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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 20.02.2009
Aktenzeichen: 1 Ta 17/09
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 115
ZPO § 117 Abs. 3
ZPO § 118 Abs. 2 S. 1
ZPO § 120 Abs. 4
ZPO § 120 Abs. 4 S. 2
ZPO § 124 Nr. 2
ZPO § 127 Abs. 2 S. 2
ZPO § 127 Abs. 3 S. 1
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
ArbGG § 78
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Rechtspflegers des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 20.11.2008, Az. 7 Ca 1082/07, aufgehoben. 2. Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei. Gründe:

I. Das Arbeitsgericht hat der Klägerin in dem von ihr gegenüber der Beklagten betriebenen Kündigungsschutzverfahren mit Beschluss vom 31.07.2007 unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten Prozesskostenhilfe bewilligt. Die Bewilligung erfolgte mit der Maßgabe, dass die Klägerin vorerst keinen eigenen Beitrag zu den Kosten der Prozessführung zu leisten habe. Der Rechtspfleger des Arbeitsgerichts hat die Klägerin mit Schreiben vom 05.08.2008 unter Beifügung des Vordruckes ZP 7 aufgefordert, sich über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erklären. Nachdem die Klägerin hierauf nicht reagiert hatte, forderte der Rechtspfleger mit Schreiben vom 17.09.2008 die Klägerin erneut auf, ihre Vermögensverhältnisse darzulegen. Mit Schriftsatz vom 02.10.2008 teilten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, deren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hätten sich nicht verbessert; im Gegenteil, es lägen sogar mehrere Pfändungen vor. Weiter versprach der Prozessbevollmächtigte der Klägerin "diesbezügliche Nachweise werde ich sobald wie möglich nachreichen". Nachdem in der Folgezeit solche ausblieben, hat der Rechtspfleger mit weiterem Schreiben vom 30.10.2008 der Klägerin eine letzte Mahnung zur Darlegung ihrer Vermögensverhältnisse bis zum 14.11.2008 gesetzt. Dabei hat der Rechtspfleger die Klägerin nochmals darauf hingewiesen, dass die Prozesskostenhilfe aufgehoben werden müsse, wenn bis zum gesetzten Zeitpunkt die geforderte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht eingegangen sei. Nachdem auch in der Folgezeit nichts geschehen war, hat der Rechtspfleger mit Beschluss vom 20.11.2008 den früheren Bewilligungsbeschluss vom 31.07.2007 aufgehoben. Der Rechtspfleger hat zur Begründung angeführt, die Klägerin habe auf ein entsprechendes Schreiben des Gerichts nicht reagiert und sie habe trotz wiederholter Fristsetzung die geforderte Erklärung nach § 120 Abs. 4 ZPO nicht abgegeben, so dass der Prozesskostenhilfebeschluss nach § 124 Nr. 2 ZPO aufzuheben gewesen sei. Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin binnen Monatsfrist "Beschwerde" eingelegt und hierzu angegeben, ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hätten sich nicht geändert; sie werde die entsprechenden Unterlagen unverzüglich nachreichen. Nachdem auch in der Folgezeit trotz weiterer Fristsetzung keine nähere Erklärung der Klägerin eingegangen ist, hat der Rechtspfleger dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und hat es dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Nach Auflagenbeschluss des erkennenden Beschwerdegerichts hat die Klägerin am 02.12.2009 einen erneut ausgefüllten Vordruck zur Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst der entsprechenden Nachweise dem Landesarbeitsgericht vorgelegt. II. Das als sofortige Beschwerde auszulegende Rechtsmittel der Beschwerdeführerin ist nach § 78 ArbGG in Verbindung mit §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft; insbesondere wurde es form- und fristgerecht eingelegt, im Laufe des Beschwerdeverfahrens zudem begründet und ist auch sonst zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel auch Erfolg. Die Beschwerdeführerin hat allerdings erstmals gegenüber dem erkennenden Beschwerdegericht mit Schriftsatz vom 12.02.2009 den Nachweis erbracht, dass