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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 26.05.2009
Aktenzeichen: 1 Sa 74/09
Rechtsgebiete: StGB, StPO, BGB, ArbGG, ZPO, TV AL II, SchutzTV


Vorschriften:

StGB § 126 Abs. 1
StPO § 153 a
BGB § 626 Abs. 1
BGB § 626 Abs. 2
BGB § 626 Abs. 2 S. 1
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 519
ZPO § 520
TV AL II § 45 Nr. 1
TV AL II § 45 Nr. 3
TV AL II § 45 Ziff. 3
SchutzTV § 8 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 10. Dez. 2008 - 1 Ca 1385/08 - wird zurückgewiesen. 2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt. 3. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung. Der am 10.12.1948 geborene, verheiratete und mindestens drei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist seit dem 01.08.1987 bei den amerikanischen Stationierungsstreitkräften, zuletzt bei der Dienststelle "D.", K. A. S., K. als Bauleiter zu einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von 4.501,69 € beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der TV AL II kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Der Kläger ist als schwerbehinderter Mensch anerkannt mit einem Grad der Behinderung von 50. In seiner Eigenschaft als Bauleiter muss der Kläger häufig verschiedene Armeeeinrichtungen der US-Streitkräfte aufsuchen. Hierzu zeigt er am Tor seinen Dienstausweis vor und kann, soweit er keine externen Personen als Besucher mit sich führt, ohne weitere Kontrollen in das Innere des Militärgeländes einfahren. Am 29.07.2008 fuhr der Kläger zusammen mit einem externen Auftragnehmer der US-Dienststelle, G, von seinem Dienstsitz in K. zu einer Armeeeinrichtung der US-Streitkräfte nach Sch.. Diese Armeeeinrichtung hatte der Kläger in seiner Eigenschaft als Bauleiter aufzusuchen, da dort eine Bäckerei gebaut werden sollte. Im Rahmen seiner bisherigen Tätigkeit hatte der Kläger bereits eine Vielzahl von US-Liegenschaften aufgesucht, den Standort Sch. hatte er bislang jedoch noch nicht besucht. Der Eingangsbereich der Armeeeinrichtung Sch. wird von privaten Sicherheitskräften der Firma P. kontrolliert. Am 29.07.2008 fuhr der Kläger gegen 12:25 Uhr im Privatfahrzeug von O. nach Vorzeigen seines Dienstausweises in den Eingangsbereich der Armeeeinrichtung in Sch. ein und stellte den Pkw vor dem Wachhaus ab. Im Wachhaus wurde O. nach Vorlage seines Personalausweises als Besucher eingeschrieben. Neben dem Kläger und O. befanden sich in dem Wachhaus zwei Angestellte der Firma P., H. sowie S. wies den Kläger darauf hin, dass hinsichtlich des Pkws eine Kontrollstichprobe bezüglich der Existenz einer Bombe vorgenommen werden müsse und bat den Kläger, "sein" Fahrzeug auf den dafür vorgesehenen Parkplatz zu fahren. Dieser Aufforderung kam der Kläger nach. Der auf dem Parkplatz stattgefundene Wortwechsel zwischen dem Kläger und den Sicherheitskräften S. und H. ist zwischen den Parteien streitig. Aufgrund von Äußerungen des Klägers ordneten die Sicherheitskräfte der Firma P. die Abriegelung des Eingangsbereichs der US-Liegenschaft an und verbrachten sämtliche sich dort befindliche Personen aus dem möglichen Gefahrenkreis. Ferner alarmierten sie sowohl die US-Militärpolizei als auch die bayrische Landespolizei. Während seines Erholungsurlaubs vom 30.07. bis 15.08.2008 wurde der Kläger am 04.08.2008 wegen des Vorfalls vom 29.07.2008 in seiner Dienststelle angehört. Die Beklagte hielt dabei dem Kläger vor, er habe im Rahmen der Autokontrolle im Eingangsbereich der US-Armeeeinrichtung in Sch. geäußert, er habe eine Bombe im Auto. Die Dienststelle stellte den Kläger im Anschluss des Gespräches mit sofortiger Wirkung frei und forderte ihn auf, die in seinem Besitz befindlichen Ausweise und Schlüssel abzugeben und sein Büro zu räumen. Dieser Aufforderung kam der Kläger nach. Nachdem die Dienststelle des Klägers von dem erstellten Polizeibericht, aufgrund dessen ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger eingeleitet wurde, Kenntnis erhalten hatte, leitete sie das Kündigungsverfahren ein. Der Polizeibericht, auf dessen Inhalt (Bl. 18 - 24 d. A.) hiermit Bezug genommen wird, enthält lediglich eine Aussage der Zeugin S. sowie den Hinweis, dass der Kläger die Aussage verweigert habe. Die ebenfalls auf dem Parkplatz der US-Armeeeinrichtung in Sch. anwesenden O. und H. hat die Polizei (zumindest bis dahin) nicht vernommen gehabt. Mit Schreiben vom 11.09.2008 hörte die Beklagte die Betriebsvertretung zur beabsichtigten fristlosen Kündigung des Klägers an. Diese teilte mit Schreiben vom 16.09.2008 Bedenken gegen die beabsichtigte Kündigung mit. Am 11.09.2008 hörte die Dienststelle auch die Schwerbehindertenvertretung an. Ebenso wie die Betriebsvertretung äußerte die Schwerbehindertenvertretung Bedenken gegen die Kündigung. Mit Schreiben vom gleichen Tage stellte die Beklagte zudem einen Antrag beim Integrationsamt auf Zustimmung zu der beabsichtigten fristlosen Kündigung des Klägers. Der zustimmende Bescheid des Integrationsamtes vom 29.09.2008 (Bl. 32 - 36 d. A.) ging dem Personalbüro des Flugplatzes R. am 30.09.2008 zu. Mit Schreiben vom 02.10.2008 (Bl. 3 - 4 d. A.) sprach die Beklagte gegenüber dem Kläger sodann die fristlose Kündigung wegen des Vorfalls vom 29.07.2008 aus. Das aufgrund dieses Vorfalles eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten, § 126 Abs. 1 Nr. StGB, wurde zwischenzeitlich nach § 153 a StPO eingestellt. Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen,

