Werken scheitert schon an der großen Entfernung, so dass weitere Ausführungen sich hierzu erübrigen.

Eine "Berufung" auf die tariflichen Verfallsvorschriften verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben. Der Kläger und Berufungskläger hat nichts davon vorgetragen, inwieweit die Beklagte ihn von der rechtzeitigen Geltendmachung von Ansprüchen abgehalten hat. Die Beklagte und Berufungsbeklagte hat daher zu Recht darauf hingewiesen, dass der Schriftsatz vom 02.12.1996 für fehlende Geltendmachung des Anspruchs 1994 nicht ursächlich war.

Die Berufung ist daher zurückzuweisen.

III.

Gemäß § 97 Abs. 1 ZPO trägt der Kläger und Berufungskläger die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen. Sowohl der Frage, inwieweit die Bezugnahme auf die erstinstanzlichen Schriftsätze zu Recht nicht zugelassen wurde, als auch die Frage der Einordnung der Beklagten als Handelsunternehmen haben grundsätzliche Bedeutung.

Ende der Entscheidung

Zurück