sich ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse seit dem Bewilligungsbeschluss nicht wesentlich verbessert haben. Damit war der angefochtene Aufhebungsbeschluss des Rechtspflegers aufzuheben. Das Gericht kann gegenüber einer Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt worden war, die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der Folgezeit wesentlich geändert haben (§ 120 Abs. 4 S. 1 ZPO). Nach dieser Bestimmung kann der Rechtspfleger die Entscheidung über die zu leistenden Ratenzahlungen abändern oder einen aus dem Vermögen zu zahlenden Betrag verbessernd oder verschlechternd für die Partei für die Zukunft festsetzen. Eine derartige Überprüfungsmöglichkeit besteht für die Dauer von vier Jahren (§ 120 Abs. 4 S. 3 ZPO). In diesem Zusammenhang hat sich nach dem Wortlaut von § 120 Abs. 4 S. 2 die Partei auf Verlangen des Gerichts "darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist". Eine nähere inhaltliche Ausgestaltung dieser Erklärungspflicht erschließt sich aus dem Gesetzeswortlaut nicht. Jedoch steht aufgrund dieser Gesetzesfassung fest, dass eine nochmalige Ausfüllung des Formulars über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei im Sinne von § 117 Abs. 3 ZPO nicht besteht, da § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO gerade nicht auf § 117 Abs. 3 ZPO verweist, sondern lediglich bestimmt, dass sich die Partei "darüber zu erklären habe," ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten sei (LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 12.02.2008 - 3 Ta 2/08; Beschl. v. 04.09.2008 - 3 Ta 156/08; Beschl. v. 22.10.2008 - 6 Ta 180/08; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 23.10.2008 - 14 E 1158/08, zitiert nach juris; LAG Bremen, Beschl. v. 12.06.1990 - 1 Ta 68/90, BB 1990, 2196; Arbeitsrechtslexikon/Schwab: Prozesskostenhilfe A VI). Der Rechtspfleger war daher im Streitfalle nicht befugt, von der Beschwerdeführerin die erneute Ausfüllung des vollständigen Formulars im Sinne von § 117 Abs. 3 ZPO zu fordern. Zumindest hätte er die Beschwerdeführerin darauf hinweisen müssen, dass es ihr freistehe, dieses seinem Aufforderungsschreiben beigefügte Formular auszufüllen oder die geforderte Erklärung auf sonstige Weise abzugeben. Welche konkreten Angaben eine Partei bei der nach § 120 Abs. 4 S. 2 abzugebenden Erklärung zu machen hat, ist dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen und wird auch - soweit ersichtlich - uneinheitlich in der Rechtsprechung gehandhabt, soweit ein Gericht überhaupt zu dieser Frage näher Stellung nimmt. Zur Ermittlung des substantiellen Inhalts der abzugebenden Erklärung ist zunächst auf den Gesetzeswortlaut abzustellen. Danach hat sich eine Partei "auf Verlangen des Gerichts" nur darüber zu erklären, ob eine Änderung ihrer Verhältnisse eingetreten ist. Erforderlich ist somit eine Aufforderung des Gerichts an die Partei, eine Erklärung abzugeben. Diese Erklärung war - was der Rechtspfleger im Streitfalle im Folgenden außer Acht gelassen hat - von der Beschwerdeführerin aber abgegeben worden. Mit Schriftsatz vom 02.10.12008 haben die Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ihrer Mandantschaft nicht gebessert haben; im Gegenteil es lägen mittlerweile mehrere Pfändungen vor. Die Beschwerdeführerin hat darüber hinaus von sich aus angeboten, diesbezüglich Nachweise sobald wie möglich nachzureichen, was allerdings in der Folgezeit gegenüber dem Rechtspfleger nicht geschehen ist, sondern erstmals gegenüber dem Landesarbeitsgericht erklärt worden ist. Es mag vorliegend dahingestellt bleiben, ob der Rechtspfleger bei dieser zusätzlichen Erklärung der Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin darauf vertrauen durfte, die Beschwerdeführerin werde ihre Zusage auch von sich aus einhalten, oder ob es trotzdem noch einer konkreten Aufforderung des Rechtspflegers bedurft hätte. Zu Letzterem ist der Rechtspfleger berechtigt und im Grundsatz gegebenenfalls auch