er habe sich während der Eintragung von O. im Wachbüro mit S. unterhalten und diese gefragt, warum der von ihr mitgeführte Wachhund so abgemagert sei. Diese habe darauf geantwortet, dass der Hund, so wie er sei, vollkommen in Ordnung wäre. Nachdem er mit O. das Wachbüro verlassen habe, habe er den Pkw in den Kontrollbereich gefahren. Er sei dann von S. angewiesen worden, vom Fahrzeug zurückzutreten. Aufgrund einer bestehenden Rückenverletzung habe er zum damaligen Zeitpunkt eine Krücke benötigt. Er sei zum Kofferraum gegangen, um die Krücke herauszuholen, sei aber von S. angeherrscht worden, endlich vom Fahrzeug wegzugehen. Ebenso wie O. habe er sich daraufhin einige Meter vom Fahrzeug entfernt. Dennoch habe S. sie beide nochmals angeschrien, vom Fahrzeug wegzugehen. Er habe dann S., deren ungezogenes Verhalten ihn sehr erregt habe, provozierend gefragt, wie weit er denn weggehen müsse, wenn es eine Explosion gäbe. S. habe entgegnet, er solle aufpassen, was er sage. Er habe daraufhin S. gefragt, was denn an der Frage so falsch wäre, wie weit er weggehen müsse. S. habe daraufhin die Überprüfung abgebrochen und habe aus dem Wachgebäude H., eine andere Sicherheitskraft zur Unterstützung herbeigeholt. H. sei sodann zu ihm gegangen und habe um Verständnis für das Verhalten von S. gebeten. Er habe dargelegt, dass schon Bomben gefunden worden seien und dass es daher seine Pflicht sei, sofort das Tor hoch zu fahren, wenn er, der Kläger, so weiter mache. Er, der Kläger, habe erwidert, dann müsse er (H.) dem General erklären, warum er, der Kläger, seinen Job nicht ausüben könne. Die Sicherheitskräfte seien durch die Aussage provoziert worden und hätten daher die Anweisung gegeben, "alles dichtzumachen". Der Kläger ist der Ansicht, es gebe keinen wichtigen Grund für die Kündigung. Zudem sei die Kündigung auch mangels Einhaltung der Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB unwirksam. Ferner unterfalle er einem Sonderkündigungsschutz, da er im Oktober 2006 zum stellvertretenen Schwerbehindertenvertreter der Dienststelle "D." gewählt worden sei und seine letzte Vertretung vom 05.05.2008 bis 09.05.2008 wahrgenommen habe. Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht durch die Kündigung vom 02.10.2008 sein Ende gefunden hat. Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen,

im Rahmen der angeordneten Kontrolle habe die Sicherheitskraft S. den Kläger und O. aufgefordert, von dem Pkw zurückzutreten, damit sie mit ihrem Sprengstoffspürhund das Auto näher untersuchen könne. Auf diese Aufforderung hin habe der Kläger nicht reagiert. Nachdem S. die Aufforderung wiederholt habe, habe der Kläger geäußert: "Ach ja wegen der Explosionsgefahr, ich habe eine Bombe im Fahrzeug". Obwohl S. dem Kläger gesagt habe, er solle mit seinen Aussagen vorsichtig sein, habe der Kläger das Vorstehende wiederholt. S. und H. hätten sodann den Eingangsbereich der US-Liegenschaften abgeriegelt. Die Beklagte ist der Ansicht, die Äußerung des Klägers sei nicht als bloße Dummheit zu werten. Dem Kläger seien, insbesondere nach einem von ihm im Jahre 2008 absolvierten Verhaltenstraining, die Sicherheitsbestimmungen beim Betreten von US-Kasernen bekannt gewesen, so dass er mit der Reaktion der Sicherheitsfirma - wie erfolgt - habe rechnen müssen. Aufgrund des vorstehenden Vorfalles sei das Vertrauen der US-Streitkräfte in den Kläger völlig zerstört, so dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar sei. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger aufgrund seiner Position in zahlreichen US-Liegenschaften ein- und ausgehen müsse. Die vollständige positive Kenntnis von den kündigungsrelevanten Tatsachen hätten die Kündigungsberechtigten der Dienststelle erst mit Vorlage des deutschen Polizeiberichts am 03.09.2008 erlangt. Der Polizeibericht sei am 03.09.2008 dem Personalbüro von dem Rechtsberater der US-Streitkräfte per E-Mail zugeleitet worden, nachdem bereits am 13.07., 15.08., 20.08, und 26.08.2008 per E-Mail und telefonisch bei der Polizei Sch. seitens der US-Streitkräfte nach dem Bericht gefragt worden sei. Der Polizeibericht sei deshalb abzuwarten gewesen, da für die US-Streitkräfte die Äußerung der Zeugen relevant gewesen seien, die keine Mitarbeiter der Streitkräfte gewesen seien. Weiterhin habe eine Rolle gespielt, ob die Tathandlung von den deutschen Verfolgungsbehörden auch als Straftat bewertet werde und wie sich der Sachverhalt für die deutschen Behörden nach ihren Ermittlungen darstelle. Der Tatbestand des abschließenden Polizeiberichts gäbe insoweit Aufschluss sowohl hinsichtlich des ermittelnden Sachverhaltes als auch hinsichtlich der Bewertung als Straftat. Hätte die Polizei die Tat nicht als Straftat gewertet, wäre es nicht zur Kündigung gekommen. Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 10.12.2008, auf dessen Tatbestand zur näheren Sachverhaltsdarstellung hiermit Bezug genommen wird, der Klage stattgegeben. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Kündigung sei bereits mangels Einhaltung der zweiwöchigen Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB unwirksam. Im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, dass den US-Streitkräften der Kündigungssachverhalt spätestens nach der Anhörung des Klägers am 04.08.2008 bekannt gewesen sei. Im Rahmen dieser Anhörung sei dem Kläger bereits der Sachverhalt vorgeworfen worden, den die US-Streitkräfte zum Anlass der Kündigung genommen hätten. Durch den Polizeibericht seien keine neuen wesentlichen kündigungsrelevanten Tatsachen bekannt geworden. Soweit die Beklagte behaupte, erst die strafrechtliche Einschätzung der deutschen Polizeibehörde abzuwarten und hiervon ihren Kündigungsentschluss abhängig zu machen, sei dies irrelevant, da es nach deutschem Recht nicht den Polizeibehörden obliege zu entscheiden, ob der Beschuldigte den Tatbestand einer Straftat verwirklicht habe. Zur näheren Darstellung der Entscheidungsgründe wird hiermit auf die Seiten 4 - 7 des Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses der Beklagten am 09.01.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 06.02.2009 form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese in gleicher Weise begründet. Die Beklagte trägt vor,

sie habe die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist eingehalten. Zum Zeitpunkt der Anhörung des Klägers am 04.08.2008 habe der Polizeibericht mit den Zeugenaussagen noch nicht vorgelegen. Der Kläger habe in dieser Anhörung versucht, seine Äußerung herunterzuspielen, in dem er behauptet habe, lediglich gesagt zu haben: "wie viel muss ich weggehen, falls es zu einer Explosion kommt". Die Beklagte habe sich zu diesem Zeitpunkt mit der Aussage des Klägers zufrieden geben müssen, da ihr die Zeugenaussagen noch nicht vorgelegen hätten. Die Personalleiterin, C., habe telefonisch versucht, die entsprechenden Unterlagen zu erhalten. Nachdem sie damit keinen Erfolg gehabt habe, habe sie per E-Mail vom 14.08., 15.08. und 26.08.2008 um Informationen gebeten. Der Polizeibericht sei am 02.09.2008 bei K. in Sch. eingegangen. Diese habe die Unterlagen an den dortigen Rechtsberater V. am folgenden Tag weitergeleitet, der ihn wiederum am selben Tag an die Personaldirektorin übermittelt habe. Die Pflichtverletzung des Klägers sei besonders schwerwiegend, weil der Kläger diese im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit während der Arbeitszeit begangen habe und sich die Tat unmittelbar gegen den Arbeitgeber richte. Sie rechtfertige die außerordentliche Kündigung. Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 10.12.2008, - 1 Ca 1385/08 - abzuändern und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Er trägt vor,

bereits unmittelbar nach dem Vorfall vom 29.07.2008 sei die deutsche Polizei sowie die amerikanische Militärpolizei hinzugezogen worden. Die Zeugin S. habe um 12:35 Uhr des gleichen Tages im Beisein der amerikanischen Militärpolizei eine Aussage gemacht. Die Militärpolizei müsse die Dienststelle des Klägers am selben oder am nächsten Tag über den Vorgang und damit auch über die Behauptung der Zeugin S. informiert haben. Dies ergebe sich bereits daraus, dass er mit am 31.07.2008 zur Post gegebenem Schreiben zur Anhörung am 04.08.2008 einbestellt worden sei. Jedenfalls sei der Dienststelle die Aussage der S. zum Zeitpunkt der Anhörung bekannt gewesen. D., der die Anhörung geleitet habe, habe den Kläger nämlich aufgefordert, die Tat zuzugeben. Auf Nachfrage, was er denn zugeben solle, habe D. geantwortet: "Guess what she has said: There is a bomb in the car". Dass die Beklagte zur Zeit der Anhörung von den ihm gegenüber gemachten Vorwürfen Kenntnis gehabt habe, ergebe sich zudem daraus, dass er trotz seiner Aussage, er habe lediglich gefragt, wie weit er vom Fahrzeug weggehen müsse, eine Freistellung erfolgt sei und er sein Büro habe räumen müssen. Ferner habe die Beklagte selbst in dem Parallelverfahren der Parteien 1 Sa 75/09 vorgetragen, aus ihrer Sicht habe sich bereits aus der Anhörung des Klägers ergeben, dass ein gravierendes Fehlverhalten vorgelegen habe, so dass aus ihrer Sicht eine Weiterbeschäftigung nach Treu und Glauben angeblich unzumutbar gewesen sei. Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht waren, sowie auf die zu der Sitzungsniederschrift vom 26.05.2009 getroffenen Feststellungen Bezug genommen. Entscheidungsgründe:

