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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 25.07.2008
Aktenzeichen: 1 Ta 140/08
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, AVG, GKG, BBiG, RVG


Vorschriften:

BGB § 174
BGB § 622 Abs. 1
BGB § 622 Abs. 3
ArbGG § 12 Abs. 7
AVG § 33 Abs. 3
GKG § 3 Abs. 2
GKG § 42 Abs. 4 Satz 1
BBiG § 22 Abs. 1
RVG § 33 Abs. 3
RVG § 33 Abs. 9
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 24.06.2008 - 3 Ca 3031/07 - wird auf Kosten der Beschwerdeführer zurückgewiesen.

2. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben. Gründe:

I. Die Beschwerdeführer begehren die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes im Zusammenhang mit einem Kündigungsschutzverfahren. Die Klägerin und die Beklagte schlossen einen Ausbildungsvertrag der eine einjährige Ausbildungsdauer für die Zeit vom 01.10.2007 bis zum 30.09.2008 vorsah sowie eine Probezeit für die ersten drei Monate beinhaltete. Gemäß § 10 a des Ausbildungsvertrages kann dieser während der Probezeit von beiden Vertragsteilen ohne Angabe von Gründen gekündigt werden. Mit ihrer Klageschrift vom 21.12.2007 wendete sich die Klägerin gegen die ihr gegenüber ausgesprochene Kündigung vom 03.12.2007. Außerdem hat sie in der Klageschrift einen allgemeinen Feststellungsantrag erhoben. Da die Klägerin die Kündigung vom 03.12.2007 unter Hinweis auf eine nicht vorgelegte Vollmachtsurkunde gem. § 174 BGB zurückgewiesen hatte, kündigte die Beklagte vorsorglich mit Schreiben vom 27.12.2007 das Ausbildungsverhältnis erneut. Das Verfahren endete durch Vergleich. Auf Antrag der Prozessbevollmächtigten der Klägerin hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 24.06.2008 den Kündigungsschutzantrag hinsichtlich der ersten Kündigung sowie den die zweite Kündigung erfassenden allgemeinen Feststellungsantrag mit insgesamt einem Bruttomonatsgehalt der Klägerin in Höhe von 662,93 € festgesetzt. Gegen diesen Beschluss haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 11.07.2008 form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den Gegenstandswert mit drei Bruttomonatsgehältern (= 1.988,79 €) zu bewerten. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, gemäß § 12 Abs. 7 ArbGG sei als Regelstreitwert bei einer Kündigung grundsätzlich ein Vierteljahresbezug anzusetzen. Eine niedrigere Bewertung komme nur dann in Betracht, wenn der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses für weniger als drei Monate umstritten sei, was vorliegend nicht der Fall sei. Dagegen spiele keine Rolle, wie lange das Arbeitsverhältnis im Kündigungszeitpunkt bereits bestanden habe, sondern es komme vielmehr darauf an, für welchen Zeitraum ein Fortbestand des Arbeitsverhältnisses begehrt werde. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. II. Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 AVG statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstandes von 200,00 € und ist auch sonst zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert richtig festgesetzt. Gemäß § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG ist für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend. Dabei enthält diese Norm nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 30.11.1984, NZA 1985, 369 ff. zu § 12 Abs. 7 ArbGG Alte Fassung) sowie der ständigen Rechtsprechung der für Streitwert- und Gegenstandswertbeschwerden zuständigen 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz Beschluss vom 26.11.2007 - 1 Ta 249/07 -; Beschluss vom 18.07.2007 - 1 Ta 207/07) keinen Regelstreitwert. Vielmehr bildet er die Obergrenze für den vom Gericht nach freiem Ermessen (§ 3 ZPO) festzusetzenden Streitwert. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit ist hierbei in typisierender Betrachtungsweise bei einem Bestand des Arbeitsverhältnisses von bis zu sechs Monaten grundsätzlich auf einen Monatsverdienst, bei einem Bestand von sechs bis zwölf Monaten grundsätzlich auf zwei Monatsverdienste und ab einem Bestand von mehr als zwölf Monaten auf drei Monatsverdienste festzusetzen. Maßgeblich ist somit die Bestandsdauer des Arbeitsverhältnisses im Kündigungszeitpunkt und nicht die nach einer Kündigung bzw. ohne eine solche noch zu erwartende Fortbestandsdauer des Arbeitsverhältnisses. Auf diese Grundsätze konnte vorliegend zurückgegriffen werden, da die Regelung des § 42 Abs. 4 Satz 1 nicht nur auf Arbeit -, sondern auch auf Ausbildungsverhältnisse Anwendung findet (vgl. BAG, Beschluss vom 22.05.1984 AP Nr. 7 zu § 12 ArbGG 1979 noch zu § 12 Abs. 7 ArbGG; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23.10.2007 - 1 Ta 217/07; Hessisches LAG, Beschluss vom 20.06.1984 - 6 Ta 156/84). Danach war vorliegend von einer Bruttomonatsvergütung auszugehen, da das Ausbildungsverhältnis der Klägerin im Kündigungszeitpunkt noch keine 6 Monate bestanden hatte. Wird in einem Verfahren die Wirksamkeit mehrerer Kündigungen angegriffen, die in einem nahen zeitlichen Zusammenhang ausgesprochen wurden und denen ein identischer Kündigungssachverhalt zugrunde liegt, so ist die erste Kündigung abhängig von der Dauer des Bestands des Arbeitsverhältnisses mit bis zu drei Bruttomonatsverdiensten zu bewerten; jede weitere Kündigung ist nicht gegenstandswerterhöhend (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 06.06.2007 - 1 Ta 105/07 - m. w. N.). Hierunter fallen auch solche Fälle, in denen einer Kündigung in einem nahen zeitlichen Zusammenhang zur Heilung möglicher Unwirksamkeitsgründe eine weitere Kündigung mit identischem Kündigungssachverhalt nachgeschoben wird (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 06.06.2007 - 1 Ta 105/07 -; LAG Hessen, Beschluss vom 21.01.1999, NZA - RR 1999, 156 ff.). Vorliegend hat die Beklagte ausweislich des Protokolls der Güteverhandlung vom 12.02.2008 die Kündigung vom 27.12.2007 allein deswegen ausgesprochen, weil die Klägerin die Kündigung vom 03.12.2007 mit Schreiben vom 05.12.2007 wegen fehlender beigefügter Originalvollmacht gegenüber der Beklagten zurückgewiesen hatte. Dieser gemäß § 174 BGB mögliche Unwirksamkeitsgrund für die erste Kündigung veranlasste die Beklagte vorsorglich zum Ausspruch der nachfolgenden Kündigung, ohne dass sich am zugrundeliegenden Kündigungssachverhalt etwas geändert hätte. Daher war die zweite Kündigung nicht gesondert zu bewerten. Ob von den vorgenannten Grundsätzen im Ausbildungsverhältnis im Einzelfall Ausnahmen angezeigt sein können, mag dahinstehen. Für die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes, wie von den Beschwerdeführern begehrt, war vorliegend jedenfalls kein Raum. Wenn nach der aufgezeigten Rechtsprechung ein bis zu sechs Monaten bestehendes Arbeitsverhältnis nur mit einem Bruttomonatsgehalt bewertet wird, so findet dies seinen Grund darin, dass ein solches Arbeitsverhältnis objektiv noch keinen kündigungsschutzrechtlich verfestigten Bestand aufweist, sondern vielmehr gemäß § 622 Abs. 1 mit einer Frist von vier Wochen frei gekündigt werden kann, im Fall einer vereinbarten Probezeit gemäß § 622 Abs. 3 BGB sogar mit einer Frist von nur zwei Wochen. Im Vergleich dazu war der Kündigungsschutz der Klägerin vorliegend sogar noch schwächer, da ihr das Ausbildungsverhältnis während der drei Monate betragenden Probezeit jederzeit ohne die Einhaltung irgendeiner Kündigungsfrist gekündigt werden konnte. Dies entspricht im Übrigen auch der gesetzlichen Regelung von § 22 Abs. 1 BBiG. Nach alledem war die unbegründete Beschwerde zurückzuweisen. Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren berechnet sich nach Nr. 8613 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG. Das Beschwerdeverfahren nach § 33 Abs. 3 RVG ist anders als das Verfahren nach § 33 Abs. 9 RVG nicht gebührenfrei. Die Gerichtsgebühr haben die Beschwerdeführer gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen. Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nach § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG nicht gegeben.

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