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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 22.07.2009
Aktenzeichen: 1 Ta 173/09
Rechtsgebiete: RVG, GKG


Vorschriften:

RVG § 23
RVG § 23 Abs. 3 S. 2
RVG § 33 Abs. 3
RVG § 33 Abs. 4 S. 3
GKG § 2 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Mainz, Auswärtige Kammern Bad Kreuznach, vom 17.06.2009 - 7 BV 5/09 - wird auf Kosten der Beschwerdeführer zurückgewiesen. 2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beschwerdeführer. 3. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben. Gründe:

I. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren begehren die beschwerdeführenden Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes. Der Betriebsrat hat durch seine verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwälte mit Antrag vom 03.03.2009 ein Beschlussverfahren gegen die Arbeitgeberin mit folgenden Anträgen eingeleitet: 1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die Betriebsvereinbarung Arbeitszeit vom 26.09.1995 durchzuführen. 2. Der Antragsgegnerin wird es untersagt, Verstöße gegen die Betriebsvereinbarung Arbeitszeit vom 26.09.1995 zu dulden. 3. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen ihre Verpflichtung zu 2. wird der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld angedroht. Der Antragsteller ist der für die Standorte M. und L. der Antragsgegnerin zuständige Betriebsrat. In der Antragsschrift hat er geltend gemacht, die Arbeitgeberin habe wiederholt bei namentlich benannten Arbeitnehmern unter Verstoß gegen die gesetzlichen Arbeitsschutzvorschriften und einer bestehenden Betriebsvereinbarung die tägliche Arbeitszeit dieser Arbeitnehmer erheblich überschritten. Auf den Seiten 3 bis 8 der Antragsschrift sind diese Arbeitnehmer im Einzelnen benannt und dargelegt, wann diese in den Monaten Januar und Februar 2009 entgegen der bestehenden Betriebsvereinbarung über die Arbeitszeit zu lange eingesetzt worden sein sollen. Da ein Arbeitszeiterfassungssystem bestehe, seien diese Verstöße für die Arbeitgeberin auch offensichtlich gewesen und von ihr geduldet worden. Sodann führt der Betriebsrat aus, in diesem Falle habe er einen Unterlassungsanspruch gegenüber der Arbeitgeberin. In ihrer Antragserwiderung hat die Arbeitgeberin geltend gemacht, die Angaben des Betriebsrates werden derzeit noch geprüft. Jedoch seien sämtliche Abteilungsleiter angewiesen worden, sich an die bestehende Betriebsvereinbarung zu halten. Der Betriebsrat meint in seiner Erwiderung, damit sei das vorliegende Beschlussverfahren nicht erledigt, weil die Arbeitgeberin nicht in dem gebührenden Maße mögliche Verstöße bekämpfe. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 06.05.2009 dem Begehren des Betriebsrats teilweise entsprochen. Nach Anhörung hat es auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats den Gegenstandswert für das vorliegende Verfahren mit Beschluss vom 17.06.2009 auf 4.000,00 EUR festgesetzt. Gegen diesen Beschluss haben die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt und hierbei geltend gemacht, der Gegenstandswert müsse auf 10.000,00 EUR festgesetzt werden, weil im vorliegenden Beschlussverfahren nach der Rechtsprechung tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten des Verfahrens bewältigt und ein erheblicher Arbeitsaufwand von ihnen als den Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats habe betrieben werden müssen. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 02.07.2009 nicht abgeholfen, weil von den Beschwerdeführern die Schwierigkeiten und der angeblich umfangreiche Arbeitsaufwand nur pauschal behauptet worden sei. II. Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstandes von 200,00 EUR und ist auch sonst zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Zutreffend hat das Arbeitsgericht im angefochtenen Beschluss den Gegenstandswert für das vorliegende Beschlussverfahren auf 4.000,00 EUR festgesetzt. Grundsätzlich ist der Gegenstandswert, soweit er sich nicht aus den üblichen Regelungen des § 23 RVG ergibt und auch sonst nicht feststeht, gemäß § 23 Abs. 3 S. 