I. Das Rechtsmittel der Berufung ist nach § 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist insbesondere gemäß §§ 64 Abs. 2, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und erweist sich auch sonst als zulässig. II. Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche außerordentliche Kündigung rechtsunwirksam ist. 1. Die Kammer teilt zunächst die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass die außerordentliche Kündigung bereits an der Nichteinhaltung der Kündigungserklärungsfrist des § 45 Nr. 3 TV AL II bzw. § 626 Abs. 2 BGB scheitert. a) Nach § 45 Nr. 3 TV AL II ist eine außerordentliche Kündigung nicht mehr zulässig, wenn die zu Grunde liegenden Tatsachen festgestellt und dem Kündigungsberechtigten länger als zwei Wochen bekannt sind. Ebenso bestimmt § 626 Abs. 2 S. 1 BGB, dass die außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen kann. Für den Fristbeginn ist nach ständiger Rechtsprechung darauf abzustellen, wann der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige Kenntnis von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen erlangt (BAG v. 28.10.1971 - 2 AZR 32/71 - BAGE 23, 475; v. 17.03.2005 - 2 AZR 345/04 - AP BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 46 m.w.N.). § 45 Nr.3 TV AL II entspricht daher inhaltlich der zu § 626 Abs. 2 BGB ergangenen Rechtsprechung im Hinblick auf den für die Kündigungserklärungsfrist maßgeblichen Fristbeginn. Vor diesem Hintergrund sind die zu § 626 Abs. 2 BGB entwickelten Rechtsgrundsätze auch bei § 45 Nr. 3 TV AL II anzuwenden (vgl. BAG v. 20.04.1977 - 4 AZR 778/75 - AP Nr. 1 zu § 54 BAT). Das Arbeitsgericht hat diese zu § 626 Abs. 2 BGB entwickelten Grundsätze auf den Seiten vier und fünf seines Urteils, auf die hiermit Bezug genommen wird, zutreffend dargestellt und angewendet. Lediglich Folgendes ist zu ergänzen. Wie das Arbeitsgericht zunächst zutreffend festgestellt hat, darf ein Kündigungsberechtigter den Ausgang bzw. den Fortgang eines Strafermittlungs- bzw. Strafverfahrens abwarten (BAG 12.12.1984 - 7 AZR 575/83 - BAGE 47, 309; 29.07.1993 - 2 AZR 90/93 - AP BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 31) und seinen Kündigungsentschluss davon abhängig machen. Kann sich der Kündigungsberechtigte danach im Falle eines möglichen strafbaren Verhaltens des Arbeitnehmers am Fortgang des Strafverfahrens orientieren, berechtigt dies diesen jedoch nicht dazu, zu einem beliebig willkürlich gewählten Zeitpunkt außerordentlich zu kündigen (BAG 29.07.1993 - 2 AZR 90/03 - AP BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 31; 14.02.1996 - 2 AZR 274/95 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 26). Für den gewählten Zeitpunkt bedarf es eines sachlichen Grundes. Ein solcher liegt beispielsweise vor, wenn der Kündigungsberechtigte neue Tatsachen erfahren oder neue Beweismittel erlangt hat und nunmehr einen neuen ausreichenden Erkenntnisstand für eine Kündigung zu haben glaubt (BAG v. 17.03.2005 - 2 AZR 345/04 - AP BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 46). Auch kann der Arbeitgeber neben den Fällen, in denen es hauptsächlich um die Sachaufklärung geht, allein den Ausgang des Strafverfahrens deshalb abwarten, weil es ihm auf das Werturteil ankommen kann, das mit der Verurteilung eines Arbeitnehmers verbunden ist. Neben dem Werturteil kann der Arbeitgeber auf die Erhöhung der Verdachtsstufe, beispielsweise vom Anfangsverdacht zu hinreichendem oder dringendem Tatverdacht abstellen. Erhält der Verdacht eine entscheidend andere Qualität, so liegt ein sachlicher Grund vor, erst nunmehr das Kündigungsverfahren einzuleiten (BAG 05.06.2008 - 2 AZR 234/07, NZA-RR 2008 630 ff). Insofern kann beispielsweise auch der Erlass eines Haftbefehls abgewartet werden, da dieser einen dringenden Tatverdacht voraussetzt (LAG München 19.03.2009 - 3 Sa 25/09 zitiert nach juris). b) Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so ist das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen, die Kündigung der Beklagten sei nach § 626 Abs. 2 BGB bzw. § 45 Ziffer 3 TV AL II verfristet. Zwar kann auch das Abwarten eines Polizeiberichtes einen sachlichen Grund für das Zuwarten mit der Kündigung darstellen, so dass insoweit nicht generell von einem willkürlichen Herausgreifen eines Zeitpunktes gesprochen werden kann. So können sich z. B. aus dem Polizeibericht weitere Zeugenaussagen und Untersuchungsergebnisse