verpflichtet. Da sich die Partei nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO nur zu erklären hat, ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, steht es im Ermessen des Rechtspflegers, konkrete Angaben von der Partei zu fordern, falls diese - wie im Streitfalle geschehen - lediglich die Erklärung abgibt, es seien keine Änderungen eingetreten. Welche Angaben in diesem Falle der Rechtspfleger von der Partei verlangen kann, entscheiden die jeweiligen Umstände des Einzelfalles. So wird der Rechtspfleger vielfach die frühere Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei nebst den dort vorgelegten Belegen zum Anlass nehmen können, um gezielt bestimmte Angaben in Erfahrung zu bringen. In diesem Zusammenhang ist der Rechtspfleger auch befugt, entsprechende ergänzende beziehungsweise ändernde Belege von der Partei anzufordern (z. B. aktuelle Gehaltsabrechnung, aktueller Arbeitslosengeldbescheid, Fortdauer von tatsächlich geleisteten Ratenzahlungen). Auch kann er gemäß § 118 Abs. 2 S. 1 ZPO in sonstiger Weise eine Glaubhaftmachung von der Partei über die zuletzt getätigten Angaben gemäß § 118 Abs. 2 S. 1 ZPO fordern (vgl. hierzu Arbeitsrechtslexikon/Schwab: Prozesskostenhilfe A VI). Im Streitfalle war der Aufhebungsbeschluss des Rechtspflegers aufzuheben, weil die Beschwerdeführerin jedenfalls im Beschwerdeverfahren die zuvor versprochenen Unterlagen und Nachweise über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gegenüber dem Landesarbeitsgericht getätigt hat. Eine verbessernde Änderung, die gar wesentlich ist, liegt gegenüber den Verhältnissen beim Bewilligungsbeschluss nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung des Beschwerdegerichts (vgl. LAG RP, Beschl. v. 19.06.2007 - 2 Ta 134/07 und v. 17.01.2008 - 9 Ta 276/07) können im Rahmen des Überprüfungsverfahrens nach § 120 Abs. 4 ZPO fehlende Angaben und Nachweise zu den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisses im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nachgeholt werden, da § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO keine Frist für die Abgabe der gebotenen Parteierklärung vorsieht (LAG RP, Beschl v. 22.10.2008 - 6 Ta 180/08). Auch erwachsen Beschlüsse im PKH-Verfahren nach Ablauf der einmonatigen Beschwerdefrist von § 127 Abs. 3 S. 1 ZPO nicht in materielle Rechtskraft (BGH, Beschl. v. 03.03.2004 - IV ZB 43/93, NJW 2004, 1805. Arbeitsrechtslexikon/Schwab: Prozesskostenhilfe A IV und A V). Aus der Erklärung der Beschwerdeführerin in Verbindung mit den vorgelegten Belegen zum Nachweis der Bestreitung ihres Lebensunterhalts sowie ihrer Verbindlichkeit, ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung nach wie vor bestehen. Die Beschwerdeführerin verfügt aufgrund Erkrankung jedenfalls zur Zeit über kein eigenes Einkommen, sondern erhält ausweislich der von ihr vorgelegten Mitteilung der BKK Gesundheit lediglich ein monatliches Krankengeld von 660,60 Euro. Das gemeinsame Girokonto der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes wies am 08.12.2008 einen Minusstand von 559,35 Euro auf. Ferner bestehen gemeinsame Darlehensverpflichtungen der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes, welcher über ein Einkommen von ca. 1.000,00 Euro verfügt, von über 50.000,00 Euro, auf welche die Eheleute monatliche Abzahlungsraten in Höhe von 659,25 Euro leisten. Vermögenswerte bestehen mit Ausnahme eines sechzehn Jahre alten Pkws nicht. Hieraus folgt, dass die Beschwerdeführerin nach Abzug der Freibeträge aus § 115 ZPO über kein anrechenbares Einkommen verfügt. Die Voraussetzungen zur Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe liegen damit nicht vor. Die angefochtene Entscheidung war somit ersatzlos aufzuheben. Da die Beschwerde erfolgreich war, fallen Kosten nicht an. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestehen nicht. Die Entscheidung ist mithin nicht anfechtbar.

Ende der Entscheidung

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