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen. In Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung ist der Gegenstandswert bei nicht vermögensrechtlichen Gegenständen im Zweifel auf 4.000,00 EUR, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht unter 300,00 und nicht über 500.000,00 EUR festzusetzen. Bei den seitens des Betriebsrats gestellten Anträgen handelt es sich um nicht vermögensrechtliche Streitgegenstände, für die irgendein Gegenstandswert nicht festgelegt ist. Daher bestimmt sich vorliegend der Gegenstandswert nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG. Dabei stellt der in dieser Norm genannte Wert von 4.000,00 EUR nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz (zuletzt Beschl. v. 16.01.2009 - 1 Ta 2/09) keinen Regelwert dar, von dem nur unter bestimmten Umständen abgewichen werden kann, sondern vielmehr einen Hilfswert, auf den nur dann zurückzugreifen ist, wenn alle Möglichkeiten für eine individuelle Bewertung ausgeschöpft sind. Solche Anhaltspunkte ergeben sich aus der wirtschaftlichen Interessenlage der Beteiligten, inwieweit durch das Beschlussverfahren finanzielle Ansprüche einzelner Arbeitnehmer berührt werden sowie aus der Bedeutung, dem Umfang und der Schwierigkeit einer Sache; auch der objektive Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts im Einzelfall ist nicht außer Acht zu lassen. Bei Anwendung dieser Grundsätze war vorliegend der Gegenstandswert entsprechend dem Hilfswert von 4.000,00 EUR festzusetzen. Verfahrensgegenstand ist die Verpflichtung der Arbeitgeberin, eine bestehende Betriebsvereinbarung über die Arbeitszeit vom 26.09.1995 zu achten und dieser zu untersagen, Verstöße hiergegen nicht zu dulden. Gleichzeitig sollte ihr für den Fall einer weiteren Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld angedroht werden. Die Anträge zu 1 und 2 beruhen auf dem identischen Begehren des Betriebsrats, dass die Arbeitgeberin sich an eine bestehende Betriebsvereinbarung aus dem Jahre 1995 hält. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer bestanden vorliegend keine Anhaltspunkte, diesen Hilfswert zu verdoppeln. Dem Arbeitsgericht ist in seiner Nichtabhilfeentscheidung beizupflichten, dass vorliegend irgendwelche tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten nur pauschal von den Beschwerdeführern geltend gemacht worden sind. Ihrer Antragsschrift und ihrer Erwiderung auf den Schriftsatz der Arbeitgeberin sind solche nicht zu entnehmen. Der Betriebsrat hat in der Antragsschrift für eine Reihe von Arbeitnehmern zahlreiche Verstöße der Arbeitgeberin aufgelistet und hierbei selbst geltend gemacht, dass es im Betrieb ein allgemeines Arbeitszeiterfassungssystem gäbe, also Verstöße leicht feststellbar seien. Sodann ließ der Betriebsrat die Rechtsauffassung durch ihre Verfahrensbevollmächtigten vortragen, die Arbeitgeberin sei nicht berechtigt, die Arbeitnehmer des Betriebes unter Verstoß gegen gesetzliche Arbeitsschutzvorschriften und gegen eine bestehende Betriebsvereinbarung zu beschäftigen. Die Arbeitgeberin hat sich in ihrer Erwiderung lediglich darauf berufen, derzeit würden die Angaben des Betriebsrates noch überprüft und sie habe alle Abteilungsleiter angewiesen, die bestehende Betriebsvereinbarung zu achten. Der Betriebsrat ließ sodann geltend machen, dies allein sei nicht ausreichend. Bei diesen Streitpunkten hat es sich um eine einfach gelagerte Angelegenheit gehandelt, die mit dem Hilfswert von 4.000,00 EUR ausreichend bewertet ist. Ernsthafte tatsächliche Anhaltspunkte, die sogar für eine Erhöhung dieses Hilfswertes sprechen könnten, ergeben sich jedenfalls aus dem Akteninhalt und dem Vorbringen der Beschwerdeführer nicht. Einem Antrag auf Androhung eines Zwangsmittels, der zusammen mit den Anträgen in der Hauptsache gestellt wird, ist grundsätzlich kein eigenständiger Wert beizumessen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 16.01.2009 - 1 Ta 2/09, Beschl. v. 03.01.2006 - 7 Ta 179/05; LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 24.05.2007 - 9 Ta 2/07; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 18. Aufl., VV 3309 Rz 299; aA LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 24.07.2006 - 2 Ta 86/06). Dieser ist vielmehr mit der Verfahrensgebühr für die Hauptsache gemäß VV 3100 abgegolten. Der Grund hierfür liegt darin, dass die - bei zulässigem und begründetem Antrag erfolgende - Androhung eines Ordnungsgeldes hauptsächlich die Bereitschaft des Gläubigers signalisiert, notfalls ein Zwangsvollstreckungsverfahren einzuleiten. Erst die spätere Einleitung eines solchen Verfahrens eröffnet die Gebührentatbestände von VV 3309 und 3310 des RVG. Nach alledem war die unbegründete Beschwerde zurückzuweisen. In einem Beschlussverfahren ist auch das Beschwerdeverfahren nach § 33 Abs. 3 RVG nicht gebührenfrei. Die in § 2 Abs. 2 GKG bestimmte Kostenfreiheit der Gerichtsgebühren im Beschlussverfahren erfasst nicht das sich anschließende Beschwerdeverfahren wegen des festgesetzten Gegenstandswertes. Sinn und Zweck der Kostenfreiheit bezüglich Streitigkeiten zwischen den Betriebspartnern erfasst nicht auch das Gebühreninteresse der beauftragten Rechtsanwälte (ständige Rechtsprechung der Kammer, z.B. Beschl. v. 24.04.2007 - 1 Ta 50/07, m.w.N.; LAG Hamm, Beschl. v. 19.03.2007, NZA-RR 2007, 491). Ein Rechtsmittel ist gegen diesen Beschluss nach § 33 Abs. 4 S. 3 RVG nicht gegeben.

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