ergeben, die den Vorwurf erhärten bzw. für den Arbeitgeber zur Gewissheit werden lassen. Hiervon oder von einem ähnlichen Sachverhalt ist im Streitfalle nicht auszugehen. Aus dem vorliegenden Polizeibericht ergeben sich weder neue Tatsachen und Beweismittel noch wird der gegen den Kläger bestehende Verdacht auf eine andere Stufe gehoben. In der Rechtsprechung wird, soweit ersichtlich, zur Ermittlung des maßgeblichen Zeitpunkts oftmals die Fallkonstellation behandelt, dass der Kündigungsberechtigte einen Zeitpunkt zur Kündigung wählt, der zwischen der Einleitung des Strafverfahrens und der rechtskräftigen Verurteilung des Arbeitnehmers liegt. Hierfür ist anerkannt, dass wesentliche Zwischenschritte der staatsanwaltlichen Ermittlung einen sachlichen Grund darstellen können, mit der Kündigung bis zu diesem Zeitpunkt abzuwarten. Die erkennende Kammer ist der Ansicht, dass diese Grundsätze auch auf den Zeitraum der polizeilichen Ermittlungen ausgedehnt werden können, weil auch dieser geeignet sein kann, neue und weitere Erkenntnisse für den Arbeitgeber zu liefern. Mithin kann auch das Abwarten eines Polizeiberichtes einen sachlichen Grund darstellen. Jedoch setzt dies ebenso wie das Abwarten bestimmter Zwischenschritte im Strafverfahren voraus, dass sich aus dem Polizeibericht neue Tatsachen oder Beweismittel ergeben. Dies war vorliegend nicht der Fall. Der Polizeibericht enthält lediglich die Aussage der Zeugin S. sowie den Hinweis, dass der Kläger als Beschuldigter seine Aussage verweigert habe. Die für den Kündigungssachverhalt einzig wesentliche Passage der Zeugenaussage der Sicherheitskraft S., nämlich welche Äußerung der Kläger im Hinblick auf das Mitführen einer Bombe konkret abgegeben habe ("Ach ja wegen der Explosionsgefahr, ich habe eine Bombe im Fahrzeug") war der Beklagten bei der Anhörung des Klägers am 04.08.2008 indes bereits bekannt. Aus dem fraglichen Polizeibericht ergeben sich insoweit weder neue kündigungsrelevante Tatsachen noch ein sich konkretisierender bzw. erhärtender Tatverdacht gegen den Kläger. Nach dem von der Beklagten nicht bestrittenen klägerischen Vortrag hat D. den Kläger im Rahmen der Anhörung aufgefordert, die Tat zuzugeben. Auf Nachfrage, was er denn zugeben solle, antwortete D. "Guess what she has said: There is a bomb in the car". Dieser Vorhalt setzte voraus, dass die Dienststelle, jedenfalls hinsichtlich der von S. behaupteten Äußerungen des Klägers bereits am 04.08.2008 Kenntnis hatte. Da die Beklagte genau diese Äußerung zum Anlass der Kündigung genommen hat, sind durch den Polizeibericht keine zusätzlichen wesentlichen Gesichtspunkte zu Tage getreten, die für die Kündigung ausschlaggebend sein konnten. Soweit die Beklagte vorgebracht hat, den Polizeibericht auch deshalb abwarten zu wollen, da er Äußerungen der Zeugen, die keine Mitarbeiter der Streitkräfte gewesen seien, enthalte, die für sie relevant gewesen seien, setzt sie sich hiermit in Widerspruch zu der dann ohne neue Tatsachengrundlage erfolgten Kündigung nach Erhalt des Polizeiberichts. Anders als im Falle von Ermittlungs- und Strafverfahren lag hier durch den Polizeibericht auch kein einen sachlichen Grund darstellendes erhebliches Zwischenergebnis vor. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, sie habe erst die strafrechtliche Einschätzung der deutschen Polizeibehörde abwarten und ihren Kündigungsentschluss von der strafrechtlichen Einordnung abhängig machen wollen, widerspricht dieser Vortrag dem tatsächlichen Geschehensablauf. Die Beklagte hat den Kläger nämlich unmittelbar nach der Anhörung am 04.08.2008 von der Arbeit freigestellt und ihn aufgefordert, sein Büro zu räumen. Zudem kommt nach deutschem Strafrecht auch nicht den Polizeibehörden die Wertung einer Tat als Straftat zu, sondern ausschließlich der Staatsanwaltschaft und den Gerichten. Aus dem Polizeibericht ergibt sich lediglich, aufgrund welchen Straftatbestandes die bisherigen Ermittlungen von der Polizei geführt wurden, aber nicht, ob das Verhalten des Klägers diesen Straftatbestand tatsächlich erfüllt hat. Auch ergibt sich aus der Abgabe der Akte an die Staatsanwaltschaft, die zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruches ein Ermittlungsverfahren noch nicht einmal eingeleitet hatte, keine erhöhte Verdachtsstufe, welche ein Abwarten mit der Kündigung gerechtfertigt hätte. Im Hinblick darauf, dass die Beklagte durch den Polizeibericht somit weder neue Tatsachen erfahren noch neue Beweismittel erlangt hat und auch keine Intensivierung des Tatverdachtes eingetreten ist, war im Streitfalle die alleinige Einsichtnahme in den Polizeibericht als Ausgangspunkt für den Anspruch der erfolgten Kündigung als willkürlich anzusehen. Der Beklagten war der sich aus dem Polizeibericht ergebende kündigungserhebliche Sachverhalt inhaltlich bereits am 04.08.2008 bekannt, so dass bei Kündigungsausspruch am 02.10.2008 die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB bereits abgelaufen war. 2. Nach Ansicht der Kammer hält die streitgegenstandliche Kündigung auch nicht den Kriterien des § 45 Nr. 1 TV AL II stand. Gemäß § 45 Nr. 1 TV AL II kann das Beschäftigungsverhältnis von jedem der Arbeitsvertragspartner aus einem wichtigen Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. § 45 Nr. 1 TV AL II entspricht fast wörtlich § 626 Abs. 1 BGB, so dass aufgrund der Übernahme der vorstehenden Norm durch die Tarifvertragsparteien die zu § 626 Abs. 1 BGB entwickelten Rechtsgrundsätze auch bei § 45 Nr. 1 TV AL II Anwendung finden. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB und damit im Sinne des § 45 Nr. 1 TV AL II liegt vor, wenn Tatsachen gegeben sind, aufgrund derer dem Kündigungsberechtigten unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles und in der Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung nicht zugemutet werden kann. Ein wichtiger Grund in diesem Sinne liegt u. a. dann vor, wenn ein erheblicher Vertragsverstoß des Arbeitnehmers gegen seine bestehenden Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis gegeben ist. Ob ein solches Verhalten ausreicht, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, hängt auch von der unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles vorzunehmenden Interessenabwägung ab (so schon BAG vom 24.03.1958 - 2 AZR 597/55; BAG AP-Nr. 14 zu § 626 BGB - Verdacht strafbarer Handlung; BAG AP-Nr. 80 zu § 626 BGB). Nicht jedes Verhalten, das geeignet ist, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB abzugeben, führt somit automatisch auch zur Wirksamkeit einer derartigen Kündigung. Im Rahmen der für § 626 Abs. 1 BGB notwendigen Interessenabwägung sind u. a. das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, eine mögliche Wiederholungsgefahr, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf zu berücksichtigen (BAG, vom 10.11.2005 - 2 AZR 623/04, NZA 2006, 491). Damit wird der wichtige Grund zunächst durch die objektiv vorliegenden Tatsachen bestimmt, welche an sich geeignet sind, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar zu machen. Kündigungsgrund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB ist deshalb jeder Sachverhalt, der objektiv das Arbeitsverhältnis mit dem Gewicht eines wichtigen Grundes belastet. Die danach zu berücksichtigenden Umstände müssen nach verständigem Ermessen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar erscheinen lassen. Bei der Bewertung des Kündigungsgrundes und bei der nachfolgenden Interessenabwägung ist ein objektiver Maßstab anzulegen, so dass subjektive Umstände, die sich aus den Verhältnissen der Beteiligten ergeben, nur aufgrund einer objektiven Betrachtung zu berücksichtigen sind. Die danach maßgeblichen Umstände müssen sich konkret nachteilig auf das Arbeitsverhältnis auswirken. Zu berücksichtigen ist, dass es diesbezüglich ausschließlich auf die Auswirkungen in der Zukunft ankommt. Die Kündigung stellt keine Sanktion für das Verhalten in der Vergangenheit dar (LAG Rheinland-Pfalz v. 9.6.2008 - 5 Sa 58/08, zitiert nach juris). Die Prüfung des Vorliegens eines wichtigen Grundes i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB vollzieht sich folglich in zwei Schritten:

Zunächst ist festzustellen, ob ein Sachverhalt unabhängig von den Gegebenheiten des Einzelfalles an sich geeignet ist, einen Kündigungsgrund zu bilden (a)). Ist dies zu bejahen, muß dieser Grund im Rahmen einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere auch des Verhältnismäßigkeitsprinzips, zum Überwiegen der berechtigten Interessen des Kündigenden an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen (b)). Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so erweist sich die außerordentliche Kündigung bereits unter Zugrundelegung ausschließlich des unstreitigen und des streitigen Sachvortrags der Beklagten jedenfalls im Rahmen der Interessenabwägung als unverhältnismäßig. a) Die Beklagte hat die Kündigung darauf gestützt, dass der Kläger, nachdem er von der am Militärstützpunkt in Sch. eingesetzten privaten Sicherheitskraft S. zweimal aufgefordert worden sei, von dem Pkw zurückzutreten, damit sie diesen mit ihrem Sprengstoffspürhund näher untersuchen könne, geäußert habe: "Ach ja wegen der Explosionsgefahr, ich habe eine Bombe im Fahrzeug." Der Kläger habe diese Aussage sodann wiederholt, obwohl ihm S. mitgeteilt habe, er solle mit seinen Aussagen "vorsichtig" sein. Zugunsten der Beklagten mag davon ausgegangen werden, dass die bewusste Ankündigung eines Zivilbediensteten der US-Streitkräfte auf einem US-Militärstützpunkt, welcher besonderen Sicherheitsbestimmungen unterliegt, die als gegeben hinzunehmen sind und deren inhaltliche Überprüfung dem Gericht grundsätzlich nicht zusteht, eine Bombe mit sich im Fahrzeug zu führen, grundsätzlich einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen kann. b) Bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere auch des Verhältnismäßigkeitsprinzips, überwiegt jedoch das Interesse des Klägers an der Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Interesse der Beklagten an seiner sofortigen Beendigung. Zu Gunsten des Klägers spricht zunächst der langjährige beanstandungsfreie Bestand seines Arbeitsverhältnisses mit den US-Streitkräften. Er ist weit länger als 15 Jahre dort beschäftigt und deutlich älter als 40 Jahre. Damit genießt er den besonderen Kündigungsschutz von § 8 Nr. 1 SchutzTV mit der Folge des grundsätzlichen Ausschlusses einer ordentlichen Kündigung. Des weiteren handelt es sich beim Kläger um einen schwerbehinderten Menschen mit einem GdB von 50. Hinzu kommen die negativen Auswirkungen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf die unterhaltsberechtigten sich noch in Ausbildung befindlichen Kinder des Klägers. Der Kläger hätte aufgrund seines Lebensalters und seiner Behinderung schlechte Chancen auf dem freien Arbeitsmarkt eine neue Anstellung zu finden, die ihm und seinen Kindern eine auskömmliche Existenzgrundlage sichern würde. Die Folgen der Arbeitslosigkeit träfen den Kläger, vor allem aber auch dessen Kinder, besonders hart. Zugunsten der Beklagten an einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses spricht, dass der Kläger mit seiner - zugunsten der Beklagten unterstellten - Behauptung gegenüber der Sicherheitskraft S., er habe eine Bombe im Auto gegen bestehende strenge Sicherheitsbestimmungen der US-Streitkräfte nachhaltig verstoßen hat. Dabei mag zugunsten der Beklagten auch unterstellt werden, dass die behaupteten "strengen" Sicherheitsbestimmungen tatsächlich existieren, obwohl diese weder erst -noch zweitinstanzlich näher vorgetragen oder vorgelegt wurden. Fakt ist jedoch, dass der Kläger unstreitig gerade keine Bombe, auch keine entsprechende Attrappe oder irgend einen ähnlichen Gegenstand im Auto hatte. Die Sicherheitskräfte S. und H. haben lediglich aufgrund der - behaupteten - zweimaligen Äußerung des Klägers ohne jegliche nähere Prüfung sofort den umfassenden Sicherheitsalarm ausgelöst. Dabei hätte zu einer weiteren Prüfung objektiv Anlass bestanden. Zwischen dem Kläger und S. war schon - was die Beklagte nicht konkret bestritten hat - in der Wachstube ein kontroverser Disput wegen der "Magerheit" des Spürhundes entstanden. Im Anschluss daran ordnete die Sicherheitskraft H. an, dass der PKW mit dem der Kläger und der Architekt O. gekommen waren, im Wege einer Stichprobenüberprüfung auf das Mitführen einer Bombe zu überprüfen ist. Dass der Kläger, der als langjähriger Arbeitnehmer der US-Streitkräfte hierüber negativ reagiert hat, mag zwar angesichts der behaupteten strengen Sicherheitsbestimmungen objektiv nicht hinnehmbar gewesen sein. Völliges Unverständnis kann man für das Verhalten des Klägers im dieser Situation auch nicht haben. Er als Mitarbeiter der US-Streitkräfte mag diese Untersuchung gerade bei ihm durchaus als Rache und Schikane für seine Äußerung über den Spürhund aufgefasst haben. Gegen eine besondere Schwere der Äußerung spricht noch ein weiterer Aspekt. Die strengen Sicherheitsbestimmungen bei der Kontrolle von einfahrenden PKW`s in US-Kasernen mögen angesichts der weltweiten starken Gefährdung dieser Liegenschaften voll und ganz gerechtfertigt sein. Dies muss auch und gerade der Kläger als Zivilbediensteter der US-Streitkräfte respektieren und sich sicherheitsgemäß verhalten. Sicherheitsüberprüfungen bei relativ geringen Verdachtsmomenten mögen solche Maßnahmen wie sie im Falle des Klägers durchgeführt wurden, gerechtfertigt haben. Nicht jede Verfehlung eines Arbeitnehmers in diesem sensiblen Bereich und Zusammenhang rechtfertigt aber auch die härtesten arbeitsrechtlichen Maßnahmen ihm gegenüber, sofern schon bei objektiv geringem Verdacht objektiv völlig ungerechtfertigte totale Sicherheitsüberprüfungen deswegen in die Wege geleiten werden. Das von den US-Streitkräften vorgegebene Level für Anlass und Intensität von Sicherheitsüberprüfungen kann nicht völlig kongruent auf den Ausspruch von fristlosen Kündigungen übertragen werden. In dieser Situation wäre, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger nicht einschlägig wegen vergleichbarer Handlungen abgemahnt wurde, nach Ansicht der Kammer im vorliegenden Fall eine Abmahnung als mildere Möglichkeit der Reaktion auf das Fehlverhalten des Klägers angemessen und ausreichend gewesen, so dass sich die streitgegenständliche Kündigung im Ergebnis als unverhältnismäßig erweist. Grundsätzlich ist eine Abmahnung vor Kündigungsausspruch stets dann erforderlich, wenn eine Wiederholung des pflichtwidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers aufgrund einer erfolgten Abmahnung nicht zu erwarten ist. Ausnahmsweise ist bei besonders schwerwiegenden Vertragsverstößen eine Abmahnung entbehrlich, wenn davon auszugehen ist, dass das pflichtwidrige Verhalten des Arbeitnehmers das für das Arbeitsverhältnis notwendige Vertrauen auf Dauer zerstört hat (BAG v. 21.6.2001 - 2 AZR 30/00, NZA 2002, 232). Eine Abmahnung ist auch bei Handlungsweisen, die diesen sogenannten Vertrauensbereich berühren, nicht entbehrlich, sondern notwendig, wenn ein steuerbares Verhalten des Arbeitnehmers in Rede steht und erwartet werden kann, dass das Vertrauen der Arbeitsvertragsparteien wiederhergestellt werden kann (LAG Rheinland-Pfalz v. 10.7.2008 - 10 Sa 138/08, zitiert nach juris). Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn das bisherige vertragswidrige Fehlverhalten noch keine Negativprognose zulässt, so dass deswegen von der Möglichkeit zukünftigen weiteren vertragsgerechten Verhaltens ausgegangen werden kann (BAG v. 27.4.2006 - 2 AZR 415/05, NZA 2006, 1033), und der Arbeitnehmer mit vertretbaren Gründen annehmen konnte, sein Verhalten sei nicht so schwerwiegend vertragswidrig, dass es vom Arbeitgeber nicht als ein erhebliches, den Bestand des Arbeitsverhältnis gefährdendes Fehlverhalten angesehen werden kann (BAG v. 21.6.2001 - 2 AZR 30/00, NZA 2002, 232). Vorliegend ist ein besonders schwerwiegender arbeitsvertraglicher Verstoß, welcher eine Abmahnung verzichtbar machen könnte, nicht gegeben.

Es ist zu berücksichtigen, dass der Kläger im Kündigungszeitpunkt 59 Jahre alt war und seit über 20 Jahren in den Diensten der Beklagten steht und grundsätzlich, d.h. ohne Mitnahme Externer, ohne weitere Kontrollen in den inneren Bereich der jeweiligen Militärgelände einfahren konnte. Hätte der Kläger - aus der Sicht der Sicherheitskräfte - tatsächlich einen Bombenanschlag geplant, so wäre er am 29.07.2008 wohl nicht in Begleitung des externen O. erschienen, da er aufgrund von dessen Anwesenheit mit einer Kontrolle des Fahrzeugs rechnen musste. Diese unterschiedlichen Kontrollvorschriften von Militärangehörigen und Externen waren den vor Ort diensthabenden Sicherheitskräften S. und H. auch bekannt. Folglich konnte die von der Beklagten behauptete Aussage des Klägers unterstellt - "Ich habe eine Bombe im Fahrzeug" - nach dem vorausgegangenen Disput der beiden Personen auch aus Sicht der Sicherheitskräfte nicht als völlig ernsthaft gewertet werden. Zwar ist auch eine dümmliche bzw. nicht ernst gemeinte Äußerung, eine Bombe mit sich zu führen gerade in sensiblen Militärbereichen jedenfalls dann als arbeitsvertraglicher Pflichtverstoß zu werten, wenn der Arbeitnehmer damit rechnen muss, dass aufgrund seiner Äußerung Sicherheitsmaßnahmen ergriffen werden. Jedoch wiegt ein solcher Pflichtverstoß unter Berücksichtigung der besonderen, vorstehend erläuterten Umstände des vorliegenden Falles nicht so schwer, dass dadurch das für ein Arbeitsverhältnis notwendige Vertrauen auf Dauer zerstört würde. Es spricht auch bei Berücksichtigung des unstreitigen und streitigen Sachvortrages der Beklagten einiges dafür, dass die Sicherheitskräfte S. und H. zu der schnellen Auslösung des Großalarmes geschritten sind, um dem Kläger gegenüber ihre Machtposition und Möglichkeit zu demonstrieren, nachdem er sich ihnen gegenüber unfreundlich und arrogant gezeigt haben soll und auf ihre Aufforderung hin, sofort von dem PKW zurückzutreten, nicht in der Weise Folge geleistet hat, wie sie das gewünscht haben. Was der Kläger im Kofferraum gesucht hat - es war eine benötigte Krücke als Gehhilfe - haben sie noch nicht einmal untersucht. Anlass für die Suche nach einer möglichen Bombe im PKW des Klägers war nach der Aussage der Zeugin S. gegenüber der Polizei, dass der Kläger schon zuvor durch seine "unfreundliche Art aufgefallen sei". Im Sachbericht des Polizeihauptmeisters M. vom 13.08.2008 (Bl. 20 d.A.) ist davon die Rede, dass der Kläger zuvor durch seine "unfreundliche und herablassende Art" aufgefallen sei. Nach allem hätte es daher vorliegend zunächst einer Abmahnung bedurft. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Kläger eine solche Abmahnung nicht hätte als Warnung dienen lassen, sind nicht gegeben. 3. Da somit weder die Kündigungserklärungsfrist des § 45 Nr. 3 TV AL II bzw. § 626 Abs. 2 BGB eingehalten wurde, noch ein wichtiger Grund im Sinne von § 45 Nr. 1 TV AL II bzw. § 626 Abs. 1 BGB vorlag, war die Berufung der Beklagten gegen das zutreffende erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. IV. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe nach § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorlagen.

Ende der Entscheidung

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